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Institut für Kunstgeschichte Innsbruck
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CARLONE, Carlo Martino

 

1. CARLONE, Carlo Martino (Carl Martin)
Carlon; Carloni (DBI, 1977);(Saur, 1997,S.435); (Thime, Becker, 1912, S.5)

 

2. BERUFSBEZEICHNUNG

Baumeister

 

3. BIOGRAPHIE

* um 1615/16
† 13.04.1667, Wien ( Saur, 1997, S. 435).

Carlo Martino Carlone geboren um 1616 in Scaria war der jüngste der Geschwister Domeniko und Silvestro Carlone. Er kam spätestens 1644, möglicherweise sogar früher nach Wien (Fidler, 1990, S.44). Hajdecki nimmt nämlich seine Ausbildung bei Giovanni Battista Carlone an (Hajdecki, 1908, S. 47 ). 1645 wird ein Carlone in den Ereignisprotokollen mit einem Beitrag für
die Anerkennung seiner neuen "kaiserlichen Freiheit" genannt. 1647 trägt er den Titel Baumeister der Kaiserin - Witwe, gemeint ist Eleonora, die Gemahlin des Kaisers Ferdinand II. Carlo Martino Carlone arbeitete zunächst eng mit seinem Onkel Giovanni Battista Carlone zusammen. G.B. Carlone bestimmte ihn gemeinsam mit seiner Frau zum Vollstrecker seines Testaments und vermachte ihm unter anderem auch seine Kanzlei (Fidler, 1990, S. 43- 45,64).

1647 heiratet Carlo Martino Carlone in Wien Elisabeth, die Witwe des Baumeisters Giovanni Battista Carlone, durch die Heirat übernahm er auch dessen Betrieb.

Die Bautätigkeit Carlo Martino Carlones lässt sich erst seit den späten 1640-er Jahren urkundlich verfolgen.
1648 reiste er im Gefolge von Filiberto Luchese nach Oberungarn zum Grafen Paul Pàlffy, für dessen Familie er bis 1658 tätig war. Im Jahre 1650 reiste Carlo Martino Carlone im kaiserlichen Auftrag wiederum nach Ungarn, wo er die Festung Novè Zàmky (Neuhäusel) inspizierte und für die Dienste mehrmals bezahlt wurde. Für den Grafen Rudolf von Tieffenbach war er im böhmischen Jicin/Gitschin und für den Grafen Nadasdy im burgenländischen Loretto 1651 bis 1659 tätig, er errichtete dort die Servitenkirche.

Carlo Martino Carlone leitete zusammen mit seinem Polier Giovanni Battista Rava die Fortsetzung des Baues des Pàlffyschen Gartenpalais unter der Pressburger Burg. In C'erveny' Kamen'/Bibersburg und Bojnice/Weynitz beaufsichtigte Carlo Martino die dortigen Bauarbeiten. Nach 1662 reiste Carlone im Pàlffyschen Auftrag nach Pressburg.
1661 wird Carlo Martino Carlone erwähnt als Architekt der Servitenkirche in Wien.
Zwischen 1660 bis1666 errichtete er mit seinem Bruder Domenico als Bauführer die Amalienburg und ab 1666 den Leopoldinischen Trakt (1668 durch Brand zerstört) der Hofburg.
1660 fällt sein Name im Zusammenhang mit dem Bau des Schlosses Petronell, er arbeitete dort bis zu seinem Tod mit
seinem Bruder Domenico als Bauführer.
Nach 1663 Barockisierung der Fassade von Schloss Eszterhàzy in Eisenstadt.
Vor der Jesuitenkirche Am Hof in Wien errichtet er das Postament für die Mariensäule, 1666 Kontrakt dazu (Sauer 1997).
Er erhält1665 wegen der Erbauung des Postaments der Mariensäule am Hof 1000 fl., seine Erben 1667 weitere 600 fl.
(Thieme- Becker, 1912, S. 5).

Kurz vor seinem Tod heiratete er als Witwer zum zweiten Mal, diesmal eine Tochter des Mathematikers Riolli.

 

4. FAMILIEN-, FREUNDES- UND AUFTRAGGEBERKREIS

Zu seinem Freundes- und Mitarbeiterkreis gehörte die Elite der italienischen Gemeinde in Wien: Der Notarius und Kunstagent Andrea Antonini, die Architekten Filiberto Luchese und Giovanni Pietro Tencalla, der Maler Carpoforo Tencalla und die in
Ungarn tätigen Baumeister Antonio und Giovanni Battista Rava, Giacomo delle Torre, Carlo Canevale und ein Bildhauer
namens Franz Conrad.

Carlo Martino stand jedoch auch dem Schatzmeister seiner kaiserlichen Auftraggeberin, Valentin Stampa, und dessen Freundeskreis nahe (Fidler, 1990, S. 44 - 45).

 
5. WERKE

5.1 Schloss Eszterhàzy, Eisenstadt
Als leitender Baumeister bei der Barockisierung des Schlosses ist Carlo Martino Carlone gesichert (Vertrag vom April 1663).
Ob auch der Entwurf auf ihn zurückgeht, ist fraglich (Kitlitschka, 1967; Fidler, 1988) es wird Filiberto Lucchese als planender Architekt vorgeschlagen ( Lorenz 1999. S. 249 - 250).
Die " Poliere" Sebastiano Bartoletti, Antonio Carlone und Domenico Carlone waren zeitweise am Bau beschäftigt (Dehio, Burgenland, 1980, S. 74 ).

5.2 Servitenkirche Mariae Verkündigung, Wien
Der entwerfende Baukünstler ist unbekannt: Die Vermutung, dass der kaiserliche Hofarchitekt Filiberto Lucchese an der
Planung beteiligt gewesen sei (Fidler 1990),kann sich lediglich auf Detailformen stützen ; bei dem 1661 dokumentarisch als "nostro architecto" genannten Carlo Martino Carlone dürfte es sich hingegen bloß um den ausführenden Bauleiter gehandelt haben ( Lorenz, 1999, S.240).

5.3 Servitenkirche von Loretto, Burgenland
Zwischen 1651 und 1659 errichtete Carlo Martino Carlone die Servitenkirche von Loretto (Kampis, 1966, S.144)
.

5.4 Schloss Kismarten, Eisenstadt
Das spätgotische Schloss Kismarten wurde von Carlo Martino Carlone, dem italienischen Meister der Servitenkirche von
Loretto, 1662 - 1672 ummantelt( Kampis, 1966, S.158).

5.5 Schloss Petronell, Niederösterreich
Nach vorgelegten Kostenvoranschlägen entschied sich Graf Ernst III. für Domeniko Carlone, der Gemeinsam mit Carl Martin Carlone die Bauführung innehatte. 1660 wurde mit den Bauarbeiten begonnen.
Aus den "Weinrechnungen" des Jahres 1660 geht hervor, dass sich gemeinsam mit Domenico Carlone häufig ein "Carl Carlon" Wiener Baumeister in Petronell aufhielt (Kitlitschka, 107 - 108).

5.6 Amalienburg; Leopoldinischer Trakt
Mit dem Bau des neuen Traktes wurde 1660 begonnen; er verband die Burg mit der ab dem 16. Jahrhundert errichteten Amalienburg. Mit seiner Errichtung wurde ein erster Schritt zur architektonischen Modernisierung und Vereinheitlichung des unregelmäßigen Areales der Hofburg gesetzt.
Mit der Planung war der kaiserliche Hofarchitekt Filberto Lucchese betraut (Lorenz, 1999, S.250).
Carlo Martino Carlone wird als Mitarbeiter beim ersten Verbindungsbau alte Burg und Amalienburg genannt, wahrscheinlich
war er Bauführer (Praschl- Bichler, 1990, S.142).
1660/1666 errichtet Carlo Martino Carlone mit Domenico Carlone die Amalienburg und den Leopoldin. Trakt ( 1668 durch
Brand zerstört) der Hofburg (Saur, 1997,S. 435), (Praschl - Bichler, 1990,S. 20).
Zusammen mit seinen Brüdern Domenico und Silvestro leitete Carlo Martino Carlone ab 1666 den Bau des Leopoldinischen Trktes (Kühnel, 1961, S.153f).

5.7 Mariensäule, Postament
1666 Kontrakt zur Errichtung des Postaments der Mariensäule am Hof. Carlo Martino Carlone errichtet das Postament für
die Mariensäule, die Arbeiten werden von Carlo Canevale vollendet ( Sauer, 1997, S.435); (Praschl - Bichler, 1990,S. 50).
Er erhält 1665 wegen der Erbauung des Postaments der Mariensäule am Hof 1000 fl., seine Erben 1667 weitere 600 fl.
(Thieme, Becker, 1912,S. 5).

 
6. BIBLIOGRAPHIE

ARTE LOMBARDA 12: 1967. S. 108
BUDINIS,Cornelio, Gli Artisti italiani in Ungheria, Roma.1936
DBI, Dizionario biografico degli Italiani, Roma 1977
DEHIO - Handbuch,Die Künstler Österreichs. Burgenland 1980. S. 74.
FIDLER, Petr, Architektur des Seicento, Baumeister Architekten und Bauten des Wiener Hofkreises, Innsbruck 1990.
FIDLER, Petr, "Filiberto Luchese - ein vergessener Pionier der österreichischen Barockarchitektur", in: Römische Historische Mitteilung 30 (1988), 177-198.
HAJDECKI, Alexander, Die Dynastenfamilien der italienischen Bau- und Maurermeister der Barocke in Wien und Mitteilungen des Altertumsvereins Wien, 1908.
KAMPIS, Antal, Kunst in Ungarn, Budapest 1966. S. 144, 158.
KITLITSCHKA, Werner, Das Schloss Petronell in Niederösterreich baiträge zur Baugeschichte und kunsthistorischen Bedeutung, Arte Lombarda 12: 1967. S.107, 108.
Kühnel H. Der Leopoldinische Trakt der Wiener Hofburg, Forschungsergebnisse zur Geschichte der Wiener Hofburg IV., Anzeiger der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Jahrgang 1960, Nr.1- 26, Wien 1961, S. 153f.
LORENZ, Hellmut, Barock, Geschichte der bildenden Kunst in Österreich, Band 4
München, London, New York 1999. S.240,249f.
MOJZER, Miklos. Werke dt. Künstler in Ungarn, I, BB. 1962.
PRASCHL- BICHLER, Gabriele, Architektur des Barock , Wien 1990. S.20; 50; 142.
SAUR, Allgemeines Künstler - Lexikon, K. G. Saur, München, Leipzig 1997. S.435f.
Sturm, Johann, Beiträge zur Architektur der Carlone in Österreich, Diss. Wien 1968.
THIME, Ulrich, BECKER, Felix, Allgemeines Lexikon bildender Künstler. Von der Antike bis zur Gegenwart 1907. S. 5.

 

©Hubert Profanter, September 2002

 

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