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Institut für Kunstgeschichte Innsbruck
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CANEVALE, Carlo

 

1. CANEVALE, Carlo (Karl)
Canavall; Caneuall; Caniball; Canivale; Cannevale; Canovall; Carnevale; Konibal

2. BERUFSBEZEICHNUNG

Maurermeister, Baumeister

3. BIOGRAPHIE

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†1690

1683 flüchtet Canevale mit seiner Frau Magdalena auf Grund der drohenden Türkengefahr und kehrt nicht mehr nach Wien zurück. Vermerke dafür finden sich im Grundbuch. Der Hausrat wurde aufgeteilt und teilweise seinem zurückgelassenen Sohn Paul Anton übergeben. (Hartl, S.123ff)

Der aus Lanzo d`Intelvi stammende Carlo Canevale ist in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts in Wien tätig. Er absolviert eine Maurerlehre in Wien und erhält seine weitere Ausbildung vermutlich in der Carlone-Werkstatt bei Carlo Martino Carlone.

Ab 1662 wird er in den Quellen als Meister und ab 1670 unter anderem als Unterzechmeister der Bauhandwerkerzunft
geführt. Ort seiner zahlreichen Aufträge ist zumeist Wien. Ungesichert ist die Arbeit Carlo Canevales als Baumeister des
bereits 1661 fertiggestellten Augustiner-Chorherrenstiftes Waldhausen im oberösterreichischen Strudengau (1693 geweiht). Ebenfalls ungesichert ist die Mitarbeit Carlo Canevales am Kärtnertor in Wien 1672 und an den Wiener Palästen Lobkowitz
und Paar.

1669 bewirbt sich Carlo Carlone erfolglos als Fortifikationsbaumeister in der Nachfolge von Francesco Piazzol.
Bekannt ist zudem eine Urkunde, die die Taufe des Kindes Carl Anton Canevale, Sohn eines Bildhauers Carl Canewal,
am 26. März 1653 in Wien festhält.

 

4. FAMILIEN-, FREUNDES- UND AUFTRAGGEBERKREIS

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erheiratet mit Magdalena, Sohn Paul Anton (Hartl S.123ff)

Es bestanden enge Verbindungen zu der Familie Piazzol und Carlone. (Hartl S.123ff)

Canevale und Mathias Knox waren Trauzeugen des Steinmetzmeisters Urban Illmer. Alle drei waren beim Umbau des Deutschordenhauses in Wien beteiligt. (Hartl S.123ff)

Hartl beschreibt in seinem Werk die teilweise undurchsichtigen Netzwerke und Querverbindungen der verschiednen Familiendynastien die dadurch Aufschluss über Schulzusammenhänge und Arbeitsgemeinschaften geben. (Hartl S.123ff)

Carlo Canevale ist Teil der aus Lanzo d'Intelvi stammenden, weitverzweigten Mauer-, Baumeister- und Architektenfamilie Canevale, die vor allem in den Ländern der Monarchie (Böhmen, Mähren, Slowakei, Schlesien, Ungarn und Österreich) tätig
war. Details über seine Auftraggeber sind nicht bekannt, da nur wenige der Verträge erhalten sind.

Für den Bau der Servitenkirche wird Ottavio Fürst Piccolomini als Mäzen angenommen. Ob er auch den Auftrag erteilte ist
nicht gesichert.

 
5. WERKE (WIEN)

Seine früheste selbständig ausgeführte Arbeit ist das Chaossche Stiftungshaus (1666-67 zerstört) in der Kärtnerstraße.
Ab 1660 gibt es nachgewiesene Zahlungen an einen "Carlone" für Arbeiten bei der Errichtung von Schloss Petronell unter Domenico Carlone, die sich entweder auf Carlo Martino Carlone oder auf Carlo Canevale beziehen, der in den dortigen Baurechungen unter seinem vollstänbdigen Namen erst 1667 erwähnt ist.
Nach dem Tod Carlo Martino Carlones 1667 übernimmt Carlo Canevale die Bauleitung zusammen mit Domenico Carlone,
ab 1669 dann alleine bis 1677. In dieser Zeit entsteht der Nordtrakt und die Fassadengestaltung.

Ab 1667 war Carlo Canevale gleichzeitig an mehreren bedeutenden Bauvorhaben in der Nachfolge Carlo Martino Carlones tätig. 1666/67 baut er am Postament der Mariensäule (Abbildungen) am Wiener Hof, für das er noch im gleichen Jahr 1.000 fl. erhält.
Nachdem Ferdinand III. angesichts der Bedrohung Wiens durch die Schweden ein Gelöbnis abgelegt hatte, entstand 1646 zunächst eine Marmorsäule nach Entwürfen von Johann Jakob Pock. Die Säule kann dabei analog zur Münchener Säule von 1638 gelesen werden. 1664 bis 1667 wurde diese durch eine bronzene Maria Immaculata über einem Drachen von Balthasar Herold ersetzt. Hierfür wurde auch der Sockel geschaffen, der wesentlich noch von Carlo Martino Carlone mitgeprägt ist.
Die vier geharnischten Bronzeputten an den Sockelecken haben Schriftrollen in den Händen und zertreten mit ihren Füßen Schlange, Drachen, Basilisk und Löwe - als Symbol für den Kampf gegen Pest, Krieg, Hunger und Ketzerei. Die eigentliche Marmorsäule hat einen neuen Aufstellungsort in Wernberg bei Schärding (OÖ) gefunden.

1667 ist Carlo Canevale - allerdings ohne leitende Rolle - an den Abschlussarbeiten in der Servitenkirche (Grundriss) in der Rossau beteiligt, die nach vorgegebenen Rissen ausgeführt wurden und an denen auch sein Bruder ? Francesco Carnevale (1626 bis 1669), der 1668 sein Polierjahr bei ihm antritt, beteiligt ist. Die Serviten erhileten - als letzter im Zuge der Gegen-reformation nach Wien berufener Orden - erst 1638 die Erlaubnis in der Vorstadt Rossau ein Kloster zu errichten. 1651 wurde
- nach Dotation durch Ottavia Fürst Piccolomini - mit dem Bau begonnen, der die 1639 geweihte, kleine Kapelle ersetzen
sollte. Bis 1556 befand sich das Gebäude im Rohbau, 1677 nimmt man es auch innen als vollendet an. Die Kirche präsentiert sich - mit Ausnahme der 1754-56 hinzugefügten Türme - als frühbarockes Bauwerk. Sie gilt als der erste Zentralbau mit ovalem Kuppelraum Wiens. Besonders ist auch der verlängerte Chor. 1727 - im Jahr der Heiligsprechung des Serviten Peregrin - wurde die Kirche mit der sogenannten "Peregrin-Kapelle" ergänzt und 1765/1766 auf die heutige Größe erweitert. Die Wiener Servitenkirche wurde zum Typus servitischer Sakralarchitektur und zum Vorbild für die Wiener Peterskirche und Karlskirche.

1667 bis 1669 zeichnet Carlo Canevale verantwortlich für den Abbruch und anschließenden Neubau des Deutschordens-
hauses (Abbildungen) nach Plänen eines kaiserlichen Ingenieurs, der gemeinhin mit Lucchese angenommen wird.
1679 bis 1682 erhält er zusammen mit seinem ehemaligen Parlier Bernhard Cerasola den Auftrag zu einem weiteren Bauabschnitt des Deutschordenshauses. Er sollte dort einen viergeschossigen Trakt mit Stallungen errichten.

Ungesichert sind Arbeiten an der Wiener Leopoldskirche (vermutlich war er 1670/01 hier Bauführer), am Wiener Kärtnertor
1670 und an den Palästen Lobkowitz und Paar. Seine Mitarbeit an am 1661 fertiggestellten und 1663 geweihten Augustiner-Chorherrenstiftes Waldhausen ist ebenfalls ungeklärt.

(OBERÖSTERREICH)

Waldhausen im Strudengau – Augustiner Chorherrenstiftskirche Mariae Himmelfahrt

Propst Laurentius Voss (1647–1680) führte den barocken Neubau von Stiftskirche und Stiftsgebäuden wahrscheinlich unter den Baumeistern Christof Colomba und Carlo Canevale durch. Die Architekten werden in der meisten Literatur genannt, ohne bisher einen archivalischen Nachweis zu besitzen. Der Rohbau dürfte 1660 fertig gewesen sein, Einrichtung und Ausstattung fand zwischen 1669 und 1677 statt, die Weihe erfolgte 1693. (Lorenz S.244)

Es entstand ein einschiffiges, vierjochiges stichkappentonnengewölbtes Langhaus mit je vier Seitenkapellen, darüber Emporen mit Quertonnen. Der Chor ist leicht eingezogen, gerade geschlossen und stichkappentonnengewölbt. (Hainisch S.358)

(NIEDERÖSTERREICH)

Schloss Petronell

Schloss Petronell ist ein bedeutender Bau des 17. Jahrhunderts. Mit dem Umbau ab 1660 entstand unter der Bauführung von Domenico Carlone und Carlo Canevale unter Einbeziehung älterer Bauteile eine regelmäßige vierflügelige Anlage, die sich um einen rechteckigen Hof gruppiert. Das ehemalige Wasserschloss besticht von außen durch seine achteckigen Ecktürme, die Außenfassade ist zum Teil durch stuckierte Gesimse gegliedert. (Elisabeth Vavra, Sandra Rust, Andrea Stockhammer

http://geschichte.landesmuseum.net/index.asp?contenturl=http://geschichte.landesmuseum.net/personen/personendetail.asp; 11.01.2010)

6. ABBILDUNGEN

Mariensäule Am Hof
Mariensäule Am Hof (Gesamtansicht)
aus: Czeike, Felix: Wien. Kunst, Kultur und Geschichte der Donaumetropole. DuMont Kunstreiseführer. Hamburg 2001². 162.

Mariensäule Am Hof (Gesamtansicht), Foto: Konrad
Mariensäule Am Hof (Gesamtansicht), Foto: Konrad
Postament der Mariensäule, Foto: Konrad
Postament der Mariensäule, Foto: Konrad
Postament der Mariensäule, Foto: Konrad

Servitenkirche
Grundriss der Servitenkirche
aus: Czeike, Felix: Wien. Kunst, Kultur und Geschichte der Donaumetropole. DuMont Kunstreiseführer. Hamburg 2001². 264.

Deutschordenshaus

Deutschordenshaus, Fassade Singerstraße, Foto: Konrad
Deutschordenshaus, Innenhof 1, Foto: Konrad
Deutschordenshaus, Innenhof 2, Foto: Konrad
Deutschordenskirche, Fassade Singerstraße, Foto: Konrad

(OBERÖSTERREICH)

Waldhausen im Strudengau
http://www.dioezese-linz.at/pfarren/waldhausen/; 11.01.2010

weitere Abbildungen siehe Christof Colomba

(NIEDERÖSTERREICH)

Schloss Petronell
Alle Abbildungen: http://www.burgen-austria.com/Archiv.asp?Artikel=Petronell; 11.01.2010

7. BIBLIOGRAPHIE

V. Schindler, Regesten aus dem Zentral-Archiv des Deutschen Ritterordens zu Wien, Wien 1921.
H. de Verrette, Aufnahme und baugeschichtliche Daten des ehemaligen Chorherrenstiftes Waldhausen, Diss. Wien 1936.
H. Gollop, Schloss und Herrschaft Petronell, Wien 1954.
I. Schemper, Stuckdekorationen des 17. Jahrhunderts im Wiener Raum, Diss. Wien 1983.
W. Kitlitschka, Arte lombarda 12: 1967.
A. Hartl, Die Künstler-Familie Canevale in Österreich. Quellen zu Leben und Werk, Diss., Salzburg 1987, 164.
SAUR, 134.
H. K. Liechtenstein, Die Dekorationen des Festsaals im Wiener Hochbarock 1650-1730, Diss. Wien 1947, 133 ff.
M. Riesenhuber, Die kirchliche Barockkunst in Österreich, Linz 1924.
Dehio-Wien: Bez. II-IX und XX, 1993.
A. Bretschneider, Ein Beitrag zum Bauschaffen der landständischen Stifte Oberösterreichs im 17. und 18. Jahrhundert,
Weida 1914.
Petr Fidler, Architektur des Seicento, Architekten, Baumeister und Bauter des Wiener Hofkreises, ungedr. Habilitations-
schrift, Innsbruck 1990

sowie

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Johannes Ebner, Monika Würthinger (2005): Neues Archiv für die Geschichte der Diözese Linz, 17. Jahrgang, Linz
Erwin Hainisch (1956): DEHIO Oberösterreich, Wien, 4. Auflage
Hellmut Lorenz (1999): Architektur; in: Helmut Lorenz (Hrsg.): Geschichte der bildenden Kunst in Österreich, Band IV: Barock, Wien, S. 219 – S. 302
Elisabeth Vavra, Sandra Rust, Andrea Stockhammer: http://geschichte.landesmuseum.net/index.asp?contenturl=http://geschichte.landesmuseum.net/personen/personendetail.asp 11.01.2010)

 
©Verena M. Konrad, Mai 2003; ergänzt von Kerstin Klimmer, Februar 2010

 

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