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Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen Blitz

Autor:Niewiadomski Jozef
Veröffentlichung:
Kategoriepredigt
Abstrakt:
Publiziert in:Predigt bei der 18 Uhr SJ-Messe in der Kapuzinerkirche am 4. Juli 2004
Datum:2004-07-06

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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“Na ja!” - wird ein skeptischer Zeitgenosse einwenden. “Ein bisschen dick aufgetragen - fast schon Rückfall ins finstere Mittelalter... dieses Bild aus dem Evangelium. Der Satan, der vom Himmel fällt, wie ein Blitz! Und dann auch das Gequassel von Dämonen, Schlangen und Skorpionen. Schlechtes Hollywoodkino!”

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Die moderaten Kirchgänger reagieren da gelassener. Sie hören die worte und hören doch nicht. Es wird ja nicht so heiß gegessen wie gekocht - denken viele. Entsetzt würden sie höchstens auf die Erkenntnis der neutestamentlichen Wissenschaftler reagieren. Oder sie wären regelrecht ratlos. Wenn sie hören würden, dass selbst die kritischsten unter ihnen, jene also, die kaum ein trockenes haar an der Bibel lassen, dass selbst diese annehmen: dieses Wort ist authentisch jesuanisch. Das Wort vom Satan, der vom Himmel hinunterfällt.

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Um Gottes willen! Was soll das heißen? Die modernen Skeptiker und die moderaten Kirchgänger wären gut beraten, wenn sie in den Prolog des Ijobbuches einen Blick werfen würden. Dort wird nämlich berichtet, dass es am himmlischen Hof einen Miesmacher gibt. Und dieser heißt Satan. Was er auch immer sagt und tut: im Grunde läuft alles auf das Eine hinaus. Er streut Gerüchte aus, schwärzt Menschen an, sucht ständig nach einer Leiche im Keller, gibt sich nicht zufrieden, bis er den letzten Gerechten - dort den Ijob selber - in seine Intrigen hineinzieht, ihn verleumdet, anschuldigt. Satan: das heißt ja nichts anderes als: der große Ankläger, Miesmacher par excellence.

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Liebe Schwestern und Brüder: Immer und immer wieder machen wir die schmerzhafte Erfahrung, dass sich irgend jemand in mein Leben einmischt und dieses versaut. Immer und immer wieder verfallen die Menschen auch der Versuchung in Gott selber den größten Feind zu sehen, das Satanische also direkt im göttlichen Herzen zu orten. C. G. Jung konnte davon nicht nur ein Lied singen. Selbst diejenigen, die Gott ablehnen, tun es im Grunde aus diesem einen Grund: Unreflektiert nehmen sie a, dass gerade Gott - wenn es einen Gott gäbe -, dass dieser Gott im Grunde nur des Menschen Feind sein könnte, einer, der ihnen das Leben versaut. Sie werfen also Gott über Bord, beseitigen seine Spuren in ihrem Leben. Doch: Lösen sie wirklich das Problem, das es hier zu lösen gibt?

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Mit seinem Wort vom Satan, der vom Himmel fällt, tut Jesus genau das Gegenteil von dem, was der moderne Skeptiker tut. Er lässt nicht Gott vom Himmel stürzen. Wohl aber den Satan. Damit sagt er eigentlich zuerst nur Eines: Nicht einmal in der göttlichen Umgebung, nicht einmal am göttlichen Hof, geschweige denn in Gott selber gibt es da etwas Satanisches! Miesmacherei, Verdächtigung unter Menschen, Anschwärzen: all da hat nichts göttliches an sich. Gott ist nicht des Menschen Feind. Der Spruch Jesu impliziert aber noch etwas. Nämlich die Frage, wohin dieser Satan fiel. Wo haben der Miesmacher, die Verdächtigung und der Geist der Anschuldigung ihre Heimat gefunden. Der Satan fiel auf die Erde. Unter den Menschen treibt das Satanische sein Unwesen. Menschen - und nur Menschen - verdächtigen einander, machen einander schlecht, können einander bis aufs Blut verfolgen. So etwas tut ja kein Tier!

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An diesem Widerspruch - an der Tatsache, dass sich Menschen so und nicht anders verhalten - ändert die Abschaffung Gottes nicht das Geringste. Im Gegenteil: Noch nie war die menschliche Kultur so vom Ressentiment vergiftet, von gegenseitiger Anschuldigung und Outingsmentalität wie heutzutage. Ob dies etwas zu tun hat mit der Beseitigung Gottes im kulturellen Bewussten der Gegenwart?

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Im Evangelium selbst spricht Jesus jedenfalls davon, dass es in dieser Welt viel zu tun gäbe und es wenige Menschen gibt, die das tun können. Was meint er damit? Er sendet seine Jüngern aus, damit sie - und das ist die ganze Paradoxie - wie Schafe unter Wölfen Frieden stiften und die Macht des Feindes überwinden. “Homo homini lupus” - der Mensch ist seines Mitmenschen Wolf- das wussten schon die Alten. Er kann aber auch noch viel mehr sein! Angestachelt durch den Geist des Ressentiment, durch Verdächtigung und Anschuldigung können Menschen einander das Leben zur Hölle machen. - Und sie machen es! Wenn wir das aber tagtäglich nicht sehen, so u.a. auch deswegen, weil es unter Wölfen auch Menschen gibt, die das Dämonische überwinden, die Miesmacherei ersticken, sich an der Anschuldigungshetze nicht beteiligen. Sondern genau das tun, was das Lamm tat. Jenes Lamm, das die Sünde hin wegnahm, im Spiel der Miesmacherei nicht mitspielte. Jenes Lamm., das niemals mit steinen auf andere warf, sondern alles tat, um jenen, die mit Steinen oder Worten gesteinig werden, zu helfen.

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Die einzig interessante Frage lautet? Aus welcher Kraft tat er das? Eben: aus der Kraft seines Gottes im Himmel. Aus der Kraft eines Gottes, in dem nichts Dämonisches existiert. Im Gegenteil. Dieser Gott ist ein Gott, dessen Geist Parakletos heißt, lateinisch: Advocatus, zu deutsch: Beistand, Verteidiger, Anwalt. Der Heilige Geist, der den Sohn führte und dieses Lamm, das unter Wölfen lebte beflügelte ist eben ein Geist der, dem Opfer sein Recht verschafft. Es ist ein Geist der Wahrheit. Ein exaktes Gegenteil des Geistes der Anklage also. Ein Gegenteil des satanischen Geistes. Des Geistes der Miesmacherei.

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Auf einer Erde, die von den Kräften der Anschuldigung, der Anfeindung, des Anschwärzens geradezu durchdrungen ist, brauchen wir mehr denn je des göttlichen Geistes. Denn die Ernte ist groß. Dass es für uns Christen irgendwann auf dieser Welt nichts mehr zu tun gibt, können wir also getrost ausschließen.

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