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Institut für Kunstgeschichte Innsbruck
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GABRIELI, Gabriel de

 

1. GABRIELI, Gabriel de (Gabriele)
Gabrieli de; Gabrielis de; Gabrielli di

2. BERUFSBEZEICHNUNG

Architekt (Thieme-Becker, AKL, Bd.13)

3. BIOGRAPHIE

* 18.12.1671, Roveredo
† 21.03.1747, Eichstätt

Neben Roveredo im schweizer Kanton Graubünden (italienisch-sprachig), wird auch Rovereto im Trentino als Geburtsort angegeben (Thieme-Becker, Bd. 13, S. 19), was vermutlich auf einen Schreibfehler zurückzuführen ist.

Gabrieli gehörte zur Gruppe der sogenannten "Graubündner Baumeister und Stukkateure". Das Maurerhandwerk erlernte Gabrieli bei seinem Vater, dem Maurermeister Giovanni Gabrieli. Seine verwandtschaftlichen Beziehungen zu Enrico Zuccalli (kurbayerischer Hofarchitekt), welcher zu dieser Zeit im Dienste des Grafen Kaunitz in Wien stand, brachten ihn um 1690 zusammen mit der Baugruppe von Antonio Riva nach Wien.

1694 trat er in die Dienste des Fürsten Johann Adam Andreas von Liechtenstein zu Wien, zunächst als Maurermeister, avancierte jedoch bald zum fürstlichen Hofbaumeister und Bauinspektor. Anhand seiner Aufträge in Wien, Ansbach und Eichstätt lässt sich ein genaueres Bild seines Werdegangs recherchieren (Fiedler, S. 244 ff.). 1714 trat er in die Dienste
des Bischofs Konrad von Eichstätt, als Nachfolger Jakob Engels im Hofbauamt, wo er mit Dekret vom 25. April 1714 zum Hofkammerrat und Baudirektor ernannt wurde. Das gesamte Bauwesen stand unter seiner Leitung. Die Graubündner
Baumeister hatten sich allgemein einen sehr guten Ruf erarbeitet und Gabrieli galt als der bedeutendste. Parallel zu
seinem Schaffen in Eichstätt, das Zentrum seiner Tätigkeit, wurde er mit einer Vielzahl privater und sakraler Aufträge betraut. Heute sind seine Bauten vielfach abgerissen oder soweit umgebaut, dass sein Anteil daran nicht verifizierbar ist.

 

4. FAMILIEN-, FREUNDES- UND AUFTRAGGEBERKREIS

Gabriels Vater Giovanni, wird lediglich in seiner Funktion als Lehrer erwähnt. Seine beiden Brüder Franz (1686-1726) und Giovanni Caspare (1691-1713) galten als seine verbundensten Mitarbeiter, die im Zusammenhang mit Stuckarbeiten der architektonischen Werke ihres bedeutenden Bruders Gabriel erwähnt sind. Sein Bruder Franz wurde auch mit der Bauleitung einzelner Werke beauftragt.

Gabrieli pflegte engen Kontakt zu seinen Landsleuten, denen er verschiedene Aufträge im Ausland zukommen ließ.
1710 heiratete er Giovanna Marta Tini - die Familie Tini stammte aus Graubünden und einzelne Mitglieder werden in Zusammenarbeit mit Gabrieli genannt - mit der er fünf Kinder hatte, die jedoch 1715 verstarb. Aus seiner zweiten Ehe mit Magdalena Pfaller gingen weitere fünf Kinder hervor.

Sein Onkel Caspar Zuccalli war als Baumeister in Salzburg tätig und sein Schwager Antonio Salle wird in Zusammenarbeit
mit Franz und Gabriel erwähnt. Dem verwandtschaftlichen Verhältnis zum kurbayrischen Hofarchitekten Enrico Zuccalli wird
sein Aufenthalt in Wien zugeschrieben. Sowohl Zuccalli, wie auch Antonio Riva standen im Dienste des Grafen Andreas von Kaunitz, dessen Palais an den Fürsten Johann Adam Andreas von Liechtenstein verkauft wurde.

Gabrielis Tätigkeit am Liechtensteinischen Stadtpalast in Wien ist durch den Kontrakt vom 25. Mai 1694 belegt. Gabrieli galt inzwischen als begehrter Architekt und trat am 27.12.1694 in die Dienste des Markgrafen Georg Friedrich von Ansbach und Bayreuth. 1704 übersiedelte er als Hofbaumeister nach Ansbach, wo er 1709 zum Baudirektor und Hofkammerrat ernannt wurde, jedoch zwang ihn die schlechte Auftragslage sich um andere Stellen zu bewerben. 1701 bemühte er sich um die Bauleitung für den nach Entwürfen von Andrea dal Pozzo zu errichtenden Dom in Laibach. Der damalige Kanonikus Gladigh hatte den "Wiener" Architekten Gabrieli empfohlen (Korrespondenz vom 09. Jänner 1701). Gabrieli erhielt den Auftrag nicht
(Ilg, Mitt. d. Central-Comm., 1884, pag. CXVII). 1714 trat er in die Dienste des Bischofs Konrad von Eichstätt, um diese
Stelle hatte er sich bereits 1702 bemüht. Gabrieli leistete einen wesentlichen Beitrag zum barocken Stadtbild Eichstätts,
"ein Kleinod des süddeutschen Barocks" (R. Fiedler). Am Neubau der bischöflichen Residenz ist sein wienerisch-italienischer Stil klar abzulesen. Die Gartenfassade erinnert sehr stark an das Palais Liechtenstein in Wien.

 
5. WERKE (WIEN)

5.1 Haus Nr. 11 in der Reznicekgasse, Wien 9, nach 1690
Ehemaliges Liechtensteinisches Brauhaus, erbaut nach 1690 von Domenico Martinelli und Gabriele de Gabrieli, dieser
erscheint erstmals in den Wiener Schriftquellen. Seltenes Beispiel eines großangelegten Wirtschaftsbaues.
In Resten erhalten geblieben.

5.2 Treppenhaus im Palais Liechtenstein mit click Ansicht vergrößern, Wien 1, Bankgasse 9, um 1700
Der Palast wurde nach Plänen Enrico Zuccallis für den Grafen Kaunitz begonnen und 1693 von Domenico Martinelli verändert. Mit der Bauleitung wurde Antonio Riva beauftragt. 1694 wurde der Bau an den Fürsten von Liechtenstein verkauft. Martinelli setzte Gabrieli zunächst als Bauzeichner und Organisator ein, jedoch am 25. Mai 1694 trat dieser an Rivas Stelle und verpflichtete sich, den Bau "dem hierüber gefertigten Abriss conform" fortzuführen (Wilhelm, S. 105). Gegen die von Gabrieli durchgeführten Änderungen im Stiegenhaus erhob Martinelli öffentlich Einspruch.
In einem Brief an den Fürsten (25. September 1700) erklärt Gabrieli, dass er nichts von dem, was man ihm angeschafft hatte ausgelassen habe. Er habe die Gedanken Martinellis nur deshalb etwas abgeändert, um die Fehler an der Stiege und das Rundherum "wieder gutzumachen" (Wilhelm, S 106). 1705 war der Bau unter Gabrieli fertiggestellt.

5.3 Bauleitung der Orangerie des Gartenpalais Liechtenstein, 1698 bis 1708
Eine kaiserliche Sondergenehmigung erlaubte Gabrieli, als Ausländer die Bauleitung der Orangerie zu übernehmen.
Der Bauherr pflegte stets rege Beziehungen zu Italien und setzte für seine Aufträge vorwiegend Italiener ein.

6. ABBILDUNGEN (WIEN)

5.2 Bild Treppenhaus im Palais Liechtenstein, Wien I., Bankgasse 9
Bildnachweis: Kraus, Wolfgang, Wiener Palais, München-Wien 1991

 
7. BIBLIOGRAPHIE

Braun, J., Kirchenbauten der deutschen Jesuiten II, 1910
Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Wien, II. bis IX. und XX. Bezirk, Wien 1993
Fiedler, Rembrant, Graubündner Bauleute im Hochstift Eichstätt, in: Kühlenthal, Michael (Hg.): Graubündner Baumeister
und Stukkateure, München 1997

Grimschitz, Bruno, Wiener Barockpaläste, Wien 1947
Gurlitt, Cornelius, Geschichte des Barockstils in Deutschland, 1889
Hossinger, Hugo (Hg.), Kunsthistorischer Atlas der k. k. Reichshauptstadt und Residenzstadt Wien, Wien 1916
Ilg, Albert, Fischer von Erlach, 1895
Ilg, Albert, in: Mitteilungen der Central-Commission, 1884, pag. CXVII
Kraus, Wolfgang, Wiener Palais, München-Wien 1991
Kühlenthal, Michael (Hg.), Graubündner Baumeister und Stukkateure, München 1997
Lessing, O., Schloss Ansbach, 1892
Leixner, Othmar, Baustillehre und Baugeschichte, Wien 1919
Mitteilungen der k. k. Central Commission Wien, N. F. X., p. CXVII
Sax, J., Geschichte der Stadt Eichstätt, 1857
Tietze, Hans, Wien, Leipzig 1918
Thieme-Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler, Bd.13, Leipzig 1920
Wilhelm, Franz, Neue Quellen zur Geschichte des fürstlich Liechtensteinischen Kunstbesitzes in: Jahrbuch der k. k. Central Commission Wien, V, 1911

©Marianne Faustmann, April 2002

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