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Inhaltsverzeichnis
SCHNELL GENAU UMFASSEND
Kapitel 6
zurück C. Der Vorvertrag: § 936 ABGB
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D. Ziel- und Dauerschuldverhältnisse
I. Die „zeitliche” Ausgestaltung der Leistung
Worin liegt der Unterschied zwischen einem Zeitungskauf am Kiosk oder vom Kolporteur und einem Zeitungsabonnement ?
1. Zum Unterschied
Manche Schuldverhältnisse kommen nur oder doch vornehmlich als vorübergehende Schuldverhältnisse – kurz: als Zielschuldverhältnis vor; etwa der Kaufvertrag. Ziel des Kaufes ist im Normalfall (zB Kauf im SB-Laden) der einmalige (Leistungs)Austausch von Kaufgegenstand und Kaufpreis. Mit seiner ordnungsgemäßen Erfüllung endet die Rechtsbeziehung (zwischen Verkäufer und Käufer). – Anders ist das bei Dauerschuldverhältnissen, die auf Dauer angelegt sind, sich also nicht in einem einmaligen Leistungsaustausch erschöpfen. Hier besteht vielmehr „die” Leistung in einem oft- oder doch mehrmaligen, ja uU sich immer wieder wiederholenden Leistungsaustausch; maW, in einem – mehr oder weniger ausgeprägten – Dauerverhalten. Typische Dauerschuldverhältnisse sind zB der Arbeits- oder Dienstvertrag und die Bestandverträge (also Miete und Pacht), aber etwa auch: Versicherungsverträge, Verlagsverträge oder Leasing-, Franchising- oder Factoringverträge. Und – wie erwähnt – auch typische Zielschuldverhältnisse wie Kauf und Werkvertrag kommen als Dauerschuldverhältnisse vor.


ZSchV – 	DSchV
Abbildung 6.23:
ZSchV – DSchV
Beispiel
Ein Zielschuldverhältnis liegt also vor, wenn der Leistungsinhalt schon bei Vertragsschluss (vollständig) feststeht, also zumindest bestimmbar ist; zB Kauf eines Autos, aber auch ein Lexikonkauf oder die Errichtung eines Bauwerks, mag dessen Errichtung auch Jahre in Anspruch nehmen. – Beim Dauerschuldverhältnis dagegen richtet sich der Leistungsinhalt nach der Dauer der rechtlichen Beziehung, also der Zeit; der Leistungsumfang ist bei Vertragsschluss entweder noch gar nicht bestimmt oder steht doch – verglichen mit dem Faktor Zeit – im Hintergrund; zB Gesellschaftsvertrag, kommunale Bezugsverträge über Strom, Wasser, Gas. Vgl auch → Vorvertrag <-> Bezugsverträge
Kriterien des ZSchV und DSchV
Ein Dauerschuldverhältnis wird aber auch dann angenommen, wenn es sich um ein Dauerschuldverhältnis auf bestimmte Zeit handelt, obwohl hier der Leistungsinhalt oft mittelbar durch die vereinbarte Zeitdauer bestimmbar wird. Dennoch wird auch hier der Leistungsinhalt wesentlich durch die Zeit bestimmt.
DSchV auf bestimmte Zeit
Es gibt also Dauerschuldverhältnisse, bei denen der Leistungsumfang schon bei Vertragsschluss „berechenbar” ist; zB die Lieferung von wöchentlich / monatlich 10 Tonnen Schotter durch ein ganzes Jahr. – In solchen Fällen ist durch Auslegung festzustellen, ob ein Zielschuldverhältnis (mit sukzessiver Leistungserbringung) oder ein Dauerschuldverhältnis gewollt war. Ein wesentliches Kriterium dafür ist es, ob die erbrachten Leistungsteile unselbständige Teile einer Gesamtleistung sind oder die einzelnen Leistungen nicht Teil eines gesamten Ganzen, sondern selbständig und nur zeitlich gestaffelt zu erbringen sind. Im ersten Fall (zB auch Lieferung einer Loseblattsammlung) ist ein Zielschuldverhältnis, im letzten (zB Strombezug) ein Dauerschuldverhältnis anzunehmen.


Untypische ZSchV & DSchV
Abbildung 6.24:
Untypische ZSchV & DSchV
„Die Grenze [zwischen Ziel? und Dauerschuldverhältnis] ist nach Ehrenzweigs Formulierung danach zu ziehen, ob sich die Leistungen nach der Dauer des Verhältnisses richten, dh dass so lange Leistungen erbracht werden müssen, als das Verhältnis währt [Dauerschuldverhältnis]; oder ob umgekehrt die Dauer des Verhältnisses sich nach den Leistungen richtet, dh dass das Verhältnis so lange dauert, als noch Leistungen ausständig sind (vorübergehendes Schuldverhältnis [Zielschuldverhältnis]). Ein Schuldverhältnis wird also nicht schon dadurch zu einem dauernden, dass die Erfüllung für den Schuldner zeitraubend ist, wenn nur ein bestimmter Moment feststellbar bleibt, in welchem der Enderfolg eintritt. Deshalb ist ein Werkvertrag, auch wenn er den Unternehmer jahrelang in Anspruch nimmt [zB Baumeister errichtet Großwohnanlage], kein Dauerschuldverhältnis”; Gschnitzer in Klang2, IV/1, 26.
Faustregel zur Abgrenzung
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2. Zwitterschuldverhältnisse kommen als ZSchV und DSchV vor
Aber auch typische Zielschuldverhältnisse – wie Kauf- und Werkvertrag – treten als Dauerschuldverhältnisse auf: Der Kauf etwa beim Zeitungs- und Zeitschriftenabovertrag oder die kommunalen Bezugsverträge, der Werkvertrag als Service- oder Reinigungsvertrag (für Lifte, EDV-Anlagen, Unternehmensreinigung etc. Auch Bewachungsverträge (zB von öffentlichen Gebäuden) durch Wachdienste sind Werkverträge als Dauerschuldverhältnis. Es geht dann eben nicht nur um einen einmaligen Leistungsaustausch oder das einmalige Erbringen eines werkvertraglichen Erfolgs, sondern um einen sich wiederholenden Vorgang, solange die vertragliche (Dauer)Beziehung besteht; zB das tägliche Reinigen der Universitätsgebäude.
Kauf und WerkV können ZSchV oder DSchV sein
Die Abgrenzung von Ziel- und Dauerschuldverhältnis ist nicht immer einfach, zumal auch die Erfüllung von Zielschuldverhältnissen uU längere Zeit in Anspruch nehmen kann; zB die Lieferung eines 20-bändigen Konversationslexikons, wobei vierteljährlich ein Band geliefert wird. – Oder: Die jahrelange Ausführung / Erfüllung eines Werkvertrags bei Errichtung eines großen Gebäudekomplexes. In beiden Fällen liegt aber eindeutig ein Zielschuldverhältnis vor. – Der Lexikonkauf ist zudem ein sog Sukzessivlieferungsvertrag, denn die Gesamtleistung wird sukzessiv, nach und nach in unselbständigen (!) Teil-Leistungen erbracht, die grundsätzlich wiederum Zug um Zug zu bezahlen sind → KAPITEL 2: Zug um Zug-Leistung.
Abgrenzung mitunter schwierig
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II. Bedeutung der Unterscheidung
Bedeutsam ist die Unterscheidung in Ziel- und Dauerschuldverhältnisse vor allem für die Beendigung des Schuldverhältnisses und – damit im Zusammenhang stehend – für die sog Rückabwicklung → Rückabwicklung bei Ziel- und Dauerschuldverhältnissen
1. Wozu dient die Kündigung?
Zielschuldverhältnisse tragen ihr Ende gleichsam in sich und erlöschen mit (ordnungsgemäßer) Erfüllung. Für Dauerschuldverhältnisse gilt dies nicht, das Ende muss ihnen vielmehr gesetzt werden. – Das kann von vornherein durch Zeitbestimmung geschehen; zB Mietvertrag auf sechs Monate oder Schilehrer für eine Woche. Oft werden aber Schuldverhältnisse auf unbestimmte Zeit eingegangen; zB Zimmermiete ohne zeitliche Beschränkung. In diesen Fällen braucht es die Möglichkeit, das Dauerschuldverhältnis durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, das ist die Kündigung, zu beenden.
Diese charakteristische einseitige Beendigungsmöglichkeit der oft auf unbestimmte Zeit eingegangenen Dauerschuldverhältnisse braucht es va deshalb:
Was rechtfertigt die einseitige Beendigung vertraglicher Beziehungen?
• weil niemand die Zukunft kennt; und
• auf Dauer angelegte Rechtsverhältnisse in besonderem Maße empfindlich für Veränderungen der für den Vertrag maßgebenden Verhältnisse sind (zur Umstandsklausel → Vorvertrag und Umstandsklausel);
• und schließlich auch die sorgfältigsten Parteien nicht sicher sein können, dass das bestehende Vertrauen zwischen den Vertragspartnern auch in Zukunft gewahrt bleibt.
Diese und weitere Überlegungen haben dazu geführt, ein einseitiges Beendigungsinstrumentarium für Dauerschuldverhältnisse zu schaffen, weil andernfalls nur zu leicht das Fortsetzenmüssen von Dauerschuldverhältnissen unzumutbar würde; dazu EvBl 1983/12 → Rechtsprechungsbeispiele
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2. Was ist und wie wirkt die Kündigung?
Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung (zu diesen Begriffen → KAPITEL 5: Ein-, zwei- und mehrseitige Willenserklärungen und → KAPITEL 5: Antrag und Annahme als zugangsbedürftige Willenserklärungen ¿ Zugang) zur Beendigung von Dauerschuldverhältnissen. Sie wird mit Zugang wirksam, was nicht mit der Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses verwechselt werden darf. Vielmehr kann es so sein, muss aber nicht so sein. Die ordentliche Kündigung löst das Dauerschuldverhältnis nämlich erst nach Ablauf der vertraglich vereinbarten oder gesetzlichen Kündigungsfrist auf, nicht schon mit ihrem Zugang. Diese Frist beginnt mit Zugang der Kündigungserklärung zu laufen. – Anders die außerordentliche Kündigung, bei der Wirksamkeit der Kündigungserklärung und Auflösung des Dauerschuldverhältnisses mit dem Zugang der Erklärung eintreten; freilich nur dann, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen.
o. und ao. Kündigung
Die Kündigung setzt aktiv wie passiv Geschäftsfähigkeit voraus. Ist bspw der Adressat der Kündigung nicht geschäftsfähig, muss die Kündigung an seinen gesetzlichen oder richterlich bestellten Vertreter (Sachwalter, Patientenanwalt etc) gerichtet werden, um gültig zu sein; vgl die folgende E.
Geschäftsfähigkeit nötig
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 1. 12. 1999, 9 Ob A 284/99a, EvBl 2000/96: Ein wegen paranoider Psychose Geschäftsunfähiger wird schriftlich gekündigt. – OGH hält die Kündigung zurecht für rechtsunwirksam; eine Heilung oder rückwirkende Bestätigung der einseitig empfangsbedürftigen Willenserklärung kommt nicht in Frage. (Aber auch die Handlungen des kranken Arbeitnehmers, die als wichtiger Kündigungsgrund bewertet wurden, stellten wohl kein zurechenbares Verhalten dar!)
Der OGH betrachtet die (gerichtliche) Kündigung als bedingungsfeindliches Rechtsgeschäft. Verstösse dagegen machen die Kündigung rechtsunwirksam. – In dieser Allgemeinheit erscheint diese Position aber fragwürdig.
Kündigung bedingungsfeindlich?
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 14. 1. 2000, 1 Ob 284/99t, SZ 73/6: Der Wortlaut der gerichtlichen Aufkündigung des Vermieters eines Geschäftslokals lautet auszugsweise wie folgt: „Wir kündigen der Gegenseite das im Hause in … gemietete Lokal Nr … gegen vierteljährliche Kündigung für den letzten Tag des Monats Juni 1997; für den Fall der nicht rechtzeitigen Zustellung jedoch für den 30. 9. 1997”. Die beklagten Mieter wendeten Unwirksamkeit der Kündigung ein, weil die Formulierung eine Bedingung bedeutet. – OGH gibt dieser Ansicht recht: Die gerichtliche Aufkündigung ist bedingungsfeindlich; sie sei daher bei Angabe alternativer Kündigungstermine, deren Wirksamkeit durch einen bestimmten Zustellzeitpunkt bedingt ist, insgesamt – somit auch hinsichtlich des ersten Kündigungstermins – rechtsunwirksam. (?)
Für die Auflösung von Dauerschuldverhältnissen – etwa wegen eines Mangels in der Wurzel (zB Irrtum) – haben Lehre und Praxis die Regel entwickelt, dass Gründe, die
Rückabwichlung von Dauerschuldverhältnissen?
• bei Zielschuldverhältnissen eine Auflösung ex tunc (also rückwirkend) rechtfertigen,
• bei Dauerschuldverhältnissen (nach ihrem tatsächlichen Beginn) nur dazu berechtigen, diese vorzeitig mit Wirkung ex nunc (also nicht rückwirkend, sondern nur für die Zukunft wirkend, also „ab jetzt”!) aufzulösen; dazu Gschnitzer in Klang2 IV/1, 446.
Der Grund dafür liegt in der faktischen Schwierigkeit, ja Unmöglichkeit einen zeitlich zurückliegenden Leistungsaustausch wieder rückgängig zu machen; sog Rückabwicklung → Rückabwicklung bei Ziel- und Dauerschuldverhältnissen – Wie soll bspw bei einem erfolgreich wegen Irrtums angefochtenen Arbeitsvertrag der bisher erfolgte Leistungsaustausch rückabwickelt werden? Die Arbeit ist geleistet und kann nicht mehr zurückgestellt werden. Gleiches gilt idR für das erhaltene Entgelt, das im Normalfall verbraucht wird; für Unterhalt, Kleidung, Miete etc.
Auch in anderen Rechtsgebieten außerhalb des Schuldrechts haben diese und ähnliche Gedanken zur Auflösbarkeit von Dauerrechtsbeziehungen geführt; vgl etwa das Recht der Ehescheidung in den §§ 46 ff EheG.
Auch bei Dauerschuldverhältnissen ist eine einvernehmliche Auflösung (durch contrarius actus) möglich; vgl im übrigen wiederum § 55a EheG: einvernehmliche Scheidung.
Einvernehmliche Auflösung
Bei rechtlichen Dauerbeziehungen spricht man, wenn es sich um schuldrechtliche Beziehungen handelt, von Dauerschuldverhältnissen; handelt es sich dagegen um andere – etwa dingliche oder familienrechtliche – Rechtsverhältnisse, spricht man von Dauerrechtsverhältnissen oder -beziehungen. Neben der schon genannten Ehe sind hier vor allem sachenrechtlich-dingliche Dauerrechtsbeziehungen wie Servituten, Reallasten oder ein Baurecht zu erwähnen, die freilich nicht ohne weiteres gekündigt werden können.
Beendigung rechtlicher Dauerbeziehungen
Dazu Gschnitzer, Sachenrecht 157 und insbesondere 171 f mwH (1985 2) in Ablehnung von JBl 1974, 618 (Dienstbarkeit der Wohnung kann wie ein Dauerschuldverhältnis einseitig aufgekündigt werden) und in Auseinandersetzung mit H. Mayrhofer, Abstehen vom Vertrag aus wichtigem Grund bei Dienstbarkeiten: Besprechung der E des OGH 25.9.1973, 3 Ob 127/73, JBl 1974, 593 ff mwH.
Literaturquelle
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III. Arten der Kündigung
Wir wissen bereits, dass die Kündigung das Instrument ist, um Dauerschuldverhältnisse zu beenden.
Es sind dabei zwei Arten der Kündigung zu unterscheiden:
o. und ao. Kündigung
• die ordentliche und
• die außerordentliche Kündigung.
Unbefristete Dauerschuldverhältnisse werden im Normalfall durch ordentliche Kündigung beendet. Das Instrument der außerordentlichen Kündigung dient dazu, um „notleidend” – dh unzumutbar – gewordene Dauerschuldverhältnisse vorzeitig aus wichtigem Grund rasch beenden zu können.
Auch diese Form der Beendigung von Schuldverhältnissen dient der Friedenssicherung. Es ist besser, dass sich die Parteien eines Schuldverhältnisses trennen können, als dass sie in einer Rechtsbeziehung festgehalten werden, die sie nicht mehr wollen. Das würde nur zu Unfrieden, vielleicht sogar Gewalt(akten) führen. – Wohl oder übel ist daher in solchen Fällen auch der fundamentale Rechtsgrundsatz „pacta sunt servanda” etwas zu relativieren.
1. Die ordentliche Kündigung
Die ordentliche Kündigung erfolgt stets befristet, muss dafür aber nicht begründet werden. – Bei dieser Art der Kündigung erfährt man daher uU gar nicht den Grund der Kündigung und hat auch keinen Anspruch darauf.
Bei Dauerschuldverhältnissen auf bestimmte Zeit erübrigt sich die ordentliche Kündigung. – Aber auch Dauerschuldverhältnisse auf bestimmte Zeit brauchen uU die außerordentliche Kündigung (aus wichtigem Grund).
In Bezug auf die ordentliche Kündigung spielen Kündigungstermine eine wichtige Rolle; so, wenn ein Vertrag die Regelung enthält, dass er auf das Viertel- oder Halbjahr hin unter Einhaltung einer ein-, zwei-, dreimonatigen oder halbjährlichen Frist gekündigt werden kann. Das heißt: Ist bspw der 1. Oktober Kündigungstermin, muss bei einmonatlicher Kündigungsfrist spätestens einen Monat vorher, also zum 31. August gekündigt werden; dh die Kündigung muss an diesem Datum bereits der anderen Partei zugegangen(!) sein: vgl § 560 ZPO. – Die Kündigung (als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung) wird mit Zugang wirksam. Der Zugang (= die rechtliche Wirksamkeit der Kündigung) ist aber – wie erwähnt – nicht zu verwechseln mit der Beendigung des Dauerschuldverhältnisses, die im Fall der ordentlichen Kündigung erst mit Ablauf der Kündigungsfrist – also zB nach 1 Monat – eintritt!
Kündigungstermine und Kündigungsfristen
Formulierung aus einem Mietvertrag
Beispiel
„Der Mietvertrag wird auf unbestimmte Dauer abgeschlossen und kann von jeder Vertragsseite unter Einhaltung einer dreimonatigen Frist auf den letzten eines jeden Quartals aufgekündigt werden. Die Vermieter verzichten jedoch auf die Dauer von 10 (zehn) Jahren, gerechnet ab Wirksamkeitsbeginn des Vertrags, darauf, von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen. Die Mieter verzichten ihrerseits auf die Dauer von 5 (fünf) Jahren, gerechnet ab Wirksamkeitsbeginn des Vertrags auf das Geltendmachen eines Kündigungsrechts, während sie nach Ablauf dieser Zeit keiner Bindung unterliegen. – Die Kündigung hat mittels eingeschriebenen Briefes zu erfolgen.”


Die ordentliche Kündigung
Abbildung 6.25:
Die ordentliche Kündigung
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2. Die außerordentliche Kündigung
Die außerordentliche Kündigungdagegen wirkt grundsätzlich fristlos, beendet also ein Dauerschuldverhältnis schon mit ihrem Zugang; dh uU etwa bei Anwesenden sofort. Wirksamkeit durch Zugang und Beendigung des Dauerschuldverhältnisses fallen hier (in einem Zeitpunkt) zusammen. Diese Art der Kündigung benötigt dafür aber das Vorliegen eines wichtigen Grundes, weshalb sie auch Kündigung aus wichtigem Grund genannt wird.
Wichtige Gründe stammen idR aus aufgetretenen Problemen im Dauerschuldverhältnis: zB unentschuldigtes Fernbleiben von der Arbeit, Tätlichkeiten des Arbeitgebers, Diebstahl; also einer Leistungsstörung, aber auch aus einem Mangel in der Wurzel → KAPITEL 7: Mängel von Rechtsgeschäften. – Der wichtige Grund kann auch aus der eigenen Sphäre des Kündigenden herrühren; zB: schwere Krankheit, familiäre Änderungen.
Wichtige Gründe
Die außerordentliche Kündigung hat demnach eine Ventilfunktion, um untragbar gewordene Dauerschuldverhältnisse beenden zu können und unzumutbare Rechtsbeziehungen möglichst gar nicht entstehen zu lassen. – Auf das außerordentliche Kündigungsrecht kann nicht (gültig) verzichtet werden. Als „Notventil” muss es vielmehr immer zur Verfügung stehen und besteht selbst dann, wenn es vertraglich ausgeschlossen wurde.
Ventilfunktion
Wichtige (Auflösungs)Gründe müssen nach der Rspr aber grundsätzlich unverzüglich – also ohne schuldhaftes Zögern – geltend gemacht werden; so etwa EvBl 1999/169 (zu § 22 Abs 1 HVertrG):
Unverzügliches Geltendmachen
Sowohl Unternehmer als auch Handelsvertreter müssen unverzüglich nach Kenntnisnahme vom Bestehen eines wichtigen Grundes die vorzeitige Auflösung des Vertretungsvertrages erklären. Ein sachlich nicht gerechtfertigtes Zuwarten muss objektiv dahin gedeutet werden, dass der Auflösungsberechtigte die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses trotz des Auflösungsgrundes im konkreten Fall nicht als unzumutbar empfindet, weshalb eine „Verwirkung” eintritt.
Die Verwirkung wird vom Schrifttum mitunter abgelehnt. Nicht immer überzeugend; vgl etwa P. Bydlinski, Bürgerliches Recht I: AllgT 68 (2000). Konstellationen wie die eben angeführte zeigen aber, dass wir dieser Rechtsfigur, maßvoll angewandt, nicht entraten können. Es handelt sich dabei um eine Rechtsausübung nach Treu und Glauben iSd § 914 ABGB: Verkehrssitte. Die Verwirkung gestattet eine brauchbare Mittellösung zwischen dem Verzicht iSd § 863 ABGB und der viel zu lange dauernden Verjährung. – Das österreichische (Privat)Recht kennt zwar kein allgemeines Rechtsinstitut der Verwirkung iS eines schlüssigen oder stillschweigenden Anspruchsverzichts durch bloßen Zeitablauf → KAPITEL 5: Arten von Willenserklärungen: § 863 ABGB. Treten aber besondere Umstände hinzu, die bspw ein späteres Geltendmachen als Verstoß gegen Treu und Glabuen erscheinen lassen, ist Verwirkung anzunehmen.
Die Judikatur nimmt nicht ohne weiteres das Vorliegen eines wichtigen Grundes an. Besonders von Geschäftsleuten wird, wie die folgende E zeigt, „viel” verlangt:
Strenge Judikatur Verwirkung
Rechtssprechungsbeispiel
JBl 1982, 143 (Tankstellenpacht): „Wer sich in einem Staat mit freier Marktwirtschaft am Konkurrenzkampf beteiligt, kann sohin auch bei Vertragsabschluss nicht voll abschätzbare Auswirkungen dieses Konkurrenzkampfes nicht zum Anlass für eine vorzeitige Vertragsauflösung nehmen. Die Beteiligung am Geschäftsleben beinhaltet eben unter solchen Umständen ein gewisses spekulatives Moment, dessen Folgen nicht auf den Vertragspartner abgewälzt werden können.” (Im konkreten Fall wurde in den Vertragsverhandlungen gerade jener Fall ausdrücklich ausgeschlossen, auf den sich der Kündigende idF berief.)
Vgl auch EvBl 1983/12 (Bierbezugsvertrag → Rechtsprechungsbeispiele ): „Eine außerordentliche Kündigung von Dauerschuldverhältnissen auf bestimmte Zeit ist nur dann möglich, wenn ein Ereignis eintritt, das die Fortführung des Dauerschuldverhältnisses unzumutbar macht”.
EvBl 1987/176: Pauschalpreisvereinbarung → KAPITEL 12: Zur (häufigen) Pauschalpreisvereinbarung.
Auf der andern Seite setzt die Annahme eines wichtigen Grundes kein Verschulden voraus; JBl 1999, 322: Auflösung eines Kfz-Händlervertrags aus wichtigem Grund nach § 22 Abs 2 Z 5 HVertrG 1993 wegen Konkurseröffnung.
OGH 16. 2. 2000, 7 Ob 321/99b, SZ 73/29: Klägerin (Gemeinde) schließt als Pächterin eines Grundstücks mit der Beklagten einen Mietvertrag betreffend eine Abstellfläche für einen Sammelcontainer zur Erfassung von Altkleidern und –schuhen. Die Gemeinde fordert die Beklagte idF auf, den Behälter wieder zu entfernen, da sie Kenntnis erlangt habe, dass das Sammeln von Alttextilien dem nöAWG widerspreche. Daraufhin kündigt die Klägerin der Beklagten und fordert sie auf, den Sammelbehälter zu entfernen. Diese leistet der Aufforderung jedoch nicht Folge, worauf die Klägerin Räumungsklage erhebt. – OGH: Auch bei Vermietung einer Grundfläche zu einem bestimmten Zweck kann eine dem Gesetz widersprechende Verwendung (hier: Sammeln von Altkleidern und -schuhen) vorliegen; setzt sie den Bestandgeber (Gemeinde) auch der Gefahr einer Verwaltungsstrafe aus, stellt dies (nach Kenntniserlangung der Rechtslage!) einen erheblich nachteiligen Gebrauch nach § 1118 erster Fall ABGB dar und rechtfertigt daher eine Kündigung aus wichtigem Grund.
Im Arbeitsrecht hat sich eine eigene Terminologie der außerordentlichen Kündigung herausgebildet. Man spricht von (fristloser) Entlassung, wenn von Arbeitgeberseite oder von (vorzeitigem) Austritt, wenn von Arbeitnehmerseite gekündigt wird.
Terminologie im „Arbeitsrecht“
Rechtssprechungsbeispiel
9 Ob A 166/90: Der Kläger, ein junger Angestellter, arbeitete in einer Schmuck- und Juwelenhandlung. An einem Mittwoch vor Weihnachten meldete er sich telefonisch krank (Grippe). Der Hausarzt verordnete fiebersenkende Mittel. Trotz seiner Krankheit besuchte der Kläger noch am gleichen Abend eine Diskothek und hielt sich dort bis etwa Mitternacht auf. Bekannte seiner Chefin sahen ihn. Seine Chefin entlässt ihn am nächsten Tag fristlos, was der junge Mann nicht versteht und seinerseits beim Arbeitsgericht klagt. Der OGH entscheidet jedoch, dass die Entlassung zu Recht erfolgt war, weil durch das Verhalten des Klägers das Vertrauen iSd § 27 AngG (→ KAPITEL 12: Endigung von Arbeitsverträgen) verwirkt worden war.
SZ 65/134: Tonbandaufzeichnung eines Vieraugengesprächs durch einen Angestellten begründet Vertrauensunwürdigkeit iSd § 27 Z 1, 3. Fall AngG → KAPITEL 4: Recht auf das eigene Bild: § 78 UrhG.
Die sog Fälligkeitskündigung – zB eines Darlehens – ist genau genommen gar keine Kündigung, sondern eine Fälligstellung, also Mahnung (Gschnitzer); dazu auch → KAPITEL 7: Fälligkeit, Mahnung, Stundung, Kreditierung.
Fälligkeitskündigung
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3. Form und besondere Voraussetzungen der Kündigung?
Die Kündigung ist grundsätzlich an keine Form gebunden und kann daher gültig sowohl mündlich wie schriftlich erfolgen. – Die Parteien können aber eine Form vereinbaren (§ 884 ABGB), was oft geschieht; zB schriftliche Kündigung oder mittels eingeschriebenen Briefs. – Schutzgesetze verlangen schriftliche oder gerichtliche (§ 33 MRG) Kündigung.
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4. Probleme nach der Kündigung?
Hat jemand sein Arbeitsverhältnis gekündigt oder wurde vom Arbeitgeber gekündigt, entstehen in der Praxis immer wieder Probleme. Etwa dadurch, dass zugleich mit der Kündigung, was bei ordentlicher Kündigung – wie wir wissen – nicht mit der Beendigung der vertraglichen Beziehung gleichzusetzen ist, auch die Suspendierung vom Dienst ausgesprochen wird.
Rechtssprechungsbeispiel
Einen derartigen Fall hatte der OGH (ZAS 1997, 10) zu entscheiden: Ein Primararzt war gekündigt und suspendiert worden. Der OGH sprach dem Gekündigten das Recht zu, bis zum Ende der einjährigen Kündigungsfrist weiterzuarbeiten, weil bei einem Chirurgen, der untätig ist, die Qualifikation leide. Gründe, die eine Weiterbeschäftigung objektiv für den Arbeitgeber unzumutbar gemacht hätten, lagen nicht vor.
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5. Ausnahmen von der Endigungsfreiheit bei Dauerschuldverhältnissen
• Mitunter können Dauerschuldverhältnisse nicht frei gekündigt werden. Der Grund liegt häufig im Schutz typisch sozial Schwacher. Das gilt für den Mieterschutz nach dem MRG; § 33: Gerichtliche Kündigung + Zins- und Kündigungsschutz; dazu → Ausnahmen von der Endigungsfreiheit bei Dauerschuldverhältnissen
• Im Arbeitsrecht besteht nach dem ArbVG 1973 ein Kündigungs- und Entlassungsschutz; vgl §§ 105 (Anfechtung von Kündigungen), 106 (Anfechtung von Entlassungen), 107 (Anfechtung durch den Arbeitnehmer), 130 ArbVG. Das Arbeitsrecht unterscheidet einen:
Der Arbeitgeber hat im Rahmen des allgemeinen Kündigungsschutzes den Betriebsrat vor jeder Kündigung zu verständigen, und dieser kann innerhalb von fünf Tagen Stellung nehmen oder Beratung mit dem Arbeitgeber verlangen. Kündigungen vor Ablauf der Fünf-Tage-Frist sind unwirksam. Eine individuelle Anfechtung der Kündigung durch Arbeitnehmer beim Arbeits- und Sozialgericht ist möglich. Freilich nur dann, wenn der Betriebsrat der Kündigung nicht ausdrücklich zugestimmt hat, was kaum vorkommt. Eine Anfechtung ist aus folgenden Gründen zulässig:
• Beschränkt ist das Kündigungsrecht auch in Alten-, Behinderten- und Pflegeheimen. Grundsätzlich sind auch diese Verträge für beide Seiten, also für Heimbewohner und Heimträger kündbar. Der Schutzgesetzcharakter verlangt aber nach Beschränkungen für Heimträger. Die Rspr gestattet Heimträgern nur die Kündigung aus wichtigem Grund.
Literaturquelle
Literaturquelle
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IV. Rückabwicklung bei Ziel- und Dauerschuldverhältnissen
1. Fehlerhafte Zielschuldverhältnisse
Fehlerhafte Zielschuldverhältnisse können auf verschiedene Weise beseitigt oder korrigiert werden, zumal es – wie wir gehört haben – im Regelfall um einen einmaligen Leistungsaustausch (nämlich: Ware / Leistung gegen Geld) geht, der eine Rückabwicklung grundsätzlich möglich macht; zB beim Kauf eines CD-Players: Zug um Zug Rückstellung von Sach- und Geldleistung. – Solche rechtsgeschäftlichen Mängel/Fehler können sein: Mängel in der Wurzel, also schon beim Zustandekommen des Vertrags (zB fehlende Geschäftsfähigkeit, Formmangel, Irrtum, Täuschung) oder ein Mangel in der Abwicklung / Leistungsstörungen; zB Verzug oder Gewährleistung → KAPITEL 7: Die Leistungsstörungen.
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2. Keine Rückabwicklung bei Dauerschuldverhältnissen
Die bei Zielschuldverhältnissen mögliche Rückabwicklung scheidet jedoch bei Dauerschuldverhältnissen grundsätzlich aus. Hat das Dauerschuldverhältnis erst einmal seinen Anfang genommen oder gar schon länger gedauert – zB ein Arbeitsvertrag, lassen sich seine Wirkungen sehr schwer oder meist gar nicht mehr rückgängig machen, selbst wenn sich nachträglich Mängel des Grundgeschäfts erweisen sollten; zB ein Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber über seine Fähigkeiten getäuscht oder dieser den Arbeitnehmer über dessen künftige Arbeitsbedingungen oder Aufstiegsmöglichkeiten. – Die Arbeit ist geleistet und lässt sich nicht mehr rückgängig machen; der Lohn wurde gezahlt und wurde idR für den Lebensunterhalt verbraucht. Daher lässt man bei Dauerschuldverhältnissen anstelle der rückwirkenden Vernichtung – sog Auflösung ex-tunc, die Aufhebung ex-nunc treten; dh das Dauerschuldverhältnis bleibt für die Vergangenheit bestehen und wird nicht rückabgewickelt, kann aber mittels Kündigung – genauer: mit deren Fristablauf oder Zugang! – für die Zukunft (auf)gelöst werden.
Aufhebung ex-nunc
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3. Sonderregelung des § 15 KSchG
Eine Sonderregelung trifft § 15 KSchG, insbesondere dessen Abs 2. Danach können auch länger dauernde Zielschuldverhältnissegekündigt” werden. Diese Terminologie ist an und für sich systemwidrig, wenngleich funktional aus Verbraucherschutzgründen vertretbar. Beendigungsmittel für Zielschuldverhältnisse sind nämlich zB der Rücktritt vom Vertrag (§§ 918, 920 ABGB) oder die Wandlung (§ 932 ABGB) – nicht aber die Kündigung. Terminologisch korrekter wäre es gewesen, von einem Rücktritt mit ex-nunc-Wirkung zu sprechen. Für den Begriff der Kündigung spricht freilich deren größere Bekanntheit. Die Kündigung nach § 15 Abs 2 KSchG ermöglicht damit einen Abbruch eines noch nicht vollständig erfüllten (Ziel)Schuldverhältnisses ohne Angabe eines Grundes, dafür aber auch ohne Rückabwicklung. Das ist funktional die Wirkung der ordentlichen Kündigung.
Beispiel


Beendigung von Dauerschuldverhältnissen
Abbildung 6.26:
Beendigung von Dauerschuldverhältnissen


Die „außerordentliche” Kündigung
Abbildung 6.27:
Die „außerordentliche” Kündigung


Endigungsfreiheit bei DSchV: Ausnahmen
Abbildung 6.28:
Endigungsfreiheit bei DSchV: Ausnahmen


Kündigungs- und Entlassungsschutz im AR
Abbildung 6.29:
Kündigungs- und Entlassungsschutz im AR


Allgemeiner Kündigungsschutz im AR (1)
Abbildung 6.30:
Allgemeiner Kündigungsschutz im AR (1)


Allgemeiner Kündigungsschutz im AR (2)
Abbildung 6.31:
Allgemeiner Kündigungsschutz im AR (2)


Kündigung von Heimverträgen
Abbildung 6.32:
Kündigung von Heimverträgen
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V. Rechtsprechungsbeispiele
Rechtssprechungsbeispiel
EvBl 1983/12: Bierbezugsvertrag Vertrag zwischen Brauerei und Gastwirt / Hotelier / Cafetier etc. § 879 Abs 1 ABGB: Kriterien für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines Bierbezugsvertrags; Einschränkung der zeitlichen Bindung durch den Richter; Voraussetzungen einer außerordentlichen Aufkündigung. – Wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, verstoßen Bierbezugsverträge weder gegen ein gesetzliches Verbot, noch sind sie unabhängig von ihrer inhaltlichen Gestaltung schon an sich sittenwidrig ( ...). Das Bemühen der Brauereien, durch möglichst langfristige Absatzverträge die Investitionsplanung zu schaffen, eröffnet den Gastwirten die Möglichkeit, sich durch den Abschluss von Bierlieferungsverträgen von den Brauereien Kredite oder sonstige Zuwendungen für die Ausstattung, die Renovierung und den Ausbau ihrer Betriebe zu verschaffen ( ...). Eine Sittenwidrigkeit langfristiger Bierbezugsverträge wird nur dann angenommen, wenn durch die Ausschließlichkeitsbindung und ihre Ausgestaltung im Einzelfall die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit und Selbständigkeit des Gastwirtes in unvertretbarer Weise eingeengt wird, so dass er in eine mit den Anschauungen des redlichen Geschäftsverkehres nicht mehr zu vereinbarende Abhängigkeit zur Brauerei gerät ( ...). Ob ein langfristiger Bierbezugsvertrag sittenwidrig ist, hängt nicht nur von der zeitlichen Dauer der vertraglichen Bindung, sondern ganz allgemein vom Inhalt, vom Motiv und vom Zweck des Vertrages ab. Bei der Beurteilung, ob ein solcher Vertrag sittenwidrig ist, sind die beiderseitigen, schutzwürdigen Interessen gegeneinander abzuwägen. Das schutzwürdige Interesse der Brauerei wird umso höher zu veranschlagen sein, je größer das von ihr zur Verfügung gestellte Äquivalent und je geringer die Beschränkung der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit des Gastwirtes ist ( ...). In der deutschen Rechtsprechung wurde wiederholt ausgesprochen, dass die ausschließliche Bezugsbindung 20 Jahre nicht überschreiten dürfe; das sei idR die äußerste Grenze einer noch nicht sittenwidrigen Bindung ( ...). Schlägt die Interessenabwägung eher zugunsten des Gastwirtes aus, dann sollte die ausschließliche Bezugsbindung 15 Jahre nicht übersteigen ( ...). Dem Berufungsgericht ist daher beizupflichten, daß die sich bis in das Jahr 2004 erstreckenden Bezugsverpflichtungen des Beklagten, welche auf Vereinbarungen aus den Jahren 1967 bis 1971 zurückgehen, wegen der langen zeitlichen Bindung und der damit verbundenen Einschränkung der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit als sittenwidrig angesehen werden könnten. Daraus folgt aber noch nicht die Abweisung des Unterlassungsbegehrens. Ist eine einzelne Vertragsbestimmung nur infolge ihrer zeitlichen, räumlichen oder umfänglichen Ausdehnung sittenwidrig, dann führt das noch nicht dazu, daß der gesamte Vertrag nichtig ist; der Richter hat, wenn zwingende Parteieninteressen dem nicht entgegenstehen, die sittenwidrige Vertragsklausel inhaltlich auf ein billiges und daher nicht zu beanstandendes Ausmaß zu reduzieren ( ...). Der Richter hat daher auch bei Bezugsverträgen unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteieninteressen den Vertrag mit der kürzeren angemessenen und daher noch nicht sittenwidrigen Laufzeit aufrechtzuerhalten ( ...). Selbst bei einer Reduzierung der zeitlichen Bezugsverpflichtungen des Beklagten würde aber derzeit auch bei Berücksichtigung der Relation der beiderseitigen Leistungen seine Bezugsverpflichtung und in deren Folge auch die Verpflichtung zur Unterlassung ( ...) des Bezuges eines anderen Bieres noch bestehen. Unter diesen Umständen kann aber auch die darauf gestützte außerordentliche Kündigung nicht berechtigt sein. Lehre und Judikatur haben allerdings in analoger Anwendung des § 1118 ABGB grundsätzlich die Möglichkeit einer vorzeitigen Auflösung jeglicher Dauerschuldverhältnisse bejaht ( ...): zu den Dauerschuldverhältnissen sind auch Unterlassungspflichten zu zählen ( ...). Die Möglichkeit einer außerordentlichen Aufkündigung wird damit begründet, daß auf Dauer angelegte Rechtsverhältnisse in besonderem Maß empfindl für die Veränderungen der für den Vertrag maßgebenden Verhältnisse sind, da es auch den sorgfältigsten Parteien nicht möglich ist, für alle Wechselfälle der undurchschaubaren Zukunft vorzusorgen, so daß sie in besonderem Maß des Schutzes der Rechtsordnung bedürfen ( ...). Die Auflösung ist möglich, wenn ein Ereignis eintritt, das die Fortführung des Dauerschuldverhältnisses unzumutbar macht ( ...). Ein solcher wichtiger Grund wurde etwa in einer nachträglichen Erschwerung der geschuldeten Leistung – selbst wenn die Erschwernis nicht so weit ging, daß die Leistung rechtlich als unmöglich angesehen werden mußte – erblickt ( ...). Diese Möglichkeit einer außerordentlichen Aufkündigung hat auch für Bierbezugsverträge zu gelten ( ...), wenn die Einhaltung eines Vertrages durch außerhalb der Verantwortung des Verpflichteten liegende Umstände erheblich gefährdet wurde und ihm deshalb nach Treu und Glauben nicht mehr zuzumuten ist ( ...). Ein Verhalten der Klägerin, das den Beklagten zur sofortigen Aufkündigung berechtigt, wurde von ihm aber nicht einmal behauptet: der Umstand allein, daß nach seinen Behauptungen derzeit ein Trend zu einem anderen als den Bieren der Klägerin besteht, berechtigt ihn nicht, die Bierbezugsverträge mit sofortiger Wirkung aufzukündigen.
Beachte
Rechtssprechungsbeispiel
MR 1987, 173: Verlagsverträge können als Dauerschuldverhältnisse aus wichtigen Gründen vorzeitig aufgelöst werden. – Der Verlagsvertrag begründet ein besonderes Vertrauensverhältnis [zwischen AutorIn und VerlegerIn]. Als wichtiger Grund einer Vertragsauflösung kommen deshalb insbesondere Umstände in Frage, die das Vertrauen in die Vertragstreue und Redlichkeit des Partners erschüttern. Dabei sind insbesondere die Interessenslage sowie Art und Maß der Störung zu prüfen. – Eine vorzeitige Auflösung kommt nur dann in Betracht, wenn eine Bereinigung auf anderem Weg nicht möglich und zumutbar ist. IdR muß der Vertragspartner (notfalls gerichtlich) zur Erfüllung angehalten werden. – Ein wichtiger Grund liegt [zB] vor, wenn der Verleger es verabsäumt, wegen Verletzung des Titelschutzes gerichtlich vorzugehen. Titelschutz gewährt § 80 Abs 1 UrhG: Damit ist gemeint, daß im vorliegenden Fall der Verleger nichts dagegen unternommen hat, daß der Titel des ihm vom Urheber in Verlag gegebenen Werkes von einem anderen Autor ebenfalls verwendet wurde. – Den Verlagsvertrag, als Sonderform des Werkvertrags, regeln die §§ 1172 f ABGB. Zum Werkvertrag → KAPITEL 12: Der Werkvertrag.
JBl 1982, 143: Tankstellenpachtvertrag.
EvBl 1987/176: § 1170 – Pauschalpreisvereinbarung: Der vereinbarte Pauschalpreis ist verbindlich, auch wenn sich herausstellt, daß die übernommenen Arbeiten die veranschlagten Mengen erheblich (hier: um 33 %) über- od unterschreiten .... Kl = Wäscherei / Werkunternehmer Bekl = Kurbetriebsgesellschaft / Werkbesteller Eine Vertragsanpassung gem § 1118 setzt die Unzumutbarkeit der Zuhaltung des Vertrages voraus, welche nur bejaht werden kann, wenn das Festhalten am Vertrag mit Recht u Gerechtigkeit schlechthin unvereinbare Folgen hätte .... Mit Vertrag v 8.1.1976 übernahm der Kläger die Reinigung der „gesamten in den derzeitigen Betrieben der Auftraggeberin (Beklagte) anfallenden Wäsche um den hiemit vereinbarten jährlichen Pauschalbetrag von 550.000 S” wobei die Vertragsdauer mit 10 Jahre ... festgesetzt wurde. Der Klägerstellte das Begehren auf Feststellung, der zwischen ihm u der bekl Kurbetriebsgesellschaft 1976 geschlossene Werkvertrag sei mit sofortiger Wirkung aufgelöst bzw aufgehoben; hilfsweise beantragte er a) die Feststellung, der vorgenannte Werkvertrag sei auf Grund seiner Aufhebungserklärung aufgehoben; b) die Verurteilung der beklagten Partei, ihm an Stelle des bisher im genannten Werkvertrag vereinbarten jährlichen Pauschalbetrages von 555.000 S einen solchen von 800.000 S zu zahlen. Das ErstG wies sowohl das Haupt- als auch die Eventualbegehren ab. Das BerG bestätigte das erstgerichtliche Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteige. Die Revision des Klägers ist nicht gerechtfertigt: ... Bei Werkverträgen mit Pauschalpreisvereinbarung darf der Unternehmer grundsätzlich keine Preiserhöhung verlangen, auch wenn das Werk mehr Arbeit od größere Auslagen erfordert, als er vorgesehen hatte. Der Pauschalpreisvertrag ist darauf angelegt, die Mengenermittlung durch Abrechnung zu ersparen, Mengenschwankungen ändern die Pauschalsumme nicht. Der Pauschalpreisvertrag enthält für beide Teile ein besonderes Wagnis, denn der Pauschalpreis ist verbindlich, auch wenn sich herausstellt, daß die übernommenen Arbeiten die veranschlagten Mengen erheblich über- od unterschritten haben .... Eine Auflösung von Dauerschuldverhältnissen ... aus wichtigen Gründen ist nach der Rspr auch dann zulässig, wenn die Unkündbarkeit dieses Vertragsverhältnisses vereinbart wurde. Solche wichtige Gründe sind auch Umstände, die es einer Partei billigerweise nicht mehr zumutbar erscheinen lassen, das Vertragsverhältnis aufrecht zu erhalten. ... Die Auflösungserklärung wurde hier spätestens mit der Klagezustellung (29.2.1980) abgegeben. Nach dem zur Rechtfertigung des Klagebegehrens in der Kläger geltend gemachten Klagegrund wird der behauptete wichtige Grund in der zwischenzeitigen Steigerung des Wäscheanfalles um ein Drittel, nämlich von ca 90.000 kg auf ca 120.000 kg, gesehen. Auch mit einer derartigen Schwankung u Zunahme des Wäscheanfalls um ca 33 % während einer längeren Vertragsdauer mußte aber bei einem Kurbetrieb mit wechselnden Kurgästezahlen durchaus gerechnet werden ....
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VI. Der Bestandvertrag: Miete und Pacht
Von Nadja Horvath
Literaturquelle
Rechtsquellen: – §§ 1090 ff ABGB; – MietrechtsG (MRG) 1981, BGBl 520 idgF BGBl I 2002/71; – LandpachtG (LPG, BGBl 1969/451); – KleingartenG 1959, BGBl 6; – WohnungsgemeinnützigkeitsG (WGG 1979), BGBl 139 (samt DurchführungsVO, zB EntgeltrichtlinienVO / ERVO 1994, BGBl 924); – HeizkostenabrechnungsG / HeizKG 1992, BGBl 827; – BauträgervertragsG (BTVG 1997), BGBl I 7; – StudentenheimG 1986, BGBl 291.
Ein Bestandvertrag beinhaltet die Überlassung des Gebrauchs einer (bestimmten) unverbrauchbaren Sache oder deren Teile gegen ein bestimmtes/bestimmbares Entgelt.
Er kommt in unserem Alltag häufig vor, da alles Mögliche ge- oder vermietet wird: Autos, Fahrräder, Faschingskostüme, Bücher, Wohnungen, Geschäftsräumlichkeiten oder Filme. Von besonderer Bedeutung ist die Inbestandnahme von Liegenschaften und hier wiederum von Räumen/ Wohnungen, zumal wir alle ein Dach über dem Kopf brauchen. Da jeder Mensch auf eine Unterkunft angewiesen ist, haben gesetzliche Regelungen über das Wohnen einen maßgebenden Einfluss auf die Gestaltung der Lebensplanung jedes Einzelnen. Gerade in Krisenzeiten hat daher der Gesetzgeber mitunter in den unterschiedlichsten Formen in das freie Kräftespiel zwischen Angebot und Nachfrage am Wohnungs’markt’, eingegriffen. Da Grund und Boden begrenzte Güter und somit nicht beliebig vermehrbar sind, Wohnraum dennoch für alle Einkommensschichten erschwinglich sein sollte, wurde im Jahre 1922 nach dem 1. Weltkrieg neben dem Bestandsrecht des ABGB (§§ 1090 ff), das seit der III. TN nur zwei zwingende Vorschriften im Bestandsrecht kennt (§ 1096 Abs 1 letzter Satz, § 1117 letzter Satz) das Mietengesetz (MG) erlassen. Damit wurden erstmals Mietzinsobergrenzen eingeführt. Im Jahre 1982 wurde das MG durch das Mietrechtsgesetz (MRG) abgelöst, das seither neben einer Vielzahl kleiner Novellen achtmal in größerem Ausmaß novelliert wurde. Im Gegensatz dazu gab es seit der III. TN (1916) im Bestandrecht des ABGB praktisch keine Veränderungen, obwohl eine immer größer werdende Anzahl von Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten dem Vollanwendungsbereich des MRG nicht mehr unterliegten Haben die Vertragsparteien keine Regelung vorgesehen, so erkennen sie oft zu spät, dass die subsidiär geltenden Bestimmungen der §§ 1090 ff ABGB kaum Abhilfe schaffen. Hier besteht Handlungsbedarf des Gesetzgebers, um die rechtlichen Rahmenbedingungen für jene Immobilien, die dem ABGB unterliegen, heutigen gesellschaftlichen Anforderungen anzupassen. – Sinnvollerweise sollten sämtliche Mietverträge, die der grundsätzlichen Wohnversorgung dienen (also idR der Hauptwohnsitz), dem Regime des MRG unterstellt werden.
1. Terminologie – Rechtsstellung – Rechtsschutz
Der Bestandvertrag ist ein typisches Dauerschuldverhältnis. Der Terminus dient in Österreich als Oberbegriff für Miete und Pacht.
Der Bestandvertrag gehört – gemeinsam mit Darlehen, Leihe und Verwahrung – zu den Verträgen auf zeitweilige Güterüberlassung; sog Gebrauchsüberlassungsverträge. Gegensatz: Güterübertragungsverträge: Kauf, Tausch und Schenkung → KAPITEL 2: Kauf: entgeltlicher Veräußerungsvertrag. Während bei der Miete der Gebrauch in der reinen Verwendung der Sache besteht, beinhaltet die Pacht auch die Fruchtziehung.
Zwischen Bestandgeber und Bestandnehmer besteht eine schuldrechtliche Beziehung. Bestandnehmer sind jedoch Rechtsbesitzer ihres Bestandrechts, was ihnen Besitzschutz – auch ohne rechtliche Vermittlung des Bestandgebers – gewährt; und zwar sowohl gegenüber dem Bestandgeber selbst, wie gegenüber Dritten, etwa anderen dinglich oder obligatorisch Berechtigten. Bestandnehmern stehen dabei nicht nur possesorische, sondern auch petitorische Rechtsmittel zu; zu dieser Unterscheidung → KAPITEL 3: Possessorium und Petitorium.
Rechtsstellung des Bestandnehmers
Rechtssprechungsbeispiel
Vgl JBl 1990, 447 = EvBl 1990/73 = SZ 62/204 (7 Ob 654/89) Störung der Ausübung des Mietrechts durch einen anderen Mieter: Immissionsschutz → KAPITEL 8: Die Immissionen ¿ Überblick.
EvBl 1999/103: Nächtlicher Motorradlärm durch Gasthausbesucher – Der Gattin des Mieters, die nicht Mitmieterin ist, stehen aber keine direkten Abwehransprüche zu..
JBl 1991, 110: Schädigung eines gepachteten Fischereirechts – Nach langer Zurückhaltung gewährt die Rspr dem Bestandnehmer nunmehr auch selbständige Schadenersatzansprüche bei Beeinträchtigung des Bestandrechts.
6 Ob 293/00g („ Schanigarten-Fall”), JBl 2001, 522: Die Mieterin der Räumlichkeiten im Erdgeschoß eines dreistöckigen Hauses betreibt darin ein Cafe-Restaurant mit Schanigarten, der mit einer Markise überdacht ist. An der Markise wurden durch aus den oberen Stockwerken geworfene Zigarettenstummel Brandlöcher verursacht. – OGH: Die Mieterin kann direkt gegen den Störer vorgehen und verliert deswegen nicht ihren Anspruch gegen den Vermieter. Schon aus der Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 1096 ABGB ist abzuleiten, dass es Sache des Vermieters ist, einen noch unbekannten Störer zu identifizieren.
OGH 21. 12. 1999, 1 Ob 6/99k – „Die Klavierspielerin”, SZ 72/205 = EvBl 2000/115: Eine Nachbarin klagt eine Klavierstudentin nach § 364 Abs 2 ABGB auf Unterlassung der Geräuschimmissionen durch langes Üben – täglich bis zu 9 Stunden, da dieses zu psychischen und physischen Gesundheitsproblemen geführt habe. – OGH hält 4 Stunden tägliches Üben außerhalb der Ruhezeiten für angemessen. Meinung des OGH erscheint noch nicht ausgereift; insbesondere die Unterscheidung, dass auf jemanden Rücksicht zu nehmen sei, der schon krank ist, nicht aber auf jemanden, der durch den Lärm krank werden kann, stellt eine Ungereimtheit dar.
Eine sachenrechtliche Beziehung zwischen Bestandgeber und Bestandnehmer schafft § 1101 ABGB, der dem Bestandgeber zur Sicherstellung des Bestandzinses ein gesetzliches Pfandrecht einräumt → Bestandrecht des ABGB: §§ 1090-1121
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2. Historische Entwicklung
Das römische Recht fasste – offenbar nach griechischem Vorbild – unter dem Oberbegriff der locatio conductio (rei) noch mehrere – heute selbständig ausdifferenzierte und unterschiedlich geregelte – Vertragstypen zusammen, nämlich: Miete, Werkvertrag und Dienstvertrag. Im Mittelalter äußert sich aber schon die – bereits römischrechtlich angelegte – typusmäßige Unterscheidung auch begrifflich: Es wird zwischen locatio conductio rei (Miete), locatio conductio operis (Werkvertrag) und locatio conductio operarum (Dienstvertrag) unterschieden.
Locator war der Vermieter, conductor der Mieter. Der Arbeitgeber = conductor, der Arbeitnehmer = locator; Werkunternehmer = conductor, Werkbesteller = locator.
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3. Der Bestandvertrag als entgeltlicher Konsensualvertrag
Das ABGB regelt den Bestandvertrag als entgeltlichen Konsensualvertrag und umschreibt ihn in § 1090 ABGB als Vertrag, „wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis [Entgelt / zB Mietzins] erhält”.
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 14. 9. 1999, 4 Ob 238/99z, EvBl 2000/42: Zur „ Bestimmtheitdes (Unter)Mietzinses: Das MRG normiert nur Obergrenzen; die Bestimmung des konkreten Mietzinses steht den Vertragsparteien zu. Ist die Höhe des Mietzinses vertraglich nicht geregelt, ist der Mietvertrag mangels Bestimmbarkeit eines der essentialia negotii nicht zustande gekommen. Verfehlt erschiene es dem OGH, über den sog hypothetischen Parteiwillen der unbestimmten Vereinbarung doch noch Inhalt zu verleihen u sich am ortsüblichen Mietzins zu orientieren. (?) Es bedarf der Festlegung eines jedem erschließbaren objektiven Kriteriums durch die Vertragsparteien zur Bestimmung des (Unter)Bestandzinses der Höhe nach zu bestimmen wäre.
Zu unterscheiden ist der Bestandvertrag von einer ganzen Reihe anderer (geregelter) Vertragstypen; etwa Leihe und Prekarium, dem Verwahrungsvertrag, Raumbenützung durch Miteigentümer im Rahmen getroffener Benützungsregelungen, familiären Benützungsverhältnissen, dinglichen Benützungsrechten (zB Wohnrecht), dem Beherbergungsvertrag, dem Timesharing und vielen Mischverträgen.
Abgrenzungen
Der Bestandvertrag ist häufig auch Teil gesetzlich nicht geregelter Mischverträge → KAPITEL 5: Gemischte und atypische Verträge. So enthält der Tankstellenvertrag regelmäßig Elemente des Bestandvertrags, eines freien Dienstvertrags und oft weitere Typenelemente; JBl 1986, 721. – Der Leasingvertrag besteht aus Elementen von Miete und Kauf; vgl EvBl 1982/68 oder ÖBA 1992, 838. – Mit dem Franchisevertrag verbindet sich immer wieder auch eine Unternehmens- und Rechtspacht; SZ 67/72. – Auch bei familiären Benützungsverhältnissen spielt der Bestandvertrag eine Rolle; dazu Binder, in: Schwimann, ABGB 2 § 1090 Rz 20 ff.
Bestandvertrag als Element von Mischverträgen
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4. Abgrenzung: Miete <-> Pacht
Das ABGB trifft die Unterscheidung zwischen Miete und Pacht in § 1091:
§ 1091 ABGB
Miete liegt danach vor, „wenn sich die in Bestand gegebene Sache ohne weitere Bearbeitung gebrauchen lässt”;
Pacht, „wenn sie nur durch Fleiß und Mühe benützt werden kann”. Die Pacht beinhaltet daher, im Gegensatz zur Miete, nicht nur ein Gebrauchsrecht, sondern auch das Recht zur Fruchtziehung.
In der Praxis besonders schwierig ist die Abgrenzung zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht. Nach der Rspr kommt es hier immer auf die Umstände des Einzelfalls an: SZ 58/8 = MietSlg 37.125/7; 38.135; 39.100; 44.141; 48.110; wobl 1997/57. – Ein Indiz für das Vorliegen eines Pachtvertrags ist es, wenn seitens des Bestandgebers die Betriebsmittel zur Verfügung gestellt werden oder ein Kundenstock, Warenlager oder eine Gewerbeberechtigung überlassen werden. Oft wird daher in Pachtverträgen eine Betriebspflicht (!) vereinbart. Vgl EvBl 1955/152: „Handlungsgeschäft“ oder JBl 1993, 590: Tankstelle; MietSlg 49.105: Zum Kriterium der Betriebspflicht.
Geschäftsraummiete oder Unternehmenspacht?
Maßgebend für die Abgrenzung ist daher nicht die in Bestand gegebene Sache sondern der vereinbarte Vertragszweck.
Rechtssprechungsbeispiel
Bei einem in Bestand gegebenen Unternehmen ist grundsätzlich Pacht anzunehmen; EvBl 1998/23 = immolex 1998/56.
Ein Fahrrad, Auto, eine Garage oder Wohnung werden gemietet; ein betriebenes Caféhaus, ein Hotel, ein Gewerbetrieb (zB Bäckerei) oder eine Jagd gepachtet.
Bei der Pacht handelt es sich demnach nicht nur um den bloßen Gebrauch der Bestandsache (Miete), sondern um ihre wirtschaftliche, also auf finanziellen Ertrag gerichtete, Nutzung.
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5. Soziales Miet- und Pachtrecht
Auf die historische Entwicklung wurde schon kurz eingegangen. Sie ist nicht unwichtig, um die soziale Bedeutung dieses Rechtsgebietes für viele Menschen zu verstehen.
Die Bestimmungen des ABGB über den Bestandvertrag werden sowohl für den Bereich der Wohnungs- und Geschäftsmiete, als auch den der Pacht, schutzgesetzlich überlagert. – Wohnen ist ein existentielles Grundbedürfnis, das noch heute für viele Menschen nach rechtlichem Schutz verlangt. (Miet)Wohnungen sollen daher nicht als Ware wie jede andere angesehen werden, zumal es einen echten Markt aufgrund der Begrenztheit von Grund und Boden nie geben kann. Der österreichische Gesetzgeber trug diesem Gedanken lange Rechnung, doch gehen die gesetzlichen Entwicklungen der letzten Jahre eindeutig in die Richtung einer Aufhebung der wichtigsten Grundsätze des MRG – nämlich des Preis- und Kündigungsschutzes. Gerade diese Prinzipien des Mieterschutzes garantierten jedoch eine ausgewogene leistbare Wohnversorgung der Menschen in Österreich und zusammen mit dem System der Wohnbauförderung entwickelten sich Österreich und seine Städte zu einem Gebiet mit hoher Wohn- und Lebensqualität und einer gut erhaltenen Gebäudesubstanz. Im Vergleich zu anderen europäischen Städten sind daher in Österreich Slums oder Ghettos nahezu unbekannt.
Preis- und Kündigungsschutz im Dienste einer ausgewogenen Wohnversorgung
Seit dem Jahr 2000 ist eine Trendwende zu beobachten. Nunmehr verfolgt die Wohnungspolitik in erster Linie Einzelinteressen von Immobilieninvestoren, die langfristig gesehen der österreichischen Wohnbevölkerung, aber auch der Volkswirtschaft, Schaden zufügen können.
Miete und Gesamtwirtschaft
Derzeit wenden die ÖsterreicherInnen statistisch gesehen rund ein Fünftel bis Viertel ihres Nettoeinkommens für das Wohnen, inklusive Strom und Heizung auf. In diesen Zahlen sind jedoch auch jene Wohnungsnutzer enthalten, die in Ein- und Zweifamilienhäusern oder in der eigenen Eigentumswohnung leben. Da diese Angaben nur statistische Durchschnittswerte darstellen, müssen sie näher beleuchtet werden. Wie aus der folgenden Tabelle unschwer erkannt werden kann, beansprucht die derzeit gesetzlich zulässige Mietzinsobergrenze in Form des sog Richtwerts (Kaltmiete) bei einem Mietvertragsabschluß im Jahr 2003 zwischen 25 und 40% des mittleren (!) Einkommens von unselbständig Erwerbstätigen. Aufgrund der großen Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern sind Frauen hier aber stärker belastet. Da bei der Berechnung das mittlere Nettoeinkommen herangezogen wurde, muss betont werden, dass bei jedem zweiten Mann die Kaltmiete mehr als 25% seines Nettoeinkommens beansprucht, während es bei jeder zweiten Frau bereits mehr als 40% sind.
Mit Blick auf die österreichische Gesamtwirtschaft ist es daher nicht sinnvoll, vom System der Mietzinsobergrenzen abzugehen, da die eingenommenen Mieten idR dem volkswirtschaftlich relevanten Geldkreislauf entzogen werden und nicht mehr dem allgemeinen Wachstum der Wirtschaft dienen.
Literaturquelle
Die nachstehenden Zahlen und Fakten rund ums Wohnen zeigen daher deutlich, welche volkswirtschaftliche Bedeutung Mietzinsobergrenzen haben, aber auch in welchem Ausmaß die BewohnerInnen Österreichs von rechtlichen Veränderungen in diesem Bereich in ihrer persönlichen Lebensplanung betroffen sind.
Mittleres Personennettoeinkommen 2001 versus Mietbelastung
Mietzinsberechnung für 50 m2
A - Richtwert für 5/ 2003 in Euro
WienWienTirol
Nettomiete / m2
4,324,325,27
BK / m2
1,601,601,60
Lagezuschlag
1,170,000,00
Summe netto
7,095,926,87
UST
0,710,590,69
7,806,517,56
für 50m2 Bruttokaltmiete
389,95325,60377,85
Mittleres Personennettoeinkommen 2001: D.h. 50% der Personen haben ein geringeres, 50% ein höheres Einkommen
Daten aus Statistik Austria
Wohnkostenbelastung in %
Nettoeinkommenpro Jahrpro Monatin %in %in %
Unselbständige15.420,001.285,0030,3525,3429,40
Frauen11.964,00997,0039,1132,6637,90
Männer18.258,001.521,5025,6321,4124,84
Lehrlinge5.416,00451,3386,4072,1483,72
Pensionisten12.344,001.028,6737,9131,6536,73
Frauen9.798,00816,5047,7639,8846,28
Männer15.834,001.319,5029,5524,6928,65
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6. Anwendungsbereich des MRG
Im Jahr 2001 lebten in Österreich 8.032.926 Millionen Menschen (davon 3.889.189 Männer) in 3,366.311 Haushalten. Im Durchschnitt leben somit ca.2, 38 Personen pro Haushalt. Deutlich angestiegen sind die Einpersonen-Haushalte, die 1,137.525 Mio Menschen zählen. Das sind immerhin ca 33,8% aller Haushalte.
Rechtstatsächliches
Nach den letzten Erhebungen der Statistik Austria in Form eines Mikrozensus für 2001 gab es im Juni 2001 ca. 3.284.400 Mio. Wohnungen mit Hauptwohnsitz (Volkszählung, Mikroszensus; Wohnbaustatistik – die Daten der Häuser- und Wohnungszählung 2001 sind bis dato leider noch nicht veröffentlicht) Diese Wohnungen befinden sich zu rund 1.732.000 Mio. und 52,7 % in Mehrfamiliengebäuden ab 3 Wohnobjekten. Das bedeutet wiederum, dass der Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser von ca 47,3 % fast die Hälfte des österreichischen Wohnungsbestandes ausmacht.
Von der Gesamtzahl der oben genannten Wohnungen wurden rund 907.800 oder 28 % vor 1945 errichtet und rund 1.700.000 Mio oder 52% aller Objekte in irgendeiner Form vermietet. Weiters wurden vom Gesamtbestand rund 360.000 (= 11%) als Eigentumswohnungen gezählt, wobei gerade diese Zahl besonders zu hinterfragen ist, da bereits bei der Häuser- und Wohnungszählung 1991 rund 310.000 Wohnungseigentümer gezählt wurden und die Eigentumswohnungen in den letzten Jahren verhältnismäßig stark in der Errichtung gefördert wurden und verstärkt durch Althausparifizierungen entstanden sind.
Da das MRG für Gebäude, die nach dem 8.5.1945 baubewilligt errichtet wurden, nur unter gewissen Voraussetzungen voll anwendbar ist – vgl v.a. § 1 Abs 4 MRG, reduziert sich demnach sein Anwendungsbereich laufend, sodass es im Grunde nur dort Bedeutung besitzt, wo es einen großen Altbestand von vor dem 8.5.1945 errichteten Bauten oder gefördert errichtete Mietwohnungen gibt. Inwiefern es sinnvoll ist zwei Klassen von Mietern zu schaffen, muss aber angesichts der dürftigen Regelungen im ABGB mehr als bezweifelt werden.
Mietrechtsgesetz (MRG 1981, BGBl 520): Der Mieterschutz beginnt während des Ersten Weltkriegs; drei MieterschutzVO 1917 und 1918. 1922 wird das MietenG (MG) beschlossen; BGBl 872. Mit dem MRG 1981, BGBl 520, kam es zu einer Neufassung, die seither mehrfach geändert wurde. – Das Mietrecht ist eine komplexe und nicht leicht verständliche Materie; vgl auch den „Kasten”: Beratung in Mietangelegenheiten.
Der Grundgedanke des Mieterschutzes, dass Wohnen „leistbar” sowie „sicher” sein soll und dass die Wohnung mehr ist als eine Ware, nämlich sozialer Lebensmittelpunkt, ist nach wie vor aktuell. Das Unverständnis von Politikern und Wissenschaftlern für diese existentiellen Fragen ist bedauerlich.
Schutzgesetze im Bestandrecht: Überblick


Beratung in Mietangelegenheiten


Mietervereinigung Österreichs, 1010 Wien, Reichsratsstraße 15, Tel: 01/40185-0, Fax: 01/40185-33, e-mail: zentrale@mietervereinigung.at; internet: http://www.mietervereinigung.at Publikationsorgan: Der Mieter; erscheint vierteljährlich. In den Bundesländern gibt es Zweigstellen.
Mieterschutzverband Österreichs, 1070 Wien, Döblergasse 2, Tel: 01/5232315, Fax: 01/52304139. Publikationsorgan: Die Mieterzeitung; erscheint vierteljährlich.
Österreichischer Mieter- und Wohnungseigentümerbund, 1010 Wien, Biberstraße 7, Tel: 01/5125360, Fax: 01/5125360-10
Literaturquelle
Landpachtgesetz: LPG 1969, BGBl 451.
Kleingartengesetz 1959, BGBl 6.
Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz: WGG 1979, BGBl 139
Das WGG enthält Regelungen, die Gemeinnützige Bauvereinigungen (GBV; 2001 waren es 210) selbst betreffen (zB ihre Organisation), aber auch Bestimmungen, die das Verhältnis zu ihren Kunden regeln; zB § 21 WGG. – Das WGG findet auf Gebäude Anwendung, die von einer GBV in eigenem Namen errichtet wurden oder in ihrem Eigentum stehen oder doch standen: Das WGG ist mit seinen Mietzinsbegrenzungen daher auch dann anzuwenden, wenn das Gebäude an eine Privatperson verkauft wird. Erwirbt eine GBV ein privates Miethaus, gilt das WGG nur bei Neuvermietungen.
Bauvereinigungen, die als gemeinnützig anerkannt sind, haben ihre Tätigkeit nach § 1 Abs 2 WGG unmittelbar auf die Erfüllung von dem Gemeinwohl dienenden Aufgaben des Wohnungs- und Siedlungswesens zu richten und ihr Vermögen der Erfüllung solcher Aufgaben zu widmen und ihren Geschäftsbetrieb regelmäßig überprüfen zu lassen.
Gemeinnützige Bauvereinigungen schließen im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit Miet-, Nutzungs- oder Kaufverträge (diese zur Begründung von Mit- oder Wohnungseigentum) ab; § 13 WGG. Für den Abschluss derartiger Verträge formuliert § 21 WGG (nach dem Vorbild des § 6 KSchG) Beispiele für „rechtsunwirksame Vereinbarungen”; zB Unkündbarkeit abgeschlossener Verwaltungsverträge. Auch andere Bestimmungen enthalten Schutzvorschriften für Vertragspartner GBV; zB § 18 WGG: zwingende Vertragsbestimmungen.
Zum Verhältnis von MRG und WGG ist – als Faustregel – folgendes zu sagen; vgl insbesondere § 1 Abs 3 MRG sowie § 20 WGG (Anwendung mietrechtlicher Bestimmungen auf das WGG): Der Kündigungsschutz des MRG gilt auch für das WGG, nicht aber die Zins- oder Preisschutzregeln des MRG. Dafür kennt das WGG eigene Bestimmungen.
StudentenheimG 1986, BGBl 291.
Es regelt die Rechtsverhältnisse, die sich aus der Vergabe von Heimplätzen durch Heimträger an Studierende (Heimbewohner) ergeben; § 1. § 5 regelt den Benützungsvertrag, § 12 die Kündigung.
Der österreichische Mieterschutz wird von drei Säulen getragen:
Charakteristika des Mieterschutzes
• dem Zinsschutz als Schutz gegen Zinserhöhungen: Der Zinsschutz ist mittlerweile stark gelockert; vgl § 16 MRG und das RichtwertG 1993, BGBl 900.
dem Kündigungsschutz: Dem Vermieter steht kein freies Kündigungsrecht zu. Er kann nur aus bestimmten, gesetzlich angeführten – nunmehr in § 30 MRG (früher § 19 MG) geregelten – wichtigen Gründen kündigen. Allerdings wurde mit der Wohnrechtsnovelle 2000 der Kündigungsschutz aufgrund der vollkommenen Öffnung der Befristungsmöglichkeiten (abgesehen von einer Mindestbefristung von 3 Jahren, Kettenmietverträge sind jedoch zulässig) stark aufgeweicht.
Kündigungsgeschützt waren bisher nicht nur Wohnungen, sondern auch Geschäftslokale. Zum gespaltenen Mietverhältnis → KAPITEL 7: Schuldvertrag und Schuldverhältnis. Zum Räumungsvergleich vgl unten.
• und der gerichtlichen Kündigung; § 33 MRG: Danach können dem MRG unterliegende Mietverträge von beiden Seiten „nur gerichtlich gekündigt werden”. Der Vermieter hat in der Kündigung die Kündigungsgründe kurz anzuführen. Den Vermieter trifft nach § 33 Abs 1 Satz 3 MRG die Beweislast dafür, dass der von ihm geltend gemachte Kündigungsgrund vorliegt.
• Die Vorschriften des Schutzgesetzes MRG beinhalten zudem vorwiegend zwingendes Recht.
Politisch zu bedenken ist, dass der Mieterschutz über seine soziale Wirkung hinaus auch wichtige städtebauliche Funktionen erfüllt, indem er für eine soziale Durchmischung der Stadtviertel sorgt, dadurch die Kriminalität senkt und Slumbildungen vorbeugt.
Literaturquelle
- § 1 MRG unterscheidet zwischen Voll- und Teil anwendungsbereich. Daneben gibt es noch eine Vielzahl von Objekten , die dem MRG gar nicht unterliegen. Trotzdem geht es in seinem § 1 Abs 1 mittels einer Generalklausel grundsätzlich vom Vollanwendungsbereich aus. Wer das MRG voll oder teilweise ausschließen will, ist beweispflichtig, dass ein Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 – 5 vorliegt. Vollanwendung bedeutet vor allem Kündigungsschutz + Mietzinsobergrenzen; im Teilanwendungsbereich hingegen gilt nur der Kündigungsschutz; vgl § 1 Abs 4 MRG: aber etwa auch die Vorschriften über den Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag sowie das Eintrittsrecht naher Angehöriger im Todesfall. – Subsidiär gilt das ABGB.
Anwendungsbereich
Mit der Wohnrechtsnovelle 2001 (BGBl I 2001/161) wurde unter dem Titel Harmonisierung des MRG erstmals der Anwendungsbereich des MRG in einem Gebäude aufgesplittet. So gilt für Dachgeschossausbauten in Gebäuden, die an sich dem MRG voll unterliegen, nur der Kündigungsschutz sowie das Eintrittsrecht im Todesfall, wenn sie mit einer Baubewilligung errichtet werden, deren Rechtskraft nach dem 31.12.2001 liegt.
- In § 2 MRG wird geregelt, wann eine Haupt- und wann eine Untermiete vorliegt. Nach jüngerer Rspr des OGH gilt zumindest § 2 Abs 1 auch für jene Objekte, für die das MRG gar nicht oder nur teilweise Anwendung findet; MietSlg 49.217. Generalklauselartig wird in § 2 Abs 2 festgestellt, dass eine Untermiete dann vorliegt, „wenn der Mietvertrag mit einer Person geschlossen wird, die in Abs 1 nicht genannt ist.” Es kommt, somit nicht auf die Vertragsbezeichnung an. Der (Wohnungs)Eigentümer der Liegenschaft, der Mieter oder Pächter eines ganzen Hauses oder der Fruchtnießer einer Liegenschaft oder Eigentumswohnung begründet immer ein Hauptmietverhältnis. – Da die Untermiete bis 2000 gerne als Umgehungsfigur verwendet wurde, um den Preis- oder Kündigungsschutz das MRG auszuschließen, bestimmt § 2 Abs 3 Satz 1:
Haupt- und Untermiete
„Besteht bei Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln, dass ein Hauptmietvertrag nur zur Untervermietung durch den Hauptmieter und zur Umgehung der einem Hauptmieter nach diesem Bundesgesetz zustehenden Rechte geschlossen wurde, so kann der Mieter, mit dem der Untermietvertrag geschlossen wurde, begehren, als Hauptmieter ... anerkannt zu werden.”
Aufgrund des Öffnung der Mietzinsobergrenzen durch den Richtwert sowie die völlige Liberalisierung der Befristungsmöglichkeiten spielt die Scheinuntermiete heute im Gegensatz zu früher nur mehr eine geringe Rolle.
Beispiel
Rechtssprechungsbeispiel
SZ 71/18 (1998): Zur Umgehungsabsicht iSd § 2 Abs 3 MRG.
OGH 8 Ob 122/00z, JBl 2001, 527: Eine Barkaution in der Höhe von ca 11 Monatsmieten muss noch keine ungewöhnliche Nebenabrede iSv § 2 Abs 1 MRG sein – Im Bereich von MRG-Objekten ist festzuhalten, dass aufgrund des Kündigungsschutzes der Kauf die Miete nicht bricht (vgl dagegen § 1120 ABGB), sondern der neue Eigentümer in sämtliche Vertragsbestimmungen, die keinen ungewöhnlichen Inhalt haben, eintritt. Zuletzt hat hier der OGH festgehalten, dass weder ein Kündigungsverzicht nach § 30 Abs 2 Z 4 und 6 MRG noch ein eingeräumtes Weitergaberecht eine ungewöhnliche Nebenabrede darstellt. Nunmehr kommt er zum Schluss, dass auch eine Barkaution von 11 Monatsmieten keineswegs außergewöhnlich ist.
- §§ 3, 4, 5, 6, 7, 8 Abs 2 MRG
Erhaltung, Wiederherstellung und Verbesserung
Grundsätzlich werden die Erhaltungspflichten dahingehend getrennt, dass für allgemeine Teile des Hauses (Dach, Fassade Außenfenster, Stiegenhaus, allgemeine Leitungen etc.) der Vermieter (Liegenschaftseigentümer) zuständig ist und auch die Kosten dafür tragen muss, während den Mieter eine Instandhaltungspflicht ab Übernahme für den Innenteil des Mietgegenstands trifft (§ 8 Abs 1 MRG). Bis vor kurzem ging die Rspr des OGH davon aus, dass sowohl vor als auch nacharbeiten im Zuge solcher Erhaltungsarbeiten das Schicksal der „Hauptarbeiten” teilen, d.h. jener die Kosten zu tragen hat, der nach MRG für den enstprechenden Gebäudeteil zuständig ist. Aufgrund einer jüngeren Entscheidung (1 Ob 228/00m) gehen die unteren Instanzen derzeit von dieser stimmigen Betrachtungsweise ab. So wird im Zuge der Behebung eines Wasserschadens zwar sämtliche Kosten die mit der Instandsetzung des Schadens an der Mauer inklusive Verputz kostenmäßig dem Vermieter aufgebürdet, nicht dagegen das neue Ausmalen, Tapezieren oder Verfließen. Hier müsste sich demnach der Mieter in Hinkunft im streitigen Verfahren um die Wiederherstellung des vorigen Zustands bemühen. Dieser bislang vereinzelten E kann nicht gefolgt werden, erging sie noch dazu gar nicht im Rahmen eines Antrags nach § 3, 6 MRG, sondern im Zuge eines Schadenersatzverfahrens. 1 Ob 228/00m, EvB 2001/79: Der Eigentümer eines Hauses ließ an diesem Bauarbeiten durchführen, wodurch Risse und Setzungen am Nachbarhaus (Miethaus) entstanden. Ein Mieter erhebt gegen den Bauführer eine Schadenersatzklage. – OGH: Soweit Behebungskosten Schäden an der Bausubstanz betreffen, sind diese im Vermögen des Vermieters (Hauseigentümers) aufgetreten; ihm obliegen die Erhaltungsarbeiten bezüglich ernster Schäden. Der Mieter kann diese nicht im eigenen Namen geltend machen. Die reine Oberflächengestaltung im Inneren eines Mietobjekts durch Malerei, Tapeten etc fällt hingegen (selbst bei größtem Kostenaufwand) nicht in die gesetzliche Erhaltungspflicht des Vermieters. Zur Geltendmachung dieser Schäden ist somit der Mieter selbst aktivlegitimiert.
- § 8 MRG – Geregelt wird der Umfang des Benutzungsrechts, aber auch die Duldungspflichten bei Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten, die bis zur Abtretung von Wohnungsteilen zB bei einem Lifteinbau gehen können; 5 Ob 151/02w. Jedoch steht dem Mieter nach § 8 Abs 3 MRG ein verschuldensunabhängiger Entschädigungsanspruch für alle Beeinträchtigungen zu, die er aufgrund zu duldender Arbeiten erlitten hat.
Umfang des Benutzungsrechts
Grundsätzlich darf der Mieter keinerlei Veränderungen am Mietgegenstand ohne vorherige Zustimmung durch den Vermieter vornehmen. Nach § 9 MRG: Veränderung / Verbesserung des Mietgegenstandes – werden jene Rahmenbedingungen aufgezählt, die der Mieter einhalten muss, wenn er die Zustimmung seines Vermieters durch jene des Gerichts ersetzen will. In § 9 Abs 2 MRG werden all jene Veränderungen aufgezählt, die seitens des Vermieters jedenfalls nicht verhindert werden können.
- § 10, § 27 MRG – Verbotene Vereinbarungen und Strafbestimmungen (zB Abs 1 Z 1: verbotene Ablösen)
Verbotene Vereinbarungen
Unter einer legalen Ablöse nach § 10 MRG oder einem sog Investitionsersatz versteht man Ausgaben und Verbesserungen, die der Mieter bzw. seit März 1997 auch der Vormieter in die Wohnung investiert hat, wie etwa den Einbau von Klosett, Bad, Dusche oder Installationen. Diese Ausgaben können vor Auszug gegenüber dem Vermieter unter Vorlage der Rechnungen geltendgemacht und anteilig zurückverlangt werden. – Hier sind allerdings beachtliche Formvorschriften einzuhalten, will der Mieter nicht seiner Ansprüche verlustig gehen. Daneben sind Ersatzansprüche auch über § 1097 ABGB möglich.
Möbelablöse: Oft werden aber auch hohe Geldbeträge für zurückgelassene Möbel verlangt. Hier ist der Nachmieter nicht verpflichtet, diese zu übernehmen. Kauft er sie jedoch dem Vormieter ab, so darf dieser nur den Zeitwert oder den Verkehrswert verlangen (das ist jener Betrag, den der Verkäufer erhalten würde, wenn er die Möbel zB in einer Zeitschrift zum Verkauf anbietet). Jeder Betrag der diesen Wert übersteigt, kann binnen 10 Jahren zurückgefordert werden; § 27 Abs 1 MRG.
Ablösen für Kündigungsverzicht: Der Vermieter kann vom Wohnungssuchenden nur in dem Fall Geld für den Mietvertragsabschluß verlangen, wenn er auf folgende Punkte verzichtet: 1. Kündigung wegen gänzlicher Untervermietung der Wohnung nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG und 2. Kündigung wegen Nichtbenützung der Wohnung gemäß § 30 (2) Z 6 MRG. Für diesen Verzicht kann der Vermieter bis zu 120 Nettomonatsmieten verlangen. Dieser Verzicht darf aber nicht befristet werden und muss auf ausdrücklichen Wunsch des Mieters vereinbart worden sein.
Vertragserrichtungskosten: In machen Fällen wird versucht die Kosten der Vertragserrichtung auf die Mieter zu überwälzen. Ein derartiger Versuch ist dann illegal, wenn das Mietobjekt dem Vollanwendungsbereich insbesondere den Mietzinsobergrenzen unterliegt und der Vertrag durch den Vermieter aufgesetzt wurde.
Überhöhte Kaution: Nach der Rspr des OGH kann eine Kaution, die mehr als 6 Bruttomonatsmieten umfasst, überhöht sein, da idR kein Sicherungsbedürfnis in diesem Ausmaß vorliegt. Dann kann der darüber hinausgehende Betrag nach § 27 Abs 1 MRG zurückgefordert werden.
Rechtssprechungsbeispiel
SZ 69/243 II (1996.): Eine vom Mieter zu leistende Barkaution verstößt gegen das Ablöseverbot des § 27 Abs 1 MRG, wenn ein adäquates Verhältnis zwischen dem Sicherstellungsinteresse des Vermieters und der Höhe der Kaution fehlt, was anzunehmen ist, wenn die Barkaution 70 Bruttomonatesmieten beträgt; angemessen wären maximal 6.
- § 11 MRG: Untermietverbote
- § 12 (Abtretung des Mietrechts), § 12 a (Veräußerung und Verpachtung eines Unternehmens), § 14 MRG (Mietrecht im Todesfall)
Es gibt für die Weitergabe der Wohnung (Weitergabe des bestehenden Mietvertrags) vier gesetzliche und eine vertragliche Möglichkeit. – Die gesetzlichen Möglichkeiten, die Wohnung des bisherigen Hauptmieters zu übernehmen sind:
- § 14 MRG: Der Tod des Hauptmieters beendet den Vertrag nicht, denn es können die im gemeinsamen Haushalt lebenden Verwandten, die Mietrechte ex lege übernehmen. Nur eine Verständigung des Vermieters binnen 14 Tagen ab dem Ableben verhindert diesen Eintritt – die volle Anwendung des MRG ist nicht Bedingung. Voraussetzungen sind ein gemeinsamer Haushalt im Zeitpunkt des Todes und ein dringendes Wohnbedürfnis (zB kein anderes Mietverhältnis). Eintrittsberechtigt sind der Ehegatte, der Lebensgefährte, Verwandte in gerader Linie einschließlich der Wahlkinder, die Geschwister des bisherigen Mieters. Lebensgefährte iSd Bestimmung ist, wer mit dem bisherigen Mieter bis zu dessen Tod durch mindestens drei Jahre hindurch in der Wohnung in einer in wirtschaftlicher Hinsicht gleich einer Ehe eingerichteten Haushaltsgemeinschaft gelebt hat; einem dreijährigen Aufenthalt des Lebensgefährten in der Wohnung ist es gleichzuhalten, wenn er die Wohnung seinerzeit mit dem bisherigen Mieter gemeinsam bezogen hat. – Bislang galt dies nicht für gleichgeschlechtliche Lebensgefährten, doch hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kürzlich Österreich diesbezüglich verurteilt. Nach der Rspr des OGH muss jedenfalls neben der Wirtschaftsgemeinschaft auch eine sexuelle Beziehung bestanden haben.
- § 12 MRG – Gilt nur im Vollanwendungsbereich des MRG. Hier ist Voraussetzung ein gemeinsamer Haushalt für die Dauer von 2 Jahren , bei Geschwistern 5 Jahre. Dem mehrjährigen Aufenthalt in der Wohnung ist es gleichzuhalten, wenn der Angehörige die Wohnung seinerzeit mit dem bisherigen Mieter gemeinsam bezogen hat, beim Ehegatten auch, wenn er seit der Verehelichung, und bei Kindern auch, wenn sie seit ihrer Geburt in der Wohnung gewohnt haben, mag auch ihr Aufenthalt in der Wohnung noch nicht die vorgeschriebene Zeit gedauert haben. Der Eintritt in das Hauptmietrecht nach den §§ 87 und 88 EheG (bei Scheidung) ist daneben außerdem möglich. Die bisherige Hauptmieter muss selbstverständlich ausziehen, allerdings müssen Abtretungserklärung und Auszug zeitlich nicht zusammenfallen; MietSlg 31.448. Der ausziehende Hauptmieter kann die Mietrechte an seinen Ehegatten oder Verwandten in gerader Linie einschließlich der Wahlkinder (nicht Pflegekinder) oder Geschwister abtreten. – An Lebensgefährten kann derzeit nicht abgetreten werden.
- § 12a MRG gilt nur im Vollanwendungsbereich des MRG: Bei einer Veräußerung des Unternehmens, gehen die Mietrechte auf den Erwerber automatisch über. Unter den Unternehmensbegriff dieser Gesetzesstelle fallen auch ohne Gewinnabsicht vorgenommene Tätigkeiten im öffentlichen Interesse bei Verfolgung humanitärer, geistiger oder kultureller Ziele oder zur Erreichung eines statutengemäßen Vereinsziels; SZ 71/17 (1998): Studienreisen für Vereinsmitglieder. Der Vermieter hat allerdings dann das Recht, binnen 6 Monaten ab Bekanntgabe der Veräußerung den Mietzins anzuheben, sofern der bisherige Mietzins unter der Angemessenheitsgrenze lag. OGH 7. 4. 2000, 5 Ob 267/98w (verst Senat), SZ 73/66 = JBl 2000, 643 Einzelunternehmen wird GmbH – Mietzinserhöhung? – OGH erblickt darin Grund für Anhebung des Mietzinses gem § 12a MRG, obwohl keine Veränderung der wirtschaftlichen Machtverhältnisse vorliegt.
In allen Fällen ist die Vertragsübernahme des neuen Hauptmieters gesetzlich vorgesehen, der Vermieter muss daher nicht (!) zustimmen, er muss aber vom Wechsel verständigt werden, da sich der Mietzins ändern kann (§§ 46, 46a). Wird die Meldung, die auf den Übergang der Mietrechte keine rechtliche Auswirkungen hat, erst viel später gemacht, wird der neue Mieter uU schadenersatzpflichtig, wenn der Vermieter aufgrund des Mieterwechsels den Mietzins hätte anheben können.
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 5 Ob 57/02x, JBl 2003, 53: Mieterin überträgt 1990 ihre Mietrechte an ihre Tochter und ihre minderjährige Enkelin, was der Hausverwaltung mitgeteilt wird. Die pflegschaftsbehördliche Genehmigung wird aber erst 10 Jahre später eingeholt. Der Vermieter verlangt für die Zeit bis zur Genehmigung trotz § 46 Abs 1 MRG einen höheren Mietzins, da für diesen Zeitraum nur die Tochter allein in das Mietverhältnis eingetreten sei. – OGH verneint dies, da die pflegschaftsbehördliche Genehmigung des Eintritts von Minderjährigen in ein Mietverhältnis jedenfalls dann zurückwirke, wenn dadurch die Rechtsposition des Vermieters nicht verschlechtert werde.
Auch im Rahmen einer Scheidung können die Mietrechte gemäß § 87 und § 88 EheG durch Richterspruch übertragen werden, ohne dass der Vermieter darauf Einfluss nehmen kann.
Übertragung durch Richterspruch
Vertraglich vereinbartes Weitergaberecht: Hier bestimmt der Hauptmieter seinen Nachmieter selbst – allerdings nur im Falle eines echten Weitergaberechts. In der Regel erhalten die Mieter aber bloß Präsentationsrechte. Nur wenn ein echtes Weitergaberecht vorliegt, hat der Mieterwechsel keine Auswirkungen auf die Miethöhe und dann können auch nichtverwandte Dritte die Mietrechte übernehmen.
- § 13 MRG: Wohnungstausch
- § 15, § 15a, § 16, § 16a, § 25, § 26, § 28 MRG: Mietzinsbildung
Mietzinsbildung
- § 15 MRG: Mietzins für Hauptmiete: Der (Gesamt)Mietzins besteht aus: Hauptmietzins, Betriebskosten (samt öffentlichen Abgaben), allfälligen besonderen Aufwendungen (anteilig), einem allfälligen angemessenen Entgelt für mitvermietete Einrichtungsgegenstände oder sonstigen Leistungen. Der Vermieter ist berechtigt (§ 15 Abs 2 MRG) vom Mieter die Umsatzsteuer zu verlangen.
- § 15a MRG: Ausstattungskategorien und Kategorienbeträge
Ausstattungskategorien
- § 16 MRG: Zulässige Vereinbarungen über die Höhe des Hauptmietzinses
Die Höhe des Mietzinses ist ua abhängig von der Ausstattung und Lage der Wohnung. Folgende Arten von Wohnungen werden unterschieden:
• Kategorie A-Wohnung Diese muss sich in einem brauchbaren Zustand befinden, mindestens 30m 2 groß sein und aus einem Vorraum, einem Zimmer, einer Küche oder Kochnische, einem Klosett, einer modernen Badegelegenheit, einer Warmwasseraufbereitung sowie einer Zentralheizung bestehen.
• Kategorie B-Wohnung Diese muß sich in einem brauchbaren Zustand befinden, und aus mindestens einem Vorraum, einem Zimmer, einer Küche oder Kochnische, einem Klosett, sowie einer modernen Badegelegenheit bestehen.
• Kategorie C-Wohnung Diese muß sich in einem brauchbaren Zustand befinden, und über eine Wasserentnahmestelle und einem Klosett im Inneren der Wohnung verfügen.
• Kategorie D-Wohnung Diese liegt dann vor, wenn sich entweder keine Wasserentnahmestelle oder kein Klosett im Inneren der Wohnung befindet oder eine dieser beiden Einrichtungen nicht funktioniert.
Befindet sich Ihre Wohnung in keinem brauchbaren Zustand, müssen Sie nach der Übergabe der Wohnung diese Mängel dem Vermieter (am besten schriftlich, eingeschrieben und Kopie behalten) mitteilen, sonst verlieren Sie Ihr Recht, den Mietzins nachträglich herabsetzen zulassen. Auf keinen Fall sollten Sie die Schäden selbst beheben lassen. Unterliegt die Mietzinsbildung dem RichtwertG, dann lässt sich die Höhe des Mietzinses wie folgt berechnen. Ausgehend von einer Kategorie A beträgt der Richtwert (April 2003): je nach Bundesland zwischen 3,94 und 6,63 ı pro m2. Für B- und C-Wohnungen gelten Abschläge, wobei in Wien für Kategorie B nur 75% und für C nur 50% vom Richtwert verlangt werden darf. Für Kategorie D existiert eine gesetzlich fixierte Obergrenze von derzeit: 1,32 und 0,66 ı. Je nach Lage des Hauses kann der Vermieter zudem noch einen sog Lagezuschlag verlangen. Dieser muss jedoch im Mietvertrag ausdrücklich erwähnt werden, sonst kann er nicht verrechnet werden.
- § 17, §§ 21 – 24 MRG: Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben
Betriebskosten
Außer der eigentlichen Miete muss jeder Mieter noch den seiner Wohnungsgröße entsprechenden Anteil an den Hausbetriebskosten zahlen. Solche Betriebskosten sind: Müllabfuhr, Wasser und Abwassergebühren, Rauchfangkehrer, Hausbesorger- und Reinigungskosten, Beleuchtung des Stiegenhauses, Schädlingsbekämpfung, Steuern und Abgaben, Verwaltungshonorar und die Versicherung für das ganze Haus. Sie werden nach der Wohnnutzfläche des Hauses auf alle Mieter aufgeteilt. Seit 1999 gibt es die Möglichkeit hier abweichende Verteilungsschlüssel bei verbrauchsabhängigen Kosten zu vereinbaren. Bei einer Gemeinschaftsheizung die mit Verbrauchsaufteilungsgeräten ausgestattet ist, kommt zwingend das HeizkostenabrechnungsG (BGBl 827/1992 idF BGBL I 71/2002) zur Anwendung.
Mehrwertsteuer (MWSt): Zusätzlich zum Hauptmietzins und den Betriebskosten werden für Wohnungen noch 10% MWSt eingehoben, im Falle einer Geschäftsanmietung beträgt der Steuersatz 0 % oder 20%.
Untermietzins (§ 26 MRG): Die Untermiete berechnet sich gemäß § 26 MRG mit 150% des Hauptmietzinses plus allfälliger Investitionskosten des Untervermieters bzw einer Möbelmiete
Beispiel
Fristen für die Überprüfung der Mietzinsobergrenzen: Mit dem 3. WÄG wurde § 16 Abs 8 MRG (bzw § 26 Abs 3) eingeführt, der für die Überprüfung der Mietzinshöhe eine Präklusivfrist vorsieht, wobei im Zuge der Rspr es nicht ausreichend ist Mietzinsperioden feststellen zu lassen, sondern insbesondere die Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung mittels Feststellungsentscheidung geltend zu machen ist; 5 Ob 170/99g, 5Ob85/01p; 5Ob197/01h; 5Ob32/02w; 5Ob106/02b; 5Ob208/02b.
Überprüfung der Mietzinsobergrenzen
Die Rspr hat diese Überprüfungsfrist auf alle Mietzinsbestandteile die vertraglich vereinbart werden, ausgedehnt, insbesondere auch auf die Möbelmiete (§ 25); vgl 5 Ob 52/02m.
Bei unbefristeten Verträgen muß der Mieter innerhalb der ersten 3 Jahre ab Abschluss der Mietzinsvereinbarung seine Miete gerichtlich überprüfen lassen, sonst verwirkt er dieses Recht. Die 3-Jahresfrist ist eine Präklusivfrist und damit kann eine ungerechtfertigte Mietzinsvereinbarung danach nicht mehr überprüft werden. Es ist allenfalls eine Überprüfung der Höhe der nachfolgend geltend gemachten Wertsicherung möglich.
Bei befristeten Verträgen kann bis 6 Monate nach Ablauf der Befristung oder Auflösung des Mietverhältnisses, ein Antrag auf Überprüfung der Mietzinshöhe eingebracht werden. Die absolute Verjährungsfrist beträgt 10 Jahre.
- §§ 18-20, 45: Einseitige Anhebung des Mietzinses wegen Erhaltungsarbeiten
- § 18 MRG: Voraussetzungen der Zulässigkeit der Erhöhung der Hauptmietzinse
Erhöhung der Hauptmietzinse
Die Miete kann nur wegen notwendiger Erhaltungsarbeiten (und geförderten nützlichen Verbesserungsarbeiten) erhöht werden! Die Erhöhung ist nur dann zulässig, wenn die Arbeiten nicht aus der Mietzinsreserve der vergangenen und der zukünftigen 10 Jahre (= 20 Jahre) finanziert werden können. Es muss die für den Mieter kostengünstigste Variante ausgewählt werden – dh: Bei Sanierungsarbeiten (zB Sockelsanierung = Generalsanierung), die durch öffentliche Förderungen gefördert werden, muss der Hauseigentümer sich um diese bemühen. Verbesserungsarbeiten dürfen nur dann durchgeführt werden, wenn dadurch die öffentliche Förderung die Miete nicht höher wird, als wenn nur Erhaltungsarbeiten durchgeführt werden würden.
Es gilt die Formel: Kosten der Erhaltungsarbeiten + Kosten der Verbesserungsarbeiten – öffentliche Förderung = Mietzinserhöhung wie bei Erhaltungsarbeiten.
Die Erhöhung muss durch ein Verfahren vor der Schlichtungsstelle/dem Gericht bewilligt werden – Ausnahme § 16 Abs 10 MRG (kommt sehr selten vor) Die Mieter haben im Verfahren Parteienstellung und können Einwendungen machen. Die Mietzinserhöhung für Erhaltungsarbeiten kann sich über einen Zeitraum von 10 Jahren erstrecken, bei geförderten Sanierungsarbeiten können die landesgesetzlichen Fördergesetze diesen Zeitraum erhöhen; zB in Wien bis 15 Jahre.
- § 20 MRG: Hauptmietzinsabrechnung
Hauptmietzinsabrechnung
Dieser regelt wie die Einnahmen seitens des Hauseigentümers zu berechnen sind insbesondere bei Leerstehung oder Eigennutzung sowie welche Ausgaben geltend gemacht werden können.
- § 29 MRG: Auflösung und Erneuerung des Mietvertrags; Zurückstellung des Mietgegenstandes.
Bestandverträge werden auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geschlossen und dementsprechend unterscheidet sich die Art ihrer Beendigung. Bestandverträge auf bestimmte Zeit enden grundsätzlich durch Zeitablauf, wobei auch eine wiederholte Verlängerung des Bestandverhältnisses auf bestimmte Zeit möglich ist; vgl die §§ 1114, 1115 ABGB aber auch § 29 Abs 3 etc MRG. Für Zeitmietverhältnisse, die ohne Kündigung durch Zeitablauf erlöschen.
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 6 Ob 59/00w, SZ 73/180: Ein österreichweit tätiges Unternehmen nimmt in einem Einkaufszentrum eine Geschäftsräumlichkeit auf bestimmte Zeit (5 Jahre) in Bestand. Nach einigen Jahren kündigt es aus wichtigem Grund, da fast alle dort angesiedelten Unternehmen abgewandert waren. – OGH: Bei der Geschäftsraummiete in einem Einkaufszentrum können umfangreiche „Leerstehungen” anderer Mietobjekte eine Mietzinsminderung gemäß § 1096 Abs 1 ABGB oder auch eine vorzeitige Auflösung des Mietverhältnisses gemäß § 1117 ABGB rechtfertigen. Im konkreten Fall allerdings nimmt der OGH aber einen Verzicht auf die Kündigungsmöglichkeit an und verneint somit die Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund vor Ablauf der vereinbarten Zeit.
Die Rspr betrachtet eine (besondere) vertragliche Verpflichtung zur Räumung des Bestandobjekts am Ende des Bestandverhältnisses als wirksam; vgl JBl 1987, 448. Damit wird das Problem des sog Räumungsvergleichs angesprochen; dazu gleich mehr. – Bestandverhältnisse auf unbestimmte Zeit werden vornehmlich durch Kündigung beendet, wobei diese Beendigungsart vom MRG her stark eingeschränkt wird. § 30 MRG gestattet nur die Kündigung aus wichtigem Grund, wobei die Generalklausel des § 30 Abs 1 MRG keine praktische Bedeutung besitzt; auf der andern Seite hat sich die beispielhafte Aufzählung des § 30 Abs 2 MRG in eine taxative gewandelt: Z 1 bis 16.
Räumungsvergleich
Zum Räumungsvergleich (RV): Diese nicht unproblematische Rechtsfigur der Praxis hat folgende Hintergründe: Zeitlich befristete Mietverhältnisse wandeln sich – wie erwähnt – unter gewissen Voraussetzungen nach ABGB und MRG in solche auf weiterhin bestimmte oder gar unbestimmte (MRG) Zeit um. Die Vertragspraxis zum MRG war daher seit langem bemüht, insbesondere die Umwandlung befristeter Mietverhältnisse in solche auf unbestimmte Zeit zu verhindern. Das rechtliche Mittel dazu war der RV. Dazu kommt, dass durch den RV ein bestimmter, gerichtlich unmittelbar erzwingbarer Auszugstermin sichergestellt werden soll. Wurde nämlich ein RV vereinbart, kann der Vermieter sofort nach Ablauf des vereinbarten Räumungstermins die gerichtliche Zwangsräumung ( Delogierung) des Mieters beantragen. Wurde in den RV auch noch der Verzicht auf einen Räumungsaufschub aufgenommen, kann das Gericht dem Mieter (selbst bei drohender Obdachlosigkeit) keinen Räumungsaufschub gewähren. Wurde dagegen auf einen Räumungsaufschub nicht verzichtet, kann das Gericht, auch gegen den Willen des Vermieters, bis zu dreimal drei Monate Aufschub für die Räumung gewähren. Der Aufschub muss allerdings dem Vermieter zumutbar sein, was bei Mietzinsrückständen nicht angenommen wird.
Zu beachten ist, dass ein RV vom Mieter bei Vertragsschluss nicht unterschrieben werden muss, was allerdings zur Folge haben kann, dass der Mieter die gewünschte Wohnung nicht erhält. Nach der Rspr ist ein RV unwirksam, wenn durch ihn Druck auf den Mieter ausgeübt wird. RV sind daher insbesondere nur gültig, wenn sie nicht vor oder bei Abschluss des Mietvertrags geschlossen werden oder wenn die Wohnungsübergabe an den Mieter von der Unterfertigung des RV abhängig gemacht wird. Ein nach Übergabe des Mietgegenstands innerhalb der befristeten Vertragsdauer abgeschlossener RV ist aber nach der Rspr wirksam.
Eine etwas mildere Variante zum RV stellt der sog Übergabsauftrag dar: Befürchtet der Vermieter, dass der Mieter zum vereinbarten Endtermin die Wohnung nicht geräumt übergibt, kann er frühestens ein halbes Jahr vor Ablauf des Mietvertrags, einen Übergabsauftrag beim Bezirksgericht einbringen. Das Gericht trägt dann dem Mieter auf, die Wohnung zum vereinbarten Endtermin zu übergeben. Übergibt der Mieter die Wohnung trotzdem nicht, kann der Vermieter nach Ablauf der Mietvertragsdauer die zwangsweise Räumung durchsetzen. – Allgemein zum Vergleich → KAPITEL 7: Der Vergleich: §§ 1380-1390 ABGB.
Übergabsauftrag
Literaturquelle
– § 30 MRG: Kündigungsbeschränkungen; Abs 1: „Der Vermieter kann nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen” (Generalklausel); Abs 2 enthält eine beispielhafte Aufzählung wichtiger Kündigungsgründe; Z 1 (Nichtzahlung des Mietzinses), Z 3 (nachteiliger Gebrauch des Mietgegenstands), Z 4 (gänzliche Weitergabe des Mietrechtes), Z 6 (Nichtbenützung)
Kündigungsbeschränkungen
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 1 Ob 177/00m, EvBl 2001/175: Eine Steuerberaterin und Buchprüferin nutzte ihre Mietwohnung (160 m2) deutlich überwiegend für Geschäftszwecke. Ihre Tochter, die selbst in einer Eigentumswohnung lebt, betreibt in der Wohnung ihrer Mutter nach deren Tod eine Tätigkeit als Buchhalterin. Der Aufkündigung des Mietvertrags durch die Eigentümer hält sie entgegen, dass sie das Unternehmen der Mutter in deren Räumlichkeiten fortführe und daher § 30 Abs 2 Z 5 MRG (fehlendes dringendes Wohnbedürfnis) nicht zur Anwendung komme. – OGH beurteilt die Kündigung jedoch mit folgendem Argument als wirksam: Ist ein gemischt genutztes Objekt die einzige Wohnung des Mieters – dies war bei der Mutter der Fall –, so stellt sich die Frage nach dem Überwiegen von Wohn- oder Geschäftszweck nicht, weil selbst bei weitestgehender räumlicher Beschränkung die Verwendung als Wohnung im Vordergrund steht).
Z 8 und 9 (sog Eigenbedarf des Vermieters):
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 26. 8. 1999, 2 Ob 202/99s, EvBl 2000/13: Mehrheitseigentümer eines im Miteigentum stehenden Mietshauses begründet an einer Wohnung für sich Wohnungseigentum, übernimmt den Mieter und kündigt ihn in der Folge. Der Mieter wendet 10jähriges Kündigungsverbot nach § 30 Abs 3 Satz 2 MRG ein. – OGH bejaht uH auf den Normzweck die Kündigungsmöglichkeit; dieser liege in der Verhinderung von Spekulationskäufen und treffe nicht zu, wenn der Vermieter vor der Begründung des Wohnungseigentums am Bestandobjekt Mehrheitseigentümer der Liegenschaft war und bereits als solcher zur Aufkündigung wegen Eigenbedarfs berechtigt gewesen wäre.; Z 15 „Abbruchskündigung”…… usw. – Zum Missbrauch der alten Generalklausel des § 19 MG in der Nazizeit → KAPITEL 11: Zur Funktion von Generalklauseln und unbestimmten Gesetzesbegriffen.
– § 33 MRG: Gerichtliche Kündigung
Gerichtliche Kündigung
Der Vermieter muss hier jene Kündigungsgründe auf die er sich bezieht ausdrücklich anführen, im Verfahren ist eine Ausdehnung an sich nicht zulässig. Auch können Kündigungen nicht zu alternativen Terminen eingebracht werden.
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 14. 1. 2000, 1 Ob 284/99t, SZ 73/6: Der Wortlaut der gerichtlichen Aufkündigung des Vermieters eines Geschäftslokals lautet auszugsweise wie folgt: „Wir kündigen der Gegenseite das im Hause in … gemietete Lokal Nr … gegen vierteljährliche Kündigung für den letzten Tag des Monats Juni 1997; für den Fall der nicht rechtzeitigen Zustellung jedoch für den 30. 9. 1997”. Die beklagten Mieter wendeten Unwirksamkeit der Kündigung ein, weil die Formulierung eine Bedingung bedeutet. – OGH gibt dieser Ansicht recht: Die gerichtliche Aufkündigung ist bedingungsfeindlich; sie sei daher bei Angabe alternativer Kündigungstermine, deren Wirksamkeit durch einen bestimmten Zustellzeitpunkt bedingt ist, insgesamt – somit auch hinsichtlich des ersten Kündigungstermins – rechtsunwirksam.
– § 37 MRG: Entscheidungen im Außerstreitverfahren
Entscheidungen im Außerstreitverfahren
Als mit kaiserlichem Patent vom 9. August 1854, RGBl Nr. 208, das Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (AußStrG) in Kraft trat, wurde in dessen § 1 festgehalten: „In nichtstreitigen Angelegenheiten hat das Gericht von Amts wegen oder auf Ansuchen der Parteien nur insofern vorzugehen, als es die Gesetze anordnen.” Mit dieser Generalklausel wurde von Anfang an festgelegt, dass der Gesetzgeber nach seiner (politischen) Überzeugung bestimmte Rechtsmaterien diesem besonderen Verfahrensweg unterstellten konnte. Im Unterschied zum streitigen Verfahren sollten hier andere Spielregeln gelten. Der Schwerpunkt der Konfliktbewältigung wurde damit de facto auf die rasche Bereinigung und die einvernehmliche Beendigung von Rechtsstreitigkeiten gelegt. Derzeit ist das AußerstreitG von nachstehenden Grundsätzen geprägt:
Ursprünglich als Instrument der Rechtsfürsorge des Staates gegenüber seinen Bürgern gedacht, wurde der Anwendungsbereich des Außerstreitverfahrens und damit auch seiner verfahrensrechtlichen Besonderheiten auf viele an sich typisch streitige Themenbereiche ausgedehnt.
Eine besondere Stellung nimmt aufgrund seiner speziellen Bedeutung für alle – seien es Mieter, Pächter, Wärmeabnehmer oder Eigentümer – der Wohnrechtsbereich ein. Schon seit 1922 – also vor mehr als 80 Jahren – wurden das Mietrecht und idF auch das WGG und das WEG den Grundsätzen des Außerstreitverfahrens unterstellt. Dadurch wurde der Rechtszugang zu einer so sensiblen Materie für alle Bevölkerungs- und Einkommensschichten – va ohne ein unberechenbares Kostenrisiko – offen und einfach gestaltet werden. Diese Form der Verfahrensbeendigung entlastet dadurch sowohl den Staat, als auch die Geldbörsen der Rechtsuchenden. Derzeit (August 2003) liegt aber ein neuer Entwurf des Außerstreitverfahrens im Justizministerium, dass hier sowohl im allgemeinen sowie dem wohnrechtlichen Außerstreitverfahren gravierende Veränderungen plant. In Hinkunft sollen die Rechtssuchenden nur mehr in der ersten Instanz sich selbst oder durch eine beliebige Person vertreten lassen können, ab der zweiten gilt bereits ein relativer, ab der dritten absoluter Anwaltszwang, wobei im Wohnrechtsbereich auch ein Interessenvertreter (zB Mietervereinigung) beauftragt werden kann. Als besonders einschneidende Veränderung muss jedoch der vorgesehene Kostenersatz beurteilt werden. Damit fällt auch die Formlosigkeit und letztlich auch die klare Abgrenzung des AußerstreitG zur ZPO. Die erläuternden Bemerkungen zum vorliegenden Entwurf begründen diese 180° Wende nicht. Die Beschränkung des Vertretungsrechts, aber besonders die Einführung einer Kostenersatzpflicht sowohl im allgemeinen insbesondere aber im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren muss daher als enormer Rückschritt im Bereich der Rechtspflege und als grobe Benachteiligung der Rechtssuchenden bewertet werden.
Die WR-Nov 1999 brachte wenige substantielle Änderungen des MRG; geändert wurde bspw: – Möglichkeit unter gewissen Voraussetzungen eine verbrauchsabhängige Berechnung der Betriebskosten vorzunehmen (zB Wasserverbrauch eines Hauses); – Vermieter kann nunmehr seine Belege (Abrechnung der Betriebskosten sowie der Einnahmen und Ausgaben des Hauses während des vergangenen Jahres) auf Datenträgern speichern, hat aber auf Verlangen einen (Computer)Ausdruck zu machen; – Eine Überprüfung von Mietverträgen ist nunmehr auch für Verträge möglich, die vor dem 1.3.1994 geschlossen wurden; – Ändert sich durch eine Baumaßnahme die Nutzfläche (zB Balkonverglasung) ändern sich nunmehr dadurch die Betriebskosten nicht; erst für den Folgemieter erfolgt eine Neuberechnung.
Die WR-Nov 2000 betrifft bspw: – Aufhebung des HausbesorgerG (Hausbesorger unterliegen künftig dem allgemeinen Arbeitsrecht); – Mietverträge für Wohnungen und Geschäftslokale können ab 1.7. 2000 schriftlich auf wenigstens drei Jahre und nach oben hin offen (bisher maximal 10 Jahre) mit einem einheitlichen Mietabschlag von 25 Prozent befristet werden; – an geförderten (Miet)Wohnungen kann, sofern ein Grund- und Baukostenanteil von bestimmter Höhe bezahlt wurde, nach zehnjähriger Laufzeit Eigentum erworben werden (Eigentumsoption); – GBV werden Contracting-Modelle und das Anbieten wohnungsbezogener Dienstleistungen (Kinder-, Alten- / Senioren-, Behindertenbetreuung) ermöglicht.
WR-Nov 2000
• Kein Anwaltszwang – weder relativ noch absolut bis zur obersten Instanz
• Formlosigkeit
• (Beschränkter) Untersuchungsgrundsatz
• Kein Prozesskostenersatz.
Die MRG-Nov 2001 hat ua „Mietgegenstände in einem Gebäude mit nicht mehr als 2 selbständigen Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten”, wobei nachträgliche Dachbodenausbauten nicht zählen, aus dem Anwendungsbereich des MRG herausgenommen; § 1 Abs 2 Z 5 MRG. Daneben wurden Dachbodenausbauten insoferne begünstigt, als auf sie zwar die Kündigungschutzbestimmungen, nicht aber jene des Zinsschutzes Anwendung finden; § 1 Abs 4 Z 2 MRG.
MRG-Nov 2001
Die MRG Nov 2002 trat im Zuge des neuen WEG 2002 in Kraft und brachte formell nur geringe Veränderungen in § 2 MRG. In der Praxis jedoch zeigt sich, dass mit der Begründung von Wohnungseigentum in Mietrechtshäusern eine Vielzahl von Mieterrechten (§§ 3, 4, 6, § 9, §§ 20 – 24), die Rechte und Pflichten an allgemeinen Teilen der Liegenschaft beinhalten, verfahrensrechtlich für den sog Neumieter (= Anmietungszeitpunkt erfolgt nach Wohnungseigentumsbegründung) kaum durchzusetzen sind, während für den sog Altmieter mit § 4 WEG 2002 ein Weg gefunden wurde, gegen sämtliche Liegenschaftseigentümer vorzugehen. Inwieweit diese Unterscheidung unter dem Gesichtpunkt des Gleichheitssatzes (Art 7 B-VG) sachlich gerechtfertigt ist , bleibt abzuwarten.
MRG-Nov 2002
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7. Bestandrecht des ABGB: §§ 1090-1121
Literaturquelle
Vor Inkrafttreten des MG im Jahre 1922 war das ABGB die einzige Rechtsgrundlage für (alle) Mietverhältnisse. Da es weder einen nennenswerten Kündigungs-, noch einen Zinsschutz kannte, war es den gesellschaftlichen Herausforderungen am Ende des Ersten Weltkriegs nicht gewachsen und musste durch ein Schutzgesetz – das MG – ersetzt werden. – Die Bestimmungen des ABGB sind aber bis heute in Kraft geblieben:
• § 1090 ABGB: Definition des Bestandvertrags
• § 1091 ABGB: Unterscheidung von Miete und Pacht
• §§ 1092, 1093 ABGB: Gegenstand und Entgelt beim Bestandvertrag; interessant § 1093 ABGB wonach Gegenstand des Bestandvertrags bewegliche und unbewegliche Sachen, aber auch Rechte sind: zB Rechtspacht. (Zum Franchising → KAPITEL 5: Franchising) Möglich ist danach auch die Inbestandnahme eigener Sachen; zu den Rechten an eigener Sache und Rechten an Rechten, Gschnitzer, Sachenrecht 235 (19852).
• §§ 1094, 1095 ABGB: Bestandvertrag als Konsensualvertrag und Möglichkeit, Bestandverträge durch Eintragung ins Grundbuch zu verdinglichen. Vgl § 9 GBG (→ KAPITEL 2: Bücherliche Rechte) und § 1102: Bestandzinsvorauszahlungen; Gesetz lesen!
• §§ 1096-1121 ABGB: Wechselseitige Rechte und Pflichten der Bestandvertragsparteien.
§ 1096 ABGB: Da im Bereich des Bestandrechts des ABGB nur zwei Bestimmungen (§ 1096 Abs 1 letzter Satz, § 1117 letzter Satz) nicht abdingbar sind, haben diese besondere Bedeutung. Hier ist zunächst § 1096 ABGB letzter Satz zu erwähnen, der dem Mieter ein Mietzinsminderungsrecht ex lege im Anlassfall zugesteht, sofern der vertraglich bedungene Gebrauch des Bestandssache nicht oder nur eingeschränkt möglich ist. Der Mieter muss hier sogar, will er seines Minderungsrechtes nicht verlustig gehen, sofort im Ausmaß der Beeinträchtigung die Miete reduzieren. Leider gibt es keine sonstigen gesetzlichen Vorgaben wie die Mietzinsminderung zu berechnen ist, sodass es hier zu einem sehr kasuistischem Richterecht gekommen ist, da nach der Rspr des OGH auf den Einzelfall abzustellen ist. Eine Mietzinsminderung bedeutet damit aber auch immer die Gefahr sich als Mieter einer Räumungsklage bzw einer Kündigung auszusetzen, da das Ausmaß der zulässigen Minderung immer strittig sein wird.
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 6 Ob 59/00w, SZ 73/180: Ein österreichweit tätiges Unternehmen nimmt in einem Einkaufszentrum eine Geschäftsräumlichkeit auf bestimmte Zeit (5 Jahre) in Bestand. Nach einigen Jahren kündigt es aus wichtigem Grund, da fast alle dort angesiedelten Unternehmen abgewandert waren. – OGH: Bei der Geschäftsraummiete in einem Einkaufszentrum können umfangreiche „Leerstehungen” anderer Mietobjekte eine Mietzinsminderung gemäß § 1096 Abs 1 ABGB oder auch eine vorzeitige Auflösung des Mietverhältnisses gemäß § 1117 ABGB rechtfertigen.
• §§ 1096-1098 ABGB: In Hinsicht auf Überlassung, Erhaltung, Benützung (Gesetz lesen). Wichtige Regeln für die Praxis; zB Erhaltungspflicht des Bestandgebers; § 1098 kennt die Möglichkeit des Afterbestands, also der erneuten Vermietung oder Verpachtung durch Mieter oder Pächter; zB Untermiete.
• § 1099 ABGB: Lasten und Abgaben
• §§ 1109-1111 ABGB: Rückstellung des Bestandobjekts – § 1109 ABGB: Bestandnehmer hat kein Zurückbehaltungsrecht (§ 471 ABGB); – § 1110 ABGB enthält – uH auf § 518 ABGB (Fruchtnießung) – eine Rechtsvermutung; – § 1111 ABGB: Verschuldenshaftung bei Beschädigung des Bestandgegenstands (keine Zufallshaftung!). Der Bestandgeber hat eine allfällige Ersatzforderung „binnen 1 Jahre nach Zurückstellung des Bestandstückes gerichtlich [zu] fordern, sonst ist das Recht erloschen”: Präklusivfrist → KAPITEL 13: Ausschluss-, Fall- oder Präklusivfristen.
§§ 1112-1121 ABGB: Auflösung des Bestandvertrags – a) durch Untergang der Sache (§ 1112 ABGB); b) Verlauf der Zeit (§ 1113 ABGB); ausdrückliche und stillschweigende Erneuerung des Bestandvertrags (§§ 1114, 1115 ABGB).
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 30. 8. 2002, 3 Ob 308/01t, JBl 2003, 182: Die besachwaltete Eigentümerin und Vermieterin eines Hauses stirbt. Der auf 1 Jahr befristete Mietvertrag war noch zu ihren Lebzeiten abgelaufen, der Mieter wohnte jedoch weiter darin, wodurch sich der Mietvertrag nach § 1114 ABGB iVm § 569 ZPO stillschweigend verlängerte; relocatio tacita. Die Erben klagen auf Räumung. – OGH nimmt auf Grund der fehlenden pflegschaftsgerichtlichen Zustimmung zur relocatio tacita einen Schwebezustand an und lässt diesen durch den Tod der Mieterin beendet sein, womit eine titellose Benützung vorliege und der Räumungsklage stattgegeben werden konnte); c) Aufkündigung (§§ 1116-1119 ABGB): vgl nunmehr auch § 560 ZPO; d) Veräußerung des Bestandgegenstands (§§ 1120, 1121): Das ABGB entschärft den Grundsatz „Kauf bricht Miete” nur geringfügig dadurch, dass der Mieter erst „nach der gehörigen Aufkündigung” und nicht schon mit Abschluss des Kaufvertrags dem Erwerber weichen muss; anders wenn das Bestandrecht des „Bestandinhabers” in die öffentlichen Bücher eingetragen ist (§ 1095 ABGB). Bei Verschulden des Bestandgebers stehen dem Bestandnehmer nach § 1120 Satz 2 ABGB Schadenersatzansprüche zu. – § 1121 ABGB regelt die Behandlung von Bestandrechten bei „zwangsweiser gerichtlicher Veräußerung”.
- § 1118 ABGB: Die Räumungsklage – also die vorzeitige Auflösung eines (befristeten) Mietvertrags kann an sich unter drei Voraussetzungen eingebracht werden (Der letzte Fall wurde im Bereich des MRG durch § 30 Abs 2 Z 14 und 15 MRG materiell derogiert). Einerseits wegen titelloser Benützung, andererseits wegen Mietzinsrückstand oder erheblich nachteiligem Gebrauch. Im Unterschied zur Kündigungsklage wird sofort ein Verfahren eingeleitet, während bei der Kündigung -ähnlich dem Mahnverfahren der Einspruch des Kündigungsgegners notwendig ist.
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 16. 2. 2000, 7 Ob 321/99b, SZ 73/29: Klägerin (Gemeinde) schließt als Pächterin eines Grundstücks mit der Beklagten einen Mietvertrag betreffend eine Abstellfläche für einen Sammelcontainer zur Erfassung von Altkleidern und –schuhen. Die Gemeinde fordert die Beklagte idF auf, den Behälter wieder zu entfernen, da sie Kenntnis erlangt habe, dass das Sammeln von Alttextilien dem nöAWG widerspreche. Daraufhin kündigt die Klägerin der Beklagten und fordert sie auf, den Sammelbehälter zu entfernen. Diese leistet der Aufforderung jedoch nicht Folge, worauf die Klägerin Räumungsklage erhebt. – OGH: Auch bei Vermietung einer Grundfläche zu einem bestimmten Zweck kann eine dem Gesetz widersprechende Verwendung (hier: Sammeln von Altkleidern und -schuhen) vorliegen; setzt sie den Bestandgeber (Gemeinde) auch der Gefahr einer Verwaltungsstrafe aus, stellt dies (nach Kenntnis der Rechtslage!) einen erheblich nachteiligen Gebrauch nach § 1118 erster Fall ABGB dar und rechtfertigt daher eine Kündigung aus wichtigem Grund.
- § 1120 ABGB: Im Bereich von MRG–Objekten ist festzuhalten, dass aufgrund des Kündigungsschutzes der Kauf die Miete nicht bricht, sondern der neue Eigentümer in sämtliche Vertragsbestimmungen, die keinen ungewöhnlichen Inhalt haben, eintritt. Zuletzt hat hier der OGH festgehalten, dass weder ein Kündigungsverzicht nach § 30 Abs 2 Z 4 und 6 noch ein eingeräumtes Weitergaberecht eine ungewöhnliche Nebenabrede darstellt. Nunmehr kommt er zu dem Schluss dass auch eine Barkaution von 11 Monatsmieten keineswegs außergewöhnlich ist.
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 8 Ob 122/00z, JBl 2001, 527: Eine Barkaution in der Höhe von ca 11 Monatsmieten muss noch keine ungewöhnliche Nebenabrede iSv § 2 Abs 1 MRG sein.
EvBl 1999/124 – § 1120 ABGB, § 1 Abs 1 WEG 1975, § 2 Abs 1 MRG: Kündigungsrecht des Wohnungseigentümers – Der Wohnungseigentümer hat auf Grund seines ausschließlichen Nutzungs- und Verfügungsrechts das Recht zur Kündigung auch dann, wenn er den Mietvertrag nicht selbst abgeschlossen hat, sondern gemäß § 1120 ABGB oder § 2 Abs 1 MRG in diesen Vertrag eingetreten ist. In der Überlassung des ausschließlichen Nutzungsrechts an den Wohnungseigentümer liegt auch die Abtretung der damit verbundenen Rechte, sodass der Wohnungseigentümer zur Kündigung des Bestandvertrags legitimiert ist.
zurück C. Der Vorvertrag: § 936 ABGB