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Krieg für Gott? Perspektiven in Islam und Christentum
(Arbeitskreis zum Fakultätstag 2002: Theologie treiben in Zeiten des Krieges)

Autor:Dialoggruppe: Christlich-muslimische
Veröffentlichung:
Kategoriekommentar
Abstrakt:
Publiziert in:# Beitrag am Fakultätstag 2002: Theologie treiben in Zeiten des Krieges
Datum:2002-05-07

Inhalt

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I ) Überlegungen aus christlicher Sicht

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A) Altes und Neues Testament (Janique Blattmann)

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In einem ersten Teil soll die Stellung des Christentums zum Krieg erörtert werden, wie sie sich aus dem Gesamt der Heiligen Schrift ergibt.

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Die ganze Bibel spricht oft von Gewalt, sie nimmt die menschliche Neigung zu Gewalttätigkeit ernst und spricht sie an statt sie zu verschweigen. Mit Norbert Lohfink können wir sagen: „Die Bibel zerreißt die vor die Gewalt gespannten Schleier. In ihr wird nicht weggeschaut, sondern hingeschaut." Und die Bibel weiß auch darum, dass diese Gewaltanwendung oft kollektive Gestalt annimmt: Es kommt zu Krieg.

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Das Alte Testament berichtet sehr häufig von Kriegen, ja sogar an zentralen Stellen: Der israelitische Staat wurde aufgebaut durch Eroberungs- und Expansionskriege (wie andere Reiche auch). Viele dieser Kriege wurden im Namen JHWHs, des Gottes Israels geführt. Dies ist typisch für Wesen einer Nationalreligion - und das war die Religion der Israeliten vor dem babylonischen Exil (587 v.Chr.): Das Volk erfährt die Zuwendung seines Gottes besonders durch seine Hilfe im Krieg.

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So werden Kriege auch feierlich als kultische Begehung geschildert, eben als „heilige Kriege" im engeren Sinn des Wortes: Die Krieger weihen sich JHWH, die Feinde sind Feinde JHWHs, und er ist es letztlich, der sie bekämpft; so gehört auch der Sieg JHWH; dem Volk ist es nicht erlaubt, sich an der Beute zu bereichern, sondern die Beute wird verbrannt, gleichsam Gott zum Opfer dargebracht.

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Eine solche Kriegstheorie ist auch anderswo im Alten Orient zu finden. In Israel jedoch ist dieses Konzept vom Heiligen Krieg erst in relativ später Zeit entstanden, zu einer Zeit, in der Israel politisch längst nicht mehr im Stande war, Kriege zu führen.

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Ja, es wurden sogar auch Vorgänge nach diesem Muster dargestellt, die sich historisch weit weniger kriegerisch abgespielt haben. Hier wäre an den Auszug aus Ägypten zu denken (Exodus 14) oder an die Landnahme in Jos 6: Die Einnahme und Zerstörung von Jericho wird auf den ersten Blick sehr kriegerisch beschrieben; wenn man jedoch genauer liest, fällt einem auf, dass das Geschehen in Form einer liturgischen Prozession beschrieben wird.

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Es handelt sich bei solchen Erzählungen also um historische Fiktionen, Rückprojektionen aus geschichtstheologischer Sicht. In Wirklichkeit war es nicht so blutig und grausam, wie die Lektüre es auf den ersten Blick meinen lässt.

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Israels Kriege gegen die umliegenden Völker können nicht als frühe Form eines unheiligen Imperialismus dargestellt werden, sondern wir müssen versuchen, sie im historischen Zusammenhang zu sehen; nur im Kontext des damaligen Denkens, des altorientalischen Welt- und Gottesverständnisses können wir uns einem Verständnis annähern. Hier stütze ich mich in meinen Ausführungen auf einen Artikel von Hans-Heinrich Schmid, dessen Ansatz ich für erhellend und diskussionswürdig halte.

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In vorexilischer Zeit war in Israel ein nationalstaatliches JHWH-Verständnis vorherrschend: JHWH ist der Gott Israels, dem Israel seine Existenz, seine Identität und immer wieder auch seine Integrität verdankt: Er erweist sich in der Bewahrung Israels als wirksam, in besonderem Maße auch im Krieg: Die Siege im Krieg werden nicht als Akte der Selbstdurchsetzung Israels verstanden, sondern als göttliche Bewahrungen des Volkes. Ferner wird in einem antiken Weltverständnis die Welt des eigenen Volkes mit der Welt schlechthin gleichgesetzt. Was außerhalb der Grenzen dieser Welt liegt, ist letztlich Un-Welt, Chaos, und gegen dieses Chaos muss man sich schützen. Auf dem Hintergrund eines solchen Weltverständnisses hat der Krieg also kosmoserhaltende Funktion.

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Und genau aus diesem weltanschaulichen Hintergrund heraus wird auch klarer, warum die kriegerische Praxis Israels erstaunlicherweise nie in Konflikt zu kommen schien mit dem Gebot „Du sollst nicht töten": Recht und Ethos regeln das Zusammenleben in der Welt des Volkes im Innern, für die Zurückdämmung des Chaos gegen außen gelten jedoch andere Regeln.

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Im Gegensatz zu den umliegenden altorientalischen Religionen konnte Israel aber auch Krisensituationen, wo das Volk von anderen besiegt wurde, in seine Theologie integrieren:

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Normalerweise bedeutete der politische Untergang eines Volkes auch den Untergang seiner Religion, den Untergang seines Gottes, weil die Götter der Feinde sich als stärker erwiesen hatten.

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Israel erkennt seinen Gott aber nicht nur als den, der für die äußere Wohlfahrt seines Volkes sorgt, sondern auch als den, der sein Volk zur Rechenschaft zieht, wenn es den Kosmos aus eigener Schuld zerstört. Weil Gott ein gerechter Gott ist, muss das Unrecht geahndet werden. Das hebräische Wort für vergelten heißt übrigens „schillem", das kommt von „schalom", bedeutet also: „den Frieden wieder herstellen". Diese Wortbedeutung korrigiert unsere grausamen Vorstellungen von einem vergeltenden, rächenden, vernichtenden Gott. Gott ist immer ein Gott des Lebens, er setzt sich für das Leben ein und stellt das Recht wieder her.

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Israel hat immer wieder die Hoffnung gehegt auf den Anbruch einer umfassenden Friedens- und Heilszeit. Doch wahrer Gottesfriede kann in dieser Welt überhaupt nie realisiert werden wegen der Widersprüchlichkeit und Schuldverstricktheit des Menschen. Wir Menschen können den Frieden nicht herstellen, sondern wir können ihn uns nur schenken lassen von Gott.

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Das Alte Testament nennt Bilder für einen die ganze Menschheit umfassenden Frieden schon im Zusammenhang mit Gottes Bund mit Noah. In Jes 2 finden wir eine großartige Vision des Friedens, in den Gott am Ende der Zeit alle Völker einschließen will: Alle Völker ziehen hinauf zum Berg des Herrn, „dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ihren Lanzen. Man zieht nicht mehr das Schwert, Volk gegen Volk, und übt nicht mehr für den Krieg."

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Diese universale Vision strahlt voraus auf das Neue Testament und sogar bis auf die gegenwärtige Zeit. Wir haben heute ein verändertes Gottes- und Weltverständnis, wir haben kein nationalreligiöses Verständnis mehr, sondern wir müssen heute global denken. Dieser Durchbruch geschieht voll erstmals im Neuen Testament, wo sich der biblische Gott als der Gott aller Welt erweist. Hans-Heinrich Schmid hat darauf hingewiesen, dass es die Aufklärung war, die daraus die anthropologische Konsequenz gezogen hat: Nicht nur die Volksgenossen sind Brüder, sondern alle Menschen sind Brüder und Schwestern. Damit fällt die Möglichkeit eines heiligen Krieges dahin, weil jeder potentielle Feind ein Geschöpf des gleichen Gottes ist.

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Diese Geschwisterlichkeit jenseits aller ethnischen, rassischen und sozialen Schranken hat uns Jesus Christus eröffnet, von dem der Epheserbrief (2,14) sagt, dass er unser Friede ist: „er riss durch sein Sterben die trennende Wand der Feindschaft nieder".

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Jesu Seligpreisung derer, die keine Gewalt anwenden (Mt 5,5) hat er selbst in ihrer ganzen Radikalität vorgelebt, indem er seinen gewaltsamen Tod am Kreuz auf sich nahm, ohne mit Gegengewalt zu reagieren. Dieses Ethos der Gewaltlosigkeit ist für die Christen aller Zeiten der Maßstab.

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In Bezug auf die kollektive Gewaltanwendung jedoch ist von Jesus keine unmittelbare Stellungnahme zu erwarten. Das Neue Testament thematisiert die Frage des Krieges nicht explizit. So kann eine christliche Stellungnahme zum Krieg kann nur aus dem Gesamt des biblischen Ethos abgeleitet werden.

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B) Christliche Tradition (Andreas Müller)

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1) Wir haben gesehen, dass die Frage einer abschließenden ethischen Beurteilung des Krieges bis zu einem gewissen Grad jenseits des neutestamentlichen Horizontes liegt. Als Orientierungsmaßstab bleiben aber der von Jesus gelebte und gelehrte Gewaltverzicht sowie die darin zum Ausdruck kommende grundsätzliche Reserviertheit gegen jede Art kriegerischer Betätigung.

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Angesichts ihrer politischen Einflusslosigkeit wurde das Problem des Krieges auch in der frühen Kirche kaum erörtert. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die ausgeprägte Distanz gegenüber dem Militärdienst, da darin nebst anderen Gründen ein Verstoß gegen das Tötungsverbot sowie das Gebot der Nächsten- und Feindesliebe gesehen wurde.

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Die Wende brachte dann die reichsrechtliche Privilegierung des Christentums durch Konstantin (vgl Mailänder Edikt von 313) : Seit damals zu einem gewichtigen politischen Faktor geworden, stellte sich die Frage des Krieges in akuter und ganz neuer Weise. Das spiegelt sich eindrucksvoll in einer völligen Umkehr der kirchlichen Position zum Wehrdienst: Die Synode von Arles von 314 schloss Fahnenflüchtige von den Sakramenten aus. Seit dieser Zeit findet sich in den Schriften der Väter auch durchgehend Lob für den Heeresdienst.

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Mit zunehmender Verantwortung und Macht im Staat wurde es auch nötig, sich über die ethische Beurteilung des Phänomens „Krieg" klarer zu werden. Augustinus nahm sich als erster dieser Frage in grundsätzlicher Form an und entwickelte - unter Verwendung von beiläufigen Hinweisen der Schrift, der sich entwickelnden katholischen Lehre in Verbindung mit naturrechtlichen Prinzipien - die unter diesem Namen berühmt gewordene Lehre vom gerechten Krieg (iustum bellum). Dabei wurde der Krieg im Anschluss an Cicero als Rechtsakt verstanden, dem unter gewissen (strengen) Bedingungen Legalität und Legitimität zukommen könne.

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Dieses Verständnis des gerechten Krieges sollte für die ganze spätere christliche Tradition bis heute prägend werden. Wir finden die bei Augustinus über sein Werk verstreut entwickelten Grundsätze des „gerechten Krieges" in systematischer Form entwickelt etwa bei Thomas von Aquin, bezeichnenderweise im Traktat De caritate (Über die Nächstenliebe) seiner Summa theologia (IIa IIae q. 40 a. 1). Auch das Zweite Vatikanische Konzil bleibt in GS 79 auf dem Boden der klassischen Lehre des iustum bellum.

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2) Diese prinzipielle Kontinuität über die Jahrhunderte lässt sich exemplarisch in KKK 2309 aufzeigen, so ausdrücklich beansprucht wird, die „herkömmlichen Elemente ... der sogenannten Lehre vom ‚gerechten Krieg'" aufzugreifen. Für ein derartiges bellum iustum müssen demnach - die genaue Zahl und Anordnung schwankt - vier Kriterien erfüllt sein:

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Gerechter und schwerwiegender Grund (iusta et gravis causa): Die Gewaltanwendung muss einen gerechtlich, sittlich gerechtfertigen Anlass haben; es muss um das Gemeinwohl, Gerechtigkeit und Frieden oder die Bestrafung von schuldhaften Verbrechen gehen. Zusätzlich muss das bekämpfte Übel die entsprechende Gravität haben, dh „sicher feststehen, schwerwiegend und von Dauer" sein. Wirklich schwerwiegend ist die Lage nur, wenn alle gewaltlosen Alternativen „sich als undurchführbar oder wirkungslos erwiesen haben".

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Rechte Gesinnung (intentio recta): Die Kriegsführung muss immer von der rechten Gesinnung getragen sein; stets muss es den Belligerenten um die Beförderung des Friedens, nicht etwa um Rache oder gar Vernichtung des Gegners zu tun sein. Von einer echten Ausrichtung auf die Wiederherstellung des Friedens kann man aber nur sprechen, wenn „ernsthafte Aussicht auf Erfolg" des Unternehmens besteht.

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Rechte Art der Kriegsführung(debitus modus): Die zur Anwendung gebrachten Mittel müssen immer in einer angemessenen Relation zum angestrebten Zweck stehen. Das damit verankerte Verhältnismäßigkeitsprinzip verbietet den Gebrauch von Waffen, die „Schäden und Wirren mit sich bringen, die schlimmer sind als das zu beseitigende Übel".

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Zuständige Obrigkeit (legitima potestas): Die Prüfung des Vorliegens der entsprechenden Voraussetzungen für den „gerechten Krieg" und damit die Legitimation zu dessen Führung kommt denen zu, „die mit der Wahrung des Gemeinwohls betraut sind".

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a) Schon bei Augustinus wird deutlich, dass im Zusammenhang mit den Kriegen - auch mit dem gerechten Krieg - stets von den „großen, schauerlichen, verheerenden Übel[n]" und den „drängenden und drückenden Notständen im Gefolge dieser Übel" die Rede ist; Krieg ist demnach in jedem Fall höchst negativ konnotiert. Die „Notwendigkeit gerechter Kriege", über die der Weise zu trauern hat, ergibt sich aus der Tatsache und den Folgen der Sünde in der Geschichte - der „Noch-nicht"-Dimension des Reiches Gottes: Krieg konnte in einigen Fällen dazu dienen, das Böse im Zaum zu halten und Unschuldige davor zu schützen. Damit wird der Krieg als in Kauf zu nehmendes, zu duldendes Übel interpretiert, zu dem sich der Weise gezwungen sieht, um noch größeres Unrecht zu verhindern und um höhere Zwecke zu verwirklichen.

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Durch das Aufstellen von „strengen Bedingungen, die gleichzeitig gegeben sein müssen" soll dieses unerfreuliche Phänomen auf das absolut notwendige Minimum beschränkt werden. Mit der Lehre vom gerechten Krieg bezweckt die christliche Religion und Sittenlehre also zuerst einmal, den Krieg zu begrenzen und an strenge Bedingungen zu binden. Gleichzeitig ist aber damit gesagt, dass der Krieg als ultima ratio möglich und unter Umständen auch geboten bleibt. Damit wird ein Feld vom Christentum autorisierter und legitimierter kollektiver Gewalt geöffnet.

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b) In der geschichtlichen Realität kam der christlichen Religion aber nicht nur die Aufgabe der Begrenzung, sondern teilweise auch die der Förderung und Legitimierung des Krieges zu. Damit ist das Phänomen des Heiligen Krieges angesprochen, der sich als „organisierte[n] kollektive[n] Gewaltanwendung, die mit rel. Autorisierung und/oder um rel. Ziele willen erfolgt" (RGG), verstehen lässt (vgl Parolen der Art „Gott will es").

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Dieses dem Christentum ursprünglich völlig fremde Konzept eines von Gott befohlenen und für ihn geführten Krieges findet sich aber genauso schon in den augustinischen Texten angedeutet, wo - insbesondere aus Geschehnissen des Alten Testamentes - die „Lehre vom Krieg auf Befehl von und Autorisierung durch Gott" (RGG) entwickelt wird (vgl Kriege „in obedience to God" / „on authority of God" [deutsche oder lateinische Version]). Ein solcher Zusammenhang wird aber nicht nur von Einzelnen hergestellt, sondern findet auch Aufnahme in die offizielle kirchliche Lehre, womit es zur kirchlichen Legitimierung von Krieg um Gottes willen, dh zu „Kreuzzügen" in einem weiteren Sinne kommt, sei es gegen Muslime, Orthodoxe oder sonstige als „Ketzer" titulierte Gruppen (zB Waldenser, Albigenser).

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c) Manche wollen hier zwischen dem bloßen Dulden/Zulassen gewisser Formen von Krieg und dessen aktiver Förderung eine klare Trennlinie ziehen: „Von diesem Ansatz her ist die im christlichen Denken rezipierte Frage nach den Bedingungen eines rechtmäßigen („gerechten") Krieges von der Statuierung heiliger Kriege kategorial zu unterscheiden." (RGG).

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Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass die Legitimation der sogenannten „Heiligen Kriege" im Wesentlichen durch eine Extrapolierung der Elemente des gerechten Krieges gewonnen wird: Wenn die Kirche als zuständige Autorität zum Schluss kommt, dass es für eine zweifellos gerechte - denn von Gott selbst geforderte - Sache einzutreten gilt (vgl Augustinus: „every one who serves Him knows that He can never require what is wrong"), dann scheint angesichts des ungeheuren Wertes der in Frage stehenden Güter jede Verhältnismäßigkeitsprüfung problematisch. So ist man schnell an dem Punkt, wo dem, der aus der kaum verurteilbaren Gesinnung heraus handelt, sich bedingungslos Gottes Befehl zu unterwerfen, für die Verwirklichung von Gottes Willen im Wortsinne „jedes Mittel recht" wird.

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Diese Offenheit der Lehre vom gerechten Krieg und deren möglicher fließender Übergang zur Rechtfertigung von „Heiligen Kriegen" ist auch den angeführten augustinischen Texten nicht fremd.

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4) Es wurde schon darauf hingewiesen, dass die Katholische Kirche bis heute am Konzept des „gerechten Krieges" in seinen Grundzügen festgehalten hat. In diesem Zusammenhang können wir von einer relativen Kontinuität sprechen; relativ deshalb, weil gerade im 20. Jahrhundert - nicht zuletzt auf dem Hintergrund der traumatischen Erfahrungen der beiden Weltkriege sowie des im Zuge des Wettrüstens des Kalten Krieges angehäufte Vernichtungsarsenals an ABC-Waffen - dieses Konzept, wiewohl grundsätzlich weitergeführt, in wichtigen Aspekten Präzisierungen und Einschränkungen erfahren hat.

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a) In aller Deutlichkeit wird die ethische Vertretbarkeit von „Heiligen Kriegen" verworfen. In GS 82 spricht das Konzil von der „absoluten Ächtung des Krieges". Dass Gott ein friedliebender Gott ist, der für die Verkündung seiner Botschaft nicht zum Mittel des Kriegs auffordert, kommt auch in den - noch sehr vorsichtig, fast kryptisch formulierten und stets auf die individuelle Ebene bezogenen - Vergebungsbitten vom 12. März 2000 zum Ausdruck: „Lass jeden von uns zur Einsicht gelangen, dass auch Menschen der Kirche im Namen des Glaubens und der Moral in ihrem notwendigen Einsatz zum Schutz der Wahrheit mitunter auf Methoden zurückgegriffen haben, die dem Evangelium nicht entsprechen."

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Und völlig unmissverständlich wird dann die jüngst verlautbarte Botschaft zum Weltfriedenstag am 1.1.2002 von Johannes Paul II., wo unter der Überschrift „Man tötet nicht im Namen Gottes!" besonders in Blickrichtung des Terrorismus, aber durchaus mit allgemeinem Anspruch gesagt wird: „Kein Verantwortlicher der Religionen kann daher dem Terrorismus gegenüber Nachsicht üben und noch weniger kann er ihn predigen. Es ist eine Profanisierung der Religion, sich als Terroristen im Namen Gottes zu bezeichnen, dem Menschen im Namen Gottes Gewalt anzutun. Die terroristische Gewalt steht im Gegensatz zum Glauben an Gott, den Schöpfer des Menschen, an Gott, der sich um den Menschen kümmert und ihn liebt."

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b) Aber auch das klassische Konzept des iustum bellum erfährt mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (und dementsprechend auch im KKK) markante Einschränkungen:

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Als iusta causa wird nur noch der Verteidigung, und zwar in der qualifizierten Form der Notwehr akzeptiert. Allein in der kurzen Passage von KKK 2309 wird mit den drei Formulierungen „sich in Notwehr militärisch zu verteidigen", „Schaden ... durch den Angreifer" und „sittliche Erlaubtheit eines Verteidigungskrieges" unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass jede Form eines Angriffskrieges sittlich nicht rechtfertigbar ist.

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Auf der Ebene des debitus modus ist „sorgfältig auf die gewaltige Zerstörungskraft der modernen Waffen zu achten". Die Verhältnismäßigkeitsprüfung hat damit äußerst behutsam zu erfolgen, jede Form des „totalen Krieges" (GS 80) ist als Mittel in jedem Fall verwerflich und bedingungslos verboten. Als Maßstab der Kriegsführung wird ausdrücklich auf die einschlägigen internationalen Konvention (zB die von Den Haag oder Genf) hingewiesen.

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Die zur Prüfung der Voraussetzungen berufenen Instanzen (legitima potestas) bleiben weiterhin die Regierungen, aber nur „solange es noch keine zuständige internationale Autorität gibt, die mit entsprechenden Mitteln ausgestattet ist" (GS 79). Auf eine solche „von allen anerkannte öffentliche Weltautorität" und damit auf eine Überwindung des als unbefriedigend empfundenen Zustands einer dezentralisierten internationalen Ordnung gilt es nach GS 82 mit aller Kraft hinzuarbeiten.

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Ganz besonders streicht das Konzil auch Rolle und Verantwortlichkeit des Einzelnen hervor: Zum einen ist der, der den Dienst mit der Waffe aus Gewissensgründen verweigert, zu achten. Zum anderen kann sich der, der Befehlen zu Völkermord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit folgt, nicht durch einfache Berufung auf „blinden Gehorsam" exkulpieren; dies impliziert, dass man sich unter Umständen auch klaren Anordnungen der legitima potestas zu widersetzen hat.

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c) Auf dem Hintergrund des gerade Gesagten ergibt sich somit eine eigenartige Ambivalenz: Die Bedingungen für das iustum bellum erfahren eine so enge Umschreibung, dass man zu Recht daran zweifeln kann, ob es überhaupt alle Kriterien in der geforderten Form und gleichzeitig erfüllt sein können und damit ein gewaltsames Vorgehen überhaupt noch sittlich rechtfertigbar ist.

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Dabei fühlt man sich an das Vorgehen des katholischen Pazifisten Franziskus Maria Stratmanns erinnert, der ausdrücklich Augustins Lehre vom „gerechten Krieg" aufgreifen, aber sie gleichzeitig jeweils in der Weise formulieren wollte, „die einen Kriegsgrund am schwersten gelten lässt". Seine Version schien ihm deshalb so geeignet, weil kein Fürst oder Staat „etwas damit anfangen könne"; er zweifelt stark daran, dass es jemals einen konkreten Krieg gegeben habe, bei dem die Bedingungen wirklich erfüllt gewesen wären. Die Rekonstruktion der bellum-iustum-Lehre dient hier einzig dem begründungslogischen Nachweis der praktischen Nichtanwendbarkeit der klassischen Bedingungen des „gerechten Krieges".

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Einer solchen praktischen Erschwernis oder Unmöglichkeit des „iustum bellum" steht gegenüber, dass weiterhin prinzipiell an der Möglichkeit legitimer Kriege festgehalten wird. Manche kritisieren, dass man auf diese Weise zu einem gewissen Grad Geschichte und Tradition der Lehre vom gerechten Krieg verpflichtet bleibt und die Möglichkeit offenlässt, dass die Kriterien eine großzügigere Interpretation erfahren oder in Zukunft wieder erfahren werden; dies veranlasst etwa Karlheinz Koppe, überhaupt eine Distanzierung vom Konzept des iustum bellum zu fordern und stattdessen, von der anderen Seite kommend, eine Lehre vom gerechten Frieden zu entwickeln.

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Was in jedem Falle bleibt, ist die (wohl überwindliche) Spannung zur Botschaft, Verheißung und Aufforderung des Neuen Testamentes zur prinzipiellen Gewaltlosigkeit. In dieser Hinsicht formuliert GS 78 ganz vorsichtig und relativierend: „Vom gleichen Geist bewegt, können wir denen unsere Anerkennung nicht versagen, die bei der Wahrung ihrer Rechte darauf verzichten, Gewalt anzuwenden ... vorausgesetzt, daß dies ohne Verletzung der Rechte und Pflichten anderer oder der Gemeinschaft möglich ist."

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II ) Überlegungen aus islamischer Sicht (Yeliz Dagdevir, Ismail Tokmak)

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1) Erklärung der Begriffe Islam und Salam

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Islam und Salam lassen sich von der Wortwurzel s-l-m ableiten.

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Islam bedeutet die völlige Hingabe an Allah: sich ihm anvertrauen, sich seinem Willen ergeben, unterwerfen.

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Salam steht für Friede, Heil.

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Salam Alaikum (arabisch) = Schalom alechem (hebräisch) = Friede sei mit euch, Heil über euch

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2) Jihad

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„Bei dem, in dessen Hand meine Seele ist: Niemand von euch ist (wirklich) gläubig, bis er seinem Bruder das wünscht, was er sich selbst wünscht."

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Dieser Hadith (Ausspruch des Propheten) ist grundlegend für die Repräsentation und das Verständnis des Islam, also für den Jihad.

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Jihad leitet sich wörtlich vom arabischen Wort „jehd" ab und bedeutet „das sich Abmühen", „das Streben nach etwas", „das Unternehmen von Anstrengungen, um sich Not und Entbehrungen zu stellen". Mit dem Islam erlangte es die Bedeutung „sich Abmühen auf dem Wege Allahs", „sich mit seiner eigenen Person und seinem Vermögen auf dem Wege Allahs einsetzen". Wesentlich ist, dass Jihad von seinem Wortstamm her weder „Krieg führen" noch „töten" bedeutet. Schon in den ersten mekkanischen Offenbarungen, in denen keine Rede von Kriegen war, wird von Jihad gesprochen. Dem koranischen Wesensgehalt von Jihad widerspricht es, ihn als heiligen Krieg aufzufassen. Selbst ein Krieg zur Verteidigung ist kein heiliger Krieg, sondern höchstens ein notwendiges Übel.

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Der Koran sagt:

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„Vorgeschrieben ist euch der Kampf (gemeint ist der Verteidigungskampf) und er ist euch ein Abscheu, und es könnte sein, dass ihr etwas hasst und es ist gut für euch und es könnte sein , dass ihr etwas liebt und es ist schlecht für euch. Und Allah weiß und ihr wisset nicht." (Sure 2:216)

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Der Jihad stellt für den Gläubigen eine besondere Pflicht dar. Aufgrund seiner Wichtigkeit wird der Jihad im Koran fast mit dem Islam gleichgesetzt. Aus der Sicht Gottes ist die Prophetenschaft die heiligste Arbeit, die einem Menschen anvertraut wird, und Jihad bringt diesen Aspekt zum Ausdruck. Jihad hat bei Gott einen hohen Stellenwert, denn er hat den Menschen erschaffen, damit dieser sich anstrengt, zu seinem Wesen zu gelangen und auch andere ermutigt, gleiche Anstrengungen zu unternehmen.

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„Die Belohnung Allahs für die guten Taten eines Menschen wird eingestellt, wenn er stirbt, ausgenommen ist derJihad. Die Belohnung für Jihad vervielfältigt sich bis zum Tag des Gerichtes, darüber hinaus befreit Allah denjenigen, der auf seinem Weg Anstrengungen unternommen hat, von der Befragung in seinem Grab." (Hadith)

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Es gibt zwei Aspekte hinsichtlich des Jihad. Der eine ist das Bemühen, sinnlichen Gelüsten zu widerstehen und schlechte Neigungen zu besiegen. Diesen Aspekt nennt man den großen Jihad. Er ist viel schwerer zu schaffen, denn er fordert von uns, gegen all unsere eigenen destruktiven Triebe und Gemütszustände wie beispielsweise Arroganz, Rachsucht, Eifersucht, Egozentrik, Habgier usw. und sinnliche Begierden anzukämpfen.

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Der andere Aspekt, der kleine Jihad, der gewöhnlich in der Bedeutung des Kämpfens auf dem Wege Gottes verstanden wird, bezieht sich nicht nur auf die Art des Kampfes auf dem Schlachtfeld. Der Ausdruck ist umfassender, er beinhaltet jede Handlung vom Sprechen bis hin zur Anwesenheit auf dem Schlachtfeld, vorausgesetzt, die Handlung ist um der Sache Gottes Willen durchgeführt worden. Jede Handlung, die unternommen wird, um das Los der Menschheit zu verbessern, sei es nur durch Individuen oder Gemeinschaften, geht in die Bedeutung des kleinen Jihad ein. Er stellt auch das Bemühen um die bestmögliche Erfüllung religiöser Pflichten dar. Im Koran wird davon gesprochen, sich mittels Eigentum und Vermögen auf dem Wege Gottes einzusetzen.

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Die Gewichtung der Aspekte des großen und kleinen Jihads wird im folgendem Hadith zum Ausdruck gebracht, der vom Propheten Mohammad, als er und seine Gefährten von einer Schlacht (bei Uhud) zurückkamen, ausgesprochen wurde:

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„Wir kommen aus dem kleinen Jihad und gehen in den großen Jihad."

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Der Gesandte Gottes hat uns gelehrt, wie die beiden Arten des Jihads ausgeführt werden sollen. Als die Lebensbedingungen für die Muslime in Mekka ein unerträgliches Maß erreicht hatten, wurde es ihnen gestattet, nach Abessinien (Äthiopien) auszuwandern. Dies war eine Form des Jihads. Die Muslime waren unaufhörlich schikaniert und gefoltert worden, hatten sich aber als Antwort mit einem passiven Widerstand zufrieden gegeben. Das wurde solange fortgesetzt, bis der folgende Vers in Medina offenbart wurde:

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„Erlaubnis wird denen gegeben, die bekämpft werden, denen Unrecht zugefügt wurde, und Allah hat fürwahr Macht, ihnen beizustehen. Denjenigen, die aus ihren Häusern zu Unrecht vertrieben wurden, nur weil sie sagen: „unser Herr ist Allah" Und wenn Allah nicht die einen Menschen vor den anderen geschützt hätte, dann wären gewiss Klöster, Kirchen, Synagogen und Moscheen, in denen der Name Allah häufig genannt wird, zerstört worden. Und Allah wird wahrlich helfen, wer ihm hilft. Allah ist fürwahr stark, allmächtig." (Sure 22: 39-40)

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„Und jene die sich für uns abmühten, leiten wir gewiss auf unseren Wegen und Allah ist fürwahr mit denen, die rechtschaffen handeln." (Sure 29: 69)

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Der kleine Jihad versetzt den Gläubigen in die Lage, entweder den Titel eines Kriegsveteranen (ghazi') oder den Rang eines Märtyrers zu erlangen, was ihm die Pforten des Paradieses eröffnet und ihm die Anerkennung durch Allah sichert. Wer beim größeren Jihad Erfolg hat, wird mit ziemlicher Sicherheit auch beim kleineren Jihad Erfolg haben; umgekehrt ist dies aber keineswegs der Fall.

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Die bekanntesten Kriege zur Zeit des Propheten:

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Bedir: Die Eigentümer der Muslime wurden entwendet, und sie nahmen ihren Besitz von der Karawane die deren Eigentum wegführte, zurück.

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Uhud: Die Götzendiener hatten angegriffen, woraufhin die Muslime sich verteidigten.

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Hendek: Die Götzendiener hatten die Muslime in Medina angegriffen.

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Es waren immer Verteidigungskriege, die das Ziel hatten, einen lang andauernden Frieden zu ermöglichen. Nur hierfür gibt es eine Erlaubnis zur Gewaltanwendung. Die immerwährende Friedensabsicht kommt sehr deutlich bei folgenden Suren zur Sprache:

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„Sind sie jedoch zum Frieden geneigt, so sei auch du ihm geneigt und vertraue auf Allah. Wahrlich, Er ist der Allhörende, der Allwissende." (Sure 8:61)

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„O die ihr glaubt, tretet alle ein in den Frieden und folget nicht den Fußstapfen Satans; wahrlich, er ist euch ein offenkundiger Feind." (Sure 2:208)

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3) Auslegung des Begriffes Jihad von einem islamischen Theologen

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Laut Bekir Karliaga bedeutet Jihad im Kern nicht Krieg oder Mord, sondern Anstrengung, Erdulden von Strapazen, usw. Die Gleichsetzung des Wortes Jihad mit Hl. Krieg ergab sich im Laufe der Zeit durch historische Ereignisse und ist europäischen Ursprungs (Josef van Ess). In den Islamsprachen gibt es zum Begriff Hl. Krieg keine genaue Entsprechung (Josef van Ess).

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V.a. im 18., 19. und 20 Jh., zur Zeit des Kolonialismus, begann man im Westen, den Begriff Jihad mit Gewalt, Krieg und Terrorismus in Verbindung zu bringen, denn die Aufstände und Befreiungskämpfe der einheimischen Bevölkerung bedeuteten für die westlichen Mächte einen Rückzug aus den belagerten Gebieten, Einschränkungen des eigenen Wohlstandes und des Profits (Mehmet Aydin).

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Es gibt verschiedene Auffassungsformen des Glaubens:

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Der authentische Glaube, der in den religiösen Quellen existierende Glaube. Im Falle des Islam wären die zwei Hauptquellen der Koran und die Sunnah.

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Glaube, der sich innerhalb der Geschichte entwickelt.

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Der heutzutage praktizierte Glaube.

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4) Wie kann Jihad heute aufgefasst werden? Bzw. was sind die Aufgaben, die der Jihad im jetztigen Zeitalter beinhaltet?

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B. Karliaga: Jihad bedeutet heutzutage, sich auf wissenschaftlicher, intellektueller, zivilisierter Basis zu bemühen, und seine Kapazitäten für eine gute Sache auf dem Weg Gottes, für den Nutzen der gesamten Menschheit, einzusetzten. Denn auch die ersten Gelehrten des Islam haben den Vers aus dem Koran: „O ihr, die ihr glaubt! Fürchtet Allah und sucht, Ihm nahe zu kommen, und strengt euch auf Allahs Weg an (=Jihad), damit es euch wohl ergeht." (Sure 5:35, Max Henning) und andere Verse bezüglich Jihad so aufgefasst.

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Doch mit der Zeit wurde der Begriff Jihad mit dem Begriff Krieg gleichgesetzt, aber wir müssen dies nicht als Inbegriff akzeptieren. Wir müssen uns vielmehr den authentischen Quellen zuwenden und werden dann erkennen, dass jegliche Anstrengungen, die für die Menschlichkeit getätigt werden, Jihad sind, und zwar ohne die Verwendung von Waffen

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5) Islam und Terrorismus:

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Die Gründe, weshalb Terrorismus mit Islam nichts zu tun hat, sind aus dem zuvor Gesagten klar ersichtlich.

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In der 5. Sure im 32. Vers des Koran sagt Allah:

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„Aus diesem Grunde haben Wir den Kindern Israel verordnet, dass wer eine Seele ermordet, ohne dass er (d.h die Seele) einen Mord oder eine Gewalttat im Lande begangen hat, soll sein wie einer, der die ganze Menschheit ermordet hat. Und wer einen am Leben erhält, soll sein, als hätte er die ganze Menschheit am Leben erhalten." (Max Henning)

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Hieraus ist auch ersichtlich, welchen Rang der Islam dem Menschenleben zuordnet.

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Der islamische Gelehrte F. Gülen sagt, dass ein Muslim kein Terrorist ist, und ein Terrorist kein Muslim.

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Hadith: „Ein Muslim darf selbst im Kriegszustand Frauen, Kindern, alten Leuten und Bäumen (gemeint ist die Natur, keinen Schaden zufügen."

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Mit diesem Hintergrund ist nun klar, dass der Islam terroristische Anschläge wie z.B. vom 11. September massiv verurteilt und Fanatismus nicht zulässt. Ebenfalls toleriert er Selbstjustiz nicht.

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Es gibt terroristische Absplitterungen Ländern, in denen die Zahl der Muslime gegenüber Nicht-Muslimen überwiegt, genauso wie es sie auch in Form der IRA, der ETA, der BASK,… in Ländern mit vorwiegend christlichen Einwohnern gibt.

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6) Friedenspotential im Islam:

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Der zentrale Aspekt des Islam ist die Barmherzigkeit Gottes: Der Wortstamm für Barmherzigkeit heißt auf Arabisch Rahma. Formen des Wortstammes Rahma kommen über 700 mal im Koran vor. Mit Ausnahme einer Sure fangen alle Kapitel des Koran an mit dem Spruch: Bismillahirrahmanirrahim. Dies bedeutet: Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen.

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Die Muslime beginnen auch alle ihre Handlungen im täglichen Leben im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen.

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Ein ganz grundlegender Vers, Sure 2 Vers 256:

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„Kein Zwang im Glauben! Klar ist nunmehr das Rechte vom Irrtum unterschieden. Wer die falschen Götter verwirft und an Allah glaubt, der hat den festesten Halt erfasst, der nicht reißen wird. Und Allah ist hörend und wissend." (Max Henning)

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7) Abschließend einige in diesem Zusammenhang wichtige Verse aus dem Koran und allgemeine Bemerkungen:

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„Kein Zwang im Glauben! Klar ist nunmehr das Rechte vom Irrtum unterschieden. Wer die falschen Götter verwirft und an Allah glaubt, der hat den festesten Halt erfasst, der nicht reißen wird. Und Allah ist hörend und wissend." (Sure 2:256, Max Henning)

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Durch bewusst falsche Auslegung des Begriffs Jihad und durch dessen Instrumentalisierung für wirtschaftliche und politische Interessen ist es heutzutage so geschehen, dass ein komplett falsches Bild vom Islam bei den Nicht-Muslimen existiert. Dadurch geraten zahllose Bestrebungen, die im Namen des Islam gemacht werden und gemacht wurden, in den Schatten.

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Sind Bombenattentäter Märtyrer? Nein, durch solche Anschläge sterben auch unschuldige Menschen, außerdem ist dies Selbstmord. Der Täter muss sowohl für die unschuldigen Opfer als auch für den Selbstmord Rechenschaft ablegen. Falls ein berechtigter Krieg existiert, so dürfen nur Soldaten gegen Soldaten kämpfen.

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Darf für die Verbreitung des Islam Gewalt angewendet werden? Nein (Sure 2: 256):

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„Siehe, du kannst nicht leiten, wen du gerne möchtest; Allah aber leitet, wen Er will, denn Er kennt am besten die, welche sich leiten lassen." (Max Henning)

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Quellenangaben

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Muhammet Mertek; Der Islam, INID 2001

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Hadithsammlung Buhari

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Hadithsammlung Muslim

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Gülen, M.F; Fragen die unser modernes Zeitalter an den Islam stellt, Kaynak

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Zaman Euro Zeitung, Ein Terrorist ist kein Muslim, ein Muslim ist kein Terrorist, Dez. 2001

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Aksiyon Zeitschrift, Jihad Ausgabe, 19/25 Mai 2001

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Henning Max; Der Koran, Reclam, Stuttgart 1996

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III) Aspekte zum Dialog von Islam und Christentum

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In den ersten beiden Teilen unseres Arbeitskreises haben wir versucht aufzuzeigen, wie sich Christentum und Islam zu Fragen des Krieges stellen. Wir haben gesehen, wie sich beide Religionen in einem ständigen Ringen befinden zwischen Einsatz für den Frieden und religiöser Rechtfertigung von Krieg. Gesellschaftliche Verantwortung und realpolitische Zwänge haben oft die klare Option für den Frieden, die in den Lehren von Islam und Christentum enthalten ist, in den Hintergrund treten lassen.

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Wir sind uns der historischen Ambivalenz des Phänomens Religion bewusst: Anhänger beider Glaubensrichtungen haben sich zeitenweise als Förderer des Friedens verhalten, sie haben aber auch kriegerisches Handeln legitimiert, indem sie den Glauben instrumentalisierten und für politische Zwecke missbrauchten.

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Doch beide Religionen bergen in ihrem Kern ein gewaltiges Friedenspotenzial. An uns liegt es nun, dieses Potenzial zum Tragen kommen zu lassen.

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Die Fragen von Krieg und Frieden sind für Muslime und Christen in der gegenwärtigen Situation von zentraler Bedeutung.

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Islam und Christentum m ü s s e n sich heute als Faktoren des Weltfriedens erweisen,

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weil sie Denken und Handeln vieler Menschen wesentlich prägen;

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weil sie auf Universalität ausgerichtet sind und eine Vision eines Zusammenlebens in Frieden und Gerechtigkeit für die ganze Menschheit haben;

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weil viele gegenwärtige Konflikte auch eine religiöse Komponente haben (die Religion wird allerdings meistens zu Unrecht als Konfliktgrund in den Vordergrund gestellt).

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Es geht um die Zukunft der Menschheit, und die kann einem gläubigen Menschen nicht gleichgültig sein. Von der Überzeugung getragen, dass Gott der Schöpfer aller Menschen ist und dass darin die unveräußerliche Würde eines jeden Menschen begründet ist, können wir auch mit Nicht-Gläubigen zusammenarbeiten und mit allen Menschen guten Willens nach gemeinsamen Werten suchen.

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Unser Glaube daran, dass Gott der Schöpfer aller Menschen ist, lässt uns von einer Menschheitsfamilie sprechen, für die Gott in aller Verschiedenheit der einzelnen Völker und Kulturen ein gemeinsames Ziel, eine gemeinsames Friedensprojekt hat. Als gläubige Menschen bekennen wir uns zu unserer Verantwortung vor Gott und auch vor den Menschen. Gott hat uns einen Auftrag für den Frieden in der Welt gegeben, den wir gemeinsam erfüllen können.

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Gott ruft uns nicht nur zum Friedenmachen auf, Er selbst ist der Friede. Die Muslime nennen den Frieden unter den 99 schönsten Namen Gottes: Allahu as-salam.

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Dieses arabische Salam - Schalom in der hebräischen Bibel - meint Frieden in einem ganz umfassenden Sinn. Die Bedeutung des Wortes Frieden in den semitischen Sprachen meint viel mehr als bloßer Waffenstillstand, nicht nur die Abwesenheit von Krieg, sondern ein weit umfassenderes Gut: ganzheitliches Heil, Wohlergehen, Ordnung und Harmonie, eine Welt, in der Recht und Gerechtigkeit herrschen.

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Eine Verwirklichung dieses Friedens ist nur möglich, wenn sie einer inneren spirituellen Haltung der Bereitschaft zum Frieden entspringt - und dazu haben alle Religionen, Weltanschauungen und Spiritualitäten einen Beitrag zu leisten.

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Frieden zu schaffen ist nicht nur eine politische Aufgabe im Sinne der Vermeidung von Gewalt u. Krieg, sondern der Einsatz für den umfassenden Frieden im Sinne von Schalom/Salam hat eine eminent soziale, wirtschaftliche und sogar ökologische Dimension.

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Friedensarbeit muss auch konkret institutionelle Rahmenbedingungen und Strukturen zur juristischen Umsetzung schaffen, damit diese spirituell verwurzelte Friedensvision Gestalt annehmen kann.

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