Kapitel 8 | |
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Inhaltsverzeichnis |
B. Eigentumsvorbehalt
und Sicherungsübereignung |
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A. Grundgedanken
des Sachenrechts |
I. Recht
der Sachgüterzuordnung | |
Dem Sachenrecht kommt innerhalb
des Privatrechts, ja der gesamten Rechtsordnung eine zentrale Ordnungsaufgabe
zu, die gerne übersehen wird, zumal diese bedeutende gesellschaftliche
Leistung vom (Privat)Recht mit großer Zurückhaltung erbracht wird.
– Das Sachenrecht trägt dadurch in hohem Maße zum Entstehen des
Rechtswertes „Rechtssicherheit” bei. | Sachenrecht
erzeugt Rechtssicherheit |
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1. § 308 ABGB:
Dingliche Sachenrechte | |
Das Sachenrecht
fasst die dinglichen Rechte zusammen; § 308 ABGB formuliert: | |
„Dingliche
Sachenrechte sind das Recht des Besitzes, des Eigentums, des Pfandes,
der Dienstbarkeit und des Erbrechts.” | |
| Korrekturen |
| Abbildung 8.1: Arten der Sachenrechte: Überblick |
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| Abbildung 8.2: Dingliche Rechte |
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2. Das Eigentum
als dingliches Vollrecht <-> Beschränkte dingliche (Sachen)Rechte | |
Dingliche Rechte gewähren eine unmittelbare
Sachherrschaft; das gilt für das Eigentum wie die beschränkten dinglichen
Sachenrechte. Und dies meint: Das Sachenrecht besteht ohne Dazwischentreten
anderer Personen wie zB beim Kauf, wo dem Käufer nur ein schuldrechtlicher Anspruch
gegen den Verkäufer auf Lieferung des Kaufgegenstands, nicht aber
ein unmittelbares Recht daran, eingeräumt wird. | Unmittelbare
Sachherrschaft |
Zur Unterscheidung ius in re (Recht an einer
Sache selbst: Sachenrecht) und ius ad rem (Recht auf eine Sache: Schuldrecht) → KAPITEL 1: Dingliche
Rechte und Forderungsrechte.
Diese Unterscheidung ist auch dem römischen Recht noch fremd und
geht auf die Glossatoren (Ende 11./12. Jhd) zurück. | |
Eigentum ist
das dingliche Vollrecht an einer Sache. Das heißt:
Die mit dem Eigentumsrecht inhaltlich verbundenen Befugnisse müssen
nicht erst einzeln aufgezählt werden, weil sie grundsätzlich alle
in einer Rechtsordnung anerkannten Rechte an einer Sache umfassen. | Dingliches Vollrecht |
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Alle
anderen dinglichen Sachenrechte sind demgegenüber bloße Abspaltungen
oder Teile dieses umfassenden dinglichen Vollrechts; zB das Pfandrecht
oder die Servituten. Man bezeichnet diese Abspaltungen vom Vollrecht
als beschränkte dingliche Rechte. | Beschränkte dingliche Rechte |
Das Vollrecht lebt wieder
auf, wenn die rechtliche Beschränkung – zB durch eine Servitut oder
ein Pfandrecht – wegfällt; sog Flexibilität des Eigentums. Vgl etwa
§ 469 ABGB: Sog Verfügungsrecht des Eigentümers nach Rückzahlung
der Pfandschuld → KAPITEL 15: Das
Pfandrecht als Recht an fremder Sache. | |
3. Aufgabe des
Sachenrechts | |
Aufgabe des Sachenrechts ist es,
Sachen – bewegliche wie unbewegliche, körperliche wie unkörperliche,
also Vermögensobjekte rechtlich erkennbar und verlässlich an Rechtssubjekte
zuzuordnen; an natürliche und juristische Personen. Das Sachenrecht
ist demnach das Recht der Sachgüterzuordnung. Diese Zuordnung muss
klar und für andere erkennbar erfolgen, weil nur so Gewähr besteht,
dass die jeweilige Rechtsposition (sachenrechtlich Berechtigter)
von anderen, die damit in Berührung kommen, respektiert werden kann.
Dazu kommt, dass Gläubiger in Bezug auf die sachenrechtliche Zuordnung
von Rechtsobjekten, die ihrer Sicherheit dienen, nicht getäuscht, sondern
in ihren berechtigten Interessen geschützt werden sollen. | Recht
der
Sachgüterzuordnung |
Daher
muss die Pfandsache, wenn sie eine bewegliche körperliche ist, wirklich
übergeben werden – sog Faustpfandprinzip ( → KAPITEL 2: Die
rechtliche Erwerbungsart: Modus traditio),
weil nur dieser Publizitätsakt sicherstellt, dass der Pfandgläubiger
ein gültiges und verwertbares Pfandrecht erwirbt. – Zum sog Afterpfand:
§§ 454, 455, 460 ABGB. – Deshalb entstehen Hypotheken nur durch
Eintragung ins Grundbuch → KAPITEL 2: Das
Grundbuch. | |
Der Besitz ( → KAPITEL 3: Die
Funktion des Besitzes)
unterstützt das Sachenrecht bei der Erfüllung seiner Aufgaben ganz
wesentlich indem er die durch das Sachenrecht zuzuordnenden Sachen
an Rechtssubjekte faktisch zuordnet, während die Sachenrechte diese
Zuordnung rechtlich vornehmen. Der Besitz schafft dadurch die Voraussetzungen
– auf ihm aufbauender – rechtlicher Zuordnung. – Darin liegt die
Bedeutung des Besitzes, der deshalb auch als bloße Tatsache rechtlich
geschützt wird. Das ABGB erblickte – wie erwähnt – im Besitz noch
ein dingliches Sachenrecht; § 308 ABGB. | Besitz:
faktischer Sockel des Sachenrechts |
So wie die
im Anschluss zu besprechenden Sachenrechtsprinzipien funktional
das Sachenrecht bei seiner Aufgabe der Sachgüterzuordnung unterstützen,
fördert auch die dem korrekten Erwerb dinglicher Rechte dienende
Lehre von Titel und Modus dieses Ziel → KAPITEL 2: Die
Lehre von Titel und Modus.
Dieses alte auf das römische Recht zurückgehende Konzept will einen
rechtsinhaltlich nachvollziehbaren Erwerb dinglicher Rechtspositionen
erreichen und orientiert sich dabei auch an Gerechtigkeitsüberlegungen. | Sachenrechtsprinzipien |
| Abbildung 8.3: SachR: Recht der Sachgüterzuordnung |
|
| Abbildung 8.4: Aufgaben des Sachenrechts (1) |
|
| Abbildung 8.5: Aufgaben des Sachenrechts (2) |
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4. Rechtsprinzipien
des Sachenrechts | |
Aus
der geschilderten rechtlichen Funktion ergeben sich – gleichsam
aus der „Natur der Sache” – bestimmte Rechtsprinzipien des
Sachenrechts: | |
Dingliche
Rechte haften an der Sache, an der sie bestehen. Man sagt, sie gewähren
eine unmittelbare Sachherrschaft. Dingliche Rechtsbeziehungen sind
von hoher Intensität, Festigkeit und Dauer. Das zeigt sich ua daran,
dass sie nur ausnahmsweise, also bei weitem nicht so leicht wie Schuldrechte
(einseitig) beendet werden können. Dazu → Beendigung
von Servituten
| |
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Sachenrechte
wirken rechtlich nicht nur (wie Schuldrechte) gegenüber bestimmten
Personen, sondern gegen alle, oder wie man sagt: gegenüber Jedermann.
– Das Eigentum einer Person – etwa das aus einem Kaufvertrag (durch
Übergabe) erworbene – ist von allen Menschen zu respektieren, und
nicht etwa nur vom Verkäufer; vgl § 354 letzter HalbS, § 366 und
§ 472 Satz 2 (Servituten) ABGB. | |
Im Gegensatz dazu wirken schuldrechtliche
Beziehungen grundsätzlich nur zwischen den beteiligten Parteien,
also etwa zwischen Verkäufer und Käufer; man sagt daher, das Schuldrecht
wirke relativ, dh nur zwischen den Parteien (=
inter partes) eines Vertrags. | Schuldrecht
wirkt inter partes |
Auch die sog Immaterialgüterrechte (Urheber-,
Patent-, Marken-, Musterschutzrecht) entfalten, obwohl keine dinglichen
Rechte, absolute Wirkung. Ja sie gewähren, dem Vorbild des Sachenrechts
folgend, dem Rechtsträger auch Priorität; vgl etwa § 43 PatG, §
23 Abs 1 MarkG, § 19 MuSchG. – Sie nehmen daher eine Mittelstellung zwischen
dem Schuld- und Sachenrecht ein. Mehr zu den Immaterialgüterrechten
SIEHE... (Lercher) | |
Die
absolute Wirkung der Sachenrechte setzt ihre Erkennbarkeit voraus.
Sachenrechtliche Rechtspositionen müssen daher für andere / Dritte
einsichtig sein, was vor allem für die Übertragung, also den Erwerb
von Sachenrechten (Eigentum, Pfandrecht, Servituten etc.) Bedeutung
hat. Daher gibt es eigene Übertragungsregeln; zB für bewegliche
Sachen: § 426 ABGB (körperliche Übergabe),
§ 427 ABGB (Übergabe durch Zeichen = symbolische Übergabe), § 428
ABGB dagegen unterläuft zum Teil den Publizitätsgrundsatz mit der
darin geregelten Übergabe durch Erklärung → KAPITEL 2: Übergabe
durch Erklärung. | |
Problematisch ist hier vor allem das Besitzkonstitut
(§ 428, 1. Fall ABGB), weil dabei keine nach außen hin erkennbare
Veränderung der Sachgüterzuordnung erfolgt, während bei der Übergabe
kurzer Hand und der Besitzanweisung eine Veränderung der nach außen
hin erkennbaren Sachgüterzuordnung bereits vor der angestrebten
Rechtsänderung stattgefunden hat. | |
Durchbrochen wird das Publizitätsprinzip
auch beim Eigentumsvorbehalt; dazu → Eigentumsvorbehalt
als Warensicherungsmittel Streng gehandhabt
wird dieser Grundsatz aber bei der Pfandrechtsbegründung an beweglichen
Sachen; sog Faustpfandprinzip: Pfandrechtsbegründung
durch Besitzkonstitut ist danach untersagt → KAPITEL 2: Übergabe
durch Erklärung.
– Für Liegenschaften (unbewegliche Sachen) wird der Publizitätsgrundsatz
ebenfalls streng durchgeführt: Eigentumserwerb setzt daher grundsätzlich Grundbuchs-Eintragung /
Verbücherung / Intabulation voraus; vgl § 431 ABGB. § 451 ABGB regelt
das Pfandrecht an Liegenschaften, § 381 ABGB den Erwerb von Servituten.
– Man kann daher sagen: Was die Übergabe der §§ 426 ff ABGB für
bewegliche Sachen ist, ist die Verbücherung für Liegenschaften,
was insbesondere auch für Hypotheken (Liegenschaftspfand) gilt. | Durchbrechungen
des Publizitätgrundsatzes |
Vgl
aber auch die publizitätsmäßig konsequente Regelung der §§ 430,
440 ABGB: Doppelverkauf → Der
sog Doppelverkauf
| |
Rechtsgeschichtlich stammt der Publizitätsgedanke im Sachen-
und hier vor allem wiederum im Liegenschaftsrecht und Pfandrecht
– aus dem antiken Griechenland und dem alten dtRecht,
während das römische Recht insbesondere im Pfandrecht keinen hohen
Entwicklungsstand erreicht hat. | |
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Numerus clausus der Sachenrechte:
Um die Überschaubarkeit der Sachenrechte zu gewährleisten, und damit
die Sachgüterzuordnung effizient (!) zu machen, kennt das Gesetz
nur eine beschränkte Anzahl von Sachenrechten. Der Rechtsverkehr
kann sich nur der gesetzlich geregelten Sachenrechtsinstitute bedienen.
Im Gegensatz zum Schuldrecht, können die Parteien des Rechtsverkehrs keine
neuen Sachenrechtsinstitute „erfinden” oder bestehende kombinieren. | |
Die wichtigsten dinglichen Sachenrechte sind: | |
• Eigentum, Pfandrecht,
Servituten, Reallasten und | |
• eigentumsähnliche Rechte, wie das Baurecht; | |
•
darüber hinaus
kennt § 9 GBG verbücherbare obligatorische Rechte; zB das Vorkaufsrecht → KAPITEL 2: Das Vorkaufsrecht. | |
Rechtspolitisch könnte heute ernsthaft
überlegt werden, den Kanon der Sachenrechte moderat zu erweitern,
was das EDV-Grundbuch vertragen würde. So könnte bspw, einem Vorschlag
H. Klangs aus dem Jahre 1947 folgend, ein neues dingliches (veräußerliches
und vererbbares) Wohnungsrecht geschaffen werden.
Darüber hinaus könnte erneut die Möglichkeit überlegt werden, Stockwerkeigentum zu
begründen, wozu die Aufhebung des Gesetzes von 1879 nötig wäre.
Zu denken wäre ferner an ein neues, im ABGB anzusiedelndes Bauhandwerkerpfandrecht,
das als Sach- oder Realhaftung geschaffen werden könnte. Überhaupt
sollte auch bei uns künftig die Möglichkeit bloßer Sachhaftung geschaffen
werden, wie in Deutschland die Grundschuld und in der Schweiz die
Gült. Darüber hinaus konnte verstärkt an die Möglichkeit von Registerpfandrechten gedacht
werden usw. | Neue
Sachenrechte? |
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Der Typenzwang beschränkt also die Anzahl und
den Inhalt der Sachenrechte. Dies entspricht der erhöhten
rechtlich-gesellschaftlichen Ordnungsfunktion des Sachenrechts.
– Dieser Gesichtspunkt gilt auch für das Familien- und Erbrecht,
die ebenfalls einen Typenzwang kennen; dazu → KAPITEL 5: Gestaltungs-
oder Inhaltsfreiheit. | |
Sachenrechte
bestehen und können grundsätzlich nur an bestimmten / speziellen,
genau bezeichneten Sachen begründet werden. – Zudem muss der Rechtsinhalt
des jeweiligen Sachenrechts klar umschrieben sein. Das spielt eine
besondere Rolle beim Pfandrecht. | |
Vgl daher § 14 Abs 1 GBG: „Das Pfandrecht kann
nur für eine ziffernmäßig bestimmte Geldsumme eingetragen werden
...” oder § 12 Abs 1 GBG: „Bei Dienstbarkeiten und Reallasten muss
Inhalt und Umfang des eingetragenen Rechts möglichst bestimmt angegeben
werden ...” | |
Inhalt und Umfang von Servituten oder Reallasten ergeben
sich aus dem Titelgeschäft, zB dem Servitutsvertrag. | |
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Das
Schuldrecht kennt grundsätzlich keinen Vorrang älterer Rechte vor
jüngeren. Anders das Sachenrecht, das dem deutschrechtlichen Grundsatz
folgt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst oder: prior tempore, potior
iure. | |
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| Abbildung 8.6: Prinzipien des Sachenrechts (1) |
|
| Abbildung 8.7: Prinzipien des Sachenrechts (2) |
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5. Vergleich von
Schuld- und Sachenrecht | |
Insgesamt lässt sich mit Gschnitzer zu Bewertung
und Vergleich von Schuld- und Sachenrecht sagen: | |
„So wichtig das Schuldrecht ist, tritt es
im täglichen Leben hinter dem Sachenrecht zurück. Eine primitive
Wirtschaft könnte zur Not ohne ausgefeiltes Schuldrecht, nicht ohne
– das geschichtlich ältere – Sachenrecht auskommen.” | |
Das Sachenrecht zählt
mit dem Familienrecht zu den ältesten Schichten
des Privatrechts. Es ist deutlich älter als das Schuldrecht. – Noch
vor dem Schuldrecht entwickelte sich auch das Erbrecht,
das sich auf den Grundlagen des Familienrechts entwickelt hat. Der
älteste Teil des Schuldrechts sind seine deliktischen Teile, die
deutlich älter als das Vertragsrecht sind. Das frühe Deliktsrecht –
das auch Blutrecht genannt wird – bestand aus einer Gemengelage
von – wie wir heute sagen würden – strafrechtlichen, schadenersatzrechtlichen
sowie verfahrensrechtlichen Regeln, deren ausschliessliche Zuordnung
weder zum öffentlichen noch zum Privatrecht möglich erscheint. –
Paradigmatisch ist diese Entwicklung im antiken Griechenland abgelaufen.
– Vgl auch die Hinweise zur Entwicklung und Unterscheidung von Schadenersatzrecht
und Strafrecht → KAPITEL 9: Zum
Verhältnis von
Privat- und StrafR:
Historische Entwicklung. | Zur rechtshistorischen Entstehung privatrechtlicher
Rechtsgebiete |
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| Abbildung 8.8: Gegenüberstellung: SachenR – Schuldrecht |
|
| Abbildung 8.9: Vergleich: SchuldR – SachenR |
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II. Das
Eigentum als dingliches Vollrecht | |
Eigentum
bedeutet begrifflich die (vollständige) rechtliche Herrschaft einer
Person über eine Sache oder doch einen Sachteil. Inhaltlich ist
das Eigentum das zentrale Rechtsinstitut des Sachenrechts. Sehr
viele Rechtsinstitute bauen auf ihm auf oder setzen es doch voraus.
– Das Eigentum in seinen Erscheinungsformen als Fahrnis- und Liegenschaftseigentum
ist für Private ebenso wichtig wie für die Wirtschaft oder den Staat. | Fahrnis- und Liegenschaftseigentum |
Wir alle sind EigentümerInnen, wenigstens
von beweglichen Sachen. Heute kann man geradezu von einem „Fahrnisreichtum”
sprechen (H. Mayrhofer): Autos, Schmuck, Kunstgegenstände, teure
Möbel und Einrichtungen (zB Bilder, Teppiche), Kleidung, Sport-
oder elektronische Geräte, wie Stereoanlagen, PC- oder Photo- / (Video)Filmausrüstungen
etc. | |
Nicht
zu übersehen ist ferner, dass das (Privat)Eigentum Grundlage
unserer Wirtschaftsordnung ist, wobei für die Wirtschaft
insbesondere das Eigentum an Produktionsmitteln und die damit idR
verbundene Verfügungsgewalt über ein Unternehmen zählt. Gemeinsam
mit dem Markt als Steuerungsmittel der Wirtschaft
und dem Prinzip der Gewinnmaximierung, stellt das Privateigentum die
Grundlage des modernen Kapitalismus dar. Zu den
Voraussetzungen eines einheitlichen und entwickelten Privatrechtssystems
für die Entwicklung moderner Staaten und die Herausbildung moderner
Wirtschaftsordnungen → KAPITEL 1: Zur Entstehung des
ABGB. | Grundlage unserer Wirtschaftsordnung |
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1. Vom
Gemeinschafts- zum Individualeigentum | |
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Das Individualeigentum,
also das Eigentum von Einzelpersonen, ist verhältnismäßig jung in
der menschlichen Entwicklungsgeschichte. Die Entwicklung verläuft
historisch vom Gemeinschafts- / Kollektiveigentum (Stammes-
und Claneigentum), zum Familien- und schließlich
zum Individualeigentum. – Individualeigentum hat
sich wiederum zuerst an Fahrnis (beweglichen Sachen), und
zwar zunächst an persönlichen Gebrauchsgegenständen (Kleidung, Werkzeug,
Waffen, Schmuck, Haushaltsgeräten etc) und der Beute ausgebildet.
Bewegliche Sachen standen häufig im Eigentum von Frauen, weil diese
„bei den Hackbauern in erster Linie die Bestellerin(en) der Gärten und
am Feuer und Haus interessiert” sind; R. Thurnwald. – Grundeigentum beginnt
erst mit dem Sesshaftwerden des Menschen interessant zu werden und
bleibt auch dann lange Kollektiv- und Familieneigentum. Schweifenden
Jäger-, Sammler- und Fängerhorden der menschlichen Frühzeit fehlt
das Interesse an einem ausschließlichen Stück Land. Erste Ansätze
dazu finden sich allerdings schon damals in Form von (immer wieder
aufgesuchten) Wasserstellen in der Steppe und Fischplätzen sowie
Eislöchern in der Arktis etc. | |
Altes
Gemeinschaftseigentum an Liegenschaften ist vereinzelt noch heute
erhalten in Form der sog Allmende (= Gemeinschaftsweide
/ Almen) oder alten realgeteilten Häusern → Realgeteiltes
Eigentum Der
Großteil des Gemeinschaftseigentums an Liegenschaften wurde in privates
oder öffentliches Eigentum umgewandelt; zB im Rahmen der Grundentlastung
1848. – Allmende bedeutet sprachlich: „Was allen gemein ist”, seien
es Wege, Weide, Wasser, Wiesen oder sonstiges. Allmenden wurden
kollektiv genutzt, bewirtschaftet und verwaltet. Allmenden wurden
nicht abgezäunt und auf der Allmende zu weiden, war niemandem verboten. | Allmende |
Früher als das Grundeigentum Einzelner erscheinen
oft „gewisse Seiten des geistigen Eigentums” (R. Thurnwald) ausgeprägt;
zB in der Südsee, dem malaischen Archipel und bei den Indianern Nordamerikas:
Gemeint ist damit bspw das Wissen um die Vornahme bestimmter Riten
für Zeremonien, Festgesänge, das Ausüben bestimmter Künste, aber
auch der Handel als Vorrecht von Familien oder Einzelnen. | Geistiges
Eigentum |
Das hat, wenngleich viel später, bei der
rechtlichen Entwicklung des Urheberrechts nachgewirkt, bei dem sich geistiges
Eigentum erst richtig entwickelt hat. Erste gesellschaftliche Ansätze
beginnen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts (Lessing). | |
| |
Mit
dem Entstehen von Eigentum an beweglichem und unbeweglichem Gut
bilden sich bei Naturvölkern „Eigentumszeichen” heraus, die sinnlicher
Ausdruck privater und kollektiver Inanspruchnahme sind. Verbots-
oder Tabuzeichen machen den Anfang, Eigentumsmarken folgen. Jäger lassen
bspw erlegtes Wild liegen, um es später abzuholen und kennzeichnen
es mit einem Verbotszeichen in Gestalt eines Zweigs oder ähnlichem.
Solche Zeichen werden auch an Bäumen angebracht. | Eigentumszeichen |
Die
Unterscheidung von Besitz und Eigentum –
wie schon im griechischen und dann im römischen Recht und heute üblich,
setzt die begriffliche Unterscheidung zwischen tatsächlicher Macht
/ Gewahrsame und rechtlicher Herrschaft voraus und fehlt daher noch
in frühen Entwicklungsphasen der Menschheit. – Auch der deutschrechtliche
Begriff der Gewere trennt beide Begriffe noch nicht
scharf; dazu SIEHE ...... | Gewere |
2. Entwicklung
zum dinglichen Vollrecht | |
Inhaltlich
betrachtet ist Eigentum das dingliche Vollrecht an einer
Sache; an Fahrnis, wie an Grund und Boden. – Mit Vollrecht
ist gemeint, dass die rechtlichen Befugnisse, die das Eigentum vermittelt,
nicht erst einzeln aufgezählt werden müssen. Das Eigentum umfasst
vielmehr – idealtypisch gesehen – alle erdenklichen Rechte an einer
Sache (in einer bestimmten Rechtsordnung). – Zu den heute bestehenden Schranken
des Eigentums gleich unten. | Vollrecht |
Entwickelt hat sich das Eigentum zum dinglichen
Vollrecht – insbesondere an Grund und Boden – aus einer Summierung
von Einzelrechten, die im Laufe der Zeit in einer Hand
(zunächst von Clan und Familie, dann Einzelner) zusammengeführt
wurden. Aus parzellierten Einzelrechten entsteht schließlich das
rechtlich umfassende dingliche Vollrecht; Patchworkgenese des Eigentums.
Folgende Einzelrechte wurden – wie rechtsanthropologische und -ethnologische
Forschungen etwa in Neuguinea ergaben – bspw zusammengefasst: Das
Recht über ein Grundstück zu gehen, darauf zu bauen, bestimmte Früchte
darauf zu ernten, Bäume (gewisser Größe) für den Hausbau zu fällen,
Tiere weiden zu lassen, Pflanzen und Beeren zu sammeln, Fischereirechte
(zunächst getrennt in Fischfang und Schalentiere), Schifffahrts-
und Jagdrecht etc. | L. Pospišil, Anthropologie des
Rechts (1982) |
3. Schranken
des Eigentums | |
Das
Eigentum ist seinem Wesen nach das grundsätzlich unbeschränkte
dingliche Vollrecht; das bringen die §§ 354, 362 ABGB als
naturrechtliche Formulierungen anschaulich zum Ausdruck. – Zur „Erhaltung
und Beförderung des allgemeinen Wohles” war das Eigentum aber seit
jeher in gewisser Weise beschränkbar und es konnte, „wenn es das
allgemeine Beste erheischt” gegen angemessene Entschädigung auch
entzogen werden; Enteignung: § 365 ABGB → Enteignung:
§ 365 ABGB
| Beschränkbarkeit |
Im ABGB selbst besteht ein normatives
Spannungsverhältnis zwischen der weiten, uneingeschränkten Formulierung
des § 354 ABGB und der bereits soziale Bezüge aufweisenden Bestimmung
des § 364 Abs 1 ABGB. Schon der Gesetzgeber des ABGB sah sich gezwungen „Schranken”
zu ziehen! Vgl auch → Sozialpflichtigkeit
des Eigentums:
Sozialpflichtigkeit des Eigentums. | Normatives
Spannungsverhältnis |
4.
Privateigentum
und Naturrecht | |
Das moderne und weite sowie flexible
Verständnis des Privateigentums ist (in der Neuzeit) eine Schöpfung
des rationalistischen Naturrechts. Über das (Privat)Eigentum
wurden in dieser Zeit – also zwischen 1650 und 1800 – aber sehr
unterschiedliche Gedanken geäußert: Auf der einen Seite – um mich
auf zwei wichtige Beispiele zu beschränken – John Locke ( → KAPITEL 1: Natur
und Vernunftrecht und ABGB)
mit seiner grundlegenden Zuordnung des Eigentums zu den Menschenrechten
und der damit verbundenen Rechtfertigung, die das Eigentum aus der
Arbeit (!) ableitet; auf der anderen Seite J.J. Rousseau ( → KAPITEL 1: Natur
und Vernunftrecht und ABGB),
der mit dem Entstehen des Privateigentums das Ende der Gleichheit
zwischen den Menschen und den Niedergang der menschlichen Gemeinschaft
verbindet. – John Lockes Eigentumsauffassung wird durch K. A. v. Martini dem
ABGB zugeführt. Beide verstehen den Begriff des Eigentums in einem
sehr weiten Sinn als Gesamtbereich der Lebensinteressen eines Menschen;
vgl noch die §§ 353 ff ABGB. Das öffentliche Recht ist diesem weiten
Eigentumsverständnis bis heute nicht gefolgt, was sich ua in einem
mangelhaften Schutz (wohl)erworbener öffentlichrechtlicher Ansprüche
– etwa der Pension – offenbart. – Der Eigentumsschutz wird zu einem
wichtigen Teil frühen rechtsstaatlichen Denkens. | J. Locke, J. J.Rousseau,
K. A. v. Martini |
Vgl Martinis Einleitung in seinem Entwurf
eines bürgerlichen Gesetzbuchs. | |
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III. Der Eigentumsbegriff
des ABGB | |
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1. Zu
weite Fassung des § 353 ABGB | |
§ 353 ABGB: | |
„Alles
was jemandem zugehört, alle seine körperlichen und unkörperlichen
Sachen, heißen sein Eigentum”. | |
Die
sachenrechtlichen Regeln für Erwerb, Verlust und Schutz des Eigentums
gelten aber (schon nach dem ABGB) nur für das Eigentum ieS, also
an körperlichen Sachen. § 353 ABGB ist daher restriktiv
auszulegen und teleologisch zu reduzieren → KAPITEL 11: Die
teleologische Reduktion. | |
Zu
unterscheiden ist: – Eigentum iwS (= an körperlichen
+ unkörperlichen Sachen) und Eigentum ieS (= nur
an körperlichen Sachen). – Nur für körperliche (bewegliche) Sachen
gelten zB die Übergabsregeln der §§ 426 ff ABGB. Die Rechtsübertragung
unkörperlicher Sachen (= Rechte / Forderungen) erfolgt nicht nach
den §§ 426 ff ABGB, sondern nach den Zessionsregeln der §§ 1392
ff ABGB → KAPITEL 14: Zession,
Gläubigerwechsel, Forderungsübergang. – Von ”Eigentum” an Forderungen oder Rechten wird
daher nur bildhaft – iSv Vollrecht an der Forderung! – gesprochen. | Eigentum iwS und ieS |
2. Eigentum im
objektiven und im subjektiven Sinn | |
Die Unterscheidung
zwischen Recht im objektiven Sinn (= die Rechtsordnung) und den
daraus abgeleiteten subjektiven Rechten wurde in → KAPITEL 1: Recht
im objektiven und subjektiven Sinn behandelt.
Sie ist auch hier von Bedeutung. Die §§ 353 und 354 ABGB unterscheiden
nämlich zwischen: | |
•
Eigentum
im objektiven (§ 353 ABGB: allgemeine Umschreibung
des Eigentumsinhalts) und | |
•
Eigentum im subjektiven Sinne
– § 354 ABGB: Vom Eigentum im objektiven Sinn abgeleitete rechtliche
Befugnis des einzelnen Eigentümers. | |
Im ersten Fall wird das Rechtsinstitut vom Gesetzgeber abstrakt
(inhaltlich) umschrieben, im zweiten konkret-individuell, als das
einem Rechtssubjekt (durch Rechtserwerb) zugeordnete subjektive
dingliche (Voll)Recht verstanden. | |
3. Positive und
negative Seite des Eigentums | |
§ 354 ABGBgewährt dem Eigentümer: | |
•
das subjektive Recht
/ die Befugnis „mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkür
zu schalten”; sog positive Seite des Eigentums (§
362 ABGB führt die „Rechte des Eigentümers” dann näher aus) und
zusätzlich | |
•
„jeden andern davon auszuschließen”; sog negative
Seite des Eigentums iSd absoluten Wirkung des Eigentums
als Konsequenz seines dinglichen Charakters. | |
|
Ein lehrreiches Beispiel
wie weit § 354 ABGB reicht enthält GlU 9711
(1883): Störung im Besitz des Fensterrechtes? –
„A belangt seine Nachbarin B in possesorio summarissimo [= Besitzstörungsverfahren]
wegen Störung im Besitze des Fensterrechtes mit der Anführung, dass
die B vor einem Fenster seines Hauses mit der Aussicht auf ihr Grundstück,
durch welches er seit mehr als 30 Jahren Licht und Luft vom Nachbargrunde
ungestört benützte, eine eiserne Türe aufgestellt und ihm hiedurch
den Genuss des Lichtes und der Luft entzogen habe.” Anders als die
Untergerichte wies der OGH die Klage ab, weil der Kläger kein Servitutsrecht
iSd § 488 ABGB (Fensterrecht) besaß und deshalb in seinem Rechtsbesitz gar
nicht gestört werden konnte. Und sein Eigentumsrecht (allein!) verbietet
der Nachbarin nicht ihr Eigentumsrecht iSd § 354
ABGB auszuüben. Ein eigenes Recht auf Licht, Luft und Aussicht hätte
sich A in Form einer Servitut einräumen lassen müssen. | |
|
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JAP 4-1999/2000, 180 (OGH 25.3.1999, 6 Ob 201/98x): Demonstrationshaftung –
Nach Ansicht des OGH stellt die Blockade einer Zufahrtsstraße zu
einem Bauplatz durch Demonstranten, wodurch die Bautätigkeit an
einem öffentlichen Bauvorhaben verhindert wird, einen Eingriff in
das Eigentumsrecht des Liegenschaftseigentümers dar, wenn die Blockade
die dauerhafte Entziehung der Benützung der Bauliegenschaft anstrebte.
– Zur mitunter erheblichen inneren Spannung zwischen dem Schutz
individueller Rechtspositionen und Grundrechtsgarantien – hier:
der Meinungs- und Versammlungsfreiheit etc → KAPITEL 4: Grundrechte
und Privatrecht. | |
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IV. Umfassender
rechtlicher Schutz des Eigentums | |
Die Bedeutung
des Eigentums für Staat und Gesellschaft zeigt sich auch daran,
dass das Eigentum als Rechtsinstitut des Privatrechts keineswegs
nur vom Privatrecht, sondern auch vom öffentlichen Recht (Völker-,
Europarecht, Verfassungs- und Verwaltungsrecht, Strafrecht) umfassend
geschützt und abgesichert wird. Die Rechtsordnung behütet das für
freie Gesellschaftsordnungen offenbar unverzichtbare Eigentum mit
allen zu Gebote stehenden Mitteln. – Die modernen Grundlagen dafür
wurden – wie erwähnt – vom Naturrecht auf antiken Rechtsgrundlagen
gelegt. | |
| Abbildung 8.10: RO schützt Eigentum umfassend |
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| Abbildung 8.11: Schranken des (Privat)Eigentums |
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1. Öffentlichrechtlicher Eigentumsschutz: | |
Schutz des Eigentums durch internationale
Konventionen; zB Art 1 ZP zur EMRK, BGBl 1958/210: | Völker-
und Europarecht |
„Jede natürliche oder juristische Person
hat ein Recht auf Achtung ihres Eigentums ...” | |
Verfassungsrechtlichen
Schutz gewährt Art 5 StGG 1867 (völkerrechtlich abgesichert durch
den erwähnten Art 1 ZP zur EMRK): | Verfassung |
„Das
Eigentum ist unverletzlich. Eine Enteignung gegen den Willen des
Eigentümers kann nur in den Fällen und in der Art eintreten, welche
das Gesetz bestimmt.” | |
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Zum Schutz des Eigentums durch das StGB vgl
etwa: – Sachbeschädigung (§§ 125, 126 StGB), – Diebstahl (§§ 127–131
StGB), – Entwendung (§ 141 StGB). | Strafrechtlicher
Schutz |
2. Privatrechtliche
Eigentumsklagen – Übersicht | |
Die
schon historisch feststellbare privatrechtliche Vielfalt des Eigentumsschutzinstrumentariums offenbart
seit altersher die Bedeutung dieses Rechtsinstituts. | Vielfalt des Eigentumsschutzinstrumentariums |
Besonderen Schutz genoss schon in der Antike
das Liegenschaftseigentum: Unerreicht bis heute
das antike griechische Recht, das es Gläubigern, bei voller Respektierung
ihrer Ansprüche, untersagte, sogleich exekutiv auf die Liegenschaften
eines Schuldners greifen zu können, sondern ein stufenweises Vorgehen
verlangte; zB Pacht und Mieteinkünfte sind zuerst zur Befriedigung
heranzuziehen. Der Zweck bestand in der Erhaltung des Liegenschaftseigentums
der Bürger; sog gebundenes Bodenrecht (E. Schönbauer). Den Griechen
war auch schon die Revenuenhypothek bekannt; R. Koerner. | |
Barta, „Graeca non leguntur“? – Zum Ursprung des
europäischen Rechtsdenkens im antiken Griechenland (2005). | |
Historisch baut das naturrechtlich
orientierte ABGB auf dem römisch-gemeinen Recht und dem alten deutschen
Recht auf und ergänzt es um modernere Schutzinstrumente (vgl neben
den §§ 366 und 523 ABGB etwa § 364 Abs 2 ABGB und § 364a ABGB oder
§ 37 EO): | |
Die
eigentliche Eigentumsklage: Klage wegen Entziehung
des Eigentums (römisches Recht: rei vindicatio – ubi meam rem invenio,
ibi vindico); § 366 ABGB: | rei vindicatio |
„Mit dem Recht des Eigentümers ..., ist
auch das Recht verbunden, seine ihm vorenthaltene Sache von jedem
Inhaber durch die Eigentumsklage gerichtlich zu fordern ...”. | |
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Die Eigentumsfreiheits-,
Eigentumsstörungs- oder Negatorienklage (römisches Recht: actio negatoria);
§ 523, 2. Fall ABGB: | actio
negatoria |
„
... der Eigentümer kann sich über die Anmaßung einer Servitut beschweren.
...” | |
Wer sich also Nutzungsrechte am Eigentum eines andern anmaßt,
die ihm nicht zustehen, kann mit der Eigentumsfreiheitsklage belangt
werden. | |
|
SZ 42/116 (1969): Horizontalausleger
eines Baukrans ragt in den Luftraum eines benachbarten Grundstücks. | |
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EvBl
1982/93: Halter eines Kraftfahrzeugs untersagt
eigenen Bediensteten nicht, fremdes Nachbargrundstück zu befahren. | |
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EvBl 1992/56: Entfernung einer
vom Nachbargrund aus wachsenden Kletterpflanze. | |
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| |
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SZ 15/48 (1933):Jeder Miteigentümer
ist allein berechtigt, Eingriffe in sein Eigentum mit der Eigentumsfreiheitsklage
abzuwehren. Dieses Klagerecht steht ihm aber gegenüber anderen Miteigentümern
nur insoweit zu, als er sich damit nicht in Widerspruch zu den übrigen
Miteigentümern setzt; SZ 1/72 (1919) oder SZ 60/216 (1987). | |
|
|
SZ 69/110 (1996):Die Miteigentümer
der herrschenden Liegenschaft (wie des dienenden Grundstücks) bilden
eine einheitliche Streitpartei, wenn es um die Feststellung des
Bestehens, aber auch um die Freiheit von einer Wegeservitut geht;
auf Unterlassung kann jeder Miteigentümer allein klagen. | |
|
•
Das Immissionsschutzinstrumentarium der
§§ 364 Abs 2 Satz 1 (sog private Immissionen) und 364a ABGB: Ausgleichsanspruch
bei gewerblichen / industriellen Immissionen. – Dazu kommt
§ 364b ABGB: Verbot Grundstücke abzugraben. Näheres → §
364b ABGB: Vertiefung eines Grundstücks
| Immissionsschutz |
•
§ 372 ff ABGB: Die sog Publizianische
Klage (Gesetz lesen!) ist die Klage aus dem rechtlich vermuteten
Eigentum des Klägers; so auch die Marginalrubrik. | Publizianische
Klage |
Die Publiziana
knüpft (petitorisch!) an das Recht zum Besitz an und nicht wie die
Besitzstörung(sklage) possesorisch an die Tatsache des letzten ruhigen
Besitzstands → KAPITEL 3: Gerichtlicher
Besitzschutz. – Wie andere Eigentumsklagen ist die Publiziana
inhaltlich gerichtet auf die: | |
• Abwehr von Störungen
(~ actio negatoria) oder | |
• auf Sachherausgabe (~ rei vindicatio). | |
Aktivlegitimiert ist der, dessen Eigentum rechtlich
vermutet wird. Das ist im Regelfall der rechtmäßige, redliche und
echte Besitzer. – Die publizianische Klage schützt das bessere Recht
zum Besitz, schützt den Besitzer also insbesondere auch rechtlich
gegen den (veräußernden) formellen Eigentümer des Kaufgegenstands.
Geschützt werden nach hA nicht nur Sach-, sondern auch Rechtsbesitzer;
also zB der Mieter und (analog) der Vorbehaltskäufer: SZ 31/91 (1958). | |
Aber auch dem besitzenden Bestandnehmer gegen seinen Vermieter,
wenn dieser ihn in seinem Besitz stört. | |
| |
|
MietSlg 38.663
(1986): Die Publiciana steht zB dem nichtverbücherten WE-Werber
zu, dem (zwar verkauft) und das zugesagte Objekt bereits übergeben
wurde; zB gegen einen Zweiterwerber, dem ebenfalls verkauft, aber
nicht übergeben wurde; vgl auch wobl 2000/107: § 23 WEG 1975. | |
|
•
Eigentumsfeststellungsklage;
§ 228 ZPO | §
228 ZPO |
| |
•
Widerspruchs-
oder Exszindierungsklage: Sie ist eine Eigentumsklage
aus dem rechtlich vermuteten Eigentum des Klägers. „Eigentumsschutz”
wird danach auch schon bei rechtmäßiger und echter Besitzerlangung
gewährt: § 37 EO. Sie ist bspw wichtig für den Schutz von Vorbehaltsverkäufer
und -käufer beim Eigentumsvorbehalt → Eigentumsvorbehalt
als Warensicherungsmittel
| Exszindierungsklage |
| |
•
Aussonderungsklage nach
§ 44 KO und § 21 AO, wenn in den Konkurs oder Ausgleich (→ KAPITEL 19: Insolvenzrecht)
versehentlich Vermögensstücke einbezogen werden, die nicht im Eigentum
des Gemeinschuldners stehen. – Auch die Aussonderungsklage ist beim
Eigentumsvorbehalt von Bedeutung. | Aussonderungsklage |
•
Grundbürgerliche
Löschungsklage; §§ 61 ff GBG: gerichtet auf Herstellung
des richtigen Grundbuchstandes, wenn es irrtümlicherweise zu einer
falschen Eintragung gekommen ist. | Löschungsklage |
| Besitzschutz |
V. Schranken des
(Grund)Eigentums | |
| |
1. Sozialpflichtigkeit
des Eigentums | |
Die §§ 354 und 362 ABGB umschreiben
– wie erwähnt – die Rechtsstellung des Eigentümers weit, ja schrankenlos.
Aber schon das ABGB korrigiert diese zu weit geratene Aussage in
§ 364 Abs 1 ABGB, wo ausgeführt wird: | §
364 Abs 1 ABGB |
„Überhaupt findet die Ausübung des Eigentumsrecht
nur insofern statt, als dadurch weder in die Rechte eines Dritten ein
Eingriff geschieht, noch die in den Gesetzen zur Erhaltung und Beförderung
des allgemeinen Wohles vorgeschriebenen Einschränkungen übertreten
werden.” – Mit BGBl I 2003/91 wurde dem § 364 Abs 1 ABGB ein zweiter Satz
angefügt, der lautet: „Im Besonderen haben die Eigentümer benachbarter
Grundstücke bei der Ausübung ihrer Rechte auf einander Rücksicht
zu nehmen.“ (Zur Reform des privaten Nachbarrechts → Zum
Nachbarrecht) | |
Auch
die Rspr schränkt – im Einklang mit Spezialgesetzen
– die inhaltlichen Grenzen des Eigentums immer wieder ein. Begrenzt
werden muss dabei insbesondere das Liegenschaftseigentum; und zwar
nach der Seite (Nachbarrecht), der Tiefe (Bergrecht,
MinroG, Wasserrecht) und nach der Höhe, also hinsichtlich
des Luftraums (bspw durch die BauO der Länder oder das LFG); vgl
dazu die folgenden Beispiele. | Grenzen des Eigentums: Seite, Tiefe, Höhe |
|
SZ
61/220 (1988) = RZ 1989/102: Fotoaufnahmen
von der Riegersburg und → Rspr-Beispiele
| |
|
|
EvBl 1999/57: Freiheit
des Luftraums (§§ 2, 22 Abs 1 LFG; §§ 364 ff ABGB) – Der
Grundeigentümer hat zwar das Überfliegen seines Luftraums durch
Luftfahrzeuge usw zu dulden, verliert deshalb aber nicht den Anspruch,
sich gegen Immissionen durch den Flugbetrieb nach den §§ 364 ff
ABGB – hier ferngesteuerte Modellflugzeuge – zur
Wehr zu setzen. In jedem Einzelfall ist zu prüfen, wie weit die
Duldungspflicht des Grundeigentümers reicht. Eine Gefährdung von
Personen oder Sachen ist durch die Legalservitut des Überfliegens
fremden Luftraums jedenfalls nicht gedeckt. | |
|
Die
Rechtsordnung kennt auch sog gesetzliche oder Legalservituten,
die inhaltlich nichts anderes als eine Form der Eigentumsbeschränkung
darstellen; zB nach dem NotwegeG (Wegerechte), den Bauordnungen
der Länder (zB Einhaltung von Bauabständen oder vorgeschriebene
Bauhöhen; zB E + 1), nach dem StarkstromwegeG (zB Duldung elektrischer
Leitungsanlagen) oder im Interesse des Umweltschutzes (zB Luftreinhaltung). | Legalservituten |
Man
spricht heute synonym von Sozialpflichitgkeit, Sozialbindung oder
eben den immanenten Schranken des Eigentums. –
Allein die rechtliche Einbettung des Individualeigentums in die Gesamtgesellschaft
und ihre Ziele, ist alt; vgl schon den Mauer- und Burgenbau oder
Flussregulierungsbauten im Altertum und Mittelalter, die auch zu
Enteignungen führten → Enteignung:
§ 365 ABGB Der
Sozialpflichtigkeit unterlag aber geschichtlich nicht nur das Grundeigentum,
sondern auch Fahrnis. Man denke nur an die Versorgung von Truppen
im Rahmen von (Verteidigungs)Kriegen. | |
Vorbildlich
umschrieben wird diese (schon verfassungsrechtlich bestehende) Einschränkung
des Eigentumsrechts in Art 14 Abs 2 des Bonner GG: „Eigentum
verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der
Allgemeinheit dienen.” | „Eigentum verpflichtet …“ |
| |
Das Zusammenleben von
Menschen hat seine Tücken: Das gilt für das Leben Tür an Tür, wie
von Grundnachbar zu Grundnachbar. Daher ist das Nachbarrecht seit
altersher geregelt: | |
ZB schon in der Solonischen Gesetzgebung
(594/3 v. C.). Von dort ist es ins römische Zwölftafelgesetz gelangt.
– Vgl heute etwa § 421 ABGB (Grenzbaum) oder § 422 ABGB: Wurzeln
und Äste fremder Bäume. Auch die §§ 850 ff ABGB, insbesondere die
§§ 854 ff ABGB sind hier zu nennen. § 859 Satz 2 ABGB regelt zB
die Zaunerrichtungs- und Zaunerhaltungspflicht. | Solonische
Gesetzgebung |
| |
| Neufassung
des § 422 ABGB |
Das römische
Recht regelte im Zwölftafelgesetz (~ 450 v. C.) in Tafel
VII 2 nachbarrechtliche Fragen: Danach durften Öl- oder Feigenbäume nur
in neun Fuß Abstand von der Nachbargrenze gepflanzt werden, die
übrigen Bäume in fünf Fuß Abstand. Das ABGB kennt keine solche Vorschrift.
– Als Vorbild für § 422 ABGB diente aber wohl Tafel VII 10, wo vorgesehen
war, dass Eicheln, die auf ein fremdes Grundstück gefallen waren,
von dessen Eigentümer gesammelt werden durften. Diese Vorschrift
wurde schon im römischen Recht (Gaius) analog auf alle Früchte ausgedehnt. | Zwölftafelgesetz |
| |
Im Nachbarrecht stecken alte menschliche Erfahrungswerte über
nachbarliches Zusammenleben. Die Bestimmungen über den Grenzbaum tragen
dem Umstand Rechnung, dass Bäume gerne zur Grenzziehung gepflanzt werden,
um die künstliche rechtliche Grenze allzeit sichtbar zu machen.
Dem entspricht ein Bedürfnis des Menschen, abstrakte Rechtsakte
und Rechtsregeln im weitesten Sinn fasslich, also „greif- und sichtbar”
zu machen. Die Existenz der §§ 421, 422 ABGB ist daher nicht so
trivial, wie sie zunächst erscheinen mag. – Neben dem Privatrecht finden
sich nachbarrechtliche Vorschriften vor allem auch im öffentlichen
Recht und hier wiederum im Agrar- und Forstrecht und
den Bauordnungen. Die Vorschriften des privaten
Nachbarrechts – also bspw § 364 ABGB – gelten aber auch für das
Verhältnis von öffentlichem Eigentum (zB von Straßen) zu Privatgrundstücken.
Von praktischer Bedeutung sind bei nachbarrechtlichen Streitigkeiten
immer wieder auch Servituten
→ Die
Servituten
| |
Mit
BGBl I 2003/91 (in Geltung ab 1. Juli 2004) wurde dem §
364 ein Absatz 3 angefügt. Er sieht vor,
dass der Grundstückseigentümer „einem Nachbarn die von dessen Bäumen
oder anderen Pflanzen ausgehenden Einwirkungen durch den Entzug
von Licht oder Luft insoweit untersagen [kann], als diese das Maß
des Abs 2 überschreiten und zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung
der Benutzung des Grundstücks führen.“ | Reform des privaten Nachbarrechts |
Satz 2 des neuen Absatzes 3 stellt klar,
dass bundes- und landesgesetzliche Regelungen über den Schutz von
oder vor Bäumen und anderen Pflanzen, insbesondere über den Wald-,
Flur-, Feld-, Ortsbild-, Natur- und Baumschutz unberührt bleiben. | |
IdF werden aus dem Bereich des privaten Nachbarrechts die Immissionen behandelt.
Das sind unwägbare, mittelbare Einflüsse und Beeinträchtigungen
des nachbarlichen (Grund)Eigentums durch Rauch, Gase, Lärm / Geräusch,
Wärme, Geruch, Erschütterung oder ähnliche (!) Einwirkungen; vgl
§ 364 Abs 2 ABGB. | |
| |
3. Die
Immissionen – Überblick | |
Der gegliederte Immissionsschutz
der §§ 364 Abs 2, 364a und 364b ABGB beinhaltet Unterfälle der Eigentumsfreiheitsklage;
§ 523 ABGB → Privatrechtliche
Eigentumsklagen – Übersicht Funktional hat der Immissionsschutz aber auch
eine gewisse Ähnlichkeit mit der Besitzstörung, mag es beim Immissionsschutz
auch um Rechtsfragen gehen. – Inhaltlich bräuchte es längst ein
modernes Umwelthaftungsrecht, dessen Verwirklichung bisher von der
Wirtschaft verhindert wurde; vgl die unten → Gewerblich-industrielle
Immissionen angeführte Literatur
von M. Gimpel-Hinteregger. | Neues
Umwelthaftungsrecht? |
Das ABGB unterscheidet zwischen: | |
• unmittelbarer Zuleitung → Unmittelbare
Zuleitung und | |
• mittelbaren Einwirkungen; sei es durch | |
| |
| |
4. Unmittelbare
Zuleitung | |
„Unmittelbare
Zuleitung ist ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen
unzulässig”; § 364 Abs 2, Satz 2 ABGB. – Dabei handelt es sich eigentlich
gar nicht um Immissionen ieS. Ein Nachbar kann solche Beeinträchtigungen
demnach immer – und zwar ohne die Einschränkungen dieser Gesetzesstelle
– untersagen. | |
Das ist insoferne von praktischer Bedeutung,
weil – wie wir sehen werden – die Untersagung mittelbarer Einwirkungen
nach § 364 Abs 2 ABGB nur unter gewissen Voraussetzungen erfolgen
kann und gewerblich-industrielle Immissionen nach § 364a ABGB überhaupt
nicht untersagt werden können. Die „unmittelbare Zuleitung“ geht – als speziellere
Norm – diesen Bestimmungen vor. | |
Die Judikatur
hat zu § 364 Abs 2 Satz 2 ABGB eine reiche Kasuistik entwickelt:
Verboten ist danach zB die direkte Zuleitung von Regen- oder Gießwasser
ebenso, wie die von Jauche und anderen Abwässern auf das Nachbargrundstück.
Dasselbe gilt, wenn das „Öl des Nachbarn” ihren Garten verseucht;
aber zB auch Schießübungen (Patronenhülsen) oder Tennisbälle; SZ
65/145 (1992). Die Grenze ist allerdings fließend; so subsumiert
die Rspr Hobelspäne noch unter § 364a ABGB (?) → Gewerblich-industrielle
Immissionen
| Reiche Kasuistik |
| |
| |
| |
| |
| |
| |
| |
| |
| de
minimis non curat Praetor |
5. Häuslich-private
Immissionen | |
Den
Hauptanwendungsfall von Immissionen bilden vom Nachbargrundstück
ausgehende mittelbare Einwirkungen. § 364 Abs 2 Satz 1 ABGB nennt
folgende Beispiele: | |
„Einwirkungen durch Abwässer, Rauch, Gase,
Wärme, Geruch, Geräusch, Erschütterung und ähnliche”; die Formulierung
„ähnliche” deutet auf die bloß beispielhafte Aufzählung hin, die
hier vom Gesetzgeber gewählt wurde. | Beispielhafte
Aufzählung |
Daher kommen auch zB elektromagnetische Wellen oder Strahlung
in Betracht, die den Fernsehempfang stören. | |
Umstritten ist zur Zeit, ob die Strahlung
von Handymasten
als Immission anzusehen ist. Bislang fehlen gesicherte Ergebnisse
und die Rspr lehnt daher derzeit Unterlassungsklagen ab; vgl JBl
2001, 317. | |
Als weitere Tatbestandsvoraussetzungen der
möglichen Untersagung verlangt das Gesetz: | Tatbestandsvoraussetzungen |
• dass diese störenden
Einwirkungen „das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche
Maß überschreiten” und | |
• [dadurch] „die ortsübliche Benutzung des
Grundstückes wesentlich beeinträchtigen „. | |
| |
•
Aktiv klagslegitimiert (=
Wer kann klagen?) sind: | |
|
JBl 1990, 447: Störung der Ausübung
des Mietrechts durch häufiges grundloses Klopfen mit dem
Besen; OGH: Gegen jede rechtswidrige Beeinträchtigung des
Bestandrechts an einer unbeweglichen Sache durch Dritte (etwa im
gleichen Haus darüber wohnenden Mietern) steht auch dem Bestandnehmer
eine Unterlassungsklage (nach § 364 Abs 2 ABGB) gegen den Störer
zu. – Damit ist eine alte Streitfrage iSd Vorschläge H. Klangs [ÖJZ
1952, Nr 7 und 8] erledigt. Vgl dazu auch Gschnitzer, in: Franz
Gschnitzer Lesebuch 519 (1993). Lange versagte der OGH Bestandnehmern
jedoch diesen Schutz! | |
|
|
Vgl auch JBl 1991, 110 (Fischereirecht):
Dem Bestandnehmer werden selbständige Schadenersatzansprüche zuerkannt. | |
|
|
OGH 21. 12. 1999, 1 Ob 6/99k(„Die
Klavierspielerin”), SZ 72/205 = EvBl 2000/115: Eine Nachbarin klagt
eine Klavierstudentin nach § 364 Abs 2 ABGB auf Unterlassung der
Geräuschimmissionen durch langes Üben – täglich bis zu 9 Stunden,
da dieses zu psychischen und physischen Gesundheitsproblemen geführt
habe. – OGH hält 4 Stunden tägliches Üben außerhalb der Ruhezeiten
für angemessen. Meinung des OGH erscheint noch nicht ausgereift;
insbesondere die Unterscheidung, dass auf jemanden Rücksicht zu
nehmen sei, der schon krank ist, nicht aber auf jemanden, der durch
den Lärm krank wird, stellt eine Ungereimtheit dar. | |
|
|
SZ 65/145 (1992) mwH:
Geräuschimmissionen –
Betrieb eines Tennisplatzes darf 50 Dezibel nicht übersteigen. | |
|
|
OGH 14. 12. 2000, 6 Ob 293/00g, JBl 2001, 522:
Mieterin der Räumlichkeiten im Erdgeschoß eines dreistöckigen Hauses
betreibt darin Cafe-Restaurant mit Schanigarten,
der mit einer Markise überdacht ist. An der Markise wurden durch
aus den oberen Stockwerken geworfene Zigarettenstummel Brandlöcher verursacht.
– OGH: Die Mieterin kann direkt gegen den Störer vorgehen und verliert
deswegen nicht ihren Anspruch gegen den Vermieter. Schon aus der
Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 1096 ABGB ist abzuleiten,
dass es Sache des Vermieters ist, einen noch unbekannten Störer
zu identifizieren. | |
|
•
Passiv klagslegitimiert (also
potentieller Beklagter) ist der Nachbar. | |
Vgl § 364 Abs 2 ABGB: „Der Eigentümer eines Grundstückes
kann dem Nachbarn ... untersagen.” | |
Nachbar iSd Immissionsbestimmungen
des ABGB, ist nicht nur der unmittelbar angrenzende Grundnachbar (wie
im Verwaltungsrecht: zB § 30 Abs 1 TirBauO), sondern auch ein uU
weiter entfernter Liegenschaftseigentümer, wenn er nur beeinträchtigt
ist; vgl SZ 54/137 (1981). – Auch derjenige der aktiv Immissionen
verursacht muss nicht der unmittelbare Grundnachbar sein. Es genügt
auch, dass von einem entfernteren Grundstück Immisionen ausgehen.
Kurz: Das immittierende und das beeinträchtigte Grundstück müssen
nicht unmittelbar aneinander grenzen. MietSlg 37.018 (1985) | Wer
ist Nachbar? |
| Bauordnungen |
| |
| Abbildung 8.12: Privates Nachbarrecht: §§ 364 Abs 2 ff ABGB |
|
Immissionsansprüche setzen kein
Verschulden des Störers voraus: Verschulden ist
nur dann (Anspruchs)Voraussetzung, wenn über das bloße Untersagungsbegehren
hinaus Schadenersatz verlangt wird. | Kein Verschulden
des Störers nötig |
Die Judikatur
zum Immissionsrecht kennt interessante Rechtsfortbildungen nach
Art des anglo-amerikanischen case law; vgl JBl
1985, 669: Windschaden an Wald, dessen Randbäume
im Rahmen von Straßenbauarbeiten geschlägert werden → Rspr-Beispiele
| case law |
Die Immissions-Klage geht
auf Unterlassung der (unzulässigen) Immission oder
Zuleitung, was nicht gleichbedeutend mit der Beseitigung des bestehenden
und Wiederherstellung (!) des früheren Zustandes sein muss. Es handelt
sich um eine Unterlassungsklage
→ KAPITEL 7: Unterlassungspflichten.
– Allenfalls richtet sich die Klage auch auf (künftige)
Immissionsverhinderung durch geeignete (vorbeugende) Maßnahmen
/ Vorkehrungen; zB bei Störung des Rundfunk- oder Fernsehempfangs. Die
Rspr betont aber, dass dem Eigentümer des beeinträchtigten / gefährdeten
Besitzes kein Anspruch auf Vornahme bestimmter Sicherungsmaßnahmen
zusteht; EvBl 1983/82: Geruchsimmissionen → Rspr-Beispiele
| Unterlassungsklage |
6. Gewerblich-industrielle
Immissionen | |
§
364a ABGB regelt „Beeinträchtigung[en] durch eine Bergwerksanlage
oder eine behördlich genehmigte Anlage.” – Das Gesetz verlangt,
dass die Beeinträchtigung „in einer dieses Maß überschreitenden
Weise” verursacht wurde, womit Einwirkungen iSd § 364 Abs 2 ABGB
gemeint sind, nicht etwa feste Körper; EvBl 1939/525. Hobelspäne
fallen aber nach der Rspr noch unter § 364 Abs 2 ABGB; SZ 51/114
(1978) mit krit Anm von Pfersmann in ÖJZ 1982, 59. | |
Die
Rspr verlangt für eine Haftung nach § 364a ABGB das Vorliegen eines
individuell behördlichen Rechtsakts (für eine behördlich genehmigte
Anlage), an dem es in JBl 1999, 524 (Haftung wegen Bienenschädigung
eines Imkers durch Spritzmittel eines Winzers) fehlte; vgl auch
RdU 1998, 41 (Anm Kerschner). | Individuell
behördlicher Rechtsakt |
§ 364a ABGB baut auf
einer Störung iSd § 364 Abs 2 ABGB auf. Der Anspruch nach § 364a ABGB
ist an die gleichen Voraussetzungen gebunden wie der Unterlassungsanspruch
nach § 364 Abs 2 ABGB; JBl 1990, 786. Die Rechtsfolge ist aber eine
andere. Denn § 364a ABGB gewährt keinen Unterlassungs-, sondern
bloß einen Ausgleichsanspruch aus Eingriffshaftung ( → KAPITEL 9: Eingriffshaftung),
der allerdings verschuldensunabhängig ist. Begründung in EvBl 1983/82
(Geruchsimmissionen) → Rspr-Beispiele:
In dieser E wird auch ausgeführt, dass eine behördliche Anlage dann
genehmigt ist, wenn die Genehmigung rechtskräftig ist. Unter einer
„behördlich genehmigten Anlage” ist nicht bloß eine baubehördlich
genehmigte Anlage zu verstehen (EvBl 1957/19), vielmehr ist § 364a
ABGB gar nicht anzuwenden, wenn nur ein Baugenehmigungsverfahren
oder ein sicherheitspolizeiliches Genehmigungsverfahren durchgeführt
wurde; SZ 48/15 (Schießstand) und SZ 48/45: Baumaßnahmen. Gedacht
war typischerweise an gewerblich-industrielle Genehmigungsverfahren. | Behördlich genehmigte Anlage |
Bei
diesem Ersatzanspruch handelt es sich also um einen besonderen (Ausgleichs)Anspruch.
Man spricht von Eingriffshaftung, weil der Gesetzgeber Eingriffe
in Eigentum, Vermögen, auch die Gesundheit (!) von Anrainern aus
wirtschaftlichen Überlegungen gestattet, ohne dass die Betroffenen
Beseitigung / Unterlassung der Einwirkung begehren können. Dieser
Eingriff (ins Eigentum anderer) erfolgt also rechtmäßig. | Eingriffshaftung |
Diese legistische
Sichtweise ist aber veraltet und bedarf dringend der Ablöse durch
ein modernes UHG; dazu unten: Kritik, Reform etc. Eine gewisse Weiterentwicklung
– contra oder doch praeter legem – brachte die sog Sandstrahl-E des
OGH; RdU 1996, 40 (Anm Kerschner / Raschauer) = JBl 1996, 446: Anm
Jabornegg. | Sandstrahl-Entscheidung |
Es ging um Metallstaubimmissionen aus
Sandstrahlanlagen zur Eisenkonservierung, durch die 56 Kfz auf dem Nachbargrundstück
schwere Lackschäden erlitten. Der OGH war der Ansicht, dass hier
der Betriebsinhaber trotz genehmigungskonformem Betriebs der Anlage
rechtswidrig gehandelt habe und daher – entgegen dem Wortlaut des Gesetzes
– nicht nur Schadenersatz, sondern auch Unterlassungsansprüchen
ausgesetzt sei, wenn nach § 79 GewO nachträgliche Auflagen hätten
erteilt werden müssen. | |
Hinzuweisen ist auch auf das gewerberechtliche
Betriebsanlagengenehmigungsrecht nach den §§ 74 ff GewO
1994 (BGBl 194), das einen öffentlichrechtlichen Anrainer- und Nachbarschutz installiert;
nunmehr idgF. | |
| |
|
§ 74 GewO 1994 regelt den Begriff der
Betriebsanlage: | |
(1) „Unter einer gewerblichen Betriebsanlage
ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung
einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.” | |
(2) „Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur
mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn
sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer
Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, | |
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden
[etc zu gefährden], | |
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub,
Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen, | |
3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht
in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung
oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen
oder Einrichtungen zu beeinträchtigen, | |
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit
des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich
zu beeinträchtigen oder | |
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit
der Gewässer herbeizuführen […].” usw | |
|
Als
Anlage iS unserer Vorschrift gilt zB auch eine Landstraße (JBl 1987,
381) oder eine Autobahn (JBl 1989, 646), überhaupt jede öffentliche
Straße (SZ 63/133) und natürlich vor allem gewerbliche oder industrielle
Betriebe. Nach SZ 63/133 (1990) = JBl 1990,789 begründet eine umweltschädigende
Salzstreuung einer öffentlichen Straße (als unzulässige Immission)
Ersatzansprüche, wenn das zur Verkehrssicherheit nötige Maß überschritten
wurde. | Was ist eine
Anlage iSd
§ 364a ABGB? |
| |
|
Der OGH wendete § 364a
ABGB analog auf folgenden Sachverhalt an (SZ
69/II 220 aus 1996): Beim Bau einer Tankstelle
wird Grundwasser abgepumpt, um die Tanklager einbauen
zu können. Dadurch wird eine Gärtnerei geschädigt, die das Grundwasser
für ihre Bewirtschaftung verwendete. | |
|
|
Nach § 364a ABGB können
auch Ansprüche wegen gefährlicher Abfall-Deponien erhoben
werden; JBl 1991, 580 (Anm
Kerschner): Haftung für nicht genehmigte Industriemüll-Deponie.
(Davon gibt es allein in Österreich an die 3.500. Aus ihnen entweichen
Schwermetalle durch Sickerwässer oder chlorierte Kohlenwasserstoffe
oder Öle etc, die das Grundwasser verseuchen.) | |
|
| |
Was ist an
Ersatz zu leisten? – Stets voller (Schaden)Ersatz, also auch entgangener
Gewinn; SZ 65/38 (1992). | Was ist zu ersetzen? |
Einen
öffentlichrechtlichen Immissionsschutz in Bezug auf ungebührliche Lärmerregung enthalten
die LandespolizeiG. | Lärmerregung |
ZB für Tirol die §§ 1-5 TirLPolizeiG, LGBl
1976/60 idF LGBl 1987/69 und 1993/4. – Art VIII EGVG, der diesen Tatbestand
bundeseinheitlich regelte – wurde in die entsprechenden landesrechtlichen
Bestimmungen übergeführt. Mit Ausnahme von Wien, das noch kein LandespolizeiG
erlassen hat. Dort gilt Art VIII EGVG als LandesG weiter. | |
Die Rspr wendet § 364a ABGB auch auf nicht
ständige, also bloß temporäre Anlagen an; zB eine Motocrossveranstaltung
(JBl 1982, 595) oder einen Autobahnbau (SZ 43/139); vgl auch JBl
1985, 669 (Windschaden an Wald) → Rspr-Beispiele
| Temporäre
Anlagen |
Ansprüche
nach § 364a ABGB verjähren nach § 1489 ABGB grundsätzlich
in 3 Jahren. | Verjährung |
Kritik, Reform, Querverbindungen: Das privatrechtliche
„Umweltschutzinstrumentarium” des
§ 364a ABGB ist nicht mehr zeitgemäß. Was 1916 (III. TN zum ABGB)
vertretbar war, ist heute überholt. | Kritik,
Reform |
Auch das Umweltstrafrecht versucht
die gefährdete Umwelt zu schützen; vgl §§ 180 f StGB: vorsätzliche
/ fahrlässige Gefährdung durch Verunreinigung der Gewässer oder
der Luft oder §§ 182 f: vorsätzliche / fahrlässige Gefährdung des
Tier- oder Pflanzenbestandes. – Die weit gediehenen legistischen Vorarbeiten
für ein neues UmwelthaftungsG wurden von der Wirtschaft
bisher torpediert. | |
| |
Ein
neues öffentlichrechtliches Umweltschutzinstrument ist das sog Öko-Audit:
Mit EU-VO Nr 1836/93 vom 29.6.1993 wurden Bestimmungen über die
freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem
für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (von der
EU) erlassen; in Kraft getreten im April 1995. Damit wurde ein EU-weit
gültiges Siegel für umweltgerechte Betriebsführung iSd EMAS-VO (Environmentel
Management and Audit Scheme) geschaffen. | |
| Abbildung 8.13: § 364 a und b ABGB: Nachbarrecht |
|
7. §
364b ABGB: Vertiefung eines Grundstücks | |
Unsere Bestimmung lautet: „Ein Grundstück darf
nicht in der Weise vertieft werden, dass der Boden oder das Gebäude
des Nachbars die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, dass
der Besitzer des Grundstückes für eine genügende anderweitige Befestigung
Vorsorge trifft.” | |
Ist es dazu gekommen – zB Mauerrisse oder sog Setzungen
im Nachbarhaus, ist der frühere Zustand wiederherzustellen. | |
Auch nach § 364b ABGB besteht ein
verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch des Nachbarn.
– Zur Abgrenzung der Aktivlegitimation zwischen Hauseigentümer und
Mieter vgl die idF wiedergegebene E EvBl 2001/79. | Verschulden
keine Voraussetzung |
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SZ 24/312 (1951): Straßenbauarbeiten
führten zu Hauseinsturz; | |
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SZ 61/71 (1988): Erdrutsch durch
Planierungsarbeiten; | |
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SZ
9/182 (1927): Torfabbau gefährdet
Obstgarten; hier wird betont, dass die Wirkungen des Abgrabens auch
erst zeitlich später eintreten können; | |
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SZ 55/28 (1982): Hausschäden durch
baubehördlich genehmigte Sanierungsarbeiten am Nachbarhaus; | |
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JBl 1999, 383: Für den Ausgleichsanspruch
nach § 364b ABGB – es handelt sich um eine nachbarrechtliche Gefährdungshaftung
wegen Entzugs der erforderlichen Stütze – ist es grundsätzlich gleichgültig,
in welchem Zustand sich das Gebäude des Nachbarn vor der Vertiefung
befunden hat. Der Vertiefende haftet für alle Schäden, die
eingetreten sind; mwH. | |
|
|
OGH 28. 11. 2000, 1 Ob 228/00m, EvB 2001/79:
Der Eigentümer eines Hauses ließ an diesem Bauarbeiten durchführen,
wodurch Risse und Setzungen am Nachbarhaus (Miethaus)
entstanden. Ein betroffener Mieter erhebt gegen den Bauführer eine
Schadenersatzklage. – OGH: Soweit Behebungskosten Schäden an der
Bausubstanz betreffen, sind diese im Vermögen des Vermieters (Hauseigentümers)
aufgetreten; ihm obliegen die Erhaltungsarbeiten bezüglich ernster
Schäden. Der Mieter kann diese nicht im eigenen Namen
geltend machen. Die reine Oberflächengestaltung im Inneren eines
Mietobjekts durch Malerei, Tapeten etc fällt hingegen (selbst bei
größtem Kostenaufwand) nicht in die gesetzliche Erhaltungspflicht
des Vermieters. Zur Geltendmachung dieser Schäden ist somit der
Mieter selbst aktivlegitimiert. | |
|
8. Enteignung:
§ 365 ABGB | |
| |
| |
Der Begriff Enteignung bedeutet
primär die Eigentumsentziehung. Aber nicht nur die Entziehung des
Eigentums wird vom Begriff umfasst: Auch obligatorische (zB Bestandrechte)
oder beschränkte dingliche Rechte (zB Servituten, Reallasten, Pfandrechte)
oder Patentrechte können „enteignet” werden. – Insofern ist der
Begriff inhaltlich zu erweitern. Auch die Begründung bloßer Eigentumsbeschränkungen
ist Enteignung. | |
Eigentumsbeschränkungen
beinhaltet zB auch das Ausländergrundverkehrsrecht oder das Notwegerecht;
NotwegeG 1896 → Das
Notwegerecht
| |
Man unterscheidet
zwischen formeller, dh rechtsförmlicher Enteignung, bei der das
Eigentum wirklich entzogen wird und materieller Enteignung, bei
der das Eigentum oder das sonstige Recht „formal” zwar bestehen
bleibt, inhaltlich jedoch weitgehend ausgehöhlt wird. Typisches
Beispiel einer materiellen Enteignung ist das Bauverbot in Bezug
auf eine Liegenschaft. | Formelle und
materielle Enteignung |
Ehrlicher und fairer wäre es in vielen Fällen der materiellen
Enteignung, gleich formell zu enteignen und (!) zu entschädigen. | |
Verfassungsrechtlich
dient heute Art
5 StGG 1867 als
Enteignungsgrundlage. Dort heißt es in Satz 2, der einen sog (Grundrechts)Gesetzesvorbehalt
formuliert, dass eine Enteignung nur aufgrund eines Gesetzes zulässig
ist. Solche Enteignungsgesetze sind zB das BundesstraßenG, die LandesstraßenG
oder das EisenbahnenteignungsG. | Art 5 StGG 1867 |
| Eingriffshaftung |
Die Enteignung
gehört zum überwiegenden Teil (Enteignungsverfahren) ins öffentliche
Recht, und nur hinsichtlich der Festsetzung der Höhe der Enteignungsentschädigung ins
Privatrecht. | Enteignungsentschädigung |
|
SZ 71/4 (1998): Valorisierungsproblematik
bei überlangem Entschädigungsverfahren. – Zur Geldschuld → KAPITEL 7: Die
Geldschuld als qualifizierte Schickschuld. | |
|
Der
Eigentumserwerb durch Enteignung – es kann auch
zugunsten Privater (!) enteignet werden – erfolgt schon mit dem Erlag
der Entschädigungssumme, was für Liegenschaften eine Ausnahme vom
Verbücherungsgrundsatz darstellt → KAPITEL 2: Der Eintragungsgrundsatz. | Eigentumserwerb durch Enteignung |
| Abbildung 8.14: Enteignung: § 365 ABGB (1) |
|
| Abbildung 8.15: Enteignung: § 365 ABGB (2) |
|
| |
Der Gesetzgeber des
ABGB geht in den §§ 353 ff ABGB vom Alleineigentum aus. Zu recht,
denn es ist der häufigste Fall. Daneben kann aber eine Sache – zB
ein Haus oder Auto – auch im Eigentum mehrerer Personen stehen.
Das ABGB regelt das Miteigentum (condominium) an mehreren Stellen: | |
§ 361 ABGB enthält die (seit 1812 unveränderte) Legaldefinition,
die so geschickt gefasst ist, dass darin alle Arten
des Miteigentums Platz finden. Es ist daher unrichtig zu sagen,
das ABGB enthalte keine Regelung für das sog realgeteilte Eigentum.
– Dieser Paragraph lautet: | §
361 ABGB |
„Wenn eine noch ungeteilte Sache mehrern
Personen zugleich zugehört; so entsteht ein gemeinschaftliches Eigentum.
In Beziehung auf das Ganze werden die Miteigentümer für eine einzige
Person angesehen; insoweit ihnen aber gewisse, obgleich unabgesonderte
Teile angewiesen sind, hat jeder Miteigentümer das vollständige
Eigentum des ihm gehörigen Teiles.” | |
Diese
Umschreibung trug bis 1879 auch das Stockwerkeigentum und man müsste
dieses Gesetz von 1879 nur aufheben, um erneut das volksnähere Stockwerkeigentum,
gestützt auf diese Gesetzesstelle begründen zu können. Eine bedenkenswerte
Möglichkeit! – Die Gemeinschaft der Miteigentümer, als Form des
schlichten oder ideellen Miteigentums, regelt das ABGB ausführlich
in den §§ 825 ff, worauf noch eingegangen wird. – Daneben ist an
die weitere – rechtsgeschäftlich wichtige – Unterscheidung zwischen
Eigentum an beweglichen (Fahrnis) und unbeweglichen Sachen (Grund-
oder Liegenschaftseigentum) zu erinnern. | Stockwerkeigentum? |
| |
| |
Wir unterscheiden zwischen: | |
•
Alleineigentum und | |
•
Miteigentum iwS (§§ 361, 825 ff
ABGB): Im Rahmen des Miteigentums iwS ist erneut zu unterscheiden
zwischen: | Miteigentum
iwS |
•
Als
Sonderform kann auch das Treuhandeigentum erwähnt
werden, das vor allem als Sicherungseigentum vorkommt → Die
Sicherungsübereignung:
Sicherungsübereignung. – Allgemein zur Treuhand → KAPITEL 15: Die Treuhand. | |
Anders als in Deutschland,
wo treuhändisch gebundenes Eigentum grundsätzlich als unzulässig
angesehen wird, obwohl gerade Deutschland die Sicherungsübereignung
kennt, bestehen in Österreich keine grundsätzlichen Bedenken gegen
diese Eigentumsform, die von der Rechtspraxis entwickelt wurde,
gesetzlich bislang aber nicht geregelt ist. Die Sicherungsübereignung
wird dagegen in Österreich – zurecht – nur sehr zurückhaltend akzepiert. | |
Als
treuhändisches Sicherungseigentum kann bspw das Vorbehaltseigentum
des Vorbehaltsverkäufers beim Eigentumsvorbehalt angesehen werden,
der formell sein Eigentum aus Sicherungszwecken zurückhält. | |
| |
• In zeitlicher Hinsicht
kann zwischen zeitlich unbeschränktem und zeitlich
beschränktem Eigentum unterschieden werden. Der Eigentumsgedanke
verbindet sich primär mit dem zeitlich unbeschränkten Eigentum,
doch kennt die Rechtspraxis seit langem auch zeitlich beschränktes Eigentum. | |
| |
2. Realgeteiltes
Eigentum | |
Beim realgeteilten Eigentum ist die
Sache selbst (nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich) geteilt;
nicht bloß das Recht wie beim schlichten Miteigentum! – Realgeteiltes
Eigentum kann seit Gesetz von 1879 nicht mehr neu begründet werden.
Es besteht jedoch noch von früher her in verschiedenen Bundesländern
als sog Stockwerk- und Kellereigentum fort; zB Salzburg, Burgenland sowie
im Tiroler Oberland. | Sache
selbst ist geteilt |
Die Bedeutung dieser Eigentumsform lag – auch schon
lange vor dem ABGB – darin, dass mit ihr Eigentum breit
und sozial gestreut werden konnte. Die Abschaffung
1879 erfolgte aus rein dogmatischen und nicht überzeugenden
Gründen. Die weite Fassung des § 361 ABGB schloss auch das Stockwerkeigentum
ein. | Abschaffung
1879 |
Auch
beim Stockwerkeigentum stehen die allgemeinen Teile der
Liegenschaft im Miteigentum, was zur Anwendung der §§ 833 ff ABGB
führt; SZ 24/58 (1951): Streit über das Recht zur Benützung der
Außenmauern eines Hauses, an dem Stockwerkeigentum besteht. | Allgemeine Teile stehen im Miteigentum |
Die rechtliche Konstruktion des schlichten
Miteigentums ( → Schlichtes
oder ideelles Miteigentum) bereitet Laien immer wieder (Vorstellungs)Schwierigkeiten.
Diese haben ihren Grund darin, dass es sich beim schlichten Miteigentum
um eine „Juristenschöpfung” handelt, die in der realen Außenwelt
nicht wahrnehmbar ist. Volksnäher wäre es gewesen, das eingelebte Real-
oder Stockwerkeigentum zu belassen. | |
| |
3. Schlichtes
oder ideelles Miteigentum | |
Geregelt
in den §§ 361, 825 ff ABGB wird es auch Quoten-, Bruchteils- oder
Anteilseigentum genannt: Hier ist nicht die Sache, sondern nur das
Recht geteilt. Jede/r MiteigentümerIn ist rechtlich Teilhaber der
ganzen, ungeteilten Sache. Der ideelle Miteigentumsanteil gewährt
aber noch kein konkretes Nutzungsrecht an einem bestimmten Sachteil,
etwa einer (Parterre)Wohnung. Es braucht dazu vielmehr eine sog
Benützungsregelung oder Gebrauchsordnung → §
17 WEG:
Benützungsregelung
| Nur das Recht ist geteilt |
Daneben besteht die Möglichkeit, dass ein
Miteigentümer, die ihm zur ausschließlichen Benützung überlassene Wohnung
mietet. Er wird dann auf der Vermieter-Seite für die Miteigentümer-Gemeinschaft
tätig und tritt auf der anderen Seite als Vertragspartner dieser
Gemeinschaft auf. Um als In-sich-Geschäft ( → KAPITEL 13: Insichgeschäfte) wirksam
zu sein, muss der Mietvertrag von allen übrigen Miteigentümern genehmigt
werden. | |
Zu
§ 361 ABGB: Barta, in: Havel / Fink / Barta, Wohnungseigentum –
Anspruch und Wirklichkeit (1999). | |
Miteigentum
besteht an beweglichen (zB Freunde/innen kaufen gemeinsam ein Auto)
und unbeweglichen Sachen. Große Bedeutung besitzt
es im Liegenschaftsrecht. | Bewegliche und unbewegliche Sachen |
| |
Über seinen Miteigentumsanteil kann
jeder Teilhaber frei verfügen (!); § 829 ABGB.
Dh er kann seinen Anteil – ohne die andern zu verständigen oder
gar ihrer Zustimmung zu bedürfen – veräußern, vererben und verpfänden
oder sonst belasten; also zB auf seinem Anteil eine Hypothek oder
Servitut eintragen lassen. Auf den einzelnen Anteil kann auch gesondert
Exekution geführt werden; auch die Zwangsvollstreckung berührt also
nur den jeweiligen Anteil. | Freie
Verfügung
über den Anteil |
|
EvBl 1999/53: Die Miteigentümergemeinschaft
– gleiches gilt für die WE-Gemeinschaft – hat kein Verfügungsrecht
über den Pfandrang der einzelnen Mit- und Wohnungseigentümer. | |
|
|
EvBl 1999/54: Frage, wer zur Aufkündigung
eines Mietvertrags legitimiert ist, wenn nach dessen Abschluss
durch eine Miteigentümergemeinschaft am fraglichen Mietobjekt Wohnungseigentum begründet
wurde. Der OGH bleibt unklar. (Zutreffend ist von einer ausschließlichen
Kompetenz des neuen Wohnungseigentümers auszugehen.) | |
|
|
EvBl
1999/1: Ein ideeller Miteigentumsanteil
an einer Liegenschaft kann Gegenstand eines Fruchtgenussrechts (§
509 ABGB → Fruchtgenuss
/ Ususfructus: §§ 509 ff ABGB ) sein. Aber auch der Alleineigentümer einer
Liegenschaft kann bloß einen ideellen Anteil mit einem Fruchtgenussrecht
belasten. | |
|
Nach
§ 830 Satz 1 ABGB ist „jeder Teilhaber ... befugt, auf Ablegung
der Rechnung [Rechnungslegungsanspruch] und auf Verteilung des Ertrags
zu dringen.” | Rechnungslegungsanspruch |
|
Eine allfällige
Auseinandersetzung unter Miteigentümern wegen der Verteilung des
Ertrags ist nach Meinung des OGH nicht im Besitzstörungsverfahren,
sondern im ordentlichen / streitigen Verfahren zu führen; so GlU
9682 (1883), wo ein Miteigentümer in Galizien „die Feldfrüchte der
ganzen Grundwirtschaft einheimste und die Ausfolgung des achten
Theiles dieser Feldfrüchte verweigerte.” | |
|
Die
oben angeführten Eigentumsschutzmöglichkeiten /
Klagen stehen auch Miteigentümern zu, und zwar gegen Dritte wie
auch unter-, also gegeneinander. Mit- und Wohnungseigentümer können demnach
eigenmächtige Ein- und Übergriffe anderer Mit- und Wohnungseigentümer
– zB die Einzäunung eines Stücks gemeinsamen Grundes oder die Errichtung
einer begehbaren Terrasse auf einem Zubau – untersagen; wobl 1992/81.
Vgl schon oben → Privatrechtliche
Eigentumsklagen – Übersicht
| Eigentumsschutzmöglichkeiten |
Die häufigste Entstehungsform für
schlichtes Miteigentum ist – seit Alters her – der Erbgang; etwa:
Ein Elternteil stirbt und hinterlässt das Haus den Kindern. Daneben
entsteht schlichtes Miteigentum nach § 825 Satz 2 ABGB auch durch
Vertrag oder Richterspruch; zB im Rahmen einer Scheidungsaufteilung
(iSd §§ 81 ff EheG) und auf Antrag des beklagten Miteigentümers
bei Aufhebung einer Miteigentumsgemeinschaft auch Wohnungseigentum → Begründung
und Erwerb von WE: § 3 WEG Aber
auch aus einem Ehepakt heraus; vgl Rspr-Beispiele. | Entstehungsform
des MitET |
|
OGH 19. 10. 1999, 4 Ob 269/99h, SZ 72/150 = EvBl 2000/49:
Nach dem Tod der Mutter erben ihre 4 Kinder eine Liegenschaft; eines
lebt im Haus, die anderen wollen nicht darin wohnen. Trotzdem klagen zwei
der anderen drei Geschwister auf Räumung der Liegenschaft, da der
Beklagte nur zu 1/8 Miteigentümer ist. – OGH: Die Alleinbenützung
der gemeinschaftlichen Sache durch einen Miteigentümer ist so lange
keine ausschließliche und damit titellose Benützung, als kein Gebrauchsinteresse
der anderen Miteigentümer besteht. Das Gebrauchsrecht des Miteigentümers
einer (eine beschränkte Gebrauchsmöglichkeit eröffnenden) gemeinschaftlichen
Sache wird nur durch den konkreten Gebrauch anderer Miteigentümer
beschränkt. – Didaktisch gute Ausführungen zu Benützungsrechten
unter Miteigentümern. | |
|
|
OGH 11. 7. 2001, 3 Ob 57/01f, JBl 2002, 110:
Ehegatten schließen Ehepakt (allgemeine Gütergemeinschaft
( → KAPITEL 16: Das
Ehegüterrecht). Frau versteckt nachher im Schlafzimmer
ohne Wissen ihres Mannes ihr Erspartes. – OGH: Der Mann erwarb trotzdem
daran Miteigentum. Der Abschluss des Ehepaktes ist sowohl Titel
als auch Modus; iS eines vorweggenommenen Besitzkonstituts. | |
|
Wichtig
für das schlichte Miteigentum sind die Verwaltungsregeln der
§§ 833 ff ABGB. Kurz: Es ist zwischen ordentlicher und außerordentlicher
Verwaltung zu unterscheiden: | |
Für die ordentliche Verwaltung gilt als
Beschluss- oder Abstimmungserfordernis das Mehrheitsprinzip (= Anteilsmehrheit).
Die ordentliche Verwaltung dient der Erhaltung der „Substanz” der
im Miteigentum stehenden Sache. | Ordentliche
Verwaltung |
Die Grenzziehung zwischen ordentlicher und
außerordentlicher Verwaltung ist immer wieder Anlass von Streit; gerade
auch dann, wenn bspw ein (Haus)Verwalter bestellt wurde. Vgl etwa
EvBl 1999/95: Auch die Empfangnahme einer vom Mieter erhobenen gerichtlichen
(Auf)Kündigung des Mietverhältnisses gehört zur ordentlichen Verwaltung
und ist daher von der Hausverwaltervollmacht umfasst. | |
| |
Für
die außerordentliche Verwaltung – man spricht auch von „wichtigen
Veränderungen” oder „Verbesserungen” – gilt grundsätzlich das Einstimmigkeitsprinzip.
Die nicht erteilte Zustimmung eines Miteigentümers kann allerdings
uU durch den Außerstreitrichter (im Außerstreitverfahren) ersetzt
– oder wie man auch sagt: surrogiert – werden. | Außerordentliche Verwaltung |
| |
Die Schwachstelle
des schlichten Miteigentums liegt darin, dass jeder Teilhaber die
„Aufhebung der Gemeinschaft (§ 830 ABGB) verlangen kann”; wenn auch
„nicht zur Unzeit oder zum Nachteile der Übrigen”. Dh für die von
der Teilung Betroffenen aber nur: allenfalls zeitlichen Aufschub, aber
nicht Verhinderung der Aufhebung der Gemeinschaft. Die mögliche
Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft schwebt wie ein Damoklesschwert
über dem Rechtsinstitut Miteigentum, zumal von dieser Möglichkeit
gerade in heiklen Situationen Gebrauch gemacht und dadurch Druck
ausgeübt werden kann; zB Familienzwist unter Geschwistern! | Aufhebung der
Gemeinschaft |
Die weitere Vorgangsweise
nach der Aufhebung der Gemeinschaft ist die Teilung der gemeinschaftlichen
Sache, geregelt in den §§ 841 ff ABGB. Zu unterscheiden sind dabei
zwei Arten der Teilung von Miteigentum: | Teilung der
gemeinschaftlichen Sache |
•
Naturalteilung (hier
müssen alle einverstanden sein; § 841 Satz 3 ABGB) und | |
•
Zivilteilung
(bei Uneinigkeit). | |
|
§ 843 ABGB | |
Kann eine gemeinschaftliche Sache entweder gar
nicht, oder nicht ohne beträchtliche Verminderung des Wertes geteilt
werden; so ist sie, und zwar, wenn auch nur ein Teilgenosse es verlangt,
vermittelst gerichtlicher Feilbietung zu verkaufen, und der Kaufschilling
unter die Teilhaber zu verteilen. | |
|
Zivilteilung bedeutet demnach öffentliche
Feilbietung des Miteigentumsobjekts; landläufig wird von „Versteigerung”
gesprochen, was aber nicht dasselbe ist. Der erzielte Erlös wird
auf die Teilhaber anteilsgemäß verteilt. – Etwas gemildert wurde
die „Teilungsgefahr” bei Miteigentum nunmehr – wie erwähnt – dadurch,
dass der Beklagte im Teilungsverfahren beantragen kann, dass Wohnungseigentum
richterlich begründet werde; § 2 Abs 2 Z 2 WEG 1975 (= § 3 Abs 1
Z 3 und 4 WEG 2002). Es handelt sich dabei um eine Sonderform der
richterlichen Naturalteilung. | Öffentliche
Feilbietung |
|
SZ 69/169 (1996): Auch
bei Vorliegen eines vertraglichen Verzichts auf Erhebung der Teilungsklage
kann aus wichtigen Gründen dennoch die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft begehrt
werden. Die Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 2 WEG 1975 (=
§ 2 WEG 2002) in einem Verfahren zur Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft
geht als Sonderform der Naturalteilung der Zivilteilung vor. Sie
ist nicht deshalb untunlich, weil zwischen den Miteigentümern Streitigkeiten
bestehen. | |
|
|
GlUNF
2217 (1903): Exekutionsführung auf im Miteigentum des Verpflichteten
stehende bewegliche Sachen (Einrichtungsstücke) in Unkenntnis dieser
Rechtsbeziehung. – Kein Ausschluss der Exekution durch Widerspruch
des anderen Miteigentümers, vielmehr: „ ... Der Miteigentümer muss
sich vielmehr gefallen lassen, dass zum Zwecke der Befriedigung
des betreibenden Gläubigers das gemeinschaftliche Eigentum aufgehoben
und der auf das Miteigentum des Verpflichteten entfallende Teil
des Erlöses auf den Miteigentümer entfällt.” | |
|
Die einzelnen Miteigentümer eines
Hauses bilden zB gegenüber Ansprüchen auf Erteilung der Zustimmung
zur Verbücherung eines Bestandvertrags und auf Schaffung der dafür
nötigen Voraussetzungen eine einheitliche Streitpartei iSd
§ 14 ZPO; SZ 27/138 (1954). | Einheitliche
Streitpartei |
Die Miteigentumsregeln
der §§ 825 ff ABGB finden auch eine analoge Anwendung auf den Mitbesitz,
was etwa in Miethäusern eine Rolle spielt. | Mitbesitz |
|
JBl 1996, 383: Besitzstörung (der
Mietrechte) und Eigentumsstörung nach § 523 ABGB durch unerlaubtes Verteilen
von Werbematerial in einem Miethaus der Gemeinde
Wien. | |
|
| |
Gesamt(hand)eigentum
findet sich in Österreich bei den Personengesellschaften des
Handelsrechts; also OHG und KG, aber auch den eingetragenen
Erwerbsgesellschaften OEG und KEG nach dem EGG 1990 → KAPITEL 4: Zur
Rechts- und Handlungsfähigkeit .
– Auch das Ehegattenwohnungseigentum (§ 9 WEG 1975,
nunmehr Eigentümerpartnerschaft
der §§ 13-15 WEG 2002) schafft Gesamthandeigentum; dh es besteht
nur die Möglichkeit gemeinsamer Verfügung, Belastung oder Exekution
über die (notwendigerweise gleich großen) Mindestanteile. – Keine
Gesamthandschaft besteht in Österreich (anders als in Deutschland)
bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts: §§ 1175
ff ABGB; dazu → KAPITEL 12: Die Gesellschaft
bürgerlichen Rechts. Ihre Bestimmungen verweisen vielmehr mehrfach
auf Bestimmungen des 16. HptSt (§§ 825 ff ABGB) und damit auf das
schlichte Miteigentum; so die §§ 1188, 1190, 1194, 1208 und 1212
ABGB. | Anwendungsbereich |
Bei dieser Spielart des
Miteigentums geht es um: | Funktion |
• die rechtliche Trennung
des gemeinschaftlichen Vermögens vom Privatvermögen der
Beteiligten und zusätzlich | |
• um den Ausschluss der (Einzel)Verfügungsbefugnis über
den Anteil an den einzelnen zum Gemeinschaftsvermögen gehörenden
Gegenständen. | |
Die Beteiligten besitzen also
keine ideellen Anteile / Quoten über die sie frei verfügen können.
Die Gesamthänder / Teilhaber können vielmehr über Anteile und Gesamtsache
nur gemeinsam verfügen. – Der Zweck liegt darin, den Bestand dieser
wirtschaftlich sensiblen Gesellschaftsformen, bei denen es auf persönliche
Mitarbeit und Vertrauen ankommt, nicht durch einseitiges Handeln
zu gefährden. | Nur
gemeinsame Verfügung |
VII.
Wohnungseigentum:
WEG 2002 | |
| |
Wohnungseigentum /
WE ist seiner rechtlichen Konstruktion nach weiterentwickeltes schlichtes MitET.
Der Unterschied liegt aber darin, dass Wohnungseigentümer/WETü –
anders als schlichte MitETü – bereits das dingliche Recht besitzen
„ein [WE-Objekt] ausschließlich zu nutzen und allein darüber zu
verfügen”; § 2 Abs 1 WEG. Bei schlichtem MitET dagegen kann auf
Grund seiner rechtlichen Konstruktion kein MitETü eine bestimmte
Wohnung für sich in Anspruch nehmen, da nur das Recht und nicht
aber die Sache selbst geteilt ist. Beim schlichten MitET braucht
es für die konkrete Benützung eine einvernehmliche Vereinbarung
aller MitETü; sog Benützungs- oder Gebrauchsregelung
→ Nutzung
von WE-Objekten und allgemeiner Teile der Liegenschaft Sie
ist (in Bezug auf die Benützung des WE-Objekts) in der gesetzlichen
Konstruktion des WE inbegriffen. | Weiterentwickeltes Miteigentum |
Benützungsregelungen spielen
aber auch beim WET eine praktische Rolle; freilich nicht für die
Nutzung von WE-Objekten ieS – also Wohnungen, Garagen, Geschäftslokalen
oder Kfz-Abstellplätzen, die im WET stehen, sondern nur für sog allgemeine
Teile der Liegenschaft → Nutzung
von WE-Objekten und allgemeiner Teile der Liegenschaft
| |
| |
| |
Die rechtliche
Konstruktion des WE gewährt dem einzelnen WETü – entgegen
einer weitverbreiteten Einschätzung – also kein Allein- oder SonderET
an seinen vier Wänden. Dennoch ist die Rechtsform beliebt. Allein
sie hat, wie wir noch sehen werden, auch ihre Tücken, wie es das räumlich
nahe Zusammenwohnen mit anderen Menschen nun einmal mit sich bringt.
– Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich das WE als Mittel des Wiederaufbaus
bewährt. | |
Anders
konzipiert ist das WET in Deutschland; WEG, BGBl
I 175/1951. Der einzelne WETü hat dort ein sog SonderET an seiner
Wohnung, ist also ihr echter (Allein)ETü. An den allgemeinen Teilen
der Liegenschaft / des Hauses ist er dagegen bloß MitETü; sog GemeinschaftsETü.
– Die Schweiz hat 1963 im ZGB Regeln über StockwerkET
geschaffen: Inhaltlich handelt es sich dabei aber um ein dem österreichischen
WEG vergleichbares, weiterentwickeltes schlichtes Mit- und nicht
realgeteiltes Eigentum wie die Bezeichnung nahelegt. – Das WE in Österreich,
Deutschland und der Schweiz ist demnach rechtlich vergleichbar,
aber doch in mancher Frage unterschiedlich konzipiert. Italien hat
im Codice Civile eine Stockwerkeigentumslösung geschaffen, die für
Deutschland, die Schweiz und Österreich als Vorbild gedient hat;
Art 1117-1139. Zu den Unterschieden zwischen diesen Ländern: Barta,
in: Havel / Fink / Barta (1999). | Rechtsvergleich |
Gegenwärtig gibt es in Österreich
etwa 450.000 Eigentumswohnungen. – Das WEG 2002 ist das NachfolgeG
des WEG 1948 und des WEG 1975. | ~ 450.000
Eigentumswohnungen |
Das 3.
WÄG 1993 novellierte das WEG 1975 mit wenig Feingefühl
und Qualität; ua schuf es in § 13c Abs 1 und 2 WEG eine verfehlte
Schulden(tragungs)regelung der WE-Gemeinschaft und eine subsidiäre
(Anteils)Haftung der WETü für (Haus)Schulden anderer WETü!
Diese Haftungsregelung wurde durch die WRN 1999 entschärft. Neugeschaffen
wurde ein Vorzugspfandrecht zugunsten der Forderungen
der WE-Gemeinschaft und von Rückgriffsforderungen einzelner MitETü.
Zur Streichung der 1993 geschaffenen verfehlten Ausfallshaftung
konnte sich der Gesetzgeber aber nicht entschließen. Die neue Regel
– eingefügt in die Abs 3 bis 5 des § 13c WEG 1975– ist zudem kompliziert
und kostspielig. Das WEG 2002 hat diese Haftung der WETü für fremde
Schulden übernommen; vgl nunmehr § 18 Abs 3 WEG 2002. | Historische Entwicklung |
Die Reform war in diesem Umfang überflüssig und blieb in
wichtigen Punkten die nötige Weiterentwicklung und Qualität schuldig.
Offenbar brauchen aber Regierung und Ministerialbürokratie formale
Leistungsnachweise. Weniger legistische Gschaftlhuberei wäre mehr
gewesen. Wurden doch durch das neue Gesetz alle bisherigen Hilfsmittel
leichtfertig unbrauchbar gemacht. Die Rechtssicherheit wurde allein
dadurch nachhaltig geschädigt. Der vertretbare Reforminhalt – insbesondere
die Eigentümerpartnerschaft / ETü-P und das selbständige
Wohnungseigentum/WE an Abstellplätzen für Kfz sowie
das vorläufige WE des AlleinETü / sog Vorratsteilung
nach dt Vorbild (§§ 45 ff WEG) hätten auch durch eine Novellierung
des WEG 1975 erreicht werden können. Sie stellten zudem alte rechtspolitische
Forderungen dar. Auch die schwachen Verwaltungsregeln hätten moderater
verbessert werden können. | |
Legistisch weist auch das neue Gesetz Schwächen auf; § 2
besteht bspw aus 10 Absätzen und die ins Kraut geschossene Paragraphenzahl
dokumentiert eine inflationäre Normenvermehrung:
Kam das WEG 1948 mit 13 Paragraphen aus und benötigte das WEG 1975
schon 30, so verdoppelt das WEG 2002 diese Zahl nahezu: 57 Paragraphen.
Allein Quantität schlägt nicht notwendiger Weise in Qualität um.
Hier ist aber nicht der Ort, um darauf näher einzugehen. | |
| Abbildung 8.16: Verhältnis von WE und Mietwohnungen |
|
2. Begriffe: Wohnungseigentum, WE-Objekte | |
„Das
Wohnungseigentum ist das dem Miteigentümer einer Liegenschaft eingeräumte
dingliche Recht, ein [WE-Objekt] ausschließlich zu nutzen und allein
darüber zu verfügen”; § 2 Abs 1 Satz 1 WEG. | |
Nach § 2 Abs 2 WEG sind WE-Objekte „Wohnungen,
sonstige selbständige Räumlichkeiten und Abstellplätze für
[Kfze]”. § 2 Abs 2 WEG umschreibt die erwähnten Begriffe samt dem
der Wohnung etc. | |
Voraussetzung für
die Begründung und Erhaltung von WE ist das Bestehen einer selbständigen / abgeschlossenen Wohnung etc.
Die Rspr untersagt es daher bisher, bspw zwei untereinander liegende
Wohnungen verschiedener Eigentümer durch eine die Zwischengeschossdecke
durchbrechende Stiege miteinander zu verbinden; vgl EvBl 1994/73
(mit verfehlter Begründung). | |
3. Gegenstand
des Wohnungseigentums | |
Entgegen der zu engen Begriffsfassung
können aber nicht nur Wohnungen, sondern auch Geschäftsräume, Garagen, Kfz-Abstellplätze und
damit verbunden – nicht allein! – Keller- und Dachbodenräume, Hausgärten,
offene Balkone, Terrassen, Autoabstellplätze und andere unmittelbar
zugängliche, deutlich abgegrenzte Teile der Liegenschaft – sog Akzessorien oder Zubehör-WE:
§ 2 Abs 3 WEG – Gegenstand des WE sein. | Unscharfe
Begriffsfassung |
Nicht im WE stehen können dagegen
sog allgemeine Teile der Liegenschaft; § 2 Abs 4 iVm § 3 Abs 3 WEG.
Sie dienen allgemeiner, dh gemeinsamer Nutzung und entziehen sich
kraft ihrer Zweckbestimmung dem ausschließlichen Gebrauch einzelner
WETü. Über den Gebrauch allgemeiner Teile der Liegenschaft – allenfalls
auch durch Einzelne – können aber Benützungsregelungen ( → Nutzung
von WE-Objekten und allgemeiner Teile der Liegenschaft)
getroffen werden. | Allgemeine Teile
der Liegenschaft |
Allgemeine Teile sind zB: Stiegenhaus/Treppen,
Waschküche/Trockenraum, Dachboden, Kinderspielplatz, Müllplatz,
Wege zum Haus, aber auch die Hausbesorgerwohnung, freie zum Haus
gehörige Parkplätze oder Grünflächen für alle. – Aber Achtung: Hier
wurde und wird immer noch von Bauträgern auf Kosten der WETü-Gemeinschaft
manipuliert! | |
|
wobl 2000/82: Nichtigkeit der WE-Begründung
an einer Hausbesorgerwohnung; | |
wobl 2000/126: Nichtige
WE-Begründung an einem allgemeinen Teil der Liegenschaft. | |
|
4. Begründung
und Erwerb von WE: § 3 WEG | |
Die §§ 3-6 WEG regeln die Begründung von WE; Titel, Zustimmung,
Beschränkung. § 3 Abs 1 WEG nennt als Möglichkeiten der
Begründung: | Verschiedene
Möglichkeiten |
• den Wohnungseigentumsvertrag (als
schriftliche Vereinbarung aller MitETü) | |
•
eine gerichtliche Entscheidung über eine Klage
nach § 43 WEG (Klage eines WE-Werbers
gegen den Liegenschafts-ETü wegen Säumnis des/der WE-Organisators/en) | |
• eine gerichtliche Entscheidung in einem Verfahren
zur Aufhebung einer MitET-Gemeinschaft und schließlich | |
• eine gerichtliche Aufteilung des
ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nach
den §§ 81 ff EheG. | |
§ 3 Abs 2 WEG
stellt klar, dass die gültige Begründung von WE alle widmungsgemäß
vorgesehenen WE-Objekte umfassen muß. – Nach Abs 3 kann
an allgemeinen Teilen der Liegenschaft WE nicht
begründet werden. | Begründung umfasst … |
§ 5 Abs 1WEG
(„Erwerb des WE”) spricht den Grundsatz aus, dass
der Erwerb von WE, Mit-ET voraussetzt. | WE setzt Mit-ET voraus |
§
5 Abs 2 trifft die neue Regelung, dass der Erwerb von WE an Kfz-Abstellplätzen bis
zum Ablauf von 3 Jahren nach Begründung von WE an der Liegenschaft
nur von WETü erworben werden kann. Erst nach Ablauf dieser Frist
können auch andere Personen (Dritte) WE an Kfz-Abstellplätzen erwerben.
– § 5 Abs 3: WE wird durch Einverleibung
ins Grundbuch erworben. Die Intabulation erfolgt im B-Blatt
( → KAPITEL 2: Aufbau
des Grundbuchs) auf dem Mindestanteil; § 11 WEG. | Kfz-Abstellplätze |
§ 6 WEG nennt
die notwendigen Beilagen für den Einverleibungsantrag von
WE. – Es sind dies: | Notwendige
Beilagen für den Einverleibungsantrag |
• Der
Nachweis der Begründung von WE nach § 3 Abs 1 WEG
(Wohnungseigentumsvertrag etc); | |
• der Nachweis über den Bestand eines
tauglichen WE-Objekts (durch Bescheinigung der Baubehörde
oder ein Sachverständigengutachten); | |
•
die Nutzwertfeststellung nach
§ 9 WEG; sog Parifizierung. | |
5. Nutzfläche,
Nutzwert und Mindestanteil: §§ 7-12 WEG | |
§ 11 WEG betont
– was auch bisher der Fall war, daß WE und Mindestanteil „untrennbar
verbunden”sind und nur gemeinsam beschränkt,
belastet, veräußert, von Todes wegen übertragen und der Zwangsvollstreckung
unterworfen werden können. | WE
und Mindestanteil „untrennbar verbunden” |
§ 12 Abs 1 WEG spricht
die Unteilbarkeit des Mindestanteils aus; Abs 2
regelt umständlich Ausnahmen der Unteilbarkeit. | Unteilbarkeit |
WE
setzt also nach wie vor grundsätzlich bestehendes MitET voraus;
also wenigstens zwei MitETü. An AlleinET konnte in Österreich WE
bisher nicht begründet werden. – Das dtWEG kannte dagegen seit jeher
die Möglichkeit der sog Vorratsteilung des errichtenden
AlleinETü. Diese Regelung wurde nunmehr übernommen. | Vorratsteilung |
Zu
beachten ist ferner: WE kann zwar nur durch schriftliche Vereinbarung
aller MitETü neu begründet werden; womit nicht
verwechselt werden darf, dass schon bestehendes,
also bereits begründetes und verbüchertes WE (zB bei Verkauf einer
gebauten Eigentumswohnung durch einen WETü), auch mündlich gültig verkauft
werden kann; normaler Liegenschaftskauf. Der derivative
Erwerb von bereits bestehendem WE ist demnach nicht an die Schriftform
gebunden. | Unterscheide |
| |
6. Wirkung der
WE-Begründung auf bestehende Mietverhältnisse: § 4 | |
§ 4 Abs 1 bestimmt, dass mit der Begründung von WE an einem
vermieteten WE-Objekt die Rechtsstellung des Vermieters auf den
(neuen) WETü übergeht. | |
Abs 2 statuiert die problematische Ausfallshaftung
der ETü-Gemeinschaft gegenüber einem Hauptmieter, der seine
(Geld)Ansprüche gegen den WETü auch nicht durch Exekution hereinbringen
kann. (?) – Abs 3 sichert weitere Ansprüche eines Hauptmieters gegen
die ETü-Gemeinschaft. | Problematische
Ausfallshaftung |
7. Die
Eigentümerpartnerschaft/ETü-P: §§ 13-15 WEG | |
Zur Reformforderung nach „Öffnung” des (bisherigen)
Ehegatten-WEs: Barta,
Zur Geschichte und künftigen Entwicklung des WEs in Österreich,
in: Havel/ Fink/ Barta,
WE-Anspruch und Wirklichkeit. Entwicklung, Probleme, Lösungsstrategien
353 (1999). Vgl schon Gschnitzer, Kann ein Ehepaar eine Eigentumswohnung erwerben?,
JBl 1968, 232. | |
§
13 Abs 1 WEG erklärt die §§ 825 ffABGB grundsätzlich
auf die ETü-P anwendbar. – Abs 2 fordert – wie bisher für das Ehegatten- WE –
dass die Partner „[ETü] je eines halben Mindestanteils”
sein müssen. Ihre Anteile am Mindestanteil dürfen auch nicht
unterschiedlich belastet werden. – Abs 3: Solange eine
ETü-P besteht können die durch das gemeinsame WE verbundenen Anteile nicht
getrennt und nur gemeinsam beschränkt, belastet, veräußert oder
der Zwangsvollstreckung unterworfen werden. Hier
finden sich auch Ausführungen über die Vorgangsweise bei Exekutionen.
– Nach Abs 4 haften die Partner für
alle Verbindlichkeiten aus ihrem gemeinsamen WE zur ungeteilten
Hand. – Auch die Nutzung und Verfügung über
das WE-Objekt hat gemeinsamzu erfolgen. Das gilt
auch für die Äußerungs- und Stimmrechte sowie
das Wahrnehmen von Minderheitenrechten durch die
Partner. – Abs 6 kennt die Möglichkeit des vertraglichen
Ausschlusses einer Klage auf Aufhebung einer ETü-P nach
§ 830 ABGB für 3 Jahre (ab Einverleibung). Während des Bestandes
einer Ehe und Vorliegen eines dringenden Wohnbedürfnisses ist eine
Aufhebung überhaupt unzulässig; Satz 3 schützt minderjährige „Partner”. | Grundsätzliches |
Erwirbt der überlebende Partner den Anteil des Verstorbenen
nicht ohnehin als Erbe oder Vermächtnisnehmer, so gilt nach § 14
Abs 1 WEG (subsidiär) – vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung
nach Abs 4 – folgendes: | § 14 WEG – WE
der Partner im Todesfall |
• Z
1 ordnet den unmittelbaren ETs-Erwerb des Überlebenden am Anteil
des Verstorbenen an (Vindikationslegat
→ KAPITEL 17: Erbeinsetzung
und Vermächtnis); | |
• Z 2 regelt den Verzicht des
Überlebenden auf den gesetzlichen ETs-Übergang und kennt zudem die
Möglichkeit, dass der Überlebende mit den Erben des Verstorbenen
eine andere Vereinbarung trifft. Die Zustimmung
der Pflichtteilsberechtigten ist dazu erforderlich. | |
• Nach Abs 4 können die Partner eine schriftliche
Vereinbarung des Inhalts treffen, „dass anstelle des gesetzlichen Eigentumsübergangs
nach Abs 1 Z 1 der Anteil des Verstorbenen … einer anderen natürlichen
Person zukommt.” – Eine solche Vereinbarung hat aber nur schuldrechtliche
Wirkung. | |
Geregelt
in § 15 WEG. – Jeder Ehegatte kann bei Nichteinigung nach Ablauf
1 Jahres nach Eintritt der Rechtskraft der Eheauflösung die Aufhebung
der Partnerschaft verlangen. | ETü-P bei
Auflösung der Ehe |
8. Nutzung
von WE-Objekten und allgemeiner Teile der Liegenschaft | |
Nach § 16 Abs 1 WEG steht
die Nutzung des WE-Objekts dem jeweiligen WETü
zu. | Nutzung |
Abs 2 übernimmt fast wörtlich den Inhalt des bisherigen
§ 13 Abs 2 WEG 1975 und regelt (wie dieser) die Berechtigung von
WETü zu baulichen Veränderungen einschließlich
Widmungsänderungen (also
bspw die Umwandlung einer Wohnung in Geschäftsräume) am WET-Objekt
auf eigene Kosten. – Abs 3 statuiert wie die bisherige Rechtslage Wartungs-, Erhaltungs-
und Duldungspflichten des ETü. | Bauliche Veränderungen + Widmungsänderungen
etc |
Zur Widmungsänderung vgl → Rspr-Beispiele (Rspr-Beispiele):
Zahnarzt als Nachbar. | |
Das WEG 2002 trägt bisheriger Kritik insoferne Rechnung,
als es, anders als das WEG 1975, zwischen der Nutzung der einzelnen
WET-Objekte und der Verwaltung der gesamten Liegenschaft unterscheidet. | |
|
OGH 5. 9. 2000, 5 Ob 217/00y, JBl 2001, 317:
Mit Mehrheitsbeschluss (71%) wurde von einer WE-Gemeinschaft für
die Aufstellung einer Mobilfunkantenne am Dach
der Anlage votiert. Der Eigentümer einer Dachgeschoßwohnung versuchte,
dies zu verhindern. – OGH: Eine Gesundheitsbeeinträchtigung eines Eigentümers
einer Dachgeschoßwohnung durch Aufstellung einer Mobilfunkantenne
kann derzeit nicht bewiesen werden. Eine nicht völlig unbegründete
Besorgnis über noch nicht abschließend zu beurteilende Gefahren
technischer Neuerungen stellt gegenüber dem finanziellen Vorteil
der WE-Gemeinschaft aus dem Nutzungsvertrag keine „übermäßige” Beeinträchtigung
iSd § 14 Abs 3 WEG 1975 dar. | |
|
Nach Abs 1 können alle WETü eine schriftliche
Vereinbarung über eine Benützungsregelung treffen. – Abs
2 kennt die Möglichkeit, daß jeder WETü „aus wichtigen
Gründen” eine gerichtliche Regelung begehren kann.
Wie bisher besteht weiterhin die Möglichkeit einer vorläufigen Benützungsregelung während
des Verfahrens durch eine 2/3-Mehrheit. – Die Chance der legistischen
Weiterentwicklung der Benützungsregelung wurde vom Gesetzgeber nicht
genützt. Abs 3 statuiert die Drittwirkung von Benützungsregelungen,
was bedeutet, dass auch Rechtsnachfolger an sie gebunden sind. Damit
wird das lästige Überbürden von Vereinbarungen vermieden. – Das Gesetz
sieht auch die Ersichtlichmachung im Grundbuch
vor, was zu begrüßen ist. | §
17 WEG:
Benützungsregelung |
9.
Eigentümergemeinschaft,
Verwalter, Vorzugspfandrecht | |
§
18 Abs 1 WEG erkennt der ETü-Gemeinschaft Teil-Rechtsfähigkeit zu
soweit sie in Angelegenheiten der Liegenschaftsverwaltung tätig
wird. Sie kann dabei Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen
sowie klagen und geklagt werden;
vgl § 124 HGB für OHG und KG. | Teilrechtsfähigkeit |
|
EvBl 1999/124: Die Rechtssubjektivität
der WET-Gemeinschaft beschränkt sich auf Angelegenheiten der
Verwaltung der Liegenschaft. Außerhalb dieses Geschäftskreises kann
sie weder Rechte erwerben noch Verbindlichkeiten eingehen. Die Vermietung
von Wohnungen oder sonstigen selbständigen Räumlichkeiten, die in
Sondernutzung stehen, gehört nicht zu diesen Verwaltungsagenden. | |
|
|
EvBl 1999/65: Rechtspersönlichkeit
der WE-Gemeinschaft – Passivlegitimation für Aufwandersatzansprüche
des Verwalters aus seinem Auftragsverhältnis (§ 1014 ABGB) → KAPITEL 12: Aufwandersatz. | |
|
|
Im Rahmen ihrer Zuständigkeit
(Liegenschaftsverwaltung) ist die WE-Gemeinschaft auch deliktsfähig; wobl 2000/59: Wegehalterhaftung
nach § 1319a ABGB. Allfällige Kosten aus einer derartigen Haftung sind
nach § 19 Abs 1 WEG als von der WE-Gemeinschaft zu tragender Prozessaufwand
anteilig auf die Mit- und WETü aufzuteilen. Selbstverständlich steht
der Gemeinschaft in einem derartigen Fall uU ein Regressanspruch
gegen den WE-Verwalter, Hausbesorger oder sonstige Hilfspersonen
zu, zu denen auch einzelne Mit- und WETü zu zählen sind. | |
Zur Frage, WE-Gemeinschaft und KSchG, Schauer,
wobl 2000, 220: Grundsätzlich ist die WE-Gemeinschaft iSd § 1 Abs
2 KSchG Verbraucherin; sie kann aber – etwa bei Vermietung allgemeiner
Teile der Liegenschaft – zur Unternehmerin werden. Es ist daher
im Einzelfall jeweils zu prüfen. | |
|
| |
Die ETü-Gemeinschaft
besitzt demnach auch eine durch ihre Aufgaben eingeschränkte Rechtsfähigkeit
iSd
ultra-vires-Lehre.
Bei Überschreitung des rechtlich zugewiesenen Aufgabenkreises ist das
Rechtsgeschäft oder die gesetzte Vertretungshandlung unwirksam. | Ultra vires-Lehre |
Abs 2 regelt die wichtige Vertretung
der ETü-Gemeinschaft (Liegenschaftsverwaltung): Häufig werden nämlich
ETü-Gemeinschaften durch einen Haus- oder Anlagen-Verwalter vertreten.
Bei Interessenkollision mit diesem vertritt nunmehr ein neuer ETü-Vertreter
die Gemeinschaft. – Wurde kein Verwalter bestellt, verwaltet die
Anteilsmehrheit die Liegenschaft. § 23 WEG kennt die Möglichkeit
der Bestellung eines vorläufigen Verwalters. | Vertretung
der
ETü-Gemeinschaft |
Probleme
tauchen im Rahmen der
Liegenschaftsverwaltung immer
wieder auf, weil Verwalter ihre Kompetenz überschreiten und unkorrekt
vorgehen oder – was ebenfalls vorkommt – zuwenig oder gar nichts
tun. Im Zusammenhang mit der Verwaltung und Errichtung von WE gab
es in Österreich schwerste Skandale (Betrug, Veruntreuung etc),
gerade auch in Tirol. Vgl zur historischen Entwicklung meine Ausführungen,
in: Havel/ Fink/ Barta, WE
– Anspruch und Wirklichkeit 183 ff (1999). So wurde Ende 1997 eine
große Tiroler gemeinnützige Wohnbauvereinigung als Verwalter der
Großanlage „Maria Hilfpark” wegen schwerer Verfehlungen im Rahmen
ihrer Verwaltungstätigkeit gerichtlich als Verwalter enthoben. Vorsicht
gegenüber dem Verwalter und möglichst gemeinsames Handeln der WETü
erscheint daher ratsam. | Liegenschaftsverwaltung |
Überlegenswert und lohnend für kleinere Gemeinschaften ist
daher die
Selbstverwaltung;
sonst spricht man von Fremdverwaltung. Die Autonomie
der WETü-Gemeinschaft wird vom Gesetzgeber leider zu wenig gefördert!
Die politische Abhängigkeit von der Verwalter-Lobby ist offenbar
zu groß. (Im 3. WÄG 1993 wurde bspw mehr auf die Interessen der
Hausverwalter, Banken und Bauträger geachtet, als auf die der WETü.
Auch die WRN 1999 ließ die übermächtige Verwalterstellung unangetastet.
Und auch das neue Gesetz dient vornehmlich den professionellen „Lobbyisten”
des WE.) | |
Für die Zukunft wäre es wichtig, den Verwalter der
Liegenschaft konsequent zu einem Vollzugsorgan der ETü-Gemeinschaft zu
machen, und nicht den Weg in Richtung „Vormund“ der Gemeinschaft
fortzusetzen; Hausverwaltung muß endlich auch rechtlich als „Dienstleistung”
verstanden werden und nicht als monetär-politische Pfründe und Kuratel.
Die bestehende gesetzliche Lösung spiegelt – woran das neue Gesetz
nichts geändert hat – eine Tendenz zur Untertanenmentalität wider. | |
| |
Ein
weiteres auch von der WRNov 1999 und dem WEG 2002 übergangenes Problem
für die Liegenschaftsverwaltung liegt darin, dass der Kauf von Eigentumswohnungen
immer häufiger zu bloßer Wertanlage erfolgt, was aus Realitätsgründen
hinzunehmen ist. Diese (Wert)Anlage-WETü kümmern sich aber häufig
nicht oder zu wenig um die Liegenschaftsverwaltung, die auf Anteils-Mehrheiten
aufbaut, die bei Abwesenheit dieser Gruppe aber nur schwer oder
gar nicht zu erlangen ist. Dafür wurde erneut nicht vorgesorgt;
vgl meine Ausführungen in: Havel/ Fink/ Barta,
WE-Anspruch und Wirklichkeit 270 f, 282 ff, 326 und 341 f. | WE: Blosse Wertanlage? |
| Abbildung 8.17: Wohnungseigentum in Europa |
|
§ 18 Abs 3 WEG behandelt unauffällig die unrühmliche und
verfehlte Haftung der ETü-Gemeinschaft. | |
Sie wurde vom neuen Gesetz beibehalten,
was für Handwerker, Lieferanten, Banken und vor allem die Verwalter angenehm
sein mag, für die einzelnen WETü aber fatal ist, weil man die einzelnen
„Mitbewohner” nicht oder kaum kennt und dennoch für sie finanziell
einzustehen hat. Diese Haftung stellt einen politischen und rechtlichen Verrat anderIdee desWE
dar und sollte wenigstens aus Gründen der Attraktivität des Rechtsinstuts,
wenn schon nicht aus legistischem Anstand, beseitigt werden. | |
Nach § 18 Abs 3 WEG kann ein gegen die ETü-Gemeinschaft
ergangener Exekutionstitel zunächst nur in die
Rücklage nach §
31 WEG (die von allen WETü gespeist wird!) oder in die von den WETü
geleisteten oder geschuldeten Zahlungen für Aufwendungen (§ 32 WEG
– sog
Akonti) vollstreckt
werden. Reichen diese vorgeschalteten Haftungsfonds, die ebenfalls
mit dem Geld der WETü dotiert werden (!), aber nicht aus, „haften
die [WETü ] für den Ausfall im Verhältnis
ihrer [MitET-Anteile]” persönlich. | Persönliche
Haftung |
§
19 WEG regelt die Verwalterbestellung: Der Verwalter
verwaltet die Liegenschaft und kann eine natürliche oder
eine juristische Person sein. – Sein Name und seine
Anschrift sind im Grundbuch ersichtlich zu machen. – Dass die Vollmacht
des Verwalters nach wie vor „nach außen unbeschränkbar”
ist, muß bedauert werden, weil dies den Verwalter zum Herrn, ja
Herrscher der Gemeinschaft macht, was ihm nicht zusteht. Die ETü-Gemeinschaft
wird dadurch gelähmt, ja entmündigt. Ähnliches gilt für die – vom
neuen Gesetz ebenfalls übernommene – Kompetenz des Verwalters, der
ohne Zustimmung der ETü-Gemeinschaft (und ohne sachliche und betragliche
Beschränkung) einen „berufsmäßigen Parteienvertreter” bestellen
kann. | |
§
20 WEG umschreibt die Aufgaben und Befugnisse des
Verwaltersnäher: – Das WEG 2002 hat die Chance
einer funktionalen Weiterentwicklung der Verwalterstellung zu einem
Dienstleistungsorgan der WETü-Gemeinschaft wohl bewusst versäumt.
Vgl die bereits oben geäußerte Kritik. | Aufgaben und
Befugnisse des Verwalters |
• Zu aller erst hat
der Verwalter, woran die Praxis häufig krankt, die Interessen
aller WETü zuwahren und die Weisungen
der Mehrheit zu befolgen; Abs 1. | |
• Ihn trifft die Pflicht zur jährlichen „
Vorausschau”;
Abs 2. | |
• Und die wichtige Pflicht zur „ordentlichen
und richtigen [Jahres]Abrechnung”; Abs 3. | |
• Abs 4 untersagt dem Verwalter nicht (!) den
Abschluß von Rechtsgeschäften mit Personen, die mit ihm durch ein
familiäres oder wirtschaftliches „Naheverhältnis”
verbunden sind. Er muß die WETü darauf nur hinweisen. Ein Zeit-
und Sittenbild! | |
• Nach Abs 5 hat der Verwalter ferner rückständige
Zahlungen von WETü einzumahnen. – Es fehlt
wohl bewusst, das für die Praxis wichtige Wörtchen „unverzüglich”. | |
• Abs 6 kennt die Pflicht zur Führung eines ETü-Gemeinschaftskontos. | |
•
Abs 7 erinnert an legistisch unpassender Stelle
den Verwalter an seine unabdingbaren Plichten nach den §§
1002 ff ABGB, insbesondere auch § 1009 ABGB: „emsig und
redlich”! | |
• Abs 8 räumt der ETü-Gemeinschaft bei grober
Pflichtverletzung des Verwalters das Recht ein, eine Herabsetzung
des Entgelts zu „verlangen”. Diese „zahnlose” Einräumung
einer Selbstverständlichkeit wird in der Praxis wenig fruchten. | |
Die
Regelungen zur Auflösung und Verlängerung des Verwaltungsvertrages
finden sich in § 21 WEG. | Auflösung und
Verlängerung des VerwaltungsV |
Man muß kein Prophet sein, um dem
Eigentümervertreter,
dieser „Scheinstütze” der ETü-Gemeinschaft, keine glänzende Praxiskarriere
vorauszusagen. Legistisch schwächlich konzipiert und kaum durchdacht,
werden nur wenige Gemeinschaften von diesem „Angebot” Gebrauch machen. |
§
22 WEG:
Eigentümervertreter |
Das weiterhin mögliche Beantragen
eines, wenn auch nur vorläufigen, Verwalters durch Dritte geht zu
weit. |
§
23 WEG:
Vorläufiger Verwalter |
Hier zeigt sich die Blauäugigkeit oder gar Doppelbödigkeit
der WEG-Legisten und Lobbyisten: Man tut so, als wäre die
ETü-Versammlung einer
WE-Gemeinschaft „das” Organ der Willensbildung und
verschweigt, dass in einem sehr hohen Prozentsatz – er liegt über
80 Prozent – dieses Organ neben dem Verwalter keine Rolle spielt. | § 24 WEG: Beschlussfassung
der ETü-Gemeinschaft |
Beschlüsse sind
nur wirksam, wenn zuvor allen WETü Gelegenheit zur Äußerung gegeben
wurde, was eine entsprechende Ladung voraussetzt. – Zulässig ist
neben der Beschlussfassung in der ETü-Versammlung auch der nicht
unproblematische und legistisch unstrukturierte Umlaufbeschluß. | Beschlüsse |
Abs 4 ordnet an,
dass sich die Stimmenmehrheit nach dem Verhältnis
der MitET-Anteile richtet. | Anteilsmehrheit |
Abs 5 regelt
das Zur-Kenntnisbringen gefasster Beschlüsse und Abs 6 die Beschlussanfechtung mit
einer ganz unzulänglichen, weil viel zu kurzen 1-monatigen Frist.
Das ist legistischer dolus eventualis. | Beschlussanfechtung |
§
25 WEG handelt von der ETü-Versammlung: Geregelt
werden ihre Einberufung durch den Verwalter, die nunmehr als Regelfall
endlich gesetzlich festgeschrieben wird. – Auf die zahlreichen legistischen
Unzulänglichkeiten kann hier nicht eingegangen werden; vgl nur §
25 Abs 1 letzter Satz. – Selbstverständlich hat der Verwalter auch
die „Protokollhoheit”, wofür nicht einmal Minimalerfordernisse festgelegt
wurden. | ETü-Versammlung |
§
26 WEG regelt erstmals die
Gemeinschaftsordnung. –
Auch dieses interessante Instrument der ETü-Gemeinschaft wurde mit
größtmöglicher Einfallslosigkeit geregelt. Kryptisches ist mit Unzureichendem
gepaart. Schade. | Gemeinschaftsordnung |
§
27 WEG normiert das die Haftung der WETü-Gemeinschaft etwas mildernde
gesetzliche Vorzugspfandrecht: Es war vorgeschlagen
worden, um der ursprünglich noch nachteiliger geregelten Haftung
der WETü wenigstens die Spitze zu nehmen. Zu mehr konnte sich der
Gesetzgeber wiederum nicht entschließen. | Vorzugspfandrecht |
10.
Liegenschaftsverwaltung:
§§ 28-34 WEG | |
Wie bisher
wird zwischen ordentlicher (§ 28) und außerordentlicher (§
29) Verwaltung unterschieden. In den Angelegenheiten der o.Verwaltung
– sie werden beispielhaft aufgezählt – entscheidet die Anteilsmehrheit.
Zu kompliziert – wie bisher – ist erneut die ao. Verwaltung geregelt. Wichtiges
Unterscheidungskriterium zur o.Verwaltung ist es, dass der Verwalter
solche Maßnahmen nicht ohne Mehrheitsbeschluß durchführen kann;
Abs 6: Man beachte die Formulierung. | o. und ao. Verwaltung |
§
30 WEG regelt die „Minderheitsrechte”: Auch hier
konnten sich die Gesetzesbastler zu keiner substantiellen Anreicherung
in die Richtung von Individual- oder echten Minderheitsrechten
entschließen. Was ließe sich aber nicht allein dadurch zum Besseren
wenden! – Die Bezeichnung ist zudem sprachlich unrichtig, denn im
Gesetz handelt es sich nicht um Minderheits-, sondern um Individualrechte. | Minderheitenrechte |
§
31 WEG: Rücklage – Die Rücklage war ursprünglich
für Aufwendungen einer angemessenen Erhaltung der Liegenschaft reserviert.
Diese sinnvolle Zweckbindung wurde 1993 beseitigt, und bei dieser
Verschlechterung ist es auch im neuen Gesetz geblieben. – Für die
Rücklage ist ein eigenes Konto einzurichten; sie
steht im Vermögen der ETü-Gemeinschaft. | Rücklage |
§
32 WEG: Aufteilung der Aufwendungen – Alle Aufwendungen
für die Liegenschaftsverwaltung sind von den WETü
nach ihren MitET-Anteilen zu tragen. (Das gilt nicht für die Kostenverteilung
der Errichtungskosten ! Hier sind Ungleichheiten
weiterhin zu dulden und können kaum erkannt werden. Welch Verständnis
und Vorschubleistung für Unseriösität!) – Abweichungen vom gesetzlichen
Aufteilungsschlüssel sind möglich. | Aufwendungen |
§
33 WEG: Verteilung der Erträgnisse – Abs 1 behandelt
systemwidrig die Erträgnisse aus einzelnen WE-Objekten im Rahmen
der Liegenschaftsverwaltung. – Wirft die Liegenschaft Erträgnisse
ab, stehen diese aber allen WETü nach deren Anteilen zu. Das mag
die Vermietung von Abstellplätzen, Werbeeinahmen für Reklameflächen
oder die Lieferung von Wärme aus dem eigenen Heizhaus betreffen. | Erträgnisse |
§
34 WEG: Abrechnung. | Abrechnung |
|
OGH 12. 7. 2000, z Ob 148/00s, SZ 73/115 = JBl 2001, 247:
OGH lässt erstaunlicherweise im Außenverhältnis Parallelverwaltung des
Mehrheitseigentümers gegen den nach WEG bestellten Verwalter zu; Rspr-Änderung. | |
|
11. Beendigung von
WE und Miteigentum: §§ 35, 36 WEG | |
12. Ausschließung
von Wohnungseigentümern: § 36 WEG | |
13. Schutz von WE-Werbern:
§§ 37-44 WEG | |
§ 38 WEG: RechtsunwirksameVereinbarungen; | |
§
39 WEG: Rücktritt des WE-Organisators; | |
§
40 WEG: Grundbücherliche Sicherung des WE-Werbers; | |
§
41 WEG: Zustimmung zur Nachfinanzierung; | |
§
42 WEG: Rangordnung für die beabsichtigte Einräumung von WE; | |
§
43 WEG: Klage auf Einverleibung des Eigentumsrechts; | |
§
44 WEG: Fortsetzung der Bauführung bei Insolvenz. | |
14. Vorläufiges
WE des Alleineigentümers: §§ 45-51 WEG | |
Problematisch ist ua die ungeschickt taxativ
gehaltene Aufzählung rechtsunwirksamer Festlegungen in § 49 WEG. | |
15. § 52 WEG: Rechtliches
Außerstreitverfahren | |
Leider konnte man sich nicht dazu entschließen,
nach dt Vorbild alle Streitigkeiten aus dem Bereich der Liegenschaftsverwaltung
ins Außerstreitverfahren zu verweisen. – Eine weitere versäumte
Chance. | |
Für den Bereich der Wohnrechtsgesetze (MRG, WEG, WGG etc)
wurde ein gemeinsames „Wohnrechtliches Außerstreitbegleitgesetz”
(JMZ 7.132/142-I 7/2003) beschlossen. | |
GdW-Informationen
| |
Über Probleme im Bereich „Wohnungseigentum”
informiert laufend die parteiunabhängige Schutzgemeinschaft „Gemeinschaft
der Wohnungseigentümer” mit den „GdW-Informationen”. Sie erscheinen
mehrmals jährlich. Gegen einen geringen Mitgliedsbeitrag erhalten
Sie diese Zeitschrift und können unentgeltlich die Beratungstermine
besuchen, die es auch in einigen Bundesländern gibt. – Postanschrift:
GdW, 1123 Wien, Postfach 7, E-Mail: dw.me@utanet.at, Homepage: www.gdw.at.
– Unabhängige Information in diesem Rechtsbereich ist immer von
Vorteil. Die Sprechstunden, werden in den GdW-Informationen angekündigt. |
| |
| Abbildung 8.18: Anteil des WE am Gesamtwohnungsbestand |
|
VIII. Eigentum auf
Zeit – TNG 1997 | |
| |
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Die österreichische Rspr
anerkennt diese Eigentumsform – so widersprüchlich dies auf den
ersten Blick vielleicht erscheinen mag – seit langem. | |
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GlUNF 2227 (1903) Zeitlich beschränktes
Eigentum: Fideikommissarische Substitution in einer Schenkung
unter Lebenden; Vindikationsrecht des Substituten: Schenkung
einiger Grundstücke des Witwers M an seine Braut N mittels Notariatsakts
im Hinblick auf die beabsichtigte Heirat, die idF auch zustande
kam. Der Notariatsakt enthielt zusätzlich ua die Vereinbarung, dass
N die Grundstücke im Falle ihres Todes zu gleichen Teilen an die
beiden Söhne des M aus erster Ehe herauszugeben habe. Die Liegenschaften
sollten in der Familie des Mannes bleiben. – Der OGH anerkennt außerhalb
des Erbrechts (fideikommissarische Substitution!) ein „zeitlich
eingeschränktes Eigentum”. Dies uH auf die §§ 358, 468, 527, 1449
ABGB ua; sog betagtes Eigentum, dh „mit dem Eintritte des Endtermines
von selbst, ipso jure” erlöschendes Eigentum. | |
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EvBl 1959/156: Schenkung
einer Liegenschaft (von den Eltern an die Tochter) mit
dem Zusatz, dass die Liegenschaft im Falle des Todes der Tochter
nicht an die Familie des Ehemanns fallen dürfe. | |
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2. TeilzeitnutzungsG
/ TNG 1997 | |
Eine
Art Teilzeit(nutzungs)eigentum gewährt das Timesharing,
nunmehr geregelt im TNG. | |
Das Timesharing
ist eine bestimmte Vermarktungsmethode für Ferienwohnungen in Ferienanlagen
oder Hotels. Der Kunde erwirbt zB das Recht, eine Ferienwohnung
oder auch nur ein Hotelzimmer jedes Jahr zu einer bestimmten Zeit
zu benützen; etwa im September. Gesteigert wurde die Attraktivität
des Timesharing durch Tauschpools; Ferienwohnung in den österreichischen
Alpen wird mit einem Objekt in der Karibik „getauscht”. | |
In
Umsetzung der EU-RL 94/47 (zum Schutz der Erwerber
im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb
von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien) hat Österreich ein TeilzeitnutzungsG
(TNG, BGBl 1997/32) beschlossen, das Erwerber solcher Rechte schützen
soll, zumal in der Vergangenheit (weltweit) zahlreiche und vor allem
auch schwere Missbräuche aufgetreten sind. | |
Das
neue Gesetz gilt für Verträge, „mit denen ein Verbraucher von einem
Unternehmer (§ 1 KSchG) Teilnutzungsrechte” erwirbt; § 1 TNG. Ein
Teilnutzungsrecht ist das für „mindestens 3 Jahre eingeräumte dingliche
oder obligatorische Recht, ein Nutzungsobjekt wiederkehrend während
eines begrenzten Zeitraums zu Erholungs?, Freizeit- oder ähnlichen
Zwecken, zu benützen. Das Recht kann an einem bestimmten Nutzungsobjekt
oder in der Möglichkeit bestehen, aus mehreren Nutzungsobjekten
... auszuwählen.” – Die gewählte Rechtsform spielt für die Behandlung
als Teilnutzungsrecht keine Rolle; zB Miteigentum, Fruchtgenuss
an der Liegenschaft, Ausgabe von Aktien an ein (Ferien)Unternehmen,
Vereinslösung, Treuhandmodell, Miet- oder Beherberungsverträge.
– Für weitere Details ist das Gesetz zu konsultieren. | |
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Zu den inhaltlichen
Grenzen des Eigentums: | |
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SZ 61/220 = RZ 1989/102 (1988):
Fotoaufnahmen und idF Herstellung von Ansichtskarten der
Riegersburg – Der Eigentümer eines Gebäudes kann zwar das
Betreten seines Grundes – insbesondere zum Zweck des Fotografierens
– verbieten; er kann aber nicht verhindern, dass ein Dritter das
Gebäude von einem Nachbargrundstück aus fotografiert und diese Lichtbilder
durch Herstellen und Vertreiben von Ansichtskarten gewerblich verwertet.
Kläger = Gräfin P, Eigentümerin der Riegersburg, Beklagter = Fotograf
/ Kaufmann Kurt F. | |
Zur
(actio) Negatoria / Eigentumsfreiheitsklage: § 523 ABGB | |
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SZ 42/116 (1969): Zulässigkeit
der Unterlassungsklage gegen ein Bauunternehmen, wenn sich der Horizontalausleger und
das Gegengewicht eines von diesem Unternehmen aufgestellten Baukrans
im Luftraum über einem benachbarten Grundstück bewegen. | |
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EvBl 1982/93:
§ 523 ABGB: Mit der Negatorienklage kann aber auch
in Anspruch genommen werden, wer ihm mögliche (und zumutbare) Vorkehrungen
gegen Störungen unterlässt. Hier: Halter eines Kraftfahrzeugs, der
seinen Bediensteten nicht untersagt, ein fremdes (benachbartes)
Grundstück zu befahren. | |
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EvBl
1992/56: § 523 ABGB, §§ 422, 354, 362,
364 Abs 2 ABGB – Entfernung einer vom Nachbargrund aus wachsenden Kletterpflanze:
Steht die Mauer, an der sich eine Kletterpflanze (Veitschi) ihrer
Natur – und der Absicht des Grundeigentümer – entsprechend empor
rankt, im Eigentum des Grundnachbarn, dann kann dieser einen solchen
unberechtigten Eingriff in sein Eigentumsrecht mit Klage nach §
523 ABGB geltend machen und insbesondere die Entfernung der Pflanze
verlangen. | |
Zu
den Immissionen: | |
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EvBl 1983/82: § 364a ABGB(§
1325 ABGB): Behördlich genehmigt ist eine Anlage erst dann, wenn
die Genehmigung rechtskräftig ist. – § 364 Abs 2 ABGB gibt dem Eigentümer
des gefährdeten Besitzes keinen Anspruch auf Vornahme bestimmter
Sicherungsmaßnahmen. – Kein Schmerzengeld für belästigende Geruchsimmissionen.
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JBl 1985, 669: Windschaden
an Wald, dessen Randbäume im Rahmen von Straßenbauarbeiten
geschlägert wurden, wodurch der dahinter liegende Baumbestand dem
nächsten Unwetter zum Opfer fiel. – § 364 Abs 2, §§ 364a und 863
ABGB; § 14 Abs 2 ForstG: Die Beseitigung des Deckungsschutzes
gegen Wind für ein Waldgrundstück durch Rodungen auf dem Nachbargrundstück steht
einer Immission gleich. Windschäden durch Rodungen, die zwecks Errichtung
einer Straße vorgenommen werden, begründen einen Ausgleichsanspruch
analog § 364a ABGB. Nur genehmigungsbedürftige, doch nicht genehmigte Schlägerungen
unterfallen dem Schutzgesetz des § 14 Abs 2 ForstG. – Wer die Erhebung
von Ersatzansprüchen nur zur Kenntnis nimmt, anerkennt sie noch
nicht. Kläger = Geschädigter Eigentümer von Waldgrundstücken in
der Nachbarschaft der Straße; Beklagter = Bundesland, dem zum Ausbau
einer Landesstraße Rodungen in bestimmten Waldparzellen mit Bescheid
bewilligt wurden. | |
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Zum WEG
1975: | |
EvBl 1994/73: § 13 Abs 2 Z 1 (§
1 Abs 3) WEG – Zulässigkeit der Verbindung zweier Eigentumswohnungen mit
einer durch die Geschossdecke führenden Stiege? – Die zwischen zwei
Geschossen eingezogene Decke ist ein allgemeiner Teil des Hauses.
Zwei untereinander liegende Eigentumswohnungen, die mit einer durch
die Geschossdecke führenden Stiege verbunden werden sollen, sind
weder baulich abgeschlossen noch deutlich abgegrenzt. Durch eine
solche Veränderung werden schutzwürdige Interessen anderer Miteigentümer
beeinträchtigt. | |
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Zahnarzt
als Nachbar: Kein Preisnachlass. – Beim Kauf einer Eigentumswohnung
muss man laut OGH grundsätzlich damit rechnen, dass auch eine Arztordination
in der Nachbarschaft entstehen kann. Kläger = Käufer einer Neubauwohnung,
unter der eine Arztpraxis eingerichtet wurde; Beklagter = Verkäufer
der Wohnung. | |
Zum schlichten Miteigentum:
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EvBl
1994/142: § 833 ABGB (§ 835 ABGB; § 14
WEG; § 1 AußStrG; § 40a JN) – Durchsetzung eines Mehrheitsbeschlusses.
– Die Durchsetzung eines im Rahmen der ordentlichen Verwaltung zustande
gekommenen Mehrheitsbeschlusses erfordert die Beschreitung des streitigen
Rechtsweges, wenn sie der aktiven Mitwirkung der überstimmten Minderheit,
etwa der Abgabe einer nicht anders zu erlangenden Willenserklärung,
bedarf. Mangels einer Verweisungsnorm, nach der dies im außerstreitigen
Verfahren zu geschehen hätte, kann die Durchsetzung nur durch Klage
erzwungen werden. | |
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Inhaltsverzeichnis |
B. Eigentumsvorbehalt
und Sicherungsübereignung |
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