Friedensmacht Europa?

Vergangene Woche präsentierte innsbruck university press in der Aula der SoWi den neuen Band der Reihe Edition Weltordnung – Religion – Gewalt zum Thema "Friedensmacht Europa".
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Anton Pelinka, Alois Vahrner, Josef Riegler, Franz Fischler (v.l.)(Foto: Roman Gabl)

Soll man der Menschheit so tiefgehende Katastrophen wünschen, dass sie jenen „Bewusstseinswandel“ anstoßen könnten, den vor nunmehr einem halben Jahrhundert Carl Friedrich von Weizsäcker als unumgängliche Bedingung für das Zustandekommen einer zulänglichen Weltfriedensordnung bezeichnet hat? Das Netzwerk von Christen zur Unterstützung der Global Marshall Plan Initiative, die Forschungsplattform „Politik – Religion – Kunst“ der Universität Innsbruck, die Tiroler Tageszeitung und innsbruck university press präsentierten am 20. Jänner in der SOWI-Aula Band 6 der Reihe Edition Weltordnung - Religion - Gewalt zum Thema "Friedensmacht Europa".

Die vor allem von Wolfgang Palaver, Dietmar Regensburger und Andreas Exenberger betreute Reihe ist der interdisziplinären Auseinandersetzung mit der politisch wichtigen Frage des Verhältnisses von Religion und Gewalt angesichts einer sich globalisierenden Welt verpflichtet. Die AutorInnen teilen einerseits den Anspruch, Stellung zu den drängenden sozialen und politischen Problemen der Gegenwart zu beziehen, insbesondere zur Frage nach einem friedlichen Zusammenleben in einem religiös und weltanschaulich pluralen Europa, und versuchen andererseits diese Fragen in ihrem historischen Entstehungskontext zu verstehen.

Durch die Auswahl der Themen des von Herwig Büchele und Anton Pelinka herausgegebenen Sammelbandes "Friedensmacht Europa: Dynamische Kraft für Global Governance?" wird die Bandbreite des Gesamtthemas verdeutlicht: Es geht um mehrere, miteinander verbundene Dimensionen – vor allem um die politischen und die wirtschaftlichen. Es geht um Europa, als einen Beitrag zum Weltfrieden. Die Europäische Union, seit 2007 weitgehend deckungsgleich mit ganz Europa, kann zum Modell für eine neue Weltordnung werden: eine politische Ordnung jenseits der Nationalismen, gestützt auf die zentralen Werte der Demokratie. Europa kann zum Eintrittsbillet in eine Zukunft werden, die durch Frieden und Nachhaltigkeit bestimmt wird. Europa kann – aber es muss nicht: zu sehr besitzen die Kräfte der Nationalstaaten noch immer die Macht, diese reale Utopie von einem Europa als Vorboten von „global governance“ zu verhindern.

Anton Pelinka beschäftigte sich in seinem Vortrag mit der Frage der Finalität der Europäischen Union, die eine Generalprobe für die Global Governance darstellt.
Josef Riegler stellte die Global Marshall Plan Initiative vor.
Franz Fischler ging abschließend der Frage nach, ob der Bundesstaat Europa eine Notwendigkeit darstellt.
Die vom Chefredakteur der Tiroler Tageszeitung Alois Vahrner moderierte Publikumsdiskussion mit den 130 Besuchern der Veranstaltung verdeutlichte, dass die Autoren ein recht heterogenes Bild von der Europäischen Union haben. Sie sind nicht unbedingt einer Meinung, wie die Mischung aus Staat und privat aussehen kann, die in der Zukunft das Verhältnis von Politik und Wirtschaft bestimmen soll. Sie sind aber geleitet von einer Grundsympathie für das Projekt der Europäischen Integration und von einer gemeinsamen Einsicht in die Notwendigkeit aus der Ratlosigkeit traditioneller Politik auszubrechen.

(Birgit Holzner)

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