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Christi Himmelfahrt – ein Aufbruch?

Autor:Wandinger Nikolaus
Veröffentlichung:
Kategoriepredigt
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2016-05-09

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Christi Himmelfahrt 2016 (LJ C). Lesungen: (Apg 1,1-11;) Eph 1,17-23; Lk 24,46-53

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Liebe Gläubige,

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am vergangenen Sonntag um 11 Uhr hat Pater Fritzer in seiner Predigt Überlegungen über das Wort „Aufbruch“ angestellt. Er hat darauf hingewiesen, dass „Aufbruch“ sowohl einen Abschied – insofern also ein Ende – als auch einen Beginn bedeuten kann. Und ich habe mich gefragt, ob Christi Himmelfahrt auch ein „Aufbruch“ ist, und wenn ja, in welchem Sinn.

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Einiges spricht dafür, dass das Wort „Aufbruch“ das Ereignis von Christi Himmelfahrt gut beschreibt: Christus bricht auf in den Himmel, und das ist für die Jüngerinnen und Jünger ein Abschied; anderseits könnte man vermuten, dass erst danach die Kirche in ihre Geschichte starten kann, denn solange der Meister noch da ist, kann man ja nicht zu neuen Ufern aufbrechen, da braucht man schon die Freiheit seiner Abwesenheit – oder?

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Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr wurde mir bewusst, dass das doch eine eher oberflächliche Sichtweise des heutigen Festes wäre, die zu kurz greift. Wie also dann?

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Betrachten wir es zunächst von Seiten der Jüngerinnen und Jünger, also der jungen Kirche. Die hat Jesu Himmelfahrt zunächst gar nicht in Aufbruchsstimmung versetzt. Obwohl sie viele Erfahrungen mit dem Auferstandenen gemacht hatten, blieben sie ängstlich und fast wie Waisen zurück, erst als der Heilige Geist frischen Wind brachte, kam bei ihnen ein Aufbruch zustande: sie gingen hinaus und verkündeten die Frohe Botschaft von der Erlösung durch Christus. Himmelfahrt war also noch nicht der Aufbruch der Kirche in eine neue Zukunft, sondern erst Pfingsten.

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Die JüngerInnen haben die Himmelfahrt zunächst als einen schmerzlichen Abschied empfunden. Und einerseits war das richtig: Jesus, mit dem sie einige Jahre gelebt hatten und herumgezogen waren, er, der für sie DER Aufbruch schlechthin in ihrem Leben war, er war sogar nach seinem grausamen Tod wiedergekommen und hatte sich ihnen als Herr des Lebens gezeigt; und doch verließ er sie nun wieder. Warum konnte er nicht bleiben? Warum nicht jetzt gleich das Reich vollenden? Seine Antwort, dass nur der Vater Zeiten und Fristen festsetzte und wisse, fanden sie zunächst nicht sehr befriedigend, da ging es ihnen wohl nicht viel anders als uns.

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Doch mit der Zeit und durch den Heiligen Geist verstanden sie, dass dieser Aufbruch Jesu kein Verlassen, kein Abschied im eigentlichen Sinn war. Vielmehr vereint Christus nun Himmel und Erde miteinander. Der Epheserbrief sagt es so: Christus ist einerseits erhoben auf den Platz zur Rechten Gottes, der ihm alles zu Füßen gelegt hat; er ist anderseits das Haupt der Kirche, die sein Leib ist; und schließlich wird gesagt, dass er das All ganz und gar beherrscht. Der Geist der Weisheit und Offenbarung macht der Kirche deutlich, dass sie nicht bloß ein Verein oder eine Institution ist; sie ist die bleibende Präsenz Christi auf Erden, wenn sie sich bewusst bleibt, dass nicht sie im Mittelpunkt zu stehen hat, sondern er, ihr Haupt. Von diesem aber gilt, dass er sich mit allen, aber besonders mit den Geringsten identifiziert hat. Darum darf sich auch die Kirche nicht abschotten und verschließen. Denn ihr Haupt ist eben derjenige, der sich mit allen vereint hat, ja der das All ganz und gar beherrscht. Darum brauchen die Jüngerinnen und Jünger Jesu sich eigentlich vor nichts zu fürchten, denn ihr Haupt durchwirkt alles.

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So ist Himmelfahrt in einem bestimmten Sinn der Abschluss eines Aufbruchs, der damit begann, dass Gott Mensch wurde: Das ewige Wort des Vaters, durch das alles geschaffen wurde, wurde selbst Mensch in einem kleinen Ort in Palästina. Und nun wird der Mensch aus Nazareth, der 33 Jahre lang einer von uns war, in den Himmel aufgenommen, weil er in eine unauflösliche Einheit mit dem Logos Gottes, der das All beherrscht, getreten ist.

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Karl Rahner hat einen Aufsatz geschrieben mit dem Titel „Die ewige Bedeutung der Menschheit Jesu für unser Gottesverhältnis“[1]. Er macht darin auf einen wichtigen Aspekt unseres Glaubens aufmerksam, den wir manchmal gerne vergessen: Wenn Jesus in den Himmel auffährt, dann bedeutet das nicht, dass sein Menschsein nicht mehr wichtig wäre, so als ob er nur für jene 33 Jahre Mensch gewesen wäre und sich danach dieses Menschsein wieder verflüchtigt hätte. Wozu auch braucht der dreifaltige Gott noch das kleine Anhängsel Mensch?

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In der Tat: Er braucht es nicht. Gott könnte sich in seiner dreifaltigen Liebe genug sein, aber er wollte es nicht genug sein lassen, sondern diese Liebe weiterschenken. Er ist es, der aufgebrochen ist, um sich mit einem Menschen, eben jenem Jesus aus Nazareth, untrennbar zu verbinden in personaler Einheit. Und so bedeutet das auch, dass dieser Mensch in Ewigkeit eins ist mit Gott, dass der große, ewige, allmächtige Gott für immer eins ist mit einem Menschen aus Leib und Seele, der auf Erden gewandelt ist, gelitten hat und gestorben ist. Mit anderen Worten: Das Menschsein Jesu leidet nicht durch seine Vereinigung mit Gott, er ist nicht weniger Mensch, nicht weniger einer von uns, wenn er in der Ewigkeit Gottes zu dessen Rechten sitzt, sondern Gott hat sich auf ewig mit einem Menschen – und durch diesen mit allen Menschen verbunden – und darum ist dieser Mensch am vollsten Mensch und eine einmalige Persönlichkeit.

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Und das ist nun doch eine Botschaft des Aufbruchs auch für uns: Wir sind ja zu Gleichem berufen. Auch wir sollen einmal in den Himmel aufgenommen werden. Dabei geht es nicht um eine Fahrt in den Weltraum oder sonst wohin; auch nicht um ein widerwilliges Halleluja-Singen a la Münchner im Himmel. Es geht darum, dass auch wir mit hineingenommen werden in die dreifaltige Liebe Gottes und zwar so, dass unser Menschsein und unsere Individualität dadurch nicht nur nicht angetastet, sondern bewahrt und zu ihrer eigentlichen Reife und Fülle gebracht werden. Zu dieser Hoffnung sind wir berufen: Alles wahrhaft Menschliche an uns wird in der Ewigkeit Gottes Bestand haben und vollendet werden.

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Dazu dürfen wir aufbrechen in der Kraft des Heiligen Geistes, indem wir Jesus nachfolgen in seiner Solidarität mit jenen, die es nötig haben. Wir haben dabei letztlich nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen.

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Anmerkungen

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[1] Rahner, Karl: Die ewige Bedeutung der Menschheit Jesu für unser Gottesverhältnis. In: Ders.: Sämtliche Werke 12: Menschsein und Menschwerdung Gottes. Studien zur Grundlegung der Dogmatik, zur Christologie, Theologischen Anthropologie und Eschatologie. Bearb. v. H. Vorgrimler. Freiburg 2005, 251-260.

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