Einweisung in die Erbschaft – Das Verlassenschaftsverfahren
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Anders als etwa nach schweizerischem (Art 560 ZGB) oder deutschem Recht (§ 1922 BGB) erlangt ein Erbe nach ABGB den Nachlass nicht automatisch mit dem Tod des Erblassers, sondern erst durch richterliche Einweisung (Einantwortung) im Rahmen eines ausgeformten Verlassenschaftsverfahrens. – Darauf wird in der Folge überblicksmäßig eingegangen.
Rechtshistorisch sei angemerkt, dass die österreichische Lösung dem antiken griechischen Recht entspricht, die deutsche und schweizerische dagegen eher dem römischen.


Erbrecht folgt Lehre von Titel und Modus
Abbildung 17.1:
Erbrecht folgt Lehre von Titel und Modus
A. Ziele des Verlassenschaftsverfahrens
Wir haben gehört, dass das ABGB das Erbrecht – unzutreffenderweise – noch zu den dinglichen Rechten zählt; § 308 ABGB. Deshalb wendet es auf das Erbrecht auch die für den Erwerb dinglicher Rechte charakteristische Lehre von Titel und Modus an: §§ 380, 425 ABGB → KAPITEL 2: Die Lehre von Titel und Modus. Der jeweilige erbrechtliche Berufungsgrund (Gesetz, Testament oder Erbvertrag) ist danach der Titel (§ 799 ABGB); als Modus fungiert die gerichtliche Einantwortung, womit die Übergabe in den rechtlichen Besitz erfolgt (§ 797 ABGB).
Titel und Modus
Als Ziel des Verlassenschaftsverfahrens sind zu nennen:
• Das Verhindern von Streit und verbotener Eigenmacht; vgl die Ziele des Besitzschutzes!
• Das Gericht sorgt auch für die nötige Richtigstellung des Grundbuchs und den Schutz Pflegebefohlener;
• schließlich soll dadurch auch sichergestellt werden, dass die anfallenden Gebühren, Abgaben und Steuern entrichtet werden.
I. Verlassenschaftsverfahren – Zeitlicher Ablauf
Ist eine Person verstorben, übersendet das Standesamt, das ua das Sterbebuch führt (: Personenstandsrecht), die Sterbeurkunde(in Abschrift) an das Wohnsitz-Bezirksgericht des Verstorbenen, das für das Verlassenschaftsverfahren zuständig ist; sog Todfallsanzeige → Der Verfahrensablauf Sachlich zuständig für die in der Folge stattfindende Todfallsaufnahme (→ Von der Todfallsaufnahme (§§ 34–60 AußStrG) und weiteren Regelungen des Verlassenschaftsverfahrens) ist jenes Bezirksgericht, bei dem die/der Verstorbene zuletzt ihren / seinen allgemeinen Gerichtsstand in Streitsachen hatte; § 21 AußStrG iVm § 105 JN.
Todfallsanzeige und Todfallsaufnahme
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II. Gliederung des Verlassenschaftsverfahrens
Das Verlassenschafts-, Nachlass- oder Abhandlungsverfahren wird in ein:
Vorverfahren, in dessen Mittelpunkt die sog Todfallsaufnahme steht, und
• die Verlassenschaftsabhandlung, als Hauptverfahren unterteilt.
Ziel des Vorverfahrens ist es, jene Fälle zu bestimmen, bei denen es zu einer Verlassenschaftsabhandlung kommen soll, und alle anderen auszusondern; insbesondere:
Ziel des Vorverfahrens
• die sog Abtuung armutshalber → Von der Todfallsaufnahme (§§ 34–60 AußStrG) und weiteren Regelungen des Verlassenschaftsverfahrens: § 72 AußStrG.
• Einen unbedeutenden und zugleich überschuldeten Nachlass kann das Gericht, wenn keine unbedingte Erbserklärung abgegeben wurde, den Nachlassgläubigern an Zahlungsstatt überlassen; sog iure crediti-Einantwortung → Von der Todfallsaufnahme (§§ 34–60 AußStrG) und weiteren Regelungen des Verlassenschaftsverfahrens: § 73 AußStrG.
Nach § 67 Abs 1 KO ist über einen überschuldeten (aber nicht unbedeutenden) Nachlass der Nachlasskonkurs zu eröffnen (§ 815 ABGB: Kridamäßige Nachlassverteilung) → Von der Todfallsaufnahme (§§ 34–60 AußStrG) und weiteren Regelungen des Verlassenschaftsverfahrens: § 74 AußStrG.
Mit der vom Gericht zu veranlassenden Todfallsaufnahme (dazu gleich unten), wird regelmäßig ein Notar beauftragt, der als Gerichtskommissär tätig wird.
Notar als Gerichtskommissär
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B. Der Verfahrensablauf
§ 797 ABGB steht unter der Überschrift: „Von der Besitznehmung der Erbschaft”. Das Gesetz ordnet an:
„Niemand darf eine Erbschaft eigenmächtig in Besitz nehmen. Das Erbrecht muss vor Gericht verhandelt und von demselben die Einantwortung des Nachlasses, das ist, die Übergabe in den rechtlichen Besitz, bewirkt werden.”
§ 798 ABGB verweist materiell in Bezug auf die weitere Vorgangsweise auf das Abhandlungs- oder Verlassenschaftspatent = AußStrG (§§ 20–180), RGBl 1854/208. – Die Durchführung des Verfahrens wird – wie erwähnt – in den meisten Fällen von Notaren vorgenommen. Die von ihnen vorzunehmenden Amtshandlungen sind in § 1 Abs 1 GerichtskommissärG (GKG), BGBl 343/1970 festgelegt. Davon ausgenommen und den Gerichten vorbehalten sind die richterlichen Entscheidungen: zB Einantwortung, förmliche Vernehmung und Ansuchen um Gewährung von Rechtshilfe außerhalb des österreichischen Bundesgebiets; § 1 Abs 2 GKG.
AußStrG: §§ 20–180
Das AußStrG wird deshalb mit den Synonyma Abhandlungs- oder Verlassenschaftspatent bezeichnet, weil der Grossteil seiner Regelung diesen Bereich betrifft. – Zu den wichtigsten Änderungen des AußStrG → KAPITEL 19: Das außerstreitige Verfahren.
Reform des AußStrG
I. Die Todfallsaufnahme
Aufgrund der Todfallanzeige ist von Amts wegen die Todfallsaufnahme anzuordnen; → Verlassenschaftsverfahren – Zeitlicher Ablauf Damit beginnt das Vorverfahren: Darin sind alle Umstände, die für die Verlassenschaftsabhandlung oder für pflegschaftsbehördliche Maßnahmen von Bedeutung sind, umgehend zu erheben (§§ 38 ff AußStrG), und zwar auch dann, wenn der Verstorbene mittellos war; § 51 Abs 1 AußStrG. – Alle schriftlichen Testamente und Kodizille müssen kundgemacht werden, ob sie aufgehoben worden oder ungültig sind, ist unbeachtlich; § 61 Abs 1 AußStrG. Die Kundmachung erfolgt in Anwesenheit zweier Zeugen und wird in einem Formblatt protokolliert.
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II. Erbserklärungen
Das Gericht oder der Gerichtskommissär hat die (voraussichtlichen) Erben vom Erbanfall zu verständigen und sie aufzufordern, die Erbserklärung abzugeben; § 75 AußStrG.
In den von § 77 AußStrG bestimmten Fällen ist von Amts wegen ein Erbenkurator zu bestimmen: zB für Erben, deren Aufenthaltsort unbekannt ist, oder wenn die eigenen Interessen des gesetzlichen Vertreters von minderjährigen oder pflegebefohlenen Erben im Widerspruch mit denen der Vertreter stehen.
Erbenkurator
Der Erbe, der die Erbschaft in Besitz nehmen will, muss seinen Erbrechtstitel ausweisen und ausdrücklich erklären, dass dies unbedingt, oder bedingt mit Vorbehalt der Rechtswohltat des Inventars geschehen soll; §§ 799 f ABGB.
Erbrechtstitel ausweisen
Zur Erbserklärung rechnet man nicht nur die Annahmeerklärung – positive Erbserklärung, sondern auch die Erbs­ent­schlagung – negative Erbserklärung, Erbsausschlagung, Erbverzicht.
Erbserklärung
Unter Ausschlagung wird die gegenüber dem Abhandlungsgericht abgegebene Erklärung verstanden, eine Erbschaft nicht anzunehmen. Sie bewirkt, dass die Erbschaft dem Ausschlagenden als nicht angefallen gilt, sodass anzunehmen ist, das Recht sei schon mit dem Tod des Erblassers dem Nachberufenen angefallen; SZ 67/115 (1994) und NZ 1999, 124 (126).
Ausschlagung
Nach hA ist eine Erbsentschlagung ab Kenntnisnahme des Gerichts unwiderruflich, einseitig also nicht mehr zurücknehmbar; SZ 54/98 (1981) oder SZ 67/12 (1994). Eine negative Erbserklärung kann jedoch im Rechtsweg etwa wegen Willensmängeln oder fehlender Geschäftsfähigkeit angefochten werden; SZ 44/72 (1971). – Wegen der konstitutiven Wirkungen von Prozesserklärungen sind auch Erbserklärungen generell bedingungsfeindlich → KAPITEL 13: Bedingungs- und befristungsfeindliche Rechtsgeschäfte. Eine allfällige Abgabe unter einer Bedingung kann daher im Rechtsweg überprüft werden; NZ 1999, 124 (126).
Im Falle der unbedingten Erbserklärung haftet der Erbe persönlich mit seinem ganzen Vermögen allen Gläubigern des Nachlasses für ihre Forderungen und allen Legataren für ihre Vermächtnisse, auch wenn der Nachlass überschuldet ist; § 801 ABGB
Unbedingten Erbserklärung
Will der Erbe die Erbschaft mit dem Vorbehalt der Rechtswohltat des Inventars antreten – sog bedingte Erbserklärung, ist vom Gericht ein Inventar aufzunehmen.
Bedingte Erbserklärung
Damit haftet er den Gläubigern und Legataren lediglich in der Höhe der Nachlassaktiven; § 802 ABGB. Der Vorbehaltserbe kann seine bedingte Erbserklärung mit einem Antrag auf Einberufung der Gläubiger verbinden; Gläubigerruf, Gläubigerkonvokation (§ 813 ABGB). Das Gericht fordert daraufhin die Gläubiger auf, ihre Ansprüche binnen angemessener Frist anzumelden. Wird ein solcher Antrag nicht gestellt, haftet der Erbe unbekannten Gläubigern auch im nachhinein, wie wenn sie ihm von Anfang an bekannt gewesen wären; § 815 ABGB
Rechtssprechungsbeispiel
RdW 1985, 244: Amtshaftung bei Nichtaufklärung über zu erwartende Steuerschulden der Verlassenschaft durch den Gerichtskommissär; OGH 14.11.1984, 1 Ob 33/84.
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III. Einantwortung
Hat das Gericht die rechtmäßigen Erben festgestellt, und haben diese die erforderlichen Erfüllungsnachweise erbracht, wird ihnen die Erbschaft eingeantwortet und die Abhandlung für beendet erklärt; §§ 819 Satz 1 ABGB und 174 AußStrG.
Zu den Erfüllungsnachweisen gehören der Testamentserfüllungsausweis (zB Nachweis der Eintragung einer Nacherbschaft im Grundbuch, Erfüllung von Vermächtnisforderungen, Erfüllung von Testamentsauflagen), der Pflichtteilsausweis, und der Endausweis, wenn der Erblasser nur einen einzigen Erben hinterlassen hat.
Erfüllungsnachweise
Dieser bewirkt, dass der Nachlass in den rechtlichen Besitz des Erben übergeht. – Das Vermögen des Erblassers verschmilzt mit dem des Erben zu einer Einheit; Gesamtrechtsnachfolge / Universalsukzession.
Einantwortung durch Gerichtsbeschluss
Die Übergabe (§ 427 ABGB) erfolgt mit Zustellung der Einantwortungsurkunde. – Mit dem Beschluss über die Einantwortung ergeht ein Endbeschluss, mit dem über alle noch nicht erledigten Verfahrenspunkte abgesprochen wird.
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IV. Widersprechende Erbserklärungen – Erbrechtsklage
Geben mehrere Erben einander widersprechende Erbserklärungen ab, hat das Gericht alle (Erklärungen) anzunehmen. Es muss jedoch die Parteien in einem Zwischenverfahren vernehmen und entscheiden, wer auf den Rechtsweg zu verweisen ist; §§ 125 ff AußStrG → Von der Todfallsaufnahme (§§ 34–60 AußStrG) und weiteren Regelungen des Verlassenschaftsverfahrens
Allfälliges Zwischenverfahren
Dieser Erbansprecher oder Prätendent hat die Möglichkeit, im streitigen Verfahren mit der Erbrechtsklage (§§ 125 ff AußStrG), einer negativen Feststellungsklage (→ KAPITEL 19: Das Verfahren erster Instanz), gegen die anderen vorzugehen. – Die Erbrechtsklage kann nur bis zum Schluss des Verlassenschaftsverfahrens erhoben werden und klärt die Rechtslage bei widersprechenden Erbserklärungen noch vor Einantwortung.
Erbrechtsklage
Rechtssprechungsbeispiel
EvBl 1999/195: Schwächerer Erbrechtstitel (§ 126 AußStrG) – Auf den Rechtsweg ist jener Prätendent zu verweisen, der den schwächeren Titel hat. Das ist idR der gesetzliche Erbe gegenüber dem Testamentserben. Wer sich aber auf ein in Verlust geratenes Testament stützt, ist gegenüber dem gesetzlichen Erben schwächer tituliert.
SZ 27/132 (1954): Annahme der Erbserklärung ist keine Voraussetzung der Zulässigkeit der Erbrechtsklage. Ein erbserklärter Erbe kann bei widersprechenden Erbserklärungen vor Erlassung der Einantwortungsurkunde weder namens der Verlassenschaft noch im eigenen Namen für den Erblasser Prozess führen.
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V. Erbschaftsklage
Ist ein Einantwortungsbeschluss aber schon ergangen, kommt nur mehr die Erbschaftsklage (§ 823 ABGB) in Betracht. – Sie ist eine Leistungsklage (→ KAPITEL 19: Das Verfahren erster Instanz), mit der unter Behauptung eines besseren oder doch gleichen (Erb)Rechts vom eingeantworteten Erben die Herausgabe der ganzen Erbschaft oder des der Berechtigung entsprechenden Teiles begehrt wird.
Klagebegehren
Obsiegt der Kläger, erlangt er mit Rechtskraft des stattgebenden Urteils rückwirkend (auf den Zeitpunkt des Erbschaftserwerbs durch den Erbschaftsbesitzer) die Stellung eines Gesamtrechtsnachfolgers des Erblassers. – Auf allfällige Rückstellungsansprüche sind nach § 824 ABGB die Regeln über den redlichen und unredlichen Besitz anzuwenden → KAPITEL 3: Redlicher Besitz.
Literaturquelle
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C. Von der Todfallsaufnahme (§§ 34–60 AußStrG) und weiteren Regelungen des Verlassenschaftsverfahrens
• § 36 AußStrG: Sobald das Bezirksgericht von einem Todesfall Nachricht erhält, hat es die Todfallsaufnahme zu veranlassen.
• § 38 AußStrG: Der Gerichtsabgeordnete, dem die Todfallsaufnahme übertragen ist, hat die Umstände, die für die Verlassenschaftsabhandlung oder für pflegschaftsbehördliche Maßnahmen von Bedeutung sind, ehestens und, wenn Gefahr im Verzug ist, insbesondere wenn sich niemand des Nachlasses annimmt oder eine Verschleppung des Nachlasses zu besorgen ist, sofort zu erheben. Er hat zu diesem Zwecke bei den Angehörigen oder den Hausgenossen des Verstorbenen oder sonst bei Personen, die seine Verhältnisse kennen, erforderlichenfalls in der Wohnung oder im Geschäftslokal des Verstorbenen, die notwendigen Erkundigungen einzuziehen und nötigenfalls die Versiegelung des Nachlasses vorzunehmen.
• §§ 61-70 AußStrG: Von der Kundmachung des letzten Willens
• §§ 71-91 AußStrG: Von den Verfügungen des Gerichtes über die Todfallsaufnahme und die letzte Willenserklärung.
• §§ 72 Abs 1 AußStrG: Sog Abtuung armutshalber: Ergibt sich aus der Todfallsaufnahme, dass der Verstorbene kein nennenswertes Vermögen hinterlassen hat (= brutto, also ohne Abzug der Schulden, nicht mehr als 30.000 ı + keine Liegenschaft + auf einen pflegebefohlenen oder pflichtteilsberechtigten Erben entfallen nicht mehr als 5.000 ı an Bargeld, Wertpapieren und Einlagebüchern, oder die Erben beantragen keine Abhandlung), so unterbleibt eine Verlassenschaftsabhandlung; sog Abtuung armutshalber.
§ 73 Abs 1 AußStrG: Sog iure-crediti-Einantwortung
(1) Ist der Nachlass unbedeutend und nach den Umständen zu vermuten, dass nur die dringendsten Verlassenschaftsschulden berichtigt werden können [dh „bei überwiegendem Schuldenstande”], so hat das Gericht ... das dadurch erschöpfte Vermögen den Gläubigern an Zahlungs Statt zu überlassen ....” Solange das Vermögen nicht verteilt ist, besteht die Rechtspersönlichkeit (des Nachlassvermögens) fort; vgl § 68 KO.
• § 74 AußStrG: Verlassenschafts- oder Nachlasskonkurs oder Ausgleich: Vgl dazu die §§ 66 ff, insbesondere § 67 KO sowie § 73 AO. – § 67 KO: „Eröffnung des Konkurses … über das Vermögen juristischer Personen und über Verlassenschaften … „. – Zur Rechtsstellung des Nachlasses auch
• § 75 Abs 1 AußStrG: Verständigung der Erben –Das Gericht hat ferner die vermutlichen Erben vom Erbanfall mit der Aufforderung zu verständigen, die Erbserklärung beizubringen; § 75 Abs 1 AußStrG uH auf §§ 116 ff: Von der Erbserklärung.
• §§ 92–114 AußStrG Von dem Inventar und dem eidesstattigen Vermögensbekenntnisse.
§ 97 Abs 1 AußStrG
(1) Das Inventar muss ein genaues und vollständiges Verzeichnis alles beweglichen und unbeweglichen Vermögens, in dessen Besitze sich der Erblasser zur Zeit seines Todes befunden hat, enthalten und den damaligen Wert und Betrag desselben klar anzeigen.”
§ 92 AußStrG
(1) Ein Inventar des Nachlasses ist zu errichten, wenn eine bedingte Erbserklärung überreicht, von einer zufolge des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches berechtigten Person um dessen Errichtung angesucht oder auf Absonderung der Verlassenschaft von dem Vermögen des Erben gedrungen wird (§§ 802, 804, 812 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).”
(2) Von Amtswegen hat der Richter ein Inventar aufzunehmen, wenn
1. der Erbe oder dessen Aufenthaltsort unbekannt ist, wenn er unter Vormundschaft oder Kuratel steht, oder für ihn zum Behufe der Verlassenschaftsabhandlung ein Kurator bestellt wird, oder wenn auch nur bei einem von mehreren Miterben Verhältnisse dieser Art eintreten;
2. wenn die Erbschaft oder ein Erbteil den Armen, einer Stiftung, Gemeinde, Kirche, öffentlicher Anstalt oder dem Staate zufällt;
3. wenn der Erblasser dem Erben die Verbindlichkeit auferlegt hat, die Erbschaft oder einen verhältnismäßigen Teil derselben dritten Person zu hinterlassen. (Substitution)
4. Gegenstandslos”
§ 114 Abs 1 AußStrG: Eidesstattiges Vermögensbekenntnis –
(1) Im Falle einer unbedingten Erbserklärung hat der Erbe das Verlassenschaftsvermögen nach allen seinen Bestandteilen, ebenso wie in einem Inventar, zu beschreiben und die Richtigkeit der Angaben entweder selbst, oder durch einen hiezu mit besonderer Vollmacht versehenen Bevollmächtigten mit eigenhändiger Unterschrift Eides Statt zu bekräftigen.
§§ 115–132 AußStrG: Von der Erbserklärung
§ 116 Abs 1 AußStrG
(1) Die Bezirksgerichte haben die Erben oder deren Vertreter zur Abgabe der Erbserklärung idR zu einer Tagsatzung vorzuladen und ihnen in der Vorladung aufzutragen, die zur Nachweisung ihres Erbrechts etwa erforderlichen Behelfe mitzubringen. Bei der Tagsatzung ist von jedem derselben die Erklärung abzufordern, ob und auf welche Weise er die Erbschaft antreten, oder ob er dieselbe ausschlagen wolle. Das Gericht hat diejenigen unter ihnen, welche nicht mit einem rechtskundigen Sachwalter versehen sind, über die gesetzlichen Folgen der bedingten und unbedingten Erbserklärung undder Einberufung der Verlassenschaftsgläubiger zu belehren, und hienach ihre Äußerungen oder Erbserklärungen zu Protokoll zu nehmen.”
§ 121 Abs 1 AußStrG
(1) Jeder Erbe hat zur Antretung der Erbschaft eine mit den Erfordernissen der §§ 799 und 800 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches versehene Erbserklärung beizubringen.
§ 123 Abs 1 AußStrG
(1) Wer nach den bei der Todfallsaufnahme oder deren Ergänzung gemachten unverdächtigen Angaben der Angehörigen, der Hausgenossen oder anderer glaubwürdiger Zeugen als der nächste zur gesetzlichen Erbfolge berufene Verwandte erscheint, oder in einem dem Inhalte und der äußeren Form nach vorschriftsmäßig eingerichteten letzten Willen zum Erben eingesetzt ist, wird solange für den rechtmäßigen Erben gehalten, als dagegen von anderen oder näheren Verwandten kein Widerspruch erhoben oder die Rechtsgültigkeit des Testamentes nicht bestritten wird.”
• § 799 ABGB: „Wer eine Erbschaft in Besitz nehmen will, muss den Rechtstitel, ob sie ihm aus einer letzten Anordnung; aus einem gültigen Erbvertrag; oder aus dem Gesetze zufalle, dem Gericht ausweisen, und sich ausdrücklich erklären, dass er die Erbschaft annehme.” [Erfordernis der Antretung]
• § 800 ABGB: Die Antretung der Erbschaft oder die Erbserklärung muss zugleich enthalten, ob sie unbedingt, oder mit Vorbehalt der Rechtswohltat des Inventariums geschehe. [Inhalt der Antretung]
• § 125 AußStrG: Verfahren bei vorkommenden widersprechenden Erbserklärungen – Richter verteilt Klagsrollen(!)
widersprechende Erbserklärungen
§ 126 AußStrG
(1) Gegen den Vertragserben, welcher einen mit den erforderlichen Förmlichkeiten versehenen Vertrag für sich hat, dessen Echtheit nicht widersprochen wird, muss zur Bestreitung des Erbrechts jedermann, dessen Anspruch sich nur auf eine letzte Willenserklärung oder auf die gesetzliche Erbfolge stützt, gegen den Erben aus einer in der gehörigen Form errichteten und hinsichtlich ihrer Echtheit unbestrittenen letzten Willenserklärung jedermann, dessen Ansprüche nur auf der gesetzlichen Erbfolge beruhen, als Kläger auftreten.
(2) Sind aber die Erbserklärungen testamentarischer oder gesetzlicher Erben untereinander im Widerspruche, so hat das Gericht nach Vernehmung beider Teile denjenigen der streitenden Erben zur Überreichung der Klage anzuweisen, welcher um sein Erbrecht geltend machen zu können, den stärkeren Erbrechtstitel seines Gegners vorerst entkräften müsste.
§ 127 AußStrG
(1) Wird die Klage von dem auf den Rechtsweg verwiesenen Teile in der festgesetzten Frist überreicht, so ist mit der Verlassenschaftsabhandlung bis zur Entscheidung des Rechtsstreites innezuhalten. Doch steht jedem Teile frei, einstweilen die gerichtliche Sequestration des Nachlasses anzusuchen.”
• §§ 133-136 AußStrG: Von der Einberufung der Verlassenschaftsgläubiger
• §§ 137–144 AußStrG: Von den besonderen Vorkehrungen in Rücksicht der Verlassenschaften der Ausländer
• §§ 149–180 AußStrG: Von der Einantwortung der Verlassenschaft. Die §§ 810 ff ABGB sind zu beachten!
§ 149 Abs 1 AußStrG
„Um die Einantwortung des Nachlasses zu erwirken, muss der Erbe nicht nur sein Erbrecht gehörig dargetan haben, sondern auch ausweisen, dass er alle übrigen von dem Gesetz oder dem Erblasser ihm auferlegten Verbindlichkeiten soweit erfüllt habe, als in den §§ 157 bis 162 gefordert wird.”
§ 174 AußStrG
(1) Sobald der Erbe sein Erbrecht gehörig ausgewiesen, und alle ihm obliegenden Verbindlichkeiten erfüllt hat, ist ihm die Verlassenschaft einzuantworten, die allenfalls erfolgte Versiegelung der Masse aufzuheben und die Verlassenschaftsabhandlung für beendet zu erklären.
(2) In der Einantwortungsverordnung muss insbesondere:
1. der Name und Vorname des Erblassers und der Tag des Todes,
2. der Name und Vorname des Erben, der Rechtstitel zur Erbschaft, die Art der Erbserklärung, und wenn mehrere Erben eintreten, das Verhältnis, nach welchem sie an der Erbschaft teilnehmen, mit Berufung auf die vor der Einantwortung etwa bereits vorgenommene Erbteilung ausgedrückt sein. Es muss
3. daraus ersichtlich sein, ob die Verlassenschaft dem Erben als freies Eigentum zugefallen, oder inwiefern er in Rücksicht des Fruchtgenusses oder der Verfügung über die Substanz durch ein bestehendes Substitutionsband beschränkt sei. Bei Substitutionen und den denselben gleichgestellten Anordnungen (§ 158) ist insbesondere der Substitut, welchem das Vermögen bei dem Eintritte des Substitutionsfalles übergeben werden soll, soweit er bereits bekannt ist, mit Bestimmtheit zu bezeichnen.
4. Ist der Erbe minderjährig oder pflegebefohlen, so muss dieses ausdrücklich bemerkt werden.
§ 177 AußStrG
Die Eintragung der Einantwortungsverordnung in die öffentlichen Bücher zur Übertragung des Eigentums der in denselben vorkommenden zur Verlassenschaft gehörigen unbeweglichen Güter, oder auf unbeweglichen Gütern haftenden Forderungen kann von dem Erben nur bei der Abhandlungsbehörde angesucht werden, welche dieselbe, wenn die Einantwortung rechtskräftig ist, zu bewilligen, und sofern das unbewegliche Gut einer anderen Gerichtsbehörde untersteht, dasselbe um den Vollzug zu ersuchen hat.
§ 179 Abs 1 AußStrG
Nachträgliche Auffindung von Vermögen – „Wird nach erfolgter Einantwortung ein vorher nicht bekanntes Verlassenschaftsvermögen aufgefunden, so sind nachträglich die erforderlichen Amtshandlungen darüber vorzunehmen. Eine neuerliche Erbserklärung und Einantwortung ist hiebei nicht erforderlich.”
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 29. 11. 2000, 3 Ob 96/00i; SZ 73/189: Nach rechtskräftiger Einantwortung stellt ein „Ziehsohn” des Erblassers einen Antrag auf Feststellung, ob noch weiteres Nachlassvermögen vorhanden sei; in concreto: Einlagen bei einer Schweizer Bank. – OGH verneint die Möglichkeit eines solchen Antrags, da ein „Ziehsohn” kein Noterbe gemäß § 762 ABGB ist. Er fällt nämlich auch nicht unter den Begriff „Kinder”.