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Neue Enzyklika zur Eucharistie - eine Katastrophe?

Autor:Schwager Raymund
Veröffentlichung:
Kategoriekommentar
Abstrakt:
Publiziert in:# Originalbeitrag für den Leseraum
Datum:2003-04-22

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Am Ostermorgen - nach dem Gottesdienst im Rahmen des Osterfestivals - sass ich mit GottesdienstteilnehmerInnen, die mir zum Teil bisher unbekannt waren, im Café der Theologischen Fakultät bei einem kleinen Frühstück. Dabei kam das Gespräch rasch auf die neueste päpstliche Enzyklika zur Eucharistie. Eine Stimme meinte, dieser Rückschritt sei zu bedauern. Ich entgegnete, ich sehe keinen Rückschritt. Der Papst habe nur die bekannte Position der katholischen Kirche neu dargestellt, und ich hielte dies auch für richtig. Darauf eine andere Stimme: 'Katastrophe'. Damit war die Stimmung des Osterfriedens, den wir eben gefeiert hatten, unter uns schon etwas angekratzt.

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Im weiteren Gespräch wurde vertreten, Jesus habe niemanden ausgeschlossen und deshalb dürfe auch die Kirche niemanden ausschließen. Dass Jesus zunächst alle in die Gemeinschaft der Gottesherrschaft eingeladen und niemandem im voraus den Zutritt verwehrt hat, ergibt sich tatsächlich sehr deutlich vom Neuen Testament her. Damit hat er aber keineswegs alle Einstellungen gleich gewertet und alle Meinungen unterschiedslos um sich gesammelt. Die Menschen, deren Interesse er durch seine neue Botschaft wecken konnte, hat er vielmehr so herausgefordert, dass viele sich bald wieder von ihm abgewandt haben, und er sogar seine Jünger fragen musste, ob auch sie gehen wollen. Seine Gerichtsworte waren hart, ja bisweilen bitter hart, und schließlich hat er nur noch mit wenigen Jüngern das letzte Mahl gefeiert, auf das die kirchliche Eucharistiefeier zurückblickt und das sie mit seinem ganzen Geschick vergegenwärtigt..

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Der Wille Jesu, ganz Israel neu zu sammeln, hat de facto rasch zu einer neuen Spaltung geführt, die seinen gewaltsamen Tod zur Folgen hatte. Die neue Sammlung von Ostern und Pfingsten im Zeichen des Geistes Jesu brachte ebenso rasch eine weitere Spaltung zwischen dem größeren Teil des jüdischen Volkes, das Jesus als Messias ablehnte, und der neuen Kirche aus Juden und Heiden, die auf ihn als Messias und Sohn Gottes hoffte. Sein Wirken war folglich ein Drama der Sammlung und Spaltung zugleich, und so ist es auch in der Geschichte der Kirche weitergegangen.

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Die vielfachen und guten Gründe, weshalb die katholische Kirche einer gemeinsamen Eucharistiefeier mit anderen Kirchen nicht zustimmen kann, solange wichtige theologische Fragen nicht zufriedenstellend geklärt sind, werden heute in zahlreichen Veröffentlichungen dargestellt (vgl. auch mein Manuskript "Theologie der Kirche" in diesem 'Leseraum' unter 'Lehrbehelfe'). Das Gegenargument, Jesus habe niemanden ausgeschlossen, beruht - wie kurz angedeutet - auf einer einseitigen Wahrnehmung seines Geschickes, und es lässt sich auf die heutige Frage der Eucharistiegemeinschaft nicht anwenden. Die neue päpstliche Enzyklika ist deshalb keine Katastrophe. Sie trägt vielmehr einer objektiven Situation der Spaltung Rechnung, die nicht mit gutgemeinten Worten zu überspringen ist. Diese Situation mag man katastrophal nennen; es ist eben die Situation einer sündigen Menschheit, zu deren Erlösung der Tod und die Auferweckung Christi notwendig wurden. Nur durch freiwillig erlittenes Leiden und durch die Kraft der Auferweckung kann sie überwunden werden. Ein harmonistischer Osterfriede, der die tatsächlich vorhandenen Spannungen und Spaltungen nur überdecken würde, wäre kein echter Friede. Dieser besteht vielmehr darin, dass wir uns freuen dürfen, dass trotz des 'Kriegerischen', das zwischen den Menschen weitergeht, im Kreuz und in der Auferweckung Jesu der Sieg über dieses 'Kriegerische' in der Menschheit bereits am Wirken ist.

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