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ER gibt uns Kraft, unsere Lasten zu tragen!
(Predigt zum Herz-Jesu-Sonntag, gehalten in der Jesuitenkirche am 30. Juni 2019 um 11.00 Uhr)

Autor:Niewiadomski Jozef
Veröffentlichung:
Kategoriepredigt
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2019-07-03

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

1
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Tiere. Viecher. Tiere beherrschen die Bühne des Herz-Jesu-Festes.  Schafe! Nichts als Schafe kommen im Wort Gottes bei der heutigen Eucharistiefeier (Ez 34,11-16; Lk 15,3-7) . Und auch die Hirten natürlich. Jene Hirten, die sich um die Schafe kümmern. Nicht die Hirten, die nur sich selbst weiden und nur auf Kosten ihrer Schafe leben, wie all die korrupten Amtsträger. Es sind dies wunderbare Texte, Texte, die jede Politikerin, jeder Politiker und natürlich auch all jene, die in der Seelsorge arbeiten, sich zu eigen machen müsste, wenn sie ihrem Amt gerecht werden wollen. Denn: was sind die Politiker anders als Hirten? Was die Priester und Bischöfe? Bei all der notwendigen Trennungen vom Thron und Altar, bei all den notwendigen Unterscheidungen von Religion und Politik treffen sich die beiden Sorten von Amtsträgern an ein und demselben Zaun, bei jener Latte, an der ihr Amt gemessen wird: „Um des Menschen willen!“ Um des Menschen willen gibt es Politik und auch Religion. Um des konkreten Menschen willen sind da die Seelsorger und die Politiker. Nicht um ihrer selbst willen.

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Herz Jesu ist auch ein politisches Fest –  politisch im weitesten Sinn des Wortes. Politisch, weil man an diesem Tag auch um den Segen für die Politiker beten darf und soll. Das Fest hat auch aber einen zutiefst menschlichen Charakter –  es weist auf die Mitte dessen hin, was Menschsein heißt. Es  öffnet die Herzen – es lässt Vertrauen wachsen. Es lädt uns also alle ein auch für uns selber in diesem Sinn zu beten. Was soll das heißen? Als ich noch ein blutjunger Theologe war, haben wir vollmündig immer und immer wieder den Spruch geleiert: „Philosophen haben die Welt interpretiert. Es kommt darauf an, sie zu verändern!“ Inzwischen haben Menschen, Politiker, Kirchenleute die Welt derart zu verändern versucht, dass man allerorten zu schreien anfängt: „Es kommt darauf an, die Welt zu verschonen!“ Vom lauten Aktionismus geht uns allen nämlich langsam der Atem aus, apokalyptische Ängste sind da an der Tagesordnung, das Karussell der Anschuldigung und Diffamierung dreht sich immer schneller. Und wir alle verlieren das Vertrauen. Müsste da nicht eine Neu-Besinnung ansetzten auf den Sinn unseres Glaubens?

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Zu den vielen Tieren, die es in den heutigen Lesungen gibt, will ich noch zwei dazu gesellen.

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Müde und ausgelaugt sehen sie aus. Die zwei Esel! Kein Wunder. Tagtäglich müssen sie schwerste Arbeiten verrichten, hin und wieder werden sie auch verdroschen. Irgendwann hörten sie genauer hin, auf das, worüber sich ihre Besitzer untereinander unterhalten. Sie schimpften auf die Kirche, erwähnten hin und wieder gar den Namen Gottes. Sie redeten über das Gebet und den Segen. Über Prozessionen und Wallfahrten. Wahre Wunder sollten da geschehen sein. So fassten die beiden Esel einen Plan. Sie machten sich auf den Weg zur Kirche. Vor dem Herz-Jesu-Bild wollten sie beten. Genauso wie ihre Besitzer. Die Tür der Kirche stand offen – es war ja ein heißer Sommer, so gingen sie hinein. Fielen gar auf die Knie (sollte das Ihnen unglaubwürdig erscheinen, schauen Sie mal bei Gelegenheit das Deckenfresko der Antonius-Kirche in Rietz an: dort kniet ein Esel vor dem Allerheiligsten). Sie fielen also auf die Knie und beteten. Nachdem sie gebetet hatten, machten sie sich auf den Weg zurück. Nach knapp einem Monat, an einem Markttag, trafen sie einander. Einer sah erbärmlich, der andere gelassen aus. „Ist doch auch nur Blödsinn mit dem Gerede vom Segen und der ganzen Religion“, sagte frustriert der Erbärmliche. „Hab gebetet, dass er mir die Lasten wegnimmt. Und was ist passiert? Gar nichts! Immer noch derselbe Alltagstrott.“ Der zweite Esel sah gelassen aus, lächelte gar, so wie halt die Esel zu lächeln vermögen und entgegnete: „Und ich habe gebetet, dass ER mir Kraft gibt, meine Lasten zu tragen!“

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Liebe Schwestern und Brüder, im Zeitalter der medialen Zerrbilder, in denen die Kirche und Religion bloß mit Themen: Missbrauch, Kritik und Forderungen an die Politiker und Hilfe für Migranten vorkommen, im Zeitalter, in dem die meisten Menschen die Kirche bloß mit einem Verein, einer “non-gouvernement-organisation” assoziieren und man den Wert der Religion bloß in ihrem Beitrag zur Weltveränderung sieht, würde es uns allen gut tun, in die Schule des zweiten Esels zu gehen und zu lernen, dass Kirche eine „Gebetsgemeinschaft“ ist. Eine Gemeinschaft, in der man betet, dass ER uns die Kraft gibt, unsere Lasten zu tragen und unser Vertrauen zu stärken. Auf dass wir gelassener werden!

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Kein Herz-Jesu-Fest ohne einen Bezug auf den „Genius loci“, der in der Krypta dieser Kirche begraben ist. Karl Rahner sagte, Jesu Brust wurde aufgeschlitzt, auf dass alle, die gläubig dieses Herz anschauen, wissen: dieses Herz liebt alle, selbst diejenigen, die es ablehnen sich lieben zu lassen. In diesem Herzen sind also alle geborgen, nicht nur diejenigen, die die Geborgenheit erfahren. Und auch nicht nur diejenigen, die dieses Gefühl verloren haben.  Geborgen sind selbst jene, die das Wissen über die Geborgenheit des Menschen im Herzen Gottes ablehnen, die dieses Herz und seine Weisheit gar verhöhnen. Was bleibt uns Christen also als auf die Weisheit des zweiten Esels zu hören und zu beten, dass ER uns hilft unsere Lasten zu tragen. Er selber hat ja gerufen: Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und beladen seid. Ihr werdet Ruhe finden in der Geborgenheit meines Herzens! Übrigens: gerade an einem derart heißen Tag wie heute (36 Grad), erfährt man buchstäblich am eigenen Leib, dass man in dieser Kirche diesen Spruch auch so hören könnte: Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und ich werde euch Kühlung verschaffen! 

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