Kapitel 4 | |
|
A. Die
natürliche Person |
C. Die
Persönlichkeitsrechte |
|
B. Die
juristische Person |
| |
Die
Bedeutung juristischer Personen in modernen Gesellschaften ist enorm.
Sie liegt nicht nur im Bereich der Wirtschaft, sondern auch im Eröffnen
der Möglichkeit, vielfältige kulturelle Zwecke – man denke nur an
das Vereins- oder Stiftungswesen – durch Personenmehrheiten oder
organisierte Vermögensmassen autonom verfolgen zu können. | Bedeutung |
Der
Entwicklungsweg zur juristischen Person lehrt uns den Gedanken verfolgen,
dass durch diese Rechtsschöpfung das schwache Wollen und Vermögen
des Einzelnen rechtlich gestärkt und an seine Stelle ein potenter/er
Gemeinwille treten soll, der vom schwankenden Einzelwillen und -vermögen
unabhängig ist. Das geht so weit, dass auch der Tod einzelner natürlicher
Personen dem so entwickelten juristischen Gebilde nichts mehr anhaben
kann. Es hat sich auch von seinen Gründern gelöst und führt ein
rechtliches Eigenleben. An die Stelle des individuellen (rechtlichen)
Handelns tritt in der Entwicklung das kollektive (Gemeinwille),
das als Garant von Stärke, Ausdauer und als eine Art von Unsterblichkeit
verstanden werden kann. – Dazu kommt, dass durch das „Abschotten” der
Haftung das Privatvermögen geschützt werden kann; Trennungsprinzip
bei der Schuldenhaftung. | Entwicklung |
Dagegen
spricht nicht die erst sehr junge Umkehrung dieser Entwicklung:
nämlich die Möglichkeit der Einpersonengesellschaft → Einpersonengesellschaft? Tiefenpsychologisch
ist in solchen Zusammenschlüssen sowohl der Versuch zu erkennen, der
Vereinzelung (und der damit oft verbundenen ICH-Schwäche) zu entgehen;
also eine dionysische Tendenz, wie auf der anderen Seite eine appollinische
Tendenz mit dem Ziel aktiver Lebensform und Lebensbeherrschung.
Mit anderen Worten: Die nüchterne Rechtsform der juristischen Person
vereint in ihren konstruktiven Tiefenschichten Elemente von Eros
und Thanatos iS Sigmund Freuds. In der Bildung von rechtlicher
Gemeinschaft und Vereinigung liegt ein Mittel gegen Zerstreuung,
Vereinzelung, Untergang, Auflösung, Schwäche und Tod. | Eros und Thanatos |
| Abbildung 4.24: Ausdifferenzierung der Rechtspersönlichkeit: Von der natürlichen zur juristischen Person |
|
Die theoretische Auseinandersetzung
um die juristische Person ist bis heute nicht zur Ruhe gekommen.
Strittig ist dabei insbesondere die Grenzziehung zwischen (voll
entwickelter) juristischer Person und rechtlichen Gebilden, denen
eine eigene Rechtsfähigkeit (bislang) fehlt (insbesondere OHG und
KG, aber auch GesbR → KAPITEL 12: Die Gesellschaft
bürgerlichen Rechts),
die aber doch schon manches können, was sonst nur juristische Personen
vermögen. Man nennt sie daher auch quasijuristische Personen. Sie
sind teilrechtsfähig; vgl § 124 HGB: OHG. Vgl nunmehr auch die sog
Erwerbsgesellschaften: OEG und KEG. | Theoretische
Auseinandersetzung |
| |
1. Zur Entwicklungsgeschichte | |
Die Einsicht, dass
nicht nur natürliche, sondern auch juristische Personen eine eigene
volle Rechtspersönlichkeit – nach dem Vorbild der natürlichen Person
– besitzen, ist alt, bereitete der Rechtswissenschaft aber noch
im 19. Jhd und später (in vielen Einzelfragen) Probleme; vgl aber
schon § 26 ABGB. – Erklärungsversuche waren lange zu umständlich
und schwerfällig. Dabei hat es derartige Rechtsgebilde früh gegeben,
zumal der öffentliche Zusammenschluss von Menschen nach einer solchen
Rechtsform verlangte (Staatsentstehung) und auch der Haus- oder
Sippenverband derart organisiert war. | |
| |
Zu den ältesten selbständigen
Rechtsgebilden dieser Art zählten die Verwandtschaftsverbände, Dörfer,
Städte / Polis (in Griechenland) und schließlich auch der Staat.
– Man sprach ihnen die Fähigkeit zu, Verträge zu schließen, Eigentum
zu erwerben und die Gerichte anzurufen. Das Vorbild für die Rechtsfähigkeit
juristischer Verbindungen aller Art war aber allemal der Mensch, die
natürliche Person; vgl § 26 ABGB. – Schwierigkeiten bereitete das
juristische Ausdifferenzieren des Gebildes juristische Person. Schritte
zum heutigen Verständnis waren folgende „Theorien”: | |
Die Theorie
der fingierten Rechtsperson (Fiktionstheorie): Danach fingiert
das Recht bloß die Rechtsfähigkeit der juristischen Person, behandelt
diese nur so wie eine natürliche Person, ohne sie dieser aber grundsätzlich
gleichzustellen. – Kurz: Man tut rechtlich nur so, als besitze die
juristische Person eigene Rechtspersönlichkeit. Diese Theorie, die
auf Innozenz III (Papst von 1198-1216) zurückgeht, wurde noch im
19. Jhd vertreten und C.F.v. Savigny (1779-1861) und G.F. Puchta
(1798-1846) tragen sie „ganz unbefangen” vor; vgl Eugen Ehrlich. | |
Nach G.W.F. Hegel (1770-1831)
ist der Staat „ein Abstractum, der seine selbst nur allgemeine Realität
in den Bürgern hat, aber er ist wirklich …”; Vorlesungen über die
Philosophie der Geschichte 92 (Reclam UB 4881, 1997). Man kann von
einer Repräsentantentheorie Hegels sprechen. Rechtlich
besteht danach aber kein Zweifel, dass der Staat (und seine Erscheinungsformen)
eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. | Hegel |
Theorie
des subjektlosen Zweckvermögens (Brinz: 1820-1887): Brinz deckte
die (bis dahin nicht bewusste) Fiktion auf, meinte aber, es sei
nicht nötig, dass ein (Rechts)Subjekt als Träger des Vermögens vorhanden
sei. Das Vermögen werde nicht durch die Rechtsperson, sondern einen
bestimmten „Zweck” zusammengehalten. So gehöre das Vermögen einer
Gemeinde nicht einem oder mehreren Menschen, sondern es gehöre niemandem,
werde aber durch seinen Zweck, dem es gewidmet sei, zusammengehalten. | Brinz |
Auf
Brinz folgt die Interessentheorie Rudolph v. Iherings (1818-1892):
Recht ist für Ihering das durch Klage geschützte (wirtschaftliche)
Interesse. Rechtssubjekt sei der, dem ein subjektives Recht zustehe.
Bei der juristischen Person meinte Ihering nicht, diese selbst sei
Rechtssubjekt, sondern die Menschen, denen das Vermögen der juristischen
Person gehöre und denen sie Vorteile bringe. Seine Lehre wird daher
auch als Genießertheorie bezeichnet, weil er meinte
die eigentlichen Rechtsträger seien die Mitglieder, die Genießer
der juristischen Person. | Ihering |
Schließlich
formuliert Otto v. Gierke (1841-1921) die germanistische Theorie
der realen Verbandsperson: Für Gierke sind das Rechtssubjekt
bei juristischen Personen nicht die einzelnen Menschen, sondern
Menschengruppen, soziale Organismen, sei es eine Stadt, eine Gemeinde,
der Staat oder Vereine. Die ältesten Rechtspersonen dieser Art seien
Familie und Sippe. Er betont aber bereits, dass die juristische
Person „wirkliche Person” mit eigenem Willen sei und soziale Realität
besitze. | Gierke |
Die
Synthese Eugen Ehrlichs (1862-1922): „Alle vier
[Theorien] haben recht. Jede von ihnen hat eine bestimmte Seite
beleuchtet, blieb aber einseitig.” – Ehrlich betont neben der eigenen
Rechtspersönlichkeit der juristischen Person (wie wir sie noch heute
verstehen), dass es darum gehe, das Vermögen der juristischen Person
seinem Zwecke nicht zu entfremden; dies entspricht der aus dem angloamerikanischen
Recht stammenden ultra vires-Lehre, wonach Organe
juristischer Personen die juristische Person nur dann gültig verpflichten
können, wenn sie korrekt, also statutengemäß handeln; dazu mehr
bei Gschnitzer, AT2 291. | Ehrlich |
Heute
betrachten wir folgende Kriterien als Kennzeichen
einer (vollausgereiften) juristischen Person: | Moderne Kriterien |
• Die Fähigkeit selbständiger
(gemeinsamer) Interessenverfolgung
→ Juristische
Person: Mittel zweckmäßiger Interessenverfolgung
| |
• Das Vorhandensein von Organen (→ Die
juristische Person handelt durch Organe ),
und zwar solcher | |
•
Schließlich
das Trennungsprinzip bei der (Schulden)Haftung → Haftung und → Haftungsfreistellung
der Mitglieder
| |
2. Gleichstellung
mit natürlichen Personen | |
Wir haben gehört,
dass der Mensch als Rechtsperson Träger von Rechten und Pflichten
ist. – Neben dem Menschen, der natürlichenPerson,
gibt es aber noch eine andere Erscheinungsform der Rechtsperson,
die ebenfalls Träger von Rechten und Pflichten, also rechtsfähig
ist: die juristische Person, die früher auch als moralische Person
bezeichnet wurde. Dieser juristischen Person weist die Rechtsordnung,
konkret § 26 ABGB, idR „gleiche Rechte mit den einzelnen
Personen”, also natürlichen Personen, zu. „IdR” meint:
Die rechtliche Gleichstellung von natürlichen und juristischen Personen
ist eine weitgehende, wo immer sinnvolle, wenn auch keine vollständige. | |
Das liegt in der Natur der Sache:
Denn juristische Personen können bspw nicht Träger von Familienrechten
sein und sie können weder im natürlichen Sinne sterben (Tod), noch
etwas (aktiv) vererben, wohl aber (passiv) erben. Die Auflösung
einer juristischen Person wird aber wie der Tod einer physischen
Person behandelt (GH 1930, 231). Wie weit auf der anderen Seite
die Gleichstellung geht, zeigt etwa der Umstand, dass auch juristischen
Personen Persönlichkeitsrechte (§ 16 ABGB) zustehen; so haben ein
Verein oder eine GmbH zB eine (wirtschaftliche) Ehre, die sie gegen
unberechtigte Angriffe verteidigen können; § 1330 ABGB → KAPITEL 10: Zivilrechtlicher
Schutz der Ehre und des wirtschaftlichen Rufes:
§ 1330 ABGB.
Auch ihr Name (Firma: §§ 17 ff HGB) ist geschützt und sie sind uU
Träger von Urheber(persönlichkeits)-, Patent- oder Markenrechten.
Soweit nötig steht juristischen Personen auch der verfassungsrechtliche
Grundrechtsschutz zu; zB Gleichheit vor dem Gesetz oder Unverletzlichkeit
des Eigentums → Grundrechte
und Privatrecht
| Juristische
Personen
als Rechts-Träger |
3. Wie entstehen
juristische Personen? | |
Nicht
alle juristischen Personen entstehen auf die gleiche Weise. Juristische
Personen des öffentlichen Rechts entstehen durch Gesetz oder Verordnung,
bei juristischen Personen des Privatrechts sind zwei Rechtsakte
zu unterscheiden: | Zwei Rechtsakte |
• Ein privatrechtlicher
(Gründungs)Akt; etwa der Gesellschaftsvertrag bei einer
Gesellschaftsgründung oder die „Gründungsvereinbarung nach dem neuen
VereinsG (§ 2 Abs 1); und | |
•
ein öffentlichrechtlicher Anerkennungsakt. | |
Auf diesen öffentlichrechtlichen Anerkennungsakt gelangen
– je nach Art der juristischen Person – folgende Gründungssysteme zur
Anwendung gelangen: | Gründungssysteme |
•
Das Konzessionssystem:
Die Entstehung der juristischen Person ist an eine konstitutive,
also rechtsbegründende behördliche Genehmigung gebunden. Hier besteht
kein Anspruch auf Verleihung der Rechtsfähigkeit. – Dieses System
fand bis Ende 1999 Anwendung auf sog Wirtschaftsvereine, also solche,
die auf Gewinn gerichtet waren; Beispiel: Vereinspatent
1852. | |
Vgl
dazu § 2 VereinsG 1951: „Vereine und Gesellschaften,
welche auf Gewinn berechnet sind, dann alle Vereine für Bank- und
Kreditgeschäfte sowie Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit,
Sparkassen und Pfandleihanstalten sind von der Wirksamkeit dieses
Gesetzes ausgenommen und unterliegen den besonderen für sie bestehenden
Gesetzen.” – Zu diesen Sondergesetzen neben dem Vereinspatent 1852
gehören etwa das AktienG 1965 (BGBl 98) oder für politische Parteien
das ParteienG 1975 (BGBl 404): § 1 ParteienG sichert durch eine
Verfassungsbestimmung die Freiheit der Gründung von und die Beteiligung
an politischen Parteien. Die Rechtsfähigkeit einer politischen Partei entsteht
mit Hinterlegung der Satzung beim BMfJ; § 1 Abs 4 ParteienG. – So
ist wohl auch das Entstehen von Vereinen zu verstehen: Erwerb der
Rechtsfähigkeit mit Hinterlegung der Bildungsanzeige und einem ab
diesem Zeitpunkt bestehendem Untersagungsrecht des Staates. | |
•
Das Normativsystem:
Die beabsichtigte Gründung (einer juristischen Person) muss hier
angezeigt werden. Sind aber die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt,
besteht ein Rechtsanspruch auf Zuerkennung der Rechtspersönlichkeit.
Auch hier ist der staatliche Gründungsakt konstitutiv,
dh die juristische Person erlangt erst durch ihn Rechtspersönlichkeit.
– Anwendung findet das Normativsystem auf: Kapitalgesellschaften,
Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften. Sie erlangen heute Rechtspersönlichkeit
durch Eintragung ins Firmenbuch. | |
| |
•
Das Anzeige- oder Anmeldesystem:
Es gilt für sog ideelle, d.s. nicht auf Gewinn gerichtete, Vereine.
Rechtsgrundlage ist nunmehr das VereinsG 2002.
Inhaltlich liegt das Anmeldesystem zwischen dem Normativsystem und
dem System freier Bildung juristischer Personen. – Das Gesetz schreibt
vor, was in den Statuten zu regeln ist. Es genügt derzeit, dass
gewisse Mindesterfordernisse geregelt werden. Das „Wie” bleibt den
Gründern überlassen. Behördliche Anmeldung des Gründungsaktes ist
aber erforderlich. Die (Vereins)Behörde nach § 13 Abs 1 VereinsG innerhalb
von 4 (längstens 6) Wochen die Vereinsbildung untersagen, wenn der
Vereinszweck oder die Vereinseinrichtungen gesetz- oder rechtswidrig
sind; zB staatsfeindliche Tätigkeit. – Bei Nichtvorliegen einer
Gesetz- oder Sittenwidrigkeit kann die Behörde vor Ablauf der 4
(6) Wochenfrist den Verein auch ausdrücklich zur Aufnahme seiner
Tätigkeit auffordern; § 13 Abs VereinsG. | |
Streitig ist hier, wann die juristische
Person entsteht; schon durch den gültigen privatrechtlichen Gründungsakt
oder erst durch den öffentlichrechtlichen Anerkennungsakt? – Sinnvollerweise
ist davon auszugehen, dass der positive öffentlichrechtliche Anerkennungsakt
den privatrechtlichen Gründungsakt rückwirkend bestätigt oder versagt. | |
| |
•
System der freien Bildung juristischer
Personen: Danach entsteht die juristische Person nicht durch
einen öffentlichrechtlichen Akt, sondern ausschließlich durch privatrechtlichen
Gründungsakt. In Österreich gelangt dieses System bislang nicht
zur Anwendung; str. – Realistisch sollte anerkannt werden, dass
ein staatliches Kontroll- und Untersagungsrecht bestehen muss. | |
4. Selbständige
rechtliche Existenz | |
Die juristische
Person besitzt Rechtsfähigkeit und führt eine selbständige rechtliche
Existenz; sie ist eine eigene Rechtsperson mit
eigenen Rechten (zB der X-Verein ist grundbücherlicher Eigentümer
der Liegenschaft Y) und Pflichten (zB Schulden) und von den natürlichen
Personen, die ihr angehören (zB Vereinsmitgliedern) oder die für
sie handeln (Organe), rechtlich unabhängig. | |
Dies zeigt sich
deutlich daran, dass die juristische Person fortbesteht, auch wenn
die ihr angehörenden natürlichen Personen – zB die Vereinsmitglieder
oder GmbH-Gesellschafter – wechseln. Bei einem „normalen” Verein
treten neue Mitglieder bei, andere scheiden – aus welchen Gründen
auch immer – aus. Von diesem (personellen) Wechsel bleibt die juristische
Person unberührt, was zeigt, dass sie im Vergleich zu einem unorganisierten
und rechtlich nicht koordinierten Zusammenwirken von Einzelpersonen
eine deutlich höhere Bestandskraft erlangt. – Man sagt, die juristische
Person sei auf Dauer angelegt, wozu ihre Organisation
beiträgt. | |
| |
Die Universitäten waren
in Österreich bislang keine voll ausgebildeten juristischen Personen,
besaßen aber als unselbständige Anstalten Teilrechtsfähigkeit.
Das hat sich mit dem UG 2002, BGBl I 120 geändert; sog Vollrechtsfähigkeit.
Als juristische Personen des öffentlichen Rechts sind
sie nunmehr voll geschäftsfähig und können alle Arten von Verträgen
schließen sowie Vereine, Stiftungen oder Gesellschaften gründen.
Neu geregelt hat das UG 2002 auch die Rahmenbedingungen für Vereinbarungen
der Forschungs- und Entwicklungszusammenarbeit. | Universitäten |
Die Vereinsgründung ist
zivilrechtlich ein Vertrag; freilich nicht nur
ein zweiseitiges, sondern idR ein mehrseitiges Rechtsgeschäft; dazu → KAPITEL 5: Einteilung
nach ihrer Entstehung.
Das gilt auch für die Gründung einer GmbH oder AG; vgl § 26 Satz
1 ABGB: „Die Rechte der Mitglieder einer erlaubten Gesellschaft
unter sich werden durch den Vertrag ... bestimmt.” | Vereinsgründung |
| Abbildung 4.25: Privatrechtliche Gesellschaftsformen |
|
| |
Wir
müssen die juristische Person strikt von den Menschen trennen, die
ihr angehören; ihren Mitgliedern und Organen. Das ist für die Frage
der Haftung von größter Bedeutung: Für Verbindlichkeiten / Schulden
der juristischen Person haftet nämlich grundsätzlich nurdie
juristische Person und nicht etwa auch die natürlichen Personen,
die ihr angehören; zB die Vereinsmitglieder, Aktionäre, GmbH-Gesellschafter
oder ihre Organe. – Das bereitet immer wieder Verständnisschwierigkeiten. | |
Vgl
nunmehr § 24 VereinsG 2002: „(1) Verletzt ein Mitglied
eines Vereinsorgans unter Missachtung der Sorgfalt eines
ordentlichen und gewissenhaften Organwalters seine gesetzlichen
oder statutarischen Pflichten oder rechtmäßige Beschlüsse eines
zuständigen Vereinsorgans, so haftet es dem Verein für den daraus
entstandenen Schaden nach den §§ 1293 ff ABGB; dies gilt sinngemäß
auch für Rechnungsprüfer. Bei der Beurteilung des
Sorgfaltsmaßstabs ist eine Unentgeltlichkeit der Tätigkeit zu berücksichtigen.
Vereinsmitglieder sind in ihrer Eigenschaft als Teilnehmer der Mitgliederversammlung
keine Organwalter. | |
(2) Organwalter können insbesondere schadenersatzpflichtig
werden, wenn sie schuldhaft 1. Vereinsvermögen zweckwidrig verwendet,
2. Vereinsvorhaben ohne ausreichende finanzielle Sicherung in Angriff
genommen, 3. ihre Verpflichtungen betreffend das Finanz- und Rechnungswesen
des Vereins missachtet, 4. die Eröffnung des Konkursverfahrens über
das Vereinsvermögen nicht rechtzeitig beantragt, 5. im Fall der
Auflösung des Vereins dessen Abwicklung behindert oder vereitelt
oder 6. ein Verhalten, das Schadenersatzpflichten des Vereins gegenüber Vereinsmitgliedern
oder Dritten ausgelöst hat, gesetzt haben. | |
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn die Handlung
auf einem seinem Inhalt nach gesetzmäßigen und ordnungsgemäß zustande
gekommenen Beschluss eines zur Entscheidung statutengemäß zuständigen
Vereinsorgans beruht. Die Ersatzpflicht entfällt jedoch nicht, wenn
der Organwalter dieses Vereinsorgan irregeführt hat. | |
(4) Für Rechnungsprüfer gelten die Haftungshöchstgrenzen
des § 275 Abs. 2 HGB sinngemäß.” | |
Als Faustregel lässt
sich festhalten: Die Schulden der juristischen Person sind nicht
die Schulden ihrer Mitglieder und (!) – umgekehrt – die Schulden
ihrer Mitglieder sind (erst recht) nicht die Schulden der juristischen
Person. | Faustregel |
Vgl schon das römische Recht: Ulpian D. 3, 4,
7, 1: Si quid universitati debetur, singulis non debetur: nec quod
debet universitas singuli debent. | |
| |
6. Die
juristische Person handelt durch Organe | |
Eines unterscheidet
die juristische Person grundlegend von der natürlichen Person: sie
kann für sich selbst nicht handeln, weil sie – trotz ihres realen
rechtlichen Daseins – dennoch bloß ein rechtliches Kunstgebilde
ist, dem zunächst nur eine „papieren-rechtliche” Existenz zukommt. | |
Aber
auch in diesem Punkt lassen sich Parallelen zur natürlichen
Person feststellen. Auch natürliche Personen können trotz
ab der Geburt verliehener Rechtsfähigkeit zB erst ab einem gewissen
Alter rechtlich selbständig gültig handeln; Altersstufen der Geschäftsfähigkeit.
Bis dorthin handeln zB die Eltern oder die Mutter (kurz: der gesetzliche
Vertreter) für das Kind oder müssen doch für gewisse Geschäfte ihre
Zustimmung geben. Die natürliche Person ist zwar von Geburt an rechtsfähig,
aber noch nicht handlungsfähig. Bei juristischen Personen bleibt
„dieser” – für natürliche Personen transitorische – Zustand gleichsam
bestehen. | Parallelen zur natürlichen Person |
Man sagt – und das ist für das Verständnis unserer Rechtsfigur
von Bedeutung – die juristische Person handle durch ihre Organe. | |
Organe bestehen aus einer oder mehreren (natürlichen!) Person/en,
die kraft Satzung oder Statut der juristischen Person für diese
handeln und sie durch ihr Handeln (unmittelbar) berechtigen und/oder
verpflichten können. | |
Organe juristischer Personen haben bestimmte Aufgaben wahrzunehmen;
zB prüfen die Rechnungsprüfer des Vereins die Vereinsgebarung,
der Vorstand (nach neuer Diktion = Leitungsorgan)
leitet den Verein. – Dieses Handeln der Organe hat zur Folge, dass
die Rechtsfolgen unmittelbar und direkt die juristische Person selbst
treffen und nicht etwa das handelnde Organ (etwa den Geschäftsführer
einer GmbH) oder sonst jemanden; etwa gar ein einfaches Vereinsmitglied. | |
| |
Juristische Personen entwickeln also ein dem Menschen vergleichbares
Eigenleben, das „bewusste” wie „unbewusste” Seiten besitzt. | |
| |
Mitglieder juristischer Personen können
sowohl natürliche wie juristische Personen (!)
sein; das ist nicht mit der Organbestellung zu verwechseln! – Ist
eine juristische Person aber Mitglied einer anderen juristischen
Person, kann sie in dieser (als juristischer Person) keine Organrolle
übernehmen. | |
| |
| Abbildung 4.26: Organtypen juristischer Personen |
|
Die Organe juristischer Personen
weisen – bei unterschiedlicher Bezeichnung in den einzelnen Gesetzen
(VereinsG 1951, GmbHG 1906, AktG 1965, GenG 1873, PSG 1993) – typologisch
eine Dreiteilung auf, wobei dem jeweiligen Organtypus
unterschiedliche Aufgaben / Kompetenzen zugewiesen sind. Wir unterscheiden: | Organtypen und
Organaufgaben |
Ein Leitungsorgan (zB
Vereinsvorstand, Vereinsobmann; GeschäftsführerIn einer GmbH; Vorstand
einer AG oder Genossenschaft). | |
Kompetenz:
Geschäftsführung (nach innen) + Vertretung (nach außen). | |
| |
Das
Leitungsorgan muss nunmehr nach § 5 Abs 3 VereinsG aus mindestens
zwei natürlichen Personen bestehen. Man spricht dann von Kollektivorgan
und Kollektivvertretung. | |
Nach § 17 Abs 3 PSG
„ ... sind sämtliche Mitglieder des Stiftungsvorstands nur gemeinschaftlich
zur Abgabe von Willenserklärungen und zur Zeichnung
für Privatstiftungen befugt.” Vgl auch § 18 Abs 2 GmbHG – Zur Abgabe von Willenserklärungen
gegenüber juristischen Personen genügt es idR, dass diese
– bei Kollektivvertretung – gegenüber einem Mitglied (zB des Vorstands)
abgegeben werden; so ausdrücklich § 17 Abs 3 Satz 3 PSG. | |
•
Ein Kontrollorgan (zB
Rechnungsprüfer des Vereins; Aufsichtsrat einer GmbH, AG und Genossenschaft). | |
Kompetenz: Kontrolle, Überprüfung der gesamten Tätigkeit
des Leitungsorgans. | |
•
Und ein Basisorgan,
dem sämtliche Mitglieder / Gesellschafter / Aktionäre einer juristischen Person
angehören; beim Verein die Mitgliederversammlung, bei der GmbH die
Generalversammlung, bei der AG die Hauptversammlung der Aktionäre. | |
Kompetenz: Bestellung der anderen Organe. | |
Daneben gibt es bei einzelnen juristischen Personen
noch Sonderorgane, wie beim Verein das „Vereins-Schiedsgericht”. | |
Die Organbestellung
erfolgt typischerweise von unten nach oben;
dh bspw: | |
• Beim Verein (→ Der
Verein)
wählt das Basisorgan (= Mitgliederversammlung) die anderen Vereinsorgane;
also den/die Vorstand(smitglieder) und ein allfälliges Aufsichtsorgan
sowie die Rechnungsprüfer; Schiedsgericht je nach Statutenregelung. | |
•
Bei
der GmbH bestellt die Generalversammlung den /
die Geschäftsführer/in und kann diese auch jederzeit abberufen sowie
(bindende) Weisungen erteilen. – Auch die Wahl, Entsendung und Abberufung
von Aufsichtsratsmitgliedern erfolgt – allerdings nur zu 2/3 der
Mitglieder – durch Gesellschafterbeschluss, 1/3 der Mitglieder wird
vom Betriebsrat entsandt; Arbeitnehmervertreter. Die Wahl eines/r
Aufsichtsratsvorsitzenden (samt Vertretern) erfolgt entweder durch
die Generalversammlung oder den Aufsichtsrat selbst. – Die Bestellung
eines Aufsichtsrates bei der GmbH ist nicht obligatorisch, sondern
hängt von ihrer „Größe” ab; § 29 GmbHG. | |
Die betriebliche Mitbestimmung –
geregelt im ArbeitsverfassungsG 1974 – wird vielfach noch nicht
richtig verstanden und daher zu wenig geschätzt und genützt. Sie
gehört daher adaptiert und ausgebaut. | |
| Abbildung 4.27: Organbestellung bei juristischen Personen |
|
Diese Unterscheidung meint: | Selbstorganschaft
– Fremdorganschaft |
• Von Selbstorganschaft wird
gesprochen, wenn die jeweilige juristische (oder quasijuristische) Person
ihre Organe mit Mitgliedern aus ihrer Mitte bestellt. Das ist typisch
für Vereine. | |
• Bei Kapitalgesellschaften dagegen kommt häufig
die Fremd- oder Drittorganschaft vor;
dh: Nichtgesellschafter werden zu Organträgern bestellt. Die Kapitalgesellschaft
holt sich auf diese Weise (best)qualifiziertes Personal zur Verfolgung
ihrer Zwecke. | |
7. Zur
Rechts- und Handlungsfähigkeit | |
Juristische Personen
sind rechtsfähig – dh sie selbst sind Träger eigener
Rechte und Pflichten. Sie sind aber auch handlungsfähig (also
geschäfts- und deliktsfähig); dh sie können durch „eigenes” Handeln
Rechte und Pflichten erwerben, aber auch zivilrechtliche Delikte
begehen! Juristische Personen können auch Besitz erwerben
und ersitzen → KAPITEL 13: Die
Ersitzung. | |
Verliehen wird die Rechtsfähigkeit juristischen
Personen von der Rechtsordnung; vgl § 26 ABGB, der zwischen „erlaubten”
und „unerlaubten” Gesellschaften unterscheidet und unerlaubten Gesellschaften
(zB solchen die „offenbar der [Staats]Sicherheit, öffentlichen Ordnung
oder den guten Sitten widerstreiten”) die Rechtsfähigkeit abspricht: | §
26 ABGB |
„Unerlaubte Gesellschaften haben als solche
keine Rechte, weder gegen die Mitglieder, noch gegen andere, und
sie sind unfähig, Rechte zu erwerben.” | |
| |
§ 879 ABGB Das
ABGB von 1811 erwähnte die Sittenwidrigkeit nur in § 26. § 879 ABGB
aF führte nur beispielhaft ungültige Verträge und Abs 2 des § 879
wurde erst durch die III. TN (1916) eingefügt. | |
Gewerbeberechtigung
Nach § 9 GewO können juristische Personen ein Gewerbe ausüben.
Sie müssen jedoch einen „Geschäftsführer oder Pächter”
bestellen. – § 11 Abs 1 GewO: | Gewerbeberechtigung |
„Die Gewerbeberechtigung einer juristischen
Person endigt, wenn die juristische Person untergeht.” | |
| |
Nicht alle Rechtsgebilde,
zu denen sich (mehrere) Menschen zusammenschließen, sind juristische Personen.
Manchen dieser Gebilde fehlt die (eigene) Rechtsfähigkeit,
was zur Folge hat, dass nicht dieses Gebilde selbst zum Träger von
Rechten und Pflichten wird, sondern es nur die einzelnen zusammenwirkenden
natürlichen Personen sind. – Beispiele für solche Gebilde, denen keine
eigene oder doch nach hA keine voll entwickelte Rechtspersönlichkeit
zukommt, sind: | Nicht
jede „Gesellschaft” ist eine juristische Person |
•
Die Gesellschaft
bürgerlichen Rechts / GesbR (§§ 1175 ff ABGB) und als Beispiel
für sie die ARGE (Arbeitsgemeinschaft) → KAPITEL 12: Die Gesellschaft
bürgerlichen Rechts. | ARGE |
| |
|
EvBl 2000/84 – lässt es mittlerweile
aber zu, dass zwischen dem Gesellschafter einer GesbR und
der Gesellschaft ein Bestandvertrag zustande
kommt; und der dtBGH gewährte dieser Rechtsform aus Praktikabilitätsgründen
sogar Prozessfähigkeit: BGH
II ZR 331/00, 29.1.2001. | |
|
|
Zur Erstreckung
der Deliktshaftung auf die GesbR durch den OGH → Auch
Personengesellschaften haften: EvBl 2000/84. | |
|
•
OHG / Offene Handelsgesellschaft:
§§ 105 ff HGB; | OHG,
KG etc |
•
KG / Kommanditgesellschaft:
§§ 161 ff HGB; | |
•
die Stille Gesellschaft (§§
178 ff HGB) oder | |
•
die Erwerbsgesellschaften nach
dem ErwerbsgesellschaftenG (EGG) 1990, nämlich O(ffene)EG und K(ommandit)EG.
– § 3 Abs 1 ÄrzteG 1998 (BGBl I 169) bestimmt nunmehr in seiner
novellierten Fassung, dass die selbständige Ausübung des ärztlichen
Berufs auch in der Rechtsform der Gruppenpraxis als
eingetragene Erwerbsgesellschaft zulässig ist. | |
Die Personengesellschaften (insbesondere OHG
und KG) werden als Quasi-juristische Personen bezeichnet,
weil sie kraft besonderer gesetzlicher Anordnung (§ 124 HGB) rechtlich
schon „sehr viel können”, was sonst eigentlich nur juristische Personen
können, in der Haftung aber das Trennungsprinzip nicht (voll) verwirklicht
haben. | Quasi-juristische
Personen |
Für das Handeln von Personen(handels)gesellschaften
gilt der Grundsatz der Einstimmigkeit, doch kann der Gesellschaftsvertrag
auch Mehrheitsentscheidungen zulassen, wobei die „Mehrheit” grundsätzlich
nach Köpfen, aber auch nach Kapitalanteilen berechnet werden kann;
auch andere Verteilungsschlüssel sind erlaubt. (Beachte den Unterschied
zum Mit- und Wohnungseigentum, wo die Mehrheit nach rechnerischen
Anteilen bestimmt wird! → KAPITEL 8: Eigentumsformen und → KAPITEL 8: Wohnungseigentum:
WEG 2002)
– Die Höhe des Kapitalanteils bestimmt demnach nicht unbedingt die
tatsächliche Verfügungsmacht in einer Personengesellschaft, zumal
die Herrschaftsrechte bei personalistisch organisierten Handelsgesellschaften
durch Gesellschaftsvertrag frei gestaltet werden können. Das Know-How
einer Person kann höher bewertet werden, als ihre Kapitaleinlage. | Handeln
von
Personengesellschaften |
Das Gesellschaftsvermögen von Personenhandelsgesellschaften,
also insbesondere von OHG und KG, steht – heute unbestritten – im Gesamthandeigentum ( → KAPITEL 8: Gesamt(hand)eigentum)
aller Gesellschafter; Art 7 Nr 9 EVHGB spricht von „gemeinschaftlichem
Vermögen”. Dieses Vermögen wird den Gesellschaftern als Sondervermögen derart
zugeordnet, dass diese nur gemeinsam darüber verfügen können. Der
einzelne Gesellschafter kann also nicht wie bei ideellem Miteigentum
( → KAPITEL 8: Schlichtes
oder ideelles Miteigentum) allein über seinen Anteil / Bruchteil
verfügen und kann insbesondere nicht Teilung verlangen; Art 7 Nr
10 EVHGB. Während früher sogar bestritten wurde, dass es Anteile am
Gesellschaftsvermögen von Personenhandelsgesellschaften gibt, unterscheidet
man heute zwischen: – Anteil(en) am Gesellschaftsvermögen als Ganzem
und – Anteil(en) an einzelnen Gegenständen des Gesellschaftsvermögens; vgl
Art 7 Nr 10 Abs 1 EVHGB. – Der einzelne Gesellschafter ist also
gesamthänderischer Miteigentümer der Sachen, Mitgläubiger der (Gesellschafts)Forderungen
und Mitinhaber sonstiger Rechte des Gesellschaftsvermögens. – Einem
ausscheidenden Gesamthänder verbleibt nur ein schuldrechtlicher
Abfindungsanspruch. | |
| Geschäftsfähigkeit
von Gemeinden |
| Abbildung 4.28: Geschäftsfähigkeit von Gemeinden: § 867 ABGB |
|
Der sog ruhende
Nachlass / die Verlassenschaft / hereditas iacens (also
das Vermögen Verstorbener vom Tod bis zur Einantwortung) wird nach
hA als eine Art juristische Person angesehen; freilich nur als transitorische,
also zeitlich begrenzte, da mit Einantwortung (gerichtliche Einweisung
ins Erbe → KAPITEL 17: Einweisung
in die Erbschaft ¿ Das Verlassenschaftsverfahren ) der Nachlass ins Eigentum des/der Erben
übergeht; vgl GlUNF 6774 (1914) oder EvBl 1960/350. | |
Ähnliches
gilt für das sog Sammelvermögen; vgl Ehrenzweig
I/12, 200. Insgesamt erscheint aber manche der
hier anstehenden Fragen noch nicht voll durchdacht. – Eine gesetzliche
Regelung erschiene wegen der praktischen Bedeutung dieses Bereichs
wünschenswert. | |
Bei Sammlungen aller Art (sei
es von Gütern / Sachen und insbesondere Geld) stellt sich immer
wieder die Frage: „Gehört” das Gesammelte (anteilig) noch den Spendern?
(Wohl kaum! Und oft lässt sich gar nicht mehr feststellen, wer,
wie viel gespendet hat. Eine Lösung in manchen Fällen könnte es
aber sein, bis zur Zweckerreichung noch Miteigentum der
Spender anzunehmen und bis zur sachgemäßen Verwendung
der Spenden eine Mengenvindikation zuzulassen. Bei Einzahlung mit
Erlagschein, Sammellisten oder sonst in nachvollziehbarer Weise
getätigten Spenden, erscheint dies als gangbarer Weg.) Oder gehen
die Spenden gleich ins Vermögen der Sammler über? Das Gesammelte
kann aber wohl idR auch nicht als Privatvermögen der Sammler betrachtet
werden, weshalb es oft vorzuziehen ist, ein selbständiges (zweckgebundenes) Sammelvermögen oder
auch treuhändisches (Gesamthand)Eigentum der Sammler anzunehmen.
– Und was soll gelten, wenn zB der Zweck einer Sammlung – bspw die
Errichtung des geplanten Denkmals oder eine Entwicklungshilfeaktion
– nicht erreicht wird? Gschnitzer (AT1 95)
nimmt in solchen Fällen fiduziarisches / treuhändisches Eigentum
der Sammler mit Zweckbindung an. Das erscheint für manche Fälle
sachgerecht. | |
Schwierigkeiten bereitet bei der Beurteilung des
Sammelvermögens aber uU sein vorübergehender / transitorischer
Charakter, zumal häufig ein dauerhafter Zweck fehlt. Allein
das gilt auch für den ruhenden Nachlass. – Im Zweifel sollte das
Sammelvermögen daher als eine Art – wenn auch nur transitorische
– juristische Person betrachtet werden. (Zu seiner „Erklärung” bietet
sich die „Theorie” des subjektlosen Zweckvermögens von Brinz an → KAPITEL 4: ¿Theorien¿ ).
Bei Verfehlen des Sammlungszwecks wäre daher das Sammelvermögen,
falls (wie regelmäßig) kein Ersatzzweck bestimmt wurde – analog
zum Vereinsrecht (§ 30 bs 2 VereinsG) –
für einen möglichst verwandten oder gemeinnützigen Zweck zu verwenden.
Für allfällige Schulden, die im Zusammenhang mit
der Sammlung stehen, haften die Sammler grundsätzlich persönlich
und anteilig, allenfalls sogar solidarisch; Gschnitzer, aaO und
SZ 8/138 (1926): Haftung der Mitglieder eines Interessentenausschusses
(Kommité) oder SZ 52/109 (1979): Solidarische Haftung der Mitglieder
einer Straßenbau ARGE als GesbR. | |
In Österreich existieren übers Jahr verteilt ca 500 größere
Spendeninitiativen. Auskünfte beim Österreichischen Institut
für Spendenwesen (ÖIS); Internetadresse:
http://www.spendeninstitut.at/.
Das Institut führt eine Statistik, wofür und wieviel die Österreicher
spenden: Kinder, Behinderte, Tiere, Umwelt, Hunger in der Welt etc.
Diskutiert wird die Einführung eines Gütesiegels für Spendenorganisationen,
das es in anderen Ländern schon gibt, um Missbräuche einzuschränken.
– Gespendet und gesammelt wird für einmalige Zwecke (zB Wohltätigkeitsveranstaltungen),
wie in der Form ganzjähriger Aufrufe, die idR von juristischen Personen
getragen werden; zB Caritas oder Aidshilfe. Beispiele für ganzjährige
Spendenaufrufe: ‚Nachbar in Not’ (PSK-KNr 7600111), ‚SOS-Kinderdorf’ (PSK-KNr
2390000), ‚Menschen für Menschen’ (PSK-KNr 7199000), ‚Amnesty International’
(PSK-KNr 1030000), ‚Aidshilfe’ (BA-KNr 24011553400), ‚Volkshilfe
Österreich’ (PSK-KNr 1740400), ‚CARE Österreich’ (PSK-KNr 1236000)
etc. | |
Hinter Sammelaktivitäten stehen häufig juristische
Personen; zB Amnesty International, UNICEF-Kinderhilfswerk,
Caritas, Volkshilfe. Das kontinuierlich sich durch Spenden verändernde
Sammelvermögen erwirbt hier die juristische Person, die auch über
die gespendeten Beträge – wenngleich häufig zweckgebunden – Verfügungsberechtigung
erlangt. Nicht selten wird in solchen Fällen eine Schenkung (unter
Auflage → KAPITEL 3: Arten
der Schenkung) der jeweiligen Verwendung – zB Erdbebenopfer
– anzunehmen sein. Das bei bestimmten Sammelaktionen hereinkommende
Vermögen wird häufig als treuhändisches Vermögen (zB mit Anderkontenführungspflicht)
anzusehen sein. | |
II. Warum gibt es
juristische Personen? | |
1. Juristische
Person: Mittel zweckmäßiger Interessenverfolgung | |
Juristische Personen
dienen einer zweckmäßigen Rechts- und Interessenverfolgung;
sei es, dass mehrere Personen eine politische Partei gründen wollen
oder einen Fußballklub oder – seltener – einen Kulturverein; sei
es, dass sie gemeinsame wirtschaftliche Ziele verfolgen und ihr
Vermögen, das allein dafür nicht ausreicht, zusammenlegen, um eine
GmbH oder AG zu gründen. – Die Rechtsordnung verleiht seit alters
her all diesen Gebilden und Zielsetzungen bei Einhaltung der von ihr
aufgestellten Regeln aus rechtstechnischen und -praktischen Überlegungen
heraus ihre Unterstützung; dh sie verleiht Rechtsfähigkeit. | |
| |
Dies
hat ua dazu geführt, dass bestimmten Rechtsgebilden von der Rechtsordnung
nur Teilrechtsfähigkeit verliehen wurde; so kann
zB die OHG (und damit auch die KG)
Liegenschaftseigentum erwerben und unter ihrem Namen klagen und
beklagt werden (§ 124 HGB), obwohl sie keine juristische Person
ist. | Teilrechtsfähigkeit |
Teilrechtsfähig waren lange auch die Universitäten
als Körperschaften öffentlichen Rechts. | |
In
anderer Hinsicht – und das wird heute für die Annahme einer juristischen
Person für wesentlich gehalten, nämlich der Ausgestaltung ihrer Haftung,
zeigt sich, dass die OHG keine juristische Person ist. Bei ihr haften
nämlich die Gesellschafter für Gesellschaftsschulden auch persönlich
mit ihrem ganzen (Privat)Vermögen und nicht nur die Gesellschaft.
– Die klare Trennung der Haftung zwischen juristischer Person und
ihren Mitgliedern ist also etwas für die Annahme einer juristischen
Person wichtiges und charakteristisches; sog Trennungsprinzip. | Haftung |
| |
2. Haftungsfreistellung
der Mitglieder | |
| |
Ein anderer – attraktiver – Grund sich der Rechtsform
einer juristischen Person (insbesondere der GmbH, aber auch eines
Vereins) zu bedienen ist die damit einhergehende grundsätzliche
Haftungsfreistellung der Mitglieder der juristischen Person und
bei der GmbH zusätzlich die beschränkte Haftung der Gesellschaft
selbst; sie heißt eben nicht zufällig Gesellschaft mit beschränkter Haftung;
vgl dazu aber die folgenden Ausführungen. | |
Bei einer juristischen
Person haftet nämlich – wie wir schon gehört haben – grundsätzlich
nur diese selbst für Gesellschaftsschulden und nicht etwa die natürlichen
Personen oder Organe, die ihr angehören; Trennungsprinzip.
Nur ausnahmsweise, nämlich bei Missbrauch dieser Rechtsform, kann auf
die hinter der juristischen Person stehenden – Missbrauch treibenden
– Gesellschafter / Mitglieder „durchgegriffen” werden; sog Haftungsdurchgriff. | Trennungsprinzip
– Nur ausnahmsweise: Haftungsdurchgriff |
Dieser – gesetzlich bislang nicht
geregelte und von der österreichischen Rspr nur selten angewendete
– Haftungsdurchgriff bildet eine Art Notventil, wenn die Rechtsform
einer juristischen Person missbräuchlich (insbesondere zur Gläubigerschädigung)
verwendet wird. Dadurch wird den – andernfalls leer ausgehenden
– Gläubigern ausnahmsweise doch Zugang, eben ein „Durchgriff” auf
das gesamte (also auch private!) Vermögen der Gesellschafter eingeräumt.
– In den USA wird anschaulich von „piercing the corporate veil”
gesprochen. Man lässt in schwerwiegenden Missbrauchs- oder Umgehungsfällen
Gesellschafter von Kapitalgesellschaften in entsprechender Anwendung
der §§ 105 und 128 HGB wie OHG-Gesellschafter haften; vgl etwa dtBGHZ
22, 226 (230) und 95, 330 (Autokran). Für Österreich vgl Jabornegg,
Die Lehre vom Durchgriff, WBl 1989, 1 und 43 sowie Gschnitzer, AT 337
(19922) uH auf § 26 ABGB und darauf, dass es einen Haftungsdurchgriff
auch bei natürlichen Personen (Strohmann!) gibt. | piercing
the corporate veil |
|
ecolex 1992, 707:
Unter Durchgriffshaftung (besser: Haftungsdurchgriff) wird die private
Zusatzhaftung von Verbandsmitgliedern für Schulden der Verbandsperson
verstanden. Aus Anlass der Haftungserstrekkung wird der mit der
selbständigen Rechtsperson verbundene Schutzschild der Haftungsbeschränkung zur
Seite geschoben, sodass Gesellschaftsgläubiger zusätzlich die Mitglieder
der Gesellschaft persönlich mit ihrem Privatvermögen in Anspruch
nehmen können. | |
|
Durch
die Gründung einer juristischen Person schränkt man also das eigene
Risiko ein, schließt Haftung aus; genauer: vermeidet eigene persönliche
Haftung. Im Falle einer Exekution oder eines Konkurses haftet dann
zB nur das (Gesamt)Vermögen der GmbH, nicht aber das Privatvermögen der
Gesellschafter für die Schulden. – Man spricht in diesem Zusammenhang
neben dem Trennungsprinzip auch von einem Haftungsprivileg zugunsten
der Gesellschafter und Organe juristischer Personen. | Haftungsprivileg |
Gesellschafter haften bei juristischen
Personen – jedenfalls nicht bei GmbH und AG – auch nicht mit ihrer
getätigten „Einlage”, da diese ins Eigentum der
juristischen Person übergeht und gar nicht mehr im Vermögen der
Gesellschafter steht. Gesellschafter haben vielmehr in Bezug auf
eine getätigte Einlage nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen
die Gesellschaft. (Der Unterschied zwischen Schuld- und Sachenrecht
wird hier deutlich.) – Nicht zu verwechseln damit ist, dass Gesellschafter
uU einen Vermögensverlust erleiden, wenn die juristische Person
Schulden macht und in Konkurs geht, da sie ihr Geld in die Gesellschaft
„gesteckt” haben. | Wem
gehört die Einlage? |
Die
Bezeichnung GmbH / Gesellschaft mit beschränkter
Haftung ist insofern (leicht) irreführend, als sie für ihre Schulden mit
ihrem jeweiligen Gesamtvermögen haftet; dh insofern (als Rechtsperson)
unbeschränkt. Berechtigt ist die Bezeichnung „beschränkte
Haftung” aber insofern, als das Publikum damit gewarnt
werden soll, dass das Gesetz nur ein Mindeststammkapital von 35.000 ı
(500.000 S) vorschreibt; dh: es muss nicht mehr Vermögen als dieser
Betrag (als Haftungsgrundlage) vorhanden sein! Das gilt es bei Rechtsgeschäften
mit GmbH’s zu bedenken. | Bezeichnung GmbH |
Nach
§ 10 Abs 3 GmbHG ist für die Eintragung einer neu gegründeten GmbH
ins Firmenbuch die schriftliche Bestätigung eines Kreditinstituts
nötig, dass die Stammeinlage tatsächlich bar (!) einbezahlt wurde
und sich in der freien Verfügung der Geschäftsführer befindet. –
Die Bank haftet Dritten (im Außenverhältnis) für die Richtigkeit dieser
Bestätigung. | Stammeinlage |
Auch
in Bezug auf die Haftung von Gesellschaftern kann die Bezeichnung
GmbH leicht zu Unklarheiten führen. Daher soll festgehalten
werden: Gesellschafter haften für Gesellschaftsschulden weder beschränkt,
noch unbeschränkt, sondern überhaupt nicht! Gesellschafter besitzen im
Rahmen ihres obligatorischen Mitgliedschaftsrechts an der Gesellschaft
bloß einen sog Wertanteil am jeweiligen Gesellschaftsvermögen.
Über einzelne Bestandteile des Gesellschaftsvermögens kann ein Gesellschafter
nicht direkt, sondern nur im Rahmen seines Mitgliedschaftsrechts verfügen.
Der Umfang dieser Verfügungsrechte richtet sich dabei grundsätzlich
nach der Größe des Wertanteils am Gesellschaftsvermögen. Das „Stimmgewicht”
der Aktionäre (§ 114 Abs 1 AktG) und GmbH-Gesellschafter (§ 39 Abs
2 GmbHG) bestimmt sich daher grundsätzlich nach dem Nennwert ihres
Kapitalanteils. Durch Gesellschaftsvertrag (vgl § 39 Abs 2 GmbHG)
können aber abweichende Regelungen getroffen werden! | Wertanteil |
Das
erfolgt bspw durch den Syndikatsvertrag, durch den die Ausübung
des Stimmrechts in (Kapital)Gesellschaften geregelt werden kann.
Der Syndikatsvertrag ist eine zulässige und uU sinnvolle Ergänzung
des Gesellschaftsvertrags. Bindungswidrig abgegebene Stimmen sind
aber wirksam und berechtigen grundsätzlich nicht zur Anfechtung des
auf solche Art zustande gekommenen Beschlusses; EvBl 2000/23. | Syndikatsvertrag |
| |
Das zur Haftung
juristischer Personen allgemein Ausgeführte gilt auch für ihre Organe.
Auch sie haften für Gesellschaftsschulden nicht.
– Davon zu unterscheiden ist, wenn ein Organ gesetz-, statuten-
oder vertragswidrig handelt und dadurch der juristischen Person
– sei es ein Verein (§ 24 VereinsG 2002) oder eine GmbH – Schaden
zufügt. Der juristischen Person steht in diesem Fall ein zivilrechtlicher
Schadenersatzanspruch gegen das schuldtragende Organ zu. Ähnliches
gilt bei Verstößen gegen das Strafrecht, nur steht hier der Strafanspruch
dem Staate zu. Organe können also unter den allgemeinen Voraussetzungen
(persönlich) strafrechtlich belangt werden; zB grob fahrlässige
Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen, Veruntreuung, Diebstahl
etc. | Organe
haften nicht für Gesellschaftsschhulden |
Immer
schärfer stellt sich eine rechtspolitische und rechtsphilosophische
Frage, nämlich die, ob nur Menschen, also natürliche Personen, oder
auch ihre Organisationen, also auch juristische Personen, Adressaten
staatlicher und moralischer Normen, insbesondere von Strafvorschriften
sein können. Die Meinungen (im Strafrecht) gehen bisher auseinander.
Eine strafrechtliche Verantwortung juristischer Personen existiert
bisher in Österreich und Deutschland bislang
nicht oder nur in ersten Ansätzen; nach § 30 des dtOrdnungswidrigkeitenG
(das entspricht unserem VStG 1925) kann nunmehr aber auch eine juristische
Person bußgeldpflichtig werden. (Auch die USA und Canada kennen
eine Strafbarkeit juristischer Personen.) Nur der Mensch als natürliche
Person ist bislang Adressat des österreichischen Strafrechts. Strafrechtlich
zur Verantwortung gezogen werden können bisher immer nur jene Menschen
/ Organe juristischer Personen, die für die juristische Person handeln.
– Nur in Ausnahmefällen haftet eine juristische Person / Unternehmen
zB für eine Geldstrafe, zu der ein Organ wegen einer strafbaren
Handlung verurteilt wurde, die es im Zusammenhang mit der Unternehmenstätigkeit
begangen hat; zB nach § 35 MedienG. Überlegt wird aber mittlerweile
auch ein ”Abschöpfen” deliktisch erlangter Gewinne juristischer
Personen, um das organisierte Verbrechen effektiver bekämpfen zu
können. – Das österreichische Strafrecht und Verwaltungsstrafrecht
hinkt hier der rechtlichen Entwicklung hinterher. – An die grundsätzliche
zivilrechtliche Gleichstellung natürlicher und juristischer Personen
schon nach § 26 ABGB (1811!) ist daher zu erinnern. | Strafrechtliche Verantwortung juristischer Personen? |
|
ZAS 2001, 152/18(VwGH – verstSenat
mwH): Eine juristische Person (GmbH) hat im Verwaltungsstrafverfahren
Parteistellung (Rspr-Änderung) – Der Geschäftsführer der GmbH war
wegen Übertretungen des AuslBG zu einer Geldstrafe verurteilt und
idF ausgesprochen worden, dass die GmbH für die Geldstrafen zur
ungeteilten Hand mit dem Geschäftsführer hafte. | |
|
3. Einpersonengesellschaft? | |
Die
Idee der juristischen Person verlangt eine Personenmehrheit;
dennoch wurde von der Praxis schon bisher die Einpersonen-GmbHunter gewissen
Voraussetzungen zugelassen. | Personenmehrheit |
So explizit § 20 Abs 4 StGB und § 9 VStG:
Separat erlassener Bescheid begründet eine Solidarhaftung der juristischen
Person. | |
Eine Rolle spielte dies zB dann, wenn zwar ursprünglich
zwei oder mehrere Gesellschafter existierten, in der Folge aber
sämtliche Gesellschaftsanteile in einer Hand vereinigt wurden. Häufig
wurde das Erfordernis der Personenmehrheit schon bisher dadurch
umgangen, dass sich Firmengründer, die sich für eine GmbH entschieden
hatten, einen sog Strohmann suchten (oft ein Familienmitglied),
um in den Genuss der beschränkten Haftung zu gelangen. | |
Das ist seit 1996
nicht mehr nötig, zumal es durch das EU-GesellschaftsRÄG, BGBl 304/1996
auch Einzelpersonen erlaubt ist, eine GmbH zu gründen.
Dies soll das Entstehen kleiner Unternehmen in Europa fördern. | Einpersonen-GmbH |
§ 3 GmbHG, der die Voraussetzungen der Eintragung
einer GmbH ins Firmenbuch regelt, bestimmt nunmehr in Abs 2 lapidar:
„Wird die Gesellschaft nur durch eine Person errichtet, so wird
der Gesellschaftsvertrag durch die Erklärung über die Errichtung
der Gesellschaft ersetzt. Auf diese Erklärung sind die
Vorschriften über den Gesellschaftsvertrag sinngemäß anzuwenden.”
– Vgl nunmehr auch § 18 Abs 5 und 6 GmbHG. | |
Eine weitere
bedeutsame Änderung für GmbH’s besteht darin, dass – mit Ausnahme
kleiner GmbH’s – eine verpflichtende Jahresabschlussprüfung eingeführt
wurde. Prüfungspflichtig sind GmbH’s künftig dann, wenn mindestens
2 der 3 in der Folge angeführten Merkmale in zwei aufeinanderfolgenden
Jahren überschritten werden: – 37 Mio ı Bilanzsumme, – 74 Mio ı
Umsatzerlöse im Jahr vor dem Abschlussstichtag, – 50 Arbeitnehmer
im Jahresdurchschnitt. Diese Regelung soll die Insolvenzprophylaxe
verbessern. | |
|
OGH 11. 2. 2002, 7 Ob 315/01a, JBl 2002, 526(Anm
Karollus): Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer Ein-Personen-GembH verpflichtet
sich persönlich und zur ungeteilten Hand zur Rückzahlung eines Bank-Kredits
an die GembH. Der Klage auf Zahlung hält er einen Verstoß gegen
§§ 25 b ff KSchG entgegen. – OGH verneint Verbrauchergeschäft des
Alleingesellschafters der Ein-Personen-GesmbH (im Gegensatz zu seiner
Judikatur zur Mehr-Personen-GembH). | |
|
4. Europäische
wirtschaftliche Interessenvereinigung: EWIV | |
Mit
VO des Rates vom 25.7.1985 über die Schaffung einer Europäischen
wirtschaftlichen Interessenvereinigung (kundgemacht in ABl Nr L
199 vom 31.7.1985, 1f) wurde erstmals eine auf Gemeinschaftsrecht
beruhende vom nationalen Recht unabhängige, supranationale Gesellschaftsform
als Kooperationsform zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von
Unternehmen geschaffen. Die EWIV ist für kleinere und mittlere Unternehmen
gedacht. Zur Europa-AG → Die
Societas Europaea (SE) oder Europa-AG
| |
Bei dieser nicht nationalen Unternehmensform
müssen mindestens 2 Mitglieder ihre Haupttätigkeit in verschiedenen Mitgliedsstaaten
haben, Unternehmen aus Nicht-EG-Staaten können nicht Mitglied werden.
Die EWIV ist als Personengesellschaft konstruiert
(mit Organisationselementen einer Kapitalgesellschaft), wobei in
Österreich nach dem EWIV-AusführungsG, BGBl 1995/521, das Recht
der OHG (§§ 105 ff HGB) subsidiär anzuwenden ist, wie überhaupt
immer dann nationales Recht heranzuziehen ist, wenn der Gründungsvertrag
der EWIV eine Regelung nicht vorsieht. – Wie die OHG besitzt die
EWIV nur Teilrechtsfähigkeit. Im Unterschied zur
OHG können auch Nichtmitglieder Geschäftsführer sein, sog Fremdorganschaft.
Sie ist Vollkaufmann (nicht aber notwendigerweise ihre Mitglieder).
Da ihr Zweck lediglich die Unterstützung und Koordinierung der wirtschaftlichen
Tätigkeit ihrer Mitglieder (Mitgliedsunternehmen) ist, ist sie nur
Hilfsorganisation und keine Organisationsform für primäre wirtschaftliche
Tätigkeit. Sie hat daher nicht den Zweck, Gewinne für sich selbst
zu erwirtschaften und darf insbesondere keine Lenkungsfunktionen
ausüben; Konzernleitungsverbot. | |
Als Kooperationsform von Unternehmungen innerhalb der Gemeinschaft
ist sie zur Überwindung rechtlicher und psychologischer Hemmnisse
im internationalen Geschäftsverkehr gedacht und bietet sich insbesondere
für kleinere und mittlere Unternehmen an; zB zur Kooperation in
Forschung und Produktentwicklung, zur gemeinsamen Organisation von
Einkauf, Kundendienst, Vertrieb, Fortbildung, Werbung, Marketing,
Transport etc. Auch freie Berufe können diese Form des Zusammenschlusses
wählen, etwa Rechtsanwälte, Architekten oder Ärzte. (Innerstaatlich dienen
dazu bei uns die Erwerbsgesellschaften.) | |
5. Die
Societas Europaea (SE) oder Europa-AG | |
Die Arbeiten an einer europäischen Aktiengesellschaft sind
lange an der wichtigen Frage der Arbeitnehmermitbestimmung gescheitert.
Nach 30-jährigen Verhandlungen hat die EU am Ende des Jahres 2000
die Europa-AG beschlossen; Statut für eine Europäische Aktiengesellschaft.
Sie ist eine Rechtsform für transnationale Unternehmen und soll
künftig grenzüberschreitende Fusionen und die Gründung von Holdinggesellschaften
( → Holding) in Europa erleichtern. Nach Schätzungen
der EU-Kommission wird die neue Europa-AG den Unternehmungen Kostenersparnisse
von jährlich rund 30 Mrd ı bringen. – Die Umsetzungsfrist beträgt
drei Jahre. | |
Das Mindestkapital für die SE beträgt 120.000
ı. Steuerlich unterliegen SE den jeweiligen nationalen
Vorschriften am Sitz der Gesellschaft oder der Zweigniederlassung.
Die SE muss in dem Mitgliedstaat registriert werden,
in dem sich ihre Hauptverwaltung befindet. Die erwähnte Kostenersparnis für
Unternehmen mit Niederlassungen in mehreren Mitgliedstaaten ergibt
sich daraus, dass solche Unternehmen nunmehr auf Grund einheitlicher
europarechtlicher Regeln fusionieren und mit einem einheitlichen
Management und Berichtssystem überall in der EU tätig werden können.
Künftig müssen nicht mehr mit erheblichem Zeit und Kostenaufwand
mehrere (ein Netz von) Tochtergesellschaften errichtet werden, für
die bisher unterschiedliche nationale Regelungen galten. | |
Vier Gründungsmöglichkeiten: | |
• Durch Verschmelzung von
zwei oder mehr AGs aus mindestens zwei Mitgliedstaaten. | |
• Bildung einer SE-Holdinggesellschaft,
an der AGs oder GmbHs aus mindestens zwei EU-Staaten beteiligt sind. | |
• Gründung einer SE-Tochtergesellschaft durch
Gesellschaften aus mindestens zwei EU-Ländern. | |
•
Umwandlung einer AG, die seit
mindestens zwei Jahren eine Tochtergesellschaft in einem andern
Mitgliedstaat hat, in eine SE. | |
| |
| Abbildung 4.29: Die GesbR: §§ 1175ff ABGB |
|
| Abbildung 4.30: GmbH – StammG von 1906 |
|
| Abbildung 4.31: Offene Handelsgesellschaft: §§ 105 ff HGB |
|
| Abbildung 4.32: Kommanditgesellschaft/KG: §§ 161 ff HGB |
|
| Abbildung 4.33: Sonderform der KG: GmbH & CoKG |
|
III. Zur
Deliktsfähigkeit juristischer Personen | |
1. Für welchen
Personenkreis ist einzustehen? | |
An die grundsätzliche
Gleichstellung juristischer mit natürlichen Personen in § 26 ABGB
sei erinnert. Daher sollte es nicht überraschen, dass juristische
Personen auch deliktsfähig sind. – Verschieden beantwortet wurde
im Laufe der Zeit (dh seit Inkrafttreten des ABGB) aber die Frage,
für das Handeln welches Personenkreises juristische Personen deliktisch
einzustehen haben. | |
2. Drei Phasen
der Judikaturentwicklung | |
Die Rspr nahm seit 1812 in Bezug auf den Personenkreis,
der eine juristische Person deliktisch verpflichten kann, unterschiedliche
Positionen ein, die kurz dargestellt werden: | |
•
Erste Phase: Die juristische
Person haftet für alle ihre Gehilfen,
derer sie sich bedient; das war die Meinung der ursprünglichen österreichischen
Judikatur bis knapp nach 1900. – Diese Judikaturphase nahm § 26
ABGB ernst, was für Geschädigte günstig war. | Erste
Phase |
|
GlUNF 1279 (1901) –
Zur Haftung juristischer Personen für das Verschulden ihrer Organe
– Schüler wird von Pferdeausfuhrwagen einer Genossenschaftsmolkerei überfahren
und schwer verletzt.
Kläger = Schüler A
Beklagter = (Genossenschafts)Molkerei B. | |
|
•
Zweite
Phase: Die juristische Person haftet hier nur für
ihre statutarischen Organe, dh einen deutlich engeren Personenkreis;
also zB nur für Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder. – Diese Meinung
setzte sich in den Jahren bald nach 1900 unter dem Einfluss des
dtBGB durch, das 1900 in Kraft getreten war und eine derartige Regelung
getroffen hatte. | Zweite Phase |
§
31 dtBGB: „[Haftung des Vereins für seine Organe] Der Verein ist
für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des
Vorstandes oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter
durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtung begangene,
zum Schadensersatze verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.” | |
•
Dritte Phase: Eine Mittelmeinung
bildete sich in den 1960iger-Jahren heraus: Danach haften juristische
Personen nicht nur für ihre statutarischen Organe, sondern auch
für andere wichtige Personen, deren sie sich zur
Durchführung ihrer Aufgaben bedienen; sog Machthaber-
oder Repräsentantenhaftung; vgl § 337 ABGB. | Dritte
Phase |
| |
|
JBl
1972, 312 = SZ 44/45 (Schwedenbombenfall):
§§ 26, 1295, 1313a, 1315, 1330 Abs 2 ABGB; § 503 Z 2 ZPO: Eine juristische
Person (die damals genossenschaftlich organisierte Nachrichtenagentur APA) haftet
für verschuldete, deliktische Schadenszufügung durch einen selbständig
arbeitenden Sachbearbeiter, der nicht verfassungsmäßiges Vertretungsorgan
(Vorstandsmitglied) ist, wenn die Wichtigkeit der Sache die (unterbliebene)
Überwachung durch ein solches Organ erfordert hätte; wahrheitswidrige
Tatsachenfeststellung durch einen Redakteur: Organisationsmangel.
– Die Beweislast des Klägers erstreckt sich nicht auf das Nichtbestehen
von Anhaltspunkten für die Wahrheit der verbreiteten Tatsachen;
vielmehr steht dem Beklagten der Entlastungsbeweis des Bestehens
solcher Anhaltspunkte offen, mit dem er das Fehlen der von § 1330
Abs 2 ABGB geforderten groben Fahrlässigkeit dartun kann ....Kläger
= Geschädigte Fa Niemetz (Erzeuger der Schwedenbomben) Beklagter
= APA (= Austria Presse Agentur), eine Genossenschaft. | |
|
|
EvBl 1999/128: § 34 GmbHG – Geltendmachung
von Ersatzansprüchen gegen einen Gesellschaftergeschäftsführer durch
den anderen Gesellschafter in einer Zweipersonen-GmbH. | |
|
|
JBl 1998, 713 mwH: Der eine Straßenbaustelle
betreuende bauleitende Ingenieur ist Repräsentant des ausführenden
Unternehmens; für sein Verschulden haftet dieses auch deliktisch
unbedingt, also ohne die Beschränkungen des § 1315 ABGB. | |
|
|
Vgl auch das obiter
dictum zur Repräsentantenhaftung juristischer Personen in OGH 20. 12. 2000, 7 Ob 271/00d, JBl 2001, 525: Altpapiercontainer. | |
|
| Abbildung 4.34: Deliktsfähigkeit juristischer Personen |
|
3. Auch
Personengesellschaften haften | |
Die Rspr zur Deliktshaftung
juristischer Personen lässt auch Personengesellschaften (OHG und KG)
für das Handeln ihrer Vertreter – insbesondere der persönlich haftenden
Gesellschafter – deliktisch einstehen und erstreckt die Haftung
auf die GesbR
| |
|
SZ 28/69: OHG-Gesellschafter fälscht
bei Unternehmensveräußerung Inventur und Bilanz → KAPITEL 7: Entscheidungsbeispiele
¿ Leistungsstörungen –
E-Beispiele. | |
|
|
SZ 48/107 = JBl 1978, 87: Kunden-Pkw wird
von Arbeitnehmern einer OHG auf Weisung des Geschäftsführers
unsachgemäß abgeschleppt und dabei beschädigt. | |
|
|
EvBl 2000/84:
Erstreckung dieser Haftung auf die GesbR
→ KAPITEL 12: Die Gesellschaft
bürgerlichen Rechts. | |
|
IV. Arten juristischer
Personen | |
1. Juristische
Personen des privaten und öffentlichen Rechts: | |
Juristische
Personen des Privatrechts sind zB: Verein, GmbH,
AG und Stiftung. – Sie entstehen durch Rechtsgeschäft/Vertrag. | |
Juristische Personen des öffentlichen
Rechts: Gemeinden, Länder, Bund, die verschiedenen Kammern,
öffentliche Fonds, Sozialversicherungsträger etc. – Sie entstehen
durch Gesetz, Verordnung oder Verwaltungsakt, also durch Hoheitsakt. | |
2. Personenverbände
und Vermögensmassen | |
Personenverbände /
-verbindungen / -vereinigungen (Körperschaften / Korporationen,
Gesellschaften) mit Rechtspersönlichkeit: Wie der Begriff andeutet,
handelt es sich um Zusammenschlüsse von Personen. In und für derartige
Personenverbindungen handeln nicht alle Mitglieder gemeinsam – das
wäre zu umständlich, sondern für sie werden statutenmäßig bestellte
Organe tätig. Diese Organe führen die „Geschäfte”.
– Dieser Typus der juristischen Person besitzt somit eine eigene
Organisation; der „Wille” der juristischen
Person wird in den Organen nach dem Mehrheitsprinzip gebildet. | Personenverbände |
| |
Vermögensmassen /
-gesamtheiten mit Rechtspersönlichkeit: Sie verfügen über keine
Mitglieder, vielmehr wird ein (Sonder) Vermögen,
das einem bestimmten Zweck – durch Widmungsakt – dienen soll, von
der Rechtsordnung mit Rechtsfähigkeit ausgestattet. Typisches Beispiel
ist die Stiftung; zu nennen sind aber auch diverse Fonds.
– Wir kennen diese Art juristischer Personen, die oft auch gemeinnützigen
Zwecken dienen; zB Waisenhaus-, Studierenden-, Wissenschafts-, Forschungs-,
Kultur- oder religiösen Zwecken dienende Stiftungen. Oder: „Nationalfonds
der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus” (eingerichtet
mit Gesetz). | Vermögensmassen |
Das österreichische
Recht kennt verschiedene Stiftungsarten: | Stiftungsarten |
•
einerseits, als jüngste
Form, seit 1993 die Privatstiftung (PSG, BGBl 694); | |
• daneben existieren für gemeinnützige und wohltätige
Stiftungen nach den LandesstiftungsG und das Bundesstiftungs-
und FondsG (BStFG 1974, BGBl 1975/11). | |
| Abbildung 4.35: Arten juristischer Personen |
|
| |
| |
Vor zehn Jahren wurde ein neues PrivatstiftungsG beschlossen,
womit eine Lücke im österreichischen (Privat)Rechtssystem geschlossen
wurde; denn bis zum Inkrafttreten des PSG konnten Stiftungen nur
nach dem BStFG errichtet werden, das eine Beschränkung auf gemeinnützige
und wohltätige Zwecke kannte. Solche Stiftungen bedurften zu ihrer
Entstehung einer verwaltungsbehördlichen Genehmigung (sie unterliegen
zudem einer verwaltungsbehördlichen Kontrolle), während Privatstiftungen
nach § 7 Abs 1 PSG – ähnlich wie eine Handelsgesellschaft – durch Eintragung
ins Firmenbuch entstehen. | PrivatstiftungsG
1993 |
Als Vorbild dienten ausländische Beispiele;
etwa die Schweiz und Liechtenstein. Nunmehr kann auch ausländisches Vermögen
in österreichische Privatstiftungen eingebracht werden. Bereits
im ersten Jahr der Geltung des PSG sollen ca 150 Milliarden Schilling
nach Österreich (zurück)geflossen sein. | |
Privatstiftungen
können neben wissenschaftlichen, künstlerischen oder Forschungszwecken ebenso familiären, sozialen oder karitativen Zielen
dienen. – Primär dient die Privatstiftung jedoch den privaten Interessen
des Stifters und seiner Familie; sog Versorgungsstiftung.
Nunmehr sind auch gemischte Zwecke / Ziele möglich.
Wie in den EB zur RV bemerkt wird, liegt der Stiftung der Gedanke
zugrunde, dass mit einem „eigentümerlosen” Vermögen ein
bestimmter Zweck besser und dauerhafter erreicht werden kann, als
wenn das Vermögen mit dem Schicksal des Stifters und seiner Rechtsnachfolger
verbunden bliebe. – Grundlage der Privatstiftung ist kein Vertrag,
sondern die einseitige Willenserklärung des Stifters. – Die Stiftung
hat keine Gesellschafter oder Mitglieder (wie zB ein Verein) und
auch der Stifter selbst verliert den Zugriff auf das gestiftete
Vermögen, das künftig eigenen Gesetzen folgt. Typischerweise hat
die Privatstiftung aber Begünstigte, die einen
Rechtsanspruch auf eine (finanzielle) Ausschüttung nur bei einem
entsprechenden Stifterwillen haben. | Versorgungsstiftung |
Das
PSG 1993 kennt eine Reihe rechtlich interessanter Bestimmungen: | Interessante Bestimmungen des PSG und Beispiele |
§
35 (Errichtung einer Privatstiftung auf bestimmte Zeit); | |
–
§ 29 (Haftung der Mitglieder von Stiftungsorganen); | |
–
§ 28 (Innere Ordnung von Stiftungsorganen); | |
–
§ 39 (Formerfordernisse für Stiftungserklärungen etc); | |
–
§ 16 (Zeichnungsvorschrift); | |
– vgl auch
die unten wiedergegebenen §§ 1-7 PSG. | |
| |
(1) „Stiftungen im Sinne dieses
BundesG sind durch eine Anordnung des Stifters dauernd gewidmete
Vermögen mit Rechtspersönlichkeit, deren Erträgnisse der
Erfüllung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke dienen.” | § 2 BStFG –
Begriff der Stiftung: |
(2)
„Gemeinnützig im Sinne dieses BundesG sind solche Zwecke,
durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird.
Eine Förderung der Allgemeinheit liegt insbesondere vor, wenn die
Tätigkeit der Stiftung dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem,
sittl, sportl oder materiellem Gebiet nützt. Der Stiftungszweck
gilt auch dann iS dieses BundesG als gemeinnützig, wenn durch die
Tätigkeit der Stiftung nur ein bestimmter Personenkreis gefördert
wird.” | |
(3) „Mildtätig iS dieses BundesG sind solche Zwecke, die
darauf gerichtet sind, hilfsbedürftige Personen zu unterstützen.” | |
Fonds im Sinne
dieses BundesG sind durch eine Anordnung des Fondsgründers nicht
auf Dauer gewidmete Vermögen mit Rechtspersönlichkeit,
die der Erfüllung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke (§ 2 Abs
2 und 3) dienen.” | |
Beachte: Fonds
unterscheiden sich auch insoferne von der Stiftung, als beim Fonds
der sog Kapitalstock (im Laufe der Zeit) aufgebraucht werden kann,
bei der Stiftung dagegen erhalten bleiben muss. | |
(1) Die Privatstiftung
im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein Rechtsträger, dem vom Stifter
ein Vermögen gewidmet ist, um durch dessen Nutzung, Verwaltung und
Verwertung der Erfüllung eines erlaubten, vom Stifter bestimmten Zwecks
zu dienen; sie genießt Rechtspersönlichkeit und muss ihren Sitz
im Inland haben. | |
(2) Eine Privatstiftung darf nicht [Abgrenzung!] | |
1. eine gewerbsmäßige Tätigkeit, die über eine bloße Nebentätigkeit
hinausgeht, ausüben; | |
2. die Geschäftsführung einer Handelsgesellschaft übernehmen; | |
3. persönlich haftender Gesellschafter einer Personengesellschaft
des Handelsrechts oder einer eingetragenen Erwerbsgesellschaft sein. | |
Der
Name einer Privatstiftung hat sich von allen im Firmenbuch eingetragenen
Privatstiftungen deutlich zu unterscheiden; er darf nicht irreführend
sein und muss das Wort „Privatstiftung” ohne Abkürzung enthalten. | |
(1) Stifter einer
Privatstiftung können eine oder mehrere natürliche oder juristische
Personen sein. Eine Privatstiftung von Todes wegen kann nur einen
Stifter haben. | |
(2) Hat eine Privatstiftung mehrere Stifter, so können die
dem Stifter zustehenden oder vorbehaltenen Rechte nur von allen
Stiftern gemeinsam ausgeübt werden, es sei denn, die Stiftungsurkunde
sieht etwas anderes vor. | |
(3) Rechte des Stifters, die Privatstiftung zu gestalten,
gehen nicht auf die Rechtsnachfolger über. | |
(4) Wer einer Privatstiftung nach ihrer Entstehung Vermögen
widmet (Zustiftung), erlangt dadurch nicht die Stellung eines Stifters. | |
Der
Privatstiftung muss ein Vermögen im Wert von mindestens 1 Mio Schilling
gewidmet werden. | |
Begünstigter
ist der in der Stiftungserklärung als solcher Bezeichnete. Ist der
Begründer in der Stiftungserklärung nicht bezeichnet, so ist Begünstigter,
wer von der vom Stifter dazu berufenen Stelle (§ 9 Abs 1 Z 3), sonst
vom Stiftungsvorstand als solcher festgestellt worden ist. | |
(1)
Die Privatstiftung wird durch eine Stiftungserklärung errichtet;
sie entsteht mit der Eintragung in das Firmenbuch. | |
(2) Für
Handlungen im Namen der Privatstiftung vor der Eintragung in das
Firmenbuch haften die Handelnden zur ungeteilten Hand. | |
V. Rechtstatsächliches
zur jurP | |
Die Bedeutung juristischer Personen spiegelt
sich in der Statistik: | |
| Abbildung 4.36: Firmengründungen in Österreich |
|
| Abbildung 4.37: Rechtsformen österreichischer Unternehmen (2001) nach Anzahl
der Unternehmen |
|
| |
| Abbildung 4.38: Vereine in Österreich: Nach Bundesländern |
|
| |
Neu bearbeitet von Kristin
Nemeth
| |
| |
| |
1. Neuregelung
des Vereinsrechts – VerG 2002 | |
Mit 1.7.2002 ist in Österreich ein neues VerG in Kraft getreten.
Während im VerG 1951 nur öffentliches Vereinsrecht geregelt war,
enthält das neue G erstmals auch privatrechtliche Bestimmungen; zB
betreffend Haftung und Geschäftsfähigkeit. Der österreichische Gesetzgeber
ist damit einer langjährigen Forderung nach mehr Rechtssicherheit
im Vereinsrecht nachgekommen. Bei den Neuregelungen handelt es sich
vielfach nicht um materiell neues Recht, sondern es wurden bereits
geltende Grundsätze der Rspr und Vereinspraxis gesetzlich festgeschrieben.
In einigen Bereichen hat der Gesetzgeber freilich auch eindeutig
Stellung bezogen. | |
Aus
öffentlichrechtlicher Sicht kam es zu einer Neuregelung der Behördenzuständigkeit,
von der sich der Gesetzgeber va mehr Effizienz und Bürgernähe erwartet:
Während die Zuständigkeiten in 1. Instanz bislang zwischen Landeshauptmann
und Sicherheitsdirektion verteilt waren, sind Vereinsbehörden
1. Instanz nunmehr die Bezirksverwaltungsbehörden. 2. und letzte
Instanz ist die Sicherheitsdirektion. | Neuregelung der Behördenzuständigkeit |
Ebenfalls neu ist
die Verpflichtung zur Einrichtung eines zentralen und öffentlichen Vereinsregisters beim
Bundesministerium für Inneres; die Bezirksverwaltungsbehörden sind
zur Führung eines lokalen Registers verpflichtet. | Vereinsregister |
Das VerG neu trat am 1.7.2002 in Kraft.
Der neuen Rechtslage entgegenstehende Statuten sind bis spätestens 30.6.2006
anzupassen; vgl § 33 VerG. | |
| |
Vereine gehören in Österreich seit langem zum Rechtsalltag
und werden zu den verschiedensten Zwecken gegründet: zB Kultur-,
Sport-, soziale oder politische Vereine. | |
Die Vereinsgründung steht natürlichen und juristischen
Personen, Inländern wie Ausländern offen.
Die Erlangung von Rechtspersönlichkeit ist dabei schon aus Praktikabilitätsüberlegungen vorteilhaft,
wenn man an die Anmietung eines Vereinslokals, den Abschluss von
Kaufverträgen oder die Eröffnung von Bankkonten denkt. Vertragspartner
wird in solchen Fällen immer der Verein. | |
Die Rechtsform des Vereins steht aber
nur zur Verfolgung ideeller Zwecke zur Verfügung; § 1 Abs 1 VerG.
Ein Verein darf niemals auf Gewinn berechnet sein. Dies schließt
freilich gewinnbringende oder unternehmerische Tätigkeiten des Vereins
nicht aus, solange diese dem ideellen Vereinszweck untergeordnet
sind; Nebenzweckprivileg; § 1 Abs 2 VerG. | Nur zur Verfolgung
ideeller Zwecke |
|
Unschädlich ist
es also, wenn die Tätigkeit des Vereins zu einer Senkung der Verwaltungskosten
der Mitglieder führt; „Vorarlberger Rechenzentrum” VfSlg 8844/1980. Die Ausschüttung
von Gewinnen an die Mitglieder sprengt hingegen den ideellen Vereinszweck. | |
|
In Fällen einer unternehmerischen Tätigkeit des
Vereins ist auf die Anwendung einschlägiger Sondergesetze (zB HGB,
GewO) bedacht zu nehmen. Ein Verein kann auch Unternehmer iSd §
1 KSchG sein. | |
| |
Das VerG 2002 unterscheidet zwischen Errichtung und Entstehung
des Vereins. | |
Die Errichtung des
Vereins erfolgt durch die Vereinbarung von Statuten.
Diese Gründungsvereinbarung stellt zivilrechtlich
einen mehrseitigen Vertrag dar ( → KAPITEL 5: Ein-,
zwei- und mehrseitige Willenserklärungen)
und ist Grundlage für die Tätigkeit und die Organisation des Vereins;
§ 2 Abs 1 VerG. | Errichtung des Vereins |
Die Statuten müssen bestimmte, zwingend
vorgeschriebene Mindestinhalte aufweisen; § 3 Abs
2 VerG: | Mindestinhalte
der Statuten |
-
Name des
Vereins,
| |
-
Sitz des Vereins,
| |
- eine klare und umfassende Umschreibung des Vereinszwecks,
| |
- die für die Verwirklichung des Zwecks vorgesehenen Tätigkeiten und
die Art der Aufbringung finanzieller Mittel,
| |
- Bestimmungen über den Erwerb und die Beendigung
der Mitgliedschaft,
| |
- die Rechte und Pflichten der Vereinsmitglieder,
| |
- die Organe des Vereins und
ihre Aufgaben, insbesondere eine klare und umfassende Angabe, wer
die Geschäfte des Vereins führt und wer den Verein nach außen vertritt,
| |
- die Art der Bestellung der Vereinsorgane und
die Dauer ihrer Funktionsperiode,
| |
- die Erfordernisse für gültige Beschlussfassungen durch
die Vereinsorgane,
| |
- die Art der Schlichtung von Streitigkeiten aus
dem Vereinsverhältnis,
| |
- Bestimmungen über die freiwillige Auflösung des
Vereins und die Verwertung des Vereinsvermögens im Fall einer solchen
Auflösung.
| |
Der Name des
Vereins muss einen Schluss auf den Vereinszweck zulassen
und darf nicht Anlass zu Verwechslung mit Namen anderer Vereine
oder Rechtsformen geben; § 4 Abs 1 VerG. | Vereinsname |
Der Vereinssitz muss
im Inland liegen und sich mit dem tatsächlichen
Sitz der Hauptverwaltung des Vereins decken, § 4 Abs 2 VerG. – Dies
schließt nicht aus, dass auch Inhaber einer anderen als der österreichischen
Staatsbürgerschaft Vereine nach dem VerG gründen können. | Vereinssitz |
Über die gesetzlichen Mindestinhalte hinaus
sind die Gründer in der Gestaltung der Statuten frei; Privatautonomie
§ 3 Abs 1 VerG. Es empfiehlt sich, die Statuten klar, widerspruchsfrei
und lükkenlos zu formulieren. Da es sich bei der Gründungsvereinbarung
um einen zivilrechtlichen Vertrag handelt, ist für dessen Auslegung
§ 914 ABGB anzuwenden. | Gestaltung
der Statuten |
Bei lückenhafter Statutenregelung
wird – im Sinne ergänzender Vertragsauslegung – vielfach auf die
konkrete Praxis des Vereinslebens Bedacht genommen; sog Observanz. | Observanz |
|
EvBl 1968/380: Hier war die Wahl
der Vereinsleitung in den Vereinsstatuten nicht explizit geregelt,
doch hatte sich im Verein dazu eine ständige Übung entwickelt, von
der nicht ohne weiteres abgegangen werden konnte. | |
|
Die Gründer oder – wenn solche bereits
bestellt sind – die organschaftlichen Vertreter des Vereins haben
der Vereinsbehörde die Vereinserrichtung schriftlich anzuzeigen.
Dies hat unter Angabe ihres Namens, ihres Geburtsdatums und -orts
sowie ihrer für die Zustellung maßgeblichen Anschrift zu erfolgen; 1
Exemplar der Statuten ist beizulegen; § 10 VerG. | Anzeige an die
Vereinsbehörde |
Bereits bestellte organschaftliche Vertreter haben zudem
ihre Funktion und den Zeitpunkt ihrer Bestellung anzugeben. Sofern
bereits vorhanden, ist auch die für Zustellungen maßgebliche Anschrift
des Vereins bekannt zu geben. – Die früher für die Gründer gebräuchliche
Bezeichnung Proponenten wird vom neuen VerG nicht
mehr verwendet. | |
Die Vereinsbehörde
hat die Vereinsgründung mit Bescheid zu untersagen, wenn der
Verein nach seinem Zweck, seinem Namen oder seiner Organisation gesetzwidrig wäre.
Ergeht binnen 4 (in Ausnahmefällen 6) Wochen kein Untersagungsbescheid,
ist dies als Einladung zur Aufnahme der Vereinstätigkeit zu verstehen.
Die Behörde kann eine solche Einladung auch vor Fristablauf mittels Bescheid
ausdrücklich aussprechen; § 13 Abs 1 und 2 VerG. | Entstehung des Vereins |
Rechtsfähigkeit erlangt der Verein mit
Ablauf der vierwöchigen Frist oder durch einen vorher erlassenen
positiven Bescheid. | |
Die vor Erlassung des VerG 2002 geführte
Diskussion, ob ein Verein bereits mit Vereinbarung der Statuten
Rechtspersönlichkeit erlangt, ist damit gegenstandslos. – Der Verein
verliert seine Rechtspersönlichkeit mit Eintragung seiner Auflösung
im Vereinsregister; ist Vermögen abzuwickeln, mit Eintragung der
Beendigung der Abwicklung; § 27 VerG; vgl auch OGH 8.11.2001 6 Ob
188/01t. | |
Deutschland kennt im Gegensatz zu Österreich
zwei Vereinstypen: Den (rechtsfähigen) eingetragenen Verein
– eV (§§ 21 ff dtBGB) und den nicht rechtsfähigen
Verein nach § 54 dtBGB, der nicht ins Vereinsregister eingetragen wird
und den Regeln der dtGesbR (§§ 705 ff dtBGB) unterstellt wird. | |
Die
Vereinsmitgliedschaft wird durch den Beitritt(svertrag) erworben,
der auch konkludent erfolgen kann; § 863 ABGB. | Vereinsmitgliedschaft |
| |
Durch den Beitritt wird ein personenrechtliches Verhältnis
zwischen Mitglied und Verein begründet. Die genaue Regelung der
damit verbundenen Rechte (Stimmrecht, Recht der Teilnahme an Veranstaltungen
des Vereins ...) und Pflichten (insbesondere Beitragszahlungspflicht)
ist den Statuten zu entnehmen. Jedes Mitglied hat das Recht, vom
Leitungsorgan jederzeit die Ausfolgung der Statuten zu verlangen;
§ 3 Abs 3 VerG. | |
Das VerG 2002 nennt in § 5 als zwingend einzurichtende Organe: | |
• die Mitgliederversammlung zur
gemeinsamen Willensbildung und | |
• das Leitungsorgan. | |
Die Benennung der Organe ist nicht zwingend
vorgeschrieben; gängige Bezeichnungen für das Leitungsorgan sind etwa
Vorstand oder Präsidium. – Bei großen Vereinen mit
einer Vielzahl von Mitgliedern kann statt der Mitgliederversammlung
ein Repräsentativorgan vorgesehen werden; vgl §
5 Abs 2 VerG. | |
Das Leitungsorgan
(§ 5 Abs 3 VerG) führt die Geschäfte des Vereins und vertritt den
Verein nach außen. Es muss aus mindestens 2 natürlichen
Personen bestehen, was eine gewisse Kontrollfunktion gewährleisten
soll; „vier Augen sehen mehr als zwei”. | Leitungsorgan |
Das VerG stellt es aber frei, die Geschäftsführungs-
und Vertretungsbefugnisse auf jeweils eigene Organe aufzuteilen und
mehrere Organe mit Leitungsfunktion vorzusehen. Auch eine Ressortverteilung innerhalb
eines Organs ist möglich. | |
Sehen die Statuten nichts anderes vor, ist im Zweifel von Gesamtgeschäftsführung und Gesamtvertretung auszugehen;
dh dass alle Mitglieder des Leitungsorgans zusammen – wenngleich
nicht unbedingt gleichzeitig – agieren müssen; vgl § 6 VerG. Die
Statuten können demgegenüber zB auch die alleinige Vertretungsbefugnis
durch den Obmann vorsehen. | |
Dem steht das Vier-Augen-Prinzip nicht entgegen,
da dieses lediglich eine Kontrollfunktion im Inneren gewährleisten
soll. | |
Abgesehen von der Frage der Gesamt- oder Einzelvertretung
kann die Vertretungsbefugnis des Leitungsorgans Dritten
gegenüber nicht wirksam beschränkt werden. Einem
Vertragspartner des Vereins gegenüber gilt somit weder eine Betragsbeschränkung
noch eine in den Statuten vorgesehene Gegenzeichnungspflicht eines
anderen Organwalters oder angestellten Geschäftsführers. Im Innenverhältnis
sind Beschränkungen freilich wirksam und machen das Organ dem Verein gegenüber
ersatzpflichtig. | |
Eine ähnliche Formalvollmacht gibt es etwa im
HGB in Form der Prokura (§ 49 HGB). Diese dient – wie die Neuregelung
im VerG – dem Schutz des Rechtsverkehrs. | |
Die Einrichtung eines Aufsichtsorgans ist
fakultativ; § 5 Abs 4 VerG. | Aufsichtsorgan |
Wird ein Aufsichtsorgan eingerichtet, so
dürfen seine Mitglieder keinem Organ außer der Mitgliederversammlung angehören,
dessen Geschäfte Gegenstand der Aufsicht ist. Wird im Verein eine
gewisse Anzahl an Arbeitnehmern überschritten, müssen sie im Aufsichtsorgan
entsprechend vertreten sein. | |
Zu den Pflichten des Aufsichtsorgans vgl zB § 21 Abs 4 VerG. | |
Das VerG 2002 enthält detaillierte Regelungen betreffend
die finanzielle Gebarung des Vereins; §§ 20-22 VerG. Eine sorgfältige Rechnungslegung gehört
zu den Hauptaufgaben des Leitungsorgans: Dieses hat jedenfalls für
die Aufzeichnung der laufenden Einnahmen und Ausgaben zu sorgen;
bei großen Vereinen ist ein Jahresabschluss zu erstellen. | |
Groß ist ein Verein, wenn seine Einnahmen
oder Ausgaben an 2 aufeinanderfolgenden Rechnungsjahren jeweils
den Betrag von 1 Mio ı überschreiten; § 22 Abs 1 VerG. Diese Regelung
greift frühestens 2005. | |
Für die Überprüfung der Finanzgebarung durch das Leitungsorgan
hat jeder Verein mindestens zwei Rechnungsprüfer zu
bestellen; § 5 Abs 5 VerG. Diese müssen keine Organe des Vereins
sein. Große Vereine haben einen professionellen Abschlussprüfer zu
bestellen; § 5 Abs 5 und § 22 VerG. | |
Für die Unabhängigkeit der Rechnungs- und Abschlussprüfer
gilt das zum Aufsichtsorgan gesagte. – Die Haftung der Rechnungsprüfer ist
wie die der Abschlussprüfer (§ 275 HGB) zahlenmäßig beschränkt;
§ 24 Abs 4 VerG. | |
Wie bei allen juristischen Personen gilt auch beim Verein
das Trennungsprinzip; § 23 VerG: Für Vereinsschulden
haftet grundsätzlich nur das Vereinsvermögen. | Haftungsfragen
und
Trennungsprinzip |
Die
umstrittene Frage der Durchgriffshaftung, die auch
beim Verein relevant werden kann, blieb auch im neuen VerG ungeregelt;
ist sohin wie bislang Sache von Rspr und Lehre. |
Durchgriffshaftung |
Werden
von den Gründern oder bereits bestellten Organen in der Zeit zwischen
der Errichtung des Vereins und seiner Entstehung Rechtsgeschäfte
im Namen des Vereins abgeschlossen, haften die Handelnden persönlich
zur ungeteilten Hand; sog Handelndenhaftung §
2 Abs 4 VerG. – Die so abgeschlossenen Geschäfte sind bis zur Entstehung
des Vereins schwebend unwirksam; vgl die Parallele
zum Abschluss von Rechtsgeschäften Minderjähriger → Die
Handlungsfähigkeit Die
aus diesen Geschäften resultierenden Rechte und Pflichten gehen
aber mit seiner Entstehung automatisch auf den Verein über. |
Handelndenhaftung |
§ 24 VerG regelt die Verantwortlichkeit der Organe für
Schäden, die sie dem Verein in ihrer Eigenschaft als Organwalter
(schuldhaft) zufügen. Es gelten die allgemeinen Regeln des Schadenersatzrechts.
– Nach der neuen Regelung ist dabei die Ehrenamtlichkeit und somit
die Tatsache, dass eine Organwalterschaft idR unentgeltlich erfolgt,
entsprechend zu berücksichtigen. Leider lässt der Gesetzgeber
mit dieser – grundsätzlich erfreulichen – Neuregelung weiterhin
offen, wie die Rspr diese Haftungsbeschränkung handhaben soll. | Verantwortlichkeit
der Organe |
Die Haftung
des Organwalters gegenüber dem Verein entfällt,
wenn die schadenauslösende Handlung auf einem gültigen Beschluss des
in diesem Bereich nach den Statuten zuständigen Organs beruht; vgl
§ 24 Abs 3 VerG und OGH 14.3.2002 6 Ob 134/01a (noch nach alter
Rechtslage; das Organ hafte dann nur, wenn es seiner Informations- und
Warnpflicht nicht nachkomme oder der Beschluss der Generalversammlung
gesetz- oder sittenwidrig sei). Billigung durch das Aufsichtsorgan
reicht aber jedenfalls nicht. | Haftung des Organwalters entfällt |
Ein von der Mitgliederversammlung ausgesprochener Verzicht auf
Schadenersatzansprüche (man spricht hier auch von der „Entlastung”
des Vereinsvorstands) wirkt zwar im Innenverhältnis, ist
Gläubigern des Vereins gegenüber aber unwirksam. | |
| |
| |
Im
Einklang mit der überkommenen Rechtslage schreibt auch das VerG
2002 vor, dass die Statuten eine Schlichtungseinrichtung (zB „Vereinsschiedsgericht”)
zur Regelung vereinsinterner Streitigkeiten vorzusehen haben; §
3 Abs 2, § 8 VerG. Diese entscheidet sowohl in rechtlichen Angelegenheiten
(Ausschluss eines Mitglieds, Verhängung einer Vereinsstrafe) als
auch in anderen Vereinsstreitigkeiten. | Vereinsstreitigkeiten und Vereinsstrafen |
Um den ordentlichen Rechtsweg auszuschließen ist freilich
die Einrichtung eines (echten) Schiedsgerichts iSd §§ 577 ff ZPO
nötig. Die Entscheidungen einer statutarisch eingerichteten Schlichtungsstelle
unterliegen demgegenüber der Kontrolle durch die Zivilgerichte.
Es steht den Betroffenen frei, eine Entscheidung der Schlichtungsstelle
auf ihre Vereinbarkeit mit den Statuten oder ihre Sittenwidrigkeit
hin überprüfen zu lassen. Voraussetzung dafür ist aber, dass der
vereinsinterne Instanzenzug ausgeschöpft wurde. | |
|
JBl 1989, 655: Ausschluss aus der
Salzburger Jägerschaft für zwei Jahre wegen Verletzung der Jägerehre (Vereinsmitglied
verkaufte um je 700 DM den Abschuss von Hausziegenböcken,
die für Alpenziegen ausgegeben wurden); | |
|
|
JBl 1987, 391: Ausschluss aus Haflingerzuchtverein; | |
|
|
SZ 54/116 (1981):Strafe für Genossenschaftsmitglied
– Bauer lieferte verwässerte Milch an Molkerei. | |
|
VII. Konzern und
Holding – Fusion und Spaltung | |
Juristische
Personen führen im Wirtschaftsleben nicht immer ein Einzelleben,
sondern sind mitunter Teil oder auch nur Rädchen komplizierter und
verschachtelter Wirtschaftsimperien, die auch dazu
verwendet werden, um Verantwortung und Beteiligungen zu verdunkeln;
vgl den WEB-Bautreuhand-Immag-Skandal in Salzburg (Bernd Schiedek
& Co), wodurch 25.000 Anleger von Hausanteilsscheinen um ca
2,1 Mrd Schilling geschädigt wurden. (Der Standard, 26.11.1997,
S. 11) – Der Sinn solcher Gebilde liegt freilich darin, klare wirtschaftliche
Lenkungs- und Entscheidungsstrukturen mit
rechtlichen Mitteln zu erreichen. | |
| |
„Große” wirtschaftliche Unternehmungen
werden häufig als Konzerne geführt. – Konzerne bestehen
aus mehreren rechtlich selbständigen Unternehmungen. Man unterscheidet
idR ein herrschendes oder Mutter- und die beherrschten oder
Tochterunternehmen: | |
Typisch
ist die Mehrheitsbeteiligung; das herrschende Unternehmen
besitzt die Anteilsmehrheit an einem oder mehreren anderen Unternehmen. | Mehrheitsbeteiligung |
Eine andere Möglichkeit
– ohne Mehrheitsbeteiligung) – besteht durch Abschluss eines sog Beherrschungsvertrags,
der in die Treuhand übergeht. | |
§ 15 AktG und
§ 115 GmbHG geben eine wörtlich gleiche Legaldefinition
des Konzerns: | |
„(1) Sind rechtlich selbständige Unternehmen zu wirtschaftlichen
Zwecken unter einheitlicher Leitung zusammengefasst, so bilden sie
einen Konzern; die einzelnen Unternehmen sind Konzernunternehmen.” | |
„(2) Steht ein rechtlich selbständiges Unternehmen auf Grund
von Beteiligungen oder sonst unmittelbar unter dem beherrschenden
Einfluss eines anderen Unternehmens, so gelten das herrschende und
das abhängige Unternehmen zusammen als Konzern und einzeln als Konzernunternehmen:” | |
| |
| Abbildung 4.39: Konzern: Brauerei-AG |
|
| |
Ein anderer
Begriff in diesem Zusammenhang ist die Holding(-Gesellschaft),
deren Gegenstand das „Halten” von Beteiligungen an anderen
Unternehmen ist. – Diese Beteiligung kann eine Mehrheits-
oder Minderheits beteiligung sein. Die Holding
fasst oft verwandte Firmen eines Großunternehmens
zusammen. Ein Beispiel liefert die 1996 erfolgte Zusammenführung
der Austria-Collegialität-Versicherung und der Bundesländer-Versicherung
unter einem Holding-Dach (BARC); der Firmenname ist nunmehr UNIQUA. | |
3. Multinationale
Konzerne | |
Überschreitet
eine Konzernbeteiligung mehrfach nationale Grenzen, spricht man
von einem multinationalen Konzern. Multinationale Konzerne stellen
mittlerweile international einen großen Machtfaktor dar. | |
„Regierungen, soweit sie demokratisch gewählt
sind, und deren Bevölkerungen haben an Entscheidungsgewalt verloren,
zugunsten eng vernetzter tyrannischer Privatinteressen.” | |
Nach dem World Investment Report 1994 der UNCTAD (United
Nations Conference of Trade and Development) kontrollieren gegenwärtig
weltweit etwa 37.000 Muttergesellschaften über 200.000 „Töchter”
in anderen Ländern. Das Auslandsvermögen der „Mütter” wird auf 52,8
Billionen S geschätzt. – Häufig beschäftigen Großunternehmen im
Ausland wesentlich mehr Mitarbeiter als im Heimatland. (Die Tendenz
ist weiter steigend.) So zählt Nestlé-Schweiz nur ca 7.000 Beschäftigte,
weltweit aber 218.000. – IBM beschäftigt in den USA immerhin 143.000
seiner insgesamt 300.000 Mitarbeiter. (Stand 1994) – Diese Zahlen
veranschaulichen die Bedeutung juristischer Personen im internationalen
Wirtschaftsleben. | |
Noam Chomsky,
Profit Over People. Neoliberalismus und globale Weltordnung (Europa
Verlag, 2000). | |
4. Fusion
/ Verschmelzung und Spaltung | |
Schließlich soll noch ein Begriff erwähnt werden,
der in der gesellschaftsrechtlichen Praxis immer wieder eine Rolle
spielt: die Fusion. Man versteht darunter die Vereinigung
(verschiedener) Kapitalgesellschaften zu einer neuen Gesellschaft;
also aus zwei oder drei Gesellschaften wird eine. Dies geschieht
durch Gesamtrechtsnachfolge der neuen Gesellschaft
in alle Rechte und Pflichten der bisherigen Gesellschaften unter
Ausschluss der Liquidation (§ 96 GmbHG) der bisher bestehenden Gesellschaften. | |
Die
Liquidation – ein weiterer gesellschaftsrechtlicher Begriff – dient
der ordnungsgemäßen Abwicklung einer Gesellschaft,
die aufgelöst wurde (zB §§ 84 ff GmbHG); sei es
durch Zeitablauf, Gesellschafterbeschluss, Fusion (§ 96 ABGB) oder
Konkurs etc. – Inhaltlich besteht sie in einer Verwertung der Aktiva
der aufgelösten Gesellschaft und der Befriedigung der Gläubiger
der Gesellschaft sowie der Zahlung eines allfälligen Überschusses
an die Gesellschafter. Die Abwicklung erfolgt durch Liquidatoren. | Liquidation |
| |
Das
Gesellschaftsrecht kennt aber nicht nur die Verschmelzung / Fusion,
sondern auch die Spaltung von Kapitalgesellschaften;
SpaltungsG, BGBl 1996/304, Art XIII. Das SpaltungsG regelt in 18
Paragraphen die Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Spaltung.
Dabei sind verschiedene Formen zu unterscheiden: Spaltung unter
Beendigung oder unter Fortbestand der übertragenden Gesellschaft.
§ 15 trifft bspw Anordnungen zum Schutz der Gläubiger. | Spaltung |
|
A. Die
natürliche Person |
C. Die
Persönlichkeitsrechte |
|