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Martinelli Domenico |
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1.
MARTINELLI, Domenico
(LORENZ,1991)
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2.
BERUFSBEZEICHNUNG
Feldmesser,
Architekt (LORENZ, 1991) |
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3. BIOGRAPHIE
* 30.11.1650, Lucca
11 09.1718, Lucca
Als Geburtsort für M. ist in der einschlägigen Literatur
Lucca angegeben. Lucca liegt in der Toskana, nördlich von
Pisa. Über Martinellis frühe Zeit sind wir nur indirekt
durch die erst 1772 erschienene Vita Franceschinis informiert;
wie an mehreren Beispielen nachgeprüft werden kann, war der
Autor über die Geschehnisse in seiner Heimatstadt Lucca gut
unterrichtet. Demnach erhielt der 1650 geborene M. seine erste
Ausbildung in der Nachfolge seines Vaters als Geometer und Feldmesser.
Unter dem Einfluss seines älteren Bruders, der nach
dem frühen Tod des Vaters die Erziehung Domenicos übernahm,
schlug dieser dann die geistliche Laufbahn ein und wurde 1673
zum Priester geweiht (FRANCESCHINI 1772, p. IX)(LORENZ 1991, 5).
Daneben weiterhin Tätigkeit als Feldmesser und erste architektonische
Studien.
Welcher Art seine architektonische Ausbildung der folgenden Jahre
gewesen ist, bleibt unklar: Franceschini (p. VI- VII)
erwähnt
nur autodidaktische Studien bei lucchesischen Malern und Dekorateuren.
Zu Jahresende 1678 übersiedelt M. nach Rom, bereits im Juni
1679 beteiligt er sich am Architektur-Wettbewerb der Accademia
di San Luca und erhält am 8. Oktober den ersten Preis (Rom,
AASL, "libro delle resoluzioni" 45, f 71 F). 1679 war
M. der einzige Preisträger (premiato solo). Über weitere
Tätigkeiten Martinellis in den ersten Jahren in Rom ist wenig bekannt;
er
dürfte sich vorwiegend mit Studie nach römischen
Bauten beschäftigt haben, aber auch mit Malerei: 1680 erhält
er die
Erlaubnis in den Vatikanischen Gemächern zu zeichnen.
Im Zentrum stand jedoch sein Studium an der Akademie: Bereits
im folgenden Jahr 1680 erhielt er wiederum - allerdings als einziger
Konkurrent - den ersten Preis der Architekturklasse
(Rom, AASL,
"libro delle resoluzioni" 45, f 88: essendosi concorso
solamente Dom. Martinelli fu anche a lui destinato il Premio senz'
altra giudicatura.).
M. muss sich auch weiterhin im Umfeld der Akademie aufgehalten
haben, denn in der Sitzung vom 25. April 1683 wird er Anstelle
des nach Neapel abberufenen Gregorio Tommassini zum nuovo Academico
di merito ernannt und zugleich mit der Vorlesung über Architektur
betraut.
Er behielt diese Funktion - auch nach der Rückkehr Tommassinis
- bis zu seiner Abreise nach Wien 1690 bei, wurde überdies
1685 zum "Custode" und 1688 zum "Capellano"
der Akademiekirche SS. Luca e Martina ernannt. Kurz darauf wird
er auch in den elitären Zirkel der "Congregazione de`Virtuosi
al Pantheon" aufgenommen (LORENZ 1991, 9).
Ein guter Teil seiner Tätigkeit als planender Architekt galt
M.s Heimatstadt Lucca. Es handelt sich dabei in erster Linie um
kleinere Aufgaben wie Kapellen und Altäre. (Bsp.??). Um 1684
entsteht eine Reihe von Projekten für den polnischen König
Jan III Sobieski. Dazu gehören unter Anderem der Entwurf
einer Memorialkirche, sowie der Entwurf eines Brunnenmnumentes.
Martinellis Übersiedlung nach Wien erfolgte im Sommer 1690. Erst
hier entfaltete sich seine Profession als planender Architekt
zur Gänze. In den Jahren bis 1693 steht er im Dienst des
Grafen Ferdinand Bonaventura Harrach. M. scheint in den folgenden
Jahren in Dokumenten als Gräfl. Harrachischer Architect bzw.
Capellan (der lucchesische Abbate diente seinem Auftraggeber
in
den ersten Jahren seines Wiener Aufenthalts auch als Hauskaplan)
auf (Wien, HAL, HZR, Nennungen vom 5. Mai und 12. Juni 1691).
Bereits zu Beginn seines Aufenthaltes in Wien knüpft er erste
Kontakte zu seinen wichtigsten Auftraggebern der Folgezeit - Graf
Kaunitz und Fürst Liechtenstein. M. konnte während seiner
frühen Wiener Jahre vor allem mit umfangreichen mathematisch-geometrischen
Kenntnissen dienen, war in der Feldmesserei bewandert und auch
in technischen Belangen
und im Bereich des Ingenieurwesens qualifiziert.
Allerdings hatte er zunächst nur geringe Erfahrungen als
Bau-Praktiker vorzuweisen und wäre auch von den heimischen
Zünften nicht für eine reguläre Bauführung
zugelassen worden. Er kam also
a priori nur als "Ideenlieferant"
und architektonischer Berater in Frage.
In den Jahren 1691 bis 1694 entstehen zahlreiche Werke und Projekte
für adelige Auftraggeber in Wien so z.B. die Stadt-paläste
Kaunitz, Strattmann, Sinzendorf u.a.. Die Gartenpaläste
Czernin, Obizzi, Stockhammer, Liechtenstein u.a.
1692 knüpft M. erste Kontakte mit Prag (Palast Sternberg).
Zu Ende des Jahres 1694 reist M. im Gefolge des Grafen Kaunitz
nach Holland, der als kaiserlicher Bevollmächtigter nach
Den Haag entsandt worden war. Welche genaue Funktion M. innerhalb
des mehrköpfigen Hofstaates des Grafen innegehabt hatte,
darüber fehlen authentische Dokumente. M.s Tätigkeiten
während dieser Jahre lassen dennoch einige sichere Schluss-folgerungen
zu: Kaunitz hatte den Entschluss gefasst, nach dem Vorbild holländischer
Manufakturen eine Produktionsstätte
für Textilien in
Austerlitz einzurichten. M. konnte auf Grund seiner technischen
Kenntnisse für eine solche Aufgabe präde-
stiniert scheinen.
Aus seiner holländischen Zeit datieren jedenfalls eine Reihe
technischer Studien zu Mühlen, verschiedene "macchine",
Brauereieinrichtungen, Brücken u.a.m. (in Band III des
Mailänder "Nachlasses"; siehe auch Lucca BS,
MS
1856, f 132-138).
1695 entsteht ein Projekt für den Hochaltar des Domes in
Passau sowie verschieden Planungen für deutsche Fürsten
(Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz, Kurfürst Lothar
Franz von Schönborn von Mainz). Daneben betreut M. weiterhin
die in Wien und Mähren begonnenen Bauten.
1698 kommt es zur Rückkehr M.s nach Wien wo er hauptsächlich
als "Hausarchitekt" des Grafen Kaunitz - nunmehr Reichsvizekanzler
- auf dessen Gütern in Mähren (Austerlitz, Ungarisch-Brod,
Neu-Kaunitz) arbeitet. 1699 hält M. sich für
kurze Zeit
in Düsseldorf und Heidelberg auf. Noch Ende desselben Jahres
kehrt er nach Rom zurück. Als Grund dafür führt
M.s Biograph Franceschini Differenzen mit seinem Auftraggeber
Fürst Liechtenstein an (FRANCESCHINI 1772, p. XXI). Allerdings
war M. noch auf seiner Reise nach Rom in Bologna und Florenz als
Kunstagent für diese Familie tätig (LORENZ 1991, S.
91). So bleiben die tatsächlichen Gründe für die
Rückkehr des Künstlers nach Italien unklar. Zunächst
hält M. sich im November 1699 für kurze Zeit in Bologna
auf reist dann weiter nach Florenz. Im Dezember 1699 trifft M.
in Rom ein und nimmt ab diesem Zeitpunkt wieder regelmäßig
an den Sitzungen der Accademia di San Luca teil (Rom AASL, "Libro
delle resoluzioni
" Bd. 45, Sitzung vom 20. Dezember
1699; Bd. 46 A, Sitzungen vom 17. Jänner, 7. März und
25. April 1700).
Im April 1700 wird er erneut als Lehrer per l´architettura
für das kommende Studienjahr gewählt (Rom, AASL, "Libro
delle resoluzioni
" Bd. 46 A: Sitzung vom 25. April
1700). M. lebte in Rom unter kärglichen Bedingungen; Franceschini
berichtet über diesen "stato miserabile, in cui viveva,
sostenendosi con la sola Elemosina della Messa". Der Künstler
wird daher gerne eine sich bietende Gelegenheit ergriffen haben,
um wieder in den Norden zurückzukehren. Über Carlo Fontana
knüpft er neue Kontakte zu einem Prager Bauherrn,: Johann
Joseph Graf Sternberg. Tatsache ist, dass M. sich in der Sitzung
der Accademia di San Luca vom 16. Mai 1700 wieder abmeldet (Rom
AASL, "Libro delle resoluzioni
" Bd. 46 A, S. 4,
Sitzung vom 16. Mai 1700). Nach einem kurzen Besuch in Lucca reist
er Ende Mai im Gefolge des Grafen Sternberg über Florenz
wieder in den Norden und wird dabei Zeuge des tragischen Todes
des jungen Grafen und seiner Gemahlin in den Fluten des Inn (darüber
berichtet M. in einem Brief an seine Mutter im Juli 1700: Lucca
BS, MS 3365, Nr. 38; abgedruckt bei Arrighi 1985). Im Spätsommer
trifft er wider in Wien ein und nimmt sowohl bei Graf Kaunitz,
als auch bei seinen Prager Bauherrn seine Planungstätigkeit
auf.
In Wien selbst hat M. nach seiner Rückkehr nur mehr wenig
zu tun gehabt. Im Gefolge des Grafen Kaunitz hat sich M. bald
auf dessen mährische und ungarische Güter zurückgezogen
und dort als "Hausarchitekt" des Reichsvizekanzlers
fungiert.
Mit dem Tod von Dominik Andreas Kaunitz im Jänner 1705 verlor
M. seinen wichtigsten Auftraggeber. Im Februar berichtet er
in
einem Brief an seinen Bruder vom Tod des Grafen und kündigt
gleichzeitig seine Rückkehr in die Heimat an (Lucca BS,
MS
1792, f 329R). Durch einige Umstände - über die wir
allerdings nur indirekt und unvollständig durch Franceschinis
Vita unterrichtet sind - verzögerte sich diese Abreise jedoch
bis in den Herbst 1705: als Grund gibt Franceschini, gestützt
auf
(im Original nicht erhaltene) Briefe M.s an, dass der Kaiserliche
Hof ihn geradezu gewaltsam in Wien zurückgehalten habe,
um
ihn zum "Ingegnnero Cesareo" zu ernennen und zu weiterem
Verbleib in der Metropole zu bewegen. Im Oktober 1705 reist M.
schließlich von Wien ab, besucht kurz seine Heimatstadt
Lucca und kehrt im Dezember 1705 wiederum nach Rom zurück
(LORENZ 1991, S. 103).
Ab Jahresbeginn 1706 nimmt M. wieder regelmäßig an
den Sitzungen der Accademia di San Luca teil (Rom AASL, "Libro
delle resoluzioni
" 46 A, p. 49: Sitzung vom 10. Jänner
1706, bei der M. erstmals wieder anwesend ist). Bald wurde M.
wieder in seine alte Funktion als Lehrer für Architektur
eingesetzt (Mai 1706) (Rom AASL, "Libro delle resoluzioni
"
46 A, p. 56: Sitzung vom 13. Mai 1706). Nach einer Meinungsverschiedenheit
mit dem "Principe" Carlo Maratta wurde M. im Juli 1706
von der weiteren Lehrtätigkeit ausgeschlossen. Erst als er
sich im Juli 1709 formell beim Principe Maratta entschuldigt hatte,
wurde M. im September 1709 wieder aufgenommen und 1710 neuerlich
zum Lehrer für Architektur und Perspektive gewählt (Rom
AASL, "Libro delle resoluzioni
" 46 A, p. 108 (29.
September 1706) und 111 (1. Mai 1710)). Dieses Amt behielt er
mit kleinen Unterbrechungen bis 1716; an den Sitzungen der Akademie
hat er in diesen Jahren nur mehr selten teilgenommen,
wohl auf
Grund seines schlechten gesundheitlichen Zustandes. Zweifellos
war die Arbeit an der Akademie der wichtigste Bereich von M.s
Tätigkeiten in diesen späten Jahren: als planender oder
praktizierender Architekt ist er jetzt kaum noch nachzuweisen.
Möglicherweise war er noch an der Planung der Kirche SS.
Stimmate di San Francesco beteiligt, wie sein Biograph berichtet.
.Am 21. Juni 1716 ist er zum letzten Mal in Rom dokumentiert.
Im selben Jahr kehret er nach Lucca
zurück und lebte hier
in sehr kümmerlichen Verhältnissen. Mehrfach musste
er wegen seines Leidens (Blasen- und Nierensteine) zu Kuraufenthalten
nach Bagni di Lucca. In diesen späten Jahren hat er kaum
noch gearbeitet. 1718 hatte
sich sein Leiden derart verschlechtert,
dass eine Operation notwendig wurde. Sie fand am 8. September
1718 statt (Siehe
Briefe in Lucca BS, MS 1865, f 451-452).
M.
hat diesen Eingriff nur wenige Tage überlebt und starb am
11. September 1718 unter jämmerlichen Umständen. |
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4. FAMILIEN-,
FREUNDES- UND AUFTRAGGEBERKREIS
Franceschini
erwähnt in seiner Vita erwähnt Domenicos Vater Paolino
Martinelli, einen angesehenen Feldmesser in Lucca.
Die Mutter
Chiara Pallavicini, stammte aus bescheidenen Verhältnissen.
Die Beiden hatten vier Sohne und zwei Töchter.
Der erstgeborene
Sohn bekleidete das Priesteramt und starb im Februar 1735 im Alter
von 84 Jahren.
Domenico war der Zweitgeborene. Der dritte Sohn
lehte am Institut der Karthäusermönche. Franceschini
erwähnt auch der jüngsten der vier Brüder, Gianlorenzo.
Dieser stieg in die Fußstapfen des Vaters und wurde ebenfalls
Feldmesser. Im Jahre 1713 ehelichte er Maria Settimia Mariani.
Aus der Verbindung ging eine Tochter hervor. Gianlorenzo verstarb
am 12. Februar 1743 im Alter von 78 Jahren. Dieser jüngste
Bruder Domenicos war es, der Franceschini mit authentischen Informationen
versorgte und den umfangreichen schriftlichen und zeichnerischen
Nachlass Domenicos an ihn weitergab (FRANCESCHINI 1772, p. IV-V).
1678 übersiedelte M. nach Rom, wo er zu Carlo Fontana in
Beziehung trat (TIETZE 1930,164). In Rom pflegte
er freundschaftliche
Beziehungen zu den Künstlern Carlo Fontana, Maratta Carlo,
Ghezzi (Giuseppe?, Pier Leone?), Rosa (Francesco?, Sigismondo?,)
(Franceschini 1772, p. XIII).
Zu seinem Auftraggeberkreis gehörten: Maximilian Ulrich Graf
Kaunitz, Fürst Johann Adam von Liechtenstein, Dominik
Andreas
Graf Kaunitz, der Orden der Prämonstratenser von Hradisch,
Ferdinand Bonaventura Graf Harrach, Charles Henri Comte de Vaudémont
(Prinz von Lothringen), Wilhelm III von Oranien (König von
England), Carlo Agostino Malaspina
(Marchese di Fosdinovo), Wenzel
Adalbert Graf Sternberg, Kurfürst Johann Wilhelm v. d. Pfalz,
Kardinal Alessandro
Buonvisi, der Orden der PP Scolopi, die Familien
Sirti(?) und Mansi(?), die Congregazione della Madre di Dio, die
Republik Lucca, Lothar Franz von Schönborn, der Orden der
PP Olivetaner, Fürstbischof Johann Philipp v. Lamberg, Norbert
Leopold
Graf Liebsteinsky von Kolowrat, Georg Adam Graf Martinitz,
die Familie Benassai, König Jan III Sobieski, Enea Silvio
Graf Caprara, Graf Donat Heissler v. Haidersheim, Ferdinand Graf
Mollard, Karl Joseph Graf Paar, Dorothea Elisabeth Gräfin
Rabutin, Fürst Ferinand von Schwarzenberg, Johann Weikhard
und Johann Michael (bzw. Philipp Ludwig) Grafen Sinzen-
dorf, Theodor
Heinrich Graf Strattmann, Carolus de Vertura, Dr. Stockhammer
(Dominik? Franz?), Thomas Zacharias Graf Czernin, Marches Ferdinand
degli Obizzi (LORENZ 1991, 147-268). |
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5.
WERKE (WIEN)
5.1 Palais Harrach, Fassade zur Freyung
Ein Großteil
des Neu- bzw. Umbaus für M. gesichert. Planung vielleicht
schon vor 1690, Realisierung ab 1690.
Bauherr: Ferdinand Bonaventura
Graf Harrach.
M.s Erstling in Wien ist vergleichsweise nur schlecht dokumentiert.
Graf Harrach erwarb das Grundstück im Sommer 1690.
Der Umbau
wurde mit großer Eile betrieben. Die Bauleitung lag bei
Ch. A. Oedtl. Es ist wahrscheinlich, dass M. seine erste Planung
noch von Rom aus nach Wien schickte. Von ihm stammt die formal
geschlossene Fassade zur Freyung hin, die
von durchlaufenden Kolossalpilastern,
einer breiten Portalzone und einer durchlaufenden Sockelzone gekennzeichnet
ist.
Im Inneren gestaltete M. die Portale im Treppenhaus sowie
das Vestibülportal. Auch das dreiläufige Treppenhaus
und ein
Teil der Dekoration der anschließenden Räume
gehen noch auf Ideen M.s zurück (LORENZ, 1991, 222f).
5.2 Haus Heissler, Umbauprojekt
Durch eigenhändige
Zeichnungen und Notizen für M. gesichert. Um 1694. Bauherr:
Graf Donat Heissler von Haidersheim, kaiserlicher Feldmarschall.
Zu diesem Projekt M.s haben sich eine schematische Grundrisszeichnung
sowie das Fragment einer Beschreibung erhalten. Ob und in welchem
Umfang M.s Vorschläge realisiert wurden, ist nicht klar.
Bauaufnahmen aus dem Jahr 1828 zeigen aber, dass zumindest die
Idee des portico pensile verwirklicht worden ist (LORENZ, 1991,
226).
5.3 Palais Kaunitz (an der Freyung)
Umbauplanung
M.s durch Dokumente gesichert. Nach 1695. Bauherr: Dominik Andreas
Graf Kaunitz.
1695 und 1699 erwarb Graf Kaunitz zwei kleine Häuser Ecke
Freyung-Strauchgasse an denen Adaptierungsarbeiten not-
wendig waren.
Mit dieser wenig aufwendigen Arbeit wurde M. betraut. In einem
Brief aus Holland macht M. Vorschläge zur Umgestaltung der
kleinen Stallung (Lucca BS, MS 1859, f 355R).
Da der Bau nicht erhalten ist, lässt sich M.s Planung nicht
recht würdigen; in jedem Fall kann es sich aber nur um gering-
fügige
Adaptierungen gehandelt haben.
5.4 Stadtpalais Kaunitz-Liechtenstein
M. in leitender
Funktion durch zahlreiche Dokumente und Zeichnungen belegt. Ab
1692. Bauherr: Dominik Andreas Graf
Kaunitz (bis 1694), Johann
Adam Andreas Fürst Liechtenstein (ab 1694).
Der Bau galt in der Literatur lange Zeit als das Hauptwerk M.s
im Bereich innerstädtischer Palastarchitektur. Erstmals hat
1957 Hubala vermutet, dass dem Bau eine Planung Henrico Zuccalis
zugrunde liege - eine These die bald darauf verifiziert und präzisiert
werden konnte (LORENZ, 1980/1; LORENZ, 1985/4). Somit ist nunmehr
klar, dass der Palast Kaunitz-Liechtenstein eine in drei wichtigen
Etappen entstandene Anlage darstellt:
1. Entwurf Zuccalis für Graf Kaunitz (um 1689)
2. Umgestaltung durch M. (ab 1692) noch für denselben Bauherrn.
3. Verkauf an Fürst Liechtenstein (1694): M. bleibt zwar
leitender Architekt, wichtige Bauteile (Portale, Innenausstattung)
jedoch von anderen Künstlern hinzugefügt.
Obwohl beim Eingreifen M.s der Bauzustand schon weit fortgeschritten
war, konnte M. noch entscheidend in die Bauge-
staltung eingreifen.
Sein frühester dokumentierter Eingriff betrifft die Umgestaltung
des Hauptgebälks das zusammen mit
den kräftigen Lisenen
an den Ecken des Baus einen festen Rahmen ergibt. Die Verstärkung
der Gurtgesimse und die Angleichung der Sockelzone an die oberen
Geschoße gehen ebenfalls auf M. zurück. Besonderen
Stellenwert erhalten
die Fenster. Mit wuchtigen Parapetfeldern
versehen und mit schweren Bekrönungen überfangen, spielen
sie im Fassadenbild eine entscheidende Rolle.
Im Inneren des Baus konnte M. eine Erhöhung des Saales um
5-6 Schuh durchsetzen. Die konkrete Gestaltung des Treppenhauses
blieb ebenfalls M. überlassen. Zu diesem Bauteil hat er ein
Projekt vorgelegt (Per la Scala del Conte di
Caunitz - Lucca BS,
MS 1856, f 297RV). Ob dieses Projekt auch verwirklicht wurde ist
unklar (LORENZ 1991, 232f).
5.5 Palais Mollard-Clary
Eigenhändige
Entwürfe M.s, Ausführung zum Teil davon abweichend.
1695 datiert. Bauherr: Ferdinand Graf Mollard.
Der Bau wurde bisher meist in die Jahre um 1690 datiert und einem
Anonymus zugeschrieben (LORENZ1991, 235). Erstmals hat Hubala1957
auf M.s Pläne hingewiesen (HUBALA 1957, 187). Die signierten
und mit 12. September 1695 datierten Pläne, die M. aus Den
Haag nach Wien geschickt hat, verraten präzise Kenntnisse
des Vorgängerbaus und seiner Umgebung - der Künstle
war also mit ziemlicher Sicherheit schon vor seiner Abreise aus
Wien (Ende 1694) mit der Planung beschäftigt. M.
sieht im
linken Teil des Fassadentraktes eine neue Treppe vor und zerteilt
den Hof durch einen neuen Quertrakt in zwei kleine aber regelmäßige
Höfe. Die Umbauarbeiten haben spätestens im Frühjahr
1696 begonnen, M.s Vorschläge blieben dafür grundsätzlich
verbindlich (Quertrakt, Länge der Treppe), wurden jedoch
im Detail noch einmal überarbeitet. Die Formen der Fassade
weichen deutlich von M.s Vorschlägen ab, der eine flache
Front ohne Risalite vorgesehen hatte. Möglicherweise
hatte
M. auch noch indirekt mit der inneren Ausstattung zu tun, denn
hier waren mit Andrea Lanzani und Antonio Bellucci Künstler
tätig, mit denen er zur gleichen Zeit in Wien und Austerlitz
zusammengearbeitet hat (LORENZ, 1991, 237).
5.6
Palais Paar, Treppenhaus
Umbauentwurf
für M. durch Zeichnungen und eigenhändige Beschreibungen
gesichert. Wahrscheinlich zwischen 1691 und
1694 entstanden. Auftraggeber:
Karl Joseph Graf Paar.
M.s Änderungen beziehen sich auf die Einrichtung einer neuen
Haupttreppe, die in die bestehende Bausubstanz einzufügen
war. Das Projekt ist durch ausführliche Erläuterungen
M.s (Per la Scala
del Sign. Conte de Por, - Lucca BS, MS,
1856, f 307R-308V, 440R-444V) dokumentiert. Es ist wahrscheinlich,
aber nicht gesichert, dass M.s Entwurf realisiert wurde. Ob M.
neben der Treppe noch weitere Teile geplant hat, ist nicht bekannt
(LORENZ, 1991, 238).
5.7 Palais Rabutin, Umbauprojekt
Für M.
durch Dokumente und Zeichnungen gesichert. 1695 datiert (erste
Planung wahrscheinlich schon 1694). Bauherr(in): Dorothea Elisabeth
Gräfin Rabutin.
Der Planungsauftrag zu den Umbauarbeiten an M. könnte von
Graf Philipp Ludwig Sinzendorf vermittelt worden sein, dem
M.
kurz zuvor Pläne für das Stadtpalais in der Rennstraße
geliefert hatte. Es haben sich mehrere Risse erhalten die von
Bitterpfeil nach Ideen M.s gezeichnet wurden. Dieser hatte sich
wohl schon vor seiner Abreise nach Holland mit den Gegeben-heiten
des Bauplatzes vertraut gemacht und in weiterer Folge die Angelegenheiten
von Den Haag aus betrieben. M. und Bitterpfeil haben zwei Umgestaltungsvorschläge
ausgearbeitet. Das zweite Projekt wurde ausgeführt. Die beiden
Unterge-schosse sollten zu einem hohen Vestibül, die
beiden oberen zur großen Sala zusammengefasst werden. Rechts
schließt
das neu entstandene Treppenhaus an. Im hinteren
Hoftrakt war eine Galleria vorgesehen. An der Fassade dominiert
neben einfach-strengen Fensterformen eine riesige Portal-Fenstergruppe
(LORENZ, 1991, 239).
5.8 Stadtpalais Schwarzenberg (Neuer Markt), Umbauprojekt
Durch eigenhändige
Zeichnungen und Notizen für M. gesichert. 1694 bzw. kurz
davor begonnen. Bauherr: Fürst Ferdinand
von Schwarzenberg.
Zu diesem Projekt haben sich einige Skizzen und Notizen M.s (Lucca
BS, Ms1856, f 127R-129V-Sforzenbergh ai Cappuccini) sowie zwei
exakt gezeichnete Grundrisse erhalten. Für die zeitliche
Einordnung ist eine mit 25. September 1694 datierte Einladung
an M. von einem Johann de Heundt - offenbar ein fürstlicher
Verwandter - von Bedeutung, die ihn in das Schwarzen-bergische
Palais bittet. Da es dabei bereits um Detailfragen ging ist die
Gesamtplanung wohl etwas früher anzusetzen (Lucca BS, MS
1856, f 130R). Die gestellte Aufgabe sah die Umgestaltung des
Hauses im Inneren sowie dessen Neufassadierung
zum Neuen Markt
hin vor. M.s Projekt wurde nicht verwirklicht, wohl auf Grund
der von ihm vorgesehenen schwerwiegenden Eingriffe in den Altbestand
(LORENZ, 1991, 240).
5.9 Stadtpalais Sinzendorf (Renngasse), Neubauprojekt
Durch eigenhändige
Zeichnungen und Beschreibungen M.s überliefert. Wohl um 1692
(vielleicht schon 1690?).Bauherr(en): Johann Weikhard und Johann
Michael (bzw. Philipp Ludwig) Grafen Sinzendorf.
Dieses Projekt M.s ist durch sechs eigenhändige Zeichnungen
und den zugehörigen Entwurf einer beschreibenden Erläuterung
gut dokumentiert. Die Pläne müssen zwischen 1690 und
1696 entstanden sein; stilistisch gehören sie in jedem Fall
in die früheste Wiener Zeit. Eine exakte Datierung ist nicht
möglich; die etwas schematisierte Darstellung der Grundstücksgrenzen
lassen vermuten, dieses Projekt sei noch von Rom aus verfertigt
worden (also 1690 oder kurz davor). M.s Projekt sieht jeden-falls
einen kompletten Neubau vor. Seine Grundrisse zeigen den Palast
in fünf Ebenen die schematisch durchnumeriert sind.
Da der
Bau zwei Bauherren zur Verfügung stehen soll, finden sich
alle wichtigen Räume doppelt, jeweils am linken und rechten
Flügel des Baues in symmetrischer Entsprechung. Von ähnlich
rigidem Schematismus wie die Raumeinteilung ist auch die Anlage
des Treppenhauses konzipiert: links und rechts der Mittelachse
führt - in insgesamt vierzehn Läufen - je eine doppel-läufige
Treppegleichförmig vom untersten Keller bis ins Mezzaningeschoß.
Glanzstück von M.s Projekt ist zweifellos die Fassade. Die
zweiachsigen, durch Giebel und korinthische Kolossalpilaster zu
kompakten Ganzen geschlossenen Seiten-risalite bilden den stärksten
Akzent. Als Gegengewicht ist ihnen die Portal-Fenster-Gruppe der
Mittelachse entgegengesetzt. Das von Freisäulenpaaren flankierte
Portalbildet hier den stärksten plastischen Akzent des Baues.
Weiters plant M. eine wohlproportionierte Erdgeschoßzone.
Das Projekt wurde nicht realisiert; neben dem etwas starren Schematismus
der Inneren Raumabfolge mag für diesen Ent-schluss des Bauherrn
eine Rolle gespielt haben, dass M.s Plan so gut wie keine Rücksicht
auf die bestehende Substanz
des Vorgängerbaues genommen hatte
(LORENZ, 1991, 242f).
5.10 Stadtpalais Strattmann, Innenausstattung
Durch eigenhändige
Zeichnungen gesichert. Um 1692. Auftraggeber: Theodor Heinrich
Graf Strattmann.
M.s Zeichnung trägt die Beschriftung: Lambri fatto nell`Alcova
del Sig. Conte di Stratmano in Vienna nel suo Palazzo; weiters
ist hinzugefügt da Dom. Martinelli. Das Blatt zeigt den oberen
Abschluss einer - wohl in Holz ausgeführt zu denkenden -
Lambrie mit einer bekrönenden Vase. Dem authentischen Hinweis,
dass diese Lambrie ausgeführt worden ist (fatto), ist
Glauben
zu schenken, da M. bei Projekten, die nicht realisiert wurden,
dies in der Regel vermerkt. Ob M. im Inneren andere Ausstattungsarbeiten
durchgeführt hat, bleibt ungewiss, da der bau noch im späteren
18. Jhdt. grundlegend umgestaltet wurde (LORENZ, 1991,244).
5.11 Haus Vertura, Umbauprojekt
Durch eigenhändige
Notizen gesichert. Nach 1703. Auftraggeber: Carolus de Vertura.
Im Nachlass M.s befindet sich die - unkomplette - Beschreibung
eines Umbauprojektes Annotationi per la fabrica del S.
Verdura
in Piazza dell`herbe in Vienna (Lucca BS, MS 1856, f 381R-382V).
M.s Projekt ist allgemeinster Art und durch das fehlen entsprechender
Zeichnungen sehr unanschaulich: Geplant war die Änderung
der engen Treppe, wobei auch die benachbarten Räume z. T.
umgestaltet werden sollten. Ferner schlägt M. eine Vergrößerung
der Fenster zum Hof vor. Ob
diese Änderungen realisiert wurden
ist nicht bekannt. Alte Ansichten des Hauses zeigen zwar im architektonischen
Detail (Fenster) eine gewisse Nähe zur, bzw. Abhängigkeit
von der Formensprache M.s, doch ist daraus nicht zwingend auf
eine Zuschreibung an unseren Künstler zu schließen
(LORENZ, 1991, 244f).
5.12 Gartenpalais Stockhammer, Neubauprojekt
Durch eigenhändige
Zeichnungen und Notizen gesichert. Um 1692/94. Auftraggeber: Dr.
Stockhammer (Dominik? Franz?).
Die genaue Identität des Auftraggebers ist nicht klar: in
einem Fragment einer Beschreibung seines Projektes (Lucca BS,
MS 1856, f 379R) nennt Martinelli il Sig. Dottor Dom. (also wohl:
Dominik) Stocomer als Bauherrn. Wahrscheinlicher ist es jedoch
als Bauherrn den Medicus Dr. Franz Stockhammer anzunehmen (er
hieß vielleicht mit einem weiteren Vornamen Dominik), der
im späten 17. Jhdt. In Wien als Bauherr nachzuweisen ist.
Den Großteil des Grundes nimmt die Gartenanlage ein, deren
Aufteilung M. geschickt auf die unregelmäßigen Grundstücks-grenzen
abstimmt. M.s spröd-kantiges Casino zeigt deutlich die Grenzen
seiner gestalterischen Möglichkeiten auf; dies
scheint auch
der Bauherr so empfunden zu haben, denn das Projekt wurde nicht
verwirklicht (LORENZ, 1991, 245f).
5.12 Gartenpalais Czernin
Projekt durch
eigenhändige Zeichnungen für M. gesichert; Bauausführung
z. T. abgeändert. Um oder kurz vor 1694.
Bauherr: Thomas
Zacharias Graf Czernin.
Graf Czernin hatte das Grundstück in unmittelbarer Näher
der kaiserlichen Favorita 1693 erworben. M.s Projekt muss unmittelbar
darauf entstanden sein und steht damit am Beginn der komplexen
Planungsgeschichte des Baues. Ins Zentrum
der Anlage setzt M.
einen Bau vom Typus "Lustgartengebäude". Ein Aufriss
zum Projekt fehlt, doch lassen sich aus den eingetragenen Raumhöhen
wichtige Anhaltpunkte zur Rekonstruktion gewinnen. Demnach sollte
der zentrale Raum - innen
rund und außen oktogonal gebildet
- die seitlichen Bauteile um mehr als das Doppelte überragen.
Eine grundsätzlich ähnliche Anordnung zeigt auch noch
der ausgeführte Bau. Der Hauptteil ist durch eine galeria
coperta mit den an den Grundstücks-grenzen gelegenen Wirtschaftsgebäuden
verbunden.
Der letztlich ausgeführte Bau zeigt eine gegenüber M.s
Projekt markant veränderte Gestaltung des zentralen Baukörpers.
Die Frage nach dem ausführenden Architekten ist nicht klar
zu beantworten. Der Bau wird heute im allgemeinen Hildebrandt
zugewiesen. In jedem Fall ist aber eine Reihe von Baugedanken
M.s in die Ausführung eingeflossen (LORENZ, 1991, 247f).
5.13 Gartenpalais Liechtenstein in der Rossau (mit Nebengebäuden)
Tätigkeit
M.s durch Dokumente und Zeichnungen gesichert. Ab 1692. Bauherr:
Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein.
Der große Rossauer "Palazzo in Villa" des Fürsten
Liechtenstein galt lange Zeit als gesichertes Hauptwerk der italianisierenden
Architektursprache M.s. Erst seit kurzem ist klar, dass M. erst
zu einem relativ späten Zeitpunkt eine führende Rolle
einge-nommen hat, als grundlegende Entscheidungen schon von anderen
Architekten getroffen worden waren (PASSAVANT, 1967, 109ff; LORENZ-RIZZI
1980; LORENZ 1985/4; LORENZ 1989). 1688 legte J. B. Fischer von
Erlach ein Projekt vor - sowohl für
das das den Garten beschließende
"Belvedere", das als auch für den Hauptbau. 1690
erhält der Wanderkünstler Egidio Rossi den Auftrag für
einen kompletten Plansatz für den Gartenpalast (LORENZ 1991,
249ff). Am 10. Dezember 1691 wird der kaiserliche Baumeister Lorenz
Laher beauftragt, den Bau gemäß den von Rossi vorgelegten
Rissen zu realisieren (Wien HAL,
H 1211; der Text komplett bei
PASSAVANT 1967, 219ff). Da M. bereits seit Mai 1691 (Treppe für
Feldsberg) als Architekt mit Fürst Liechtenstein in Kontakt
stand, ist nicht auszuschließen, dass auch er als Alternative
zu Rossis Plänen ein eigenes Projekt vorgelegt hat. De facto
ist M. erst 1692 an diesem Bau dokumentiert. Vom 2. Sept. 1692
datiert seine Notiz per il Palazzo al Giardino del Sig. Prencipe
Gio. Adamo di Liectestain (Lucca BS, MS 1856, f 291R). Sie betreffen
die Umgestaltung des Einfahrtsbereichs und die Schaffung eines
Repräsentativraumes an Stelle der von Fischer vorgesehenen
Grotte. M.s Änderungen wurden sofort in die Tat umgesetzt.
Was den Rest betrifft war M. damit konfrontiert, den Bau nach
Rossis Plänen weiterzuführen. Er musste sich darauf
beschränken, in weiterer Folge seine Fähigkeiten des
architektonischen "finito" anzuwenden - dies war freilich
folgenreich genug und hat die Erscheinung des Palastes so verändert,
dass er für lange Zeit ausschließlich als sein Werk
galt. Wahrscheinlich hat M. seine Änderungen bereits um 1694
konzipiert, als die Bauarbeiten
für einige Jahre unterbrochen
wurden. Zur Ausführung kam es erst 1699. Entscheidend ist
die Aufstockung der Seitentrakte
um ein Mezzaningeschoß.
Dies brachte eine fast völlige Einbindung des mittleren Saal-Risalits
in den Block des Gesamtbaues mit sich. Wichtig für die trotz
Allem "martinellische" Erscheinung des Rossauer Palastes
sind wiederum die Detailformen. Die großen, kräftig
profilierten, kopfschwer überfangenen Aedikulen sprechend
entscheidend im Fassadebild mit und lassen auch - ergänzend
zur Ordnung der Kolossalpilaster, aber bestimmter als diese -
den Unterschied zwischen Mitte und Flanken deutlich werden (LORENZ
1991, 251f).
Die den halbkreisförmigen Ehrenhof flankierenden Wirtschaftstrakte
gehen grundsätzlich noch auf Rossis Entwurf zurück,
wurden jedoch ebenfalls von M. (Fensterformen) überarbeitet;
hingegen dürften die Ehrenhofportale gänzlich neu von
M. entworfen worden sein. Sie wurden um 1800 abgebrochen.
Der Garten und das Belvedere: Das am Ende des Gartens gelegene
Belvedere geht mit Sicherheit auf das Projekt Fischers zurück,
mit diesem Bau wurde 1689 begonnen. Das Untergeschoß wurde
später verändert. Diese von M. durchgeführte Veränderung
war vorwiegend funktional begründet: Fischer hatte im Erdgeschoß
des Hauptbaues eine Grotte vorgesehen.
Da diese im neuen Projekt
Rossis und M.s wegfiel, wurde nun im Erdgeschoß des Belvederes
Platz für eine solche "grotta" geschaffen (LORENZ
1991, 254f).
Das Pomeranzenhaus: Der entwerfende Architekt ist in den Dokumenten
nicht genannt, doch spricht der Stil des Baues für
M.. Der
Bau wurde um 1900 abgetragen (LORENZ 1991, 256).
5.14 Brauhaus im Liechtenthal
Planung M.s
durch Zeichnungen gesichert. Um oder nach 1694. Auftraggeber:
Johann Adam Andreas Fürst von Liechtenstein.
Da M. zu dieser Zeit an mehreren Bauten des Fürsten planend
tätig war, ist seine Autorschaft nicht auszuschließen.
Charakteristikum des Brauhauses ist seine originelle Sechseckform.
Die von M. erhaltene Bauaufnahme zeigt einen in der Verlängerung
der Hauptachse des Gartenpalastes anskizzierten Vorhof. Er plante
hier eine repräsentativere Zufahrtslösung.
Das Projekt
wurde nicht realisiert (LORENZ 1991, 257f).
5.15 Gartenpalais und Garten des Marchese Obizzi
M.s Entwurf
durch eigenhändige Zeichnungen und Dokumente gesichert. Um
1693/94. Bauherr: Marchese Ferdinand degli Obizzi.
Der Palast des Marchese Obizzi bestand - in mehrfach umgebauter
Form - als "Theresienbad" bis 1902 und wurde dann abgebrochen.
Ein von M. mit 11. marzo 1694 datiertes Fragment Memorie per il
Palazzo, o sia Villa su la Vienna lungo del Marchese Obissi in
Vienna (Lucca BS, MS 1856, f 450R) gibt den genauen Hinweis zur
zeitlichen Einordnung. Darüber
hinaus hat sich eine von M.
signierte ausführliche Instruktion erhalten (ebenda, f 76R-83R),
die zusammen mit einigen alten Ansichten eine hinreichend klare
Vorstellung des Baues ermöglicht. Im Zentrum des zweigeschossigen
Baus befand sich im Erdgeschoss eine Grotte. Eigens erwähnt
wird neben den anschließenden Wirtschaftsräumen noch
ein Zentralraum mit Wasserspielen. Darüber erhob sich das
Hauptgeschoß, das durch eine Freitreppe von der Ehernhofseite
zugänglich war. Zwischen den Treppenläufen befand sich
ein Fontanone maggiore. Über die Freitreppe war zunächst
eine Terrasse und dann
der zentrale Hauptsaal zu erreichen. Er
sollte die gesamte Anlage weit überragen; seine innere Raumhöhe
ist - inklusive der Wölbung - mit 61 Fuß (ca. 19,3
m) angegeben, während die seitlich anschließenden Trakte
lediglich 20 Fuß Höhe erreichen. Der turmartigen Überhöhung
des Saaltraktes entsprach die schmale Proportionierung seiner
hohen Türen. Am Außenbau war hingegen eine komplette
komposite Ordnung gegeben, so dass sich das Zentrum der Anlage
auch durch seine Gliederung von den Flanken abhob. Das ungewöhnlichste
Phänomen dieses Baues, sein stumpfwinkelig gebrochener Grundriss
und die Form des Saales als regelmäßiges Fünfeck
sind in dieser Beschreibung gar nicht erwähnt. Wann genau
und durch wen der Bau errichtet wurde und ob dabei M.s Konzept
in Details verändert worden ist, ist nicht bekannt (LORENZ
1991, 258ff). |
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6.
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©Sylvia
Rungger, Januar 2004 |
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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Neben den
allgemein geläufigen bzw. speziell in der kunsthistorischen
Literatur üblichen Kurzformen (z.B. Wr. Jb. F. Kg. = Wiener
Jahrbuch für Kunstgeschichte etc.) finden durchgehend die
folgenden Abkürzungen Verwendung:
AASL |
Archivio dell'Accademia di San Luca, Rom |
BS |
Bibliotece Statale |
F |
Foli |
HAL |
Hofzahlamtsrechnungen |
M. |
Martinelli |
MS |
Manuskript |
R |
Rekto |
SPFFBU |
Sbornik prací Filosfoické Fakulty Bnenské Univeritiy |
V |
Verso |
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