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Testament

Autor:Niewiadomski Jozef
Veröffentlichung:
Kategoriekommentar
Abstrakt:
Publiziert in:Tiroler Tageszeitung, 24. Jänner 2015
Datum:2015-01-26

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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“Ich habe keine Kinder, keine Frau, kein Auto, keinen Kredit. Ich bevorzuge stehend zu sterben, anstatt auf Knien zu leben.” Nach seinem Tod aus der Hand der Islamisten hört sich das Bekenntnis des Chefs der Satirenzeitschrift Stéphan Charbonnier wie sein Testament an. Zwei Jahre vor dem Anschlag beschrieb der bekennende Atheist in einem Interview seine Ideale. Als Verteidiger des strengen Laizismus kämpft er gegen das Klima religiöser “Unnachgiebigkeit”. Weil diese den blindem Fanatismus bedeute.

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Zwei Jahre vor seinem Tod aus den Händen der Islamisten verfasste auch der Trappistenmönch Christian de Chergé sein Testament. Vieles verbindet beide Männer. Beide waren Franzosen, hatten keine Kinder und auch keine Frau. Beide litten unter religiösem Fanatismus. Beide haben damit gerechnet, Opfer der Terroristen zu werden. Der Unterschied zwischen ihnen kann jedoch nicht größer sein. Der Trappistenmönch müsste dem Atheisten als Inbegriff religiöser “Unnachgiebigkeit” erscheinen. Mehrmals wurden die Mönche aufgefordert, Algerien zu verlassen, weil ihre Präsenz dort ein Dorn im Auge der Islamisten war. Sie weigerten sich zu gehen. Auch deswegen, weil die muslimischen Dorfbewohner in ihrer Anwesenheit den Schutz gegen Terroristen sahen. Die “Unnachgiebigkeit” des Mönchs war mit Standfestigkeit im Glauben identisch. Diese verführte nicht zum Fanatismus, sondern ermöglichte, Versöhnung inmitten tödlicher Konflikte zu leben. Sein letzter Wille wird auch nicht zum Samen der Intoleranz.

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“Wenn es mir eines Tages geschehen sollte ein Opfer des Terrorismus zu werden, so möchte ich daran erinnern, dass mein Leben Gott und diesem Land geschenkt war. Ich habe genügend lange gelebt, um zu wissen, dass auch ich Komplize des Bösen geworden bin. Komplize gar dessen, der mich dereinst erschlagen wird.  Ich kann einen solchen Tod nicht wünschen. Wenn dieser Augenblick kommt, möchte ich so viel ruhige Klarheit haben, dass ich die Verzeihung Gottes und meiner Menschengeschwister anrufen kann, aber ebenso, dass ich dem aus ganzem Herzen vergeben kann, der mich umbringen wird.” Der Trappistenpater schließt mit dem französischen Abschiedsgruß: “A-Dieu” und hofft, dass es ihm und seinem Mörder geschenkt sein wird, sich “als glückliche Schächer” im Paradies wiederzusehen.

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