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SCHNELL GENAU UMFASSEND
Kapitel 2
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E. Zwei Kaufvertragsfälle zur Wiederholung
1. Das „zurückgelegte” Kleid. – Eine Frau entdeckte in einem Modegeschäft ein schönes Kleid, das ihr gefiel. Da sie nicht genug Geld bei sich hatte, ließ sie das Stück zurücklegen und erklärte der Verkäuferin, am nächsten Tag wieder zu kommen, das Kleid abzuholen und den Kaufpreis bezahlen zu wollen. – Der Zufall wollte es jedoch, dass sich die Kundin die Sache anders überlegte: Sie erblickte nämlich im Schaufenster eines anderen Geschäfts dasselbe Kleid, jedoch zu einem günstigeren Preis. Sie ging daher auf dieses zweite Angebot ein und ließ sich im ersten Geschäft nicht mehr blicken. Die Erstverkäuferin will ihr Kleid loswerden ...!
a) Muss die Frau bezahlen?
O Ja O Nein O Kommt darauf an
b) Ist ein Kaufvertrag zustande gekommen?
O Ja O Nein O Kommt darauf an
c) Kann die Frau der Erstverkäuferin gegenüber einwenden, sie habe mittlerweile anderswo günstiger gekauft?
O Ja O Nein O Kommt darauf an
d) Wie steht es um den zweiten KaufV? Ist er
O gültig O ungültig O teilweise gültig / ungültig
2. Der Sofakauf auf Kredit. – Ende 1989 entdeckte eine Kundin in einem Innsbrucker Möbelgeschäft ein Sofa, das genau ihren Ansprüchen gerecht wurde. Doch ihre finanzielle Situation war prekär. Dies teilte die Frau der Verkäuferin auch ganz ehrlich mit. Sie könne sich das Stück nur leisten, wenn der Kaufpreis über einen Kredit finanziert werde. Die Verkäuferin war einverstanden, ein Vertrag wurde unterzeichnet. Doch die Bank gewährte der mittellosen Kundin keinen Kredit. Das Sofa wurde ihr nicht ausgehändigt. Das Möbelhaus klagte aber dennoch den Kaufpreis des Möbelstücks beim Innsbrucker Bezirksgericht ein.
Lösung: Die von der Verkäuferin zur Kenntnis genommene und mit ihr ausdrücklich vereinbarte Bedingung [Zur Bedingung: § 897 iVm den §§ 696 und 699 ABGB] für diesen Kauf, dass nämlich dazu die entsprechende Kreditvergabe an die Kundin [§ 1063 ABGB: Kreditkauf] erfolgen müsse, wurde auf der Vertragsurkunde mit dem Vermerk „Kredit” deutlich gemacht. Die Frau konnte aus eigenen Mitteln nicht einmal eine Anzahlung für das Möbelstück leisten. [Zur Anzahlung beim Abzahlungsgeschäft vgl § 16 Abs 1 Z 2 iVm § 20 KSchG.] Zum Zwecke der Kreditvergabe übergab die Kundin der Verkäuferin die geforderten Lohnzettel und ihren Reisepass.
Besagtes Möbelhaus arbeitet in Fällen von Raten- oder Kreditkäufen mit einer bestimmten Bank zusammen. [§§ 16 ff KSchG regeln das Abzahlungsgeschäft. In unserem Fall war vermutlich ein Abzahlungsgeschäft gewollt. Aber wir wissen es nicht, daher kann diese Frage offen bleiben, zumal sie auch nicht entscheidungsrelevant ist.] Mit dem Datum der Auslieferung der Ware erhält das Möbelhaus von der Bank den gesamten Kaufpreis und übergibt im Gegenzug dazu der Bank den Warenübernahmeschein, womit auch der Eigentumsvorbehalt an der Ware samt der restlichen Kaufpreisforderung an die Bank weitergegeben wird. Die Rückzahlung des Kredites ist vom Kunden an die Bank zu leisten, diese Form des Abzahlungsgeschäftes heißt Absatzfinanzierung → Das Abzahlungsgeschäft
Doch als sich die Kundin das Sofa abholen wollte, erfuhr sie, dass der Kredit nicht bewilligt worden war. Sie sprach bei der Bank vor. Den geforderten Bürgen [Zur Bürgschaft: §§ 1346 ff ABGB] konnte sie nicht beibringen. Die Frau war zwar enttäuscht, doch war für sie die Sache erledigt. Nicht aber für das Möbelhaus, das den Kaufvertrag erfüllt haben wollte.
Das Gericht kam – zutreffender Weise – zu der Auffassung, dass die Kundin keinen Zustand vorgespiegelt habe, der die Verkäuferin in ihrer Entscheidung bezüglich der Chance zur Erlangung eines Kredites bekräftigt hätte. Die Kreditvergabe sei, so das Gericht, eine ausdrückliche Bedingung des Vertrags gewesen. Da diese Bedingung aber ohne Verschulden der Kundin nicht eintrat, sei der Vertrag für beide Parteien nicht bindend. Weder habe die Kundin Anspruch auf Herausgabe des Sofas, noch das Möbelgeschäft auf den Kaufpreis. Das Klagebegehren des Möbelhauses wurde daher abgewiesen. – Auch der Berufungssenat am Innsbrucker LG kam zu derselben Überzeugung. – Aus: TT 5.4.1991.
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