Normen
Stichworte
Inhaltsverzeichnis
SCHNELL GENAU UMFASSEND
Kapitel 2
zurück C. Verbraucherrecht – Konsumentenschutz
vor E. Zwei Kaufvertragsfälle zur Wiederholung
nach oben
D. Internet und Recht
Von Helmut Ortner
Literaturquelle
Der folgende Abriss konzentriert sich auf die privatrechtlichen Fragen, welche das Internet vor allem im Geschäftsverkehr aufwirft. Die zahlreichen Problemfelder in anderen Bereichen, wie dem Strafrecht oder dem Verwaltungsrecht können hier nicht beleuchtet werden.
Internet und Zivilrecht
I. Das Phänomen Internet und E-Commerce
Literaturquelle
Das Internet, ein ursprünglich militärisches Projekt, welches später auch dem akademisch-wissenschaftlichen Bereich zugänglich gemacht wurde, hat mittlerweile einen bedeutenden Platz im Wirtschaftsleben erlangt. Spätestens seit Vollziehung dieses letzten Entwicklungsschrittes ist die verklärte Vorstellung vom Internet als „rechtsfreier Raum” nicht mehr zu halten. Die grundsätzliche Anwendbarkeit des überkommenen Normensystems auch auf das „Netz der Netze” ist seit Langem gelebte Praxis. Jedoch wurde auf Grund der spezifischen Charakteristika des weltweiten Netzes (va Ubiquität, Dezentralisation, Informationsflut) wiederholt sondergesetzlichen Regelungen das Wort geredet, was sich bereits in mehreren leges speciales niedergeschlagen hat. – Grundsätzlich sollten aber trotz der rasenden Entwicklung der neuen Medien nicht die tragenden Grundorientierungen und –wertungen unserer Rechtsordnung, besonders des allgemeinen Zivilrechts,aus dem Blick verloren werden. Nicht eine weitere Zersplitterung der Rechtsordnung kann nämlich das Ziel sein; vielmehr ist danach zu streben, die Probleme des E-Commerce durch eine Fruchtbarmachung der Normen und Prinzipien des geltenden Rechts in den Griff zu bekommen. Nur dort, wo dies tatsächlich auf Grund einer signifikant unterschiedlichen Interessenkostellation unumgänglich ist, soll das Normensystem bedacht weiterentwickelt beziehungsweise ergänzt werden.
Reaktion der Rechtsordnung auf das Internet
1. Internet – Schnittmenge unterschiedlicher Rechtsgebiete
Diese Charakteristika stellen Rechtsanwender und Gesetzgeber vor schwierige Aufgabenua im IPR und IZGV (Ubiquität), im Haftungsrecht zB bei Providern (Dezentralisierung) oder auch im Konsumentenschutz im sog B2C-Bereich (Menge, Geschwindigkeit, Flüchtigkeit und „Unkörperlichkeit” der digitalen Information), deren gegenwärtige Lösungsansätze Gegenstand dieser Ausführungen sind. Das Internet stellt eine Schnittmenge unterschiedlichster Rechtsgebiete dar; einen zentralen Schwerpunkt bildet aber das Zivilrecht. Hierbei zeichnen sich wiederum zwei Teilbereiche ab:
• Zum einen die Bestimmungen des ABGB im Hinblick auf das Vertrags- und Schadenersatzrecht, die grundsätzlich auch dann gelten, wenn Geschäftsbeziehungen via das Internet oder über das Handy (M-Commerce) abgewickelt werden; Medienneutralität des Rechts.
• Zum andern die zahlreichen – oft auf EG-RL beruhenden – leges speciales im zivilrechtlichen Bereich, va das ECG (E-Commerce-Gesetz), das Fernabsatzgesetz, das Signaturgesetz.
nach oben
2. Einige zentrale Begriffsbestimmungen:
Ein häufiges Missverständnis ist die Gleichsetzung von Internet und WWW; darum eine Klarstellung. Internet (Kunstwort aus „Interconnected Network”, also „vernetztes Netzwerk” oder „Netz der Netze”) ist der Oberbegriff und bezeichnet alle die Computer und Netzwerke,, welche eben im „interconnected netword” miteinander zu einer Gesamtheit verbunden werden und so miteinander kommunizieren, also Daten austauschen können (dies erfolgt über ein einheitliches Protokoll, das sog TCP/IP). Die wichtigsten drei im Bereich des E-Commerce genützten Internet-Dienste sind (1.) das WWW (einfach zu bedienende graphisch gestaltete Benutzeroberfläche, die das Internet zum Massenphänomen machte), (2.) E-Mail (elektronische Post durch Austausch von Nachrichten zwischen Mailservern, auf welche die Nutzer via einen elektronischen Postkasten Zugriff haben) und (3.) FTP (File Transfer Protokoll; ein Netzdienst zur Datenübertragung, wie zB Software). Neben diesen zentralen Internetdiensten sind für den E-Commerce potentiell von Bedeutung Chat, Telefonkonferenzsysteme, Voice over IP (Internettelefonie), Newsdienste und der Mobilfunkbereich.
Internet
Die Terminologie ist nicht völlig einheitlich, doch beginnen sich allgemein akzeptierte Definitionen langsam durchzusetzen. E-Commerce im hier verwendeten engeren/herkömmlichen Sinn bezeichnet das Verkaufen von Waren und Dienstleistungen via Internet va im B2C-Bereich, inklusive Online-Transaktionen und –Zahlung. E-Business ist demgegenüber der weitere Begriff, der die gesamte onlinebasierte Wertschöpfungskette eines Unternehmens umfasst (inkl Produktion und Logistik, Werbung und Marketing, Vertragsabschluss und –abwicklung auch im B2B-Bereich, Sammeln von Benutzerdaten usw). Daneben etabliert sich zusehends das sog M-Business, dh geschäftliches Handeln auf Mobilfunk-Basis, welches durch den UMTS-Standard zusätzlichen Auftrieb erhalten wird.
Business to Business (B2B) bezeichnet die Geschäftsabwicklung zwischen Unternehmen; während Business to Consumer (B2C) den Handel zwischen Unternehmer und Endkunden meint.
nach oben
II. E-Commerce und ABGB
Literaturquelle
In der Folge sollen exemplarisch einige der wichtigsten allgemeinen Regelungen, welche auch auf Geschäftsabschlüsse im Internet Anwendung finden, dargelegt werden:
1. Willenserklärungen:
Die ganz grundsätzliche Frage, ob Willenserklärungen überhaupt elektronisch abgegeben werden können (sog „elektronische Willenserklärungen”), kann im Einklang mit dem Grundsatz der Formfreiheit (§ 883 ABGB; zu im Einzelfall gesetzlich vorgesehenen besonderen Formerfordernissen, wie zB Schriftlichkeit, → Signaturgesetz) ohne weiters bejaht werden. Vom Standpunkt des ABGB ist also gegen ei­nen Vertragsschluss via E-Mail prinzipiell nichts einzuwenden. Solche Willenserklärungen können aber nicht nur via E-Mail, sondern auch via WWW (durch Ausfüllen von Formularen oder Anklicken von But­tons), via Internettelefonie (Voice over IP), via Chat-Foren oder via Mobilfunk (WAP) abgegeben werden. (Als „abgegeben” gilt sie dann, wenn sie das Computersystem des Erklärenden tatsächlich verlassen hat und sich auf dem Weg zum Empfänger befindet.) Auch „automatisierte Willenserklärungen”, die nicht mehr nur unmittelbar von einem Menschen mit Hilfe eines Computers, sondern von einem entsprechend programmier­ten Computer selbst automatisch abgegeben werden, werden dem Betreiber der EDV-Anlage nach hA als Willenserklärung zugerechnet. Beispiele: Eine Software bestellt bei Erreichen eines Mindestlagerbe­standes automatisch neue Ware bei einem bestimmten Lieferanten nach; das Programm eines Versandhauses schickt nach Prüfung der eingegangen Bestellungen und des Lagerbestandes automatisch eine Auftragsbestätigung an den Besteller.
„elektronische” und „automatisierte” Willenserklärungen
Der Zugang von Willenserklärungen richtet sich auch im elektronischen Geschäftsverkehr grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln; § 12 ECG enthält eine entsprechende Regelung: → Das Phänomen Internet und E-Commerce Was den Zugangszeitpunkt betrifft, entsprechen Willenserklärungen über Chat-Foren, Kommunikation mittels Talk-Programmen, Voice over IP oder Online-Konferenzsysteme den Erklärungen unter Anwesenden; solche via E-Mail, Voice Mailing oder WWW-Erklärungen als Erklärungen unter Anwesenden. Es wird jedoch von der hA vertreten, dass ein völliges und undifferenziertes Einbeziehen des elektronischen Briefkastens in den Machtbereich einer Person noch nicht anzunehmen sei, sodass rechtserhebliche Erklärungen nur dann elektronisch übermittelt werden können, wenn der Empfänger mit der elektronischen Kommunikation einverstanden ist oder einen entsprechenden Vertrauenstatbestand (Kontaktaufnahme über E-Mail, Bekanntgabe der E-Mail-Adresse auf der Visitenkarte oder dem Briefpapier etc) gesetzt hat
Zugang von Willenserklärungen
Auch bei der Auslegung elektronischer Willenserklärungen gelten die allgemeinen Vertragsauslegungsregeln der §§ 914 ff ABGB.
Auslegung
Dasselbe gilt auch grundsätzlich für die Widerrufsmöglichkeit (bis zum Zugang der Willenserklärung), was jedoch auf Grund der rasenden Geschwindigkeit der Datenübermittlung bei elektronischer Kommunikation faktisch aufgehoben ist.
Widerrufsmöglichkeit
nach oben
2. Vertragsrechtliche Bestimmungen des ECG
ECG kennt einige vertragsrechtliche Bestimmungen, aber es regelt nicht die Modalitäten des Vertragsschlusses; sie richten sich nach allgemeinem Zivilrecht:
Die Präsentation von Waren und Dienstleistungen auf einer Webpage stellt idR noch kein/en Anbot/Auftrag dar, sondern lediglich eine invitatio ad offerendum, ähnlich der Darbietung in einem Schaufenster. Das Anbot ist im Normalfall erst die Bestellung des Nutzers zu erblicken.
Invitatio ad offerendum
Etwas anderes gilt in folgenden zwei Fällen, in denen ausnahmsweise doch schon der Inhaber der Webpage das Anbot stellt: (1.) Bei einer Gestaltung des Internetauftritts in einer Weise, dass der Kunde von einer sofortigen Lieferbereitschaft ausgehen kann (es kommt auf den objektiven Erklärungswert an), etwa wenn der Diensteanbieter zweifelsfrei klarstellt, dass er seine Leistungen an jede Person erbringen will, die auf seine Präsentation antwortet. (2.) Außerdem wird ein Anbot bei kostenpflichtigen Online-Informationdiensten oder dem Verkauf von Downloadable Goods angenommen.
Anbot
nach oben
3. AGB und ECG
Auch im Bereich der AGB muss unterschieden werden: Zwar beinhaltet das ECG einschlägige Regelungen, diese betreffen jedoch nicht die Geltung von AGB; diese Frage muss nach den Bestimmungen des ABGB gelöst beurteilt. Was die Möglichkeit der Kenntnisnahme betrifft, haben sich in der Praxis des E-Commerce mehrere Vorgehensweisen etabliert, die der Akzeptabilität nach etwa wie folgt gegliedert werden können:
Bloßer Hinweis auf die AGB auf der Homepage (also der ersten Webpage der Site): nicht ausreichend.
Anbringen eines Links im Webbestellformular: genügt nur dann, wenn dieser leicht auffindbar ist; empfehlenswert ist eine Platzierung in der Nähe des Bestell-Buttons.
Empfehlenswerter wäre eine unmittelbare Integrierung der AGB in das Bestellformular selbst, sodass der User den Text zumindest „gesehen” haben muss, bevor er zum Bestell-Button gelangt.
Am sichersten ist jedoch eine Konzeption der Bestellseite in der Weise, dass der Bestell-Button erst dann betätigt werden kann, wenn er zuvor ein Kästchen angeklickt hat, um zu bestätigen, er habe ich die AGB durchgelesen.
nach oben
4. Verletzung von Informationspflichten
In einigen Spezialgesetzen (va dem ECG und den §§ 5a ff KSchG/FernabsatzG) sind zahlreiche Informationspflichten des Anbieters von Waren oder Dienstleistungen (auch) im E-Commerce festgeschrieben.
Spezialgesetze
Zwar sind für die Missachtung einiger dieser Informationspflichten spezielle Verwaltungsstrafen vorgesehen (etwa in § 26 ECG oder § 32 KSchG), jedoch richten sich die Sanktionen bei Verletzung der Informationspflichten grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln:
Sanktionen
• Aus der Sicht des Zivilrechts handelt es sich dabei vor allem bei Verschulden um Schadenersatzansprüche;
Schadenersatz
• Zur Ungültigkeit des Vertrages kommt es, wenn Informationen, welche essentialia negotii, wie Ware oder Preis selbst betreffen (vgl zB § 5a Abs 1 KSchG), nicht bereitgestellt werden (§ 869 ABGB);
Ungültigkeit des Vertrages
• Schliesslich kann es zur Irrtumsanfechtung kommen; beachte, dass gem § 871 Abs 2 ABGB ein Irrtum über Umstände, über die nach „geltenden Rechtsvorschriften” (also auch nach den Informationspflichten des ECG, FernabsatzG etc) aufzuklären ist, einen Geschäfts- und nicht bloß einen Motivirrtum darstellt.
Irrtumsanfechtung
nach oben
5. Lex generalis-lex specialis-Regel
Was soeben im Hinblick auf die Verletzung von Informationspflichten gezeigt wurde, gilt natürlich nach der lex generalis-lex specialis-Regel ganz generell: Die einschlägigen leges speciales bauen ja auf dem Sockel der allgemeinen Bestimmungen des ABGB auf, sodass dessen Regelungen sozusagen immer im Hintergrund darauf „lauern”, lückenfüllend zur Anwendung zu gelangen. Ein instruktives Beispiel dafür bildet die Verletzung von des Informationspflicht des § 5i Fall 2 KSchG: Für den Fall, dass der Unternehmer seiner Informationspflicht nachkommt (ein angenommenes Angebot nicht erfüllen zu können, weil die Ware nicht verfügbar ist), treffen ihn zwar nicht die Rechtsfolgen der Verletzung seiner Informationspflichten, dies kann aber nichts an der Anwendbarkeit der allgemeinen Leistungsstörungsregeln über die Nichterfüllung oder Unmöglichkeit der Erfüllung (§§ 918 ff ABGB) ändern. In der folgenden Darstellung der Spezialgesetzlichen Normen wird noch an einigen anderen Beispielen deutlich werden.
nach oben
III. E-Commerce und ECG
Neben den allgemeinen Regelungen des ABGB finden eine Reihe von spezialgesetzlichen Normen Anwendung (va ECG, FernabsatzG und SigG), die idF unter III. bis V dargestellt werden:
Literaturquelle
1. Allgemeines
Das ECG (BGBl I 152/2001, in Kraft getreten am 1. 1. 2002) stellt die Umsetzung der RL2000/31/EG vom 8. 6. 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt dar.
EC-Richtlinie
Das ECG regelt den „rechtlichen Rahmen für bestimmte Aspekte des elektronischen Rechts- und Geschäftsverkehrs (§ 1) und zählt die Ausnahmen vom Anwendungsbereich auf; insbes Abgabenwesen, Datenschutz, Kartellrecht, Recht der Domains, Telefon-, Telefax- und Telexdienste sowie die Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Anwendungsbereich und Inhalt
nach oben
2. Zulassungsfreiheit
§ 4 ECG verbietet das Einführen spezieller Berechtigungen für Anbieter elektronischer Dienste; wer die Erlaubnis besitzt, eine bestimmte Tätigkeit im traditionellen Geschäftsverkehr auszuüben, darf dies auch online tun.
nach oben
3. Informationspflichten
Ein immer wiederkehrender Regelungsinhalt von leges speciales im E-Commerce-Bereich liegt im Festschreiben von Informationspflichten. Der Gesetzgeber reagiert damit auf die oben erwähnten Charakteristika der Informationsflut und –dynamik, welche das Internet auszeichnen und für Konsumenten ein Gefahrenpotential beinhalten.
Ratio
Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft müssen va folgende Angaben auf ihrer Website leicht und unmittelbar zugänglich zur Verfügung stellen: Name oder Firma, Geografische Anschrift, E-mail-Adresse, Firmenbuchnummer/-gericht, gegebenenfalls Umsatzsteueridentifikationsnummer, zuständige Aufsichtsbehörde, Kammer oder Berufsverband (samt Hinweis auf die anwendbaren gewerbe- oder berufsrechtlichen Vorschriften); sofern Preise angeführt werden, muss eindeutig erkennbar sein, ob es sich um Brutto- oder Nettopreise handelt und ob die Versandkosten inkludiert sind und Werbung muss ua klar und eindeutig als solche erkennbar sein.
Allgemeine Informationspflichten
Verhaltenskodizes, denen sich der Anbieter freiwillig unterwirft (Information vor Abgabe der Vertragserklärung des Nutzers); die einzelnen technische Schritte, die zum Vertragsabschluss führen; eine allfällige Speicherung des Vertragstextes; technische Mittel zur Erkennung und Berichtigung von Eingabefehlern; Sprachen in denen der Vertrag abgeschlossen werden kann (gegenüber Verbrauchern zwingend); Eingang einer elektronischen Vertragserklärung des Users ist unverzüglich elektronisch zu bestätigen (gilt nicht für rein individuelle elektronische Kommunikation zB via SMA oder E-mail-Korrespondenz; ist aber gegenüber Verbrauchern zwingend). Die Wirkungen einer solchen Bestätigung richten sich nach allgemeinem Zivilrecht: Sie kann also – je nach Inhalt – bereits Annahme einer Online-Bestellung bedeuten oder (idR) rein deklarativen Charakter über den Bearbeitungsvorgang haben. – Man beachte den Unterschied zum allgemeinen Zivilrecht, das keine Bestätigungspflicht (gegenüber Verbrauchern) kennt.
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 29. 4. 2003, 4 Ob 80/03y(„sexhotphones.at”): Die Klägerin bietet Erotik-Telefondienstleistungen an; der Erstbeklagte betreibt im Internet eine Homepage (www.sexhotphones.at), auf der er Werbung für eigene Erotik-Mehrwerttelefonnummern betreibt, ohne die Preise für die Inanspruchnahme der Dienste oder seine AGB anzugeben; der Zweitbeklagte betreibt Webhosting. Die Klägerin befürchtet einen Wettbewerbsvorteil des Beklagten, weil potentiellen Kunden nicht klar sei, was die Dienstleistungen kosten und sie allenfalls annehmen könnten, diese seinen kostenlos. Die Klägerin begehrt, die Beklagten schuldig zu erkennen, gegen die Informationspflichten nach §§ 5 Abs 2 und 11 ECG zu verstoßen. – OGH: Adressat der Informationspflichten des ECG ist der Diensteanbieter, der auf elektronischem Wege Verträge abschließt. Dient – wie hier – eine Website ausschließlich der Werbung für Dienstleistungen, sind diese Bestimmungen nicht anwendbar. Damit ist auch dem behaupteten Verstoß gegen § 1 UWG als auch der Haftung der Zweitbeklagten als Hostprovider die Grundlage entzogen.
Bezüglich dieser Informationspflichten gilt aber grundsätzlich allgemeines Zivilrecht: Ihre Verletzung kann demnach zur Irrtumsanfechtung (§ 871 Abs 2 ABGB) und bei Verschulden zu Schadenersatzansprüchen des Nutzers führen. – Zusätzlich zu beachten ist die für manche Informationspflichten im § 26 ECG normierte Verwaltungsstrafe.
Sanktionen
nach oben
4. Vertragsrechtliche Bestimmungen
Wie dargestellt, werden die Modalitäten des Vertragsschlusses nach den Regeln des allgemeinen Zivilrechts beurteilt; das ECG beansprucht keine eigene Regelungskompetenz. – Erinnert werden soll nochmals an die bereits dargestellten Informationspflichten, im Vorfeld des Vertragsabschlusses:
§ 11 ECG normiert, dass Vertragsbestimmungen und AGB speicher- und reproduzierbar sein müssen; diese Bestimmung ist sowohl für den B2C- als auch für den B2B-Bereich zwingend. Diese Regelung darf jedoch nicht mit der Frage der Geltung von AGB verwechselt werden, welche nach wie vor ausschließlich nach den Bestimmungen des ABGB beurteilt wird.
Speicher- und Reproduzierbarkeit von Vertragsbestimmungen und AGB
Auch der Zugang elektronischer Erklärungen ist im ECG geregelt. Diese Sondervorschrift deckt sich jedoch inhaltlich mit den allgemeinen Regelungen des ABGB und hat insofern nur klarstellenden Charakter: § 12 ECG bestimmt nämlich, dass die Wirksamkeit einer Erklärung erst dann eintritt, wenn die Erklärung vom Empfänger „unter gewöhnlichen Umständen” abgerufen werden kann; sodass eine um 23 Uhr zugesandte E-Mail erst am Morgen des nächsten (Werk)Tages zugegangen ist.
nach oben
5. Providerhaftung
Literaturquelle
Mit der rasenden Entwicklung des neuen Mediums Internet sind natürlich auch Risiken, zB durch die Verbreitung von strafbaren, sowie markenrechts-, urheberrechts- oder wettbewerbsrechtswidrigen Inhalten, verbunden. Das ECG versucht, dem Missbrauch des Internets durch rechtliche Rahmenbedingungen über die Verantwortlichkeit für solche Rechtsverletzungen entgegenzuwirken. Da es oft unmöglich ist, gegen die eigentlichen Schädiger vorzugehen, welche sich hinter der technischen Struktur bzw der globalen Architektur des Netzes verstecken, legen die §§ 12 bis 15 ECG die Bedingungen für die Verantwortlichkeit der Betreiber von elektronischen Informations- und Kommunikationsdiensten fest, ohne welche die kommerzielle Nutzung des Internets gar nicht möglich wäre.
Allgemeines und Definitionen
Internet Service Provider (IPS): Sammelbegriff für die unten angeführten Arten.
Access-Provider vermitteln nur den Zugang zu einem Informationsnetz oder übermitteln innerhalb eines solchen Netzes Informationen, zB E-Mails oder SMS.
Host-Provider speichern nur fremde Informationen auf ihrem Server (etwa durch Zurverfügungstellen von Speicherplatz für Websites, E-Mails, Chat-Rooms ect).
Content-Provider stellen eigene Inhalte bereit.
Vom Regelungsumfang des ECGerfasst sind nur sog Access- und Host-Provider, nicht jedoch Content-Provider. Der Grund liegt darin, dass das ECG va Haftungsbeschränkungen bzw –befreiungen normiert und diese nur den ersten beiden Arten von Providern zugute kommen sollen, da diese nur mittelbar (rein technisch) mit einer durch einen von ihnen vermittelten Inhalt verursachten Rechtsverletzung in Verbindung stehen. Da der Content-Provider aber per definitionem den verpönten Inhalt selbst bereitstellt hat er diesen auch zu verantworten – es ist selbstverständlich, dass für eigene Inhalte immer gehaftet wird.
Regelungsumfang des ECG
Merksatz: Es geht um die Verantwortlichkeit für rechtswidrige Informationen Dritter.
In Abweichung vom Geltungsbereich des Herkunftslandsprinzips (→ Herkunftslandprinzip), bei dem besondere Einschränkungen des Anwendungsbereiches vorgesehen sind (so sind zB nur kommerzielle Aktivitäten betroffen), gelten die Verantwortlichkeitsregelungen grundsätzlich für den gesamten Anwendungsbereich der EC-RL.
Geltungsbereich
Das ECG normiert keine Haftungsvoraussetzungen, sondern Haftungsbefreiungsvoraussetzungen. Sind sie erfüllt, tritt eine „horizontale” Haftungsbefreiung ein. Für die erfassten Tätigkeiten von Informationsmittlern wird die Verantwortung umfassend geregelt, unabhängig davon, aus welchem Rechtsgebiet diese abgeleitet wird; Strafrecht, allgemeines Zivilrecht, Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht. Umgekehrt folgt aus dieser Konstruktion des ECG, dass das Nichterfüllen der Haftungsbefreiungsvoraussetzungen nicht automatisch die Haftung des Providers bedeutet: Es ist nunmehr aber der Weg geebnet, diese nach den allgemeinen Vorschriften zu prüfen.
Haftungsbefreiungs-voraussetzungen
Zu beachten ist, dass dem ECG ein funktioneller Providerbegriff zugrunde liegt: Ob ein IPS also in einem bestimmten Fall als Access-, Host- oder Content-Provider qualifiziert wird und somit von den Haftungsprivilegien des ECG profitieren kann, fängt von davon ab, in welchem konkreten Zusammenhang/bei der Ausführung welcher Funktion im konkreten Fall die Rechtsverletzung eingetreten ist.
Funktioneller Providerbegriff
Den Access-Provider trifft nach § 13 ECG keine Haftung, wenn er eine reine Durchleitung von Daten vornimmt, dh keine Auswahl, Veränderung oder Speicherung vornimmt. Bezüglich des Speicherns erweitert § 15 ECG diesen Tatbestand noch weiter, indem er die Haftungsbefreiung grundsätzlich auch auf das sogenannte „Caching” ausdehnt; dh auf eine „zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung, die nur der effizienteren Gestaltung der auf Abruf anderer Nutzer erfolgenden Informationsübermittlung dient”. Diese kurzzeitige Zwischenspeicherung begründet somit noch kein Hosting, da sie nur eine Hilfsfunktion für die Übermittlungsleistung darstellt. Dies gilt sogar dann, wenn der Provider tatsächliche Kenntnis von der Rechtswidrigkeit von ihm übermittelten Information hat. Kurz gesagt: Der Provider haftet für eine unveränderte Weitergabe von Informationen nicht. § 14 ECG stellt Suchmaschinen den Access-Providern haftungsrechtlich gleich.
Access-ProviderDie Regelung im Detail
Host-Provider, trifft nach § 16 ECG für die von Ihnen zur Verfügung gestellten Inhalte nur dann keine Verantwortung, wenn sie keine Kenntnis vom Inhalt und dessen Rechtswidrigkeit haben. Zumindest aber müssen sie nach Kenntniserlangung die entsprechenden Daten im Falle der Kenntniserlangung unverzüglich sperren. Für den Teilbereich der schadenersatzrechtlichen (nicht also zB der strafrechtlichen) Verantwortung verliert der Host sein Haftungsprivileg bereits dann, wenn ihm Tatsachen oder Umstände bewusst sind, aus denen die Rechtswidrigkeit offensichtlich wird. § 17 ECG stellt Linksetzer den Host-Providern haftungsrechtlich gleich.
Host-Provider
Content-Providern kommt – wie oben beim Regelungsumfang erwähnt – kein Haftungsprivileg zugute.
Content-Provider
Sämtliche Anbieter jedoch sind gem § 18 ECG von allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflichten befreit, dh sie müssen nicht von sich aus nach Umständen forschen, die auf eine Rechtswidrigkeit hinweisen (Verbot der Normierung proaktiver Kontrollpflichten. § 19 weist noch darauf hin, dass Auskunfts- und Mitwirkungsrechte gegenüber Gerichten, Verwaltungsbehörden und (unter gewissen Voraussetzungen) Privatpersonen davon unberührt bleiben.
Sämtliche Anbieter
nach oben
6. Herkunftslandprinzip
Literaturquelle
Einer der bedeutendsten aber auch umstrittensten Inhalte des ECG ist im wesentlichen in den §§ 20 ff ECG geregelt (basierend auf Art 3 der E-Commerce-RL) – das Herkunftslandprinzip: Nach dem Herkunftslandprinziprichten sich Anforderungen an die „Dienste der Informationsgesellschaft” im „koordinierten Bereich” innerhalb des EWR nach dem Recht des Herkunftslandes des Anbieters.
Grundsätzliches und Definitionen
Nachder Legaldefinition des Art 2 lit a EC-RL (der auf Art 1 Nr 2 der Notifikationsrichtlinie, RL 98/34/EG idF RL 98/48/EG, verweist) handelt es sich dabei um alle (1.) Dienstleistungen, die (2.) in der Regel gegen Entgelt (3.) im Fernabsatz (4.) mittels Geräten für die elektronische Verarbeitung und Speicherung von Daten (5.) auf individuellen Abruf eines Empfängers erbracht werden. Darunter fallen insbesondere der Online-Vertrieb von Waren und Dienstleistungen, Online-Informationsangebote, die Online-Werbung, elektronische Suchmaschinen und Datenabfragemöglichkeiten, wirtschaftliche Tätigkeiten über E-Mail und Dienste, welche Informationen über ein elektronisches Netz übermitteln, den Zugang zu einem solchen vermitteln oder Informationen eines Nutzers speichern.
Dienste der Informationsgesellschaft
Nach der Legaldefinition des § 3 Z 8 ECG handelt es sich beim koordinierten Bereich um die „allgemein oder besonders für Dienste der Informationsgesellschaft und für Diensteanbieter geltenden Rechtsvorschriften über die Aufnahme und die Ausübung einer solchen Tätigkeit”. Verkürzt ausgedrückt fallen darunter alle Regelungen, dh sowohl europäische als auch nationale, die für Online-Diensteanbieter zur Anwendung gelangen.
Koordinierter Bereich
Die Kriterien zur Bestimmung der Niederlassung eines Diensteanbieters richten sich nach der Rspr des EuGH. Es wird darauf abgestellt, dass der Diensteanbieter (1.) mittels einer festen Einrichtung (2.) auf unbestimmte (es wird jedoch auch die Gründung für einen festgelegten Zeitraum akzeptiert) Zeit (3.) eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.
Herkunftsland
Das Herkunftslandprinzip gelangt nur zur Anwendung, wenn sowohl der Niederlassungsstaat des Diensteanbieters als auch der Bestimmungsstaat EU- oder EWR-Mitgliedstaaten sind.
Die intensivste Debatte in der Literatur dreht sich um das Verhältnis des Herkunftslandprinzips zum IPR: Zum einen wird die Ansicht vertreten, das Prinzip sei wie eine internationalrechtliche Sachverweisungsnorm zu lesen, dh es sei immer das Sachrecht des Herkunftslandes anzuwenden. Zum andern wird dem Verständnis des Art 3 EC-RL als bloße Anwendbarerklärung des IPR des Herkunftslandes iVm einem Günstigkeitsvergleich zwischen der so gefundenen lex causae und dem Sachrecht des Herkunftslandes (welcher aber nur dann zur Anwendung des günstigeren Rechtes führt, wenn durch das höhere Schutzniveau nicht gegen den freien Dienstleistungsverkehr verstoßen wird) das Wort geredet.
Verhältnis des Herkunftslandprinzips zum IPR
Während gegen die erste Ansicht Art 1 Abs 4 und Erwägungsgrund 23 der EC-RL ins Treffen geführt werden, welche klarlegen, dass durch die umzusetzenden RL-Bestimmungen keine neuen IPR-Regeln geschaffen werden sollten und die unmittelbare Gefahr eines „race to the bottom” in Richtung der mildesten Rechtsordnung beschworen wird, wird gegen die zweite Ansicht vorgebracht, die Grundidee des Rechtsklarheit und –sicherheit werde verwässert und das ganze Prinzip somit ad absurdum geführt. Auch, wenn die zweite Verständnisvariante tatsächlich die Attraktivität und Einfachheit des Herkunftslandprinzips schmälert, so sind mE doch die eindeutigen Aussagen der RL über die Bedeutung des im Art 3 festgeschriebenen Prinzips zu respektieren.
nach oben
IV. E-Commerce und Fernabsatzgesetz
Literaturquelle
1. Allgemeines
Das ebenfalls auf einer EG-RL (RL 97/7/EG vom 20. 5. 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz) basierende FernabsatzG (BGBl I 185/1999, in Kraft seit 1. 6. 2000) hat unser KSchG um die §§ 5a – 5j und 31a bereichert. Der Anwendungsbereich dieser Normen ist aber nicht auf Geschäfte im E-Commerce beschränkt, sondern geht darüber hinaus. Sie gelten gem § 5a KSchG ganz allgemein für Verträge, die unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen werden (Abs 2), sofern sich der Unternehmer eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems bedient (Abs 1).
Anwendungsbereich
Unter Fernkommunikationsmitteln sind dabei ganz generell Kommunikationsmittel zu verstehen, die zum Abschluss eines Vertrages ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Parteien verwendet werden können, was nicht nur den elektronischen Geschäftsverkehr einschließt, sondern auch Kataloge, Ferngespräche, Teleshopping etc.
Fernkommunikationsmittel
Ausgenommen vom Anwendungsbereich der RL sind ua Finanzdienstleistungen (Art 3 Abs 1); für diesen Bereich wurde inzwischen die RL 2002/65/EG vom 23. 9. 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher erlassen, welche somit eine weitere E-Commerce Lücke schließt und deren Ziel es ist, den Verbrauchern den EUweiten Zugang zu allen Finanzdienstleistern zu ermöglichen. Österreich hat zwar für die Umsetzung der RL noch bis Oktober 2004 Zeit, doch werden umfassende Anpassungen notwendig sein, um die Rücktritts- und Informationspflichten vollständig erfüllen zu können.
Ausnahme vom Anwendungsbereich
Ein zentrales Anliegen der RL, nämlich die Ermöglichung des Abschlusses elektronischer Verträge (Art 9 Abs 1), galt in Österreich auf Grund der Formfreiheit, wie unter II. dargestellt, bereits bisher. Ratio des Fernabsatzgesetzes ist es vor allem, den besonderen Gefahren von im Fernabsatz getätigten Geschäften für Konsumenten entgegenzuwirken: Diese können hierbei weder von einer persönlichen Beratung Gebrauch machen, noch sich über die Ware in natura ein Urteil bilden. Dies soll mit Hilfe der folgenden Normen erreicht werden:
nach oben
2. Informationspflichten
Wie das ECG, normiert auch § 5c, d und i KSchG zahlreiche Informationspflichten für Verbraucher: So muss dieser gem § 5 c KSchG– mit Ausnahme zB von Versteigerungen, Hauslieferungen, Freizeit- und Finanzdienstleistungen – vor Abgabe seiner Vertragserklärung klar und unmissverständlich in einer dem verwendeten Fernkommunikationsmittel angepassten Weise mit folgenden Informationen vorsorgt werden:
Zahlreiche Informationspflichten
• Name des Unternehmers
• Ladungsfähige Anschrift des Unternehmers
• Wesentliche Eigenschaften und Preis der Ware
• Bei Ferngesprächen sind der Name oder die Firma des Unternehmers und der geschäftliche Zweck des Gesprächs gleich zu Beginn offenzulegen.
Bei Verletzung dieser Informationspflichten sind folgende Sanktionenvorgesehen: Bei Verletzung der Informationspflichten nach § 5 c Abs 3 KSchG sieht § 32 KSchG eine Verwaltungsstrafe vor. Dies gilt nicht für die Informationspflichten nach Abs 1, sodass hier die allgemeinen Regeln zur Anwendung kommen → Verletzung von Informationspflichten.
Sanktionen
Rechtssprechungsbeispiel
OLG Wien 5. 11. 2002, 1 R 168/02m, VRInfo 2002 H 11, 4:Der VKI klagte im Auftrag des BMfJ mehrere in Österreich tätige Telefonauskunftanbieter (hier: Telekom Austria AG). Diese bieten kostenpflichtige Telefonauskunftdienste über eine bestimmte Rufnummer an. Die Konsumenten werden am Beginn der Auskunft weder über die Kosten dieser Dienstleistung noch über Name und Adresse des Dienstleisters informiert. – Sowohl das HG Wien (10. 9. 2002, 34 Cg 119/02k) als auch das OLG Wien nahmen eine Verletzung der Informationspflichten nach § 5c KSchG an. Es genüge auch nicht, die Informationen über Preise im Internet, Presse oder Werbebroschüren zur Verfügung zu stellen; bei einem Telefonauskunftdienst, der nur über das Telefon abgewickelt wird, müsse die Information über das Telefon selbst erfolgen. (Inzwischen hat der VKI auch gegen einen weiteren Telefonauskunftanbieter – CLC AG – in erster Instanz gewonnen; die Telekom Austria informiert nun ihre Kunden mittels eines vorgeschalteten Ansagetextes über die Kosten des Gesprächs).
Die Bestätigungspflichtdes § 5d KSchGbestimmt Folgendes: Der Verbraucher muss rechtzeitig während der Vertragserfüllung – spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung – eine schriftliche oder auf einem dauerhaften Datenträger gespeicherte Bestätigung über die gerade besprochenen Informationen erhalten. Zusätzlich müssen in dieser Bestätigung gewisse in Abs 2 aufgezählte Angaben, wie etwa das Rücktrittsrecht betreffend, enthalten sein; auch hiervon sind in Abs 3 wieder Ausnahmen vorgesehen.
Bestätigungspflicht
§ 5i KSchGschließlich sieht zwei weitere Informationspflichten vor: Der Unternehmer muss den Konsumenten davon in Kenntnis setzen, falls er dessen Anbot nicht annimmt. Außerdem ist der Konsument darüber zu informieren, wenn sein Anbot zwar angenommen wurde, sich aber später herausstellt, dass die Ware nicht (mehr) verfügbar ist. Im Falle der schuldhaften Verletzung dieser Informationspflichten, treten die unter B aufgezeigten Rechtsfolgen ein; va Schadenersatzanspruch aus Verspätungsschaden. Auch die Erfüllung der letzteren Informationspflicht kann aber wohl nichts an der Verpflichtung ändern, die vertragliche Leistung erbringen zu müssen, sodass die allgemeinen Leistungsstörungsregeln zum Tragen kommen; vgl auch schon unter B.
Weitere Informationspflichten
nach oben
3. Rücktrittsrecht
Rechtzeitige Absendung der Rücktrittserklärung genügt. Ist der Unternehmer seinen unter (2) erwähnten Bestätigungspflichten nicht nachgekommen, beträgt die Frist drei Monate, ansonsten 7 Werktage (bei Nachreichen der Information durch den Unternehmer innerhalb der 3-Monats-Frist, beginnt die 7-Tages-Frist zu laufen).
Rücktrittsfrist
enVergleich zwischen Rücktritt nach § 4 KSchG (Haustürgeschäfte) und § 5a ff KSchG (Fernabsatz): Im Fernabsatz muss der Rücktritt nicht schriftlich erfolgen.
Vergleich mit Haustürgeschäft
Das KSchG sieht im Fernabsatz keine Verzinsung des vom Verbraucher zurückerhaltenen Kaufpreises vor (auch hier greifen aber wieder die Regeln des allgemeinen Zivilrechts, in concreto des Bereicherungsrechts, ein).
Verzinsung des Kaufpreises
Für den Fall, dass der Konsument zur Finanzierung des im Fernabsatz geschlossenen Vertrages mit dem Unternehmer selber oder mit einem Dritten einen Kreditvertrag abgeschlossen hat, der mit ersterem eine wirtschaftliche Einheit iSd § 18 KSchG bildet, gilt der Rücktritt auch für diesen. In der Literatur wurde eine teleologische Reduktion des § 5h Abs 2 KSchG vorgeschlagen, der dem Konsumenten für den Fall der Auflösung des Kreditvertrags im obigen Sinne auch die Zahlung von Zinsen erlässt: Diese Bestimmung solle nur die vereinbarten Kreditzinsen ausschließen, nicht jedoch ein über die allgemeinen Regeln des Bereicherungsrechts zu zahlendes Benützungsentgelt.
nach oben
4. Die Fälligkeitsregel des § 5i KSchG
Überraschend ist die Regel des § 5i KSchG, wonach der Unternehmer grundsätzlich 30 Tage Zeit hat, eine Bestellung des Verbrauchers, welche er angenommen hat, auszuführen, weil hier in einem Schutzgesetz zuungunsten des Konsumenten von der allgemeinen Bestimmung des § 904 ABGB abgewichen wird, die vorsieht, dass eine Leistung „sogleich” gefordert werden kann. Das Angebot des Verbrauchers nimmt der Unternehmer idR durch „tatsächliches Entsprechen” iSd § 864 Abs 1 an; vgl → KAPITEL 5: Die Sonderfälle des § 864 ABGB.
nach oben
5. Gewinnzusagen und andere vergleichbare Mitteilungen
Nach § 5j KSchG geben dem Konsumenten die Möglichkeit, den Inhalt solcher Mitteilungen, die beim Verbraucher den Eindruck erwecken, er hätte einen Preis gewonnen, auch tatsächlich gerichtlich einzuklagen.
nach oben
6. Kreditkartenmissbrauch
Einer der größten Stolpersteine für den endgültigen Durchbruch des E-Commerce zum absoluten Massenphänomen ist die Unsicherheit, die von Vielen iVm der Online-Zahlung der bestellten Waren oder konsumierten Dienstleistungen nach wie vor verspürt wird. Dass dies nicht ganz unbegründet ist, zeigt die relativ hohe Zahl von Delikten insbesondere im Hinblick auf die beliebteste Variante, in Internet zu bezahlen: die Kreditkarte.
(Un)Sicherheit bei Online-Zahlungen
Dieser Angst der Konsumenten entgegenzuwirken ist das Ziel des § 31 a KSchG: Falls es iZm einem Vertragsschluss zu einem Kreditkartenmissbrauch kommt, ist der Inhaber der Karte berechtigt, vom Aussteller die Erstattung des betreffenden Betrages zu verlangen. So lange der Karteninhaber also seine in den meisten AGB der Kreditkartenfirmen vorgesehenen Sorgfaltsverpflichtungen (wie sorgfältige Verwahrung der Karte, Verwendung nur auf „sicheren” Websites zB mit SSL-Verschlüsselung) nicht verletzt, schützt ihn diese Norm des KSchG. Andernfalls wird er selbst gegenüber dem Aussteller haftbar, was idF zu einer Kompensation mit seinem Erstattungsanspruch und somit zu dessen faktischen Entfall führt. Auf diese Weise wird also ein unachtsamer Benützer einer Kreditkarte trotz der einseitig zwingenden Natur des § 31a KSchG nicht geschützt.
§ 31 a KSchG
nach oben
V. Signaturgesetz
Literaturquelle
1. Allgemeines
Wie dargelegt, führt der Grundsatz der Formfreiheit im bürgerlichen Recht dazu, dass Willenserklärungen auch auf elektronischem Wege ohne weiteres abgegeben werden können. Zur Wirksamkeit einer elektronischen Willenserklärung ist eine Signatur also nicht vonnöten. Mit einer elektronischen Signatur soll jedoch ganz bestimmten Schwächen solcher Online-Erklärungen entgegengewirkt werden, die ernstzunehmende Hindernisse dafür sind, das ökonomische Potential des E-Commerce voll ausschöpfen zu können:
Schwächen von Online-Erklärungen
Zum einen kann die Herkunft also der Verfasser einer elektronischen Erklärung zweifelhaft sein; sog Authentizität/Echtheit (Ausschalten des „Handelns unter fremden Namen”);
Um solchen Problemen entgegenzuwirken, werden seit langem bekannte kryptographische Verschlüsselungstechniken auf den elektronischen Geschäftverkehr angewendet, um sowohl Absender als auch Inhalt einer elektronischen Nachricht zweifelsfrei feststellen zu können. (Das unten dargestellte 2-Schlüssel-Verfahren wird dabei als „asymmetrische Kryprographie bezeichnet.) – Das SigG selbst ist technologieneutral formuliert, sodass es für künftige Entwicklungen auf technischem Gebiet offen bleibt.
Lösungsansatz
Der sog „private Schlüssel”: Aus den zu signierenden Daten wird mit Hilfe eines mathematischen Verfahrens ein repräsentativer Wert errechnet (sog „Hashwert”), der auf dem privaten Schlüssel des Verfassers (kodiert durch ein Passwort oder eine Magnetstreifenkarte mit PIN-Code) basiert.
Der sog „öffentliche Schlüssel”: Diese Verschlüsselung kann nur mit einem komplementären Schlüssel, der öffentlich zugänglich ist, wieder aufgehoben werden.
Will man also wissen, ob jemand tatsächlich der Urheber einer (verschlüsselten) elektronischen Nachricht ist, braucht man nur zu prüfen, ob der öffentliche Schlüssel die Botschaft „entsperrt”: Wenn ja, dann muss der Inhaber des privaten Schlüssels tatsächlich die Verschlüsselung vorgenommen haben. Über den errechneten Hashwert, kann zudem überprüft werden, ob es irgendwelche inhaltlichen Veränderungen an der vom Inhaber des privaten Schlüssel stammenden Nachricht gab; jede noch so kleine inhaltliche Modifikation würde diesen Wert nämlich verändern. Auf diese Weise können Authentizität und Integrität einer Nachricht zweifelsfrei festgestellt werden.
nach oben
2. Das Signaturgesetz
Das SignaturG bildet die zweite Stufe einer dreiteiligen Kaskade von legislativen Maßnahmen: (1.) Richtlinie 99/93/EG vom 13. 12. 1999 über gemeinsame Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen. Deren Umsetzung erfolgte schon vor dem Inkrafttreten der RL durch (2.) das SigG (BGBl I 190/1999; in Kraft seit 1. 1. 2000); dazu kommt noch (3.) die SignaturVO (BGBl II 30/2000, in Kraft seit 3. 2. 2000), welche die erforderlichen Detailbestimmungen zur Durchführung des SigG enthält.
Drei Stufen
Das idF kurz skizzierte SigG enthält Regelungenüber Rechtswirkungen und die technischen Sicherheitserfordernis elektronischer Signaturen, über Zertifikate und Zertifizierungsdiensteanbieter, die Anerkennung ausländischer Zertifikate, die Einrichtung einer Aufsichtsstelle sowie Datenschutzbestimmungen.
Inhalt des SigG
Auf Grund der Technologieneutralitätdes SigGverwendet das Gesetz selbst die Terminologie „privater” und „öffentlicher Schlüssel” nicht, es spricht nur ganz allgemein von „Signaturerstellungsdaten” (= privater Schlüssel) und „Signaturprüfdaten” (= öffentlicher Schlüssel) und bleibt so für künftige und andere Methoden offen. Dasselbe gilt auch für den Begriff der Signatur: Die derzeit allgemein übliche Art der Signatur wird korrekterweise als „digitale” Signatur bezeichnet; das SigG selbst aber verwendet den weiteren Begriff der „elektronischen” Signatur, welcher wiederum technologieneutral und für künftige technische Weiterentwicklungen offen ist.
Technologieneutralität
Regelungsgegenstand des SigG ist, wie oben dargelegt, die Authentizität und Integrität elektronischer Daten – nicht jedoch deren Vertraulichkeit. Es wird nur der „Hashwert” verschlüsselt, nicht jedoch das Dokument selbst; es bleibt weiter lesbar. Der Schutz elektronischer Daten vor Kenntnisnahme Dritter ist also kein Regelungsthema des SigG.
Vertraulichkeit
§ 3 SigG: Zwar sind im SigG Signaturverfahren mit verschieden hoher Sicherheitsstufe und unterschiedlichen Zertifikatsklassen vorgesehen, an die auch verschiedene Rechtsfolgen geknüpft werden können. Doch ist die rechtliche Wirksamkeit einer elektronischen Signatur und deren Verwendung als Beweismittel jedenfalls gewährleistet.
„Allgemeine Rechtswirkungen”
„Besondere Rechtswirkungen” iSd § 4 SigG sind solche, die nur Signatur- und Zertifizierungsverfahren höherer Stufe auslösen können: Vor allem genügen sie grundsätzlich der Schriftform des § 886 ABGB, erfüllen also das Kriterium einer eigenhändigen Unterschrift; dazu müssen die qualifizierten Voraussetzungen des § 5 SigG erfüllt sein. Außerdem sind im SigG einige Bereiche generell ausgenommen, wie zB das Erb- und Familienrecht oder Privatbürgschaften.
„Besondere Rechtswirkungen”
§ 20 legt bestimmte Informationspflichten des Zertifizierungsdiensteanieters fest (Die Überprüfung der Authentizität und Integrität des Dokuments beweisen noch nicht die Identität des Signators; dies wird durch die Ausstellung eines Signaturschlüssel-Zertifikats durch einen Zertifizierungsdiensteanbieter erreicht).
Weitere Regelungen
§ 21 verpflichtet den Signator ua zur sorgfältigen Verwahrung des Signaturerstellungsdaten und zur Unterlassung der Weitergabe an Dritte.
§ 23 sieht eine weitreichende Verantwortlichkeit der Zertifizierungsdiensteanbieter für qualifizierte Zertifikate vor.
§ 26 normiert Verwaltungsstrafen bei Verstößen gegen das SigG vor, die – wie schon beim ECG und FernabsatzG gesehen –die zivilrechtlichen Folgen ergänzen.
nach oben
VI. Weitere einschlägige Normen
Nach Darstellung der zentralen Normen (lex generales ABGB und leges speciales ECG, FernabsatzG, SigG) folgen nun einige weitere einschlägige Bestimmungen und ihre europarechtlichen Grundlagen:
• Die RL 2001/29/EG vom 22. 5. 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, welche in Österreich durch die Urheberrechts-Nov 2002 umgesetzt wurde.
• Die RL 2000/46/EG vom 18. 9. 2000 über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten, welche durch das E-Geldgesetz (BGBl I 45/2002) umgesetzt wurde. Geregelt wird die Berechtigung zur Ausgabe sog „elektronischen Geldes”, dh eines „gegen Eintausch von kleinen Geldbeträgen” (max 2.000 Euro) auf einem elektronischen Datenträger gespeicherten Geldwertes, der von anden Unternehmen als Zahlungsmittel akzeptiert wird.
• Die RL 95/46/EG vom 24. 10. 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, die RL 97/66/EG vom 15. 12. 1997 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre im Bereich der Telekommunikation sowie die Richtlinie 2002/58/EG vom 12. 7. 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation. Während die ersten beiden Datenschutz-RL durch das DatenschutzG 2002 (BGBl I 165/1999) umgesetzt wurden, steht für die dritte eine Umsetzungsfrist bis 21. 10. 2003 zur Verfügung.
• Die RL 98/84/EG über den rechtlichen Schutz von zugangskontrollierten Diensten und von Zugangskontrolldiensten, deren Umsetzung im Zugangskontrollgesetz (BGBl I 60/2000), regelt den rechtlichen Schutz von Diensteanbietern, die Fernsehsendungen, Radiosendungen oder Diensten der Informationsgesellschaft gegen Entgelt und unter einer Zugangskontrolle bereitstellen.
nach oben
VII. Elektronischer Zahlungsverkehr
Literaturquelle
Das für die Praxis zentrale Thema im elektronischen Zahlungsverkehr, nämlich die rechtliche Behandlung von Kreditkartenmissbrauch wurde dargestellt; auf das E-Geld-Gesetz wurde hingewiesen. IdF soll ein Überblick gegeben werden, welche Möglichkeiten in Österreich darüber hinaus existieren, Zahlungsvorgänge iVm Internetgeschäften handzuhaben:
1. Auch außerhalb des Internet gebräuchliche Zahlungsarten und paysafecard:
Natürlich können auch für Internetgeschäfte die klassischen Zahlungsmethoden Lieferung per Nachnahme, Lieferung per Rechnung, oder das Lastschritverfahren verwendet werden. – Bereits seit Ende 2000 in Österreich (seit Anfang 2001 auch in Deutschland) in Verwendung befindet sich die sog „paysafecard”, welche als Prepaid-Card ganz ähnlich wie eine Telefonwertkarte funktioniert; bezahlt wird durch die Eingabe des freigerubbelten Codes in die Online-Bestellmaske (w ww.paysafecard.com).
nach oben
2. Besondere Bankenlösungen im Online-Zahlungsverkehr:
Das Einzahlung von Erlagscheinen über das Internet für Kunden aller österreichischen Banken, die ein Girokonto besitzen, ermöglicht die Postsparkasse mit ihrem Dienst „bezahlen.at” (www.bezahlen.at).
Eine nahe liegende Lösung bietet auch das Einbeziehen bestehender Online Banking-Systeme in die Website des Anbieters.
nach oben
3. Mobilfunk-Zahlungssystheme:
Das Schlagwort „pay by phone” bezeichnet die Möglichkeit, via eines WAP-fähigen Handys, Waren oder Dienstleistungen über den Telefonanbieter abzurechnen (http://www.t-mobile.at/startpage/) oder via M-Commerce-PIN die Kreditkartenabrechnung dafür zu nutzen. Eine weitere Möglichkeit, das Handy zur Zahlung zu verwenden, bietet das System paybox (Informationen unter www.paybox.at).
nach oben
VIII. Rechtliche Probleme des Domain Namens
Literaturquelle
1. Der Domain Name
Jeder Computer, der einen Teil des Internet bildet ist eindeutig identifizierbar; ihm ist eine „Adresse” in Form eines Nummerncodes zugeordnet, die sog IP-Adresse (zB 150.448.01.76). Mit solchen Zahlenkolonnen operieren zu müssen, um im Netz den gewünschten Adressaten oder die gewünschten Informationen zu finden, ist jedoch unpraktisch. Daher wurde das Domain Name System (DNS) eingeführt, welches den numerischen IP-Adressen eine alphanumerische Entsprechung in Form von Wortadressen/Domain Names zuordnet (zB www.sony.com).
Dabei wird das Suffix am Ende als Top Level Domain (TLD) bezeichnet (sog country TLDs bezeichnen ein bestimmtes Land, etwa”.at”, „.de”, „uk”; sog generic TLDs hingegen einen bestimmten Sachbereich, zB „.com”, „.edu”, „.gov”), der Mittelteil als Second Level Domain (im Beispiel „sony”).
Jede Wortadresse ist weltweit einmalig, die über internationale (ICANN) und nationale (in Österreich va nic.at) Einrichtungen vergeben werden – für diese Vergabe gilt das Windhundprinzip nach dem Grundsatz „prior tempore potior jure”.
nach oben
2. Rechtsprobleme
Die Gerichte waren in den letzten Jahren bereits häufig mit Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Domain Namen befasst. Dabei kristallisierten sich folgende Typen von Domainstreitigkeiten heraus:
• Wohl am bekanntesten ist das sog Domaingrapping: Darunter versteht man das auf dem oben erwähnten Prinzip der Einmaligkeit jedes Domain Namens basierende „Wegschnappen” von Internetadressen vor anderen Interessenten. Dabei sind zwei Arten zu unterscheiden: Die sog Domain-Blockade will einfach nur verhindern, dass ein Mitkonkurrent von der für ihn günstigen Adresse gebrauch machen kann; die sog Domain-Vermarktung will den Interessenten dazu bewegen, die Domain vom Inhaber – oft zu Mondpreisen – abzukaufen. Ein solches Verhalten ist sittenwidrig iSd Generalklausel des § 1 UWG.
• Die bloße Domainverwendung selbst kann aus namens-, kennzeichen- und urheberrechtlichen Gründen rechtswidrig sein.
• Der Namens- (§ 43 ABGB), Firmen- (§ 37 HGB), Titel- (§ 80 UrhG) und Unternehmenskennzeichenschutz (§ 9 UWG) findet auch auf die Verwendung von Begriffen als Teil einer Domain Anwendung; was Unterlassungsansprüche zur Folge haben kann. Das UWG spielt außer im Falle des Domaingrappings auch im Falle einer wettbewerb swidrigen Ausbeutung fremden Rufs oder Irreführung iSd § 2 UWG eine Rolle. Auch der markenrecht liche Schutz findet auf Domain Namen Anwendung.
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 27. 4. 1998, 4 Ob 105/99s („jusline.com”), EvBl 1999/178 = ecolex 1999/226 = RdW 1999, 657 = ÖBl 1999, 225 = wbl 1999/343 = MR 1999, 235: Hier hatte sich der OGH das erste Mal mit Domain-Grapping zu befassen. Die Klägerin bot in Internet einen juristischen Informationsdienst unter der 1995 für sie registrierten Marke „jusline” an, den sie intensiv bewarb und ausgebaute. 1996 registrierte die beklagte Partei die Domain www.jusline.com. Als die Klägerin die Beklagte die Übertragung der Domain forderte, verlangte diese dafür 300.000 S oder eine monatliche Nutzungsgebühr von 5.000 S bei mindestens zweijähriger Vertragsdauer. – OGH: Da die Beklagte einzig und allein zu dem Zweck, die Klägerin in ihren Bemühungen zu behin dern und um sich eine spätere Überschreibung der Internetadresse abgelten zu lassen, den Domain-Namen jusline.com registrieren hatte lassen, liege ein gegen § 1 UWG verstoßendes Domain-Grapping vor.
OGH 13. 9. 1999, 4 Ob 180/99w („format.at”), ecolex 2000/53 = wbl 2000/31 = ÖBl 2000, 72 = MR 1999, 351: Die Klägerin ist die Tochter der Verlagsgruppe News, Herausgeberin der Zeitschrift Format; die Beklagte ist die Medieninhaberin der Zeitschriften Trend und Profil. Die Beklagte ließ sich unmittelbar nach Präsentation der Null-Nummer des Wochenmagazins Format den Domain-Namen format.at registrieren. – OGH: Die Beklagte handelte bei Reservierung und Nutzung des Domain-Namens in Behinderungsabsicht. Sie hatte den Domain-Namen format.at – ohne sachlich gerechtfertigte Gründe – in der Absicht erworben, die Erstklägerin von der Benutzung dieses Kennzeichens im Internet auszuschließen, was sie auch gar nicht in Abrede stellte. Dementsprechend entschied der OGH, dass der Tatbestand des Doman-Grapping erfüllt sei und ein Verstoß gegen § 1 UWG vorliege.
OGH 13. 7. 1999, 4 Ob 140/99p(„sattler.at”), ecolex 1999/281 = RdW 1999, 710 = ÖBl 2000, 39 = MR 1999, 237: Kläger ist der Rechtsanwalt Dr. Egon Sattler; Beklagte die Bundesinnung der Lederwarenerzeuger, Taschner, Sattler und Riemer, die unter der Domain sattler.at Internet-Inhalte anbot. Argumentation des Klägers: Der für die Beklagte registrierte Domain-Name sattler.at beeinträchtige seine schutzwürdigen Interessen als Träger dieses Familiennamens, weil es ihm nicht mehr möglich sei, seinen Namen im Internet unter der gewählten TLD.at registrieren zu lassen. – Der OGH schon diese Argumentation vollends beiseite: Stehen einander zwei zur Verwendung eines Zeichens berechtigte Rechtsträger gegenüber, so gilt der Grundsatz der Priorität („first come – first served”). In einem solchen Fall ist es dem mit der Registrierung einer Domain im Internet nachfolgenden Rechtsträger ohne weiteres zumutbar, ein der Unterscheidung dienendes Zeichen hinzuzufügen, um eine Eintragung in derselben TLD zu erreichen.
OGH 21. 12. 1999, 4 Ob 320/99h(„ortig.at”), SZ 72/207 = EvBl 2002/107 = ecolex 2000/98 = RdW 2000/296 = wbl 2000/87 = ÖBl 2000, 134 = MR 2000,8: Im Gründungsstadium befindlicher Dachverband für Internetanbieter will Akronym „ortig” als Domainnamen („ortig.at”) verwenden. Der Kläger, der diesen Familiennamen trägt und darunter Internetdienstleistungen anbietet, klagt aus § 43 ABGB auf Unterlassung. – OGH: Domain-Namen, die einen Namen enthalten oder namensmäßig anmuten, fallen unter den Schutz des § 43 ABGB. Das Prioritätsprinzip, welches beim Zusammentreffen mehrerer Schutzrechte ganz allgemein gilt, findet auch hier Anwendung. Durch die unbefugte Verwendung eines Namens in einer Domain werden schutzwürdige Interessen des Namensträgers, dem der Zugang ins Internet unter einer aus einem Nachnamen gebildeten Adresse verwehrt ist, beeinträchtigt.
nach oben
3. Haftung
Nach der Rspr des OGH haftet unter bestimmten Voraussetzungen nicht nur der eigentliche Störer für Verletzungen des Namensrechts, sondern auch die Vergabestelle: Wenn sie trotz entsprechender Aufforderung des in seinen Rechten Verletzten eine Domain, die in grober und offensichtlich erkennbarer Weise kennzeichen- oder wettbewerbswidrig ist, nicht sperrt, kann sie auf Unterlassung und/oder Beseitigung in Anspruch genommen werden.
nach oben
IX. Inhalt von Websites
Literaturquelle
1. Hyperlinks
Dass die allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts auch für den Bereich des Internets gelten, wurde erläutert. Dies führt ua zur Anwendbarkeit des § 1330 ABGB sowie der medien-, marken-, urheber- und wettbewerbsrechtlichen Regelungen. Die Normen des ECG, welche die Haftung von Providern beinhalten, wurden ebenfalls bereits dargestellt.
Allgemeine Regelungen
IdF werden die rechtlichen Rahmenbedingungen von Hyperlinks behandelt. Dabei handelt es sich um Querverbindungen aus einem Web-Dokument auf andere Texte, Dokumente oder sonstige Inhalte im Netz. Obwohl diese ein Wesensmerkmal des Internets darstellen (sog Hypertext-Prinzip, welches für die Charakterisierung des WWW als „Hypermediasystem” neben der Multimedia-Komponente begriffsbildend ist), und idR eine konkludente Zustimmung der Ersteller frei zugänglicher Websites angenommen wird, haben bestimmte Linktechniken doch rechtliche Probleme aufgeworfen:
Hyperlinks im Speziellen
nach oben
2. Framing
Webpages sind sehr oft in mehrere Teilbereiche untergliedert, die durch sog Rahmen oder Frames voneinander abgegrenzt sind. Zu rechtlichen Problemen kann diese Darstellungsmethode („Framing”) dann führen, wenn bei Klicken auf einen Link, der entsprechende Inhalt in einem dieser Frames dargestellt wird, ohne den User darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um einen fremden Inhalt handelt. Da dem Besucher der Internetsite vorgegaukelt wird, es handle sich dabei um einen Content des Inhabers der betreffenden Website selber, kann dies gegen urheber-, marken- und wettbewerbsrechtliche Vorschriften verstoßen.
Framing
Noch einen Schritt weiter geht der Inhaber einer Website beim sog Inline/Embedded Link: Hier muss nicht einmal mehr ein Link abgeklickt werden, um den Fremdinhalt auf einer betsimmten Webpage des Inhabers sichtbar zu machen, sondern der Link ist gewissermaßen subkutan fix installiert. Da hier bereits beim Aufrufen der Webpage der fremde Content automatisch in die Webpage integriert wird, ist er natürlich für den Besucher der Page auch nicht als solcher erkennbar und es finden die beim Framing erwähnten Normen Anwendung.
Inline/Embedded Link
Etwas weniger gefährlich als die beiden besprochenen Vorgehensweisen ist das sog Deep Linking, wobei der Surfer bei Anklicken eines Links auf der Webpage des Inhabers auf eine fremde Website geführt wird, jedoch nicht auf deren Startseite – sozusagen der „äußere” Umschlag des Buches, sondern bereits auf eine bestimmte Webpage – irgendein Kapitel „im Inneren” – der Website. Da auf diese Weise die Anfangsseite, auf der sich der Inhaber der jeweiligen Website vorstellt, umgangen wird, kann natürlich auch hier leicht der Eindruck entstehen, es handle sich um einen Inhalt des Link-Setzers. Auch hier sind die erwähnten Rechtsverletzungen möglich.
Deep Linking
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 17. 12. 2002, 4 Ob 248/02b („METEOdata.com”), ecolex 2003/112 (Anm Tonninger) = wbl 2003/120 = MR 2003, 35: Die Klägerin betreibt ein Dienstleistungsunternehmen zur Erstellung von Wetterkarten, -analysen, -prognosen und –gutachten und ist seit 1997 auch im Internet unter www.meteodata.com präsent. Diese Site umfasst auch einige aktuelle Wetterkarten; direkt unter diesen Karten ist ein Copyright-Vermerk angebracht, der als Link zur Homepage zurückführt. Der Beklagte (Bauunternehmer) ist seit 2000 unter der Domain „bernegger.at” im Internet präsent, die unter Verwendung der Framing-Technologie gestaltet ist. Klickt man in der Menüleiste seiner Homepage auf den Link „Bauwetter”, so werden die Wetterkarten der Klägerin in einen Frame seiner Homepage eingebaut; im Adressenfeld scheint weiter nur die Domain des Beklagten auf, der Copyright-Vermerk bleibt erhalten. – Der OGH verneint einen urheberrechtlichen Anspruch der Klägerin, weil es weder bei einem Hyperlink noch bei der Frametechnik zu einer Kopie des Werkes am Computer der linkenden und/oder framenden Website komme. Auch einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch verneint er, könne doch die Klägerin durch die Ausgestaltung des Copyright-Vermerks als Link auf ihre eigene Homepage Vorteile ziehen (?). Dass der Nutzer beim Aufsuchen der Website der Beklagten an der Homepage der Klägerin vorbeigeltiet wird und dieser dadurch Werbeeinnahmen entgehen, sei dabei nur ein unbeabsichtigter Nebeneffekt (?).
nach oben
3. Rechtswidriger Inhalt
Eine gänzlich andere Frage ist es, ob ein Inhaber einer Website, der einen Link auf eine andere setzt, dadurch für den eventuell rechtswidrigen Inhalt der Site auf die er verweist, verantwortlich ist. Diesen Fall regelt das ECG – ähnlich den oben dargestellten Haftungsbefreiungsregelungen für Provider – in § 17.
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 27. 11. 2001, 4 Ob 252/01i („Gelbe Seiten”), ecolex 2002/173 = RdW 2002/283 = ÖBl 2002/15 = MR 2002, 101: Die Klägerin ist Verlegerin, Medieninhaberin und Herausgeberin der „Gelben Seiten”, die Bestandteil der Regionalausgaben der Telefonbücher der Telekom Austria sind. Die Beklagte betreibt die Internetseite www.internetpartner.at, auf deren Homepage sich ein Link auf die Internetsite www.baukompass.at befindet; sie ist auch Inhaberin dieser Website. Die Beklagte kaufte 1999 die Marketing CD-Rom der Klägerin in der Absicht, die darauf enthaltenen Daten für die unter www.baukompass.at abrufbare Datenbank zu verwenden. Die Klägerin erhebt eine auf das UrhG gestützte Unterlassungsklage. – Der OGH bejaht den Eingriff in das Schutzrecht der Klägerin nach § 76 UrhG. Auch den Umfang des Unterlassungsbegehrens, dh der Ausdehnung auf die unter www.internetpartner.at, die ja lediglich einen Link zur fraglichen Website setzte, bejahte der OGH. Da die Beklagte sowohl Inhaberin der ersten als auch der zweiten Website sei, ist von der Kenntnis der Inhalte der fraglichen Website auszugehen.
nach oben
X. Anwendbares Recht und Gerichtsstand: IPR und IZGV
Literaturquelle
1. Das anwendbare Recht (internationales Privatrecht)
Das Internet hat zu einer erheblichen Zunahme an Rechtsgeschäften und sonstigen -verhältnissen mit einer relevanten Auslandsberührung iSd IPR geführt. Durch diese Entwicklung wurden zum einen neue Probleme geschaffen, zum anderen wurden bereits seit langem vorhandene Schwachpunkte in diesem Rechtsgebiet durch die schiere zahlenmäßige Vermehrung „pathologischer” Sachverhalte noch virulenter.
Auf die (subsidiäre) Ebene des IPR gelangt man nur in den Fällen, in denen Einheitsrecht – wie va das UN-Kaufrecht – nicht anwendbar oder abbedungen wurde.
Das auf Verträge anwendbare Recht
In diesen Fällen ist innerhalb der EU zuerst an das EVÜ zu denken; erst wenn auch dieses nicht zur Anwendung kommt, wird man auf das autonome österreichische IPRG zurückgeworfen.
Hierarchie von Rechtsnormen
Auf der zweiten Stufe findet demnach das Europäische Vertragsrechtsübereinkommen Anwendung:
EVÜ
Nach Art 3 EVÜ ist primär Rechtswahlmaßgeblich. Mangels einer Rechtswahl unterliegt ein Vertrag nach Art 4 EVÜ dem Recht jenes Staates, zu dem die engste Verbindung besteht; nach der (widerlegbaren ) gesetzlichen Vermutung des Abs 2 ist diese am „Ort der charakteristischen Leistung” anzunehmen. Dieses Kriterium wirft keine internetspezifischen Probleme auf: Wie auch bei Offline-Verträgen führt diese praesumptio juris zum Recht jenes Staates, in dem der Erbringer der Sach- oder Dienstleistung seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Niederlassung hat; der Serverstandort ist grundsätzlich nicht von Bedeutung.
Das EVÜ normiert in seinem Art 5 Verbraucherschutzbestimmungen: Während Abs 2 klarstellt, dass durch eine Rechtswahl iSd Art 3 dem Verbraucher grundsätzlich nicht der Schutz seines Aufenthaltsstaates entzogen werden darf, normiert Abs 3, falls keine Rechtswahl getroffen wurde, prinzipiell die Geltung des Rechts seines Aufenthaltsstaates. Dies jedoch nur, falls einer der in Abs 2 aufgezählten Fallkonstellationen vorliegt, wovon hier die folgenden relevant sind:
Dem Vertragsschluss ist ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung im Aufenthaltsstaat des Verbrauchers vorausgegangen und dieser hat die zum Vertragsschluss notwendigen Rechtshandlungen in seinem Staat vorgenommen; zB durch Absenden einer E-Mail von seinem PC aus. Die heftigen Diskussionen, ob bzw bei welcher Gestaltung eine Webpage eines Unternehmers, die im Aufenthaltsstaat des Verbrauchers abgerufen werden kann, ein Angebot/eine Werbung iSd Bestimmung darstellt und auch die Kritik an der Differenzierung zwischen „aktiven” und „passiven” Konsumenten, die der Konzeption des Art 5 EVÜ zugrunde liegt, wird aller Voraussicht nach im Zuge der Novellierung des EVÜ durch die VO Rom I entschärft; es ist wahrscheinlich, dass die klarere Formulierung des Art 15 Brüssel-I-VO, welche das EuGVVO ersetzte, übernommen wird.
Der Unternehmer hat die Bestellung des Verbrauchers in dessen Aufenthaltsstaat entgegengenommen. Diese Voraussetzung ist bei bloßer elektronischer Übermittlung eines Online-Bestellformulars an den Rechner des Anbieters nicht erfüllt.
Ist das EVÜ nicht anwendbar – und somit erst auf der dritten Stufe –, besteht nach § 35 IPRG ebenfalls primär die Möglichkeit einer Rechtswahl; ansonsten gilt auch hier subsidiär der Grundsatz der stärksten Beziehung (§ 1 IPRG).
IPRG
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 15. 10. 2002, 4 Ob 174/02w („Boss-Zigaretten”), EvBl 2003/27 = ecolex 2003/27 = RdW 2003/66, ÖBl 2003/10 (Anm Fallenböck): Diese E ist die mittlerweile vierte im fast schon unendlichen Rechtsstreit um die Werbung für BOSS-Zigaretten im Internet. Die Klägerin ist ein deutsches Unternehmen, die Inhaberin der Wortmarke „BOSS” ist (in Österreich seit den 70er Jahren). Die Beklagte erzeugt und vertreibt Tabakwaren unter dieser Marke (und der gleichen Schriftart). In Österreich sind „BOSS”-Zigaretten nur in Dutyfreeshops erhältlich; die Klägerin betreibt jedoch eine – auch in Österreich abrufbare – Website auf der sie diese Zigaretten bewirbt; jedoch einerseits mit dem Hinweis „nicht alle Marken und Markenvarianten sind überall erhältlich” und zusätzlich mit einer Aufzählung der Vertriebsländer (Tschechien, Ungarn, Ukraine, Taiwan). Die Klägerin begehrt, der Beklagten zu untersagen, Zigaretten unter der Marke „BOSS” im Internet zu bewerben und/oder anzubieten. – OGH: Es besteht angesichts der weltweiten Abrufbarkeit des Internets ein berechtigtes Bedürfnis nach Gestaltungsmöglichkeiten, Werbung und Angebote auf bestimmten Websites räumlich einzuschränken. Indizien hiefür sind die verwendete Sprache und sog Disclaimer, dh Hinweise auf der Website, dass das Angebot nur für bestimmte Märkte gelte. Solche Disclaimer dürfen aber nicht durch den sonstigen Inhalt oder das tatsächliche Verhalten des werbenden Unternehmens widerlegt sein, was der OGH aber auf Grund des Verkaufs in österreichischen Dutyfreeshops annimmt. Der Disclaimer konnte also die Ausrichtung der Werbung auch auf österreichische Internetnutzer nicht hindern.
In diesem Bereich ist die Situation für einen Internetanbieter aus zwei Gründen weitaus komplizierter: Zum einen ist das internationale Deliktsrecht weder auf völkerrechtlicher noch auf europäischer Ebene vereinheitlicht, zum anderen knüpft der (daher unmittelbar relevante) IPRG (vgl zB § 48) sowohl am Erfolgs- als auch am Handlungsort an. Nicht nur dass diese bei Internetrechtsverhältnissen schwer zu ermitteln sind, ein weites Verständnis des Erfolgsorts (Erfolgsort als jeder Ort, an dem die verletzenden Daten, zB die betreffende Webpage, abgerufen werden können) im Falle des Internet zu einer potentiell weltweiten Anknüpfung und damit zur Notwendigkeit für den im Internet tätigen Unternehmer, sich an den strengsten Haftungsbestimmungen orientieren zu müssen. Genau diesem Missstand sollte durch das Herkunftslandprinzip der EC-RL/des ECG begegnet werden → Geltungsbereich (§ 1)
Nichtvertragliche (insbesondere deliktsrechtliche) Ansprüche
nach oben
2. Gerichtsstand und internationale Zuständigkeit
Die internationale Zuständigkeit richtet sich im Verhältnis zu andern EU-Staaten (außer Dänemark) nach der EuGVVO /Brüssel-I-VO, welche das EuGVÜ /Brüsseler Übereinkommen ersetzt (nur noch zwischen Dänemark und den anderen EU-Staaten anwendbar). Im Verhältnis zu den EFTA-Staaten richtet sich die internationale Zuständigkeit nach dem (mit dem EuGVÜ im wesentlichen inhaltsgleichen) LGVÜ /Lugano Übereinkommen. Außerhalb des Anwendungsbereiches der obigen Rechtsquellen, etwa im für Internetgeschäfte wesentlichen Verhältnis zu den USA, gilt autonomes österreichisches Recht, dh die Regeln der JN über die örtliche Zuständigkeit, die auch für die internationale Zuständigkeit entsprechend anzuwenden sind.
Rechtsquellen
Primär gibt es auch hier die Möglichkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung, wenn zumindest eine Vertragspartei ihren Wohnsitz innerhalb der EU/EFTA hat, was zu einer ausschließlichen Zuständigkeit der gewählten Gerichte führt (Art 17 EuGVÜ, Art 23 EuGVVO). Eine solche Vereinbarung kann schon nach den Übereinkommen grundsätzlich auch auf elektronischem Wege zustande kommen, was in der EuGVVO nun auch ausdrücklich klargestellt wurde. Alle drei Rechtsquellen schränken die Möglichkeit einer solchen Vereinbarung jedoch zugunsten des Verbrauchers ein (va Zulässigkeit erst nach Entstehen der Streitigkeit oder Vereinbarung bloß eines zusätzlichen Gerichtsstandes; Art 13 f EuGVÜ, Art 17 EuGVVO).
Europäisches Recht (EuGVVO, EuGVÜ, LGVÜ)
Subsidiär gilt als allgemeiner Gerichtsstand der Wohnsitzort oder Niederlassungsort des Beklagten, wenn dieser innerhalb eines Vertragsstaates liegt. Damit konkurrieren (was auch nach der Systematik der EuGVVO so beibehalten wurde) mehrere besondere Gerichtsstände, insbesondere:
Erfüllungsortsgerichtsstand bei vertraglichen Ansprüchen (Art 5 EuGVÜ, näher präzisiert in Art 5 EuGVVO): Der Erfüllungsort selbst ist nach der gem IPR anwendbaren Rechtsordnung zu bestimmen. Bei Internetverträgen führt diese Regelung oft zu einem Gerichtsstand im Staat des Diensteanbieters.
Verbrauchergerichtsstand bei vertraglichen Ansprüchen (Art 13 f EuGVÜ, Art 15 EuGVVO): Die Bestimmungen führen unter denselben Voraussetzungen wie im EVÜ idR zum Gerichtsstand des Verbraucherwohnsitzes. Wie bereits angesprochen, führte die damit verbundene Differenzierung in „aktive” und „passive” Verbraucher gerade im E-Commerce zu erheblichen Anwendungsschwierigkeiten, was ausschlaggebend für die Umformulierung in Art 15 EuGVVO war: Neben der uneingeschränkten Weitergeltung des Verbrauchergerichtsstandes für Teilzahlungskäufe beweglicher Sachen und deren Finanzierungsgeschäfte gilt dieser nunmehr immer dann, wenn der Vertragspartner des Verbrauchers in dessen Wohnsitzstaat eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgend einem Wege auf diesen Mitgliedstaat ausrichtet. Obwohl im Detail nach wie vor manches umstritten ist, wird diese Voraussetzung mit einem Internet-Angebot jedenfalls grundsätzlich erfüllt.
Gerichtsstand bei Ansprüchen aus unerlaubten Handlungen: Zuständig sind hier sowohl die Gerichte des Schadensortes (Art 5 EuGVÜ/EuGVVO) als auch des Handlungsortes (Rspr des EuGH).
Sind die obigen Rechtsquellen auf einen bestimmten Sachverhalt nicht anwendbar – und kommt auch kein bilaterales Abkommen Österreichs mit einem anderen Staat zur Anwendung, so sind die Zuständigkeitsregeln der JN einschlägig. Zwar ist für Verbraucher ist daneben auch § 14 KSchG zu beachten, es gibt jedoch im österreichischen Recht keinen Verbraucherschutz iSe objektiven Anknüpfung an den Verbraucherwohnsitz. Dies führt bei Vertragsschlüssen zB mit US-amerikanischen Unternehmen im Internet zu einer wesentlich nachteiligeren Rechtslage für den Verbraucher, als dies nach den europäischen Rechtsnormen der Fall wäre.
Autonomes österreichisches Recht
zurück C. Verbraucherrecht – Konsumentenschutz
vor E. Zwei Kaufvertragsfälle zur Wiederholung