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Die Wiederholung

Die Pilotnummer einer neuen "Zeitschrift für Literaturkritik" kommt in bibliophiler Aufmachung daher – und weckt den Wunsch auf Fortsetzung.

Im Herbst 2015 hat Leonard Keidel in Heidelberg unter dem etwas kryptischen Titel Die Wiederholung die erste Probenummer einer neuen Zeitschrift für Literaturkritik herausgebracht. Mit der nächsten Ausgabe des als Halbjahresschrift geplanten Periodikums soll die Unternehmung in Serie gehen. Sie ist – die nötige Unterstützung, nicht zuletzt finanzieller Art, vorausgesetzt – für Mai 2016 geplant.

Man darf gespannt sein und drückt die Daumen für ein Projekt, das innen wie außen auf eine gewisse Exklusivität, vor allem aber auch auf stilistisches Niveau setzt: Literaturkritik wird hier nicht als Betriebsphänomen verstanden, sondern als eine literarische Gattung, etwa in der Tradition der Schlegel’schen Charakteristiken und Kritiken, programmatisch gerahmt mit Rekursen auf Walter Benjamin (wie sich beinahe von selbst versteht). Die viel beklagte Häppchenware des täglichen Rezensionsgeschäfts aus dem Tagesfeuilleton ist dementsprechend nicht zu erwarten – im Gegenteil: Die 80-seitige Pilotnummer nimmt sich Raum für gerade einmal fünf ausführliche kritische Essays, u. a. zu James Freys A million little pieces und Michel Houllebecqs Unterwerfung. Für die Zukunft sollen auch „regelmäßig Essays über Literaturkritik deren Geschichte und derzeitige Praxis beleuchten“, wie es im Konzeptentwurf zur Zeitschrift heißt. Und weiter:

„Außerdem müssen die in der Zeitschrift aufgenommenen Essays keine Erstveröffentlichungen sein (auch wenn darauf der Schwerpunkt liegt). Gerade angesichts der derzeit sich abzeichnenden Erfahrung, dass Texte, die online (bes. in Blogs) veröffentlicht wurden, schnell in Vergessenheit geraten, sollten auch hochwertige literaturkritische Essays, die in einem digitalen Archiv schlummern, im Druck ‚wiederholt‘, einer konzentrierten Lektüre und langfristigen Aufmerksamkeit dargeboten werden.“

Der Titel Die Wiederholung ist also durchaus programmatisch zu verstehen, indem auf Entschleunigung und Konzentration gesetzt und das Konzept der gedruckten Zeitschrift als „Kleines Archiv“ Ernst genommen wird. Allen Apokalyptikern, die von der Literaturkritik weniger Unterwerfung unter die heteronomen Anforderungen des Medienmarktes und mehr Empathie für die literarische Kunst einfordern, mag in diesem Sinne die Unterstützung des Heidelberger Projekts ans Herz gelegt werden; bibliophil veranlagten Zeitgenossen sowieso. Breitenwirkung – um die es hier dezidiert nicht geht – ist dabei allerdings von Vornherein ausgeschlossen.