Kapitel 2 | |
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Der Kauf ( → Kauf
und Tausch)
ist der Prototyp der entgeltlichen Verträge. An ihm lassen sich
daher zahlreiche Fragestellungen dieser Gruppe von Rechtsgeschäften
aufzeigen und behandeln. Er ist zudem, mag er auch verglichen mit
dem Tausch und der Schenkung die jüngste Rechtsentwicklung darstellen, ein
alter und insbesondere wirtschaftlich wichtiger Vertragstypus, was
sich in seinen vielfältigen Erscheinungsformen äußert. – Nach den
Grundgedanken ( → Grundgedanken), wird auf die Frage des Kaufvertragsabschlusses
( →
Abschluss
des Kaufvertrags) eingegangen, zumal dieser manche Überraschung
insoferne bietet, als die rechtliche Lösung keinesfalls immer mit
dem Rechtsgefühl von Laien übereinstimmt. Die Besonderheiten des
Geschäftsverkehrs führten mitunter zu anderen Lösungen. In Pkt III.
wird auf Kaufgegenstand und Kaufpreis, also die essentialia negotii,
eingegangen, worauf in Pkt IV. die Lehre vom Synallagma folgt. Arten
des Kaufvertrags ( → Arten
des Kaufvertrags) und die praktisch wichtigen und zahlreichen
Nebenabreden zum Kauf sind Inhalt von Pkt VI. Das mittlerweile aus
Verbraucherschutzgründen im KSchG 1979 geregelte Abzahlungsgeschäft
( → Das Abzahlungsgeschäft) beschließt, als Sonderform des Kaufs,
die Ausführungen zum Kauf. – Der anschließende Pkt B. behandelt
mit der Lehre von Titel und Modus ein Charakteristikum des österreichischen
Privatrechts. Mit Kauf und Tausch (allein) geht nämlich Eigentum
noch nicht über, wie Laien meinen. Dazu braucht es neben dem schuldrechtlichen
Titelgeschäft (zB Kauf oder Tausch) auch noch die sachenrechtliche Verfügung
des Modus, die rechtlich taugliche Erwerbungsart. Diese Besonderheit
gilt überhaupt für den Erwerb dinglicher Rechte. – Das neu bearbeitete
Verbraucherrecht ( →
Verbraucherrecht – Konsumentenschutz) wird in den Kontext der entgeltlichen
Verträge gestellt, die insbesondere der Kauf repräsentiert. Pkt
D. schliesslich lässt das in diesem Kapitel Dargebotene kurz in
Form von kleinen Fällen Revue passieren. | Überblick |
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1. Warum mit dem
Kauf beginnen? | |
Der Kaufeignet sich ganz besonders
dazu, um ins privatrechtliche Denken einzuführen. Er ist so verbreitet,
dass ihn jede/r aus eigener Erfahrung kennt. Das bedeutet aber –
wie wir sehen werden – nicht, dass man auch rechtlich schon alles
über den Kauf weiß. – Darüber hinaus lassen sich an Hand des Kaufs
wichtige allgemeine Rechtsentwicklungen aufzeigen und grundlegende
funktionale Abläufe des Privatrechts erklären; etwa das Zug-um-Zug-Prinzip
des § 1052 ABGB ( → Spielarten
des Kaufvertrags) oder das Zusammenspiel von Schuld- und
Sachenrechtim Rahmen der Lehre von Titel und Modus ( → Die
Lehre von Titel und Modus
).
Darüber hinaus ist der Kaufvertrag – wie im Vorspann erwähnt – der
Prototyp entgeltlicher Verträge. – Kauf und Lehre von Titel und
Modus bieten auch die Gelegenheit, erstmals auf die dem bürgerlichen
Recht wichtige Unterscheidung in Fahrnis- und Liegenschaftsrecht
mit ihren Besonderheiten einzugehen. – Pkt C stellt im Kontext des
Kaufs kurz das Schutzgesetz KSchG vor. | Prototyp
entgeltlicher Verträge |
Die wirtschaftliche Bedeutung des Kaufvertrags
belegt ua die Zahl der jährlichen Autokäufe: Im Jänner 2001 wurden 30.289
Kraftfahrzeuge neu zugelassen, für das ganze Jahr 2001 etwa 305.000
Pkw-Neuzulassungen registriert. | |
2. Kauf:
entgeltlicher Veräußerungsvertrag | |
Der
Kauf ist das praktisch wichtigste und häufigste Rechtsgeschäft überhaupt.
Wie Tausch und Schenkung ist er rechtlich auf die endgültige rechtliche
Übertragung einer Sache, nämlich des Kaufgegenstands gerichtet;
er bildet mit Tausch und Schenkung die Veräußerungsverträge.
– Kauf und Tausch sind entgeltliche Verträge – dh: einer (entgeltlichen)
Leistung steht eine ebensolche Gegenleistung, dh aber nicht gleichwertige
Leistung, gegenüber! –, die Schenkung ist unentgeltlich. Funktional
steuern alle drei Rechtsinstitute den Eigentumserwerb an Sachen/Leistungsgegenstand
an; also am Kauf- oder Tauschgegenstand oder dem Geschenk. | |
Anders
ist es bei Miete, Pachtoder Leihe, die sog Gebrauchsüberlassungsverträge sind.
Hier erfolgt keine Eigentumsübertragung, obwohl die übergebene Sache
gebraucht werden darf und nach außen hin wie eine eigene verwendet
wird. Vielmehr ist der Vertragsgegenstand am Ende der bedungenen
oder bestimmten Zeit zurückzustellen. Zur sachenrechtlichen Stellung
von Mieter/Pächter oder Entlehner → KAPITEL 3: Rechtsbesitz. | |
3. Historische
Entwicklung | |
Der
Kauf hat sich – vgl das vorangestellte Motto F. Gschnitzers – aus
dem Tauschentwickelt. Gemeinsame Wurzel von Kauf und Tausch ist
– das mag überraschen – die Schenkung. Die historische Entstehung
des Kaufs aus dem Tausch zeigt sich im ABGB noch daran, als dieses,
K. A. v. Martini folgend, den älteren Tausch, noch vor dem – heute
wie damals – wichtigeren Kauf behandelt: §§ 1045 ff ABGB (Tausch),
§§ 1053 ff ABGB (Kauf). § 1066 ABGB ordnet an, auf den Kauf – wo
nötig – die Regeln des Tauschs anzuwenden. | ABGB |
Das jüngere dtBGB(in Kraft getreten: 1900)
regelt schon zuerst den Kauf (§§ 433–513) und daran anschließend
in nur einem Paragraphen (§ 515) den Tausch. § 515 dtBGB lautet:
„Auf den Tausch finden die Vorschriften über den Kauf entsprechende
Anwendung.” – Auch das Schweizer Zivilrecht(Obligationenrecht/
OR von 1911) geht bereits diesen Weg. | DtBGB
und SchwOR |
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Beim Tausch wird „eine Sache gegen eine andere
Sache” (§ 1045 ABGB), beim Kauf dagegen „eine Sache ... [gegen]
eine bestimmte Summe Geldes einem andern überlassen”; § 1053 ABGB. –
Der Kauf, als Unterfall des Tausches, setzt entwicklungsgeschichtlich
bereits ein allgemeines Tausch- und Zahlungsmittel, nämlich Geld,
voraus. | |
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EvBl 1981/39 = JBl
1981, 652: Der Tausch ist ein zweiseitig verbindlicher, entgeltlicher
Konsensualvertrag und wird grundsätzlich formfrei geschlossen. | |
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5. Kauf
und Tausch als Konsensualverträge | |
Konsensualvertrag meint: Beide
Vertragsarten kommen durch bloße Willenseinigung (Konsens) der Vertragsparteien
zustande. Zum gültigen Zustandekommen des Vertrags braucht es nicht
mehr. Der reale Leistungsaustausch – beim Kauf der Austausch von
Kaufgegenstand und -preis – hat keinen Einfluss auf das gültige
Zustandekommen des Kaufvertrags. | |
Man beachte
die Umschreibung in § 1045 ABGB (Tausch) oder § 1053 ABGB (Kauf),
wonach für das Zustandekommen eines gültigen Kauf- oder Tauschabschlusses
die wirkliche Übergabe nicht – wie bei einem Realvertrag → KAPITEL 3: Das
Darlehen als Realvertrag –
nötig ist. | |
| Bedeutung der
Übergabe |
Anordnungen
wie die in den §§ 1045 und 1053 ABGB sind einerseits didaktisch
sinnvoll und machen zudem deutlich, dass das ABGB ein bürgerliches
Gesetzbuch ist, das sich nicht nur an Fachleute richtet. Das wird
heute zu oft nicht bedacht!) – Dadurch wird aber auch der Unterschied
zu den Realverträgen betont, die das ABGB noch kennt. Der legistische
Schritt von Martinis Entwurf (1796) und auch noch dem WGGB1797 zum
ABGBvon 1811 ist ua dadurch gekennzeichnet, dass manch’ instruktives
Beispiel und erklärender Hinweis im Gesetzestext, den Martini für
das Konzept eines Volksgesetzbuchs für sinnvoll
gehalten hatte, von Zeiller gestrichen wurde, was zur Folge hatte,
dass das ABGB zwar textlich unbedeutend gekürzt wurde, aber nicht
mehr jene Volksnähe und Verständlichkeit besaß, die noch das WGGB
ausgezeichnet hatte. – Anders ausgedrückt: Normadressat war
für Martini – anders schon Zeiller – noch das Volk und nicht die
Juristen/der sog Rechtsstab. | |
Ein neuer Anwendungsbereich des Tauschvertrags liegt im
zwischenstaatlichen Handel (insbesondere mit den Ostländern); so
wird etwa zwischen Russland, das Erdgas an die OMV liefert, und
Österreich vereinbart, dass dafür ein anderer österreichischer (Staats)Betrieb
Gegenleistungen in Form von Ölfeldrohren oder Bergwerksanlagen liefert.
Man nennt diese Tauschgeschäfte – „Bartergeschäfte”;
barter = englisch: Tausch / Handel. | |
6.
Gefahrtragung
bei Kauf und Tausch | |
Mit der Frage des Eigentums- oder Besitzübergangs bei Kauf
und Tausch hängt die Frage der Gefahrtragung, des Gefahrübergangs zusammen.
Sie wird in den §§ 1048, 1049 ABGB gemeinsam für Kauf und Tausch
geregelt. | |
§ 1048 ABGB: „Ist eine Zeit bedungen, zu welcher
die Übergabe geschehen soll, und wird in der Zwischenzeit entweder
die vertauschte bestimmte Sache durch Verbot außer Verkehr gesetzt,
oder zufälliger Weise ganz, oder doch über die Hälfte am Werte zu
Grunde gerichtet, so ist der Tausch für nicht geschlossen anzusehen.” | |
§
1049 ABGB: „Andere in dieser Zwischenzeit durch Zufall erfolgte
Verschlimmerungen der Sache und Lasten gehen auf die Rechnung des
Besitzers. Sind jedoch Sachen in Pausch und Bogen behandelt worden;
so trägt der Übernehmer den zufälligen Untergang einzelner Stücke,
wenn anders hierdurch das Ganze nicht über die Hälfte am Werte verändert
worden ist.” | |
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Die Begriffe Gefahrtragung und Gefahrübergang sind
aber nicht nur bei Kauf- und Tauschverträgen von Bedeutung. – Inhaltlich
wird darunter folgendes verstanden: Wer – Verkäufer oder Käufer
– trägt für die Zeit zwischen Kauf- oder Tauschvertragsabschluss
und dem vereinbarten Erfüllungszeitpunkt den Nachteil, der daraus
entsteht, dass der Leistungsgegenstand untergeht (also bspw physisch
vernichtet wird; zB vom Auto bleibt nur ein Schrotthaufen übrig)
oder doch beschädigt wird und das Erbringen der vereinbarten Leistung
daher entweder überhaupt nicht mehr möglich ist oder doch nicht
mehr so wie vereinbart. | Gefahrübergang |
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Kurz lässt sich sagen:
Wurde ein Leistungszeitpunkt vereinbart, trägt bis zur vereinbarten
Übergabszeit der Veräußerer die Gefahr; danach der Erwerber. | Merkregel |
Beachte und interpretiere in den §§ 1048, 1049
ABGB die Formulierungen „in der Zwischenzeit” und „in dieser Zwischenzeit”.
– Die Anordnung in § 1048 ABGB, dass der Tausch und Kauf unter den
genannten Voraussetzungen „für nicht geschlossen anzusehen” ist,
bedeutet im Hinblick auf die Gefahrtragung, dass sie zB der Verkäufer
zu tragen hat. Das gilt aber nur für die Zeit bis zum vereinbarten
Übergabszeitpunkt. Danach liegt Annahmeverzug vor und damit geht
die Gefahr auf den Käufer über → KAPITEL 7: Entscheidungsbeispiele
zum Verzug. | |
§ 1049 Satz 2 ABGB trifft im Hinblick
auf den sog Kauf in Pausch und Bogen (§ 1276 ABGB: Hoffnungskauf;
§ 930 ABGB: Gewährleistung) eine Sonderregelung hinsichtlich der
Gefahrtragung. – Beachte: Zwischen § 1049 Satz 2 und § 1276 ABGB
besteht eine sog Antinomie, also ein Normwiderspruch. | Kauf
in Pausch und Bogen |
II.
Abschluss
des Kaufvertrags | |
1. Der perfekte
Kaufvertrag | |
Einigen
sich die Kaufvertragsparteien über Gegenstand und Preis des Kaufs,
ist der Vertrag gültig zustande gekommen. Wir sprechen
dann von einem perfekten Kauf, was nichts anderes
heißt, als dass der Kaufvertrag zwar schon (gültig) geschlossen,
der Leistungsaustausch / die Erfüllung aber noch nicht erfolgt ist.
– Abschluss und Erfüllung eines Vertrags sind eben zweierlei. | |
2. Rechtsfolgen
des perfekten Kaufvertrags | |
Der perfekte Kaufvertrag verschafft dem Käufer noch nicht Eigentum.
Ebenso wenig bewirkt die Kaufpreiszahlung (allein)
den Eigentumsübergang vom Verkäufer auf den Käufer. | |
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Der perfekte Kaufvertrag erzeugt vielmehr zwischen den Vertragsparteien
(nur) eine schuldrechtliche / obligatorische Verpflichtung, gerichtet
auf Vertragserfüllung, also etwa auf Übergabe des Kaufgegenstands;
nicht aber schon eine Änderung der sachenrechtlichen Zuordnung an
ihm. Diese wird vielmehr grundsätzlich erst durch die (zB körperliche)
Übergabe für bewegliche und die Verbücherung für unbewegliche Sachen
erreicht. | Schuldrechtliche
Verpflichtung |
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Trotz Kaufvertragsabschlusses bleibt der Verkäufer also
weiterhin Eigentümer und erst die Übergabe oder die Verbücherung
lässt das Eigentum vom Verkäufer auf den Käufer übergehen. – Ein
Käufer darf sich daher den Kaufgegenstand nicht eigenmächtig holen.
Das wäre Besitzstörung und uU auch strafrechtlich ahndbar! | Sachenrechtliche
Verfügung |
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3. Einigung
über Nebenpunkte? | |
Ein gültiger Kaufvertragsabschluss setzt den Konsens der
Vertragsparteien über Kaufgegenstand und Kaufpreis, also die wesentlichen
Vertragspunkte/essentialia negotii, voraus; dazu mehr in → Kaufgegenstand
und Kaufpreis
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Für
die Annahme eines gültigen Kaufvertragsabschlusses ist es daher
– was oft verkannt wird – belanglos, wenn die Kaufvertragsparteien
keine Vereinbarung über die Erfüllungszeit, den Erfüllungsort oder andere
Nebenpunkte, wie die Vertragserrichtungskosten, Zahlungsmodalitäten, eine
Wertsicherung | Grundregel |
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Die Gültigkeit eines Kaufabschlusses wird
also nicht dadurch beeinträchtigt, dass die Parteien solche Nebenpunkte gar
nicht besprochen und daher auch nicht geregelt haben. | |
Davon zu unterscheiden
ist aber die folgende Konstellation: Obwohl es – wie wir eben gehört haben
– für das Zustandekommen eines Kaufs nicht notwendig ist, dass die
Parteien zB die Vertragserrichtungskosten regeln oder überhaupt
ansprechen, verhindert es das gültige Zustandekommen des Vertrags,
wenn dieser oder ein anderer Nebenpunkt zwar erörtert,
aber einer späteren Einigung vorbehalten wird.
Es fehlt dann am (vollständigen) Konsens und dieser ist für das
Zustandekommen des Vertrags unverzichtbar. | Ausnahme |
Rspr-Beispiele
für das Zustandekommen von Kaufverträgen: | |
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Müssen
Nebenpflichten vereinbart werden? – JBl 1966, 142: Auch
wenn Nebenpunkte (zB Steuern oder Vertragserrichtungskosten) von
den Parteien nicht geregelt wurden, kommt ein gültiger Kaufvertrag zustande. | |
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JBl 1978, 424:
Dies gilt jedoch dann nicht, wenn solche Nebenpunkte bei
Vertragsverhandlungen erörtert und eine Vereinbarung über
offengebliebene – wenn auch unwesentliche – Punkte (einer späteren Vereinbarung)
vorbehalten wurde; ebenso SZ 44/73 (1971). | |
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4. Der
Kauf ist „formfrei” gültig | |
Kaufverträge unterliegen grundsätzlich keiner
Formpflicht undkönnen demnach sowohl mündlich wie
schriftlich abgeschlossen werden. Es bestehen aber Ausnahmen von
der Formfreiheit: | |
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Das
ABGB verlangt nicht einmal für den Abschluss von Liegenschaftskäufen
eine Form. Auch ein Liegenschaftskaufvertrag mit einem Kaufpreis
von vielen Millionen Euro wird mündlich gültig geschlossen! Natürlich
können die Vertragsparteien auch hier die Schriftform vereinbaren,
und in der Praxis geschieht dies auch häufig; § 884 ABGB. – Vgl
aber zB → KAPITEL 15: Das
Bauträgervertragsgesetz / BTVG. | Keine Form für Liegenschaftskäufe |
Eine Art nachträglicher Formpflicht besteht aber insofern,
als ein mündlich gültig – dh verbindlich – geschlossener Liegenschaftskauf
für die Eintragung ins Grundbuch (und dem erst damit verbundenen
Eigentumserwerb) nachträglich schriftlich ausgefertigt werden muss.
Das Grundbuchsverfahren als reines Aktenverfahren braucht nämlich
ein entsprechendes Schriftstück. Dieses „nachträgliche” Schriftlichkeitsgebot
für die Intabulation ändert aber nichts an der Gültigkeit bloß mündlich
geschlossener Liegenschaftskäufe. | Nachträgliche
Formpflicht |
Die Rspr kommt der Rechtsdurchsetzung bloß mündlich (gültig)
geschlossener Kaufverträge entgegen; vgl die idF wiedergegebenen
En, etwa SZ 36/76. – Die vom Grundbuchsrecht nachträglich geforderte
Verschriftlichung/Vertragsbeurkundung stellt auch kein eigenes,
vom mündlich erfolgten Vertragsschluss unabhängiges Rechtsgeschäft
dar, sondern ist bloße Erfüllungshandlung des mündlich (gültig)
geschlossenen Vertrags. Der mündlich geschlossene Liegenschaftskaufvertrag
verpflichtet also bereits beide Vertragsparteien. Das ist insofern
von Bedeutung, als die schriftliche Vertragsausfertigung sich inhaltlich
nicht vom mündlich geschlossenen unterscheiden darf; es sei denn,
die Änderung wäre wiederum von beidenParteien vereinbart
worden! In abweichenden späteren Formulierungen liegt eine Gefahren-
und Manipulationsquelle, auf die in der Praxis zu achten ist. –
Natürlich gilt das Gleiche, wenn schon der erste Vertrag schriftlich geschlossen
wurde (zB als Vor- oder Anwartschaftsvertrag), aber für die Verbücherung
ein weiterer – verbücherungsfähiger – Kaufvertrag errichtet wird.
Weicht die spätere Vertragsausfertigung vom ursprünglichen Vertragsinhalt
ab, kann Berichtigung begehrt werden. – Pacta sunt servanda! | |
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OGH 29.
5. 2001, 4 Ob 118/01h, JBl 2002, 112: Die Parteien eines Liegenschaftskaufs
vereinbaren die Übernahme von Gemeindeabgaben durch den
Käufer. Der vertragsgestaltende Rechtsanwalt wird davon
aber nicht in Kenntnis gesetzt und berücksichtigt daher in der schriftlichen
Ausfertigung des Kaufvertrags diese Vereinbarung nicht. – OGH: Mündliche
Parteienvereinbarung geht nach § 914 ABGB der schriftlichen
Vertragsausfertigung vor. (Didaktisch interessante E, die
auch der Formfreiheit des Liegenschaftskaufs Rechnung trägt). | |
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Zur allenfalls nötigen Rechtsdurchsetzung mündlich gültig geschlossener Liegenschaftskäufe: | |
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JBl 1964, 501:
Zwar ist für die Einverleibung (= Eintragung ins Grundbuch) eine
verbücherungsfähige Urkunde nötig, aber aus dem formlos
geschlossenen Liegenschaftskauf kann schon auf die Errichtung dieser
Urkunde oder (!) gleich auf Verbücherung geklagt
werden. | |
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SZ 36/76 (1963):
„ ... Ist ein Liegenschaftskauf perfekt, muss nicht [erst] auf Unterfertigung
des Kaufvertrags geklagt werden; es genügt das Begehren
auf Einwilligung in die Verbücherung.” | |
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OGH 28.5.1999,
6 Ob 71/99f: Zulässig ist ein Klagebegehren, wonach
der beklagte Verkäufer verpflichtet ist, den Kaufpreis für eine
Liegenschaft nur für den Fall zurückzuzahlen, wenn er der Verbücherung
des Käufers / Klägers nicht zustimmt; jedoch Achtung wegen Berufungs-
/ Rekursfrist (uU nur zwei Wochen)! | |
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Anders als das ABGB verlangen
etwa das Schweizer Privatrecht (Art 216 OR) und
das dtBGB (§ 873 Abs 2) für Liegenschaftskäufe
eine Form. | SchwOR
und dtBGB |
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Form kann zum Beispiel
sein: Einfache oder qualifizierte Schriftform oder öffentliche Beurkundung
durch Gericht oder Notariatsakt; dazu → KAPITEL 15: Verschiedene
Fragen der Schriftform. | |
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5. Kauf und Eigentumserwerb | |
Wir
haben gehört, dass auch der perfekt geschlossene Kaufvertrag, Eigentum
nicht überträgt. Dazu bedarf es (nach der Lehre von Titel und Modus)
der Übergabe beweglicher Sachen und der Verbücherung von Liegenschaften;
dazu → Das
Grundbuch. Aber auch die Kaufpreiszahlung allein überträgt
ohne gleichzeitige Sachübergabe/ traditio kein Eigentum. – Umgekehrt
geht Eigentum aber über, wenn der Kaufgegenstand vereinbarungsgemäß,
„ohne das Kaufgeld zu erhalten”, übergeben wird; Borg- oder Kreditkauf
iSd § 1063 ABGB → Kreditkauf. | |
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Kauf und Eigentumsübergang folg(t)en in der Rechtsgeschichte
und in anderen Rechtsordnungen unterschiedlichen Regeln. Schon das römische
Zwölftafelgesetz (Tafel VIII 11) bestimmte – griechischen
Vorbildern folgend, dass an verkauften und übergebenen Sachen vom
Käufer erst dann Eigentum erworben wird, wenn dieser dem Verkäufer
den Preis bezahlt oder ihn auf andere Weise befriedigt hat; zB durch
Schuldübernahme eines Dritten. Das war neben dem griechischen,
auch im babylonischen und altägyptischen
Recht so,
was vermuten lässt, dass schon das antike griechische Recht Anleihen
bei diesen Rechten gemacht hat. – Zu den Lösungen des dtBGB und
des frCC → Die
rechtliche Erwerbungsart: Modus traditio
| Kauf und Eigentumsübergang
in der Rechtsgeschichte und heute |
III. Kaufgegenstand
und Kaufpreis | |
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Gegenstand
des Kaufs sind – das gleiche gilt für den Tausch – Sachen iSd
§ 285 ABGB. | |
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Gekauft
werden können danach: – Bewegliche (zB ein Auto)
und unbewegliche Sachen: etwa eine Liegenschaft
mit oder ohne Gebäude, eine Eigentumswohnung, aber auch ein Miteigentumsanteil an
einem Haus → KAPITEL 8: Schlichtes
oder ideelles Miteigentum; – körperliche (zB Energien)
und unkörperliche Sachen. Zu den unkörperlichen Sachen gehören insbesondere
Rechte, und zwar absolute (zB Patent- oder Markenrechte) wie relative
Rechte (Forderungen), etwa Unternehmensanteile einer Aktiengesellschaft.
Auch ein Unternehmen (als Ganzes) kann Gegenstand
eines (einheitlichen) Kaufvertrags sein, obwohl es uU aus vielen
verschiedenen „Komponenten” besteht; etwa Liegenschaften, Gebäuden,
Maschinen, Rohstoffen, gelagerten Produkten / Waren, Fuhrpark und
insbesondere dem technischen und kaufmännischen Know-How usw. Zum
Eigentumserwerb beim Liegenschaftskauf und überhaupt zum Liegenschaftszubehör
iSd §§ 296, 297 ABGB → KAPITEL 8: Zugehör
¿ Rechtliche Zusammengehörigkeit von Sachen; sog Sachverbindungen. | |
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Obwohl Unternehmen ( → KAPITEL 8: Gesamtsachen)
durch einen einheitlichen Rechtsakt ge- und verkauft werden können,
erfolgt der Eigentumserwerb an den einzelnen Unternehmensbestandteilen
nicht durch einen einheitlichen (Rechts)Akt, sondern aufgespalten,
wenngleich idR zusammengefasst in einem einheitlichen Vertrag: Die
Liegenschaften sind zu verbüchern (und erst dadurch
wird Eigentum übertragen und erworben! Besitz und Gefahr werden aber
auch an Liegenschaften häufig „außerbücherlich”, nämlich durch einen
entsprechenden Passus im Vertrag übertragen), bewegliche Sachen
zu übergeben (§§ 426 ff ABGB: Übergabe durch Erklärung
iSd § 428 ABGB ist jedoch möglich! →
Übergabe
durch Erklärung),
Forderungen müssen abgetreten / zediert ( → KAPITEL 14: Zession,
Gläubigerwechsel, Forderungsübergang), Schulden
übernommen (
→ KAPITEL 14: Der
Schuldnerwechsel)
werden und sie werden erst durch diese spezifischen Rechtsakte auf
den neuen Gläubiger / Schuldner übertragen. Bestehende Arbeitsverträge
werden durch Vertragsübernahme ( → KAPITEL 14: Die
Vertragsübernahme)
auf den Erwerber übertragen. – Daran zeigt sich, dass Schuld- und
Sachenrecht unterschiedliche Wege gehen. | |
Gegenstand
des Kaufs sind auch (selbständig) noch gar nicht existierende, also
künftige (§ 1065 iVm §§ 1275 f ABGB), aber auch fremde Sachen;
etwa noch nicht geernteter/s Wein, Obst oder Gemüse, Tiere eines
künftigen Wurfs, noch nicht erlegte Jagdbeute /Wildbret. – Oder:
Ein Verkäufer muss sich die verkauften Sachen selbst erst besorgen,
weil sie ihm noch nicht gehören. (In einer derartigen Vereinbarung
liegt idR eine Bedingung → KAPITEL 13: Die
Bedingung).
Zum Hoffnungskauf der §§ 1275 f ABGB →
Hoffnungskauf. | Künftige und
fremde Sachen |
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SZ 44/89 (1971):
Was ist Gegenstand des Kaufs? „ ... [Kaufgegenstand] können alle
vom Rechtsverkehr nicht ausgenommenen körperlichen und unkörperlichen
Sachen sein, insbesondere auch alle Rechte.” | |
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EvBl 1962/452:
Gegenstand des Kaufs können auch fremde Sachen sein; zB ein (Auto)Händler
verkauft einen Pkw, den er selbst erst besorgen muss. | |
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 | Abbildung 2.1: Kaufgegenstand und Kaufpreis |
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 | Abbildung 2.2: Was gilt heute als Geld? – Mögliche Zahlungsarten |
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| Gegenstand des Kaufs
sind Sachen |
Zu Zeiten des römischen Rechts – und zwar
auch noch in christlicher Zeit – war das anders: Sklaven/innen konnten ge-
und verkauft, verschenkt oder verpfändet werden, ja sogar Säuglinge
freier armer Leute; vgl etwa die Konstitution von Kaiser Konstantin
I aus dem Jahr 329: Cod Just 4, 43, 2. – Auch der Sprachgebrauch
ist zum Teil heute noch ein anderer: Im Fußball wird bspw von Spielerkäufen
und –verkäufen gesprochen. | |
Alles was Person ist und zu
ihr gehört, kann nicht Gegenstand eines Kaufvertrags sein; zB menschliche Organe:
§ 62a Abs 4 KAG → KAPITEL 8: Zur
Abgrenzung Person <-> Sache. Auch die menschliche Arbeitsleistung /
Arbeitskraft ist keine Ware / Sache und daher nicht Kaufgegenstand.
§ 303 ABGB zählt aber „Dienstleistungen, Hand- und Kopfarbeiten”
zu den schätzbaren Sachen → KAPITEL 8: Schätzbare
und unschätzbare Sachen).
– Die Unterscheidung zwischen Person und Sache ist nicht immer einfach.
Man denke an künstliche Organe oder Organteile oder Gliedmaßen oder
auch nur an eine Zahnprothese. | Menschliche
Arbeitsleistung – Organe |
Man tendiert heute dazu, den privatrechtlichen
und strafrechtlichen Schutz so auszudehnen, als handle es sich dabei um
verletzte Körperteile; auch das Ausschlagen eines künstlichen Zahnes
stellt demnach eine (schwere) Körperverletzung dar. Auf der anderen
Seite löst das nicht alle Probleme. Passt die Zahnprothese nicht,
braucht es uU Gewährleistungsansprüche des Patienten gegen den Zahnarzt.
Dann wird die Prothese in dieser Beziehung doch wieder als Sache
behandelt und es gelten die Gewährleistungsvorschriften ( → KAPITEL 7: Gewährleistung
als ¿Schlecht-Erfüllung¿)
für Werkverträge. Zu denken ist aber auch an die Lebendspende eines
Organs (Explantation), wobei menschliche Organe– zB für die Zeit zwischen
Ex- und neuerlicher Implantation – doch wieder wie Sachen behandelt
werden, wenngleich sie kraft besonderer gesetzlicher Vorschrift
nicht ge- und verkauft werden können. Mit der Implantation geht
der transitorische Sachcharakter aber wieder verloren. | |
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Wird der Kauf- oder Hauptgegenstand eines
Vertrags nachträglich umgeändert, tritt zB an Stelle des ursprünglich vereinbarten
Kaufs einer unbebauten Liegenschaft eine Eigentumswohnung, liegt
Novation vor → KAPITEL 7: Novation
oder Neuerungsvertrag. | |
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§ 1053 ABGB verlangt, dass der
Kaufpreis in „einer bestimmten Summe Geldes” bestehen muss. Mit
„bestimmt” ist gemeint, dass der Kaufpreis nicht
völlig unbestimmt sein darf. An die Bestimmtheit werden aber von
der Praxis keine allzu strengen Erfordernisse gestellt; vielmehr genügt
es, wenn der Kaufpreis wenigstens bestimmbar ist:
Der Preis ist danach genügend bestimmt, wenn er nach den Umständen
bestimmbar ist, was angenommen wird, wenn zwar der Preis nicht aus
der Vereinbarung selbst, aber nach anderen Kriterien bestimmt werden
kann; zB Markt?, Börsen- oder Schätzpreis, ortsüblicher oder Ladenpreis
usw. – Mitunter vereinbaren die Kaufvertragsparteien aber gar nichts.
In solchen Fällen wird den Parteien die Vereinbarung eines orts-
oder verkehrsüblichen Preises unterstellt; vgl dazu die Vertragsauslegungsregel
des § 914 ABGB: Übung des redlichen Verkehrs oder § 346 HGB: Gewohnheiten
und Gebräuche des Handelsverkehrs (unter Kaufleuten). | Bestimmt
oder doch bestimmbar |
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SZ 53/104 (1980):
Für eine gültige Preisvereinbarung muss der Preis zumindest „bestimmbar”
sein, also etwa durch den Laden-, kundenüblichen oder den Marktpreis;
EvBl 1968/156: Wer im Laden etwas kauft, ohne nach dem Preis zu
fragen, hat den zur Zeit geltenden Ladenpreis zu
zahlen. Zum Fall: Ein Kaufpreis ist bestimmbar, wenn auf die Selbstkosten
des Verkäufers abgestellt wird. Wurde beim Kauf eines erst fertigzustellenden
Baus ein Cirkakaufpreis vereinbart, muss der Käufer
eine der allgemeinen Entwicklung der Baukosten entsprechende – allenfalls
auch nicht unbedeutende – Preissteigerung hinnehmen. | |
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OGH 12. 3. 2002,
5 Ob 63/02d, EvBl 2002/149: Käuferin einer Liegenschaft erwirbt
von zwei außerbücherlichen Miteigentümern und versucht die bei Abweichung
von § 21 GBG nach § 22 GBG notwendige geschlossene Kette von Urkunden
nachzuweisen. – OGH verneint aber die Eignung des konkreten Kaufvertrags
als gültigen Rechtsgrund (§§ 26 Abs 2 iVm 35 GBG) weil eine Kaufpreisbestimmung
im schriftlichen Kaufvertrag ebenso fehlt, wie eine Bestimmung der
Anteile der verkaufenden Miteigentümer. – OGH geht nicht auf den
offenbar vorgeschaltenen mündlichen Kaufvertrag ein und lässt offen,
ob nicht durch diesen eine Preisbestimmung erfolgt ist; gleiches
gilt für die Bestimmung der Miteigentumsanteile der Verkäufer. | |
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Die §§
1056 ff ABGB handeln von besonderen Preisbestimmungsmodalitäten:
So sieht § 1056 ABGB die Möglichkeit vor, dass die Kaufvertragsparteien
die Preisfestlegung einer dritten Person überlassen.
Das kann auch ein Schiedsgutachter sein; vgl SZ 69/168 (1996) mwH.
In einem solchen Fall unterliegt, ebenso wie wenn eine Vertragspartei die
Preisbestimmung vornimmt, die Preisfestlegung einer nachträglichen
richterlichen Kontrolle. Geprüft wird dabei – unter Heranziehung
des § 879 ABGB –, ob die Leistungsbestimmung augenscheinlich unrichtig
oder offenbar unbillig war. Die Parteien können aber in ihrer Vereinbarung
noch weiter gehen und bestimmten, dass die Leistungsbestimmung in
jeder Richtung geprüft werden kann. | Preisbestimmungsmodalitäten |
Eine praktische Rolle gespielt hat § 1056 ABGB
bspw im Wohnbau, wo sich gemeinnützige Bauträger (auf fragwürdige
Weise) vom Käufer die endgültige Preisbestimmung durch einen (ihnen
nahestehenden) Fachmann – zB einen Architekten – einräumen ließen. | |
Von
geringer praktischer Bedeutung ist § 1057 ABGB (Preisbestimmung
durch mehrere Personen), während § 1058 Satz 1 ABGB die gesetzliche
Grundlage für limitierte Vorkaufsrechte bietet →
limitiertes VKR. | |
Für Kaufleute gelten
(allgemein und auch für die Entgeltvereinbarung) gewisse Sonderregeln;
so enthält § 354 HGB eine Entgeltsvermutung, die nicht nur für Kaufverträge
gilt. Das Gesetz nennt: Geschäftsbesorgung, Dienstleistung, Aufbewahrung,
Darlehen, Vorschüsse, Auslagen und andere Verwendungen. Das heißt:
ein Kaufmann kann für alles, was er tut, auch ohne ausdrückliche
oder schlüssige Vereinbarung/Erwähnung, ein Entgelt verlangen. Kaufleute
tun nichts umsonst; vgl das folgende Beispiel!? | |
|
OGH 15.1.1985,
4 Ob 504/85; RdW 1985, 245: Die Verwaltung eines Hauses durch einen
Miteigentümer, der zugleich Kaufmann ist, unterliegt der Entgeltsvermutung
des § 354 Abs 1 HGB. Diese E ist allerdings zu hinterfragen: arg
„… seines Handelsgewerbes”! Bereits die Wortinterpretation
führt zu einem anderen Ergebnis. | |
|
|
§ 354 HGB | |
(1) Wer in Ausübung seines Handelsgewerbes einem
anderen Geschäfte besorgt oder Dienste leistet, kann dafür auch
ohne Verabredung Provision und, wenn es sich um Aufbewahrung handelt,
Lagergeld nach den an dem Orte üblichen Sätzen fordern. | |
(2) Für Darlehen, Vorschüsse, Auslagen und andere
Verwendungen kann er vom Tage der Leistung an Zinsen berechnen.” | |
|
Auch im ABGB wird
Unentgeltlichkeit nicht vermutet; vgl § 1152 ABGB
(Dienst- und Werkvertrag) oder § 915, 1. HalbS
(Schenkung). – Anders zum Teil das KSchG: Zur Unentgeltlichkeitsvermutung
bei Kostenvoranschlägen nach § 5 KSchG → Kostenvoranschläge
(§ 5)
| |
Unter
Geld wird heute nicht nur staatliches Währungsgeld verstanden, sondern
auch Geldsurrogate wie Wechsel, Scheck und Kreditkarte.
Ein Annahmezwang besteht allerdings nur für Geld ieS;
dh die staatlich anerkannte Währung! Gezahlt wird aber nicht nur
bar, sondern häufig mittels (Bank)Überweisung; sog bargeldloser
Zahlungsverkehr. Wird auf Geschäftspapieren die Kontonummer angeführt,
gilt dies als schlüssiges Einverständnis dazu, den Kaufpreis bargeldlos
überweisen zu dürfen; § 863 ABGB → KAPITEL 5: Arten
von Willenserklärungen: § 863 ABGB.. | |
Mögliche Zahlungsarten– Was gilt heute als „Geld”?
| |
• Bargeld | | • Banküberweisung | | • Kreditkarte | | • Scheck | | • Wechsel | | • Chip-Karte | | • Zahlung durch Aufrechnung, zB Kontokorrent | | • Kundenkarte | | • Telefon(wert)karte | | • Zession etc | |
| |
Gesetzlicher
Annahmezwang besteht aber nur für staatliches Geld und
zwar nur für die jeweilige Landeswährung, dh nunmehr den EURO | Annahmezwang |
Ab dem 1. März 2002 ist der Euro alleiniges
gesetzliches Zahlungsmittel. Der Schilling hat seine Gültigkeit
verloren. | |
Von Oktober 2001 bis Ende Februar 2002 bestand
nach dem Euro-WährungsangabenG 2000 (EWAG) die Pflicht zu doppelter
Preisauszeichnung, um die Währungsumstellung zu erleichtern. Das
Gesetz enthielt auch Umrechnungsbestimmungen / Rundungen. | |
Nur
wenn die Preisbestimmung völlig unbestimmt bleibt,
kommt kein gültiger Kaufvertrag zustande. – Im Zweifel enthält der
Kaufpreis auch die Mehrwertsteuer; das gilt sowohl
für Verbraucher wie Kaufleute! | |
Vgl dazu
den Leitsatz von SZ 48/30 (1975): „Wenn im Kaufvertrag nicht ausdrücklich
vereinbart wurde, dass die Mehrwertsteuer zum Kaufpreis hinzukomme
[sog Nettopreisvereinbarung], ist der Käufer, wenn sich nicht ein abweichender
Handelsbrauch in der bestimmten Branche entwickelt hat, nicht verpflichtet,
die Mehrwertsteuer zusätzlich zum vereinbarten Kaufpreis zu zahlen.” | Mehrwertsteuer |
Sofern nicht Vereinbarung
und Übung entgegenstehen, sind Verkäufer und Käufer verpflichtet,
ihre Leistungen gleichzeitig – Zug um Zug iSd §
1052 ABGB – zu erfüllen; vgl die ausdrückliche Anordnung in Art
184 Abs 2 OR, aber auch § 1052 iVm § 1062 ABGB ( → Zug
um Zug-Leistung):
„ ... zugleich aber auch das Kaufgeld bar abzuführen; ...”. | |
Der Kaufpreis
kann auch gesetzlich oder kraft Vereinbarung der Höhe nach geregelt
sein. So kennt der Buchhandel die Preisbindung an den vom Verlag
empfohlenen / vorgegebenen Preis; und das KartellG verbietet seit
dem 1.1.2000 im Handel einen Verkauf unter dem sog Einstandspreis,
womit unfairer Verdrängungswettbewerb bekämpft werden soll. | Gesetzliche Bestimmung |
IV. Gegenseitige
Pflichten aus dem Kaufvertrag – Das Synallagma | |
Im
Kaufvertrag verpflichtet sich der Verkäufer dem Käufer gegenüber,
den Kaufgegenstand zu übergeben und ihm Eigentum daran zu verschaffen;
vgl § 1061 iVm § 1047 ABGB. (Wie erwähnt, verschafft der Abschluss
des Kaufvertrags allein aber ebenso wenig Eigentum, wie die Zahlung
des Kaufpreises ohne Sachübergabe.) – Der Käufer verpflichtet sich
vice versa, dem Verkäufer gegenüber, den Kaufpreis zu entrichten.
Die Pflichten von Verkäufer und Käufer sind insofern gegenseitig
verschränkt (Gegenseitigkeitsverhältnis / Synallagma),
als sie nur gemeinsam entstehen und – in der Folge – nur gemeinsam
bestehen bleiben (können) und darüber hinaus auch der konkrete Leistungsaustausch
in einem Zug um Zug-Austauschverhältnis steht; vgl die Formulierung
in § 1047 ABGB: | |
• „ ... zum freien
Besitz zu übergeben und zu übernehmen” | |
•
sowie in § 1052 ABGB: „Wer auf die Übergabe
dringen will, muss seine Verbindlichkeit erfüllt haben oder sie
zu erfüllen bereit sein. …” | |
Arten
des SynallagmaDiese gegenseitige Verknüpfung der Leistungen bei
der Rechtsentstehung (genetisches S.) und in der
Folge beim Weiterbestand (
konditionales
S.) und der Erfüllung (funktionales S.)
bei entgeltlichen Verträgen wird Synallagma genannt. | |
 | Abbildung 2.3: Kauf – gegenseitige Rechte und Pflichten |
|
Das Gesetz (§ 1062 ABGB) verpflichtet den
Käufer aber nicht nur zu barer Kaufpreiszahlung, sondern auch dazu,
„die Sache sogleich, oder zur bedungenen Zeit zu übernehmen”. –
Trotz dieser klaren gesetzlichen Anordnung nimmt die hM grundsätzlich
aber keine (rechtlich, dh prozessual durchsetzbare)
Abnahmepflicht des
Käufers an. Man sagt: Der Gläubiger habe zwar ein Recht auf die
Leistung, nicht aber die Pflicht, diese – real (!) – abzunehmen.
Der Verkäufer – als Schuldner der Sachleistung/des Kaufgegenstands
– kann daher die Abnahme seiner geschuldeten Leistung klagsmäßig
nicht erzwingen. Nur wenn der Schuldner ein besonderes Interesse
an der Abnahme seiner Leistung hat, wird eine rechtlich durchsetzbare
Abnahmepflicht angenommen. | Abnahmepflicht
des Käufers? |
Der Käufer – als Gläubiger der Sachleistung – gerät allerdings
in Annahme- oder Gläubigerverzug, wenn er die ihm vom Schuldner
ordnungsgemäß angebotene Leistung nicht abnimmt → KAPITEL 7: Gläubiger-
oder Annahmeverzug. | |
1. Haupt-
und Nebenpflichten beim Kaufvertrag | |
Die
Übergabe des Kaufgegenstandes (durch den Verkäufer) / Sachverschaffung
und die Bezahlung des Kaufpreises (durch den Käufer) bezeichnet
man als Haupt(leistungs)pflichten des
Kaufvertrags. | |
Davon unterschieden
werden die Neben(leistungs)pflichten,
etwa gegenseitige Schutz-, Sorgfalts- und Aufklärungspflichten;
zB eine Produktanleitung / Gebrauchsanweisung zu liefern (vgl etwa den
sog Beipackzettel bei Medikamenten) oder das mit dem rechtsgeschäftlichen
Kontakt erlangte Wissen für sich zu behalten; Schweigepflichten. | |
 | |
Der Sinn von Neben(leistungs)pflichten
liegt darin, Schaden und Nachteile des Vertragspartners möglichst
zu vermeiden, die durch Unwissenheit und mangelnde Erfahrung leicht
entstehen können. – Nebenleistungspflichten entspringen aber auch
einer besonderen Interessenlage des Vertragspartners / Käufers,
der zB für steuerliche Zwecke noch im alten Jahr eine korrekte Rechnung benötigt. | Sinn
von Neben(leistungs)pflichten |
Neben(leistungs)pflichten
entstehen und bestehen nicht nur ausdrücklich aus Gesetz oder Vertrag, sondern
auch – ohne explizite Regelung – aus Treu und Glauben.
Eingang in die konkrete Vertragsbeziehung finden solche Pflichten
etwa über § 914 ABGB: | Neben(leistungs)pflichten: aus
Gesetz, Vertrag oder nach Treu und Glauben |
„Bei Auslegung von Verträgen ist nicht an
dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der
Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der
Übung des redlichen Verkehrs entspricht.” | |
Als gesetzliche Stütze dient dabei immer wieder
auch § 918 ABGB: Erfüllung „auf die bedungene Weise”. | §
918 ABGB |
Auch wer Neben(leistungs)pflichten
nicht (korrekt) erfüllt, gerät uU mit seiner vertraglich geschuldeten
Leistungspflicht in (Schuldner)Verzug, was den Vertragspartner (Gläubiger)
zum Rücktritt berechtigen kann; vgl § 918 ABGB ( → KAPITEL 7: Zum
gesetzlichen Rücktrittsrecht des § 918 ABGB),
wo auch auf die sog positiven Vertragsverletzungen kurz eingegangen
wird. – Auch die Verletzung von Nebenpflichten kann demnach eine
Leistungsstörung darstellen. | Verletzung
von Nebenpflichten (als Leistungsstörung) |
|
SZ 2/12 (1920):
Berechtigter Rücktritt eines Mostverkäufers von
der noch nicht erbrachten Lieferung, weil der vorleistungspflichtige
Käufer – er hätte die für die Lieferung nötigen Fässer / Gebinde
liefern sollen – diese nicht beistellt. | |
|
|
SZ 54/179 (1981):
Der Verkäufer einer Sache (hier eines Alu-Schwimmbeckens)
darf annehmen, dass der Käufer mit der Vornahme der erforderlichen
Montagearbeiten einen befugten Gewerbsmann betrauen wird. | |
|
Haupt- und
Nebenpflichten entstehen aber nicht nur beim Kaufvertrag; eine wichtige
Neben(leistungs)pflicht der Kreditinstituteaus
Geschäftsverbindungen (zB Darlehen, Kreditvertrag etc) mit ihren
Kunden ist zB das Bankgeheimnis nach § 38 BWG. –
Auf die Schweigepflichten anderer Berufsgruppen wurde schon hingewiesen. | Haupt-
und Nebenpflichten bei anderen Verträgen |
Wichtige
Neben(leistungs)pflichten entstehen auch aus Arbeits-
und Werkverträgen; zB Wettbewerbsverbote und -klauseln.
Eine interessante gesetzliche Neben(leistungs)pflicht resultiert
aus dem Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient → KAPITEL 10: Behandlungsvertrag
¿ Medizinhaftung:
Ärzte trifft ua die gesetzliche Nebenpflicht, den Behandlungsverlauf korrekt
schriftlich zu dokumentieren; § 51 ÄrzteG 1998. Korrespondierend
dazu besitzen Patienten/innen das Recht auf Einsicht in ihre Krankengeschichte. | |
 | Abbildung 2.4: Haupt- und Nebenleistungspflichten |
|
2. Besonderheiten
des Liegenschaftskaufs | |
Beim Liegenschaftskauf
erfolgt die Erfüllung typischerweise in mehreren Akten: Wurde der
Liegenschaftskauf bloß mündlich geschlossen, muss nachträglich –
wie ausgeführt → Nachträgliche
Formpflicht – noch ein verbücherungsfähiger, schriftlicher
Kaufvertrag ausgefertigt werden; vgl §§ 26, 27 und §§ 31-34 GBG.
Zu beachten ist dabei § 31 Abs 1 GBG („Von der Einverleibung”),
wonach die Einverleibung nur auf Grund solcher Urkunden erfolgen
darf, „auf denen die Unterschriften der Parteien gerichtlich oder
notariell beglaubigt sind und der Beglaubigungsvermerk bei natürlichen
Personen auch das Geburtsdatum enthält”. | |
Zur Verbücherung bedarf es aber (auch im Normalfall) noch
weiterer Voraussetzungen: nämlich der | Voraussetzungen
der
Verbücherung |
•
Aufsandungserklärung und
der | |
•
Unbedenklichkeitsbescheinigung
(dazu gleich mehr) sowie allenfalls | |
• weiterer Genehmigungen; zB
einer grundverkehrsbehördlichen oder Ausfuhrgenehmigung. | |
Immobiliengeschäfte
bewegen sich meist in größeren finanziellen Dimensionen. Daher ist
bei ihnen auf folgendes zu achten: | Faustregel für den Liegenschaftskauf |
Zahlen Sie keinen Groschen des Kaufpreises ohne entsprechende
Sicherheit! Andernfalls laufen Sie Gefahr etwa bei Insolvenz des
Vertragspartners schwere Nachteile zu erleiden; zB Verlust der Wohnung
oder nochmalige Zahlung des Kaufpreises! Typische Beispiele liefern
die Maculan-Pleite und der Itzlinger-Skandal für
Käufer von Eigentumswohnungen. | |
• Einerseits auf eine
möglichst solide, also „perfekte” Vertragsgestaltung und | |
• andrerseits auf eine sichere Zahlung /
Geldabwicklung. | |
• Zu achten ist auch
auf die beim Liegenschaftskauf anfallenden Kosten
| |
• Zu den Sonderregeln des BTVG 1997
gleich unten. | |
Unter
Aufsandungserklärung versteht das Grundbuchsrecht „die ausdrückliche
Erklärung desjenigen, dessen bücherliches Recht beschränkt, belastet,
aufgehoben oder auf eine andere Person übertragen werden soll, dass
er in die Einverleibung einwillige”; § 32 Abs 1 lit b GBG. | |
Die Aufsandung kann: | |
•
im Kaufvertrag selbst
enthalten sein, oder | |
• als eigene Urkunde errichtet
werden. | |
Das
Zurückhalten der (in einer eigenen Urkunde abgegebenen) Aufsandungserklärung
durch den Verkäufer dient (praktisch) der Sicherung seiner offenen
(Rest)Kaufpreisforderung. Eintragungen ins Grundbuch sind nämlich
nach § 21 GBG nur gegen denjenigen zulässig, „der zur Zeit des Ansuchens
als Eigentümer der Liegenschaft oder des Rechtes, in Ansehung dessen
die Eintragung erfolgen soll, im Grundbuch aufscheint ...”. | |
 | |
Im Hinblick auf die
Aufsandung ist bei Liegenschaftskaufverträgen also zwischen: | Unterscheide |
•
verbücherungsfähigen und | |
•
nicht verbücherungsfähigen Kaufverträgen zu
unterscheiden; vgl § 433 letzter HalbS ABGB. | |
Verbücherungsfähige Kaufverträge enthalten
die Aufsandungserklärung des verkaufenden bisherigen
grundbücherlich Berechtigten, während sie im andern Falle fehlt.
Eine im Liegenschaftskaufvertrag fehlende Aufsandung wirkt – dem
Eigen(tums)vorbehalt vergleichbar – als Sicherung des Verkäufers,
der dann immer noch formeller Liegenschaftseigentümer bleibt, obwohl
die Liegenschaft uU sogar schon an den Käufer (außerbücherlich) übergeben
wurde und dieser bereits Besitzer geworden ist; zB Schlüsselübergabe
für die gekaufte Wohnung. Sinnvoll ist diese Vorgangsweise dann,
wenn der Verkäufer den Kaufpreis des Käufers nicht Zug um Zug gegen Aushändigung
des verbücherungsfähigen Kaufvertrags erhält. Der Verkäufer erteilt
in einem solchen Fall die Aufsandung erst nach vollständiger Kaufpreiszahlung.
Diese Vorgangsweise dient aber nur der Sicherheit des Verkäufers,
nicht der des Käufers. | |
In
derartigen Fällen – Schlüsselübergabe an den Käufer einer Wohnung
ohne Verbücherung – schützt aber die Publizianische Klage (actio
Publiciana) des § 372 ABGB ( → KAPITEL 8: Schutzinstrumente )
auch gegenüber Dritten. So, wenn die Wohnung auch an einen anderen
verkauft wurde. | |
Vom
bloßen Zurückhalten der Aufsandungserklärung durch den Verkäufer
zu unterscheiden sind jene Fälle, in denen ein (Liegenschafts)Anwartschaftsvertrag
geschlossen wird, was bspw im Rahmen der Begründung von Wohnungseigentum,
aber auch beim Abverkauf von Reihenhäusern häufig vorkommt. Hier
liegt regelmäßig kein verbücherungsfähiger Kaufvertrag
vor, allenfalls aber ein Vorvertrag iSd § 936 ABGB → KAPITEL 6: Der
Vorvertrag: § 936 ABGB.
In beiden Fällen ist darauf zu achten, dass später verfasste Vertragstexte
inhaltlich von der früheren Vereinbarung nicht (un)gewollt abweichen!
Häufig ist nämlich bereits ein gültiger Kauf(vor)vertrag anzunehmen. | (Liegenschafts)
Anwartschaftsvertrag |
Mitunter übermittelt der Bauträger seiner
Kundschaft nur ein von ihm formuliertes – aber formell von Käuferseite gestelltes
–
Kaufanbot für
die Eigentumswohnung, das von ihm nach Unterfertigung durch den
Käufer erst wiederum angenommen werden muss, womit der Vertrag erst
perfekt wird. Hier erscheinen Fristsetzungen (für die Unterschriftleistung
des Verkäufers!) durch den Kaufanwärter sinnvoll, um zu wissen,
ab wann der Vertrag geschlossen ist. | |
Bei Anwartschaften handelt es sich idR
um bedingte oder betagte Rechte ( → KAPITEL 6: Vorvertrag
<-> Anwartschaftsverträge),
die nach hA vor Terminablauf oder Bedingungseintritt noch nicht
zu vollem Recht erwachsen sind und daher auch nicht verbüchert werden
können; vgl etwa SZ 55/58 (1982). – Unterschieden werden bloß schuldrechtliche und dingliche Anwartschaften,
je nachdem, welche Art von Rechtserwerb beabsichtigt ist. | |
 | |
Die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes bestätigt,
dass der Liegenschaftskäufer alle mit dem Grund(stücks)erwerb zu
entrichtenden Steuern, Gebühren und Abgaben bezahlt hat. Die Vorlage
dieser Bescheinigung ist für die Verbücherung notwendig; Rechtssicherheit
als Serviceleistung des Staates! | Unbedenklichkeitsbescheinigung |
Welche ein- oder zweiseitigen Sicherungsmöglichkeiten bestehen
beim Liegenschaftskauf? | Sicherungsmöglichkeiten
beim Liegenschaftskauf? |
•
Anmerkung
der Rangordnung (samt Rangordnungsbescheid): §§
53 ff GBG – Sie ist ideal für Verkäufer und (!) Käufer! → Anmerkung
der Rangordnung und Rangordnungsbescheid: §§ 53-57 GBG; | |
•
Restkaufpreishypothek: Sichert nur
den Verkäufer; | |
•
Zurückhalten
der Aufsandungserklärung: sichert nur den Verkäufer; | |
•
nunmehr
BTVG 1997, BGBl I 7:
Sichert Käufer indem es ein neues Sicherungssystem für Wohnungsanzahlungen
einführt (Bankgarantien, Treuhandschaften oder Pfandrechte sollen
Käufer gegen Unsicherheiten bis zur Verbücherung schützen) und den
Bauträgervertrag der Schriftform unterwirft; mehr in → KAPITEL 15: Das
Bauträgervertragsgesetz / BTVG. | |
Die Rechtspraxis hat aber gezeigt, dass
bspw in Tirol Baugesellschaften auch das neue Gesetz zu umgehen
wissen; etwa dadurch – zum Nachteil von Eigentumswohnungskäufern
–, dass vom Bauträger Zahlungen nicht (wie vom Gesetz gefordert)
an den Treuhänder, sondern direkt an sich (also den Bauträger) verlangt,
und in der Folge durch Wohnungskäufer auch geleistet wurden, wodurch
der Sicherungszweck des BTVG vereitelt wird. | |
 | |
•
Treuhandlösung sichert beide Vertragsteile;
allgemein zur Treuhand → KAPITEL 15: Die Treuhand. | |
Zur
Treuhandlösung sei angemerkt: Häufig braucht ein Grundstückskäufer
Geld, das als Darlehen / Kredit von einer Bank beschafft wird. Das
Kreditinstitut zahlt aber bei der sog Immobilien-Treuhand das
Geld zur Kaufpreisfinanzierung meist nicht (unmittelbar) dem Käufer
und Darlehensnehmer aus, sondern (auch zur eigenen Sicherung) einem
Treuhänder – zB Notar oder Rechtsanwalt –, der laut Vereinbarung
das Geld an den Verkäufer nur dann (Zug um Zug) auszahlen darf, wenn
einerseits alle Verbücherungsvoraussetzungen für den Käufer erledigt
wurden und zudem der Bank am Grundstück eine Hypothek eingeräumt
wurde. | |
|
SZ 71/12
(1998): Notar hat Liegenschaftsvertrag verfasst und ist mehrseitiger
Treuhänder; nämlich der Kaufvertragsparteien, der Hypothekargläubigerin,
die voll befriedigt werden soll und des Kreditinstituts, das den
Kaufpreis finanziert hat. Notar muss den treugebenden Verkäufer
bei Abänderung des Auftrags aufklären. | |
|
Die österreichischen Notare haben
ein notarielles Treuhandregister und eine
Notartreuhandbank eingerichtet → KAPITEL 19: Personen
der Rechtspflege:
Link. – Auch die Rechtsanwälte sichern nunmehr
ihre Treuhandtätigkeiten besser ab. Häufigste Anwaltsverfehlung
ist die Veruntreuung (§ 133 StGB); so wurde bspw 1999 ein Wiener
Wirtschaftsanwalt wegen Veruntreuung von 242 Mio Schilling zu siebeneinhalb
Jahren Haft verurteilt. | |
Die Treuhandlösung hat demnach immer auch das Risiko der
Integrität von Rechtsanwälten und Notaren zu berücksichtigen. | |
 | |
 | Abbildung 2.5: Besonderheiten des Liegenschaftskaufs (1) |
|
 | Abbildung 2.6: Besonderheiten des Liegenschaftskaufs (2) |
|
V. Arten
des Kaufvertrags | |
Die
gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Kaufvertrag können sowohl
zeitlich, als auch im Hinblick auf die Art der Erfüllung / Leistungserbringung
unterschiedlich vereinbart werden. – Der Kauf ist grundsätzlich
als Zielschuldverhältnis angelegt (zB Ladenkauf), kommt aber mittlerweile häufig
auch als Dauerschuldverhältnis vor. Typisch für letzteres sind die
kommunalen Bezugsverträge für Strom, Wasser, Gas oder Zeitungs-
und Zeitschriftenabos. Mehr dazu → KAPITEL 6: Die
¿zeitliche¿ Ausgestaltung der Leistung. | |
 | Abbildung 2.7: Arten des Kaufs |
|
1. Spielarten
des Kaufvertrags | |
Die zeitlich unterschiedliche Erbringung der beiden Hauptleistungen
des Kaufvertrags zueinander – also von Sach- oder Geldleistung,
lässt verschiedene Arten des Kaufvertrags entstehen: | |
Das Gesetz spricht in §
1063 ABGB von „Kauf auf Borg”. Hier wird zuerst – und zwar vereinbarungsgemäß!
– der Kaufgegenstand übergeben, womit Eigentum übergeht, der Kaufpreis
aber erst später (in einer oder mehreren Teil/Zahlungen) entrichtet.
Darin liegt ein gewolltes Abgehen vom Zug um Zug-Prinzip. Daran
zeigt sich aber auch die Kraft des Traditionsprinzips, das auch
ohne Kaufpreiszahlung wirkt. | |
Zu unterscheiden ist der schlichte
Kreditkauf vom Kreditkauf mit vereinbartem Eigentumsvorbehalt ( → KAPITEL 8: Eigentumsvorbehalt
als Warensicherungsmittel)
mit dem Kreditkäufe häufig gekoppelt werden. – Hier wird (aufgrund
einer ausdrücklichen oder schlüssigen Vereinbarung) der Kaufgegenstand
dem Käufer zwar „ohne das Kaufgeld zu erhalten, übergeben”, das
Eigentum geht aber kraft der Vorbehaltsabrede trotz Übergabe nicht
auf den Käufer über. | |
Eine
besondere Art des Kreditkaufs stellt der Leibrentenvertragdar (§§
1284-1286 ABGB), mit dem Liegenschaften und Unternehmen (zu tragbaren
finanziellen Konditionen) veräußert / erworben werden können. Dazu
auch → KAPITEL 12: Arten
der Glücksverträge. | |
 | |
Der Leibrentenvertrag
gehört zu den Glücksverträgen
→ KAPITEL 12: Glücksverträge ¿ Gewagte Geschäfte.
Die Leibrente ist eine Lebensrente, dh sie stellt „auf die Lebensdauer
einer gewissen Person” – idR des Verkäufers – ab; § 1284 ABGB . §
1285 ABGB gestattet aber Modifikationen dieser Grundregel. – Das
dtBGB regelt die Leibrente in den §§ 759-761; § 761 BGB verlangt
„schriftliche Erteilung des Versprechens”. | |
Beim Vorauszahlungs-
oder Pränumerandokauf erfolgt – komplementär, also seitenverkehrt
zum Kreditkauf – zuerst die Kaufpreiszahlung (oder es werden im
Voraus Teilzahlungen geleistet) und erst später die Übergabe des
Kaufgegenstands; vgl § 27 KSchG. | Vorauszahlungs-
oder Pränumerandokauf |
Vorausleistungspflichten
spielen aber auch bei anderen Vertragstypen als dem Kauf eine Rolle;
insbesondere beim Werkvertrag, wo bspw § 1170 ABGB eine grundsätzliche
Vorausleistungspflicht des Werkunternehmers festlegt, wenn es in
dessen 1. Satz heißt: „In der Regel ist das Entgelt nach vollendetem
Werk zu entrichten ....” – In Umkehrung dieser gesetzlichen Regel
ist zB bei Telefonwertkarten / Calling Cards oder Travel Phone Card
zuerst das Entgelt für die Karte zu bezahlen (pre-paid), ehe diese
Dienstleistung in Anspruch genommen werden kann. Wir haben es mit
einem Pränumerando-Werkvertrag zu tun. – Vorausleistungspflichten
können jede Vertragspartei treffen. – Im Zusammenhang mit der Vorausleistungspflicht
ist an § 1052 ABGB zu erinnern; dazu gleich mehr. | |
 | |
| |
Beim Barkauf erfolgt der (reale) Leistungsaustausch immer
Zug um Zug. Die Kaufvertragsperfektion erfolgt aber oft schon früher
– dh vor dem realen Leistungsaustausch. | |
 | |
Beim
Hand- oder Realkauf erfolgen Kaufvertragsperfektion und der Zug
um Zug-Leistungsaustausch einheitlich an einem Zeitpunkt. – Der
Hand- oder Realkauf ist eine Spielart des Barkaufs. Vertragliche
Konsensbildung und gegenseitige Erfüllungshandlungen (Zahlung +
Freigabe der Ware) erfolgen Zug um Zug und sind oft kaum zu trennen. | |
 | |
Vgl § 1052 ABGB
und die funktionale Verknüpfung in den §§ 1061, 1062 ABGB. Schon
das römische Recht sprach von: Do ut des: Ich gebe, damit du gibst;
D. 19, 5, 5 pr und § 1 (Paulus). – Der Begriff Zug um Zug-Leistung
ist wörtlich zu nehmen. Es geht dabei um den mehr oder weniger gleichzeitigen
Austausch von Leistung und Gegenleistung im Rahmen der (Vertrags)Erfüllung. | |
Zum Begriff Synallagma
→ Gegenseitige
Pflichten aus dem Kaufvertrag – Das Synallagma –
Unter Umständen muss sich ein Käufer zur Wehr setzen, um dem Zug
um Zug-Prinzip Geltung zu verschaffen; vgl HS 4297/20 (1963): Auf
die Verpflichtung des Klägers zur Zug um Zug-Leistung ist von Amts
wegen – dh ohne entsprechende Einwendung des Beklagten – nicht Bedacht
zu nehmen. | |
Die
praktisch wichtige Zug um Zug-Leistung beruht auf dem uralten Gegenseitigkeitsprinzip. Damit
ist gemeint: Niemand soll rechtlich zu einem Verhalten gezwungen
werden (können), zu dem der Fordernde selbst nicht bereit ist. Dieses
Prinzip der Reziprozität ist ein fundamentales (Bau)Element menschlicher
Gesellschaften und insbesondere des Rechtsdenkens. Es reicht weit über
das (Privat)Recht hinaus. Ja das Privatrecht griff vielleicht auf
diesen Rechtsgedanken, der in anderen (Rechts)Bereichen früher entwickelt
war, zurück. | Gegenseitigkeitsprinzip |
Das Völkerrecht bedient
sich seiner ebenso, wie das Strafrecht (Talion:
Auge um Auge, Zahn um Zahn), aber auch das Schadenersatzrecht und
das Internationale Privatrecht kennen ihn. – Natürlich
bedient sich seiner auch das materielle Privatrecht;
so § 1052 ABGB: „Wer auf die Übergabe dringen will, muss seine Verbindlichkeit
erfüllt haben oder sie zu erfüllen bereit sein ...” | § 1052 ABGB |
Der Käufer
kann daher vom Verkäufer nur unter der Voraussetzung Lieferung /
Übergabe des Kaufgegenstands verlangen, wenn er selber zur Kaufpreiszahlung
bereit ist! Solange nämlich der Verkäufer den Kaufgegenstand nicht
aus der Hand gegeben hat, geht er kein Risiko ein. Hat er die Ware aber
übergeben, ohne dafür den Kaufpreis (also die Gegenleistung) zu
erhalten, ist er von der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit seines
Schuldners (bspw des Käufers) abhängig. Er begibt sich dadurch einer
für ihn wichtigen Sicherheit. Verzichtet er darauf, kann dies nur
freiwillig geschehen. Gezwungen werden kann der Verkäufer dazu nicht,
es sei denn, er hätte sich selbst dazu verpflichtet; sog
Vor(aus)leistungspflicht.
Das Gesetz (§ 1052 ABGB) verlangt dies aber grundsätzlich weder
vom Verkäufer noch vom Käufer; vgl aber § 1170 ABGB für den Werkvertrag.
– Aber selbst wenn die Verkäuferseite zur Vorleistung (vertraglich)
verpflichtet ist, gibt es rechtliche Möglichkeiten, die dadurch
entstehende rechtliche Unsicherheit iSd – wenngleich etwas gelokkerten
– Gegenseitigkeitsdenkens (wiederum) auszugleichen; vgl einerseits
§ 1052 Satz 2 ABGB und andrerseits das Rechtsinstitut des Eigentumsvorbehalts → KAPITEL 8: Eigentumsvorbehalt
als Warensicherungsmittel,
S.. § 1052 Satz 2 ABGB gewährt auch dem „zur Vorausleistung Verpflichtete[n]”
bis „zur Bewirkung oder Sicherstellung der Gegenleistung” ein
Leistungsverweigerungsrecht,
wenn die Gegenleistung „durch schlechte Vermögensverhältnisse des
anderen Teiles gefährdet ist, die ihm zur Zeit des Vertragsabschlusses
nicht bekannt sein mussten”. | |
 | |
Entdeckt
wurde die Bedeutung des Gegenseitigkeitsprinzips für menschliche
Gesellschaften und damit auch für das Rechtsdenken nicht von Juristen,
sondern vom Anthropologen und Ethnologen R. Thurnwald. Von ihm stammt
das berühmte Werk: „Die menschliche Gesellschaft in ihren ethno-soziologischen
Grundlagen”; Bd V behandelt „Werden, Wandel und Gestaltung des Rechtes”
(1934). – Vgl auch den folgenden Text von Bronislaw Malinowski, GegenseitigkeitundRecht:
Die bindende Kraft ökonomischer Verpflichtung. – Aus: F. Kramer
/ Ch. Sigrist (Hg), Gesellschaften ohne Staat. Gleichheit und Gegenseitigkeit
135 (1983): | R. Thurnwald und B. Malinowski |
”Wir wollen den Fischern zum Strand folgen, um die Natur
dieser bindenden Verpflichtungen besser verstehen zu können. Schauen
wir, was bei der Teilung des Fanges vor sich geht. In den meisten
Fällen bleibt nur ein kleiner Teil in den Händen der Dorfbewohner.
Regelmäßig werden wir sehen, dass eine Anzahl von Leuten einer Gemeinde
im Landesinneren am Strand wartet. Sie erhalten die Fischbündel
und tragen sie nach Hause; Hier finden wir wieder ein System gegenseitiger
Dienste und Verpflichtungen, das auf einer bestehenden Übereinkunft
zwischen zwei Dorfgemeinden beruht. Das Dorf im Inneren versorgt
die Fischer mit Gemüse: Die Gemeinschaft an der Küste zahlt dafür mit
Fisch. Diese Übereinkunft ist in erster Linie ökonomisch. Sie hat
auch einen zeremoniellen Aspekt, denn der Tausch muss entsprechend
einem ausgefeilten Ritual durchgeführt werden. Aber es gibt auch
noch eine rechtliche Seite, ein System
gegenseitiger Verpflichtungen, das den Fischer zur Zahlung
zwingt, wann immer er eine Gabe von seinem Partner aus dem Innern
erhalten hat, und umgekehrt. Kein Partner kann dies verweigern,
keiner kann mit seiner Gegengabe knausern, keiner sollte die Sache
hinauszögern. | |
Was ist die treibende Kraft hinter diesen Verpflichtungen?
Die Dörfer an der Küste und im Innern sind aufeinander angewiesen
in der Versorgung mit Nahrung. An der Küste haben die Eingeborenen
niemals genug Gemüse, während die Leute im Innern immer Fisch brauchen.
Mehr noch, der Brauch verlangt, dass an der Küste alle großen zeremoniellen
Darbietungen und die Verteilung der Nahrung, die einen außerordentlichen
Aspekt des öffentlichen Lebens dieser Eingeborenen bilden, mit bestimmten
Gemüsen in besonders großer und reichhaltiger Auswahl gemacht werden
müssen, die nur in den fruchtbaren Ebenen des Innern gedeihen. Dort
wiederum ist Fisch von entsprechender Bedeutung für eine Verteilung
und ein Fest. So kommt zu allen anderen Gründen des Wertes der jeweils
selteneren Nahrung eine künstliche, kulturell entstandene gegenseitige
Abhängigkeit der beiden Bezirke hinzu. Auf diese Weise ist insgesamt
jede Gemeinschaft sehr stark auf ihre Partner angewiesen. Wenn eine
von ihnen sich jedoch früher jemals eines Versäumnisses schuldig
gemacht hat, so weiß sie, dass sie auf die eine oder andere Weise ernsthaft
bestraft werden wird. Jede Gemeinschaft hat deshalb eine Waffe
zur Erzwingung ihrer Rechte: die Gegenseitigkeit. | |
Dies ist nicht beschränkt auf den Austausch von Fisch und
Gemüse. IdR sind zwei Gemeinden außerdem in anderen Formen des Handels
und anderen gegenseitigen Diensten aufeinander angewiesen. So wird
jede Kette der Gegenseitigkeit noch bindender als Teil eines ganzen
Systems gegenseitiger Verpflichtungen.” (Hervorhebungen von mir) | |
•
Bei der Anmerkung
der Rangordnung → Anmerkung
der Rangordnung und Rangordnungsbescheid: §§ 53-57 GBG. und nunmehr den (Sicherungs)Vorschriften
des BTVG 1997 → KAPITEL 15: Das
Bauträgervertragsgesetz / BTVG; | |
•
beim Dokumentenakkreditiv → KAPITEL 15: Das
Dokumentenakkreditiv; | |
•
der
Bankgarantie → KAPITEL 15: Garantievertrag
und Bankgarantie; | |
•
dem sog wechselbezüglichen Testament → KAPITEL 17: Sondertestamente; | |
•
dem Zurückbehaltungsrecht des § 471 ABGB” → KAPITEL 15: Das
Zurückbehaltungsrecht: § 471 ABGB. | |
Wichtig
für das Entstehen einer Stück- und Gattungsschuld ist die Unterscheidung
zwischen unvertretbaren und vertretbaren Sachen
, → KAPITEL 8: Vertretbare
und unvertretbare Sachen.
Denn wenn der Parteiwille nichts anderes bestimmt, entscheidet für
das Entstehen einer der beiden Arten von Schuldverhältnissen die
Verkehrsauffassung, die sich grundsätzlich wiederum an der Sachqualität
orientiert. | |
Beim Gattungskauf wird
der Kaufgegenstand nach Maß, Zahl und Gewicht, also generellen oder Gattungsmerkmalen,
beim Stückkauf dagegen nach individuellen Gesichtspunkten
bestimmt. – Stückkauf ist bspw der Kauf eines alten
(Perser)Teppichs vom Händler oder eines Oldtimers; Gattungskauf der
Kauf eines (beliebigen) neuen Teppichs oder Autos. – Von besonderer
Bedeutung ist der Gattungskauf im kaufmännischen Bereich, weil fabriks-
und serienmäßig erzeugte Waren heute überwiegen. | Unterscheidung Stück-
und Gattungskauf |
Die meisten (Gattungs)Käufe sind Handelskäufe;
dazu gleich unten. | |
Die Unterscheidung
zwischen Stück- und Gattungsschuld ist
für die sog Gefahrtragung von Bedeutung; dazu schon → KAPITEL 8: Gefahrtragungsregeln
für Stück- und
Gattungsschulden .
Gefahrtragung bedeutet auch hier: Wer hat die zufällige Verschlechterung
oder den zufälligen Untergang des Leistungsgegenstands zwischen
Vertragsschluss und (vereinbarter) Übergabe zu tragen? – Die Gefahrtragungsregeln
für den Stück- und Gattungskauf sind nämlich unterschiedlich. Wir
merken uns hier aber einstweilen nur soviel grundsätzlich: Bis zur
Übergabe trägt der Verkäufer die Gefahr, mit der Übergabe geht sie
auf den Käufer über. Mehr dazu in → KAPITEL 8: Einteilung
der Sachen ¿ Überblick. | Gefahrtragung |
Er
ist wichtig für Kaufleute; daher Regelung in § 375 HGB als Sonderfall
des Handelskaufs. Hier übernimmt der Käufer die (zusätzliche) vertragliche
Pflicht, die im Vertrag nur der Gattung nach bestimmte Ware später
noch näher zu bestimmen, eben zu spezifizieren. Es handelt sich
um eine Sonderform des Gattungskaufs. Das Gesetz trifft Vorsorge
dafür, wenn der Käufer seiner Spezifikationsverpflichtung nicht
nachkommt, also damit in Schuldnerverzug gerät. |
Spezifikations-
oder Bestimmungskauf |
 | |
|
HS 4303/23
(1963): Spezifikations- oder Bestimmungskauf(§
375 HGB): Verzug des Käufers. „Wenn der Käufer mit der Bestimmung
[des Kaufgegenstands] in Verzug gerät, kann der Verkäufer keineswegs
gleich den Kaufpreis verlangen, sondern er muss zunächst die Bestimmung
selbst vornehmen. Nach dem unzweideutigen Wortlaut des Gesetzes
ist dabei nicht zu unterscheiden, ob es sich um einen gewöhnlichen
Verzug oder um eine ausdrückliche Weigerung des Käufers handelt.
Der Kaufvertrag muss, wenn der Käufer zur Zahlung des Preises verurteilt
werden soll, eindeutig feststehen, wozu die genaue Bestimmung des
Vertragsgegenstandes gehört.” Die Klägerin war
eine Brüsseler Textilfabrikantin, Beklagter eine
Salzburger Firma für Regenbekleidung. | |
|
(1) Ist
bei dem Kaufe einer beweglichen Sache dem Käufer die nähere
Bestimmung über Form, Maß oder ähnliche Verhältnisse vorbehalten,
so ist der Käufer verpflichtet, die vorbehaltene Bestimmung zu treffen. | § 375 HGB |
(2) Ist
der Käufer mit der Erfüllung dieser Verpflichtung im Verzuge,
so kann der Verkäufer die Bestimmung statt des Käufers vornehmenoder
gemäß §§ 918, 920 und 921 ABGB Schadenersatz wegen Nichterfüllung
fordern oder vom Vertrag zurücktreten. Im ersteren Falle hat der
Verkäufer die von ihm getroffene Bestimmung dem Käufer mitzuteilen
und ihm zugleich eine angemessene Frist zur Vornahme einer anderweitigen
Bestimmung zu setzen. Wird eine solche innerhalb der Frist von dem
Käufer nicht vorgenommen, so ist die von dem Verkäufer getroffene Bestimmung
maßgebend. (Hervorhebungen von mir) | |
| |
| |
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| |
Die meisten Käufe des Alltagslebens sind Handelskäufe
(n Kauf nach bürgerlichem Recht). Die §§ 373 ff HGB treffen
dafür Sonderregeln. – Ein Handelskauf setzt voraus, dass wenigstens
auf einer Vertragsseite ein Kaufmann beteiligt ist (sog einseitiger
Handelskauf), und dass das Geschäft für diesen unternehmenszugehörig
ist sowie dass Kaufgegenstand Waren oder Wertpapiere iSd § 1 HGB
(bewegliche Sachen) sind. Beim zweiseitigen Handelskauf sind
beide Vertragspartner Kaufleute. | |
HGB – Viertes Buch: Handelsgeschäfte, Erster Abschnitt,
Allgemeine Vorschriften | |
Zu
unterscheiden sind einseitige und zweiseitige Handelsgeschäfte;
der Handelskauf ist ein Unterfall davon. – Auch auf einseitige Handelsgeschäfte ist
grundsätzlich Handelsrecht anzuwenden, wenngleich nicht alle Bestimmungen desselben.
Bestimmte – strenge! – Normen des Handelsrechts gelten nur für zweiseitige
Handelsgeschäfte; so etwa die Bestimmungen der kaufmännischen
Mängelrüge (§§ 377 f HGB) → KAPITEL 7: Kaufmännische
Rügepflicht.
Zur parallelen Anwendung des KSchG, neben ABGB und HGB, → Abgrenzung
zum ABGB und HGB. | |
•
§ 343 Abs
1: „Handelsgeschäfte sind alle Geschäfte
eines Kaufmannes, die zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehören.” | |
•
§ 344 Abs 1: „Die von einem
Kaufmanne vorgenommenen Rechtsgeschäfte gelten im Zweifel als zum
Betriebe seines Handelsgewerbes gehörig.” | |
•
§ 345: „Auf ein Rechtsgeschäft,
das für einen [!] der beiden Teile ein Handelsgeschäft ist, kommen
die Vorschriften über Handelsgeschäfte für beide Teile gleichmäßig
zur Anwendung, soweit nicht aus diesen Vorschriften sich ein anderes
ergibt.” | |
| |
§
1065 ABGB verweist bezüglich des „Kaufs einer gehofften”, dh einer
künftigen Sache – hier werden Sachen gekauft, „die noch zu erwarten
stehen”, auf das 29. Hauptstück: „Von den Glücksverträgen”; §§ 1267-1292
ABGB → KAPITEL 12: Glücksverträge ¿ Gewagte Geschäfte. | |
Dort wird unter dem Oberbegriff des Hoffnungskaufs
zwischen dem Kauf einer Hoffnung (emptio spei;
§ 1276 zweiter HalbS ABGB) und dem Kauf einer gehofften Sache (emptio
rei speratae; § 1275 ABGB) unterschieden. | |
Hier wird – wie auch sonst bei
Käufen – für eine bestimmte Menge eines künftigen Erträgnisses ein
bestimmter Preis versprochen; ordentlicher Kaufvertrag. Der Käufer
trägt hier jedoch – anders als im Normalfall – das Qualitätsrisiko
hinsichtlich des Kaufgegenstands; daher keine Mängelhaftung / Gewährleistung
und keine Verkürzung über die Hälfte. Beim Verkäufer verbleibt nur
das Risiko, dass überhaupt wirtschaftlicher Ertrag entsteht. – Wird
bspw die Weinernte (völlig) vernichtet, ist der Kauf hinfällig,
denn dieser Kauf wird im Hinblick auf die Entstehung der Sache bedingt
geschlossen. | Kauf
einer gehofften Sache |
Hier trägt der Käufer
nicht nur das Qualitäts-, sondern auch noch das Quantitätsrisiko,
dh „die Gefahr der ganz vereitelten Erwartung”. Hier ist der Kaufpreis
– anders als beim Kauf einer gehofften Sache – auch dann (voll!)
zu entrichten, wenn Hagel oder Sturm die Wein- oder Getreideernte
vernichten oder bei einem Fischzug nichts erbeutet wird; D. 18,
1, 8 pr 1. |
Kauf einer Hoffnung
(iS einer bloßen Gewinnaussicht) |
| |
| |
| |
Aber
nicht nur die beiden Hauptleistungen des Kaufvertrags – Kaufgegenstand
und Kaufpreis – können als Ganze zeitlich „versetzt” erbracht werden;
die jeweilige Leistung von Verkäufer und Käufer kann auch als solche
in Teilen – also Teilleistungen– von Sache oder Preis erbracht werden: | |
Beim Abzahlungsgeschäft/
Ratenkauf ( → Das Abzahlungsgeschäft)
wird der Kaufpreis in Teilzahlungen entrichtet, während der Kaufgegenstand
vollständig und sogleich übergeben wird, mag auch damit idR noch nicht
das Eigentum übergehen. | Abzahlungsgeschäft
/ Ratenkauf |
Umgekehrt
liegt der Fall bei Erbringung des Kaufgegenstands in „Teil”-Leistungen
–sog Sukzessivlieferungsverträge – oder Abruf des
Kaufgegenstands in „Teil”-Leistungen (Bezugsverträge– Hier ist also
erneut zu unterscheiden zwischen: | Sukzessivlieferungs-
und Bezugsverträge |
Bei
Sukzessivlieferungsverträgen (zB der Lieferung eines
12-bändigen Konversationslexikons oder einer Loseblattsammlung über
die geltenden Schulgesetze) erfolgt die Lieferung der einzelnen
Bände – also un selbständiger Teilleistungen –
sukzessiv, also in zeitlich vereinbarten Abständen, etwa vierteljährlich.
Jeder einzelne Band wird aber wieder Zug um Zug bezahlt. Wichtig
für die Qualifikation des Sukzessivlieferungsvertrags als Zielschuldverhältnis
ist es, dass bei ihm die gesamte Leistung (also hier alle 12 Bände)
von vornherein feststeht. | Sukzessivlieferungsverträge |
Im Hinblick auf Sukzessivlieferungsverträge ist
die Terminologie uneinheitlich. Wie in anderen Ländern – etwa der
Schweiz oder Deutschland – werden auch in Österreich darunter irreführenderweise
auch Dauerschuldverhältnisse verstanden. – Vorzuziehen ist es, den
Begriff Sukzessivlieferungsvertrag auf Zielschuldverhältnisse zu beschränken;
so Barta / Call,
Der Sukzessivlieferungsvertrag. Ein Beitrag zur Lehre vom Ziel-
und Dauerschuldverhältnis, JBl 1971, 76 und 117. Zur Grenzziehung
Zielschuldverhältnis n Dauerschuldverhältnis → KAPITEL 6: Ziel-
und Dauerschuldverhältnisse.
Für Dauerschuldverhältnisse steht der eingelebte Begriff des Bezugsvertrags zur
Verfügung. Anders als Bezugsverträge haben Sukzessivlieferungsverträge
– wie erwähnt – einen (vertraglich) vorgegebenen Leistungsumfang
/ -inhalt. | |
Genau
genommen kann von „Teil”-Leistung nur gesprochen werden, wenn die
geschuldete (Sach)Leistung wirklich auch teilbar iSd § 918 Abs 2
ABGB ist; dh in gleichartige und in etwa gleichwertige Stücke zerlegbar
ist, ohne dass darunter das Ganze leidet. Das trifft aber zB auf
das sukzessive Erbringen der Leistung im Rahmen eines Sukzessivlieferungsvertrags
nicht zu, da hier die einzelnen Leistungspositionen unselbständig
sind, weil eine unteilbare Gesamtleistung geschuldet wird. Ein fehlender
Lexikonband entwertet das ganze Lexikon! – Dennoch wird (immer wieder
ungenau) von Teil-Leistung gesprochen. | „Teil”-Leistung |
Die Frage der Teilbarkeit einer Leistung ist
insofern von Bedeutung, weil nur bei teilbarer Leistung ein Teilrücktritt iSd
§ 918 Abs 2 ABGB möglich ist, während bei Unteilbarkeit nur ein
Gesamtrücktritt vom Vertrag in Frage kommt. – Vgl auch → KAPITEL 7: Mehrheit
von Berechtigten und Verpflichteten:
Gläubiger- und Schuldnermehrheit. | |
Sie
sind Dauerschuldverhältnisse → KAPITEL 6: Ziel-
und Dauerschuldverhältnisse;
zB kommunale Strom-, Wasser- oder Gaslieferungsverträge. Hier ist
der Umfang der Sachleistung mengenmäßig nicht mehr von vornherein
bestimmt; vielmehr bestimmt hier die Zeit den (tatsächlich erbrachten)
Leistungsumfang. Und zwar entweder so, dass der Vertrag von vornherein
auf eine bestimmte Zeit abgeschlossen wird, oder so, dass zwar der
Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen wird, die Verrechnung aber nach
vereinbarten Zeiteinheiten – etwa monatlich oder vierteljährlich
– erfolgt. Wird ein Bezugsvertrag auf bestimmte Zeit – etwa 6 Monate
– geschlossen und Lieferung zu bestimmten Zeiteinheiten vereinbart
– zB wöchentlich 5 Tonnen Schotter –, ist damit die Gesamtmenge
ebenfalls berechenbar; zB 24 x 5 Tonnen = 120 Tonnen. Dennoch werden
solche Verträge als Bezugsverträge und damit als Dauerschuldverhältnis
angesehen, weil der Faktor Zeit den Leistungsumfang bestimmt. –
Bei auftretender Leistungsstörung oder einem Mangel in der Wurzel
wäre daher zu kündigen (ex-nunc-Wirkung) und nicht der Rücktritt
zu erklären. Bei Teilbarkeit der Leistung ist das Ergebnis aber
dasselbe. | Bezugsverträge |
VI. Nebenabreden
beim Kauf | |
Im Rahmen
von Kaufvertragsabschlüssen werden häufig Nebenabreden vereinbart;
vgl die Aufzählung in § 1067 ABGB. Die im Schuldrecht geltende Vertragsfreiheit
(hier: Inhaltsfreiheit → KAPITEL 5: Gestaltungs-
oder Inhaltsfreiheit.
) ermöglicht solche Anpassungen an individuelle rechtliche Bedürfnisse;
Kautelarjurisprudenz. | |
 | |
1. Nebenabreden
beim Kauf – Übersicht | |
•
Kauf auf Probe (§§
1080-1082 ABGB, Art 8 Nr 18 der 4. hrEVO): Käufer hat freies Gestaltungsrecht,
innerhalb einer vereinbarten oder gesetzlichen Probezeit den Kaufvertrag
perfekt zu machen oder vom Vertragsschluss Abstand zu nehmen (Gesetz
lesen!) – Stillschweigen gilt hier ausnahmsweise als Zustimmung;
vgl etwa JBl 1982, 90 und → KAPITEL 5: Annahme
durch Stillschweigen?. | |
• Art 8 Nr 17 + Nr 18 EVHGB (reiner Textlink) | |
•
Kauf
zur Probe: Unbedingter Kauf mit unverbindlich geäußertem
Motiv, bei Gefallen mehr zu kaufen. | |
•
Kauf nach Probe / Muster: Kaufgegenstand
bestimmt sich entsprechend einer Probe; zB ein weiteres Glas Wein oder
Bier im Gasthaus; Art 8 Nr 17 EVHGB. | |
•
Prüfungskauf: Kaufvertrag
gemäß bindendem Sachverständigengutachten. | |
•
Kauf auf Umtausch: Käufer hat
bei Umtausch freie Auswahl, ist aber verpflichtet zu kaufen; Umtauschrecht
wird oft erst im nachhinein gewährt. | |
•
Kauf
mit Vorbehalt eines besseren Käufers (§§ 1083 ff ABGB):
Verkäufer behält sich das Recht vor (= Gestaltungsrecht) einen besseren
Käufer vorzuziehen. | |
•
Vorkaufsrecht (§§ 1072 ff
ABGB): → Das Vorkaufsrecht
| |
•
Rückverkaufsrecht (§ 1071 ABGB):
Recht des Käufers die Sache zurückzuverkaufen. | |
•
Wiederkaufsrecht (§ 1068 ff
ABGB): Verkäufer kann Sache zurückkaufen. Vgl das Beispiel → KAPITEL 7: Geldbetrags-
und
Geldwertschulden :
SZ 60/37. | |
•
Verkaufsauftrag oder Trödelvertrag (§§
1086 ff ABGB): Gestaltungsrecht des Käufers; Großhändler kreditiert zB
einem Kleinhändler Waren, und dieser muss nach der vereinbarten
Zeit die verkauften Stücke abrechnen, die nicht verkauften nimmt
der Großhändler zurück; Vertrag sui generis – vgl nunmehr das Kommissionsgeschäft
des Handelsrechts; §§ 383 ff HGB. | |
•
Prämiengeschäfte
im Börsenverkehr: Gegen Prämie werden zu Kaufverträgen
verschiedene spekulative Nebenabreden vereinbart: zB vertragliches
Rücktrittsrecht(einfaches Prämiengeschäft); Wiederkaufs- und Rückverkaufsrecht
(Kostgeschäft); Recht den Erfüllungstag zu ändern (Eskomptgeschäft)
oder die vereinbarte Menge (Geschäft auf fest und offen); Wahlrecht
zu verkaufen oder zu kaufen (Stellagegeschäft) uam. | |
| |
Die §§ 1072-1079 ABGB regeln das Vorkaufsrecht
(VKR), das alte rechtsgeschichtliche Wurzeln besitzt. Das dtBGB
regelt unser Rechtsinstitut in den §§ 463-473 BGB. Das VKR stammt
aus einer Zeit, in der insbesondere das Liegenschaftseigentum noch
Gemeinschaftseigentum war (Familien- oder Gemeindeeigentum als Form
kollektiven Eigentums → KAPITEL 8: Eigentumsformen)
und diese Gemeinschaftsbindung auch nach der Entwicklung von Individualeigentum
in mancher Hinsicht nachwirkte. Noch im Mittelalter und der frühen
Neuzeit standen zB Miterben, Nachbarn oder Gemeindegenossen dingliche
Näher-, Retrakts- oder Einstandrechte zu, mittels derer dieser Personenkreis
einen Verkauf an Dritte – zB an Nichtfamilien- oder Gemeindemitglieder
– durch Eintritt in den Kaufvertrag verhindern konnte. – Daran erinnern
noch die §§ 1140, 1141 ABGB sprechen noch vom Vorkaufs- oder Einstandsrecht
sprechen. | |
§ 1072 ABGB kennt das VKR nur als Nebenabrede
zum Kaufvertrag. Heute wird ein autonomes Vereinbaren von VKR
ebenso zugelassen wie seine Verbindung mit anderen Verträgen –
etwa Bestand- oder Franchiseverträgen – was praktisch sein kann;
zB Pächter sichert sich am Pachtobjekt ein VKR. | |
|
EvBl 1991/88:
Bei einem gleichzeitig mehreren Personen eingeräumten VKR kann
jeder Einzelne dingliche Vorkaufsberechtigte gemäß § 61 GBG auf
Löschung der seine bücherlichen Rechte verletzenden Eintragungen
klagen. | |
|
|
OGH 25. 7. 2000,
1 Ob 49/00p, SZ 73/120 = EvBl 2001/16: Der Eigentümer einer mit
einem Vorkaufsrecht belasteten Liegenschaft will
diese an einen Dritten verkaufen. Im Kaufvertrag mit der Drittkäuferin wird
die Suspensivbedingung der Nichteinlösung durch den Vorbehaltsberechtigten
und Tragung der Vertragserrichtungskosten durch jeden Vertragspartner
vereinbart. Als der Vorkaufsberechtigte die Einlösung erklärt, verlangt
die Drittkäuferin von diesem den Ersatz der frustrierten Vertragserrichtungskosten
als „Nebenleistungskosten”. – OGH verneint die Subsumtion der Vertragserrichtungskosten
unter die „Nebenbedingungen” nach § 1077 zweiter
Satz ABGB. Dieses Kostenrisiko trägt der Drittkäufer. (Für die Haftungsfreiheit
des Vorkaufsverpflichteten gegenüber dem Drittkäufer genügt schon
der bloße Hinweis im Drittvertrag auf das Vorhandensein des Vorkaufsrechts.) | |
|
1073 Satz 1 ABGB bezeichnet das VKR als
ein „persönliches Recht” und betont damit seinen schuldrechtlichen Charakter.
Satz 2 stellt aber klar: | |
„In
Rücksicht auf unbewegliche Güter kann es durch Eintragung in die
öffentlichen Bücher in ein dingliches verwandelt
werden”; vgl auch § 9 GBG: Bücherliche Rechte. | |
Die
unterschiedlichen Rechtsfolgen der Verletzung bloß schuldrechtlich
vereinbarter oder dinglich gesicherter VKR nennt § 1079 ABGB: | VKR als „persönliches“ Recht |
„Hat der Besitzer dem Berechtigten die Einlösung
nicht angeboten, so muss er ihm für allen Schaden haften. Im Falle eines
dinglichen Vorkaufsrechtes kann die veräußerte Sache dem Dritten
abgefordert werden, und dieser wird nach Beschaffenheit seines redlichen
oder unredlichen Besitzes behandelt.” | |
|
JBl 1995, 526 (Verletzung
eines nichtverbücherten Vorpacht- und VKR); Leitsatz: Wer sich nur
auf ein nicht verbüchertes VKR berufen kann, hat nur unter der Voraussetzung
der Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte ( → KAPITEL 11: Verletzung
fremder Forderungsrechte)
einen Anspruch auf Naturalrestitution gegen den dritten Käufer.
– Die bloße Kenntnis des fremden Rechts verpflichtet den Käufer
nicht zu Erhebungen, ob der Verkäufer seinen Vertrag mit dem Berechtigten
verletzt; die Forderung nach Einhaltung derartiger Sorgfaltspflichten
würde zu einer unzumutbaren Einschränkung im wirtschaftlichen Verkehr
führen.” (?) In concreto war dem Käufer das vertragliche VKR bekannt. | |
|
Streitig
ist, wieweit der dingliche Charakter des VKR reicht; dasselbe gilt
für das Wiederkaufsrecht. Richtig erscheint es, § 9 GBG zu folgen
und das VKR nicht generell als dingliches Recht anzusehen, sondern
nur in Bezug auf den Herausgabeanspruch des Berechtigten gegen Dritte. | Dinglicher Charakter
des VKR? |
Nach
§ 1074 ABGB kann das VKR als höchstpersönliches Recht, weder „einem
Dritten abgetreten”, also an ihn übertragen, noch vererbt werden. | VKR als
höchstpersönliches Recht |
Bedenkenswert erscheint § 473 dtBGB,
der dieser Linie folgt, aber ergänzt: „… sofern nicht ein anderes
bestimmt ist. Ist das Recht auf eine bestimmte Zeit beschränkt,
so ist es im Zweifel vererblich.” | |
|
EvBl 2002/84
= JBl 2002, 458: § 1074 (§ 1075) ABGB – Zur Erstreckung
der Vorkaufsverpflichtung: Die Erstreckung des VKR auf mehrere Vorkaufsfälle
kann wirksam vereinbart werden. In der Erklärung des Verpflichteten,
die Vorkaufsbelastung auf den Rechtsnachfolger zu überbinden, liegt
keine unzulässige Verlängerung des VKR: Liegenschafts-Miteigentümer
schließen Konsortial- oder Gesellschaftsvertrag, um einen Abverkauf
von Liegenschaften an dritte Personen zu verhindern. Dazu werden
auch ”immerwährende” gegenseitige Vorkaufsrechte eingeräumt.
IdF will ein Miteigentümer einen Liegenschaftsanteil, bezüglich
dessen das Vorkaufsrecht bereits einmal ausgeübt wurde, an einen
Dritten veräußern und sich nicht mehr an die Vereinbarung halten.
– OGH erachtet das Erstrecken des Vorkaufsrechts auf mehrere Vorkaufsfälle
als wirksam, weil die zwingende Bestimmung des § 1074 ABGB dies
ermöglicht und § 1075 ABGB bloß Dispositivrecht enthält. | |
|
Das
vertraglich oder allenfalls gesetzlich eingeräumte Gestaltungsrecht
(des Vorkaufs) wird durch den sog Vorkaufsfall ausgelöst. Unstreitig löst ein
Kaufvertragsabschluss, also ein perfekter Kaufvertrag mit
einem Dritten das VKR aus; ob auch schon die bindende Offerte
eines Dritten, ist strittig. Konsequenter ist es, einen
perfekten Kaufvertrag zu verlangen, zumal Missbrauchsmöglichkeiten
ohnehin Tür und Tor geöffnet ist und auch eine Punktation (§
885 ABGB) dazu ausreicht. | |
Dafür hat sich auch § 463 dtBGB entschieden:
„… sobald der Verpflichtete mit einem Dritten einen Kaufvertrag
über den Gegenstand geschlossen hat.” | |
Das Schutzbedürfnis von VKR wird immer noch gering geachtet;
vgl etwa JBl 1995, 526: Restaurationsbetrieb (s. oben). – Dennoch
wird überwiegend eine Offerte als ausreichend erachtet; so auch
Welser, ZfRV 1971, 314. | |
Ausgelöst
wird das VKR nach hA auch nur durch den (beabsichtigten) Abschluss
eines Kaufvertrags – also eines Weiterverkaufs
–, nicht aber durch andere Veräußerungsarten, wie einen Tausch oder
eine Schenkung. § 1078 ABGB lässt es aber zu, das VKR „auf andere
Veräußerungsarten … aus[zu]dehnen”. In einem solchen Fall muss der
Einlösungspreis aber wenigstens bestimmbar sein;
SZ 55/57: Schenkung. Der Vertragsauslegung ist Bedeutung beizumessen;
§ 914 ABGB. – Die gegenwärtige Rspr geht aber zu weit und fördert
Umgehungen. | Anwendung des
VKR
„auf andere
Veräußerungsarten“ |
|
EvBl 1964/361:
Ein Erbschaftskauf ( → KAPITEL 17: Der
Erbschaftskauf)
wird als andere Veräußerungsart qualifiziert, nicht dagegen ein Leibrentenvertrag (EvBl
1904/2), was im Hinblick auf dessen Versorgungszweck fraglich erscheint; | |
|
|
SZ 70/50
(1997): Ein Sacheinlagenvertrag fällt unter den
Begriff der „anderen Veräußerungsart” nach
§ 1078 ABGB; | |
|
|
SZ 71/60
(1998): Ein Erbteilungsübereinkommen ist einem
Kaufvertrag iSd § 1072 ABGB nicht gleichzuhalten. | |
|
Die Einlösung
des VKR umfasst nach § 1077 ABGB die Erklärung des Vorkaufsberechtigten,
die Sache kaufen und den „vollständigen Preis,
welcher von einem Dritten angeboten” wurde, entrichten zu wollen.
– Die Einlösungsfrist beträgt nach § 1075 ABGB
für bewegliche Sachen 24 Stunden, für unbewegliche 30 Tage, berechnet
„nach der geschehenen Anbietung”. Danach erlischt das VKR; Präklusivfrist. | |
Probleme
schafft immer wieder der zweite Satz des § 1077 ABGB, der in die
„wirkliche” Einlösung auch mit dem Dritten vereinbarte,
also „angebotene Nebenbedingungen” mit einbezieht. –
Die Lösung des Gesetzes besteht darin: Kann der Einlösungsberechtigte
diese Bedingungen „nicht erfüllen und lassen sie sich auch durch
einen Schätzungswert nicht ausgleichen, so kann das [VKR] nicht
ausgeübt werden.” Das betrifft insbesondere Dienstleistungen (wie
Pflege), Instandhaltung, Reinigung und ähnliches, die der Dritte
zu übernehmen bereit ist. Derartige „Dienste” als Nebenbedingungen
des Erwerbs dienen aber immer wieder der Umgehung und sind oft gar
nicht gewollt. Die Rspr hat daher die Ernsthaftigkeit ernsthaft
zu prüfen; § 914 ABGB.
| |
|
JBl 1966,
35 (Krankenpflege): „Bei Veräußerung gegen Geld-
und Pflegeleistungen ist § 1055 ABGB sinngemäß anzuwenden. Stellt
die Pflege eine Hauptleistung dar, wird ein VKR gar nicht ausgelöst;
ist sie eine Nebenleistung, so kann sie vom VK-Berechtigten erfüllt
oder durch den Schätzwert ausgeglichen werden.” | |
|
Übt der
VK-Berechtigte sein Gestaltungsrecht aus, kommt es zwischen ihm
und dem Verkäufer zum Abschluss eines Kaufvertrags,
dessen Inhalt der mit dem Dritten ausgehandelte Vertrag ist. – Um
sich vor Ersatzansprüchen zu bewahren ( §§ 430,
440 ABGB!) sollte der Verkäufer den Dritten wenigstens auf das Bestehen
des VKR hinweisen; so Mayer-Maly, FS Wagner 287 (1987). | |
Beim limitierten VKR wird der künftige Kaufpreis schon bei
Einräumung des VKR bestimmt, was – so realisierbar – ratsam erscheint,
weil andernfalls versucht werden kann, fingierte Kaufpreise vorzutäuschen;
vgl § 1058 Satz 1 ABGB. | |
§
1076 ABGB regelt die Behandlung des dinglichen VKR im Rahmen einer
gerichtlichen Versteigerung und bestimmt, dass der VK-Berechtigte
„zur Feilbietung insbesondere vorgeladen werden muß.” – Andere (Vor)Rechte
stehen VK-Berechtigten aber nicht zu; insbesondere besteht kein bevorzugter
Erwerbsanspruch. | Gerichtliche
Versteigerung |
Die
Praxis kennt auch Vormiet- und Vorpachtrechte, auf welche die Bestimmungen
des VKR analog angewendet werden. Sie können zwar schuldrechtlich
vereinbart, wegen der taxativen Aufzählung der bücherlichen Rechte
in § 9 GBG aber nicht verbüchert werden. |
Vormiet- und
Vorpachtrechte |
 | |
Die Einräumung von VKR erfolgt häufig entgeltlich. Dabei
sollte klargestellt werden, ob der entrichtete Betrag auf den Kaufpreis
anzurechnen ist oder nicht. Im Zweifel gilt letzteres. | |
Das VKR ist – zum Unterschied vom Wiederkaufsrecht – nicht
auf unbewegliche Sachen beschränkt und ist daher bspw auch an einem
Kunstwerk oder einem Buch möglich. | Nicht auf unbewegliche Sachen
beschränkt |
VII. Das Abzahlungsgeschäft | |
Die Regeln über
das Abzahlungsgeschäft, den alten Ratenkauf, stellen typische Konsumentenschutzbestimmungen
dar. Insofern war es konsequent, sie 1979 in das KSchG (§§ 16 ff)
aufzunehmen. Früher – 1896 und 1961 – gab es eigene RatenGe. Es
gilt nämlich kaufunerfahrene KäuferInnen vor Übervorteilung durch
die erfahrene/re Verkäuferseite ebenso zu schützen, wie vor eigener
Unbedachtheit (Überschuldung). Verführt doch ein überreiches Warenangebot
leicht dazu, Waren anzuschaffen, die nicht gebraucht, und Verpflichtungen
einzugehen, die finanziell nicht verkraftbar sind. – Dafür gewährt
das Gesetz als Schutzgesetz Hilfestellung; etwa das Rücktrittsrecht des
§ 3 KSchG bei Haustürgeschäften. | |
Das
Rücktrittsrecht von sog Haustürgeschäften (§§ 3, 4 KSchG)
gilt seit Inkrafttreten des KSchG (1979) nicht nur für Abzahlungsgeschäfte,
sondern für alle Verbrauchergeschäfte. Noch im RatenG von 1961 stand
dieses Recht bloß RatenkäuferInnen zu. – Daraus ersieht man, dass
eine zunächst nur für ein bestimmtes Gebiet gedachte Regel dann, wenn
sie sich bewährt, ausgedehnt wird. | Haustürgeschäfte |
| |
1. Gesetzliche
Voraussetzungen | |
Verbraucher - UnternehmerDer Käufer
muss Verbraucher iSd § 1 Abs 1 Z 2 KSchG sein;
auf Verkäuferseite muss dagegen ein Unternehmer (iSd
§ 1 Abs 1 Z 1 KSchG) stehen, für den das Geschäft zum Betrieb
seines Unternehmens gehört. | |
Teilzahlungsvereinbarungen bei Kaufverträgen
zwischen Kaufleuten unterliegen daher nicht den §§ 16 ff
KSchG Kaufvertrag | |
Das
Abzahlungsgeschäft ist grundsätzlich ein Kaufvertrag (vgl
jedoch § 17 KSchG: „gleichgestellte Geschäfte”): | |
• „über ... bewegliche
körperliche Sache[n]” (ausgeschlossen sind damit Käufe
von Liegenschaften und Rechten) | |
• „die vor vollständiger Bezahlung dem
Verbraucher ... übergeben” werden, | |
• wobei der Käufer „das Entgelt in Teilzahlungen zu
entrichten hat.” | |
• Das Gesamtentgelt darf seit
1.1.1994 grundsätzlich 25.000 ı (bis 1993: 150.000
S, danach 310.000 S) nicht übersteigen; § 16 Abs 1 Z 1 KSchG Fall
2. | |
• Das Gesetz verlangt neben der Anzahlung wenigstens zwei
weitere Teilzahlungen; § 16 Abs 1 Z 2 KSchG. | |
Die
Anzahlungspflicht soll der Käuferseite klar machen, dass auch bei
Abzahlungsgeschäfteneine eigene Leistung zu erbringen ist; Schutzvorschrift
gegen Überschuldung. Daher auch die harte Sanktion des §
20 Abs 2 KSchG: Übergibt der Unternehmer dem Verbraucher
die Sache, ohne die Mindestanzahlung ( → KAPITEL 2: Gesetzliche
Voraussetzungen) erhalten
zu haben, verliert er seinen Anspruch auf diesen Teil des Kaufpreises. | Sinn der Anzahlung |
•
Für den Abschluss eines Abzahlungsgeschäfts
besteht ausnahmsweise Formpflicht; § 24 Abs 1 KschG: | |
„Der Vertrag über
das Abzahlungsgeschäftist schriftlich festzuhalten (Ratenbrief).” | |
Der Ratenbrief hat ua zu enthalten: Neben
den Personaldaten der Vertragsparteien, dem Gegenstand des Geschäfts, auch
den Barzahlungspreis und das Gesamtentgelt (was einen Vergleich
der Kreditkosten ermöglichen soll!), die Höhe der Anzahlung sowie
Zahl, Höhe und Fälligkeit der Raten usw. | |
Eine Verletzung dieser Formvorschrift macht
das Geschäft nicht ungültig, die Sanktion besteht in einer Verwaltungsstrafe;
§ 32 Abs 1 Z 1 lit a KSchG. | |
•
Die Laufzeit von
Ratengeschäften beträgt nach § 21 KSchG längstens 5 Jahre. | |
 | Abbildung 2.8: Drittfinanzierung: Konsumfinanzierung |
|
2. Drittfinanzierter
Abzahlungskauf: §§ 18, 19, 22 KSchG | |
Abzahlungsgeschäftewerden häufig
unter Einschaltung von Kreditinstituten geschlossen. Und zwar entweder
so, dass das Kreditinstitut den Kredit dem Käufer (
Konsumfinanzierung)
oder direkt dem Verkäufer (
Absatzfinanzierung)
gewährt. Da das Kreditinstitut – neben den Vertragsparteien des
Kaufvertrags – eine „Dritte” Person ist, wird von Drittfinanzierung gesprochen. | Konsum-
und
Absatzfinanzierung |
 | Abbildung 2.9: Sonderfall der Konsumfinanzierung: Autokauf |
|
Dem
KSchG geht es rechtspolitisch darum, dass durch das Einbeziehen
eines am Kaufvertrag / Grundgeschäft nicht beteiligten Dritten,
die Rechte von Verbrauchern nicht geschmälert werden. § 18 KSchG
geht daher auch in solchen Fällen von der wirtschaftlichen
Einheit des Gesamtgeschäfts aus und wendet die Regeln des
Abzahlungsgeschäftsauch im Verhältnis Konsument – Dritter / Kreditinstitut
an. So stehen Verbrauchern nicht nur Einwendungen aus dem Vertrag
gegen den Unternehmer (als primärem Vertragspartner) zu, sondern
auch gegen den Geldgeber. Dh: Ein Käufer „kann die Befriedigung
des Geldgebers auch verweigern, soweit ihm Einwendungen aus seinem
Rechtsverhältnis zum Unternehmer ... zustehen”; § 18 letzter Satz
KSchG: sog
Einwendungsdurchgriff. Vgl auch § 26c
KSchG. | Einwendungsdurchgriff |
 | Abbildung 2.10: Drittfinanzierung: Absatzfinanzierung |
|
 | Abbildung .11: Abzahlungsgeschäft: §§ 16 ff KSchG (1) + (2) |
|
| |
1. Vorläufiger Tauschvertrag | |
Arrondierung | |
Zwischen Herrn Ferdinand Graf v. Arco
Valley, Herrschaftsbesitzer in St. Martin i/I. einerseits und Herrn
u. Frau Hans und Anna Standhartinger, Kaufmann in Aurolzmünster
Nr. 28 anderseits, wird zwecks Arrondierung folgender
vorläufiger Tauschvertrag geschlossen: | |
I. Herr u. Frau Hans u. Anna Standhartinger
übergeben an Herrn Ferdinand Graf v. Arco Valley die ihnen eigentümliche
Grundparzelle Nr. 208 der Kat. Gem. Schacha, Gem. Aurolzmünster | |
im Ausmasse von ca. ……………………………………………8.017
m 2
| |
lastenfrei. | |
Herr Ferdinand Graf v. Arco Valley übergibt
an Herrn u. Frau Hans und Anna Standhartinger die ihm eigentümliche Grundparzelle
Nr. 171/2 Teil der Kat. Gem. Aurolzmünster mit den darauf stehenden
Obstbäumen, | |
im Ausmasse von ………………………………………………..5.400
m 2
| |
lastenfrei. | |
Beide Parteien haben die Grundstücke
besichtigt und erklären sich mit dem Tausch einverstanden. | |
II. Die Vermessungen und Vermarkungen
wird Herr Zivilgeometer Ing. Spindler in Ried, Hauptplatz 44, durchführen. | |
III. Der entgiltige Tauschvertrag wird
in der Kanzlei Dr. O. Steinkogler in Ried, Hauptplatz, durchgeführt. | |
IV. Alle mit diesem Tausch verbundenen
Kosten, wie grundbücherliche Eintragung, Vermessung, usw. gehen
zu Lasten des Herrn Ferdinand Graf zu Arco Valley. | |
V. Herr und Frau Standhartinger verpflichten
sich das erworbene Grundstück mit einem festen Zaun zu umgeben und nicht
zu dulden dass Klein und Federvieh auf die benachbarten herrschtl.
Grundstücke gelangt. Ein Tor oder Gartentürl darf nur von der Strassenseite
angebracht werden, aber nicht gegen die herrschftl. Grundstücke. | |
VI. Dieser Tauschvertrag tritt in Kraft
wenn beide Teile den Vertrag unterfertigt haben. Bis 30. Oktober
haben beide Teile das Recht ihre Grundstücke zu Nutzen. | |
St. Martin i/I. am 1. Okt. 1952] | |
2. (Liegenschafts)Kaufvertrag | |
| |
B. Die
Lehre von Titel und Modus |
 | |
Wir
haben den Kaufvertrag behandelt und gehört, dass der bloße Kaufvertrag,
also der perfekte, aber noch nicht erfüllte Kauf (nach ABGB) kein
Eigentum überträgt. Der Kaufvertrag ist aber eine unabdingbare Voraussetzung
des Eigentumserwerbs durch den Käufer: Er ist Titel /
Rechtsgrund/ tauglicher rechtlicher Erwerbsgrund für die Eigentumsübertragung,
die Übereignung, den Modus. | |
Das
Titelgeschäft, etwa ein Kauf, benennt den Rechtsgrund, aus dem heraus
Eigentum übertragen werden soll. Etwa: Der Kaufvertrag (als Titelgeschäft)
verpflichtetden Verkäufer schuldrechtlich – für
den Käufer besteht eine spiegelbildliche Verpflichtung bezüglich
des Kaufpreises (§ 1062 ABGB) –, dem Käufer den Kaufgegenstand zu
übergeben / zu tradieren (Übergabe / traditio), und damit idR Eigentum
am Kaufgegenstand zu verschaffen; vgl § 1053 iVm § 1061 ABGB. | Titelgeschäft |
Damit folgt das ABGB dem römischen Recht (D.
41, 1, 31 pr.): Numquam nuda traditio transfert dominium, sed ita
si venditio aut aliqua iusta causa praecesserit, propter quam traditio
sequeretur; vgl auch CodTher II 4 Num 1 sowie die Formulierung des
§ 433 Abs 1 dtBGB: „Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer
Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum
an der Sache zu verschaffen ....” – Darauf wird in der Folge näher
eingegangen. | ABGB und
römisches Recht |
Der Begriff „Rechtstitel” wird umgangssprachlich
auch in einem anderen Sinn verwendet; so wenn davon die Rede ist,
dass jemand einen oder keinen Rechtstitel besitze. Gemeint ist damit
meist nur, dass jemandem ein Rechtsanspruch zusteht oder fehlt. | |
I. Derivativer
Eigentumserwerb durch Übereignung | |
1. §
380 ABGB – Erwerb dinglicher Rechte | |
§ 380 ABGB
formuliert knapp: | |
„Ohne Titel und ohne rechtliche Erwerbungsart
[= Modus] kann kein Eigentum erlangt werden.” | |
Das ABGB handelt die Lehre von
Titel und Modus – gleichsam als Teil fürs Ganze – beim wichtigsten
Fall, dem Eigentumserwerb ab, mag die Lehre von
Titel und Modus auch für den Erwerb aller andern (beschränkten)
dinglichen Sachenrechte (vgl etwa § 449 ABGB: Pfandrecht
oder § 480 ABGB: Servituten) und das Erbrecht gelten. | |
Das
ABGB wendet die Lehre von Titel und Modus auch auf den Erbschaftserwerb
an. Das hat seinen Grund darin, dass das ABGB das Erbrecht noch
als dingliches (Sachen)Recht ansieht und nicht – wie heute – als
absolutes Recht; vgl § 308 ABGB. (Erbrechts)Titel ist danach der
jeweilige Berufungsgrund, Modus die gerichtliche Einantwortung → KAPITEL 17: Einweisung
in die Erbschaft ¿ Das Verlassenschaftsverfahren .
– Zur Bedeutung der Lehre von Titel und Modus für die Zession als
schuldrechtliches Verfügungsgeschäft → KAPITEL 14: Verfügungsgeschäft
| Erbschaftserwerb |
2.
Originärer und derivativer
Erwerb | |
In Bezug
auf den Eigentumserwerb unterscheidet das ABGB zwischen: | |
•
originärem und | |
•
derivativem (Eigentums)Erwerb. | |
Der originäre, ursprüngliche oder
– wie ihn das ABGB auch nennt – der unmittelbare Eigentumserwerb
ist ein solcher, der den Rechtserwerb nicht von einem Vormann (iS
eines früheren Berechtigten) ableitet, sondern unabhängig von einem
(allfälligen früheren) Vorberechtigten eintreten lässt; vgl zB die
§§ 381 ff ABGB: Erwerb freistehender Sachen, aber auch § 367 ABGB: Gutglaubenserwerb → KAPITEL 8: Gutgläubiger
Eigentumserwerb. | |
Beim derivativen,
abgeleiteten oder mittelbaren Eigentumserwerb (vgl § 423 ABGB) wird
der Rechtserwerb dagegen von einem/r Vorberechtigten abgeleitet,
was zur Folge hat, dass der Rechtsnachfolger nie mehr Recht erwerben
werden kann, als der Vorberechtigte besaß; römisches Recht: Nemo
plus iuris transferre potest quam ipse habet. | Nemo plus iuris
transferre potest … |
Zunächst wird auf den derivativen / abgeleiteten
(Eigentums)Erwerb eingegangen, weil diese Erwerbsart von größerer
praktischer Bedeutung ist. Zum originären Erwerb →
Originärer und derivativer
Erwerb. | |
3. Zur Lehre vom
Rechtsgrund: Titel / causa | |
Das Titelgeschäft benenntden
Rechtsgrund: Die Parteien eines Rechtsgeschäfts übertragen Eigentum
nämlich nicht ohne Grund, also schlechthin / abstrakt, sondern stets
aus einem ganz bestimmten rechtlichen und wirtschaftlichen Grund
/ also kausal, eben dem Rechtsgrund. Mit dem Rechtsgrund oder Titelgeschäft
wird ein bestimmter rechtlich-wirtschaftlicher Zweck verfolgt. Der Titel
enthält den Rechtsgrund, aus dem heraus übereignet oder ein anderes
dingliches Recht – etwa eine Servitut – übertragen werden soll.
Dieser Rechtsgrund ist im Titelgeschäft – zB einem Kauf- oder Werkvertrag
– enthalten / formuliert und das Titelgeschäft begründet den (schuld)rechtlichen Anspruch
auf Übereignung. | |
 | Abbildung 2.12: Unterschiedliche Zielsetzungen
von Schuld- und Sachenrecht |
|
Der
Kaufvertrag als Titelgeschäft überträgt selbst aber noch nicht Eigentum,
verpflichtet aber (schuldrechtlich) dazu! Die sachenrechtliche Übereignung
ist – nach den Intentionen des ABGB – Erfüllungs- und Vollzugsakt
der schuldrechtlichen Verpflichtung und hängt mit dem Titel genetisch zusammen. | Kauf überträgt nicht Eigentum |
Die vom ABGB einheitlich konzipierte
„Lehre” von Titel und Modus wird häufig – in Anlehnung an die Pandektistik
und das dtBGB – auseinandergerissen und dabei das einheitliche Rechtsgeschäft
in ein schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft / Titel (= Rechtsänderung
wird bloß zugesagt) und einen Modus als – eigenes – dingliches Verfügungsgeschäft
(= Rechtsänderung wird tatsächlich bewirkt) geteilt. Dazu auch → Verpflichtungs-
und Verfügungsgeschäft
| Verpflichtungs-
und Verfügungsgeschäft |
 | Abbildung 2.13: Die Lehre von „Titel und Modus”: § 380 ABGB |
|
 | Abbildung 2.14: Sinn von Titel und Modus |
|
4. Die
rechtliche Erwerbungsart: Modus traditio | |
Die rechtlich taugliche Erwerbungsart
(auch Modus genannt) ist für: | |
•
bewegliche (körperliche)
Sachen die Übergabe / traditio (§§ 426, 427, 428
ABGB); | |
•
unbewegliche Sachen die Eintragung
ins Grundbuch; | |
• das Bewirken der Eigentumsübertragung nichtverbücherter
Liegenschaften die Urkundenhinterlegung
→
Urkundenhinterlegung statt
Intabulation
| |
Worin liegen Sinn und Funktion
des Modus? –Übergabe und Verbücherung sollen den Rechts-, insbesondere
den (aufgrund einer Rechtsänderung eintretenden) Eigentumsübergang
nach außen hin kenntlich, also publik machen, zumal Sachenrechte
auch von dritten Personen, die sonst keine Kenntnis davon haben
(können), respektiert werden sollen; Publizitätsprinzip.
– Kurz: Durch den Modus soll die dadurch bewirkte Rechtsänderung
auch nach außen hin (über die Vertragspartner hinaus) erkennbar
werden; und zwar auch für Dritte, die nicht am Rechtsgeschäft beteiligt
sind. Das ist vor allem für das Pfandrecht von Bedeutung; Gläubigerschutz. | |
Nur wenn beide Voraussetzungen – Titel und (!)
Modus – erfüllt sind, wird zB gültig übereignet und dadurch Eigentum
übertragen; sog kausale (= rechtsgrundabhängige) Natur der Tradition,
iSv Übergabe. – Stellt sich zB erst nach erfolgter Übergabe heraus,
dass das Titelgeschäft (bspw ein Kaufvertrag) ungültig ist – etwa
weil ein Teil nicht geschäftsfähig war oder das Geschäft erfolgreich
wegen Irrtums (§ 871 ABGB) angefochten wurde –, so ist entgegen
dem äußeren Anschein Eigentum (trotz allenfalls schon erfolgter
Übergabe) gar nicht übergegangen. Bereits übergebene Sachen sind
dann nach § 877 ABGB zurückzustellen; sog dingliche Rückabwicklung → KAPITEL 5: Rückstellungspflichten
¿ Rückabwicklung. | Kausale Natur
der
Tradition |
Dies
ist die Konsequenz der Lehre von Titel und Modus;
denn nur ein gültiger Titel und (!) ein gültiger Modus bewirken
den Eigentumsübergang oder Pfandrechtserwerb. Ein gültiger Modus allein
reicht ebenso wenig aus, wie ein gültiger Titel. | |
 | |
Vom Eigentumserwerb (an
Liegenschaften) durch den Modus gibt es Ausnahmen,
obwohl das GBG den Eintragungsgrundsatz scheinbar kategorisch regelt: | Ausnahmen |
|
§ 4 GBG | |
„Die
Erwerbung, Übertragung, Beschränkung und Aufhebung der bücherlichen
Rechte ... wird nur durch ihre Eintragung in das Hauptbuch bewirkt.” | |
|
Solche Ausnahmen betreffen insbesondere die Enteignung,
den Erbgang und die Ersitzung. | |
| |
Zur unterschiedlichen Lösung im dtBGB und frCC vgl
auch → KAPITEL 2: §
380 ABGB ¿ Erwerb dinglicher Rechte. –
Das aus dem römischen Recht stammende Traditionsprinzip erfüllt
auch Gerechtigkeitsansprüche, was gerade heute wieder von Bedeutung
ist, zumal die Gefahr besteht, dass Rechtsbeziehungen immer mehr
entpersönlicht, ja anonymisiert werden. | Rechtsvergleich:
DtBGB und frCC |
Dem
Traditionssystem folgten auch die Niederlande (Art 3:84, 3:90 NBW),
Spanien, Argentinien, Brasilien und Chile. Die ABGB-Lehre von der
iusta causa traditionis ist der Lösung des dtBGB (§ 929 BGB) von
1900, aber auch der des frCC (Art 711, 1138, 1583) von 1804 überlegen.
– Auch das englische und us-amerikanische Privatrecht gehen aber
mitunter den Weg des französischen Rechts. | |
 | |
Aber auch die Lösung des frCC wurzelt im römischen
Recht; Trennung von emptio-venditio (Kauf) und traditio. Die französische
Kautelarjurisprudenz überbrückte diesen Gegensatz dadurch, dass
in den Kaufvertrag eine Übergabsklausel aufgenommen wurde (Übergabe
durch Erklärung!) und damit die Übergabe als erfolgt angesehen wurde; traditio
ficta (fingierte Übergabe). Während diese alte französische Praxis
theoretisch noch am Traditionserfordernis festhielt, ließ das –
sich auch im frCC manifestierende – Vernunftrecht in Frankreich
auch diese letzte Verbindung zwischen causa und traditio fallen
und begnügte sich damit, dass Eigentum „nur durch den Willen der
Beteiligten” (E. Rabel) übertragen werden könne. Diesem System folgten
zB Belgien, Italien (itCC, Art 1376), Portugal und Rumänien. An
diesem Grundsatz des sog Realkaufs wird in Frankreich auch für Grundstücke
und Forderungen festgehalten, wenngleich er durch Publizitätsakte
bei der Zession (frCC Art 1690) und dem Erfordernis der Transskription
bei Grundstücken stark eingeschränkt wird; Grundsatz: En fait de
meubles possession vaut titre. – Die Ergebnisse der genannten Rechtsordnungen
sind daher bei näherem Hinsehen nicht so unterschiedlich, wie es zunächst
aussieht; vgl E. Rabel, Das Recht des Warenkaufs I 27 (1936). | |
Konsequenter
ausgeprägt als beim Eigentumserwerb ist die Publizitätsfunktion
des Modus bei der Pfandrechtsbegründung; und zwar sowohl an beweglichen
Sachen (sog Faustpfandprinzip), als auch beim Liegenschaftspfand,
der Hypothek, die nur durch Eintragung ins Grundbuch entsteht. Man
sagt daher, die Hypothek führe ein reines Buchleben! – Durch das
Erfordernis, ein Faustpfand wirklich übergeben zu müssen – wozu
nach hA alle Übergabsarten der §§ 426-428 ABGB, das Besitzkonstitut
ausgenommen, ausreichen –, wird ein effizienter (Pfand)Gläubigerschutz
erreicht. Dadurch wird nämlich verhindert, dass der Schuldner /
Pfandbesteller an ein und derselben beweglichen Sache – zB einem
wertvollen Schmuckstück – für mehrere Gläubiger zeitlich nacheinander gültiges
Pfandrecht begründen kann. | Faustpfandprinzip |
•
Vgl auch den Unterschied zwischen normaler Zession
(zB Forderungskauf) und Sicherungszession
→ KAPITEL 14: Sicherungszession oder
der Verpfändung einer Forderung in Bezug auf die Verständigung des
Schuldners / Zessus → KAPITEL 15: Verpfändung
und Pfändung von Forderungen oder Rechten. | |
• Vgl dazu auch die Folie → KAPITEL 15: Formen der Übergabe.
| |
• Zur Anwendung der pfandrechtlichen Publizitätserfordernisse
auf die Sicherungsübereignung
→ KAPITEL 8: Die
Sicherungsübereignung. | |
 | Abbildung 2.15: Formen der Übergabe |
|
Mit der Übergabe des Kaufgegenstands
geht im Regelfall nicht nur das Eigentum, sondern
auch die Gefahr (tragung) über. Dh, dass ab diesem
Zeitpunkt ein zufälliger Untergang oder eine zufällige Verschlechterung
des Kaufgegenstands bereits den Käufer trifft (und nicht mehr den
Verkäufer)! Vgl dazu § 1064 iVm § 1051 ABGB. Die Parteien können
aber (vgl § 1051 letzter HalbS ABGB) etwas anderes vereinbaren;
so wird in der Vertragspraxis häufig vereinbart, dass die Gefahr schon
mit Vertragsunterzeichnung, also schon vor der tatsächlichen (und
erst recht vor der rechtlichen, das wäre zB die Verbücherung) Übergabe
des Kaufgegenstands vom Verkäufer auf den Käufer übergehen soll. | Übergabe und
Gefahrübergang |
| |
| |
 | |
 | Abbildung 2.16: Übergabsarten – Überblick: §§ 426 ff ABGB |
|
5. Übergabsarten
für bewegliche Sachen | |
Die Übergabsformen
der §§ 426-428 ABGB dienen dem Erwerb dinglicher Rechte (Eigentum, Pfandrecht
etc) an beweglichen Sachen. Dem ABGB schwebte eine Art „Rangordnung”
dieser gesetzlichen Übergabsformen vor; vgl § 426 ABGB: „ ... können
in der Regel nur durch.” Die Übergabsform steht demnach nicht völlig
im Ermessen der Parteien. – Neben der körperlichen Übergabe kennt
das Gesetz noch die Übergabe durch Zeichen und die Übergabe durch
Erklärung. | |
Bewegliche
Sachen sind nach § 426 ABGB grundsätzlich körperlich
– dh „von Hand zu Hand” – zu übergeben. | |
Nur
wenn bewegliche Sachen eine körperliche Übergabe nicht zulassen
(oder wenn diese nicht tunlich, dh unwirtschaftlich ist) – zB bei
Frachtgütern, einem Warenlager oder einer „anderen Gesamtsache”,
gestattet § 427 ABGB die Übergabe durch Zeichen, die auch symbolische Übergabe
genannt wird, | |
„indem der Eigentümer dem Übernehmer die
Urkunden, wodurch das Eigentum dargetan wird, oder die Werkzeuge übergibt,
durch die der Übernehmer in den Stand gesetzt wird, ausschließend
den Besitz der Sache zu ergreifen; oder, indem man mit der Sache
ein Merkmal verbindet, woraus jedermann deutlich erkennen kann,
dass die Sache einem anderen überlassen worden ist.” | |
| |
 | Abbildung 2.17: Übergabe durch Erklärung: § 428 ABGB |
|
Neben den Übergabsformen der §§ 426 und 427 ABGB, die den
Publizitätsanforderungen des Sachenrechts voll, wenngleich in unterschiedlichem
Maße entsprechen, gibt § 428 ABGB zum Teil das Publizitätserfordernis
auf: Übergabe durch Erklärung. Problematisch in Bezug auf den Publizitätsgedanken
ist vor allem das Besitzkonstitut. | |
§ 428 ABGB: „Durch Erklärung wird die Sache übergeben,
wenn der Veräußerer auf eine erweisliche Art seinen Willen an den
Tag legt, dass er die Sache künftig im Namen des Übernehmers innehabe
[Besitzkonstitut]; oder, dass der Übernehmer die Sache, welche er
bisher ohne ein dingliches Recht innehatte, künftig aus einem dinglichen Rechte
besitzen solle [Übergabe kurzer Hand].” | |
 | Abbildung 2.18: Besitzkonstitut: § 428 1. Halbsatz ABGB |
|
 | Abbildung 2.19: Übergabe kurzer Hand: § 428 2. Halbsatz ABGB |
|
Die
Besitzanweisung,
als 3. Fall des § 428 ABGB wurde erst von der Praxis entwickelt.
Vorbild war das ALR; vgl dort I 7 §§ 66-69. Es handelt sich mittlerweile
um Gewohnheitsrecht. | |
 | Abbildung 2.20: Besitzanweisung |
|
Diese (auf den Eigentumserwerb
abstellenden) Regeln werden analog auf den bloßen Besitzerwerb an
beweglichen und unbeweglichen Sachen angewandt. Bei beweglichen
Sachen spielt das bspw beim Eigentumsvorbehalt eine Rolle. Bei Liegenschaften
geschieht dies häufig durch vertragliche (Übergabs)Erklärung iSd
§ 428 ABGB. Eine typische vertragliche Formulierung einer solchen Besitz-
und Gefahrübertragung an einer Liegenschaft (Eigentum wird erst
durch Verbücherung erworben!) enthält Pkt III des Liegenschaftskaufvertrags → Vertragsbeispiele. | |
Unbekannt ist unserem bürgerlichen
Recht die Eigentumsübertragungsform beweglicher Sachen durch Abtretung
des Herausgabeanspruchs iSd § 931 dtBGB: | Abtretung des
Herausgabeanspruchs? |
„Ist ein Dritter im Besitze der Sache, so
kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, dass der Eigentümer dem Erwerber
den Anspruch auf Herausgabe der Sache abtritt.” | |
Das läuft auf die Übertragung von Eigentum (an beweglichen
Sachen) durch Zession hinaus. – Funktional entspricht die deutsche
Abtretung des Herausgabeanspruchs in etwa (wo liegt der Unterschied?)
unserer Besitzanweisung. Vgl dazu → KAPITEL 2: Besitzanweisung (FOILIE):
SZ 22/27 – Bob Cracler. | |
|
HS 4275: Eigentums- und Pfandrechtserwerb an
einem Pkw erfolgt nur durch körperliche Übergabe: OGH
17.3.1964, 8 Ob 290/63 (39). | |
|
|
HS 4276 (1964): Übergabe eines Kraftfahrzeugs –
Die Klägerin hat einen Kaufvertrag unterzeichnet. Auf ihren Namen
wurden die Wagenpapiere und die Versicherungspolizze ausgestellt,
ihr wurden diese Papiere übergeben, und zu ihr wurde der Wagen schließlich
auch vom Beklagten gebracht, der ihn nur im Auftrag der Klägerin
von der Verkäuferfirma übernommen hat. Der Wagen wurde der Klägerin
also nicht nur symbolisch, sondern tatsächlich übergeben, und sie
war in der Lage, darüber ausschließlich zu verfügen, so dass alle
Erfordernisse des § 426 ABGB für den Eigentumserwerb erfüllt sind.
Der Umstand, dass sie den Wagen sofort dem Beklagten zur Benützung
überließ, ändert daran nichts (OGH). | |
|
|
HS 4277 (1964): Der Typenschein ist
nicht der wesentlichste Bestandteil des Kaufvertrags über ein Kraftfahrzeug;
die symbolische Übergabe eines Kraftfahrzeugs durch bloße Aushändigung
des Typenscheines ist vielmehr iSd § 427 ABGB nicht gültig (OGH). | |
|
|
HS 4278 (1963):
Zeitliche Differenz zwischen Übertragungs- und Aneignungshandlung.
Nach stRspr und Lehre [OGH 5.4.1911, GlUNF 5426; SZ 26/147; EvBl
1963/24*; Klang, Komm z ABGB2, II 316] können
bei Begründung von Eigentum die Übertragungs- und Aneignungshandlungen
zeitlich auseinanderfallen. Liegt die Zustimmung des Übergebers
vor, kann sich der Übernehmer auch in Abwesenheit in den Besitz
der Sache setzen und dadurch den Eigentumsübergang herbeiführen
(OGH). | |
|
Man nennt diese Form der Besitz-
oder Eigentumsübertragung auch traditio longa manu / Übergabe
langer Hand. Es handelt sich dabei um eine (im Gesetz nicht
geregelte) Form der Übergabe durch Zeichen und Erklärung, wobei zB
der Vorbesitzer oder Voreigentümer, die zu übergebende (bewegliche)
Sache bereitstellt und dem Übernehmer gestattet, sie sich zu holen;
etwa: Verkauf von geschlägertem Holz, das im Wald aufgeschlichtet
und mit einem bestimmten (Farb)Zeichen versehen wird. Dem Erwerber
werden Ort und Zeichen genannt, damit er das Holz selbst abholen
kann und damit zB Eigentum erlangt. | |
 | |
6.
Versendungskauf: §
429 ABGB | |
Beim anschließend (an
§ 428 ABGB) geregelten Versendungskauf versendet der Verkäufer auf
Verlangen des Käufers – was auch schlüssig geschehen kann – die
verkaufte Ware / Sache an einen andern Ort als den Erfüllungsort.
– § 429 ABGB versteht sich als Anwendungsfall der §§ 426 ff ABGB. | |
 | Abbildung 2.21: Versendungskauf: § 429 ABGB |
|
Beim Versendungskauf gehen nach
hA im bürgerlichen Recht schon mit der Übergabe des Kaufgegenstands
/ der Ware durch den Verkäufer an die Transportanstalt – zB Post,
Bahn oder Spediteur – Eigentum und Gefahr (auf den Käufer) über.
Dies trotz der Formulierung im Gesetz: | Besonderheiten
beim Versendungskauf |
”In der Regel werden überschickte Sachen
erst dann für übergeben gehalten, wenn sie der Übernehmer erhält.” | |
Die Übergabe an Post oder Bahn durch den Verkäufer gilt
nämlich als vom Käufer genehmigte „Überschickungsart”. Die Praxis
verkehrt demnach den Grundsatz des Gesetzes ins Gegenteil, was dem
Rechtsgefühl des Volkes nicht entspricht. Auch das KSchG hat daran
bislang nichts geändert. | |
Das Handelsrecht regelt
in Art 8 Nr 20 Abs 1 EVHGB nur (!) den Gefahrübergang;
vgl das folgende Beispiel (HS 5345). Der Eigentumsübergang folgt
den (eben dargelegten) Regeln des bürgerlichen Rechts. | Handelsrecht |
Art 8 Nr 20 Abs 1 der 4. hrEVO: Gefahrtragung
beim Versendungskauf
| |
Versendet der Verkäufer auf Verlangen des Käufers die verkaufte
Ware nach einem anderen Ort als dem Erfüllungsort, so geht die Gefahr
auf den Käufer über, sobald der Verkäufer die Ware dem Spediteur,
dem Frachtführer oder der sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten
Person oder Anstalt ausgeliefert hat. | |
| |
Die Übergabe des Kaufgegenstands
/ der Ware durch den Verkäufer an die Transportanstalt (also eine
dritte Person) wird also bereits als Übergabsakt an den Käufer gedeutet.
Der Dritte (= die Transportanstalt) ist demnach nicht Erfüllungshilfe
(§ 1313a ABGB) des Verkäufers. Der Verkäufer / Übergeber erfüllt
seine Vertragspflicht bereits voll mit Übergabe Absendung des Kaufgegenstands
an den Dritten. | Übergabe
an
Transportanstalt als Übergabsakt |
 | Abbildung 2.22: Versendungskauf: § 429 ABGB |
|
|
HS
5345 (1965): „Der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Kaufvertrag
ist ein Versendungskauf, bei welchem zufolge der Bestimmung des
Art 8 Nr 20 EVHGB die Transportgefahr auf den Käufer
überging, sobald der Verkäufer die Ware an die Spedition zur Versendung
an den Käufer übergeben hatte. Mit dieser Übergabe ist aber auch
das Eigentumsrecht an der Ware auf den Käufer gemäß § 429 ABGB übergegangen,
da, wie Klang (Komm z ABGB2, II 326)
ausführt, für gewöhnlich angenommen werden muss, dass der Übernehmer
mit der Versendung durch die Eisenbahn oder die Post einverstanden
ist, und daher in den meisten Fällen das Eigentum mit der Übergabe
zum Transport auf den Empfänger übergeht. Das im § 433 HGB normierte
Dispositionsrecht des Verfrächters [sog Right of Stopppage; vgl
§ 45 KO] steht dem nicht entgegen (Klang, aaO 327, unter 4).” | Transportgefahr |
|
§ 45
KO: Verfolgungsrecht
| Verfolgungsrecht |
Der Verkäufer oder Einkaufskommissionär kann Waren, die
von einem anderen Ort an den Gemeinschuldner abgesendet und von
diesem noch nicht vollständig bezahlt worden sind, zurückfordern,
es sei denn, daß sie schon vor der Konkurseröffnung am Ablieferungsorte
angekommen und in die Gewahrsame des Gemeinschuldners oder einer
anderen Person für ihn gelangt sind. | |
| |
7. Verpflichtungs-
und Verfügungsgeschäft | |
Im Zusammenhang
mit Titel und Modus wird auch folgende begriffliche Unterscheidung getroffen: | |
Das (schuldrechtliche)
Titelgeschäft wird auch Verpflichtungsgeschäft genannt, weil es
die zugesagte Rechtsänderung noch nicht selbst herbeigeführt, sondern
nur die Verpflichtung dazu begründet. – Kurz: Die Rechtsänderung
wird durch das Verpflichtungsgeschäft bloß zugesagt, aber noch nicht
bewirkt. | Verpflichtungsgeschäft |
 | |
Vom
Titelgeschäft zu unterscheiden ist das (sachenrechtliche) Verfügungsgeschäft
(Modus), das die Rechtsänderung nicht bloß zusagt, sondern selbst
herbeiführt. – Kurz: Die Rechtsänderung wird durch das Verfügungsgeschäft
bewirkt. Dadurch werden Rechte definitiv übertragen, aufgehoben, abgeändert
oder beschränkt. | Verfügungsgeschäft |
 | |
 | |
 | Abbildung 2.23: Rechtsgeschäftliche Übertragung von Rechtspositionen |
|
8. Kausale
und abstrakte Rechtsgeschäfte | |
Die
Unterscheidung in kausale und abstrakte Rechtsgeschäfte hat im Titelgeschäft
ihren Sitz: | |
Ein Rechtsgeschäft,
insbesondere ein Verpflichtungsgeschäft, ist kausal,
wenn es seinen Zweck / die causa / den konkreten Rechtsgrund benennt,
der die rechtliche Verpflichtung zur Rechtsänderung etc trägt. | |
 | |
Das österreichische Privatrecht
steht kausalen Rechtsgeschäften freundlich, abstrakten dagegen abweisend
gegenüber; vgl etwa § 937 ABGB: Danach sind „Allgemeine, unbestimmte
Verzichtleistungen auf Einwendungen gegen die Gültigkeit eines Vertrages
… ohne Wirkung”. | ABGB favorisiert
kausale Rechtsgeschäfte |
IdR setzt ein Rechtsübergang daher eine/n causa
/ Rechtsgrund voraus. Dennoch kennen wir auch abstrakte Geschäfte
/ Verpflichtungen. – Die Gründe der Ablehnung abstrakter Rechtsgeschäfte sind
folgende: Wären abstrakte Rechtsgeschäfte ohne Einschränkung wirksam,
könnten damit sehr einfach gesetzwidrige, sittenwidrige oder unerlaubte
Vereinbarungen geschlossen und rechtlich durchsetzbar (= einklagbar)
gemacht werden. Der Rechtsgrund für die Rechtsänderung wäre nicht einsichtig. | |
 | |
Ist ein Rechtsgeschäft
vom Rechtsgrund unabhängig / losgelöst, ist es abstrakt. Es (be)nennt
den Rechtsgrund der Verpflichtung nicht. | Abstrakte
Rechtsgeschäfte |
 | |
ABGB (kausale Natur
der Tradition / Übergabe) und dtBGB (abstrakte
Natur der Tradition) messen dem Grundgeschäft unterschiedliche Bedeutung
zu. So verhindert nach ABGB die Ungültigkeit des Titel- oder Grundgeschäfts
den Eigentumsübergang, während nach dem dtBGB der Erwerber auch
in einem solchen Fall Eigentümer wird und bleibt. – Der Unterschied
zeigt sich an den Konsequenzen: Dem Verkäufer steht in diesem Fall
nach ABGB die dingliche Eigentumsklage auf Rückstellung zu (Eigentum
ist nicht übergegangen!), während das dtBGB nur einen obligatorischen
Bereicherungsanspruch ( → KAPITEL 5: Bereicherungsrecht
im ABGB?)
gewährt, weil der Erwerber zwar Eigentümer geworden ist, er die
Sache aber ungerechtfertigt, dh ohne (gültigen) Rechtsgrund erlangt
hat. – Der dinglich wirkende Schutz des ABGB ist natürlich viel
effizienter; vgl nur den Fall der Insolvenz des Erwerbers! | Rechtsvergleich |
Einen anderen Weg für den Erwerb
von Fahrnis schlägt der frCC ein: Er lässt Eigentum
mit Kaufvertragsperfektion übergehen. | |
Dazu Gschnitzer, Sachenrecht 2 102. | |
| |
Wichtige Rechtsquellen: – GrundbuchsG (GBG)
1955, BGBl 39; – GrundbuchsumstellungsG (GUG) 1980, BGBl 550; –
Allgemeines GrundbuchsanlegungsG (AllgGAG) 1929, BGBl 2/1930; –
LiegenschaftsteilungsG 1930, BGBl 3. | |
 | |
1. Allgemeines
– Geschichtliches | |
Das Ziel, den Liegenschaftsverkehr zu sichern und die Rechtslage
an Grundstücken klarzustellen, ist alt, zumal Liegenschaften schon
im alten Griechenland als Sicherungsobjekte für Schulden des Liegenschaftseigentümers
verwendet wurden. Das antike griechische Recht hatte
– im Gegensatz zum römischen Recht – ein aus heutiger Sicht modernes
Publizitätskonzept für den Liegenschaftverkehr entwickelt. Aus dem
hellenistisch-ptolemäischen Ägypten (Nachfolge des Alexanderreichs)
sind hochentwickelte Grundbücher erhalten. | |
Das antike griechische Recht kannte bereits
frühe und interessante Formen des Publizitätsgedankens,
der in Griechenland hoch entwickelt war und später übernommen werden
konnte: Am Anfang standen Gedächtnismänner / Mnemones,
die als Abschlusszeugen dem Liegenschaftskauf beigezogen wurden;
sie sagten im Streitfall aus. Früh gab es Archive,
wo die Urkunden hinterlegt und schließlich sogar die Verträge (unter
Beiziehung der Archivbeamten) geschlossen wurden. | |
Streit kann vermieden werden, wenn das Eigentum an Liegenschaften
klar feststellbar und überhaupt dingliche Rechte und Pflichten an
Liegenschaften – seien es Eigentum, Hypotheken oder Servituten –
einsehbaren Aufzeichnungen zu entnehmen sind. – Daher die frühen
Versuche, Rechtssicherheit im Liegenschaftrecht zu erlangen. | Rechtssicherheit
im
Liegenschaftrecht |
So
entstanden (in der Neuzeit) zunächst für den herrschaftlich-adeligen
Grundbesitz Landtafeln und in der Folge Stadtbücher für den städtischen
sowie Grundbücher ieS insbesondere für den bäuerlichen Grundbesitz;
dazu Klang in Klang2 II 329 und Ehrenzweig,
Sachenrecht 27 (19852). Wurden zunächst
in diese Bücher – ohne besondere Systematik – bloß chronologische
Aufzeichnungen eingetragen (rechtliche Änderungen waren selten!),
ging man später zum Personal- und schließlich zum
Realfoliensystem über.
–
Personalfoliensystem bedeutet,
dass sich der innere Aufbau des Grundbuchs nicht am Grundbuchskörper
(Liegenschaften) orientiert, sondern an den Personen, denen diese
gehören. | Grundbücher, Stadtbücher, Landtafeln |
1871 kam
es in Österreich zur ersten einheitlichen gesetzlichen Regelung
des Grundbuchswesens. In Tirol, wo die Widerstände
der Bauern gegen die Grundbuchsanlegung groß waren, galten die alten
Verfachbücher bis zum schließlichen Beginn der Grundbuchsanlegung
im Jahre 1897 und darüber hinaus. Dieses erste öGBG von 1871 gilt
noch heute in
Südtirol.
1955 wurde das Grundbuchsrecht gesetzlich neu gefasst; GBG 1955.
Die Neuerungen hielten sich in Grenzen. Mit dem GUG 1980wurde
das österreichische Grundbuchsystem auf EDV umgestellt. | Tirol |
Neben dem allgemeinen Grundbuch existieren noch heute Sondergrundbücher
als Verzeichnisse: | |
• die
Landtafeln für
die ehemals ständischen Güter, | |
• die
Eisenbahnbücher (seit 1874), | |
• das
Bergbuch weist die Bergwerksberechtigungen
aus, und | |
• die
Wasserbücher verzeichnen die Wassernutzungsrechte. | |
• Andere öffentliche
Register sind zB: | |
• das Firmenbuch
→ KAPITEL 15: Das
Firmenbuch / FB. | |
• der Grenzkataster (beim Vermessungsamt), | |
• das Schiffsregister sowie | |
• das Patent-, Marken-, Musterrechtsregister
→ KAPITEL 15: Marken-, Muster- und Patentregister. | |
 | Abbildung 2.24: Das Grundbuch (1) |
|
 | Abbildung 2.25: Das Grundbuch (2) |
|
 | Abbildung 2.26: Bücherliche Rechte: § 9 GBG |
|
Rechtstatsachen zum Grundbuch:
Etwa 150 Bezirksgerichte führen Gundbücher mit 2,2 Mio Grundbuchseinlagen. Diese
erfassen 12 Mio Grundstücke. Jährlich werden ca 3,5 Mio Grundbuchsauszüge
angefertigt; Kosten pro Auszug: 8 ı. | |
Wir haben die Lehre von Titel
und Modus bereits besprochen und wissen, dass das Eigentum und andere
(beschränkte) dingliche (Sachen)Rechte insbesondere auch das Liegenschaftspfand
/ die Hypothek und die Servituten als dingliche Rechte nur dadurch
erworben werden, dass das Titelgeschäft – sei es
ein Kauf-, Servituts- oder Pfandbestellungsvertrag – ins Grundbuch
eingetragen wird. Die Eintragung stellt den Modus,
die rechtlich taugliche Erwerbsart, dar. Erst sie bewirkt den Eigentumsübergang
an Liegenschaften oder das Entstehen einer Hypothek als Liegenschaftspfand. Daher
sagt man, die Hypothek führe ein „reines Buchleben”, denn außerhalb
des Grundbuchs existiert sie nicht. – Was für bewegliche
Sachen im Hinblick auf den Besitz- und Eigentumserwerb die
Übergabe ist, ist für den Eigentumserwerb an Liegenschaften (=
unbewegliche Sachen) die Verbücherung. | |
§ 431 ABGB bestimmt: „Zur Übertragung des Eigentums
unbeweglicher Sachen muss das Erwerbungsgeschäft in die dazu bestimmten
öffentlichen Bücher eingetragen werden. Die Eintragung nennt man
Einverleibung (Intabulation).” | |
 | |
Nach § 432 ABGB ist für die Intabulation eine beglaubigte
Urkunde über das Erwerbs-, also das Titelgeschäft nötig;
vgl auch §§ 31 ff GBG! § 433 ABGB bestimmt, was Inhalt dieser
Urkunde zu sein hat: Sie hat die am Geschäft beteiligten
Personen anzugeben sowie Liegenschaft und Titelgeschäft / Rechtsgrund
zu benennen usw. | Voraussetzungen
der Intabulation |
| |
„ ... und es muss von dem Übergeber in dieser
oder in einer besonderen Urkunde die ausdrückliche Erklärung abgegeben
werden, dass er in die Einverleibung einwillige”. | |
Zur Eigentumsübertragung
an Liegenschaften oder Superädifikaten –
dazu gleich mehr, die nicht im Grundbuch eingetragen sind
braucht es nach § 434 ABGB statt der Intabulation die gerichtliche
Hinterlegung der Urkunde beim Grundbuchsgericht;
heute geregelt im UHG, BGBl 1974/326. Dingliche Rechte an solchen
Liegenschaften werden nach § 1 Abs 2 UHG grundsätzlich „erst mit
der Urkundenhinterlegung” erworben; § 29 GBG (Rangordnung dinglicher
Rechte) gilt sinngemäß. |
Urkundenhinterlegung statt
Intabulation |
| |
Der Eigentumserwerb an Superädifikaten folgt den Regeln
des UHG. | |
Ein
Superädifikat – der Begriff darf nicht mit dem der Superficies verwechselt
werden – liegt also nur dann vor, wenn das Recht der Liegenschaftsbenützung
von vornherein zeitlich begrenzt ist. Andernfalls greift der Grundsatz
des § 297 ABGB (sog Superficies):
superficies
solo cedit = wörtlich übersetzt: das Bauwerk weicht Grund
und Boden, dh: ein Bauwerk gehört grundsätzlich dem Liegenschaftseigentümer.
Von diesem (römischrechtlichen) Grundsatz weicht die Regelung für
sog Superädifikate ab. | Superficies |
Superädifikate gelten,
trotz ihrer engen Verbindung mit einer Liegenschaft, als bewegliche Sachen;
Umkehrschluss aus § 297 iVm § 435 ABGB: so SZ 10/94 (1928) oder
55/155 (1982): Der Eigentümer eines gepfändeten Superädifikats hat
mit Beschwerde nach § 68 EO Abhilfe zu suchen oder mit der Widerspruchsklage
nach § 37 EO vorzugehen. | |
Wichtig für das Verständnis
ist es, dass Superädifikate sonderrechtsfähig sind
(vgl JBl 1991, 378); dh: das (Mit)Eigentum und andere Rechte an
der Liegenschaft – zB eine Servitut –und am Superädifikat können
getrennte Wege gehen. So verschafft ein (Mit)Eigentumserwerb an
der Liegenschaft, nicht notwendig das Eigentum am Superädifikat. | |
|
Eine Fertigteilgarage,
aber auch ein in massiver Bauweise ausgeführtes Wohn-
oder Geschäftshaus (vgl JBl 1930, 393), kann Superädifikat
sein, zumal keinerlei Größen- oder Höhenbeschränkungen bestehen. | |
|
|
SZ 44/101 (1971):
Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft an einem Superädifikat (durch
gerichtliche Feilbietung). | |
|
|
OGH 11. 7. 2001,
3 Ob 284/99g, JBl 2002, 311: Liegenschaftseigentümer räumt vier
Personen Baurecht ein, von dem aber kein Gebrauch
gemacht wird. Eine der vier Personen erhält auf Grund einer Sondervereinbarung
vom Eigentümer auch das Recht, ein Superädifikat auf
der Liegenschaft zu errichten. Das Baurecht wird
idF in Exekution gezogen und der betreibende Gläubiger versucht,
auch das Superädifikat exekutiv zu verwerten, was der OGH ablehnt. | |
|
Zum Baurecht
→ KAPITEL 8: Das
Baurecht:
Dort findet sich auch eine Gegenüberstellung der Begriffe Superficies, Superädifikat
und Baurecht. | |
 | |
2. Das
Grundbuch als öffentliches Register | |
Das Grundbuch ist
ein öffentliches, dh jedermann zugängliches, Register. Die Grundbücher
werden von den Bezirksgerichten geführt. Im Grundbuch
sind grundsätzlich alle Liegenschaften verzeichnet; Ausnahme: zB
öffentliches Gut. Vgl auch → KAPITEL 8: Freistehende
Sachen, öffentliches Gut und Staatsvermögen.
Man kann sich auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuchs
verlassen. Es wird seit 1980 elektronisch geführt; GUG 1980. Auch
für das auf EDV umgestellte Grundbuch gilt aber
weiterhin der Grundsatz des § 1 GBG, dass das Grundbuch aus dem
Hauptbuch und der unverändert gebliebenen Urkundensammlung besteht.
Das im Rahmen der Grundbuchumstellung neu geschaffene Verzeichnis
der gelöschten Eintragungen steht dem Hauptbuch rechtlich
gleich; JBl 1991, 584. | |
Grundbuchsauszüge
erhält man bei jedem Bezirksgericht und mittlerweile auch bei Notaren
und Rechtsanwälten. Der elektronische Zugang zum Grundbuch wurde
ständig erweitert. | Grundbuchsauszüge |
Das Grundbuch als öffentliches Buch verwirklicht das sachenrechtliche Publizitätsprinzip auf
vorbildliche Weise. Aber auch dem Spezialitäts- und Prioritätsprinzip des
Sachrechts dient das Grundbuch → KAPITEL 8: Priorität . | |
 | Abbildung 2.27: Aufbau des Grundbuchs |
|
| |
Für jede
Katastralgemeinde (KG; sie ist nicht
unbedingt deckungsgleich mit der politischen Gemeinde) wird vom
zuständigen Bezirksgericht ein eigenes Grundbuch geführt. | |
 | |
 | Abbildung 2.28: Das Grundbuch des Bezirksgerichts |
|
Nach
§ 1 GBG besteht „das” Grundbuch aus: | |
• einem
Hauptbuch und einer | |
•
Urkundensammlung. | |
Im Hauptbuch wird für jeden
Grundbuchskörper eine
eigene
Grundbuchseinlage mit
eigener Einlagezahl / EZ angelegt; zB KG Hötting EZ 3570. | |
Er
ist die rechtliche Grundeinheit des Grundbuchs. Der Grundbuchskörper
bildet ein rechtliches Ganzes; § 31 GBG. Ein Grundbuchskörper kann
aus mehreren Liegenschaften / Grundstücken bestehen; wobei die einzelnen
Liegenschaften / Grundstücke wiederum in (rechtlich nicht selbständige)
Parzellen unterteilt sein können. – Liegenschaften / Grundstücke
stellen danach nicht immer eine selbständige Grundbuchseinheit dar;
auf Parzellen trifft das nie zu. | |
Die
Parzellierung einer Liegenschaft dient deren leichterem Abverkauf.
So, wenn ein 10.000 m 2 großes Grundstück in
fünf gleich große Parzellen untergegliedert wird. Häufig kann dadurch
eine Wertsteigerung der Liegenschaft erreicht werden; besserer m 2-Preis.
Zu beachten ist, dass die Parzellierung nichts an der Einheit des
Grundbuchkörpers ändert → Aufbau
des Grundbuchs:
Ab- und Zuschreibung. | Parzellierung |
 | Abbildung 2.29: Grundbuchskörper/Liegenschaft/Parzelle |
|
 | Abbildung 2.30: Legende: GB-Körper/Liegenschaft/Parzelle |
|
Sie ist die Sammlung der Originale und beglaubigten
Abschriften von Urkunden, auf Grund derer bücherliche Eintragungen
erfolgen. – Vom Hauptbuch wird auf die Urkundensammlung verwiesen,
da im Hauptbuch nur Kurzeintragungen erfolgen. – Vom Hauptbuch aus
ist also der Weg zurück zur Urkunde, die das Titelgeschäft dokumentiert,
verfolgbar. | |
Besteht
ein Grundbuchskörper aus mehreren Liegenschaften oder ist das einzige
Grundstück eines Grundbuchskörpers parzelliert, müssen diese unselbständigen
Teile – bspw im Falle des Verkaufs nur einer Liegenschaft oder von
nur einer oder mehreren Parzellen – ab- oder zugeschrieben werden;
§ 3 Abs 2 GBG. | |
Durch Ab- oder Zuschreibung ändert sich demnach der Umfang
eines Grundbuchskörpers. – Im Falle der Abschreibung wird für den
abgeschriebenen Teil ein neuer Grundbuchskörper mit neuer
Einlagezahl (EZ) geschaffen. | |
Dasselbe gilt für Teilungen von Grundbuchskörpern; zB im
Rahmen einer Erbfolge. Zu beachten sind in diesen Fällen die Vorschriften
des LiegenschaftsteilungsG 1930 und der jeweiligen Landes-Bauordnung. | |
 | Abbildung 2.31: Aufbau des Hauptbuchs – Realfoliensystem |
|
Nach
§ 4 GBG wird die Erwerbung, Übertragung, Beschränkung und Aufhebung
bücherlicher Rechte ( →
Bücherliche Rechte)
an einem Grundbuchskörper nur durch Eintragung ins
Hauptbuch bewirkt. | Aufbau der einzelnen
GB-Einlage |
Das Hauptbuch,
das in Tirol in zwei Abteilungen geführt wird (I: geschlossene Höfe;
II: sog walzende Güter), ist nach dem Realfoliensystem geordnet;
dh, jeder Grundbuchskörper erhält eine selbständige Grundbuchseinlage:
vgl §§ 2, 3 GBG. | |
| |
Jede Grundbucheinlage ist
folgendermaßen aufgebaut: Sie besteht aus der „Aufschrift”
sowie nach § 61 AGAG aus 3 „Blättern”: dem Gutsbestands-
oder A-Blatt, dem Eigentums- oder B-Blatt und dem Lasten- oder C-Blatt. | |
 | Abbildung 2.32: Aufbau der einzelnen GB-Einlage |
|
Die sog Aufschrift führt
die Katastralgemeinde (KG), die Einlagezahl (EZ) sowie den Gerichtsbezirk
und die Bezeichnung des jeweiligen Grundbuchskörpers an. – Die Aufschrift
bildet den „Kopf” jeder Grundbuchseinlage. | Aufschrift |
Das A-Blatt ist wiederum in ein
A1- und A2-Blatt unterteilt. Das Gutsbestandsblatt „charakterisiert”
den jeweiligen Grundbuchskörper. | A-Blatt |
Das A1-Blatt zählt allfällige
Parzellen auf, und benennt deren „Kulturart”. | |
 | |
 | |
 | |
Die
Kultur- oder Benützungsarten von Liegenschaften werden nach § 10
Abs 1 VermG (samt Anhang) festgelegt: zB Baufläche, landwirtschaftlich
genutzte Grundfläche, Garten, Wald, Gewässer, Alpe etc. | |
Das A2-Blatt gibt Auskunft über Veränderungen
am Gutsbestand des jeweiligen Grundbuchskörpers, insbesondere durch
Zu- und Abschreibung und – praktisch bedeutsam – über die mit dem
Liegenschafteigentum verbundenen Rechte; zB Servituten oder Reallasten,
wenn die Liegenschaft herrschendes Grundstück ist. | |
| |
Auch eine Eintragung nach
§ 297a ABGB (Maschine → KAPITEL 8: §
297a ABGB ¿ Der ¿Maschinenparagraph¿)
erfolgt hier. Das A2-Blatt weist zudem (nach § 7 Abs 2 AGAG) Beschränkungen aus,
die auf öffentlichrechtlichen Vorschriften beruhen; etwa die Zugehörigkeit
eines Grundbuchskörpers zur Sicherheitszone eines Flughafens oder
zu einem Wasserschutzgebiet. | |
 | Abbildung 2.33: Original-GB: Gutsbestands- oder A-Blatt |
|
Das Eigentums-
oder B-Blatt gibt die
Eigentumsverhältnisse wieder. „Öffentliches Gut” wird als solches
gekennzeichnet. | B-Blatt |
Im
B-Blatt werden auch die persönlichen Beschränkungen angeführt,
„denen der [jeweilige] Eigentümer [einer Liegenschaft] für seine
Person in der freien Vermögensverwaltung” unterworfen ist; § 10
Abs 1 AGAG. | |
| |
Das Ersichtlichmachen persönlicher Beschränkungen
im Grundbuch „zerstört” den guten Glauben eines Erwerbers, der sich
dann nicht mehr darauf berufen kann, er habe von nichts gewusst. | |
 | Abbildung 2.34: Original-GB: Eigentums- oder B-Blatt |
|
Das Lasten-
oder C-Blatt zählt alle
Lasten und objektiven Verfügungsbeschränkungen einer Liegenschaft
auf. | C-Blatt |
 | |
 | Abbildung 2.35: Original-GB: Lasten- oder C-Blatt |
|
Der leichteren Benutzbarkeit des Grundbuchs dienen Hilfsverzeichnisse und -einrichtungen.
Seit 1999 können Grundbuch und Firmenbuch über das Internet abgefragt
werden. | |
 | Abbildung 2.36: Hilfsverzeichnisse und -einrichtungen |
|
 | Abbildung 2.37: EDV-Grundbuchsauszug |
|
 | Abbildung 2.38: Die GB-Mappe |
|
| |
Was kann ins
Grundbuch eingetragen werden? – Gegenstand der Einverleibung oder
Vormerkung sind nach § 9 GBG „nur dingliche Rechte und Lasten, ferner
das Wiederkaufs- und das Vorkaufsrecht (§§ 1070 und 1073 ABGB) sowie
das Bestandrecht (§ 1095 ABGB) ...” | |
| |
Die Aufzählung bücherlicher Rechte in § 9 GBG
wird als taxativ angesehen. | |
5. Arten
bücherlicher Eintragungen | |
 | Abbildung 2.39: Arten bücherlicher Eintragungen – § 8 GBG |
|
 | Abbildung 2.40: Bücherliche (= verbücherbare) Rechte |
|
§ 8
GBG nennt: | |
Bei
der Einverleibung oder Intabulation (§§ 31 ff GBG) handelt es sich
um unbedingte Eintragungen; es geht dabei um die
Erwerbung, Übertragung, Beschränkung oder Löschung bücherlicher Rechte. | |
Vormerkungen
sind bloss bedingte Einverleibungen; §§ 35 ff GBG.
Sie bedürfen der nachträglichen Rechtfertigung,
also eines weiteren Nachweises für den endgültigen dinglichen Rechtserwerb. | |
Die Vormerkung sollte künftig im EDV-Grundbuch
erleichtert und überhaupt effizienter gestaltet werden. | |
Anmerkungen
dienen der Begründung bestimmter Rechtswirkungen; §§ 52 ff GBG. | |
| |
|
OGH 11.
12. 2002, 7 Ob 253/02k, OGH 12. 2. 2003, 7 Ob 253/02k (mit Berichtigung),
JBl 2003, 307: Vater schenkt seinem Sohn ein Grundstück und widerruft
die Schenkung noch vor Intabulation nach § 948 ABGB. Vater klagt
idF den Sohn, in seine erneute „Eigentumseinverleibung einzuwilligen”
und beantragt parallel dazu eine Streitanmerkung nach
§ 61 GBG. – OGH lehnt dies ab, weil es wesentliche Voraussetzung
einer grundbücherlichen Streitanmerkung sei, dass die Gültigkeit
einer bücherlichen Eintragung bestritten und die Wiederherstellung
des früheren Buchstandes verlangt wird. Eine Streitanmerkung sei hingegen
bei einem bloß obligatorischen Begehren nicht zulässig (hier: Schenkungswiderruf),
selbst wenn dieses auf den Erwerb eines bücherlichen Rechts gerichtet
sei. – Kritik von Pfersmann und Rummel. | |
|
ZB von öffentlichrechlichen (etwa Naturschutzgebiet
oder Flugsicherheitszone) oder persönlichen Beschränkungen des
Eigentums (zB Minderjährigkeit oder Konkurs) durch mit der Liegenschaft
verbundene Rechte; zB wird eine Servitutsberechtigung im A2-Blatt
des herrschenden Grundstücks ersichtlich gemacht. | |
6. Die Grundbuchsprinzipien | |
Die in der Folge behandelten Grundsätze/Prinzipien wurden
vom Schrifttum anhand der Normen des Grundbuchsrechts entwickelt.
Sie finden sich in der hier dargebotenen Form nicht im GBG. – Sie
dienen der Funktionalität des Grundbuchs und damit des Sachenrechts.
Sie setzen für das Grundbuchsrecht die Sachenrechtsprinzipien um. | |
 | Abbildung 2.41: Die Grundbuchsprinzipien – Überblick |
|
Nach den
§§ 76 ff GBG erfolgen Eintragungen ins Grundbuch grundsätzlich „nur
auf Ansuchen von Parteien oder Behörden”, nicht von Amts wegen.
Dafür gilt die in § 96 GAG festgelegte Maxime, dass das Grundbuchsgericht
nicht „mehr oder etwas anderes, als die Partei angesucht hat” bewilligen
darf, selbst wenn dies möglich wäre. | |
Wurde
bloß um Vormerkung angesucht, darf keine Einverleibung angeordnet
werden, selbst wenn sie zulässig wäre; vgl § 96 Abs 2 GBG. – Eine Ausnahme
gilt für gegenstandslose und unzulässige Eintragungen, die von Amts
wegen zu löschen sind; §§ 110 ff GBG. | |
 | Abbildung 2.42: Antragsprinzip – Legalitätsprinzip |
|
|
§ 94 GBG | |
(1)
Das Grundbuchsgericht hat das Ansuchen und dessen Beilagen einer
genauen Prüfung zu unterziehen und darf eine grundbücherliche Eintragung
nur dann bewilligen, wenn | |
1. aus dem Grundbuch in Ansehung der Liegenschaft
oder des Rechtes kein Hindernis gegen die begehrte Eintragung vorgeht; | |
2. kein gegründetes Bedenken gegen die persönliche
Fähigkeit der bei der Eintragung Beteiligten zur Verfügung über
den Gegenstand, den die Eintragung betrifft, oder gegen die Befugnis
der Antragsteller zum Einschreiten vorhanden ist; | |
3. das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten
Urkunden begründet erscheint und | |
4. die Urkunden in der Form vorliegen, die zur
Bewilligung einer Einverleibung, Vormerkung oder Anmerkung erforderlich
ist. | |
(2) Bei grundbücherlichen Eintragungen, die
nicht von dem Grundbuchsgericht, sondern von einem anderen Gericht
bewilligt werden, hat sich das Grundbuchsgericht darauf zu beschränken,
über die Zulässigkeit der Eintragung mit Rücksicht auf den Grundbuchsstand
zu entscheiden; hinsichtlich der übrigen Erfordernisse steht die
Entscheidung dem bewilligenden Gericht zu. | |
|
Der Richter hat demnach beschränkt die Aktenlage und damit
die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen der begehrten Eintragung
zu prüfen. | |
 | |
|
§ 4 GBG | |
Die
Erwerbung, Übertragung, Beschränkung und Aufhebung der bücherlichen
(§ 9) Rechte wird nur durch ihre Eintragung in das Hauptbuch erwirkt. | |
|
Damit ist der Eintragungsgrundsatz
formuliert. Zu erinnern ist daran, dass die Grundbuchseintragung
Erwerbsart / Modus für den Eigentumserwerb oder den Erwerb anderer
dinglicher Rechte an Liegenschaften ist. – Der jeweilige bücherliche
Rechtserwerb setzt einen gültigen Titel voraus; vgl § 26 Abs 2 GBG
iVm § 431 ABGB. | |
Nach
§ 21 GBG sind „Eintragungen ... nur wider den zulässig, der ...
als Eigentümer der Liegenschaft oder des Rechtes, in Ansehung deren
die Eintragung erfolgen soll, im Grundbuch erscheint oder doch gleichzeitig
als solcher einverleibt oder vorgemerkt wird.” – § 22 GBG statuiert
eine Ausnahme: Bei mehrfacher außerbücherlicher Übertragung
von Liegenschaften oder bücherlichen Rechten gilt, dass
der letzte Übernehmer unter Nachweis seiner Vorberechtigten (Titelkette) die
Eintragung verlangen kann. – Und § 23 GBG trifft Vorsorge für den
häufigen Fall der erbrechtlichen Übertragung von Liegenschaften
und anderen damit verbundenen dinglichen Rechten. Wird eine zur
Verlassenschaft gehörige Liegenschaft veräußert, kann der Erwerber
unter Überspringen allfälliger Zwischenberechtigter die bücherliche
Eintragung unmittelbar nach dem Erblasser begehren. Das soll vereinfachen
und überflüssige Kosten sparen helfen. |
Bücherlicher Vorman |
 | Abbildung 2.43: Der Eintragungsgrundsatz des GB |
|
 | Abbildung 2.44: Durchbrechungen des Eintragungsgrundsatzes |
|
|
Vgl den Sachverhalt
von EvBl 2002/149 ( →
Kaufpreis)
Kaufpreis: Mangelnde Bestimmtheit. | |
|
|
OGH 21.
6. 2000, 1 Ob 344/99s, SZ 73/102(Ablehnung von SZ 10/311) = JBl
2000, 793 = EvBl 2001/2: Ausnahme vom Verbücherungsgrundsatz:
Vermietete Liegenschaft (keine Eintragung des Bestandverhältnisses
ins Grundbuch) wird versteigert. Nach Zuschlag, aber vor Intabulation,
kündigt der Erwerber den Mietvertrag. – OGH erklärt bereits den
Zuschlag und nicht erst den Erlag des Kaufpreises oder die Einverleibung
im Grundbuch zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Übernahme eines
nicht verbücherten Bestandvertrags im Falle des § 1121 ABGB und
damit die Aktivlegitimation für die Kündigung. (Eine Bindung des
Erstehers des Bestandgegenstandes an die vertragliche Bestandszeit
besteht neben der Verbücherung auch noch in zwei anderen Fällen,
nämlich bei einer Dreiparteienübereinkunft und im Fall der Überbürdung
des Bestandvertrags an den Liegenschaftserwerber durch Vertrag zu
Gunsten Dritter.) | |
|
 | Abbildung 2.45: Sog „bücherlicher Vormann” |
|
|
Durchbrechungen
des Eintragungsgrundsatzes |
•
Enteignung:
Eigentumserwerb mit Erlag der Entschädigungssumme; vgl § 35 EisbEG → KAPITEL 8: Enteignung:
§ 365 ABGB. | |
•
Zwangsversteigerung:
Eigentumserwerb mit Zuschlag (nach § 237 Abs 1 EO). | |
•
Erbgang (sog Universalsukzession):
Eigentumserwerb mit Einantwortungsbeschluss (§§ 797, 799 ABGB),
nicht aber durch Verbücherung; den Titel bildet der erbrechtliche
Berufungsgrund. | |
•
Ersitzung: Auch sie ist eine
originäre Eigentumserwerbsart → KAPITEL 13: Originär. | |
•
Fusion /Verschmelzung juristischer
Personen → KAPITEL 4: Fusion
/ Verschmelzung und Spaltung. | |
 | Abbildung 2.46: Publizitäts- und Vertrauensgrundsatz |
|
Der
Grundsatz der Öffentlichkeit des Grundbuchs meint formelle Publizität
iSd § 7 GBG: „Das Grundbuch ist öffentlich.” Damit im unmittelbaren
Zusammenhang formuliert § 7 Abs 2 GBG: „Jedermann kann das Grundbuch
... einsehen und Abschriften oder Auszüge daraus erheben ...” | Der Publizitäts-
und
Vertrauensgrundsatz |
Jährlich werden um die 3,5 Millionen Grundbuchsauszüge erstellt.
Ein Grundbuchsauszug kostet derzeit 8 ı. | |
Der Publizitäts- und Vertrauensgrundsatz umfasst auch den
öffentlichen Glauben in das Grundbuch; sog
Vertrauensgrundsatz (=
materielle Publizität). Das Grundbuch genießt danach öffentlich
Glauben und schützt Erwerber im Hinblick darauf! Geschützt wird,
wer im Vertrauen auf das Buch erwirbt, und zwar: | |
• im Vertrauen auf
seine Richtigkeit und | |
• im Vertrauen auf die Vollständigkeit des Grundbuchs. | |
Voraussetzung dafür ist es jedoch, dass der Erwerber: | |
• in das Grundbuch Einsicht genommen hat
und | |
• auch sonst die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit
nicht kennt. | |
Bücherliche Eintragungen orientieren
sich am Besitzrecht, zumal die Verbücherung für unbewegliche Sachen
das bewirkt, was die Besitzübertragung für bewegliche Sachen bedeutet;
§§ 426 ff ABGB. Nach diesem Grundsatz gelten unrichtige oder unvollständige
Eintragungen solange als richtig, als sie nicht berichtigt wurden. Gutgläubige
Dritte werden in ihrem Vertrauen auf den Grundbuchsstand
geschützt. Darin liegt öffentlicher Glaube / Vertrauensgrundsatz.
Erworben werden kann aber grundsätzlich nur vom bücherlichen Vormann;
§§ 21 ff GBG. Nur bücherlich berechtigte Personen sind verfügungsberechtigt. | Legitimations-
oder Rechtsscheinwirkung |
 | Abbildung 2.47: Legitimations- oder Rechtsscheinwirkung |
|
Das Sachenrecht
und insbesondere das Grundbuchrecht folgt dem Prioritätsgrundsatz
(§§ 29, 30, 93 GBG), den schon ein altes deutsches Rechtssprichwort
umschreibt: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.” – Und das römische
Recht formulierte: „Prior tempore, potior iure” (= Das zeitlich
ältere, ist das stärkere Recht). – Das bedeutet den Vorrang des
älteren, hier des früher eingetragenen Rechts. Die erwähnten §§
29 und 93 GBG regeln, dass sich der Rang, dh die Stärke einer Eintragung
durch den Zeitpunkt des Einlangens eines Grundbuchgesuchs beim Grundbuchsgericht bestimmt
wird. Das ist vor allem – aber nicht nur – für Hypotheken wichtig,
zumal deren Befriedigung rangmäßig erfolgt. |
Prioritätsgrundsatz
und Rangprinzip |
§ 30 GBG kennt die Möglichkeit der
Vorrangseinräumung:
Dadurch kann die Rangordnung der auf einer Liegenschaft verbücherten
Rechte geändert werden. Dazu bedarf es jedoch der Einwilligung des
„zurücktretenden und des vortretenden Berechtigten” und – wenn das
zurücktretende Recht eine Hypothek ist – auch noch des Eigentümers und
allenfalls anderer dinglich Berechtigter. Nötig ist uU auch die
Zustimmung der Zwischenberechtigten. Näheres im Gesetz. | |
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OGH 24. 10. 2000,
5 Ob 252/00w, SZ 73/165: Liegenschaft ist mit einer Hypothek im
ersten Rang in Höhe von 1,7 Mio S belastet. Land Salzburg begehrt
auf Grund einer (Satzungs)Vorrangseinräumungserklärung für seine
Forderung von über 600.000 S, für die eine Hypothek im 2. Rang einverleibt
ist, den Vorrang seines Pfandrechts für einen Teilbetrag von 200.000
S. Dies lehnte das Gericht mit dem Hinweis ab, dass § 30 GBG dies
nicht zulasse. – OGH gestattet dies mit dem Argument, dass eine Vorrangseinräumung auch
in der Weise möglich sei, dass der bessere Pfandrang auch nur einem
Teil der nachrangigen Hypothekarforderung zukommt. | |
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 | Abbildung 2.48: Rangmäßige Befriedigung – Beispiel |
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 | Abbildung 2.49: Priorität-Spezialität |
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Der
grundbuchsrechtliche Spezialitätsgrundsatz (§§ 10 ff GBG) verfolgt
zwei Ziele: | |
•
Einerseits
besagt er, dass dingliche / bücherliche Rechte nur an bestimmten Einzelsachen (insbesondere
Liegenschaften) oder „Sachteilen” wie einem Miteigentumsanteil möglich
sind; vgl dazu § 13 Abs 1 GBG: | |
„Das Pfandrecht kann entweder auf einem
ganzen Grundbuchskörper oder bei Miteigentum auf den Anteil eines jeden
Miteigentümers ... eingetragen werden.” | |
Damit
werden die nach römischem Recht möglichen Generalhypotheken am
gesamten Vermögen einer Person ausgeschlossen, da sie sich nicht
bewährt haben. – Eine gewisse Ausnahme in dieser Hinsicht stellt
jedoch die Simultanhypothek dar; vgl §§ 105 ff
GBG. | |
•
Andrerseits verlangt
der Spezialitätsgrundsatz für die Begründung bücherlicher Rechte
deren klare inhaltliche Präzisierung: Vgl § 10
GBG (Begründung von schlichtem Miteigentum) oder § 12 GBG: Bei Dienstbarkeiten
und Reallasten muss Inhalt und Umfang des eingetragenen Rechtes
„möglichst bestimmt angegeben werden”. Sollen aber Dienstbarkeiten
auf bestimmte räumliche Grenzen beschränkt sein, „so müssen diese
genau bezeichnet werden”. | |
Die §§ 13 ff
GBG behandeln die Bedeutung unseres Grundsatzes für das Pfandrecht:
Auch beim Pfandrecht werden die beiden Zielsetzungen des Spezialitätsgrundsatzes
deutlich; § 13 GBG regelt, „woran” gültiges Pfandrecht begründet
werden kann (zB „ganzer Grundbuchskörper” oder an Miteigentumsanteilen)
und § 14 GBG formuliert die „zweite Zielsetzung”: | |
„Das Pfandrecht kann nur für eine ziffernmäßig
bestimmte Geldsumme eingetragen werden. Bei einer verzinslichen Forderung
muss auch die Höhe der Zinsen eingetragen werden.” | |
Nach § 16 GBG
deckt das erworbene Pfandrecht auch die Prozess-
und Exekutionskosten; also die Kosten der Realisierung
des Pfandrechts. Dazu kommen nach § 17 GBG die „dreijährigen Rückstände
von [vertraglichen oder gesetzlichen] Zinsen”, die den „gleichen
Rang mit dem Kapital” genießen. – Vgl auch § 18 GBG. | |
Seit 1999 können ins Grundbuch auch Hypotheken
in ausländischen Währungen eingetragen werden. Hypotheken in fremder
Währung waren bisher ausgeschlossen. | |
§ 15 Abs
1 GBG: „Das Pfandrecht kann für die selbe Forderung ungeteilt auf
zwei oder mehrere Grundbuchskörper oder Hypothekarforderungen eingetragen
werden (
Simultanhypothek)”;
vgl dazu die §§ 105 ff GBG. – Und Abs 2 leg cit bestimmt: „Der Gläubiger
ist in solchen Fällen berechtigt, die Bezahlung der ganzen Forderung
aus jeder einzelnen Pfandsache zu verlangen.” | Ausnahmen
vom Spezialitätsgrundsatz |
Die
Simultanhypothek ist nichts anderes, als der auf Liegenschaften
übertragene Gedanke der Solidarhaftung. | Simultanhypothek |
§
14 Abs 2-4 GBG regeln die Höchstbetragshypothek (HBH): | Höchstbetragshypothek |
Bei der HBH wird – wie der Name sagt – nur ein Höchstbetrag,
dh ein Kreditrahmen (im GB), angegeben, „bis zu dem der Kredit oder
die Haftung reichen soll [kann]”. Das Gesetz verlangt in
§ 14 Abs 2 und 3 GBG, dass entweder „in der Urkunde, auf Grund derer
die Eintragung vorgenommen werden soll” oder im Grundbuchsgesuch,
„ein Höchstbetrag anzugeben [ist], bis zu dem der Kredit oder die
Haftung reichen soll”. Die tatsächliche Belastung kann aber davon
abweichen; dh: der Kreditrahmen muss nicht (voll) ausgenützt werden.
So wenn vom gewährten Kreditrahmen in der Höhe von 500.000 ı nur
250.000 ı in Anspruch genommen werden. Nur mit diesem Betrag ist
die Liegenschaft dann auch tatsächlich belastet. Auch Zinsen sind
nur vom tatsächlich in Anspruch genommenen Betrag zu entrichten.
– Wirtschaftlich kann die Gewissheit, über einen bestimmten Kreditrahmen
disponieren zu können, wichtig sein; zB bei Unternehmenskäufen. | |
Die dingliche Sicherung von Kontokorrentkrediten
erfolgt häufig durch eine HBH. | |
Nach § 14 Abs 2 GBG ist nur in folgenden Fällen eine HBH
möglich: | |
• pfandrechtliche Sicherstellung
einer Kreditforderung; | |
• pfandrechtliche Sicherstellung einer Forderung
aus einer übernommenen Geschäftsführung; | |
• pfandrechtliche Sicherstellung aus dem Titel
der Gewährleistung; | |
• pfandrechtliche Sicherstellung einer Schadenersatzforderung. | |
Die
Rspr lässt aber nunmehr die Begründung von HBH über die in § 14
Abs 2 GBG genannten Fälle hinaus für alle künftigen Forderungen
zu, wenn außer der Person des Berechtigten und des Schuldners auch
der genau umrissene Rechtsgrund, aus dem die Forderung entstehen
könnte, feststeht. Es wird daher zB für zulässig gehalten, die Sicherung
von Pachtzinsforderungen durch eine HBH vorzunehmen; SZ 69/159 (1996:
verstSenat) mwH. | |
Die HBH wird immer wieder mit der Anordnung in
§ 1374 ABGB verwechselt, wonach niemand, der eine Sache zur Sicherstellung
annehmen soll, schuldig ist, bestimmte Wertansätze zu überschreiten:
sie betragen bei Häusern – die Hälfte, bei Grundstücken und beweglichen
Gütern – 2/3 der Schätzung. | |
 | Abbildung 2.50: Höchstbetragshypothek (1) |
|
 | Abbildung 2.51: Höchstbetragshypothek (2) |
|
 | |
7. Anmerkung
der Rangordnung und Rangordnungsbescheid: §§ 53-57 GBG | |
Typische
Situation: Ein Eigentümer will seine Liegenschaft verkaufen und
dabei sichergehen, dass er auch sein Geld bekommt; ein Käufer will
zahlen, aber nur gegen Aushändigung jener Urkunden, die seine Verbücherung
ermöglichen. Zu zahlen ohne entsprechende Sicherheit zu erhalten,
wäre – gerade beim Liegenschaftskauf – purer Leichtsinn. Hier hilft
das Rechtsinstitut der Ranganmerkung iVm der Ausstellung eines Rangordnungsbescheids, wodurch
das Zug-um-Zug-Prinzip beim Liegenschaftskauf verwirklicht und die
angedeutete Pattstellung beseitigt wird. | |
 | |
Der veräußerungswillige Eigentümer beantragt (zur Erwirkung
einer Rangordnungsanmerkung) beim Grundbuchsgericht entweder die
bücherliche: | |
•
Anmerkung
der beabsichtigten Veräußerung – oder ebenso möglich, der | |
•
Verpfändung
seiner Liegenschaft, womit die bücherliche Rangordnung
vom Zeitpunkt des Einlangens dieses Ansuchens (beim GB-Gericht)
für die infolge dieser Veräußerung (oder Verpfändung) einzutragenden
Rechte begründet werden soll. – Nach § 54 GBG darf von dem Beschluss
des Grundbuchsgerichts, mit dem das Gesuch bewilligt wird, nur eine
Ausfertigung erteilt werden. Diese „einzige” Ausfertigung
kann nun bspw der Verkäufer dem Käufer übergeben und der Käufer
kann – gegen Aushändigung dieses Rangordnungsbescheids – ruhigen
Gewissens zahlen, weil diese Urkunde Gewähr dafür bietet, dass er
seine grundbücherlichen Rechte erlangen kann. Gegen Vorlage des
Rangordnungsbescheids wird der Käufer ins Grundbuch eingetragen und
zwar selbst dann, wenn der Verkäufer vor Stellung des Verbücherungsansuchens
des Käufers noch anderweitig über die Liegenschaft verfügt haben
sollte; zB Doppelverkauf oder Belastung der Liegenschaft mit einer
Hypothek oder Servitut; § 56 Abs 2 GBG. – Alle bücherlichen Eintragungen,
die seit Ausstellung des Rangordnungsbescheids (allenfalls) erfolgt
sind, werden bei Vorlage des Rangordnungsbescheids gelöscht, soweit
sie dem einzutragenden Recht entgegenstehen; § 57 GBG. | |
|
OGH 23. 8. 2001,
6 Ob 294/00d, JBl 2002/247: Ein Kreditnehmer erwirkt für seinen
ersten Kreditgeber auf seiner Liegenschaft die Rangordnung
für die beabsichtigte Verpfändung im ersten Rang. Vom Bescheid
wird nicht Gebrauch gemacht. Im nachfolgenden Rang wird idF für
einen zweiten Kreditgeber eine Hypothek in Höhe von 20 Mio S einverleibt.
Der erste Kreditgeber versucht nach Ablauf der Gültigkeit des Rangordnungsbescheids
die versäumte Sicherheit „nachzuholen”, was der OGH als unzulässig ansieht. | |
|
Nach § 56 Abs 3 GBG sichert eine Anmerkung der
Rangordnung auch gegen das Risiko des Konkurses: | |
„Verfällt der Eigentümer der Liegenschaft
[oder der Hypothekargläubiger] vor Überreichung des Eintragungsgesuchs
[durch den Käufer] in Konkurs, so kann die Eintragung ... bewilligt
werden, wenn die Urkunde über das Geschäft schon vor dem Tage der
Konkurseröffnung ausgefertigt war [und dies gerichtlich oder notariell
beglaubigt wurde].” | |
Zu beachten ist, dass eine
Rangordnung „mit Ablauf eines Jahres nach ihrer Bewilligung” ihre Wirksamkeit
verliert. Ein Rangordnungsbescheid muss also innerhalb dieser Frist
konsumiert werden; § 57 Abs 2 GBG. Aber 1 Jahr räumt dem Käufer
genug Zeit ein, um bspw seine Verbücherung in Ruhe vorzubereiten.
Wird über dieses Gesuch die Einverleibung oder Vormerkung des Käufers
bewilligt, kommt der (endgültigen) Eintragung die angemerkte Rangordnung
zu und nicht etwa der (spätere) Rang des Eintragungsgesuchs. | Wirksamkeitsdauer
der bewilligten Rangordnung |
Das
Rechtsinstitut der Anmerkung der Rangordnung schafft hohe Sicherheit
beim Liegenschaftskauf (Rechtssicherheit) und beseitigt allfälliges
gegenseitiges Misstrauen und eine daraus resultierende Pattstellung.
– Die Anmerkung der Rangordnung samt Rangordnungsbescheid schafft
überdies Sicherheit für beide Seiten eines Liegenschaftskauf(vertrag)s. | |
 | Abbildung .52: Anmerkung der Rangordnung
(1) + (2) + (3) + (4) |
|
III. Originärer Eigentumserwerb | |
| |
| |
• den originären /
unmittelbaren oder ursprünglichen, dh den nicht von einem Vormann
abgeleiteten; und | |
•
den derivativen / mittelbaren,
von einem Vormann stammenden / abgeleiteten; vgl § 423 ABGB. | |
Das ABGB selbst spricht nicht
von originärem und derivativem Erwerb, sondern von unmittelbarer und
mittelbarer Erwerbsart; § 423 ABGB: | |
„Sachen, die schon einen Eigentümer haben,
werden mittelbar erworben, indem sie auf eine rechtliche Art von
dem Eigentümer auf einen anderen übergehen.” | |
| Titel und Modus
braucht auch der originäre Erwerb |
§ 424 ABGB: „Der Titel der
mittelbaren Erwerbung liegt in einem Vertrag; in
einer Verfügung auf den Todesfall [zB Testament];
in einem richterlichen Ausspruche [zB Urteil];
oder, in der Anordnung des Gesetzes [vgl dazu die
Beispiele unter →
Originärer und derivativer
Erwerb].” | Titel
der mittelbaren Erwerbung |
Zu Titel und Modus beim originären Eigentumserwerb
vgl etwa § 381 ABGB: „angeborne Freiheit, sie in Besitz zu nehmen”
und die „Zueignung” iSv Besitzerwerb oder § 386 ABGB: Dereliktion. | §§
381, 386 ABGB |
 | |
2. Arten
des originären Eigentumserwerbs | |
Ein praktisch wichtiges Beispiel eines originären Eigentumserwerbs
enthält das Bergrecht, das nunmehr im MineralrohstoffG,
BGBl I 1999/38 (MinroG) geregelt ist. | |
 | |
Das dritte Hauptstück des zweiten Teils des
ABGB (§§ 380–403) handelt „Von der Erwerbung des Eigentums durch
Zueignung” und den rechtlichen Erfordernissen der Erwerbung. Das
Vierte Hauptstück behandelt den Eigentumserwerb durch Zuwachs; §§
404–422 ABGB. – Beide Hauptstücke regeln Fälle des originären /
unmittelbaren Eigentumserwerbs: | |
•
§ 381 ABGB: „… Bei freistehenden Sachen besteht
der Titel in der angebornen Freiheit, sie in Besitz zu nehmen. Die
Erwerbungsart ist die Zueignung, wodurch man sich einer freistehenden
Sache bemächtigt, in der Absicht, sie als die seinige zu behandeln.”
– Beispiele dafür sind kleine Tiere, die weder den Landes-Naturschutz-
noch den LandesjagdG unterliegen; also zB Schmetterlinge oder Insekten,
nicht aber Vögel. § 382 ABGB: „… Freistehende Sachen können von
allen Mitgliedern des Staates durch die Zueignung erworben werden,
insofern diese Befugnis nicht durch politische Gesetze eingeschränkt
ist, oder einigen Mitglieder das Vorrecht der Zueignung zusteht.” | Freistehende Sachen |
| |
• §§ 383, 384 ABGB: zB Bienenschwärme | |
| |
•
Geregelt
in den §§ 385-387 ABGB: § 386 ABGB umschreibt sie. –
Dereliktion bedeutet:
Aufgabe des Eigentumsrechts, ohne es (derivativ) auf jemand anderen
zu übertragen. Ein neu eingefügter Satz 2 des § 386 ABGB (früher zutreffender
§ 388 Satz 1 ABGB) enthält die Rechtsvermutung: „Im Zweifel ist
nicht zu vermuten, dass jemand sein Eigentum aufgeben wolle; daher
darf kein Finder eine gefundene Sache für verlassen ansehen und
sich diese zueignen.” – Derelinquiert wird alles mögliche: alte
Bücher und Möbel, Autos, Elektrogeräte etc. Diese Sachen werden
dann herrenlos und stehen allgemeiner Aneignung offen. – Sog Herrenlosigkeit
kann auch bei Liegenschaften eintreten; vgl § 387 ABGB. Der OGH
hat entschieden, dass die eingetretene „Herrenlosigkeit” einer Liegenschaft
ins Grundbuch eingetragen werden kann. Der Grundbuchskörper bleibt
bestehen; siehe OGH 25.2.1997, 4 Ob 37/97p. | Dereliktion |
•
Neu
geregelt in den §§ 388-394 ABGB (BGBl I 2002/104, in Geltung seit
1. 2. 2003). | Fund |
§
388 Abs 1 ABGB umschreibt nunmehr „verlorene Sachen” als „bewegliche,
in niemandes Gewahrsam stehende Sachen, die ohne den Willen des
Inhabers aus seiner Gewalt gekommen sind”. – Abs 2 grenzt davon
„vergessene Sachen” ab, die als „bewegliche Sachen, die ohne den
Willen des Inhabers [?] an einem fremden [?], unter der Aufsicht
eines anderen stehenden Ort [?] zurückgelassen worden und dadurch
in fremde Gewahrsame gekommen sind” umschrieben werden. | |
Nach § 389
Abs 1 ABGB ist Finder, „wer eine verlorene oder
vergessene Sache entdeckt und an sich bringt”. – § 390 ABGB verpflichtet
den Finder, den Fund „unverzüglich der zuständigen Fundbehörde (§
14 Abs 5 SPG) unter Abgabe der gefundenen Sache anzuzeigen und über
alle für die Ausforschung eines Verlustträgers [§ 389 Abs 2 ABGB]
maßgeblichen Umstände Auskunft zu geben”. Keine Finderpflichten
entstehen nach § 391 ABGB, wenn der Finder den Fund ohne Anzeigeerstattung
dem Verlustträger ausfolgt oder der gemeine Wert des Fundgegenstandes 10
? nicht übersteigt, „es sei denn erkennbar, dass die Wiedererlangung
der Sache für einen Verlustträger von erheblicher Bedeutung ist”. | |
§ 392 ABGB
regelt den Anspruch des Finders auf Finderlohn und
„auf Ersatz des notwendig und zweckmäßig gemachten Aufwandes”. §
393 ABGB bestimmt die Höhe des Finderlohns: 10
vH, bei verlorenen, 5 vH des gemeinen Werts bei vergessenen Sachen.
„Übersteigt der gemeine Wert 2000 ı, beträgt der Finderlohn in Rücksicht des
Übermaßes die Hälfte dieser Hundertsätze.” Bei „unschätzbaren”
und wichtigen Sachen ist der Finderlohn nach billigem
Ermessen festzusetzen; § 393 ABGB. § 394 ABGB nennt die Fälle, für
die kein Finderlohn besteht. Nach § 395 ABGB erlangt der Finder
nach Ablauf eines Jahres Eigentum an der in seiner Gewahrsame befindlichen Sache,
wenn diese vom Verlierer nicht angesprochen wurde; sonst mit Ausfolgung
der Sache an ihn. § 396 ABGB regelt den Sonderfall, dass ein Entdecker
verlorene oder vergessene Sachen „nicht an sich nehmen kann”; zB verlorene
Tiere. | |
Kein Finderlohn
gebührt nach § 397 Abs 2 ABGB, „wenn die Sache auch sonst
ohne deren Gefährdung wiedererlangt worden wäre“. | |
•
Im
Zusammenhang mit dem
Schatzfund ist über eine interessante
Kontroverse zu berichten: Das ABGB in seiner Fassung von 1811 drittelte
den Schatzfund in § 399 zwischen Staat, Finder und Grundeigentümer.
Das HfKD, JGS 1846/970 änderte die Aufteilung beim Schatzfund dahingehend,
dass der Schatzfund nunmehr zwischen Finder und Grundeigentümer
geteilt wurde, was zur Folge hatte, dass mehr Schatzfunde gemeldet
wurden. Das Erste BundesrechtsbereinigungsG / 1. BRBG 1999 (→ KAPITEL 11: BundesrechtsbereinigungsG)
führte – wohl unbeabsichtigt (!) – das genannte Hofdekret nicht
mehr an, was formal bedeutet, dass es mit 31.12.1999 als aufgehoben
gilt. Das hätte zur Folge, dass wiederum die alte Aufteilungsregel
des ABGB von 1811 in Kraft tritt, was auch von Koziol (in: Koziol /
Welser 11 I 276) und Dittrich / Tades
(positivistisch) vertreten wurde. Richtiger dürfte es jedoch sein,
mit Mayer-Maly (JBl 2000, 535 mwH) anzunehmen, dass mittlerweile
eine gewohnheitsrechtliche Verankerung der durch das Hofdekret von
1846 angeführten Hälfteregel anzunehmen ist, zumal bekannt ist,
dass dem 1. BRBG auch andere (schwere) Fehler unterlaufen sind.
– Mit BGBl I 2002/104 (in Geltung ab 1.2.2003) ist der Gesetzgeber,
der auch hier vertretenen Meinung gefolgt und § 399 ABGB bestimmt
nunmehr: | Schatzfund |
„Von einem Schatz erhalten der Finder und der Eigentümer
des Grundes je die Hälfte.” | |
§
401 ABGB modifiziert den Anteil – durchaus sinnvoll – auf einen
„Drittteil”, wenn „Arbeitsleute zufälliger Weise einen
Schatz” finden. | |
•
§ 397 ABGB:
Finden verborgener Gegenstände; beachte auch Abs 2. | |
• §§ 398-401 ABGB: Schatzfund. | |
 | |
•
§
402 ABGB verweist hinsichtlich des Beuterechts auf das Kriegsrecht. |
Beuterecht |
•
§
403 ABGB regelt den Aufwandersatz und die verhältnismäßige Belohnung
(von höchstens 10 vH) bei
Rettung einer „fremden beweglichen
Sache vor dem unvermeidlichen Verluste oder Untergange”. | Rettung |
•
§
404 ABGB: „Zuwachs heißt alles, was aus einer Sache
entsteht, oder neu zu derselben kommt, ohne dass es dem Eigentümer
von jemand andern übergeben worden ist. Der Zuwachs wird durch Natur,
durch Kunst, oder durch beide zugleich bewirkt.” | Zuwachs |
§
405 ABGB: Natürliche Früchte eines Grundes sowie
„Nutzungen, welche aus einem Tiere entstehen”, wachsen dem Eigentümer
des Grundes / Tieres zu. | |
•
§§ 407, 408 ABGB: Entstehung von Inseln etc (römisches
Recht: insula in flumine nata, alluvio und avulsio). Vgl § 4 Abs
5 WRG: Jede Insel in einem öffentlichen, wenn auch nicht schiffbaren
Gewässer ist dem Bunde vorbehalten. | insula in flumine
nata |
§ 409 ABGB: „Vom verlassenen Wasserbette”
(römisches Recht: alveus derelictus). | alveus
derelictus |
§§ 411-413 ABGB: Anspülung (alluvio) und Abreißung
(avulsio) von Grundstücksteilen (römisches Recht). | alluvio
+ avulsio |
Die Bedeutung dieser Bestimmungen liegt auch darin, dass
sie als vorsichtige Analogiebasis für andere Naturereignisse wie
Lawinenabgänge, die Sachen mitreißen, aber auch Muren oder Hangrutschungen,
die mitunter ganze Bauwerke auf fremden Grund gelangen lassen, dienen
können. – Zur rechtlichen Behandlung größerer Bodenverschiebungen:
Ganner, Eigentumsverhältnisse bei großflächigen Bodenverschiebungen,
ÖJZ 2001, 781. | |
§§ 414-422 ABGB: Künstlicher Zuwachs durch Verarbeitung
oder Vereinigung. | |
|
Einen umstrittenen
originären Erwerbsfall behandelt EvBl 1989/100: § 386 ABGB – Gewerbsmäßige Aneignung
von Altpapier aus
fremden Sammelbehältern: Wer sein Altpapier in einen dafür vorgesehenen
Sammelbehälter legt, gibt damit nicht seinen Besitz in der Absicht
auf, das Papier zum Gegenstand der Aneignung durch jedermann (§
382 ABGB) zu machen; er übergibt es vielmehr in den Besitz dessen, der
den Behälter aufgestellt hat und über ihn verfügungsberechtigt ist.
Wer in solchen Behältern gelagertes Altpapier unbefugterweise mit
dem Vorsatz wegnimmt, sich damit unrechtmäßig zu bereichern, begeht einen
Diebstahl iSd § 127 StGB. (?) – In der Wegnahme liegt angeblich
auch eine Besitzstörung. | |
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OGH 27.11. 2002,
1 Ob 265/01d, EvBl 2002/72: Grundstückseigentümer lässt an der Grundstücksgrenze mit
Zustimmung des Nachbarn eine Garage bauen. Diese ragt 9 cm über
die Grenze, was der betroffene Nachbar weiß. Erst nach Fertigstellung
klagt er auf Beseitigung. Der Bauführer wendet idF den Erwerb von
Eigentum an dem (Überbau)Teil des Nachbargrundstücks ein; §
418 letzter Satz ABGB. – OGH verneint Eigentumserwerb wegen
Unredlichkeit und nimmt im Übrigen Rechtsmissbrauch nach
§ 1295 Abs 2 ABGB an. | |
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C.
Verbraucherrecht – Konsumentenschutz |
Von Astrid Tangl | |
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Neben
dem Handelsrecht als Sonderprivatrecht für Kaufleute und dem Arbeitsrecht
als Sonderprivatrecht der Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit
schuf der österreichische Gesetzgeber im Jahre 1979 das Konsumentenschutzgesetz
als Sonderprivatrecht für Verbraucher. Das vom Verbraucherschutz
gekennzeichnete KSchG ist ein Art-Verwandter des vom Arbeitnehmerschutz
gekennzeichneten Arbeitsrechts und spielt eine praktisch wichtige
Rolle: Es trägt der Einsicht Rechnung, dass der Verbraucher im rechtsgeschäftlichen
Verkehr seine Interessen oft nicht mehr hinreichend wahrnehmen kann. | Sonderprivatrecht |
Der Grund dafür liegt in der typischen
Unterlegenheit des Verbrauchers im Verhältnis zum Unternehmer,
die sich insbesondere aus seiner rechtlichen Unerfahrenheit und
seiner wirtschaftlich schwächeren Position ergibt. Da es dem Gesetzgeber
nicht möglich ist, jede einzelne Unterlegenheitssituation zu erfassen
und zu sanktionieren, kommt es beim Verbraucherrecht (wie im übrigen
auch beim Arbeitsrecht) nicht darauf ein, dass im Einzelfall tatsächlich
eine übermächtige Vertragspartei am Rechtsgeschäft beteiligt ist.
Vielmehr wird auf die typischerweise vorliegende
Schlechterstellung des Verbrauchers abgestellt. Diese bloß schematische
Verwirklichung des Verbraucherschutzes lässt die tatsächlichen wirtschaftlichen
Gegebenheiten unberührt und hat zur Folge, dass das KSchG nicht
immer zur Anwendung kommt, wenn ungleich starke Vertragspartner
einander gegenüberstehen, sondern eben nur dann, wenn das Rechtsgeschäft
die Anwendungsvoraussetzungen des § 1 KSchG erfüllt → Geltungsbereich
(§ 1):
Geltungsbereich. | Typische
Unterlegenheit |
Dieser Schutzgedanke wird im
KSchG auf vielfältige Weise und über das allgemeine Zivilrecht hinaus
verwirklicht: So werden dem Verbraucher beispielsweise durch besondere
Rücktritts- und Kündigungsrechte zusätzliche Möglichkeiten der Lösung
seines Vertragsverhältnisses eingeräumt (§§ 3, 3a, 15, 30a KSchG)
nachteilige und/oder intransparente Vertragsbestimmungen für unwirksam
erklärt (§ 6 KSchG), Rechte des Unternehmers beschränkt (§ 13 KSchG)
und verbraucherfreundliche Vorschriften in anderen Gesetzen als
zwingend normiert (§§ 9, 14). | Einzelne
Verbraucherschutznormen |
II. Abgrenzung
zum ABGB und HGB | |
Das KSchG gelangt häufig neben dem ABGB und dem HGB, das
auch für einseitige Handelsgeschäfte gilt, zur Anwendung. | |
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Ob bloß das ABGB oder HGB, KSchG und ABGB zusammengenommen
oder nur HGB und ABGB (gleichzeitig) anzuwenden sind, hängt davon
ab, welche Personen am Rechtsgeschäft beteiligt sind: Das können
zwei Nichtkaufleute, ein Verbraucher und ein Unternehmer/Kaufmann oder
zwei Kaufleute sein. Im ersten Fall gelangt nur das ABGB zur Anwendung,
im zweiten ABGB, KSchG und vielleicht HGB und im dritten Fall primär
HGB und daneben allenfalls subsidiär ABGB. – Die Kaufmannsstellung
wird vom HGB (§§ 1 ff), die des Verbrauchers und Unternehmers vom
KSchG (§ 1) und die Voraussetzungen der Anwendung des ABGB von diesem
in § 1 („… unter sich …”) festgelegt. Es ist demnach stets zu prüfen,
wer am Geschäft beteiligt ist. | |
•
Das ABGB gilt subsidiär auch
für HGB und KSchG. | Merksätze |
• Als speziellere Regelungen gehen
jedoch die Regeln von HGB und KSchG dem
ABGB vor. | |
• Den Kaufmannsbegriff legt
das HGB (§§ 1 ff) fest, den des Unternehmers, das
KSchG (§ 1). – Die beiden Begriffe sind nicht deckungsgleich; dies
idS dass nicht jeder Unternehmer iSd KSchG auch Kaufmann iSd HGB ist,
wenngleich umgekehrt jeder Kaufmann Unternehmer ist. | |
• Nicht jedes Geschäft, das ein Unternehmer oder
Kaufmann tätigt, ist unternehmens- oder betriebszugehörig iSd §
1 Abs 1 Z 1 KSchG oder von § 343 iVm § 344 Abs 1 HGB. Unternehmer
und Kaufleute schließen nämlich auch Privatgeschäfte (dh
ohne Betriebs- oder Unternehmenszusammenhang); etwa: Kaufmann /
Unternehmer erwirbt privat ein Fernsehgerät. – Im Zweifel ist
jedoch nach § 344 Abs 1 HGB Betriebszugehörigkeit anzunehmen. Eine entsprechende
Vorschrift des KSchG fehlt. | |
 | Abbildung .53: Zusammenspiel von ABGB
und Sonderprivatrecht |
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Um
dem Verbraucherschutzgedanken gerecht zu werden rückt der Gesetzgeber
mit Hilfe von privatrechtlichen Sonder- und Nebengesetzen (wie dem
KSchG, dem TeilzeitnutzungsG (TNG), oder dem BauträgervertragsG
(BTVG) vom bürgerlich-rechtlichen Konzept der Vertragsfreiheit zunehmend
ab. Eine ganze Reihe von Spezialgesetzen (wie etwa das VersVG, das
UWG, das PHG, das KMG oder das BWG) enthalten überdies einzelne
privatrechtliche Verbraucherschutzbestimmungen. (Zu § 33 BWG → KAPITEL 5: Beispiel:
Bankgeschäfte).
Vorzeitige Rückzahlung von Verbraucherkrediten.) All diese Normen
leisten zwar einen wertvollen Beitrag zum österreichischen Konsumentenschutz;
gleichzeitig führen sie aber zu einer Rechtszersplitterung. | Rechtszersplitterung |
Seit seinem Inkrafttreten
im Jahre 1979 hat sich das KSchG vielfach geändert und hat es insbesondere
nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Gemeinschaft zahlreiche
Anpassungen an einschlägige Verbraucherschutzrichtlinien gegeben:
Durch die Novelle BGBl 1999/185 wurde die Fernabsatz-RL 97/13/EWG
im KSchG umgesetzt. Mit der Novelle BGBl I 2001/48 (GewRÄG) erfolgte
die notwendige Anpassung an die Vorgaben der Verbrauchsgüterkauf-RL
99/44/EG. Zuletzt wurde das KSchG durch das BGBl 2002/111 durch
Hinzufügen des § 3 Abs 5 KSchG an die ebenfalls reformierte Gewerbeordnung
angepasst →
Rücktritt und Rückabwicklung (§§
3, 3a, 4). | Novellen |
In unmittelbarer Zukunft steht auch ein
solider Ausbau des Verbraucherschutzes im Bankvertragsrecht bevor:
So sind eine verschärfte Verbraucherkredit-RL (Kommissionsvorschlag
KOM (2002) 443 endg. vom 11.9.2002) und eine ebenso verschärfte
Wertpapierdienstleistungs-RL (Kommissionsvorschlag KOM 625 endg.
vom 19.11.2002) geplant. Damit soll die österreichische Verbraucherschutzrechtslage
an die modernen Formen des Verbraucherkredits angepasst und Wertpapieranleger
umfassender geschützt werden. | |
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Zunächst
ist hervorzuheben, dass lediglich das erste
Hauptstück des KSchG (§§ 1 bis 27a) fürVerbrauchergeschäfte iSd§
1 KSchG gilt. Die Bestimmungen der §§ 28ff KSchG kommen indessen –
mit Ausnahme der §§ 30b (besondere Aufklärungspflichten des Immobilienmaklers)
und 30c (Höchstdauer von Alleinvermittlungsaufträgen) – auch bei
Nicht-Verbauchergeschäften zur Anwendung. Einen Sonderfall stellt
§§ 30a KSchG dar: Auf das Rücktrittsrecht von Immobiliengeschäften
kann sich zwar nur ein Verbraucher berufen, aber unabhängig davon,
ob er das Geschäft mit einem Unternehmer oder einem Verbraucher
abgeschlossen hat. | |
Das KSchG enthält keine positive Definition des Verbraucherbegriffs,
sondern umschreibt ihn bloß negativ als „Nichtunternehmer“. Gemäß
§ 1 Abs 2 KSchG ist ein Unternehmer „jemand für den das Geschäft
zum Betrieb seines Unternehmens gehört” und ein Unternehmen, „jede
auf Dauer angelegte, organisierte, selbständige wirtschaftliche
Tätigkeit, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein”. Diese weite
Begriffsvorstellung unterscheidet sich von jener des ABGB
und geht über den Kaufmannsbegriff des Handelsrechts hinaus. Es
kommt weder auf die Dauer der angelegten Betriebsorganisation noch
auf die bisherige Dauer der unternehmerischen Tätigkeit an. Der Unternehmerbegriff
kann neben Kaufleuten und Gewerbetreibenden auch Angehörige der
freien Berufe (Rechtsanwälte, Wirtschaftstreuhänder, Finanzberater,
Ärzte, etc.) erfassen. Da die Beurteilung als Verbrauchergeschäft
nur vom funktionellen Verhältnis der beiden Streitteile abhängt muss
beim jeweiligen Rechtsgeschäft geprüft werden, ob eine unternehmerische
Tätigkeit im obigen Sinn vorliegt. | Verbraucher
als
Nichtunternehmer |
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Diesen formalen
Ansatzpunkt hat der OGH in 7 Ob 315/01a (11.2.2002) in Zusammenhang
mit einem Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH zu Gunsten
einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise aufgegeben:
Bis zu dieser E wurden Geschäftsführer einer GmbH vom OGH als Verbraucher
angesehen, weil bei einem von einer GmbH betriebenen Unternehmen
nur die GmbH (und nicht der Geschäftsführer oder der Gesellschafter
der GmbH) das Unternehmen betreibt, also formal „Unternehmensträger”
ist. Nunmehr hat der OGH den Unternehmensbegriff auf den Gesellschafter-Geschäftsführer
(als wirtschaftlichen Unternehmer”) – ausgedehnt und damit den formalen
Unternehmensbegriff erstmals zu Gunsten einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise
aufgeweicht. | |
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Sie
gelten gemäß ausdrücklicher Anordnung (§ 1 Abs 2 letzter Satz) immer als Unternehmer.
– Juristische Personen des privaten Rechts können
hingegen sehr wohl als Verbraucher in Erscheinung treten. | Juristische Personen des öffentlichen Rechts |
Gemäß § 1 Abs
3 KSchG gehören Gründungsgeschäfte
werdender Unternehmer, das sind Geschäfte, die eine natürliche Person
vor Aufnahme des Betriebes ihres Unternehmens zur Schaffung der
Voraussetzungen dafür tätigt, noch nicht zum Betrieb ihres Unternehmens
iSd § 1 Abs 1 Z 1 KSchG. | Gründungsgeschäfte |
Das KSchG gilt nach § 1 Abs 4 KSchG nicht für Verträge
zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Der Gesetzgeber begründet
diese Ausnahmeregelung damit, dass für Arbeitsverträge spezielle,
viel eingehendere Schutzbestimmungen bestehen. | Verträge:
AG - AN |
§
1 Abs 5 KSchG erstreckt die Bestimmungen des I. und II.
Hauptstücks des KSchG auch auf den Beitritt zu und die Mitgliedschaft
bei Vereinen. | Mitgliedschaft bei Vereinen |
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Laut 4 Ob 312/99g
(21. 12. 1999) wird ein wirtschaftlich tätiger Verein bei
der Mitgliedsaufnahme von Verbrauchern nur dann nicht als Unternehmer
iSd KSchG tätig, wenn die Mitgliedschaft vorrangig zur Förderung
der ideellen Vereinszwecke ieS und nicht wesentlich auch zur Erzielung
wirtschaftlicher Vorteile eingegangen wird. | |
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2. Zwingendes Recht
(§ 2) | |
§ 2 Abs 2 KSchG stellt
klar, dass vereinbarte Abweichungen vom KSchG zum Nachteil des Verbrauchers
unwirksam sind; dh das KSchG statuiert – wie bei
Schutzgesetzen üblich – zwingendes Recht (ius cogens). | |
3.
Rücktritt und Rückabwicklung (§§
3, 3a, 4) | |
§ 3 KSchG bewahrt den Verbraucher vor
unüberlegten Vertragsabschlüssen in psychologischen Ausnahmesituationen.
Eine solche Ausnahmesituation liegt vor, wenn ein Vertreter den
Konsumenten unangemeldet und unaufgefordert außerhalb der Geschäftsräumlichkeiten
des Unternehmens (zB an seiner Wohnadresse) aufsucht (klassisches
Haustürgeschäft). Gleichsam „überrumpelt” wird
ein Verbraucher bei Werbefahrten und Verkaufsshows, die zumeist
mit Verkaufsfahrten verbunden werden, bzw. wenn er auf der Straße
persönlich angesprochen und in die Geschäftsräume des Unternehmers
gebracht wird. Denn beim Betreten eines Geschäftes kann der Konsument
Preisvergleiche anstellen und abwägen, was in derartigen, ungewöhnlichen
Situationen nicht der Fall ist. | Werbefahrten
und Verkaufsshows:
Haustürgeschäfte |
§
3 KSchG ermöglicht es ihm daher, eine in einer solchen Zwangssituation
abgegebene Vertragserklärung wieder rückgängig zu machen bzw. rechtswirksam
abgeschlossene Haustürgeschäfte nachträglich für unwirksam
zu erklären. Das Gesetz nimmt dabei nicht Rücksicht darauf,
ob der Konsument im jeweiligen Einzelfall tatsächlich überrumpelt
wurde oder nicht, sondern knüpft die Rücktrittsmöglichkeit wiederum
an objektive Kriterien, nämlich wo der Vertrag zustande gekommen
ist und von welchem Vertragspartner dabei die Initiative ausging:
Der Verbraucher kann vom Vertrag zurücktreten,
wenn die Vertragserklärung nicht nicht in den Geschäftsräumlichkeiten des
Unternehmers bzw. auf dessen Messe- oder Marktstand abgegeben wurde
und die Initiative zu den Vertragsverhandlungen vom
Unternehmer ausging. | Objektive
Rücktrittskriterien |
Keine
Rücktrittsmöglichkeit hat er hingegen, wenn er die geschäftliche
Verbindung selbst angebahnt hat, wenn dem Zustandekommen
des Vertrages keine Besprechungen vorangingen sowie bei
Verträgen, die üblicherweise außerhalb von Geschäftsräumen
geschlossen, sofort erfüllt werden und das vereinbarte Entgelt 15 (bzw.
45) Euro nicht übersteigt (§ 3 Abs 3 KSchG). | Keine Rücktrittsmöglichkeit |
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In 3 Ob 94/00w
(29. 11. 2000) hat der OGH klargestellt, dass das bloße Inserieren
des Verkaufs einer Liegenschaft noch kein „Anbahnen” eines
Maklervertrages iSd § 3 Abs 3 Z 1 KSchG darstellt. | |
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Der Rücktritt
kann binnen einer Woche nach Zustandekommen des
Vertrags erklärt werden. Diese Rücktrittsfrist beginnt erst mit
der Übergabe einer schriftlichen Urkunde, die den Namen
und die Anschrift des Unternehmers, zur Identifizierung des Vertrages
notwendige Angaben sowie eine Belehrung über das Rücktrittsrecht
enthält, frühestens jedoch mit dem Zustandekommen des Vertrages.
Es erlischt spätestens einen Monat nach der vollständigen Erfüllung
des Vertrags durch beide Vertragspartner, bei Versicherungsverträgen
spätestens einen Monat nach dem Zustandekommen des Vertrags. | Rücktrittsfrist beginnt |
Nach dem mit BGBl
I 2002/111 eingefügten § 3 Abs 5 KSchG sind die Bestimmungen des
§ 3 Abs 1 und 4 KSchG auch dann anzuwenden, wenn der Unternehmer
gegen die gewerberechtlichen Regelungen über das Sammeln und die
Entgegennahme von Dienstleistungen über das Aufsuchen von Privatpersonen
oder über die Entgegennahme von Bestellungen auf Waren (§§ 54, 57
und 59 GewO 1994) verstoßen hat. | § 3 Abs 5 KSchG |
§ 3a KSchG gewährt dem Verbraucher
darüber hinaus ein Rücktrittsrecht, wenn für seine Einwilligung
maßgebliche und vom Unternehmer als wahrscheinlich dargestellte
Umstände (taxative Aufzählung in § 3a Abs 2 Z 1-4 KSchG)
ohne Veranlassung durch den Konsumenten nicht oder nur in erheblich
geringerem Ausmaß eintreten. Dieses Rücktrittsrecht besteht unabhängig
davon, ob ein Haustürgeschäft iSd § 3 KSchG vorliegt. Das Rücktrittsrecht §
3a KSchG basiert somit weniger auf dem Aspekt der Überrumpelung
als auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes (Erweckung von falschen
Vorstellungen beim Verbraucher, welche als Motivirrtum grundsätzlich unbeachtlich
wären). Der Unternehmer kann den Rücktritt nach § 3a KSchG abwenden,
indem er entweder das Rücktrittsrecht des Verbrauchers ausdrücklich
ausschließt (und dies mit dem Verbraucher im einzelnen aushandelt)
oder sich zu einer angemessenen Anpassung des Vertrages bereit erklärt.
Vgl. die Rechtsfolgen des § 872 ABGB → KAPITEL 5: Unwesentlicher
Irrtum; § 872 ABGB. | Rücktrittsrecht
nach
§ 3a KSchG |
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Das BGHS (7 C 1517/99k,
26.4.2000) hat das Rücktrittsrecht eines Verbrauchers von einem
Gebrauchtwagenkaufvertrag nach § 3a KSchG mit der Begründung, bejaht,
dass der der Konsument den Kaufantrag nur aufgrund des Umstandes,
dass ihm die Kreditzusage als problemlos dargestellt wurde, unterfertigt habe
und es für ihn nicht vorhersehbar gewesen sei, dass er die Kreditzusage
nicht erhalten würde. Der Händler hatte den Konsumenten mit einer
Kreditzusage gelockt, obwohl er über die bescheidenen Vermögensverhältnisse
des Konsumenten informiert war. Nachdem die Bank einer Kreditfinanzierung
nicht zustimmte, forderte der Konsument so erfolgreich seine geleistete
Anzahlung vom Händler zurück. | |
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Sie
erfolgt nach § 4 KSchG durch Rückstellung der erhaltenen Leistungen
samt Wertminderungsersatz. Zudem können vom Verbraucher – bei Vorliegen
der allgemeinen Voraussetzungen – auch Schadenersatzansprüche geltend
gemacht werden →
Abschluss
des Kaufvertrags
| Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung |
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4. Kostenvoranschläge
(§ 5) | |
§
5 KSchG trifft eine Sonderregelung für Kostenvoranschläge,
wonach der Verbraucher nur dann ein Entgelt dafür zahlen muss, wenn
er vorher auf diese Zahlungspflicht hingewiesen wurde. Außerdem
ist der Kostenvoranschlag im Zweifel unverbindlich (§ 5 Abs 2 KSchG). | |
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5. Vertragsabschlüsse
im Fernabsatz (§§
5a bis 5j) | |
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Neu ist auch die Anordnung des § 5j: „Unternehmer,
die Gewinnzusagen oder andere vergleichbare Mitteilungen an bestimmte
Verbraucher senden und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den
Eindruck erwecken, dass der Verbraucher einen bestimmten Preis gewonnen
habe, haben dem Verbraucher diesen Preis zu leisten; er kann auch gerichtlich
eingefordert werden. | |
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In der Grundsatzentscheidung
Rs. C-96/00 („Gabriel” v. 11.7.2002) hat der EuGH für Klagen aus
derartigen Gewinnmitteilungen nunmehr auch die
Internationale Zuständigkeit nach Art. 13 EuGVÜ (Verbrauchergerichtsstand)
bestätigt. | |
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6. Unzulässige Vertragsbestandteile
(§ 6) | |
§
6 KSchG enthält eine demonstrative Aufzählung von
Vertragsbestimmungen, die in Verbraucherverträgen im Sinne der Sittenwidrigkeitsbestimmung
des § 879 ABGB „nicht verbindlich” sind (sog. Klauselkatalog). Jene
Klauseln, die in Absatz 1 aufgezählt werden (zuletzt
mit BGBl I 1997/6 auf 15 erweitert) sind als Bestandteil von Rechtsgeschäften
mit Verbrauchern jedenfalls ungültig. | Klauselkatalog |
„Die
in Absatz 2 angeführten Tatbestände (mit BGBl I 1997/6 auf 6 erweitert)
sind hingegen nur dann unwirksam, wenn sie zwischen den Vertragspartnern
nicht „im einzelnen ausgehandelt” – also individuell angesprochen
und bewusst in den Vertrag aufgenommen – wurden. In anderen Worten: werden
solche Klauseln (wie sie § 6 Abs 2 KSchG vorsieht) vom Unternehmer
einseitig vorformuliert (wie das beispielsweise bei AGB und Vertragsformblättern
der Fall ist) so sind sie für den Verbraucher jedenfalls nicht verbindlich.
Die Beweislast der erfolgten „Aushandelns” trägt der Unternehmer.
Zu den einzelnen Klauseln siehe Gesetz. | Nicht „im einzelnen ausgehandelt” |
Verstößt eine Klausel gegen § 6 KSchG
so ist grundsätzlich nur die Klausel selbst, nicht jedoch der ganze
Vertrag nichtig. Bisweilen hängt es auch vom Schutzzweck der verletzten
Norm ab, ob der restliche Vertrag gültig bleibt. | Grundsatz
der
Teilnichtigkeit |
Er besagt, dass eine
wegen Verstoßes gegen § 6 KSchG nichtige Klausel nur im Umfang ihrer Rechtswidrigkeit
unwirksam ist, dass also der gesetzeskonforme Teil der Klausel weiterhin
gilt. Dieser Grundsatz ist umstritten und hat im Verbandprozess
nach den §§ 28 ff KSchG (dazu gleich unten) jedenfalls keine Geltung. | Grundsatz
der geltungserhaltenden Reduktion |
§
6 Abs 3 KSchG adressiert – ebenso wie § 6 Abs 2 KSchG – vorformulierte Vertragsklauseln (meist
in AGB) und sieht vor, dass solche Vertragsbestimmungen unwirksam
sind, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst
wurden. Das Verhältnis von § 6 Abs 3 KSchG zu § 869 ABGB und § 915
ABGB ist umstritten. | Transparenzgebot |
Ein effektives Mittel, um gegen Verwender
rechtswidriger AGB vorzugehen, ist die Verbandsklage nach
den §§ 28 ff KSchG; vgl auch →
Verbandsklage (§§ 28,
28a, 29) .
– Im Auftrag des BMfJ werden vom VKI (Verein für Konsumenteninformation)
laufend Abmahnverfahren und Musterprozesse (insbesondere gegen Banken
sowie Alten- und Pflegeheime) geführt. Mit Urteil vom 19.12.02 (4
Ob 197/02f) erklärte der OGH 12 Bestimmungen der AGB Banken 2000
als gesetzwidrig. | |
7. Angeld
und Reugeld (§ 7) | |
§ 7 KSchG modifiziert die ABGB-Regeln von Angeld
und Reugeld und räumt dem Richter in sinngemäßer Anwendung des §
1336 Abs 2 ABGB ein Mäßigungsrecht ein. | |
8.
Gewährleistung (§§
8, 9, 9a, 9b, 23) | |
Eine
einschneidende Reform des Gewährleistungsrechts brachte das Gewährleistungsrechts-ÄnderungsG,
welches im BGBl. I Nr. 48/2001 verlautbart wurde und sowohl die
§§ 922ff ABGB als auch die Sonderregeln zur Gewährleistung im KSchG
novellierte. § 23 KSchG blieb durch die Reform unberührt. | |
Der Unternehmer hat seine Pflicht zur Verbesserung oder
zum Austausch der mangelhaften Sache am Vertragserfüllungsort (Übergabsort)
oder an jenem Ort vorzunehmen, wohin die Sache aufgrund des Vertrages
geliefert oder versendet wurde (Bestimmungsort).
Auf Verlangen des Kunden ist eine Sache, die durch Einbau unbeweglich
geworden ist bzw. deren Beförderung zum Unternehmer nach ihrer Beschaffenheit
(Gewicht, Sperrigkeit) untunlich ist, auch dort zu verbessern, wo sie
sich gewöhnlich befindet, sofern dieser Ort für
den Unternehmer nicht überraschend sein musste. Der Unternehmer
kann auch verlangen, dass ihm der Verbraucher die Sache auf seine Gefahr
zusendet, wenn dies für den Verbraucher tunlich ist. | Ort der Gewährleistung:
§ 8 |
Für die Erfüllung von Gewährleistungsansprüchen darf der
Unternehmer kein Entgelt verlangen. Vielmehr hat der Kunde Anspruch
auf die notwendigen Kosten der Verbesserung oder
des Austausches (Versand-, Arbeits- und Materialkosten). Notwendig
sind insbes. mit der Mängelbehebung zusammenhängende Kosten (wie
zB die Abschleppkosten eines Fahrzeuges) bzw diejenigen Kosten,
die einem Verbraucher erwachsen, wenn er das mangelhafte Stück selbst
– wenn auch von sich aus – zum Unternehmer bringt. | |
Während
Gewährsleistungsansprüche zwischen Unternehmern oder zwischen Verbrauchern
als dispositives Recht (bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit) vertraglich
beliebig eingeschränkt oder erweitert werden können, dürfen sie
in Verbraucherverträgen iSd § 1 KSchG vor Kenntnis des Mangels
überhaupt nicht beschränkt werden. Eine ausdrückliche Ausnahme
macht der Gesetzgeber beim Verkauf von Gebrauchtwaren: Hier
kann durch individuelle Vereinbarung (nicht jedoch in AGB!) die
Gewährleistungsfrist auf ein Jahr verkürzt werden.
Diese Verkürzungsmöglichkeit bei gebrauchten Kfz gilt jedoch nur
dann, wenn seit dem Tag der ersten Zulassung mehr als ein Jahr verstrichen
ist. | Zwingendes Gewährleistungsrecht:
§ 9 |
§
9 Abs 2 KSchG schließt die Anwendung der ABGB-Vorschriften über Tiermängel (§§ 925 bis 927
ABGB sowie 933 Abs 2 ABGB) aus, wenn ein Verbraucher von einem Unternehmer
ein Tier kauft. | Viehmängel bei Verbrauchergeschäften |
Der
Unternehmer haftet dem Verbraucher, wenn er selbst zur Montage der
Waren verpflichtet war und durch sein unsachgemäßes Verhalten einen
Mangel verursacht. Die Beweislast für das „unsachgemäße Verhalten“
des Unternehmers trifft jedoch den Verbraucher. Der Unternehmer haftet
darüber hinaus, wenn die Sache zur Montage durch den Verbraucher
bestimmt war und die unsachgemäße Montage auf einem Fehler der Montageanleitung
beruht. Auf derartige Montagefehler kann sich der Verbraucher jedoch
nicht berufen, wenn es Sachen betrifft, die nicht zur Montage durch
den Verbraucher bestimmt, sondern zur Installation durch einen Fachmann
vorgesehen sind. | Haftung bei Montagemängeln: § 9a |
Der Unternehmer ist an Garantiezusagen in der Werbung gebunden
und hat den Verbraucher darauf hinzuweisen, dass die gesetzliche
Gewährleistung durch die
Garantie nicht eingeschränkt wird. Auf
Verlangen des Verbrauchers muss ihm die Garantieerklärung, welche
den Namen und die Anschrift des Garanten sowie in einfacher und
verständlicher Form den Inhalt der Garantie (Dauer, räumliche Geltung
und sonstige für die Inanspruchnahme der Garantie notwendigen Angaben)
enthalten muss, schriftlich oder auf dauerhaftem
Datenträger gegeben werden. | |
Die
Gewährleistungsbestimmung des § 23 KSchG bezieht sich auf Abzahlungsgeschäfte
(dazu →
Gewährleistung (§§
8, 9, 9a, 9b, 23)) und sieht eine Verlängerung der gesetzlichen
Gewährleistungsfrist bis zur Fälligkeit der letzten Teilzahlung
vor. Da das Vorliegen des Mangels zum Zeitpunkt der Warenübergabe
umso schwieriger wird, je mehr Zeit zwischenzeitlich verstrichen
ist, hat die Bestimmung wenig praktische Bedeutung. | Abzahlungsgeschäfte |
§ 10 KSchG normiert wichtige
Grundsatzregeln bezüglich einer vom Unternehmer an seine Vertreter
erteilten Vollmacht. Nach § 10 Abs 1 KSchG umfasst eine derartige
Vollmacht im Verkehr mit Verbrauchern „alle Rechtshandlungen, die
derartige Geschäfte gewöhnlich mit sich bringen”. Somit hat grundsätzlich
der Unternehmer die Last von Vollmachtsüberschreitungen seines Vertreters
zu tragen. | Umfang
der Vertretungsmacht: § 10 |
Ausdrücklich
hinzuweisen ist auf den Gesetzesvorbehalt im zweiten Halbsatz des
§ 10 Abs 1 Satz 1, wonach „besondere gesetzliche Regeln über den
Umfang der Vollmacht” unberührt bleiben. Davon betroffen sind insbes.
die Prokura und die Handlungsvollmacht nach §§ 48ff HGB ( → KAPITEL 13: Prokura). | |
Der
Unternehmer darf sich für seine Forderungen an den Verbraucher nur
dann eine Wechselverbindlichkeit des Verbrauchers einräumen lassen,
wenn er selbst Wechselnehmer ist und der Wechsel die Worte „nicht
an Order” oder einen gleichbedeutenden Vermerk („nicht indossierbar” etc.)
enthält, sodass dem Verbraucher die Möglichkeit von Einwendungen
aus dem Grundgeschäft gewahrt bleibt: sog Rektawechsel; zum
Wechselrecht → KAPITEL 15: Der
Wechsel. |
Verbot des Orderwechsels: § 11 |
Eine
Verletzung des § 11 KSchG lässt die Gültigkeit des ausgestellten
Wechsels jedoch unberührt und hat lediglich zivilrechtliche (Regressansprüche
gem. § 11 Abs 2 KSchG) bzw verwaltungsstrafrechtliche (§ 32 Abs
1 Z 3 KSchG) Folgen. | |
9. Verbot der Gehaltsabtretung (§
12) | |
Dem Unternehmer darf eine Lohn- oder Gehaltsforderung des
Verbrauchers nicht zur Sicherung oder Befriedigung seiner Forderung
abgetreten werden, wenn diese Forderung noch nicht fällig ist. Dieses
Verbot beschränkt sich nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich auf
Sicherungszessionen; die sicherungsweise Verpfändung von noch nicht
fälligen Lohn- und Gehaltsforderungen soll nach den Gesetzesmaterialien
hingegen zulässig sein. | |
Zu
beachten ist wiederum, dass eine gegen § 12 KSchG verstoßende Vereinbarung
nicht nichtig ist, sondern den Unternehmer lediglich schadenersatzpflichtig
macht und die verwaltungsstrafrechtlichen Folgen des § 32 Abs
1 Z 4 KSchG auslöst. | |
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In 9 Ob A 361/93
(26.1.1994) erklärte der OGH die Verpfändung einer Lohn-
und Gehaltsforderung zur Sicherung einer noch nicht fälligen
Forderung des Unternehmers unter der Voraussetzung für zulässig,
dass die Zustimmung des Verbrauchers zur Verwertung erst zu einem
Zeitpunkt gegeben wird, zu dem die Forderung bereits fällig ist.
Soll die verpfändete Forderung hereingebracht werden, muss der Unternehmer
diesen klagen und Exekutionen führen, um das Pfandrecht verwerten
zu können. | |
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In 4 Ob
215/97 (9.9.1997) sprach sich der OGH für eine analoge Anwendung
des § 12 KSchG auf jene Formen der
Gehaltsverpfändung aus,
bei denen mit dem Schuldner unwiderruflich eine außergerichtliche
Verwertung des Pfandrechtes vereinbart wird. Diese Formen der Gehaltsverpfändung
seien einer Sicherungszession soweit angenähert, dass der Verbraucher
ebenso wie bei der Gehaltszession geschützt werden solle. Damit
erteilte der OGH der Einräumung eines direkten Zugriffes auf Gehaltsansprüche (ohne
Einschaltung des Gerichtes) für nicht fällige Forderungen durch
Klauseln wie „Ich verpfände hiermit nach den Bestimmungen der §§
1368 ff ABGB unwiderruflich meine Arbeitseinkünfte/sonstige Einkünfte
zum Zweck der anerkannten Forderung samt Zinsen und Kosten gegenüber
... und erteile die unwiderrufliche Zustimmung zur Überweisung der
fälligen Einkünfte an das Inkassobüro XY” eine klare Absage. | |
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10. Vorzeitige
Rückzahlung von Verbraucherkrediten (§ 12a) | |
In
Umsetzung der EG-Verbraucherkreditrichtlinie 90/88/EWG berechtigt
§ 12a KSchG (ebenso wie der weitgehend deckungsgleiche § 33 Abs
8 BWG) den Verbraucher, seine Verbindlichkeiten aus einem Kreditvertrag
vorzeitig zu erfüllen. In diesem Fall hat er Anspruch auf
Ermäßigung der Kreditkosten um jenen Betrag an Zinsen und
laufzeitabhängigen Kosten, der bei kontokorrentmäßiger Abrechnung
des vorzeitig zurückgezahlten Betrags nicht anfällt. Die Verrechnung darüber
hinausgehender Entgelte darf nicht vereinbart werden. | |
Ausführliche
Regeln für Verbraucherkredit- und Verbrauchergirokontoverträge trifft
das mit 1.1.1994 in Kraft getretene Bankwesengesetz (BWG). Nach
§ 33 Abs 2 BWG bedürfen Verbraucherkreditverträge „unbeschadet der Wirksamkeit
des Rechtsgeschäftes” der Schriftform und hat das
Kreditinstitut bei Abschluss eines Verbraucherkreditvertrages dem
Verbraucher eine in deutscher Sprache abgefasste Ausfertigung
des Vertrages sowie auf Verlangen des Kreditwerbers einen
Entwurf des in Aussicht genommenen Vertrages auszuhändigen. Der
Vertrag hat überdies – ähnlich wie beim Haustür- und Fernabsatzgeschäft
sowie beim Ratenbrief – einen bestimmten Inhalt aufzuweisen (§ 33
Abs 1 Z. 1 bis 6 BWG): Gesamtbelastung, Kostenelemente, effektiver
Jahreszinssatz, eine allfällige Zinsgleitklausel, die an objektive
Maßstäbe zu binden ist (§ 6 Abs 1 Z 5 KSchG bleibt unberührt) sowie Anzahl
und Höhe der Fälligkeitszeitpunkte der rückzuzahlenden Teilbeträge. | Der Verbraucherkredit im BWG |
Gemäß
§ 35 BWG haben Kreditinstitute im Kassensaal Angaben über die Verzinsung
von Spareinlagen, über sämtliche im Privatkundenbereich anfallende
Entgelte für Dienstleistungen, den effektiven und den fiktiven Jahreszinssatz
von Verbraucherkrediten sowie die AGB und Angaben über die Sicherung
der Einlagen gemäß § 93 Abs 8 und 8a BWG auszuhängen. § 35 Abs 2
normiert darüber hinaus eine verständliche Darstellung der effektiven Verzinsung
in Reklame und Werbung. | |
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11.
Terminsverlust (§ 13) | |
Unter
Terminsverlust wird das Fälligwerden der gesamten noch offenen Schuld
mit (einer oder mehreren) Teilleistungen verstanden. Die Bestimmung
des § 13 KSchG verhindert, dass der Verbraucher von einem mit einem
Unternehmer vereinbarten Terminsverlust überrascht wird, indem der
Eintritt des Terminsverlustes an bestimmte Voraussetzungen geknüpft
wird: Der Unternehmer darf die sofortige Entrichtung der gesamten
noch offenen Schuld nur fordern, wenn die Leistung des Verbrauchers
zumindest seit sechs Wochen fällig ist und er selbst seine Leistung
bereits vollständig erbracht hat. Darüber hinaus muss er den Verbraucher
unter Androhung des Terminsverlustes und unter Setzung einer Nachfrist
von mindestens zwei Wochen erfolglos gemahnt haben. | |
12. Anwendbares
Recht (§ 13a) und internationaler Gerichtsstand (§ 14) | |
| |
13. Sonderregeln
über besondere Verträge (§§ 15 ff) | |
| |
14. Verträge außerhalb
ordentlicher Geschäftsräume (§ 3) | |
| |
15. Verträge im
Fernabsatz (§§ 5a ff) | |
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16. Erweiterte Kündigungsmöglichkeit
bei Verträgen über wiederkehrende Leistungen (§ 15) | |
Der Verbraucher kann Verträge, die für eine unbestimmte
oder ein Jahr übersteigende Zeit geschlossen worden sind und durch
er sich zu wiederholten Geldzahlungen für wiederholte Werkleistungen
verpflichtet, unter Einhaltung einer zweimonatigen Frist zum Ablauf
des ersten Jahres, nachher zum Ablauf jeweils eines halben Jahres
kündigen → KAPITEL 6: Sonderregelung
des § 15 KSchG. | |
17. Abzahlungsgeschäfte
und ihnen gleichgestellte Geschäfte (§§ 16–25) | |
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18.
Kreditgeschäfte
von Ehegatten (§ 25) | |
Ehegatten, die als Verbraucher gemeinsam einen Kredit aufnehmen
(egal ob einer die Haftung nur als Bürge eingeht) sind durch die Übergabe
einer gesonderten Urkunde über die Folgen einer solchen
Verpflichtung zu belehren. Dasselbe gilt für einen Ehegatten, der
als Verbraucher die Haftung für eine bestehende Kreditverbindlichkeit
des anderen übernimmt. | |
Der Verbraucher muss insbesondere darüber belehrt werden,
dass, falls die Ehegatten solidarisch haften, von jedem der Schuldner
in beliebiger Reihenfolge der volle Schuldbetrag
verlangt werden kann, und zwar ohne Rücksicht darauf, wem von ihnen
die Kreditsumme zugekommen ist (Z 1), weiters darüber, dass die
Haftung auch bei Auflösung der Ehe aufrecht bleibt (Z 2) sowie darüber, dass
nur das Gericht im Fall der Scheidung die Haftung eines der Ehegatten
gemäß § 98 Ehegesetz auf eine Ausfallsbürgschaft beschränken kann,
was binnen eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung
beantragt werden muss (Z 3). | |
Die
Gültigkeit des Kreditvertrags wird durch eine unterbliebene Belehrung
nach § 25a KSchG nicht berührt. Den Unternehmer trifft wiederum lediglich die
Sanktion des § 32 Abs 1 Z 1c KSchG. | |
|
Sittenwidrige Angehörigenbürgschaft:
Nach der Rspr des OGH ist ein Bürgschaftsvertrag dann analog zu
§ 879 Abs 2 Z 4 sittenwidrig, wenn es sich beim Hauptschuldner und
dem Bürgen um nahe Angehörige bzw Lebensgefährten handelt,
ein krasses Missverhältnis zwischen Haftungsumfang einerseits
und wirtschaftlicher und Leistungsfähigkeit des Bürgen andererseits besteht
und folgende Kriterien kumulativ verwirklicht sind: | |
1) die inhaltliche Missbilligung des Bürgschaftsvertrags, | |
2) die Missbilligung der Umstände seines Zustandekommens
infolge verdünnter Entscheidungsfreiheit des Bürgen | |
3) die Kenntnis oder fährlässige Unkenntnis des Gläubigers
von diesen Faktoren. | |
Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen
sind: | |
Das faktische Übergewicht der Bank bei den Vertragsverhandlungen;
ein Missverhältnis zwischen der Höhe der Verbindlichkeit und dem
Einkommen; die Überschuldung des Hauptschuldners zum Zeitpunkt des
Eingehens der Bürgschaftsverpflichtung; wenn Kredit bereits ausbezahlt
wurde, sodass die Bürgschaft nur der nachträglichen Absicherung
dient; das fehlende unmittelbare Eigeninteresse bzw. kein unmittelbarer
Vorteil für den Bürgen; eine Überrumpelungssituation; die wirtschaftliche
Abhängigkeit um Hauptschuldner bzw. das Vorliegen einer seelischen
Zwangslage. | |
|
Kreditgewährende
Unternehmen iSd § 25a KSchG haben einem Verbraucher, der Solidarschuldner eines
von ihnen gewährten Kredites ist, jede Mahnung und sonstige Erklärung
wegen einer Säumigkeit eines anderen Solidarschuldners zuzustellen.
§ 25b Abs 2 verpflichtet den Gläubigers darüber hinaus, den Verbraucher
im Falle der Säumigkeit des Hauptschuldners binnen angemessener
Frist von der nicht mehr vertragskonform erfolgten
Tilgung zu verständigen, um dem Verbraucher die Möglichkeit
zu geben, das Anwachsen den offenen Saldos durch Zinsen und Kosten
zu vermeiden. Ein Verstoß des kreditgewährenden Unternehmers hat gravierende
Folgen: Wird die Verständigung unterlassen, so haftet ihm
der Verbraucher nicht für die Zinsen und Kosten, die ab der Kenntnis
des Gläubigers von der Säumigkeit des Hauptschuldners bis zu einem
Verzug es Verbrauchers selbst entstehen. |
Kreditverbindlichkeiten von
Verbrauchern: § 25b |
Besonders
dann, wenn die wirtschaftliche Lage des Hauptschuldners angespannt
ist und nahe Angehörige und Freunde zu Bürgschaften oder Mithaftungen
überredet werden, kommt die Aufklärung über die (schlechte) wirtschaftliche
Lage des Hauptschuldners zumeinst zu kurz. Um dieses Informationsdefizit
zu beseitigen hat der Gesetzgeber mit § 25c KSchG eine ausdrückliche Hinweispflicht
des Gläubigers im Falle einer gefährdeten Kreditrückzahlung normiert:
Die Bestimmung verpflichtet den Gläubiger, einen Verbraucher, der
einer Verbindlichkeit als Mitschuldner, Bürge oder Garant beitritt
(sog „Interzession”) auf die wirtschaftliche Lage des Schuldners
hinzuweisen, wenn er erkennt oder erkennen muss, dass der Schuldner
seine Verbindlichkeit voraussichtlich nicht oder nicht vollständig
erfüllen wird. Die Rechtfolge eines Verstoßes gegen diese Warnpflicht
trifft den Gläubiger ebenfalls empfindlich: Bei unterbliebener Aufklärung haftet
der Verbraucher als Interzedent nur dann, wenn er seine Verpflichtung
trotz einer solchen Information übernommen hätte. | Warnpflicht
des Gläubigers bei Interzession:
§ 25c |
Die Beweislast dafür,
dass dem Gläubiger die schlechte wirtschaftliche Lage des Hauptschuldners bekannt
war bzw. sein hätte müssen, trägt der Verbraucher. | Beweislast |
Hat sich
der Gläubiger aktiv um die Einbeziehung eines Interzedenten bemüht
und bestehen bereits frühere Kreditverbindlichkeiten des Hauptschuldners
so deutet dies laut OGH prima facie darauf hin, dass er bezüglich
der Einbringlichkeit der Forderung Bedenken hegt. Aus der umfangreichen
Judikatur zu § 25c KSchG, lassen sich einige Anhaltspunkte gewinnen,
welche konkreten Umstände eine Hinweisobliegenheit des Gläubigers
indizieren (sie zB die Einleitung exekutionsrechtlicher Maßnahmen
bzw erfolglose Exekutionsschritte aus früheren Verbindlichkeiten sowie
die Eintragung neuer Pfandrechte etc.) Die Gläubigerbank hat daher
nach Art und Ausmaß der Verbindlichkeit eine sorgfältige Bonitätsprüfung
vorzunehmen und sich in jedem Umfang Kenntnis von der wirtschaftlichen
Lage des Hauptschuldners zu verschaffen, wie dies ein sorgfältiger
Kreditgeber üblicherweise tut. | Kenntnisverschaffungspflicht von
der wirtschaftlichen Lage des Hauptschuldners |
Als Zweck leuchtet ein: Die Auskunftspflicht soll
dem Verbraucher die wirtschaftlichen Gründe des Gläubigers vor Augen
führen, warum dieser neben dem Hauptschuldner auf der Haftung einer weiteren
Person besteht. – Die Bestimmung ist nicht auf Kreditverträge oder
auf Verpflichtungen nach § 25a KSchG beschränkt. Erfasst werden
neben Bürgschaften und Garantien auch jene Fälle, in denen ein Verbraucher
einer materiell fremden Verbindlichkeit als Mitschuldner beitritt. | Zweck
des § 25c KSchG |
|
In 9
Ob 33/02x (20.2.2002) übernahm eine Tochter für den
Kredit Ihrer Mutter über 6.336,42 Euro die Bürgschaft.
Die Bank verschwieg der Tochter, dass ihre Mutter – als Einzelunternehmerin
in der Wäscheerzeugung tätig – in wirtschaftlichen Schwierigkeiten
war. So wurde zum Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme gegen die Mutter
bereits eine Hypothekarklage wegen Schulden von über 72.672,83 Euro
(1 Mio Schilling) betrieben. Das Grundstück der Mutter war mit mehreren
Pfandrechten belegt, wovon die Bank Kenntnis hatte ohne die die
Bürgin darüber aufzukären. Schließlich wurde der Kredit fällig gestellt
und von der Bank gegen die Bürgin eingeklagt. Vom OGH wurde die
Verletzung der Aufklärungspflich nach § 25c KSchG zu Recht bejaht. | |
|
|
OGH 25. 7. 2000,
1 Ob 107/00t, SZ 73/121 = EvBl 2001/10: Unternehmer steht vor Konkurs
und es droht eine strafrechtliche Verurteilung wegen Krida. In dieser
Situation vereinbart er mit einem Lieferanten eine Ratenzahlung
von 10.000 S monatlich für eine aushaftende Schuld von 300.000 S. Frau
des Unternehmers (Stubenmädchen, Verdienst von 12.000 S,
keine Ersparnisse) übernimmt dafür die Haftung
als Bürgin und Zahlerin, da Mann sagt, er komme sonst ins
Gefängnis. Nach Konkurseröffnung klagt der Lieferant die Frau auf
Zahlung; diese wendet einen Verstoß gegen die Informationspflicht
des § 25 c KSchG ein. – OGH bejaht zwar eine Verletzung der Informationspflicht,
verneint aber die Anwendbarkeit des § 25 c KSchG auf die gesamte
Verpflichtung, da die verdünnte Meinungsfreiheit nicht dem Lieferanten anzulasten
sei. (?) Darüber hinaus hält er eine geltungserhaltende Reduktion
der
Bürgschaftsverpflichtung der Ehefrau auf
ihre tatsächliche Leistungsfähigkeit für zulässig. (Richtig wäre
die Unwirksamerklärung der Bürgschaftsverpflichtung gewesen, weil
die KSchG-Bestimmung die vom OGH in den Vordergrund gestellten Kriterien
gar nicht kennt. (Fragwürdiges Verständnis des § 25 c KSchG durch
den OGH, der in diesen Tatbestand auch Sittenwidrigkeit und Wucher
hereinnimmt.) | |
|
Das
Gericht kann die Verbindlichkeit eines Interzedenten insoweit mäßigen
oder auch ganz erlassen, als sie in einem unter Berücksichtigung
aller Umstände unbilligen Missverhältnis zur Leistungsfähigkeit des
Interzedenten steht. Voraussetzung für die Ausübung des Mäßigungsrechtes
ist, dass die Umstände, die dieses Missverhältnis begründet oder
herbeigeführt haben und die Tatsache, dass der Verbraucher bloß
Interzedent ist, bei Begründung der Verbindlichkeit für den Gläubiger
erkennbar waren. Die Entscheidung selbst ist vom Richter nach billigem
Ermessen zu treffen. § 25d Abs 2 KSchG enthält als Orientierungshilfe
einen Katalog demonstrativ aufgezählter Kriterien; vgl. dazu die
oben angeführten Anhaltspunkte für das Vorliegen einer sittenwidrigen Angehörigenbürgschaft. | Richterliches
Mäßigungsrecht: § 25d |
§ 25d
kann auch zur Anwendung kommen, wenn die Sittenwidrigkeit einer
Angehörigenbürgschaft verneint wird. | |
19. Lieferungen
im Handel mit Druckwerken (§§ 26, 26a, 26b), Einwendungsdurchgriff
(§ 26c) | |
| |
| |
20. Werkvertrag
(§ 27a KSchG) | |
Die
Bestimmung normiert eine Informationspflicht des Unternehmers bei
Unterbleiben der Werkausführung; diese Regelung ist Beispiel einer
sog lex imperfecta, da eine Sanktion für das Nichtbefolgen fehlt. | |
| |
22.
Verbandsklage (§§ 28,
28a, 29) | |
Das Recht
der Verbandsklage wird den in § 29 KSchG genannten Interessenvertretungen
in Anlehnung an § 14 UWG gewährt: Jeder, der gesetz- oder sittenwidrige
Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet bzw deren
Verwendung anderen empfiehlt, kann gemäß § 28 Abs
1 KSchG auf Unterlassung geklagt werden. – Mit BGBl
I 1997/6 wurde die Möglichkeit der „Abmahnung” vor
erhobener Verbandsklage nach § 28 Abs 2 KSchG eingefügt; sog „Abmahnverfahren”. | |
23. Anwendung des
UWG (§ 30) | |
24. Rücktritt von Immobiliengeschäften
(§ 30a) | |
§
30a KSchG will die Überrumpelung von Verbrauchern bei Besichtigungsterminen
verhindern. | |
|
Laut OGH 3 Ob 22/02k
(19. 9. 2002) kommt es beim Rücktrittsrecht nach
§ 30a KSchG nur auf die erstmalige Besichtigung des Objekts durch
den präsumptiven Erwerber an. Dieser muss sich eine bereits früher
vorgenommene Besichtigung durch einen Dritten (hier: Ehegattin)
nicht zurechnen lassen. | |
|
25. Besondere Aufklärungspflichten
des Immobilienmaklers (§ 30b) | |
26. Höchstdauer
von sog Alleinvermittlungsaufträgen (§ 30c) | |
| |
27. Schriftlichkeit
und zwingende Bestimmungen beim Maklervertrag (§ 31) | |
| |
28. Missbrauch von
Zahlungskarten im Fernabsatz (§ 31a) | |
| |
| |
29. Strafbestimmungen
(§ 32) | |
| |
|
Von Helmut Ortner | |
 | |
Der folgende
Abriss konzentriert sich auf die privatrechtlichen Fragen, welche
das Internet vor allem im Geschäftsverkehr aufwirft. Die zahlreichen
Problemfelder in anderen Bereichen, wie dem Strafrecht oder dem
Verwaltungsrecht können hier nicht beleuchtet werden. | Internet und Zivilrecht |
I. Das
Phänomen Internet und E-Commerce | |
 | |
Das Internet, ein ursprünglich
militärisches Projekt, welches später auch dem akademisch-wissenschaftlichen Bereich
zugänglich gemacht wurde, hat mittlerweile einen bedeutenden Platz
im Wirtschaftsleben erlangt. Spätestens seit Vollziehung dieses
letzten Entwicklungsschrittes ist die verklärte Vorstellung vom
Internet als „rechtsfreier Raum” nicht mehr zu
halten. Die grundsätzliche Anwendbarkeit des überkommenen Normensystems
auch auf das „Netz der Netze” ist seit Langem gelebte Praxis. Jedoch
wurde auf Grund der spezifischen Charakteristika des
weltweiten Netzes (va Ubiquität, Dezentralisation, Informationsflut)
wiederholt sondergesetzlichen Regelungen das Wort geredet, was sich
bereits in mehreren leges speciales niedergeschlagen hat. – Grundsätzlich
sollten aber trotz der rasenden Entwicklung der neuen Medien nicht
die tragenden Grundorientierungen und –wertungen unserer Rechtsordnung,
besonders des allgemeinen Zivilrechts,aus dem Blick
verloren werden. Nicht eine weitere Zersplitterung der Rechtsordnung
kann nämlich das Ziel sein; vielmehr ist danach zu streben, die
Probleme des E-Commerce durch eine Fruchtbarmachung der Normen und
Prinzipien des geltenden Rechts in den Griff zu bekommen. Nur dort,
wo dies tatsächlich auf Grund einer signifikant unterschiedlichen
Interessenkostellation unumgänglich ist, soll das Normensystem bedacht
weiterentwickelt beziehungsweise ergänzt werden. | Reaktion der Rechtsordnung auf
das Internet |
1. Internet – Schnittmenge
unterschiedlicher Rechtsgebiete | |
Diese Charakteristika stellen Rechtsanwender und
Gesetzgeber vor schwierige Aufgabenua im IPR und
IZGV (Ubiquität), im Haftungsrecht zB bei Providern (Dezentralisierung)
oder auch im Konsumentenschutz im sog B2C-Bereich (Menge, Geschwindigkeit,
Flüchtigkeit und „Unkörperlichkeit” der digitalen Information),
deren gegenwärtige Lösungsansätze Gegenstand dieser Ausführungen
sind. Das Internet stellt eine Schnittmenge unterschiedlichster
Rechtsgebiete dar; einen zentralen Schwerpunkt bildet aber
das Zivilrecht. Hierbei zeichnen sich wiederum zwei Teilbereiche
ab: | |
• Zum einen die Bestimmungen
des ABGB im Hinblick auf das Vertrags- und Schadenersatzrecht, die
grundsätzlich auch dann gelten, wenn Geschäftsbeziehungen via das
Internet oder über das Handy (M-Commerce) abgewickelt werden; Medienneutralität
des Rechts. | |
• Zum andern die zahlreichen – oft auf EG-RL beruhenden
– leges speciales im zivilrechtlichen Bereich, va das ECG (E-Commerce-Gesetz),
das Fernabsatzgesetz, das Signaturgesetz. | |
2. Einige zentrale
Begriffsbestimmungen: | |
Ein häufiges
Missverständnis ist die Gleichsetzung von Internet und WWW; darum
eine Klarstellung. Internet (Kunstwort aus „Interconnected
Network”, also „vernetztes Netzwerk” oder „Netz der Netze”) ist
der Oberbegriff und bezeichnet alle die Computer und Netzwerke,,
welche eben im „interconnected netword” miteinander zu einer Gesamtheit
verbunden werden und so miteinander kommunizieren, also Daten austauschen
können (dies erfolgt über ein einheitliches Protokoll, das sog TCP/IP).
Die wichtigsten drei im Bereich des E-Commerce genützten Internet-Dienste sind
(1.) das WWW (einfach zu bedienende graphisch gestaltete Benutzeroberfläche,
die das Internet zum Massenphänomen machte), (2.) E-Mail (elektronische
Post durch Austausch von Nachrichten zwischen Mailservern, auf welche
die Nutzer via einen elektronischen Postkasten Zugriff haben) und
(3.) FTP (File Transfer Protokoll; ein Netzdienst zur Datenübertragung,
wie zB Software). Neben diesen zentralen Internetdiensten sind für
den E-Commerce potentiell von Bedeutung Chat, Telefonkonferenzsysteme,
Voice over IP (Internettelefonie), Newsdienste und der Mobilfunkbereich. | Internet |
Die Terminologie ist nicht völlig einheitlich, doch beginnen
sich allgemein akzeptierte Definitionen langsam durchzusetzen. E-Commerce
im hier verwendeten engeren/herkömmlichen Sinn bezeichnet das Verkaufen
von Waren und Dienstleistungen via Internet va im B2C-Bereich, inklusive
Online-Transaktionen und –Zahlung. E-Business ist demgegenüber
der weitere Begriff, der die gesamte onlinebasierte Wertschöpfungskette
eines Unternehmens umfasst (inkl Produktion und Logistik, Werbung
und Marketing, Vertragsabschluss und –abwicklung auch im B2B-Bereich,
Sammeln von Benutzerdaten usw). Daneben etabliert sich zusehends
das sog M-Business, dh geschäftliches Handeln auf
Mobilfunk-Basis, welches durch den UMTS-Standard zusätzlichen Auftrieb
erhalten wird. | |
Business to Business (B2B) bezeichnet die Geschäftsabwicklung
zwischen Unternehmen; während Business to Consumer (B2C) den Handel
zwischen Unternehmer und Endkunden meint. | |
| |
 | |
In der Folge sollen exemplarisch einige der wichtigsten
allgemeinen Regelungen, welche auch auf Geschäftsabschlüsse im Internet
Anwendung finden, dargelegt werden: | |
| |
Die
ganz grundsätzliche Frage, ob Willenserklärungen überhaupt elektronisch
abgegeben werden können (sog „ elektronische Willenserklärungen”),
kann im Einklang mit dem Grundsatz der Formfreiheit (§ 883 ABGB;
zu im Einzelfall gesetzlich vorgesehenen besonderen Formerfordernissen,
wie zB Schriftlichkeit, → Signaturgesetz)
ohne weiters bejaht werden. Vom Standpunkt des ABGB ist also gegen
einen Vertragsschluss via E-Mail prinzipiell nichts einzuwenden.
Solche Willenserklärungen können aber nicht nur via E-Mail, sondern
auch via WWW (durch Ausfüllen von Formularen oder Anklicken von
Buttons), via Internettelefonie (Voice over IP), via Chat-Foren
oder via Mobilfunk (WAP) abgegeben werden. (Als „abgegeben” gilt
sie dann, wenn sie das Computersystem des Erklärenden tatsächlich
verlassen hat und sich auf dem Weg zum Empfänger befindet.) Auch
„ automatisierte Willenserklärungen”, die nicht
mehr nur unmittelbar von einem Menschen mit Hilfe eines Computers,
sondern von einem entsprechend programmierten Computer selbst automatisch
abgegeben werden, werden dem Betreiber der EDV-Anlage nach hA als
Willenserklärung zugerechnet. Beispiele: Eine Software bestellt
bei Erreichen eines Mindestlagerbestandes automatisch neue Ware
bei einem bestimmten Lieferanten nach; das Programm eines Versandhauses
schickt nach Prüfung der eingegangen Bestellungen und des Lagerbestandes
automatisch eine Auftragsbestätigung an den Besteller. | „elektronische”
und „automatisierte”
Willenserklärungen |
Der Zugang von Willenserklärungen richtet sich auch im elektronischen
Geschäftsverkehr grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln; § 12
ECG enthält eine entsprechende Regelung: → Das
Phänomen Internet und E-Commerce Was den Zugangszeitpunkt betrifft,
entsprechen Willenserklärungen über Chat-Foren, Kommunikation mittels
Talk-Programmen, Voice over IP oder Online-Konferenzsysteme den Erklärungen unter
Anwesenden; solche via E-Mail, Voice Mailing oder WWW-Erklärungen
als Erklärungen unter Anwesenden. Es wird jedoch
von der hA vertreten, dass ein völliges und undifferenziertes Einbeziehen
des elektronischen Briefkastens in den Machtbereich einer Person
noch nicht anzunehmen sei, sodass rechtserhebliche Erklärungen nur
dann elektronisch übermittelt werden können, wenn der Empfänger
mit der elektronischen Kommunikation einverstanden ist oder einen entsprechenden
Vertrauenstatbestand (Kontaktaufnahme über E-Mail, Bekanntgabe der
E-Mail-Adresse auf der Visitenkarte oder dem Briefpapier etc) gesetzt
hat | Zugang von
Willenserklärungen |
Auch bei der Auslegung elektronischer Willenserklärungen
gelten die allgemeinen Vertragsauslegungsregeln der §§ 914 ff ABGB. | |
Dasselbe gilt auch grundsätzlich für die Widerrufsmöglichkeit
(bis zum Zugang der Willenserklärung), was jedoch auf Grund der
rasenden Geschwindigkeit der Datenübermittlung bei elektronischer
Kommunikation faktisch aufgehoben ist. | |
2. Vertragsrechtliche
Bestimmungen des ECG | |
ECG kennt einige vertragsrechtliche Bestimmungen, aber es
regelt nicht die Modalitäten des Vertragsschlusses; sie richten
sich nach allgemeinem Zivilrecht: | |
Die Präsentation
von Waren und Dienstleistungen auf einer Webpage stellt idR noch
kein/en Anbot/Auftrag dar, sondern lediglich eine invitatio ad offerendum,
ähnlich der Darbietung in einem Schaufenster. Das Anbot ist im Normalfall
erst die Bestellung des Nutzers zu erblicken. | Invitatio ad offerendum |
Etwas anderes gilt in folgenden
zwei Fällen, in denen ausnahmsweise doch schon der Inhaber der Webpage
das Anbot stellt: (1.) Bei einer Gestaltung des Internetauftritts
in einer Weise, dass der Kunde von einer sofortigen Lieferbereitschaft
ausgehen kann (es kommt auf den objektiven Erklärungswert an), etwa
wenn der Diensteanbieter zweifelsfrei klarstellt, dass er seine
Leistungen an jede Person erbringen will, die auf seine Präsentation
antwortet. (2.) Außerdem wird ein Anbot bei kostenpflichtigen Online-Informationdiensten
oder dem Verkauf von Downloadable Goods angenommen. | Anbot |
| |
Auch im Bereich der AGB muss unterschieden
werden: Zwar beinhaltet das ECG einschlägige Regelungen, diese betreffen
jedoch nicht die Geltung von AGB; diese Frage muss
nach den Bestimmungen des ABGB gelöst beurteilt. Was die Möglichkeit
der Kenntnisnahme betrifft, haben sich in der Praxis des E-Commerce
mehrere Vorgehensweisen etabliert, die der Akzeptabilität nach etwa
wie folgt gegliedert werden können: | |
Bloßer Hinweis auf die AGB auf der Homepage
(also der ersten Webpage der Site): nicht ausreichend. | |
Anbringen eines Links im Webbestellformular: genügt nur
dann, wenn dieser leicht auffindbar ist; empfehlenswert ist eine
Platzierung in der Nähe des Bestell-Buttons. | |
Empfehlenswerter wäre eine unmittelbare Integrierung der
AGB in das Bestellformular selbst, sodass der User den Text zumindest
„gesehen” haben muss, bevor er zum Bestell-Button gelangt. | |
Am sichersten ist jedoch eine Konzeption der Bestellseite
in der Weise, dass der Bestell-Button erst dann betätigt werden
kann, wenn er zuvor ein Kästchen angeklickt hat, um zu bestätigen,
er habe ich die AGB durchgelesen. | |
4. Verletzung
von Informationspflichten | |
In einigen Spezialgesetzen (va dem ECG und den §§ 5a ff
KSchG/FernabsatzG) sind zahlreiche Informationspflichten des Anbieters
von Waren oder Dienstleistungen (auch) im E-Commerce festgeschrieben. | |
Zwar
sind für die Missachtung einiger dieser Informationspflichten spezielle
Verwaltungsstrafen vorgesehen (etwa in § 26 ECG oder § 32 KSchG),
jedoch richten sich die Sanktionen bei Verletzung der Informationspflichten
grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln: | |
•
Aus
der Sicht des Zivilrechts handelt es sich dabei vor allem bei Verschulden
um Schadenersatzansprüche; | Schadenersatz |
•
Zur Ungültigkeit des Vertrages kommt
es, wenn Informationen, welche essentialia negotii, wie Ware oder
Preis selbst betreffen (vgl zB § 5a Abs 1 KSchG), nicht bereitgestellt
werden (§ 869 ABGB); | Ungültigkeit
des Vertrages |
•
Schliesslich kann
es zur Irrtumsanfechtung kommen; beachte, dass
gem § 871 Abs 2 ABGB ein Irrtum über Umstände, über die nach „geltenden
Rechtsvorschriften” (also auch nach den Informationspflichten des
ECG, FernabsatzG etc) aufzuklären ist, einen Geschäfts- und nicht
bloß einen Motivirrtum darstellt. | Irrtumsanfechtung |
5. Lex generalis-lex
specialis-Regel | |
Was soeben im Hinblick auf die Verletzung von Informationspflichten
gezeigt wurde, gilt natürlich nach der lex generalis-lex specialis-Regel
ganz generell: Die einschlägigen leges speciales bauen ja
auf dem Sockel der allgemeinen Bestimmungen des ABGB auf,
sodass dessen Regelungen sozusagen immer im Hintergrund darauf „lauern”,
lückenfüllend zur Anwendung zu gelangen. Ein instruktives Beispiel
dafür bildet die Verletzung von des Informationspflicht des § 5i
Fall 2 KSchG: Für den Fall, dass der Unternehmer seiner Informationspflicht
nachkommt (ein angenommenes Angebot nicht erfüllen zu können, weil
die Ware nicht verfügbar ist), treffen ihn zwar nicht die Rechtsfolgen
der Verletzung seiner Informationspflichten, dies kann aber nichts
an der Anwendbarkeit der allgemeinen Leistungsstörungsregeln über
die Nichterfüllung oder Unmöglichkeit der Erfüllung (§§ 918 ff ABGB)
ändern. In der folgenden Darstellung der Spezialgesetzlichen Normen wird
noch an einigen anderen Beispielen deutlich werden. | |
| |
Neben den allgemeinen Regelungen des ABGB finden eine Reihe
von spezialgesetzlichen Normen Anwendung (va ECG, FernabsatzG und
SigG), die idF unter III. bis V dargestellt werden: | |
 | |
| |
Das ECG (BGBl I 152/2001,
in Kraft getreten am 1. 1. 2002) stellt die Umsetzung der RL2000/31/EG
vom 8. 6. 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der
Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs,
im Binnenmarkt dar. | EC-Richtlinie |
Das ECG regelt den „rechtlichen Rahmen für
bestimmte Aspekte des elektronischen Rechts- und Geschäftsverkehrs
(§ 1) und zählt die Ausnahmen vom Anwendungsbereich auf; insbes
Abgabenwesen, Datenschutz, Kartellrecht, Recht der Domains, Telefon-,
Telefax- und Telexdienste sowie die Beziehungen zwischen Arbeitgeber
und Arbeitnehmer. | Anwendungsbereich
und Inhalt |
| |
§ 4 ECG verbietet das Einführen spezieller Berechtigungen
für Anbieter elektronischer Dienste; wer die Erlaubnis besitzt,
eine bestimmte Tätigkeit im traditionellen Geschäftsverkehr auszuüben, darf
dies auch online tun. | |
| |
Ein immer wiederkehrender Regelungsinhalt von leges speciales
im E-Commerce-Bereich liegt im Festschreiben von Informationspflichten.
Der Gesetzgeber reagiert damit auf die oben erwähnten Charakteristika
der Informationsflut und –dynamik, welche das Internet auszeichnen
und für Konsumenten ein Gefahrenpotential beinhalten. | |
Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft
müssen va folgende Angaben auf ihrer Website leicht und unmittelbar
zugänglich zur Verfügung stellen: Name oder Firma, Geografische
Anschrift, E-mail-Adresse, Firmenbuchnummer/-gericht, gegebenenfalls
Umsatzsteueridentifikationsnummer, zuständige Aufsichtsbehörde,
Kammer oder Berufsverband (samt Hinweis auf die anwendbaren gewerbe-
oder berufsrechtlichen Vorschriften); sofern Preise angeführt werden,
muss eindeutig erkennbar sein, ob es sich um Brutto- oder Nettopreise
handelt und ob die Versandkosten inkludiert sind und Werbung muss
ua klar und eindeutig als solche erkennbar sein. | Allgemeine
Informationspflichten |
Verhaltenskodizes, denen sich der Anbieter freiwillig unterwirft
(Information vor Abgabe der Vertragserklärung des Nutzers); die
einzelnen technische Schritte, die zum Vertragsabschluss führen;
eine allfällige Speicherung des Vertragstextes; technische Mittel
zur Erkennung und Berichtigung von Eingabefehlern; Sprachen in denen
der Vertrag abgeschlossen werden kann (gegenüber Verbrauchern zwingend);
Eingang einer elektronischen Vertragserklärung des Users ist unverzüglich
elektronisch zu bestätigen (gilt nicht für rein individuelle elektronische
Kommunikation zB via SMA oder E-mail-Korrespondenz; ist aber gegenüber
Verbrauchern zwingend). Die Wirkungen einer solchen Bestätigung
richten sich nach allgemeinem Zivilrecht: Sie kann also – je nach
Inhalt – bereits Annahme einer Online-Bestellung bedeuten oder (idR)
rein deklarativen Charakter über den Bearbeitungsvorgang haben.
– Man beachte den Unterschied zum allgemeinen Zivilrecht, das keine
Bestätigungspflicht (gegenüber Verbrauchern) kennt. | |
|
OGH 29. 4. 2003,
4 Ob 80/03y(„sexhotphones.at”): Die Klägerin bietet
Erotik-Telefondienstleistungen an; der Erstbeklagte betreibt im
Internet eine Homepage (www.sexhotphones.at), auf der er Werbung
für eigene Erotik-Mehrwerttelefonnummern betreibt, ohne die Preise
für die Inanspruchnahme der Dienste oder seine AGB anzugeben; der
Zweitbeklagte betreibt Webhosting. Die Klägerin befürchtet einen
Wettbewerbsvorteil des Beklagten, weil potentiellen Kunden nicht
klar sei, was die Dienstleistungen kosten und sie allenfalls annehmen
könnten, diese seinen kostenlos. Die Klägerin begehrt, die Beklagten
schuldig zu erkennen, gegen die Informationspflichten nach §§ 5
Abs 2 und 11 ECG zu verstoßen. – OGH: Adressat der Informationspflichten
des ECG ist der Diensteanbieter, der auf elektronischem
Wege Verträge abschließt. Dient – wie hier – eine Website ausschließlich
der Werbung für Dienstleistungen, sind diese Bestimmungen nicht
anwendbar. Damit ist auch dem behaupteten Verstoß gegen § 1 UWG
als auch der Haftung der Zweitbeklagten als Hostprovider die Grundlage
entzogen. | |
|
Bezüglich dieser Informationspflichten gilt aber grundsätzlich
allgemeines Zivilrecht: Ihre Verletzung kann demnach zur Irrtumsanfechtung
(§ 871 Abs 2 ABGB) und bei Verschulden zu Schadenersatzansprüchen
des Nutzers führen. – Zusätzlich zu beachten ist die für manche Informationspflichten
im § 26 ECG normierte Verwaltungsstrafe. | |
4. Vertragsrechtliche
Bestimmungen | |
Wie dargestellt, werden die Modalitäten des Vertragsschlusses nach
den Regeln des allgemeinen Zivilrechts beurteilt; das ECG beansprucht
keine eigene Regelungskompetenz. – Erinnert werden soll nochmals
an die bereits dargestellten Informationspflichten,
im Vorfeld des Vertragsabschlusses: | |
§
11 ECG normiert, dass Vertragsbestimmungen und AGB speicher- und
reproduzierbar sein müssen; diese Bestimmung ist sowohl für den
B2C- als auch für den B2B-Bereich zwingend. Diese Regelung darf
jedoch nicht mit der Frage der Geltung von AGB verwechselt werden,
welche nach wie vor ausschließlich nach den Bestimmungen des ABGB
beurteilt wird. | Speicher- und
Reproduzierbarkeit von Vertragsbestimmungen und AGB |
Auch der Zugang elektronischer Erklärungen ist im ECG geregelt.
Diese Sondervorschrift deckt sich jedoch inhaltlich mit den allgemeinen
Regelungen des ABGB und hat insofern nur klarstellenden Charakter:
§ 12 ECG bestimmt nämlich, dass die Wirksamkeit einer Erklärung
erst dann eintritt, wenn die Erklärung vom Empfänger „unter gewöhnlichen
Umständen” abgerufen werden kann; sodass eine um 23 Uhr zugesandte
E-Mail erst am Morgen des nächsten (Werk)Tages zugegangen ist. | |
| |
 | |
Mit der rasenden Entwicklung des neuen Mediums Internet
sind natürlich auch Risiken, zB durch die Verbreitung von strafbaren,
sowie markenrechts-, urheberrechts- oder wettbewerbsrechtswidrigen
Inhalten, verbunden. Das ECG versucht, dem Missbrauch des
Internets durch rechtliche Rahmenbedingungen über die Verantwortlichkeit
für solche Rechtsverletzungen entgegenzuwirken. Da es oft unmöglich
ist, gegen die eigentlichen Schädiger vorzugehen, welche sich hinter der
technischen Struktur bzw der globalen Architektur des Netzes verstecken,
legen die §§ 12 bis 15 ECG die Bedingungen für die Verantwortlichkeit
der Betreiber von elektronischen Informations- und Kommunikationsdiensten
fest, ohne welche die kommerzielle Nutzung des Internets gar nicht
möglich wäre. | Allgemeines
und
Definitionen |
•
Internet
Service Provider (IPS): Sammelbegriff für die unten angeführten
Arten. | |
•
Access-Provider vermitteln
nur den Zugang zu einem Informationsnetz oder übermitteln innerhalb
eines solchen Netzes Informationen, zB E-Mails oder SMS. | |
•
Host-Provider speichern nur
fremde Informationen auf ihrem Server (etwa durch Zurverfügungstellen
von Speicherplatz für Websites, E-Mails, Chat-Rooms ect). | |
•
Content-Provider stellen eigene
Inhalte bereit. | |
Vom Regelungsumfang des ECGerfasst
sind nur sog Access- und Host-Provider, nicht jedoch Content-Provider.
Der Grund liegt darin, dass das ECG va Haftungsbeschränkungen bzw
–befreiungen normiert und diese nur den ersten beiden Arten von
Providern zugute kommen sollen, da diese nur mittelbar (rein technisch)
mit einer durch einen von ihnen vermittelten Inhalt verursachten
Rechtsverletzung in Verbindung stehen. Da der Content-Provider aber
per definitionem den verpönten Inhalt selbst bereitstellt hat er
diesen auch zu verantworten – es ist selbstverständlich, dass für
eigene Inhalte immer gehaftet wird. | Regelungsumfang
des ECG |
Merksatz: Es geht um die Verantwortlichkeit
für rechtswidrige Informationen Dritter. | |
In Abweichung vom
Geltungsbereich des Herkunftslandsprinzips ( →
Herkunftslandprinzip),
bei dem besondere Einschränkungen des Anwendungsbereiches vorgesehen
sind (so sind zB nur kommerzielle Aktivitäten betroffen), gelten
die Verantwortlichkeitsregelungen grundsätzlich für den gesamten Anwendungsbereich
der EC-RL. | Geltungsbereich |
Das
ECG normiert keine Haftungsvoraussetzungen, sondern Haftungsbefreiungsvoraussetzungen. Sind
sie erfüllt, tritt eine „horizontale” Haftungsbefreiung ein. Für
die erfassten Tätigkeiten von Informationsmittlern wird die Verantwortung
umfassend geregelt, unabhängig davon, aus welchem Rechtsgebiet diese
abgeleitet wird; Strafrecht, allgemeines Zivilrecht, Urheberrecht,
Wettbewerbsrecht, Markenrecht. Umgekehrt folgt aus dieser Konstruktion
des ECG, dass das Nichterfüllen der Haftungsbefreiungsvoraussetzungen
nicht automatisch die Haftung des Providers bedeutet: Es ist nunmehr
aber der Weg geebnet, diese nach den allgemeinen Vorschriften zu
prüfen. | Haftungsbefreiungs-voraussetzungen |
Zu beachten ist, dass dem ECG ein funktioneller
Providerbegriff zugrunde liegt: Ob ein IPS also in einem bestimmten
Fall als Access-, Host- oder Content-Provider qualifiziert wird
und somit von den Haftungsprivilegien des ECG profitieren kann,
fängt von davon ab, in welchem konkreten Zusammenhang/bei der Ausführung
welcher Funktion im konkreten Fall die Rechtsverletzung eingetreten
ist. | Funktioneller
Providerbegriff |
Den Access-Provider
trifft nach § 13 ECG keine Haftung, wenn er eine reine Durchleitung
von Daten vornimmt, dh keine Auswahl, Veränderung oder Speicherung
vornimmt. Bezüglich des Speicherns erweitert § 15 ECG diesen Tatbestand
noch weiter, indem er die Haftungsbefreiung grundsätzlich auch auf
das sogenannte „Caching” ausdehnt; dh auf eine „zeitlich begrenzte
Zwischenspeicherung, die nur der effizienteren Gestaltung der auf
Abruf anderer Nutzer erfolgenden Informationsübermittlung dient”.
Diese kurzzeitige Zwischenspeicherung begründet somit noch kein
Hosting, da sie nur eine Hilfsfunktion für die Übermittlungsleistung
darstellt. Dies gilt sogar dann, wenn der Provider tatsächliche
Kenntnis von der Rechtswidrigkeit von ihm übermittelten Information
hat. Kurz gesagt: Der Provider haftet für eine unveränderte Weitergabe
von Informationen nicht. § 14 ECG stellt Suchmaschinen den
Access-Providern haftungsrechtlich gleich. | Access-Provider Die Regelung
im Detail |
Host-Provider, trifft
nach § 16 ECG für die von Ihnen zur Verfügung gestellten Inhalte
nur dann keine Verantwortung, wenn sie keine Kenntnis vom Inhalt
und dessen Rechtswidrigkeit haben. Zumindest aber müssen sie nach
Kenntniserlangung die entsprechenden Daten im Falle der Kenntniserlangung
unverzüglich sperren. Für den Teilbereich der schadenersatzrechtlichen
(nicht also zB der strafrechtlichen) Verantwortung verliert der
Host sein Haftungsprivileg bereits dann, wenn ihm Tatsachen oder
Umstände bewusst sind, aus denen die Rechtswidrigkeit offensichtlich
wird. § 17 ECG stellt Linksetzer den Host-Providern
haftungsrechtlich gleich. | Host-Provider |
Content-Providern
kommt – wie oben beim Regelungsumfang erwähnt – kein Haftungsprivileg zugute. | Content-Provider |
Sämtliche Anbieter
jedoch sind gem § 18 ECG von allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflichten
befreit, dh sie müssen nicht von sich aus nach Umständen forschen,
die auf eine Rechtswidrigkeit hinweisen (Verbot der Normierung proaktiver
Kontrollpflichten. § 19 weist noch darauf hin, dass Auskunfts- und
Mitwirkungsrechte gegenüber Gerichten, Verwaltungsbehörden und (unter
gewissen Voraussetzungen) Privatpersonen davon unberührt bleiben. | Sämtliche Anbieter |
| |
 | |
Einer der bedeutendsten aber auch umstrittensten Inhalte
des ECG ist im wesentlichen in den §§ 20 ff ECG geregelt (basierend
auf Art 3 der E-Commerce-RL) – das Herkunftslandprinzip: Nach dem Herkunftslandprinziprichten
sich Anforderungen an die „Dienste der Informationsgesellschaft”
im „koordinierten Bereich” innerhalb des EWR nach dem Recht des
Herkunftslandes des Anbieters. | Grundsätzliches
und Definitionen |
Nachder Legaldefinition des
Art 2 lit a EC-RL (der auf Art 1 Nr 2 der Notifikationsrichtlinie,
RL 98/34/EG idF RL 98/48/EG, verweist) handelt es sich dabei um
alle (1.) Dienstleistungen, die (2.) in der Regel gegen Entgelt
(3.) im Fernabsatz (4.) mittels Geräten für die elektronische Verarbeitung
und Speicherung von Daten (5.) auf individuellen Abruf eines Empfängers
erbracht werden. Darunter fallen insbesondere der Online-Vertrieb
von Waren und Dienstleistungen, Online-Informationsangebote, die
Online-Werbung, elektronische Suchmaschinen und Datenabfragemöglichkeiten,
wirtschaftliche Tätigkeiten über E-Mail und Dienste, welche Informationen über
ein elektronisches Netz übermitteln, den Zugang zu einem solchen
vermitteln oder Informationen eines Nutzers speichern. | Dienste der
Informationsgesellschaft |
Nach der Legaldefinition
des § 3 Z 8 ECG handelt es sich beim koordinierten Bereich um die
„allgemein oder besonders für Dienste der Informationsgesellschaft
und für Diensteanbieter geltenden Rechtsvorschriften über die Aufnahme
und die Ausübung einer solchen Tätigkeit”. Verkürzt ausgedrückt
fallen darunter alle Regelungen, dh sowohl europäische als auch
nationale, die für Online-Diensteanbieter zur Anwendung gelangen. | Koordinierter Bereich |
Die Kriterien zur
Bestimmung der Niederlassung eines Diensteanbieters richten sich
nach der Rspr des EuGH. Es wird darauf abgestellt, dass der Diensteanbieter
(1.) mittels einer festen Einrichtung (2.) auf unbestimmte (es wird
jedoch auch die Gründung für einen festgelegten Zeitraum akzeptiert)
Zeit (3.) eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. | Herkunftsland |
Das Herkunftslandprinzip gelangt nur zur Anwendung, wenn
sowohl der Niederlassungsstaat des Diensteanbieters als auch der
Bestimmungsstaat EU- oder EWR-Mitgliedstaaten sind. | |
Die intensivste Debatte in der Literatur dreht sich um das
Verhältnis des Herkunftslandprinzips zum IPR: Zum einen wird die
Ansicht vertreten, das Prinzip sei wie eine internationalrechtliche Sachverweisungsnorm zu
lesen, dh es sei immer das Sachrecht des Herkunftslandes anzuwenden. Zum
andern wird dem Verständnis des Art 3 EC-RL als bloße Anwendbarerklärung
des IPR des Herkunftslandes iVm einem Günstigkeitsvergleich zwischen
der so gefundenen lex causae und dem Sachrecht des Herkunftslandes
(welcher aber nur dann zur Anwendung des günstigeren Rechtes führt,
wenn durch das höhere Schutzniveau nicht gegen den freien Dienstleistungsverkehr verstoßen
wird) das Wort geredet. | Verhältnis des
Herkunftslandprinzips zum IPR |
Während gegen die erste Ansicht Art 1 Abs
4 und Erwägungsgrund 23 der EC-RL ins Treffen geführt werden, welche
klarlegen, dass durch die umzusetzenden RL-Bestimmungen keine neuen
IPR-Regeln geschaffen werden sollten und die unmittelbare Gefahr
eines „race to the bottom” in Richtung der mildesten Rechtsordnung
beschworen wird, wird gegen die zweite Ansicht vorgebracht, die
Grundidee des Rechtsklarheit und –sicherheit werde verwässert und
das ganze Prinzip somit ad absurdum geführt. Auch, wenn die zweite
Verständnisvariante tatsächlich die Attraktivität und Einfachheit
des Herkunftslandprinzips schmälert, so sind mE doch die eindeutigen
Aussagen der RL über die Bedeutung des im Art 3 festgeschriebenen
Prinzips zu respektieren. | |
IV. E-Commerce
und Fernabsatzgesetz | |
 | |
| |
Das
ebenfalls auf einer EG-RL (RL 97/7/EG vom 20. 5. 1997 über den Verbraucherschutz
bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz) basierende FernabsatzG (BGBl
I 185/1999, in Kraft seit 1. 6. 2000) hat unser KSchG um die §§
5a – 5j und 31a bereichert. Der Anwendungsbereich dieser Normen
ist aber nicht auf Geschäfte im E-Commerce beschränkt, sondern geht
darüber hinaus. Sie gelten gem § 5a KSchG ganz
allgemein für Verträge, die unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln
geschlossen werden (Abs 2), sofern sich der Unternehmer eines für den
Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems
bedient (Abs 1). | |
Unter Fernkommunikationsmitteln sind
dabei ganz generell Kommunikationsmittel zu verstehen, die zum Abschluss
eines Vertrages ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Parteien
verwendet werden können, was nicht nur den elektronischen Geschäftsverkehr
einschließt, sondern auch Kataloge, Ferngespräche, Teleshopping
etc. | Fernkommunikationsmittel |
Ausgenommen
vom Anwendungsbereich der RL sind ua Finanzdienstleistungen (Art
3 Abs 1); für diesen Bereich wurde inzwischen die RL 2002/65/EG
vom 23. 9. 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher
erlassen, welche somit eine weitere E-Commerce Lücke schließt und
deren Ziel es ist, den Verbrauchern den EUweiten Zugang zu allen
Finanzdienstleistern zu ermöglichen. Österreich hat zwar für die
Umsetzung der RL noch bis Oktober 2004 Zeit, doch werden umfassende
Anpassungen notwendig sein, um die Rücktritts- und Informationspflichten
vollständig erfüllen zu können. | Ausnahme vom Anwendungsbereich |
Ein zentrales Anliegen der RL,
nämlich die Ermöglichung des Abschlusses elektronischer Verträge
(Art 9 Abs 1), galt in Österreich auf Grund der Formfreiheit, wie
unter II. dargestellt, bereits bisher. Ratio des Fernabsatzgesetzes ist
es vor allem, den besonderen Gefahren von im Fernabsatz getätigten
Geschäften für Konsumenten entgegenzuwirken: Diese können hierbei
weder von einer persönlichen Beratung Gebrauch machen, noch sich
über die Ware in natura ein Urteil bilden. Dies soll mit Hilfe der
folgenden Normen erreicht werden: | |
| |
Wie das ECG, normiert auch § 5c, d und i KSchG zahlreiche
Informationspflichten für Verbraucher: So muss dieser gem § 5 c
KSchG– mit Ausnahme zB von Versteigerungen, Hauslieferungen, Freizeit-
und Finanzdienstleistungen – vor Abgabe seiner Vertragserklärung
klar und unmissverständlich in einer dem verwendeten Fernkommunikationsmittel
angepassten Weise mit folgenden Informationen vorsorgt
werden: | Zahlreiche
Informationspflichten |
• Name des Unternehmers | |
• Ladungsfähige Anschrift des Unternehmers | |
• Wesentliche Eigenschaften und Preis der Ware | |
• Bei Ferngesprächen sind der Name oder die Firma
des Unternehmers und der geschäftliche Zweck des Gesprächs gleich
zu Beginn offenzulegen. | |
Bei
Verletzung dieser Informationspflichten sind folgende Sanktionen vorgesehen:
Bei Verletzung der Informationspflichten nach § 5 c Abs 3 KSchG
sieht § 32 KSchG eine Verwaltungsstrafe vor. Dies gilt nicht für
die Informationspflichten nach Abs 1, sodass hier die allgemeinen
Regeln zur Anwendung kommen → Verletzung
von Informationspflichten. | |
|
OLG Wien
5. 11. 2002, 1 R 168/02m, VRInfo 2002 H 11, 4:Der VKI klagte im
Auftrag des BMfJ mehrere in Österreich tätige Telefonauskunftanbieter
(hier: Telekom Austria AG). Diese bieten kostenpflichtige Telefonauskunftdienste über
eine bestimmte Rufnummer an. Die Konsumenten werden am Beginn der Auskunft
weder über die Kosten dieser Dienstleistung noch über Name und Adresse
des Dienstleisters informiert. – Sowohl das HG Wien (10. 9. 2002,
34 Cg 119/02k) als auch das OLG Wien nahmen eine Verletzung der
Informationspflichten nach § 5c KSchG an. Es genüge auch nicht,
die Informationen über Preise im Internet, Presse oder Werbebroschüren
zur Verfügung zu stellen; bei einem Telefonauskunftdienst, der nur
über das Telefon abgewickelt wird, müsse die Information über das
Telefon selbst erfolgen. (Inzwischen hat der VKI auch gegen einen
weiteren Telefonauskunftanbieter – CLC AG – in erster Instanz gewonnen;
die Telekom Austria informiert nun ihre Kunden mittels eines vorgeschalteten
Ansagetextes über die Kosten des Gesprächs). | |
|
Die
Bestätigungspflichtdes § 5d KSchGbestimmt
Folgendes: Der Verbraucher muss rechtzeitig während der Vertragserfüllung
– spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung – eine schriftliche oder auf
einem dauerhaften Datenträger gespeicherte Bestätigung über die
gerade besprochenen Informationen erhalten. Zusätzlich müssen in
dieser Bestätigung gewisse in Abs 2 aufgezählte Angaben, wie etwa
das Rücktrittsrecht betreffend, enthalten sein; auch hiervon sind
in Abs 3 wieder Ausnahmen vorgesehen. | |
§
5i KSchGschließlich sieht zwei weitere Informationspflichten
vor: Der Unternehmer muss den Konsumenten davon in Kenntnis setzen,
falls er dessen Anbot nicht annimmt. Außerdem ist
der Konsument darüber zu informieren, wenn sein Anbot zwar angenommen
wurde, sich aber später herausstellt, dass die Ware nicht
(mehr) verfügbar ist. Im Falle der schuldhaften Verletzung dieser
Informationspflichten, treten die unter B aufgezeigten Rechtsfolgen
ein; va Schadenersatzanspruch aus Verspätungsschaden. Auch die Erfüllung
der letzteren Informationspflicht kann aber wohl nichts an der Verpflichtung
ändern, die vertragliche Leistung erbringen zu müssen, sodass die allgemeinen
Leistungsstörungsregeln zum Tragen kommen; vgl auch schon unter
B. | Weitere
Informationspflichten |
| |
Rechtzeitige Absendung
der Rücktrittserklärung genügt. Ist der Unternehmer seinen unter
(2) erwähnten Bestätigungspflichten nicht nachgekommen, beträgt
die Frist drei Monate, ansonsten 7 Werktage (bei Nachreichen der
Information durch den Unternehmer innerhalb der 3-Monats-Frist, beginnt
die 7-Tages-Frist zu laufen). | Rücktrittsfrist |
enVergleich zwischen Rücktritt nach
§ 4 KSchG (Haustürgeschäfte) und § 5a ff KSchG (Fernabsatz): Im
Fernabsatz muss der Rücktritt nicht schriftlich erfolgen. | Vergleich
mit
Haustürgeschäft |
Das KSchG
sieht im Fernabsatz keine Verzinsung des vom Verbraucher zurückerhaltenen
Kaufpreises vor (auch hier greifen aber wieder die Regeln des allgemeinen
Zivilrechts, in concreto des Bereicherungsrechts, ein). | Verzinsung des Kaufpreises |
Für den Fall, dass der Konsument zur Finanzierung
des im Fernabsatz geschlossenen Vertrages mit dem Unternehmer selber
oder mit einem Dritten einen Kreditvertrag abgeschlossen
hat, der mit ersterem eine wirtschaftliche Einheit iSd § 18 KSchG
bildet, gilt der Rücktritt auch für diesen. In der Literatur wurde
eine teleologische Reduktion des § 5h Abs 2 KSchG vorgeschlagen,
der dem Konsumenten für den Fall der Auflösung des Kreditvertrags
im obigen Sinne auch die Zahlung von Zinsen erlässt: Diese Bestimmung
solle nur die vereinbarten Kreditzinsen ausschließen, nicht jedoch
ein über die allgemeinen Regeln des Bereicherungsrechts zu zahlendes
Benützungsentgelt. | |
4. Die Fälligkeitsregel
des § 5i KSchG | |
Überraschend
ist die Regel des § 5i KSchG, wonach der Unternehmer grundsätzlich 30
Tage Zeit hat, eine Bestellung des Verbrauchers, welche
er angenommen hat, auszuführen, weil hier in einem Schutzgesetz
zuungunsten des Konsumenten von der allgemeinen Bestimmung des §
904 ABGB abgewichen wird, die vorsieht, dass eine Leistung „sogleich”
gefordert werden kann. Das Angebot des Verbrauchers nimmt der Unternehmer
idR durch „ tatsächliches Entsprechen” iSd § 864
Abs 1 an; vgl → KAPITEL 5: Die
Sonderfälle des § 864 ABGB. | |
5. Gewinnzusagen
und andere vergleichbare Mitteilungen | |
Nach
§ 5j KSchG geben dem Konsumenten die Möglichkeit, den Inhalt solcher
Mitteilungen, die beim Verbraucher den Eindruck erwecken, er hätte
einen Preis gewonnen, auch tatsächlich gerichtlich einzuklagen. | |
6.
Kreditkartenmissbrauch | |
Einer der größten Stolpersteine für den endgültigen Durchbruch
des E-Commerce zum absoluten Massenphänomen ist die Unsicherheit,
die von Vielen iVm der Online-Zahlung der bestellten Waren oder
konsumierten Dienstleistungen nach wie vor verspürt wird. Dass dies
nicht ganz unbegründet ist, zeigt die relativ hohe Zahl von Delikten
insbesondere im Hinblick auf die beliebteste Variante, in Internet
zu bezahlen: die Kreditkarte. | (Un)Sicherheit
bei
Online-Zahlungen |
Dieser
Angst der Konsumenten entgegenzuwirken ist das Ziel des § 31 a KSchG:
Falls es iZm einem Vertragsschluss zu einem Kreditkartenmissbrauch
kommt, ist der Inhaber der Karte berechtigt, vom Aussteller die Erstattung
des betreffenden Betrages zu verlangen.
So lange der Karteninhaber also seine in den meisten AGB der Kreditkartenfirmen
vorgesehenen Sorgfaltsverpflichtungen (wie sorgfältige Verwahrung
der Karte, Verwendung nur auf „sicheren” Websites zB mit SSL-Verschlüsselung)
nicht verletzt, schützt ihn diese Norm des KSchG. Andernfalls wird
er selbst gegenüber dem Aussteller haftbar, was idF zu einer Kompensation
mit seinem Erstattungsanspruch und somit zu dessen faktischen Entfall
führt. Auf diese Weise wird also ein unachtsamer Benützer einer
Kreditkarte trotz der einseitig zwingenden Natur des § 31a KSchG
nicht geschützt. | |
| |
 | |
| |
Wie dargelegt, führt der Grundsatz der Formfreiheit im bürgerlichen
Recht dazu, dass Willenserklärungen auch auf elektronischem Wege
ohne weiteres abgegeben werden können. Zur Wirksamkeit einer elektronischen
Willenserklärung ist eine Signatur also nicht vonnöten. Mit einer elektronischen
Signatur soll jedoch ganz bestimmten Schwächen solcher Online-Erklärungen entgegengewirkt
werden, die ernstzunehmende Hindernisse dafür sind, das ökonomische
Potential des E-Commerce voll ausschöpfen zu können: | Schwächen von
Online-Erklärungen |
Zum einen kann die Herkunft also der Verfasser einer elektronischen
Erklärung zweifelhaft sein; sog Authentizität/Echtheit (Ausschalten
des „Handelns unter fremden Namen”); | |
Um solchen Problemen entgegenzuwirken, werden seit langem
bekannte kryptographische Verschlüsselungstechniken auf
den elektronischen Geschäftverkehr angewendet, um sowohl Absender
als auch Inhalt einer elektronischen Nachricht zweifelsfrei feststellen
zu können. (Das unten dargestellte 2-Schlüssel-Verfahren wird dabei
als „asymmetrische Kryprographie bezeichnet.) – Das SigG selbst
ist technologieneutral formuliert, sodass es für künftige Entwicklungen
auf technischem Gebiet offen bleibt. | |
Der sog „private Schlüssel”:
Aus den zu signierenden Daten wird mit Hilfe eines mathematischen
Verfahrens ein repräsentativer Wert errechnet (sog „Hashwert”),
der auf dem privaten Schlüssel des Verfassers (kodiert durch ein Passwort
oder eine Magnetstreifenkarte mit PIN-Code) basiert. | |
Der sog „öffentliche Schlüssel”: Diese
Verschlüsselung kann nur mit einem komplementären Schlüssel, der öffentlich
zugänglich ist, wieder aufgehoben werden. | |
Will man also wissen, ob jemand tatsächlich der Urheber
einer (verschlüsselten) elektronischen Nachricht ist, braucht man
nur zu prüfen, ob der öffentliche Schlüssel die Botschaft „entsperrt”:
Wenn ja, dann muss der Inhaber des privaten Schlüssels tatsächlich
die Verschlüsselung vorgenommen haben. Über den errechneten Hashwert,
kann zudem überprüft werden, ob es irgendwelche inhaltlichen Veränderungen
an der vom Inhaber des privaten Schlüssel stammenden Nachricht gab;
jede noch so kleine inhaltliche Modifikation würde diesen Wert nämlich
verändern. Auf diese Weise können Authentizität und Integrität einer
Nachricht zweifelsfrei festgestellt werden. | |
| |
Das SignaturG bildet die zweite Stufe einer dreiteiligen
Kaskade von legislativen Maßnahmen: (1.) Richtlinie
99/93/EG vom 13. 12. 1999 über gemeinsame Rahmenbedingungen für
elektronische Signaturen. Deren Umsetzung erfolgte schon vor dem
Inkrafttreten der RL durch (2.) das SigG (BGBl I 190/1999; in Kraft
seit 1. 1. 2000); dazu kommt noch (3.) die SignaturVO (BGBl II 30/2000,
in Kraft seit 3. 2. 2000), welche die erforderlichen Detailbestimmungen
zur Durchführung des SigG enthält. | |
Das idF kurz skizzierte SigG enthält Regelungenüber
Rechtswirkungen und die technischen Sicherheitserfordernis elektronischer
Signaturen, über Zertifikate und Zertifizierungsdiensteanbieter,
die Anerkennung ausländischer Zertifikate, die Einrichtung einer
Aufsichtsstelle sowie Datenschutzbestimmungen. | |
Auf Grund
der Technologieneutralitätdes SigGverwendet
das Gesetz selbst die Terminologie „privater” und „öffentlicher
Schlüssel” nicht, es spricht nur ganz allgemein von „Signaturerstellungsdaten”
(= privater Schlüssel) und „Signaturprüfdaten” (= öffentlicher Schlüssel)
und bleibt so für künftige und andere Methoden offen. Dasselbe gilt
auch für den Begriff der Signatur: Die derzeit allgemein übliche
Art der Signatur wird korrekterweise als „digitale” Signatur bezeichnet;
das SigG selbst aber verwendet den weiteren Begriff der „elektronischen”
Signatur, welcher wiederum technologieneutral und für künftige technische
Weiterentwicklungen offen ist. | Technologieneutralität |
Regelungsgegenstand
des SigG ist, wie oben dargelegt, die Authentizität und Integrität
elektronischer Daten – nicht jedoch deren Vertraulichkeit. Es wird
nur der „Hashwert” verschlüsselt, nicht jedoch das Dokument selbst;
es bleibt weiter lesbar. Der Schutz elektronischer Daten vor Kenntnisnahme
Dritter ist also kein Regelungsthema des SigG. | Vertraulichkeit |
§ 3 SigG: Zwar sind im SigG Signaturverfahren
mit verschieden hoher Sicherheitsstufe und unterschiedlichen Zertifikatsklassen
vorgesehen, an die auch verschiedene Rechtsfolgen geknüpft werden
können. Doch ist die rechtliche Wirksamkeit einer elektronischen
Signatur und deren Verwendung als Beweismittel jedenfalls gewährleistet. | „Allgemeine
Rechtswirkungen” |
„Besondere Rechtswirkungen” iSd § 4
SigG sind solche, die nur Signatur- und Zertifizierungsverfahren
höherer Stufe auslösen können: Vor allem genügen sie grundsätzlich
der Schriftform des § 886 ABGB, erfüllen also das Kriterium einer
eigenhändigen Unterschrift; dazu müssen die qualifizierten Voraussetzungen
des § 5 SigG erfüllt sein. Außerdem sind im SigG einige Bereiche generell
ausgenommen, wie zB das Erb- und Familienrecht oder Privatbürgschaften. | „Besondere
Rechtswirkungen” |
§
20 legt bestimmte Informationspflichten des Zertifizierungsdiensteanieters
fest (Die Überprüfung der Authentizität und Integrität des Dokuments
beweisen noch nicht die Identität des Signators; dies wird durch
die Ausstellung eines Signaturschlüssel-Zertifikats durch einen
Zertifizierungsdiensteanbieter erreicht). | Weitere Regelungen |
§ 21 verpflichtet den Signator ua zur sorgfältigen Verwahrung
des Signaturerstellungsdaten und zur Unterlassung der Weitergabe
an Dritte. | |
§ 23 sieht eine weitreichende Verantwortlichkeit der Zertifizierungsdiensteanbieter
für qualifizierte Zertifikate vor. | |
§ 26 normiert Verwaltungsstrafen bei Verstößen gegen das
SigG vor, die – wie schon beim ECG und FernabsatzG gesehen –die
zivilrechtlichen Folgen ergänzen. | |
VI. Weitere einschlägige
Normen | |
Nach Darstellung der zentralen Normen (lex generales ABGB
und leges speciales ECG, FernabsatzG, SigG) folgen nun einige weitere
einschlägige Bestimmungen und ihre europarechtlichen Grundlagen: | |
• Die
RL 2001/29/EG vom 22. 5. 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte
des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte
in der Informationsgesellschaft, welche in Österreich durch die
Urheberrechts-Nov 2002 umgesetzt wurde. | |
• Die RL 2000/46/EG vom 18. 9. 2000 über die
Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von
E-Geld-Instituten, welche durch das E-Geldgesetz (BGBl
I 45/2002) umgesetzt wurde. Geregelt wird die Berechtigung zur Ausgabe
sog „elektronischen Geldes”, dh eines „gegen Eintausch von kleinen
Geldbeträgen” (max 2.000 Euro) auf einem elektronischen Datenträger
gespeicherten Geldwertes, der von anden Unternehmen als Zahlungsmittel
akzeptiert wird. | |
• Die RL 95/46/EG vom 24. 10. 1995 zum Schutz
natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten
und zum freien Datenverkehr, die RL 97/66/EG vom 15. 12. 1997 über
die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre
im Bereich der Telekommunikation sowie die Richtlinie 2002/58/EG
vom 12. 7. 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und
den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation.
Während die ersten beiden Datenschutz-RL durch
das DatenschutzG 2002 (BGBl I 165/1999) umgesetzt wurden, steht
für die dritte eine Umsetzungsfrist bis 21. 10. 2003 zur Verfügung. | |
• Die RL 98/84/EG über den rechtlichen Schutz
von zugangskontrollierten Diensten und von Zugangskontrolldiensten,
deren Umsetzung im Zugangskontrollgesetz (BGBl
I 60/2000), regelt den rechtlichen Schutz von Diensteanbietern,
die Fernsehsendungen, Radiosendungen oder Diensten der Informationsgesellschaft
gegen Entgelt und unter einer Zugangskontrolle bereitstellen. | |
VII. Elektronischer Zahlungsverkehr | |
 | |
Das für die Praxis zentrale Thema im elektronischen Zahlungsverkehr,
nämlich die rechtliche Behandlung von Kreditkartenmissbrauch wurde
dargestellt; auf das E-Geld-Gesetz wurde hingewiesen. IdF soll ein
Überblick gegeben werden, welche Möglichkeiten in Österreich darüber
hinaus existieren, Zahlungsvorgänge iVm Internetgeschäften handzuhaben: | |
1. Auch außerhalb
des Internet gebräuchliche Zahlungsarten und paysafecard: | |
Natürlich können auch für Internetgeschäfte
die klassischen Zahlungsmethoden Lieferung per Nachnahme, Lieferung
per Rechnung, oder das Lastschritverfahren verwendet werden. – Bereits
seit Ende 2000 in Österreich (seit Anfang 2001 auch in Deutschland)
in Verwendung befindet sich die sog „paysafecard”,
welche als Prepaid-Card ganz ähnlich wie eine Telefonwertkarte funktioniert;
bezahlt wird durch die Eingabe des freigerubbelten Codes in die
Online-Bestellmaske (w ww.paysafecard.com). | |
2. Besondere Bankenlösungen
im Online-Zahlungsverkehr: | |
Das Einzahlung von Erlagscheinen über das
Internet für Kunden aller österreichischen Banken, die ein Girokonto besitzen,
ermöglicht die Postsparkasse mit ihrem Dienst „bezahlen.at” (www.bezahlen.at). | |
Eine nahe liegende Lösung bietet auch das Einbeziehen bestehender
Online Banking-Systeme in die Website des Anbieters. | |
3. Mobilfunk-Zahlungssystheme: | |
Das Schlagwort „pay by phone” bezeichnet
die Möglichkeit, via eines WAP-fähigen Handys, Waren oder Dienstleistungen
über den Telefonanbieter abzurechnen ( http://www.t-mobile.at/startpage/)
oder via M-Commerce-PIN die Kreditkartenabrechnung dafür zu nutzen.
Eine weitere Möglichkeit, das Handy zur Zahlung zu verwenden, bietet das
System paybox (Informationen unter www.paybox.at). | |
VIII. Rechtliche
Probleme des Domain
Namens | |
 | |
| |
Jeder Computer, der einen Teil des Internet bildet ist eindeutig
identifizierbar; ihm ist eine „Adresse” in Form eines Nummerncodes
zugeordnet, die sog IP-Adresse (zB 150.448.01.76). Mit solchen Zahlenkolonnen
operieren zu müssen, um im Netz den gewünschten Adressaten oder
die gewünschten Informationen zu finden, ist jedoch unpraktisch.
Daher wurde das Domain Name System (DNS) eingeführt, welches den numerischen
IP-Adressen eine alphanumerische Entsprechung in Form von Wortadressen/Domain
Names zuordnet (zB www.sony.com). | |
Dabei wird das Suffix am Ende als Top Level
Domain (TLD) bezeichnet (sog country TLDs bezeichnen ein bestimmtes
Land, etwa”.at”, „.de”, „uk”; sog generic TLDs hingegen einen bestimmten
Sachbereich, zB „.com”, „.edu”, „.gov”), der Mittelteil als Second
Level Domain (im Beispiel „sony”). | |
Jede Wortadresse ist weltweit einmalig, die über internationale
(ICANN) und nationale (in Österreich va nic.at) Einrichtungen vergeben
werden – für diese Vergabe gilt das Windhundprinzip nach
dem Grundsatz „prior tempore potior jure”. | |
| |
Die Gerichte waren in den letzten Jahren bereits häufig
mit Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Domain Namen befasst.
Dabei kristallisierten sich folgende Typen von Domainstreitigkeiten heraus: | |
•
Wohl am bekanntesten
ist das sog Domaingrapping: Darunter versteht man
das auf dem oben erwähnten Prinzip der Einmaligkeit jedes Domain
Namens basierende „Wegschnappen” von Internetadressen vor anderen
Interessenten. Dabei sind zwei Arten zu unterscheiden: Die sog Domain-Blockade will
einfach nur verhindern, dass ein Mitkonkurrent von der für ihn günstigen Adresse
gebrauch machen kann; die sog Domain-Vermarktung will
den Interessenten dazu bewegen, die Domain vom Inhaber – oft zu
Mondpreisen – abzukaufen. Ein solches Verhalten ist sittenwidrig
iSd Generalklausel des § 1 UWG. | |
• Die bloße Domainverwendung selbst
kann aus namens-, kennzeichen- und urheberrechtlichen Gründen rechtswidrig
sein. | |
•
Der Namens-
(§ 43 ABGB), Firmen- (§ 37 HGB), Titel- (§ 80 UrhG) und Unternehmenskennzeichenschutz
(§ 9 UWG) findet auch auf die Verwendung von Begriffen als Teil
einer Domain Anwendung; was Unterlassungsansprüche zur Folge haben
kann. Das UWG spielt außer im Falle des Domaingrappings auch im
Falle einer wettbewerb swidrigen Ausbeutung fremden
Rufs oder Irreführung iSd § 2 UWG eine Rolle. Auch der markenrecht liche
Schutz findet auf Domain Namen Anwendung. | |
|
OGH 27. 4. 1998,
4 Ob 105/99s („jusline.com”), EvBl 1999/178 = ecolex
1999/226 = RdW 1999, 657 = ÖBl 1999, 225 = wbl 1999/343 = MR 1999,
235: Hier hatte sich der OGH das erste Mal mit Domain-Grapping zu
befassen. Die Klägerin bot in Internet einen juristischen
Informationsdienst unter der 1995 für sie registrierten
Marke „jusline” an, den sie intensiv bewarb und ausgebaute. 1996
registrierte die beklagte Partei die Domain www.jusline.com. Als
die Klägerin die Beklagte die Übertragung der Domain forderte, verlangte
diese dafür 300.000 S oder eine monatliche Nutzungsgebühr von 5.000
S bei mindestens zweijähriger Vertragsdauer. – OGH: Da die Beklagte
einzig und allein zu dem Zweck, die Klägerin in ihren Bemühungen
zu behin dern und um sich eine spätere Überschreibung
der Internetadresse abgelten zu lassen, den Domain-Namen
jusline.com registrieren hatte lassen, liege ein gegen § 1 UWG verstoßendes Domain-Grapping vor. | |
|
|
OGH 13. 9. 1999,
4 Ob 180/99w („format.at”), ecolex 2000/53 = wbl
2000/31 = ÖBl 2000, 72 = MR 1999, 351: Die Klägerin ist die Tochter
der Verlagsgruppe News, Herausgeberin der Zeitschrift Format; die
Beklagte ist die Medieninhaberin der Zeitschriften Trend und Profil.
Die Beklagte ließ sich unmittelbar nach Präsentation der Null-Nummer
des Wochenmagazins Format den Domain-Namen format.at registrieren.
– OGH: Die Beklagte handelte bei Reservierung und Nutzung
des Domain-Namens in Behinderungsabsicht. Sie hatte den
Domain-Namen format.at – ohne sachlich gerechtfertigte Gründe –
in der Absicht erworben, die Erstklägerin von der Benutzung dieses
Kennzeichens im Internet auszuschließen, was sie auch gar nicht
in Abrede stellte. Dementsprechend entschied der OGH, dass der Tatbestand
des Doman-Grapping erfüllt sei und ein Verstoß
gegen § 1 UWG vorliege. | |
|
|
OGH 13. 7. 1999,
4 Ob 140/99p(„sattler.at”), ecolex 1999/281 = RdW
1999, 710 = ÖBl 2000, 39 = MR 1999, 237: Kläger ist der Rechtsanwalt
Dr. Egon Sattler; Beklagte die Bundesinnung der Lederwarenerzeuger,
Taschner, Sattler und Riemer, die unter der Domain sattler.at Internet-Inhalte
anbot. Argumentation des Klägers: Der für die Beklagte registrierte
Domain-Name sattler.at beeinträchtige seine schutzwürdigen Interessen
als Träger dieses Familiennamens, weil es ihm nicht mehr möglich
sei, seinen Namen im Internet unter der gewählten TLD.at registrieren
zu lassen. – Der OGH schon diese Argumentation vollends beiseite:
Stehen einander zwei zur Verwendung eines Zeichens berechtigte Rechtsträger gegenüber,
so gilt der Grundsatz der Priorität („first
come – first served”). In einem solchen Fall ist es dem
mit der Registrierung einer Domain im Internet nachfolgenden Rechtsträger
ohne weiteres zumutbar, ein der Unterscheidung dienendes Zeichen
hinzuzufügen, um eine Eintragung in derselben TLD zu erreichen. | |
|
|
OGH 21. 12. 1999,
4 Ob 320/99h(„ortig.at”), SZ 72/207 = EvBl 2002/107
= ecolex 2000/98 = RdW 2000/296 = wbl 2000/87 = ÖBl 2000, 134 =
MR 2000,8: Im Gründungsstadium befindlicher Dachverband für Internetanbieter
will Akronym „ortig” als Domainnamen („ortig.at”) verwenden. Der
Kläger, der diesen Familiennamen trägt und darunter Internetdienstleistungen
anbietet, klagt aus § 43 ABGB auf Unterlassung. – OGH: Domain-Namen,
die einen Namen enthalten oder namensmäßig anmuten, fallen unter
den Schutz des § 43 ABGB. Das Prioritätsprinzip,
welches beim Zusammentreffen mehrerer Schutzrechte ganz allgemein
gilt, findet auch hier Anwendung. Durch die unbefugte Verwendung
eines Namens in einer Domain werden schutzwürdige Interessen des
Namensträgers, dem der Zugang ins Internet unter einer aus einem
Nachnamen gebildeten Adresse verwehrt ist, beeinträchtigt. | |
|
| |
Nach der Rspr des OGH haftet unter bestimmten
Voraussetzungen nicht nur der eigentliche Störer für Verletzungen
des Namensrechts, sondern auch die Vergabestelle:
Wenn sie trotz entsprechender Aufforderung des in seinen Rechten
Verletzten eine Domain, die in grober und offensichtlich erkennbarer
Weise kennzeichen- oder wettbewerbswidrig ist, nicht sperrt, kann
sie auf Unterlassung und/oder Beseitigung in Anspruch genommen werden. | |
| |
 | |
| |
Dass die allgemeinen Regeln des
bürgerlichen Rechts auch für den Bereich des Internets gelten, wurde
erläutert. Dies führt ua zur Anwendbarkeit des § 1330 ABGB sowie
der medien-, marken-, urheber- und wettbewerbsrechtlichen Regelungen.
Die Normen des ECG, welche die Haftung von Providern beinhalten,
wurden ebenfalls bereits dargestellt. | Allgemeine
Regelungen |
IdF werden
die rechtlichen Rahmenbedingungen von Hyperlinks behandelt.
Dabei handelt es sich um Querverbindungen aus einem Web-Dokument
auf andere Texte, Dokumente oder sonstige Inhalte im Netz. Obwohl
diese ein Wesensmerkmal des Internets darstellen (sog Hypertext-Prinzip, welches
für die Charakterisierung des WWW als „Hypermediasystem” neben der
Multimedia-Komponente begriffsbildend ist), und idR eine konkludente
Zustimmung der Ersteller frei zugänglicher Websites angenommen wird,
haben bestimmte Linktechniken doch rechtliche Probleme aufgeworfen: | Hyperlinks im Speziellen |
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Webpages sind sehr oft in
mehrere Teilbereiche untergliedert, die durch sog Rahmen oder Frames voneinander
abgegrenzt sind. Zu rechtlichen Problemen kann diese Darstellungsmethode („Framing”)
dann führen, wenn bei Klicken auf einen Link, der entsprechende
Inhalt in einem dieser Frames dargestellt wird, ohne den User darauf
hinzuweisen, dass es sich dabei um einen fremden Inhalt handelt.
Da dem Besucher der Internetsite vorgegaukelt wird, es handle sich
dabei um einen Content des Inhabers der betreffenden Website selber,
kann dies gegen urheber-, marken- und wettbewerbsrechtliche Vorschriften
verstoßen. | Framing |
Noch
einen Schritt weiter geht der Inhaber einer Website beim sog Inline/Embedded
Link: Hier muss nicht einmal mehr ein Link abgeklickt werden, um
den Fremdinhalt auf einer betsimmten Webpage des Inhabers sichtbar
zu machen, sondern der Link ist gewissermaßen subkutan fix installiert.
Da hier bereits beim Aufrufen der Webpage der fremde Content automatisch
in die Webpage integriert wird, ist er natürlich für den Besucher
der Page auch nicht als solcher erkennbar und es finden die beim
Framing erwähnten Normen Anwendung. | Inline/Embedded Link |
Etwas weniger gefährlich
als die beiden besprochenen Vorgehensweisen ist das sog Deep Linking,
wobei der Surfer bei Anklicken eines Links auf der Webpage des Inhabers
auf eine fremde Website geführt wird, jedoch nicht auf deren Startseite
– sozusagen der „äußere” Umschlag des Buches, sondern bereits auf
eine bestimmte Webpage – irgendein Kapitel „im Inneren” – der Website.
Da auf diese Weise die Anfangsseite, auf der sich der Inhaber der jeweiligen
Website vorstellt, umgangen wird, kann natürlich auch hier leicht
der Eindruck entstehen, es handle sich um einen Inhalt des Link-Setzers.
Auch hier sind die erwähnten Rechtsverletzungen möglich. | Deep Linking |
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OGH 17. 12. 2002,
4 Ob 248/02b („METEOdata.com”), ecolex 2003/112
(Anm Tonninger) = wbl
2003/120 = MR 2003, 35: Die Klägerin betreibt ein Dienstleistungsunternehmen
zur Erstellung von Wetterkarten, -analysen, -prognosen und –gutachten
und ist seit 1997 auch im Internet unter www.meteodata.com präsent.
Diese Site umfasst auch einige aktuelle Wetterkarten; direkt unter
diesen Karten ist ein Copyright-Vermerk angebracht, der als Link zur
Homepage zurückführt. Der Beklagte (Bauunternehmer) ist seit 2000
unter der Domain „bernegger.at” im Internet präsent, die unter Verwendung
der Framing-Technologie gestaltet ist. Klickt man
in der Menüleiste seiner Homepage auf den Link „Bauwetter”, so werden
die Wetterkarten der Klägerin in einen Frame seiner Homepage eingebaut; im
Adressenfeld scheint weiter nur die Domain des Beklagten auf, der
Copyright-Vermerk bleibt erhalten. – Der OGH verneint einen urheberrechtlichen
Anspruch der Klägerin, weil es weder bei einem Hyperlink noch bei
der Frametechnik zu einer Kopie des Werkes am Computer der linkenden
und/oder framenden Website komme. Auch einen wettbewerbsrechtlichen
Anspruch verneint er, könne doch die Klägerin durch die Ausgestaltung
des Copyright-Vermerks als Link auf ihre eigene Homepage Vorteile
ziehen (?). Dass der Nutzer beim Aufsuchen der Website der Beklagten
an der Homepage der Klägerin vorbeigeltiet wird und dieser dadurch
Werbeeinnahmen entgehen, sei dabei nur ein unbeabsichtigter Nebeneffekt
(?). | |
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Eine gänzlich andere Frage ist es, ob ein Inhaber einer
Website, der einen Link auf eine andere setzt,
dadurch für den eventuell rechtswidrigen Inhalt der
Site auf die er verweist, verantwortlich ist. Diesen Fall regelt
das ECG – ähnlich den oben dargestellten Haftungsbefreiungsregelungen
für Provider – in § 17. | |
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OGH 27. 11. 2001,
4 Ob 252/01i („Gelbe Seiten”), ecolex 2002/173
= RdW 2002/283 = ÖBl 2002/15 = MR 2002, 101: Die Klägerin ist Verlegerin,
Medieninhaberin und Herausgeberin der „Gelben Seiten”, die Bestandteil
der Regionalausgaben der Telefonbücher der Telekom Austria sind.
Die Beklagte betreibt die Internetseite www.internetpartner.at,
auf deren Homepage sich ein Link auf die Internetsite
www.baukompass.at befindet; sie ist auch Inhaberin dieser Website.
Die Beklagte kaufte 1999 die Marketing CD-Rom der Klägerin in der
Absicht, die darauf enthaltenen Daten für die unter www.baukompass.at abrufbare
Datenbank zu verwenden. Die Klägerin erhebt eine auf das UrhG gestützte
Unterlassungsklage. – Der OGH bejaht den Eingriff in das Schutzrecht
der Klägerin nach § 76 UrhG. Auch den Umfang des Unterlassungsbegehrens,
dh der Ausdehnung auf die unter www.internetpartner.at, die ja lediglich
einen Link zur fraglichen Website setzte, bejahte der OGH. Da die
Beklagte sowohl Inhaberin der ersten als auch der zweiten Website
sei, ist von der Kenntnis der Inhalte der fraglichen
Website auszugehen. | |
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X. Anwendbares
Recht und Gerichtsstand: IPR und IZGV | |
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1. Das anwendbare
Recht (internationales Privatrecht) | |
Das Internet hat zu einer erheblichen Zunahme an
Rechtsgeschäften und sonstigen -verhältnissen mit einer relevanten
Auslandsberührung iSd IPR geführt. Durch diese Entwicklung wurden
zum einen neue Probleme geschaffen, zum anderen wurden bereits seit
langem vorhandene Schwachpunkte in diesem Rechtsgebiet durch die
schiere zahlenmäßige Vermehrung „pathologischer” Sachverhalte noch
virulenter. | |
Auf die (subsidiäre) Ebene des IPR gelangt man nur in den
Fällen, in denen Einheitsrecht – wie va das UN-Kaufrecht
– nicht anwendbar oder abbedungen wurde. | Das
auf Verträge anwendbare Recht |
In diesen
Fällen ist innerhalb der EU zuerst an das EVÜ zu
denken; erst wenn auch dieses nicht zur Anwendung kommt, wird man
auf das autonome österreichische IPRG zurückgeworfen. | Hierarchie von Rechtsnormen |
Auf der zweiten Stufe findet
demnach das Europäische Vertragsrechtsübereinkommen Anwendung: | EVÜ |
Nach Art 3 EVÜ ist primär Rechtswahlmaßgeblich.
Mangels einer Rechtswahl unterliegt ein Vertrag nach Art 4 EVÜ dem
Recht jenes Staates, zu dem die engste Verbindung besteht; nach
der (widerlegbaren ) gesetzlichen Vermutung des Abs 2 ist diese
am „Ort der charakteristischen Leistung” anzunehmen.
Dieses Kriterium wirft keine internetspezifischen Probleme auf:
Wie auch bei Offline-Verträgen führt diese praesumptio juris zum
Recht jenes Staates, in dem der Erbringer der Sach- oder Dienstleistung
seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Niederlassung hat; der
Serverstandort ist grundsätzlich nicht von Bedeutung. | |
Das EVÜ normiert in seinem Art 5 Verbraucherschutzbestimmungen:
Während Abs 2 klarstellt, dass durch eine Rechtswahl iSd
Art 3 dem Verbraucher grundsätzlich nicht der Schutz seines Aufenthaltsstaates
entzogen werden darf, normiert Abs 3, falls keine Rechtswahl getroffen
wurde, prinzipiell die Geltung des Rechts seines Aufenthaltsstaates.
Dies jedoch nur, falls einer der in Abs 2 aufgezählten Fallkonstellationen vorliegt,
wovon hier die folgenden relevant sind: | |
Dem Vertragsschluss ist ein ausdrückliches Angebot oder
eine Werbung im Aufenthaltsstaat des Verbrauchers vorausgegangen
und dieser hat die zum Vertragsschluss notwendigen Rechtshandlungen
in seinem Staat vorgenommen; zB durch Absenden einer E-Mail von
seinem PC aus. Die heftigen Diskussionen, ob bzw bei welcher Gestaltung
eine Webpage eines Unternehmers, die im Aufenthaltsstaat des Verbrauchers
abgerufen werden kann, ein Angebot/eine Werbung iSd Bestimmung darstellt
und auch die Kritik an der Differenzierung zwischen „aktiven” und
„passiven” Konsumenten, die der Konzeption des Art 5 EVÜ zugrunde
liegt, wird aller Voraussicht nach im Zuge der Novellierung des
EVÜ durch die VO Rom I entschärft; es ist wahrscheinlich, dass die
klarere Formulierung des Art 15 Brüssel-I-VO, welche das EuGVVO
ersetzte, übernommen wird. | |
Der Unternehmer hat die Bestellung des Verbrauchers in dessen
Aufenthaltsstaat entgegengenommen. Diese Voraussetzung ist bei bloßer
elektronischer Übermittlung eines Online-Bestellformulars an den
Rechner des Anbieters nicht erfüllt. | |
Ist
das EVÜ nicht anwendbar – und somit erst auf der dritten Stufe –,
besteht nach § 35 IPRG ebenfalls primär die Möglichkeit einer Rechtswahl;
ansonsten gilt auch hier subsidiär der Grundsatz der stärksten Beziehung
(§ 1 IPRG). | IPRG |
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OGH 15. 10. 2002,
4 Ob 174/02w („Boss-Zigaretten”), EvBl 2003/27
= ecolex 2003/27 = RdW 2003/66, ÖBl 2003/10 (Anm Fallenböck):
Diese E ist die mittlerweile vierte im fast schon unendlichen Rechtsstreit um
die Werbung für BOSS-Zigaretten im Internet. Die Klägerin ist ein
deutsches Unternehmen, die Inhaberin der Wortmarke „BOSS” ist (in
Österreich seit den 70er Jahren). Die Beklagte erzeugt und vertreibt Tabakwaren
unter dieser Marke (und der gleichen Schriftart). In Österreich
sind „BOSS”-Zigaretten nur in Dutyfreeshops erhältlich; die Klägerin
betreibt jedoch eine – auch in Österreich abrufbare – Website auf
der sie diese Zigaretten bewirbt; jedoch einerseits mit
dem Hinweis „nicht alle Marken und Markenvarianten sind überall
erhältlich” und zusätzlich mit einer Aufzählung der Vertriebsländer
(Tschechien, Ungarn, Ukraine, Taiwan). Die Klägerin begehrt, der
Beklagten zu untersagen, Zigaretten unter der Marke „BOSS” im Internet
zu bewerben und/oder anzubieten. – OGH: Es besteht angesichts der
weltweiten Abrufbarkeit des Internets ein berechtigtes Bedürfnis
nach Gestaltungsmöglichkeiten, Werbung und Angebote auf
bestimmten Websites räumlich einzuschränken. Indizien hiefür sind
die verwendete Sprache und sog Disclaimer, dh Hinweise
auf der Website, dass das Angebot nur für bestimmte Märkte gelte. Solche
Disclaimer dürfen aber nicht durch den sonstigen Inhalt oder das
tatsächliche Verhalten des werbenden Unternehmens widerlegt
sein, was der OGH aber auf Grund des Verkaufs in österreichischen Dutyfreeshops
annimmt. Der Disclaimer konnte also die Ausrichtung der Werbung
auch auf österreichische Internetnutzer nicht hindern. | |
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In diesem Bereich ist die Situation für einen Internetanbieter
aus zwei Gründen weitaus komplizierter: Zum einen
ist das internationale Deliktsrecht weder auf völkerrechtlicher
noch auf europäischer Ebene vereinheitlicht, zum anderen knüpft
der (daher unmittelbar relevante) IPRG (vgl zB
§ 48) sowohl am Erfolgs- als auch am Handlungsort an.
Nicht nur dass diese bei Internetrechtsverhältnissen schwer zu ermitteln
sind, ein weites Verständnis des Erfolgsorts (Erfolgsort als jeder Ort,
an dem die verletzenden Daten, zB die betreffende Webpage, abgerufen
werden können) im Falle des Internet zu einer potentiell weltweiten
Anknüpfung und damit zur Notwendigkeit für den im Internet tätigen
Unternehmer, sich an den strengsten Haftungsbestimmungen orientieren
zu müssen. Genau diesem Missstand sollte durch das Herkunftslandprinzip der
EC-RL/des ECG begegnet werden → Geltungsbereich
(§ 1)
| Nichtvertragliche
(insbesondere deliktsrechtliche) Ansprüche |
2. Gerichtsstand
und internationale Zuständigkeit | |
Die internationale Zuständigkeit richtet sich im Verhältnis
zu andern EU-Staaten (außer Dänemark) nach der EuGVVO /Brüssel-I-VO,
welche das EuGVÜ /Brüsseler Übereinkommen ersetzt
(nur noch zwischen Dänemark und den anderen EU-Staaten anwendbar).
Im Verhältnis zu den EFTA-Staaten richtet sich die internationale
Zuständigkeit nach dem (mit dem EuGVÜ im wesentlichen inhaltsgleichen) LGVÜ /Lugano
Übereinkommen. Außerhalb des Anwendungsbereiches der obigen Rechtsquellen,
etwa im für Internetgeschäfte wesentlichen Verhältnis zu den USA,
gilt autonomes österreichisches Recht, dh die Regeln der JN über
die örtliche Zuständigkeit, die auch für die internationale Zuständigkeit
entsprechend anzuwenden sind. | |
Primär gibt es auch hier die Möglichkeit
einer Gerichtsstandsvereinbarung, wenn zumindest eine
Vertragspartei ihren Wohnsitz innerhalb der EU/EFTA hat, was zu
einer ausschließlichen Zuständigkeit der gewählten Gerichte führt
(Art 17 EuGVÜ, Art 23 EuGVVO). Eine solche Vereinbarung kann schon
nach den Übereinkommen grundsätzlich auch auf elektronischem Wege zustande
kommen, was in der EuGVVO nun auch ausdrücklich klargestellt wurde.
Alle drei Rechtsquellen schränken die Möglichkeit einer solchen
Vereinbarung jedoch zugunsten des Verbrauchers ein
(va Zulässigkeit erst nach Entstehen der Streitigkeit oder Vereinbarung
bloß eines zusätzlichen Gerichtsstandes; Art 13 f EuGVÜ, Art 17
EuGVVO). | Europäisches
Recht (EuGVVO, EuGVÜ, LGVÜ) |
Subsidiär gilt als allgemeiner
Gerichtsstand der Wohnsitzort oder Niederlassungsort des Beklagten,
wenn dieser innerhalb eines Vertragsstaates liegt. Damit konkurrieren
(was auch nach der Systematik der EuGVVO so beibehalten wurde) mehrere besondere
Gerichtsstände, insbesondere: | |
Erfüllungsortsgerichtsstand bei
vertraglichen Ansprüchen (Art 5 EuGVÜ, näher präzisiert in Art 5
EuGVVO): Der Erfüllungsort selbst ist nach der gem IPR anwendbaren
Rechtsordnung zu bestimmen. Bei Internetverträgen führt diese Regelung
oft zu einem Gerichtsstand im Staat des Diensteanbieters. | |
Verbrauchergerichtsstand bei vertraglichen
Ansprüchen (Art 13 f EuGVÜ, Art 15 EuGVVO): Die Bestimmungen führen
unter denselben Voraussetzungen wie im EVÜ idR zum Gerichtsstand
des Verbraucherwohnsitzes. Wie bereits angesprochen, führte die
damit verbundene Differenzierung in „aktive” und „passive” Verbraucher
gerade im E-Commerce zu erheblichen Anwendungsschwierigkeiten, was
ausschlaggebend für die Umformulierung in Art 15 EuGVVO war: Neben
der uneingeschränkten Weitergeltung des Verbrauchergerichtsstandes
für Teilzahlungskäufe beweglicher Sachen und deren Finanzierungsgeschäfte
gilt dieser nunmehr immer dann, wenn der Vertragspartner des Verbrauchers
in dessen Wohnsitzstaat eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit
ausübt oder eine solche auf irgend einem Wege auf diesen Mitgliedstaat
ausrichtet. Obwohl im Detail nach wie vor manches umstritten ist,
wird diese Voraussetzung mit einem Internet-Angebot jedenfalls grundsätzlich
erfüllt. | |
Gerichtsstand bei Ansprüchen aus unerlaubten Handlungen:
Zuständig sind hier sowohl die Gerichte des Schadensortes (Art 5
EuGVÜ/EuGVVO) als auch des Handlungsortes (Rspr des EuGH). | |
Sind
die obigen Rechtsquellen auf einen bestimmten Sachverhalt nicht
anwendbar – und kommt auch kein bilaterales Abkommen Österreichs
mit einem anderen Staat zur Anwendung, so sind die Zuständigkeitsregeln
der JN einschlägig. Zwar ist für Verbraucher ist
daneben auch § 14 KSchG zu beachten, es gibt jedoch im österreichischen
Recht keinen Verbraucherschutz iSe objektiven Anknüpfung an den
Verbraucherwohnsitz. Dies führt bei Vertragsschlüssen zB mit US-amerikanischen
Unternehmen im Internet zu einer wesentlich nachteiligeren Rechtslage
für den Verbraucher, als dies nach den europäischen Rechtsnormen
der Fall wäre. | Autonomes
österreichisches Recht |
E. Zwei Kaufvertragsfälle
zur Wiederholung |
1.
Das „zurückgelegte” Kleid. – Eine Frau entdeckte in einem
Modegeschäft ein schönes Kleid, das ihr gefiel. Da sie nicht genug
Geld bei sich hatte, ließ sie das Stück zurücklegen und erklärte
der Verkäuferin, am nächsten Tag wieder zu kommen, das Kleid abzuholen
und den Kaufpreis bezahlen zu wollen. – Der Zufall wollte es jedoch,
dass sich die Kundin die Sache anders überlegte: Sie erblickte nämlich
im Schaufenster eines anderen Geschäfts dasselbe Kleid, jedoch zu
einem günstigeren Preis. Sie ging daher auf dieses zweite Angebot
ein und ließ sich im ersten Geschäft nicht mehr blicken. Die Erstverkäuferin
will ihr Kleid loswerden ...! | |
a) Muss die Frau bezahlen? | |
O Ja O Nein O Kommt darauf an | |
b) Ist ein Kaufvertrag zustande gekommen? | |
O Ja O Nein O Kommt darauf an | |
c) Kann die Frau der Erstverkäuferin gegenüber einwenden,
sie habe mittlerweile anderswo günstiger gekauft? | |
O Ja O Nein O Kommt darauf an | |
d) Wie steht es um den zweiten KaufV? Ist er | |
O gültig O ungültig O teilweise gültig / ungültig | |
2. Der Sofakauf auf Kredit. – Ende 1989
entdeckte eine Kundin in einem Innsbrucker Möbelgeschäft ein Sofa,
das genau ihren Ansprüchen gerecht wurde. Doch ihre finanzielle
Situation war prekär. Dies teilte die Frau der Verkäuferin auch
ganz ehrlich mit. Sie könne sich das Stück nur leisten, wenn der
Kaufpreis über einen Kredit finanziert werde. Die Verkäuferin war
einverstanden, ein Vertrag wurde unterzeichnet. Doch die Bank gewährte
der mittellosen Kundin keinen Kredit. Das Sofa wurde ihr nicht ausgehändigt.
Das Möbelhaus klagte aber dennoch den Kaufpreis des Möbelstücks
beim Innsbrucker Bezirksgericht ein. | |
Lösung: Die von der Verkäuferin
zur Kenntnis genommene und mit ihr ausdrücklich vereinbarte Bedingung
[Zur Bedingung: § 897 iVm den §§ 696 und 699 ABGB] für diesen Kauf,
dass nämlich dazu die entsprechende Kreditvergabe an die Kundin
[§ 1063 ABGB: Kreditkauf] erfolgen müsse, wurde auf der Vertragsurkunde
mit dem Vermerk „Kredit” deutlich gemacht. Die Frau konnte aus eigenen
Mitteln nicht einmal eine Anzahlung für das Möbelstück leisten.
[Zur Anzahlung beim Abzahlungsgeschäft vgl § 16 Abs 1 Z 2 iVm §
20 KSchG.] Zum Zwecke der Kreditvergabe übergab die Kundin der Verkäuferin
die geforderten Lohnzettel und ihren Reisepass. | |
Besagtes Möbelhaus arbeitet in Fällen von Raten-
oder Kreditkäufen mit einer bestimmten Bank zusammen. [§§ 16 ff
KSchG regeln das Abzahlungsgeschäft. In unserem Fall war vermutlich
ein Abzahlungsgeschäft gewollt. Aber wir wissen es nicht, daher
kann diese Frage offen bleiben, zumal sie auch nicht entscheidungsrelevant
ist.] Mit dem Datum der Auslieferung der Ware erhält das Möbelhaus
von der Bank den gesamten Kaufpreis und übergibt im Gegenzug dazu
der Bank den Warenübernahmeschein, womit auch der Eigentumsvorbehalt
an der Ware samt der restlichen Kaufpreisforderung an die Bank weitergegeben
wird. Die Rückzahlung des Kredites ist vom Kunden an die Bank zu
leisten, diese Form des Abzahlungsgeschäftes heißt Absatzfinanzierung → Das Abzahlungsgeschäft
| |
Doch als
sich die Kundin das Sofa abholen wollte, erfuhr sie, dass der Kredit
nicht bewilligt worden war. Sie sprach bei der Bank vor. Den geforderten
Bürgen [Zur Bürgschaft: §§ 1346 ff ABGB] konnte sie nicht beibringen.
Die Frau war zwar enttäuscht, doch war für sie die Sache erledigt.
Nicht aber für das Möbelhaus, das den Kaufvertrag erfüllt haben
wollte. | |
Das Gericht kam – zutreffender
Weise – zu der Auffassung, dass die Kundin keinen Zustand vorgespiegelt
habe, der die Verkäuferin in ihrer Entscheidung bezüglich der Chance
zur Erlangung eines Kredites bekräftigt hätte. Die Kreditvergabe
sei, so das Gericht, eine ausdrückliche Bedingung des Vertrags gewesen.
Da diese Bedingung aber ohne Verschulden der Kundin nicht eintrat,
sei der Vertrag für beide Parteien nicht bindend. Weder habe die
Kundin Anspruch auf Herausgabe des Sofas, noch das Möbelgeschäft
auf den Kaufpreis. Das Klagebegehren des Möbelhauses wurde daher
abgewiesen. – Auch der Berufungssenat am Innsbrucker LG kam zu derselben
Überzeugung. – Aus: TT 5.4.1991. | |
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