Kapitel 3 | |
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C. Die
Leihe |
E. Schenkung
und Gläubigeranfechtung |
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D. Verwahrung
und Gastwirtehaftung |
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In der Praxis kommt der
Verwahrungsvertrag (§§ 957 ff ABGB) häufig vor. Man denke an Kino, Theater,
Oper, verschiedene Verwahrungsgeschäfte der Banken, aber vor allem
den gastgewerblichen Bereich, der in einem Fremdenverkehrsland eine
bedeutende Rolle spielt. –Verwahrung ist zudem häufig Nebenpflicht
anderer Verträge; zB von Kauf- und Werkverträgen. Das gilt für Kino und
Theater (Werkvertrag!) und das Reparaturgewerbe ebenso wie für das
Kommissionsgeschäft zwischen einem Verlag und einer Buchhandlung,
die in Kommission übernommene Bücher sorgfältig zu verwahren hat. | |
| Gschnitzers
Eingangsbeispiel |
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1. Verwahrung
als Realkontrakt | |
Auch die Verwahrung –
im römischen Recht: depositum – ist Realvertrag. Es gilt daher auch
hier, was zu Darlehen und Leihe ausgeführt wurde; vgl § 957 Satz
2 ABGB. | |
Terminologie: Verwahrer (Depositar) und
Hinterleger (Deponent). | |
2. Definition und
Umschreibung | |
Das Gesetz formuliert:
„Wenn jemand eine fremde Sache in seine Obsorge übernimmt; so entsteht ein
Verwahrungsvertrag.” – Das Übernehmen in (eigene) Obsorge lässt
demnach den Verwahrungsvertrag als Hauptvertrag entstehen. Zurückzustellen
ist die „anvertraute Sache” (§ 961 ABGB), also (wie bei der Leihe
und anders als beim Darlehen) dieselbe Sache. | |
Als
Übergabsformen für den Realvertrag Verwahrung kommen neben der körperlichen
und symbolischen Übergabe auch die Übergabsformen des § 428 ABGB
(Übergabe durch Erklärung), ausgenommen das Besitzkonstitut, in
Betracht. | |
Die Verwahrung kommt entgeltlich und
unentgeltlich vor; § 969 ABGB. | Entgeltlich
und unentgeltlich |
Wie erwähnt kommt Verwahrung
häufig als vertragliche Nebenpflicht vor. Damit
ist gemeint, dass die vertragliche Hauptleistung nicht auf Verwahrung,
sondern zB wie beim Kauf auf Übergabe / Leistung des Kaufgegenstandes
gerichtet ist. Daneben trifft aber beim Kauf nach § 1061 ABGB den
Verkäufer auch die gesetzliche Nebenpflicht, „die Sache bis zur
Zeit der Übergabe sorgfältig zu verwahren ...”. – Verwahrung als
Nebenpflicht kann auch stillschweigend / konkludent (§ 863 ABGB)
bedungen werden; zB im Gastgewerbe, aber auch bei anderen Gewerbetreibenden
wie einer Kraftfahrzeugwerkstätte, einer Putzerei / Reinigungsanstalt
oder einem Uhrmacher usw. | Häufig
vertragliche Nebenpflicht |
3. Was ist Gegenstand
der Verwahrung? | |
Gegenstand der Verwahrung sind – nur (!) – Sachen, nicht
Personen. Die Bitte in Gschnitzers Beispiel, auf das Töchterchen
während des Urlaubs aufzupassen, führt daher zu keinem Verwahrungsvertrag! | |
Verträge über die „Verwahrung”
von Kindern, überhaupt die Aufnahme von Kindern in Kindergärten / Horten udgl,
kann keinem der im Gesetz geregelten Vertragstypen eindeutig zugeordnet
werden, enthält aber überwiegend Elemente des Werkvertrags. Geschuldet
wird darin nicht nur Obsorge, sondern ähnlich dem Werkvertrag ein
Erfolg. Verwandt ist dieser Vertragstypus mit dem Alten(heim)- oder
Pflege(heim)Vertrag. | Alten- und Pflegeheime sowie
„Verwahrung” von Kindern |
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Verwahrt werden können bewegliche
wie unbewegliche Sachen (§ 960 ABGB), vertretbare wie unvertretbare,
verbrauchbare wie unverbrauchbare. – Auch Tiere sind
Gegenstand der Verwahrung; Tierheim / -asyl, aber auch bei Freunden. | Bewegliche
und unbewegliche Sachen |
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EvBl 1995/8: § 961 ABGB (§§ 285a,
964, 1165, 1298 ABGB) – Vertrag über die Verwahrung von
Tieren: Der Vertrag über die Verwahrung von Tieren verpflichtet
den Verwahrer zur Verpflegung, Versorgung und Verwahrung der Tiere
sowie zu deren Rückgabe nach der Verwahrungszeit; er enthält damit
auch Elemente eines Werkvertrags. (Zu den Mischverträgen → KAPITEL 5: Gemischte
und atypische Verträge)
– Hat der Verwahrer seine Verwahrungspflicht schuldhaft verletzt,
so dass er die Tiere nach Vertragsablauf nicht mehr zurückgeben kann,
verliert er seinen Entgeltanspruch für die Verwahrung, nicht aber
den Anspruch auf Erstattung der tatsächlich aufgewendeten Verpflegungs-
und Versorgungskosten. – Sachverhalt: Die Klägerin hatte ihre 3
Katzen in Pflege und Verwahrung der Beklagten gegeben und
hiefür durch 15 Monate vereinbarungsgemäß 4.000 S monatlich, also
insgesamt 60.000 S gezahlt. Als sie Ende 1990 die Rückgabe der Katzen begehrte,
waren diese nicht mehr vorhanden. Die Beklagten behaupteten, dass
ihnen die Katzen entwischt seien. – Die Klägerin forderte die Rückerstattung
des frustrierten Pflegeaufwandes von 60.000 S aus dem Titel des
Schadenersatzes und der Bereicherung, weil die Beklagten den Geschäftszweck
(Rückgabe der Katzen) wider Treu und Glauben verhindert hätten.
– Die Beklagten behaupteten, dass ihnen die Katzen am 27.12.1990
entwischt seien, weil durch einen umfallenden Holzstoß ein Fenster
zerbrochen sei. | |
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Von der regulären Verwahrung ist die uneigentliche
Verwahrung (depositum irregulare) zu unterscheiden. Sie
spielt bei der Verwahrung vertretbarer Sachen, insbesondere von
Geld eine Rolle. Typisches Beispiel ist die Hinterlegung von Geld,
das (mit dem des Verwahrers) vermengt wird, wodurch der Verwahrer
Eigentum erwirbt; vgl § 371 iVm den §§ 369, 370 ABGB. – Man behandelt das
depositum irregulare heute als Darlehen. Zurückgestellt werden hier
nicht dieselben Sachen, sondern – wie beim Darlehen – Sachen gleicher
Art und Güte! | depositum
irregulare |
4. Zur
sachen- und schuldrechtlichen Rechtsstellung des Verwahrers | |
Durch den Verwahrungsvertrag
erwirbt ein Verwahrer weder Eigentum oder Besitz (!), noch ein Gebrauchsrecht;
er ist vielmehr bloßer (Sach)Inhaber mit der Pflicht, die anvertraute
Sache vor Schaden zu bewahren (Obsorge); § 958 ABGB. – Die Garderobefrau
darf also während der Kinovorstellung nicht mit ihrem Mantel spazieren
gehen! | |
Was geschieht, wenn einem/r VerwahrerIn
auf eigenes Verlangen oder freiwilliges Anerbieten des Hinterlegers
der Gebrauch gestattet wird? – Die Antwort findet
sich in § 959 ABGB: Es kommt dann zu einer Änderung des Rechtsgrundes
/ Novation → KAPITEL 7: Novation
oder Neuerungsvertrag: Aus der Verwahrung wird Leihe und bei
vertretbaren Sachen entsteht – wie eben ausgeführt – ein Darlehen. | Gebrauch
kann
gestattet werden |
Wird
dem Verwahrer zugleich ein anderes, auf die anvertraute Sache sich
beziehendes Geschäft aufgetragen, so wird er als
ein Gewalthaber angesehen: §§ 1002 ff ABGB; § 960 Satz 2 ABGB. Es
liegt dann ein Mischvertrag vor → KAPITEL 5: Gemischte
und atypische Verträge. | Mischverträge |
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Primär trifft den Verwahrer
die Obsorgepflicht. Das ist die Pflicht, die anvertraute
Sache – durch die jeweilige Zeit – sorgfältig zu bewahren und vor
Schaden zu beschützen; § 961 ABGB. | |
Überlege: Welche Pflichten treffen den Verwahrer
einer Wohnung, eines Hauses mit Garten oder eines Tieres? | |
Die Obsorgepflicht dient auch zur Abgrenzung des Verwahrungsvertrags von
anderen Vertragstypen, etwa dem Mietvertrag. | Abgrenzung
des
Verwahrungsvertrags |
| Garagen-Kurzparkvertrag |
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Rückstellungspflicht des Verwahrers.
– Nach Verlauf der bestimmten (entweder von vornherein zeitlich
oder durch den Zweck bestimmt – zB Leihgabe für die Dauer der Ausstellung
eines Museums) Zeit hat der Verwahrer die Sache dem Hinterleger
„in eben dem Zustande, in welchem er sie übernommen hat, und mit
allem Zuwachse [also zB Früchten oder Tierjunge!] zurückzustellen”;
§ 961 ABGB. Allenfalls ist zu kündigen; § 963 ABGB: auch von Verwahrerseite! | Rückstellungspflicht
des Verwahrers |
Nach § 962 ABGB
muss der Verwahrer dem Hinterleger die Sache auf dessen Verlangen
„auch noch vor Verlauf der Zeit” zurückstellen und kann nur den
Ersatz des ihm dadurch verursachten Schadens begehren. – Dh: Ein
Hinterleger kann seine Sache jederzeit zurückverlangen; zB Kinobesucherin
verlässt das Kino früher, weil ihr der Film nicht gefällt. Der Verwahrer
kann dagegen grundsätzlich „die ihm anvertraute Sache nicht früher
zurückgeben”; der Garderobier kann nicht schon während der Vorstellung
nach Hause gehen. Beachte aber § 962 letzter Satz ABGB: Kann die
Kinobesucherin, wenn sie früher geht, anteilig ihr Entgelt zurückverlangen? | „auch
… vor Verlauf der Zeit” zurückstellen |
Nach §§ 964 f ABGB haftet der
Verwahrer dem Hinterleger für den aus Unterlassung der ihm obliegenden
Obsorge entstandenen Schaden: | |
•
Und zwar
haftet der Verwahrer schon ab leichter Fahrlässigkeit;
römisches Recht: omnis culpa, | |
•
nicht aber für
Zufall; § 1311 ABGB. | |
•
Wie der Entlehner
haftet der Verwahrer auch für gemischten Zufall (casus
mixtus); zB ein Verwahrer trägt selbst den ihm anvertrauten Ring,
verleiht ihn oder gibt ihn einem anderen ohne Not in Verwahrung,
wobei der Ring beschädigt wird oder verloren geht. | |
§ 965 ABGB umschreibt den gemischten Zufall näher:
„ ... von der hinterlegten Sache Gebrauch gemacht, ... sie ohne Not
und ohne Erlaubnis ... einem Dritten in Verwahrung gegeben; oder
die Zurückstellung verzögert.” Leidet die Sache dabei Schaden, „welchem
sie bei dem Hinterleger nicht ausgesetzt gewesen wäre; so kann er
keinen Zufall vorschützen, und die Beschädigung wird ihm zugerechnet.” | |
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6. Pflichten des
Hinterlegers | |
Erfolgte
die Verwahrung entgeltlich, hat der Hinterleger das Entgelt zu
leisten; § 969 ABGB. – Daneben hat der Hinterleger dem Verwahrer
den durch die Sache allenfalls zugefügten Schaden und
jene Aufwendungen zu ersetzen, die dieser den Umständen
nach für erforderlich halten durfte; § 967 ABGB. | |
| |
Nach § 967 letzter
Satz ABGB können die „wechselseitigen Forderungen des Verwahrers
und Hinterlegers ... nur binnen dreißig Tagen von der Zeit der Zurückstellung
angebracht werden.” – Dem Verwahrer steht (wie dem Entlehner, vgl
§ 982 ABGB) nach § 1440 ABGB kein Zurückbehaltungsrecht (§ 471 ABGB)
zu. | |
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Der Anspruch auf Rückstellung der in Verwahrung
gegebenen Sache selbst verjährt in 30 Jahren. | |
8. Sonderformen
der Verwahrung | |
Sie
spielen im Handelsrecht insbesondere im Bank- und Kreditsektor (DepotG
1987, BGBl 650), aber auch bei Spediteuren, Frachtführern oder dem
Kommissionsgeschäft eine bedeutende Rolle. | |
Beim
Sonderdepot (§ 2 DepotG) werden Wertpapiere des
Hinterlegers gesondert von denen der Bank verwahrt; bei/der Sammeldepot
/ -verwahrung (§§ 4 ff DepotG) werden Wertpapiere derselben Art
zusammen mit eigenen Beständen der Bank verwahrt. Die Hinterleger
sind Miteigentümer am Sammelbestand. | Sammeldepot, Sonderdepot |
Der
Schrankfachvertrag, den ein/e BankkundeIn mit einem
Kreditinstitut abschließt, ist – jedenfalls überwiegend – nicht
Verwahrung, sondern Miete. Die Bank hat Mitsperre. Im praktischen
Schrankfach, meist in allgemein zugänglichen Räumen von Kreditinstituten
gelegen, können Sparbücher, Urkunden oder kleine Wertgegenstände
aufbewahrt werden. Dafür ist jährlich Entgelt / Miete zu entrichten.
– Davon zu unterscheiden ist der unentgeltliche „Sparbuchfachvertrag”
zwischen Bank und Kundschaft, der als Leihe oder Prekarium zu qualifizieren
ist und eine Serviceleistung der Bank darstellt. | Schrankfachvertrag |
II. Gesetzliche
Gastwirtehaftung | |
Wie angedeutet,
sind die Bestimmungen der Verwahrung für ein Fremdenverkehrsland
wie Österreich von großer Bedeutung und im besonderen für Tirol
als Branchenleader. In Tirol gibt es etwa 6.000 Beherbergungs- und
Gastronomiebetriebe, die jährlich ca 40 Mio Gästenächtigungen bewältigen.
Damit ist Tirol eines der tourismusintensivsten Länder der Welt.
Pro Jahr und Einwohner kommen etwa 60 Gästenächtigungen. Tirol erlöst
aus dem Reiseverkehr rund 4,4 Mrd ı (60 Mrd S). – Erstaunlicherweise
bestehen in Bezug auf die gesetzlich geregelte Gastwirtehaftung
– trotz ihrer Einfachheit – weitverbreitete falsche Vorstellungen. | |
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Der Gastaufnahme-
oder Beherbergungsvertragist ein typischer Mischvertrag,
der Elemente der Miete (Zimmer), des Kaufs (Speisen, Getränke etc),
des Werkvertrags (verschiedene Dienstleistungen) und eben auch der
Verwahrung (zB des Gepäcks) umfasst. – Eine schuldhafte Verletzung dieser
Vertragspflichten macht den Gastwirt schon nach den allgemeinen
Grundsätzen des Schadenersatzrechts ersatzpflichtig. Von dieser Vertragshaftung des
Gastwirts ist die in der Folge behandelte gesetzliche „Gastwirtehaftung” der
§§ 970-970c, § 1316 ABGB zu unterscheiden. | |
2. Tatbestandsvoraussetzungen | |
Nach dem Gesetz
haften „Gastwirte, die Fremde beherbergen, ...
als Verwahrer, für die von den aufgenommenen Gästen eingebrachten Sachen
....” | „… beherbergen” |
Dies sind demnach: | Gesetzliche
Haftungsvoraussetzungen |
•
Gastaufnahme
mit Beherbergung (also Übernachtung) und in diesem Zuge | |
• das Einbringen von Sachen /
Gästegepäck. | |
Als „eingebracht” gelten nach § 970 Abs
2 Satz 1 ABGB Sachen, die dem Wirte oder einem seiner Leute übergeben
oder an einen von diesen angewiesenen oder hiefür bestimmten Ort
gebracht wurden; zB Kfz-Abstellung, Verwahrung von Gepäck in der
Rezeption. | |
Gastwirte und die ihnen
gleichgestellten Personen können jedoch nach § 970 Abs 1 Satz 1
ABGB einen sog Freibeweis führen, wenn sie „beweisen,
daß der Schaden | Freibeweis |
•
weder durch
sie oder einen ihrer Leute verschuldet
| |
•
noch durch fremde, in dem
Hause aus- und eingehende Personen verursacht ist.” | |
Da ein solcher Beweis kaum zu erbringen ist, bleibt es meist
bei der gesetzlichen Haftung des Gastwirts. | |
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§ 970 Abs 1 Satz 2 ABGB schränkt die Haftung
des Gastwirts bei Mitverschulden des Gastes ein; §
1304 ABGB. | |
3. Keine Anwendung
der Gastwirtehaftung ... | |
Die
gesetzliche Gastwirtehaftung gilt daher nicht für Kaffeehäuser,
Bars udgl, weil diese ihre Gäste nicht beherbergen.
Für in Gasthäusern, Hotels, Pensionen, Restaurants etc etwa im Rahmen
der Mahlzeiteinnahme abgelegte Kleidung wird nach diesen Vorschriften
– mangels Beherbergung – ebenfalls nicht gehaftet. | |
| |
Verwahrungsverträge werden häufig auch schlüssig oder stillschweigend geschlossen;
§ 863 ABGB. Bloße Hilfestellung beim Ablegen von Kleidungsstücken
durch das Personal reicht dazu aber nicht aus. | §
863 ABGB |
Sie haben sich vielleicht schon gefragt, welche Bewandtnis
es mit dem häufig anzutreffenden Anschlag in Lokalen hat: „Für
Garderobe wird nicht gehaftet.” – Dieser Anschlag stellt
nur klar, was von Gesetzes wegen ohnehin gilt. Der Gastwirt haftet
im beschriebenen Normalfall auch ohne einen solchen Anschlag nicht!
Solche Hinweise wollen den Gast nur anhalten, für die Sicherheit abgelegter
Kleidung selbst zu sorgen und bringen nur die bestehende Gesetzeslage
zur Kenntnis. | „Für Garderobe
wird nicht gehaftet.” |
Legen Sie daher einen teuren Mantel zB über
den Sessel und weisen Sie gegenüber dem Personal, welches das verhindern
will, auf die bestehende Rechtslage hin! | |
4. Unscharfe
Regelungsränder | |
Die
Grenze für die Reichweite der Gastwirtehaftung ist unscharf. Man
wendet ihre Regeln auch auf Pensionen, Schutzhütten, Sanatorien
sowie größere Privatzimmervermieter (SZ 51/158: Beispiele) an, nicht
aber auf Krankenanstalten / Kliniken oder Schlafwagenunternehmen. | |
|
SZ 47/11 (1974): „Allgemeine
Krankenanstalten sind Gastwirten, die Fremde beherbergen,
nicht gleichzustellen .... die Gastwirtehaftung kann unmittelbar
oder analog nur angenommen werden, wenn Gäste zum Zwecke der Beherbergung
aufgenommen werden und diese Leistung wesentlicher Inhalt und Zweck des
Betriebs ist, nicht aber dann, wenn die Unterbringung nicht zum
Zwecke der Beherbergung, sondern zur Ermöglichung oder zur Erleichterung
einer ärztlichen Behandlung oder Betreuung gewährt wird.” (?) –
Frage: Wie steht es um die Haftung, wenn einer Patientin in einer
Krankenanstalt durch einen Einschleichdieb Geld gestohlen wird?
Eine Verschuldenshaftung aus dem jeweiligen Vertrag heraus ist immer noch
denkbar! | |
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SZ 51/158 (1978): Für die Haftung
des Privatzimmervermieters in einem über 18 Betten verfügenden Betrieb
ist § 970 ABGB analog anzuwenden.; Diebstahl von
Reisegepäck und Wertgegenständen aus dem in der Garage abgestellten
Pkw des Gastes. Zur Frage des Miverschuldens (§ 1304 ABGB). | |
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5. Ausdehnung
auf Stallungen, Garagen und Badeanstalten | |
§ 970 Abs
2 Satz 2 ABGB erstreckt die Gastwirtehaftung auf: | |
• „Unternehmer,
die Stallungen und Aufbewahrungsräume halten,
für die bei ihnen eingestellten Tiere und Fahrzeuge”. | |
Zum Garagen-Kurzparkvertrag → Verwahrerpflichten –
Auf sog Tierpensionen findet diese Regelung Anwendung. | |
•
§ 970 Abs
3 ABGB stellt Wirten die Besitzer von Badeanstalten gleich. | |
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Die Gastwirtehaftung
statuiert zwingendes Recht ( → KAPITEL 1: Nachgiebiges
und zwingendes Recht);
vgl § 970a Satz 1 ABGB: „Ablehnung der Haftung durch Anschlag ist
ohne rechtliche Wirkung.” – Das gilt natürlich auch für modernere
Mitteilungsmethoden als einen „Anschlag”. | |
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Die Gastwirtehaftung für allgemein
eingebrachte/s (also nicht in gesonderte Verwahrung übernommene/s) Kostbarkeiten, Geld und Wertpapiere ist
der Höhe nach mit 7.500 S (550 ı) beschränkt. Dadurch
soll ein Anreiz geschaffen werden, Wertsachen (zB Geld oder Schmuck)
dem Gastwirt in gesonderte Verwahrung zu geben; § 970a Satz 2 ABGB:
Gesetz lesen! | Kostbarkeiten,
Geld und Wertpapiere |
Aber auch die Haftung von Gastwirten
etc für andere als (Wert) Sachen (zB
Kleidung, Fotoausrüstung) ist durch Bundesgesetz (BGBl 1921/638
idgF BGBl 1989/343, Art XVII) beschränkt; und zwar auf den Höchstbetrag
von 15.000 S (1.100 €), der jedoch nicht zur Anwendung
gelangt, wenn für bestimmte Sachen mit dem Gastwirt ein besonderer
Verwahrungsvertrag geschlossen wurde. | Haftung für andere
als (Wert)Sachen |
Diese allgemeine Haftungsbeschränkung entspricht
nicht mehr den Anforderungen der Zeit und ist nicht tourismusfreundlich.
In der Praxis werden daher häufig „höhere” (Haftpflicht)Versicherungen
abgeschlossen. | |
8. Geltendmachung
des Ersatzanspruchs | |
Nach
§ 970b ABGB erlischt der Ersatzanspruch aus der Gastaufnahme, wenn
der Beschädigte nach erlangter Kenntnis von dem Schaden nicht ohne
Verzug dem Wirt die Anzeige macht. – Das
gilt nicht, wenn der Wirt die Sachen zur Aufbewahrung übernommen
hatte. | |
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9. Zurückbehaltungsrecht
– § 970c ABGB | |
Gastwirten,
die fremde beherbergen, steht nach dieser Gesetzesstelle zur Sicherung
ihrer Forderungen aus der Beherbergung und Verpflegung sowie ihrer
„Auslagen für die Gäste” das Recht zu, „die eingebrachten Sachen
zurückzuhalten”; Retentionsrecht → KAPITEL 15: Das
Zurückbehaltungsrecht: § 471 ABGB. | |
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C. Die
Leihe |
E. Schenkung
und Gläubigeranfechtung |
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