Kapitel 17 | |
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Inhaltsverzeichnis |
B. Das
Testament: §§ 552 ff ABGB |
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Das menschliche
Leben ist endlich. Wir alle sind mit dem Tode konfrontiert: Media in vita mortus sumus.
– Die menschliche Fortpflanzung ermöglicht es jedoch, durch das
Erzeugen von Nachkommenschaft dem Tode in gewisser Weise zu trotzen
und wenigstens an einer generativen Unsterblichkeit teilzuhaben.
Wir geben dabei, wie Platon
es so schön ausgedrückt hat, „wie eine Fackel das Leben vom einen
zum andern weiter”; Nomoi 776 b. – Das Erbrecht geht von dieser
unleugbaren Lebenstatsache aus und leistet einen Beitrag zur Todesbewältigung
für den Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft. – Dies festzuhalten
erscheint nicht überflüssig, zumal das Zivilrecht Gefahr läuft,
ob seiner vielen Details, das Grundsätzliche aus dem Blick zu verlieren,
gleichsam den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen. | Platons Vergleich |
Laut
Statistik sterben jährlich immer weniger Menschen. Trotz wachsender
Bevölkerungszahlen nimmt die Sterblichkeit in Österreich stark ab.
1996 starben in Österreich 80.790 Personen, das sind um 0,5 Prozent
weniger als 1995 und um 7,2 Prozent weniger als vor 10 Jahren. –
Im Gegensatz dazu stieg die Bevölkerungszahl von 1986 bis 1996 um
6,2 Prozent von 7,59 Millionen auf 8,06 Millionen Einwohner. Die
Menschen in Österreich werden älter: 1986 lag die Lebenserwartung
der Frauen bei 77,7, die der Männer bei 70,9 Jahren; 1996 waren
es 80,2 und 73,7 Jahre. Heute liegt die Lebenserwartung bei 82 (Frauen)
und etwa 77 Jahren für Männer mit weiterhin steigender Tendenz. –
Einen Beitrag zu dieser Entwicklung liefern auch die Zahlen zur
Unfallstatistik, die in den letzten 10 Jahren um 34 Prozent abnahmen;
die Mortalität nach Verkehrsunfällen ging um 37, die nach sonstigen
Unfällen um 32 Prozent zurück. | Statistik |
„Lag das durchschnittliche Sterbealter vor drei oder vier
Jahrhunderten rein rechnerisch bei etwa 25, 30 Jahren, so liegt
es heute bei rund 75. Umgangssprachlich wird dies meist so ausgedrückt,
dass sich unsere Lebenserwartung in diesem Zeitraum verdreifacht
habe. Oder anders, augenöffnender ausgedrückt: Jeder von uns hat
im Vergleich zu unseren Vorfahren drei Leben zu leben.” – Arthur
E. Imhof, „Sis Humilis!” – Die Kunst des Lebens als Grundlage für
ein besseres Sterben (1992). | |
1.
Erbrecht
und Gesellschaft | |
Das Erbrecht der §§ 531 ff ABGB dient
vornehmlich dem Vermögensübergang von Verstorbenen auf
ihre Rechtsnachfolger; üblicherweise von den Eltern auf ihre Kinder,
allenfalls Kindeskinder und – immer mehr – die Ehegatten und andere
nahestehende Personen. | Aufgabe
des Erbrechts |
Das
Erbrecht ist eingebettet in das – auch rechtliche – Spannungsverhältnis
des Generationenwechsels,
wobei Klan- und Familieneigentum ursprünglich nicht dem Erbgang
unterlagen, da diese Gruppen „unsterblich” waren. Im Laufe der Jahrtausende
ist aber das, was vererbt werden kann, immer „mehr” geworden. –
Bei Naturvölkern steht zunächst nur die Vererbung von Fahrnis im
Vordergrund, Liegenschaften spielen keine Rolle, sie stehen im Familien-,
Clan- oder Volkseigentum; zB dem griechischen Oikos oder der römischen familia. Aber sehr lange teilte auch der Großteil beweglicher
Güter das Schicksal des/r Verstorbenen und wurde mit ihm/r begraben,
verbrannt oder ins Wasser versenkt. Was dem/r Toten nicht mitgegeben
wird, gelangt aber allmählich nach gewisser Zeit zur Verteilung
an die Familienmitglieder, worin die Keimzelle des späteren Erbrechts
erblickt werden kann. – Ein altes Rechtssprichwort veranschaulicht
das: Das Gut rinnt wie das Blut. | Generationenwechsel |
Dazu und zu weiteren Entwicklungen: Thurnwald, Die menschliche
Gesellschaft, Bd V (1934). – Manches von dem, was erbrechtlich weitergereicht
wird, gehört weder in die Kategorie der entgeltlichen, noch in die
der unentgeltlichen Geschäfte, sondern in die von Gschnitzer „entdeckte”
dritte Kategorie der
entgeltfremden Leistungen;
dazu → KAPITEL 5: Einteilung
nach der Wirkung des Rechtsgeschäfts. | |
Voraussetzung der Entwicklung
des Erbrechts war es ferner, dass sich der/die Einzelne, das Individuum (eine Übersetzung
des griechischen átomos) aus seinen vielfältigen familiär-gentilizischen Verstrickungen
lösen musste, um überhaupt zum Träger subjektiver (Erb)Rechte werden
zu können. | Individuum |
Das
Erbrecht setzt zudem (Individual)Eigentum, also Privateigentum voraus.
– Wo kein Eigentum, da kein Erbrecht! Es gibt dann eben nichts zu
vererben. Zu den historischen Entwicklungsstufen des Eigentums,
dessen Entwicklung vom Erbrecht vorausgesetzt wird → KAPITEL 8: Vom
Gemeinschafts- zum Individualeigentum. | (Individual)Eigentum |
Das Erbrecht kommt
aber auch – freilich in eingeschränkter Weise – dem Wunsch der Menschen nach
Unsterblichkeit oder doch einem gewissen Überschreiten der
Grenze des Todes entgegen. – Während der Volksmund sprichwörtlich
anschaulich formuliert: „Das letzte Hemd hat keine Taschen” und damit
meint, dass man – auch wenn man noch so reich gewesen sein sollte
– in den Tod nichts mitnehmen kann, schlägt das Erbrecht dieser
Einsicht wenigstens insofern ein Schnippchen, als es zumindest ermöglicht,
das eigene Vermögen an zurückbleibende, noch lebende Personen weiterzureichen
und auf diese Weise faktisch und gedanklich in Erinnerung zu bleiben, also
weiter zu leben. Vgl dazu das diesem Kapitel vorangestellte Motto
von Egon Weiss. | Unsterblichkeit |
2. „Das Erbrecht
in weltgeschichtlicher Entwicklung” | |
Schon Eduard Gans, der tapfere Antipode Savignys, stellte in seinem
gleichnamigen Werk (I S. XXXIII von 1824) fest: | Eduard Gans |
„Das Erbrecht eines Volkes kann daher nur
begriffen werden im Zusammenhang mit dem gesamten Familienrecht.” | |
Gans geht daher idF darauf ein,
„wie sich die verschiedenen Momente des Familienverhältnisses bei
jedem Volke zum Erbrecht verhalten, als auch wie sich die Forderung
der individuellen Willkür zu dieser Berechtigung stellt.” – Das
Erbrecht deutet aber auch auf die Richtigkeit jener von anderen
Disziplinen – etwa der Soziologie oder der Alten Geschichte – vertretenen
Auffassung vom Tod als „Kultur-Generator” hin; J. Assmann, Der Tod als Thema
der Kulturtheorie
(es 2157, 2000): | Tod
als „Kultur-Generator“ |
„Der Tod oder, besser, das Wissen um unsere
Sterblichkeit ist ein Kultur-Generator ersten Ranges. Ein wichtiger
Teil unseres Handelns, und gerade der kulturell relevante teil,
Kunst, Wissenschaft, Philosophie, Wohltätigkeit, [Recht!] entspringt
[auch?] dem Unsterblichkeitstrieb,
dem Trieb, die Grenzen des Ich und der Lebenszeit zu transzendieren.” | |
Vgl auch Z. Baumann, Tod, Unsterblichkeit und andere Lebensstrategien
(Frankfurt / Main, 1994). | |
Das Erbrecht
dient also seit alters her – was nicht vergessen werden darf, auch
der Fortsetzung/dem Weiterleben der Person des/r Erblassers/in durch
Erhaltung der Familie, des Namens, des guten Rufes, der bona fama
defuncti → KAPITEL 4: Sog
postmortale Persönlichkeitsrechte. Und – was früher noch wichtiger war als
heute – dem religiösen Ahnenkult. Auch das unterstreicht die Richtigkeit
von Gschnitzers Annahme der Existenz einer eigenen Kategorie entgeltfremder
Geschäfte, neben den entgeltlichen und unentgeltlichen; dazu → KAPITEL 5: Einteilung
nach der Wirkung des Rechtsgeschäfts. | Weiterleben des Erblassers |
Das
Erbrecht betont zudem die Kontinuität dessen, was vom Erblasser
auf die Erben übertragen werden kann. Das betrifft vornehmlich private
Vermögenswerte, aber auch das (mittelalterliche) Staatsrecht bediente
sich dieses Gedankens; vgl das französische Rechtssprichwort: Le roi est mort, vive le roi! Dadurch sollte
die Kontinuität der Herrschaft und die Nachfolge in die Königswürde
– vergleichbar dem Erbgang – betont werden. Das Sprichwort wurde
von einem Herold ausgerufen, der den Tod des alten und die Thronfolge
des neuen Königs verkündete. – Das Erbrecht dient somit auch der
gesellschaftlich-rechtlichen Kontinuität. – Übrigens: Dem Wunsch
nach Unsterblichkeit und Überwindung des Todes dienen auch noch
andere Rechtseinrichtungen; man denke nur an die juristische Person
( → KAPITEL 4: Die
juristische Person ) oder den postmortalen Persönlichkeitsschutz. | Erbrecht dient auch gesellschaftlich-rechtlicher Kontinuität |
Dennoch: Die
Tatsache des Todes wird gerne geleugnet oder verdrängt. Und doch
entgeht ihm niemand. Sophokles lässt in „Elektra” die Chorführerin
sagen (Verse 1171-1174): | |
„Von einem Sterblichen stammst du, Elektra!
Bedenke es! Und sterblich war Orest! Drum klage nicht zu sehr! Uns allen
wird abgefordert, daß wir dies erleiden.” | |
Dass (bisher) nur in einem Viertel aller
Erbfälle ein Testament vorliegt, gehört wohl auch hierher; dazu gleich:
„
Rechtstatsächliches zum Erbrecht”.
– Im Gegensatz zur gesetzlichen Erbfolge setzt nämlich das Testament
eine bewusste(re) Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod voraus.
– Ob das auch heute noch gilt, wissen wir nicht. Eine Wiederholung
der Untersuchung von J. Fedynskyj wäre interessant und wichtig und
ist eigentlich überfällig. Es könnte nämlich sein, dass der Umstand,
dass es wesentlich mehr als früher zu vererben gibt, dazu geführt
hat/führt, häufiger zu testieren. | Rechtstatsächliches
zum Erbrecht |
In aller Kürze: „Rechtstatsächliches zum Erbrecht”
| |
Nach Jurij Fedynskyj |
• Nur ein Viertel aller
Erblasser testiert
| | •
Drei Viertel aller Erbfälle
folgen der gesetzlichen Erbfolge
| | •
70 % aller Testamente sind eigenhändige
Testamente; § 578 ABGB | | •
10 % aller Testamente sind ungültig,
darunter fast alle in Krankenanstalten etc errichteten | | • Der Großteil der Testamente sind
sog Verteilungstestamente
| | •
Drei Viertel aller Erbfälle
werden armutshalber abgetan. | |
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| Abbildung .1: Mehr zu den Rechtstatsachen
des Erbrechts – Folien von F.J. Giesinger |
|
Die konkrete Ausgestaltung
des Erbrechts in einer Rechtsordnung gewährt demnach Einblicke nicht
nur in das Rechtssystem, sondern auch die Gesellschaftsordnung eines
Gemeinwesens, den Charakter eines Volkes. Die Pole erbrechtlicher
Positionen liegen dabei zwischen weitgehender Freiheit – repräsentiert
durch die Testierfreiheit – und starker Bindung / Einschränkung
der Verfügungen von Todes wegen; repräsentiert durch das gesetzliche
Erbrecht und insbesondere das Pflichtteilsrecht. – In der Rechtsgeschichte
sind Gesetzgeber mit diesen erbrechtlichen Steuerungsmitteln sehr
unterschiedlich umgegangen und das Erbrecht war immer wieder auch
Schauplatz ideologischer Auseinandersetzung. | Erbrecht,
Rechtssystem, GesellschaftsO |
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3. Zum Funktionsverlust
des Erbrechts | |
Zum Funktionsverlust des Erbrechts als Institution
und der Tendenz zu lebzeitig vorweggenommener Erbfolge: Eccher (1980).
– Bedeutung besaß und besitzt immer noch die sog
vorweggenommene
Erbfolge / successio antecipata für den bäuerlich-landwirtschaftlichen,
aber auch den gewerblich-industriellen Sektor, überhaupt den unternehmerischen
Bereich. Diese „Bereiche” wollen oder müssen die anstehenden Fragen
der Vermögens- und Unternehmensweitergabe schon zu Lebzeiten geregelt
wissen und können sie nicht erst der Zeit nach dem Tode überlassen.
Unternehmensführung braucht Kontinuität. Die Abgabe von (Entscheidungs)Macht
fällt aber vielen schwer und so wird der richtige Zeitpunkt immer
wieder versäumt. – Zu dieser Entwicklung trägt wohl auch die weiterhin
zunehmende Lebenserwartung der Menschen bei. Das rechtliche Instrument
für sinnvolle und zeitgerechte Nachfolgeregelungen ist der
Übergabsvertrag. | Successio
antecipata |
Bis zum Jahr 2010
werden in Österreich um die 50.000 Unternehmer ihre Firma an Nachfolger
übergeben; etwa der Hälfte davon fehlt ein Nachfolger aus der eigenen
Familie. Zahlreiche Unternehmen gehen jedes Jahr nur deshalb „unter”,
weil eine rechtzeitige Betriebsübergabe verabsäumt
wird. Dadurch gehen jährlich auch tausende Arbeitsplätze verloren.
– Wichtig erscheint dabei immer wieder auch die Suche nach der richtigen Rechtsform der
(rechtsgeschäftlichen) Übernahme und daneben des fortzuführenden
Unternehmens: Einerseits zB Kauf, Leibrentenvertrag, Pacht, Franchisevertrag,
Schenkung oder Erbgang; andrerseits: bspw Einzelunternehmen, GesbR,
Personengesellschaft (OHG, KG, OEG, KEG oder GmbH & Co KG) oder
GmbH. Bei der Wahl dieser Rechtsform ist zu beachten, dass für sie
eine Fixkörperschaftssteuer von 34 Prozent besteht, was bei niedrigen Gewinnen
ein Nachteil, bei hohen von Vorteil ist. Zudem hat jede GmbH jährlich
eine Mindestkörperschaftssteuer zu bezahlen; auch bei Verlusten.
Zur Bedeutung von Steuern, Abgaben und Gebühren für das Vertragsrecht → KAPITEL 5: Steuern.
– Zur
Unternehmensübernahme (§
1409 ABGB) → KAPITEL 14: Vermögens-
oder Unternehmensübernahme. |
Betriebsübergabe |
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Der
folgende kurze Einstieg ins Erbrecht will eine erste Bekanntschaft
mit dieser Materie vermitteln. – Die Ausgestaltung des österreichischen
Erbrechts weist aber, verglichen mit einigen unserer Nachbarstaaten,
Besonderheiten auf. Zu nennen ist hier vor allem das „Austriacum”
der gerichtlichen Einweisung ins Erbe, das sog Verlassenschaftsverfahren,
das sich von der schweizerischen oder deutschen Regelung grundlegend
unterscheidet; dazu → Einweisung
in die Erbschaft – Das Verlassenschaftsverfahren Es stammt
aus dem antiken Griechenland. | Kurzer Einstieg ins Erbrecht |
II. Definitionen
– Unterscheidungen | |
1. Erbrecht
im objektiven und im subjektiven Sinn | |
Das Erbrecht
im objektiven Sinn regelt die Nachfolge in die
privaten Rechte und Pflichten eines Verstorbenen
= ErblasserIn. Davon ist der subjektive Rechtsanspruch erbrechtlich
Berechtigter zu unterscheiden; Erbrecht im subjektiven Sinn. | |
Das hinterlassene
Vermögen eines/r Verstorbenen heißt Nachlass oder Verlassenschaft,
es wird aber auch von Erbschaft gesprochen → Der
Nachlass –
Hier werden also mehrere Begriffe synonym verwendet. | Nachlass |
Das Erbrecht zählt zum Privatrecht.
Es regelt grundsätzlich nicht das Schicksal allfälliger öffentlichrechtlicher Berechtigungen
oder Verpflichtungen nach dem Tod einer Person. Dafür ist das öffentliche
Recht zuständig; zB das Gewerberecht, das ASVG für die Hinterbliebenenrente
oder das Steuerrecht. Auch nach öffentlichem Recht sind jedoch einzelne
Rechtspositionen vererbbar. | Erbrecht und
öffentliches Recht |
Franz Gschnitzer Lesebuch 339, 439, 679 (!): Inwieweit
empfiehlt sich eine Reform des bäuerlichen Erbrechtes? – Und: Mein
letzter Wille – Entwicklung der Testamentsform: Inaugurationsrede
1946 – sowie: Formloser letzter Wille? (1969) | |
| |
Vor allem private
Rechte und (!) Pflichten: | Beispiele |
•
ZB Rechte
und Pflichten aus Kaufverträgen gehen ebenso auf Erben über wie
Schadenersatzansprüche (aktiv und passiv; § 1337 ABGB), Gesellschaftsanteile
an einer GmbH (§ 76 GmbHG) oder – nach § 537 ABGB – das Erbrecht
selbst (Transmission) → Erleben
des Erbanfalls – Transmission
| |
• Aber auch einzelne öffentliche Rechte und Pflichten sind
vererbbar. So sind Steuerschulden Nachlassverbindlichkeiten, wenn
sie bereits entstanden sind; andere öffentlichrechtliche Ansprüche
gehen mit dem Eigentum über; zB eine Baugenehmigung. | |
Nicht
vererblich, weil höchstpersönliche Rechte beinhaltend,
sind bspw: | Was kann nicht vererbt werden? |
• (Aktive) Unterhaltsansprüche
und das | |
• Vorkaufsrecht (§ 1074 ABGB); | |
• Belastungs- oder Veräußerungsverbote (§ 364
c ABGB); | |
• der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers; | |
• die Rechtsstellung eines OHG-Gesellschafters
(OHG wird durch Tod aufgelöst), außer der Gesellschaftsvertrag bestimmt
anderes. | |
3. Testamentarische
und gesetzliche Erbfolge | |
Grundsätzlich kann jede Person – innerhalb
gewisser Schranken. – selbst entscheiden, wer sie beerben soll.
– Die Erbfähigkeit von Personen bestimmt aber abstrakt,
wer gesetzlich oder testamentarisch erben kann. Die konkrete privatautonome
Bestimmung dessen, wer erben soll, erfolgt entweder durch den Abschluss
eines Erbvertrags (selten) oder durch die Errichtung
eines Testaments
→ Das
Testament: §§ 552 ff ABGB –
Hat der / die Verstorbene aber zB auch nicht testamentarisch verfügt
oder ist die Verfügung ungültig, greift die gesetzliche
Erbfolge der §§ 727 ff ABGB → Die
gesetzliche Erbfolge Das
Gesetz orientiert sich dabei (vorsorglich) an der Familienerbfolge
– wie es das ebenfalls aus dem alten griechischen Rechtsdenken stammende Parentelsystem vorgeformt
hat – und sieht zudem vor, dass die nächsten Angehörigen bedacht
werden müssen; sog Pflichtteilsrecht
→ Pflichtteils-
oder Noterbrecht Das
verfolgte seit altersher weniger den Zweck eines gerechten Ausgleichs,
als den, das Familieneigentum (den griechischen Oikos, die römische
familia) zu schützen und zusammenzuhalten. | Privatautonomie
und
ihre Grenzen |
Privatautonomie (dazu grundsätzlich → KAPITEL 5: Vertragsfreiheit
und Privatautonomie)
gilt demnach auch im Erbrecht und nicht nur bei Vermögensverfügungen
zu Lebzeiten. Letztwillig kann privatautonom durch Testament (=
einseitige letztwillige Verfügung) oder Erbvertrag verfügt
werden. Man spricht in diesen Fällen auch von gewillkürter ( im
Gegensatz zu gesetzlicher) Erbfolge. Begrenzt wird erbrechtliche
Privatautonomie durch das Pflichtteilsrecht. | |
4. Bestimmung des/der
Erben – Erbfähigkeit | |
Der/die Verstorbene
(Erblasser/in) selbst oder das Gesetz bestimmen demnach die Personen
/ den Personenkreis, die/der in die Rechtsstellung Verstorbener
insbesondere ihre vermögenswerten Rechte und Pflichten nachfolgen
soll/en. | |
Dazu
erklärt § 538 ABGB, dass alle, die ein Vermögen zu erwerben berechtigt
sind, idR auch erben können; es sei denn, jemand hätte „dem Rechte
etwas zu erwerben überhaupt entsagt, oder auf eine bestimmte Erbschaft
gültig Verzicht getan”. – Die Erbfähigkeit ist demnach eine Ausformung
der allgemeinen Geschäftsfähigkeit
→ KAPITEL 4: Allgemeines
zur Geschäftsfähigkeit ¿ Altersstufen. | |
Die §§ 540 ff ABGB handeln von den „Ursachen
der [Erb]Unfähigkeit” und nennen beispielsweise: | |
•
§ 540 ABGB:
Begehung einer (schweren) strafbaren Handlung gegen
den Erblasser; | |
• die Verletzung von Eltern-
oder Kindespflichten; | |
•
§ 542 ABGB: die Ausübung von Zwang zur
Erklärung des letzten Willens, betrügerische Verleitung, Hinderung an
der Erklärung oder Abänderung des letzten Willens sowie Unterdrückung
eines bereits errichteten letzten Willens. | |
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OGH 5. 8. 1999, 1 Ob 175/99p, EvBl 2000/12:
Neffen der Erblasserin unterdrücken eines von mehreren Testamenten,
in der Hoffnung, ein älteres, für sie günstigeres Testament werde
aufgefunden. Erst als dies nicht der Fall ist, legen sie das unterdrückte
Testament vor, um ihres Erbrechts nicht völlig verlustig zu gehen.
– OGH: Nach § 542 ABGB führt jede Handlung oder Unterlassung zur Erbunwürdigkeit,
die in der Absicht geschieht, den Willen des Erblassers zu vereiteln.
Ob das Verhalten der Person, die eine letztwillige Verfügung unterdrückt,
zu dem von ihr gewünschten Erfolg geführt hat, ist unerheblich.
Am Tatbestand der Unterdrückung kann die später doch erfolgte Vorlage
der letztwilligen Verfügung jedenfalls dann nichts ändern, wenn
die Vorlage nur aus eigennützigen Motiven und nicht in innerer Umkehr
erfolgte. OGH argumentiert zur Unterstützung dieser Argumentation
mit der strafrechtlichen Regelung zum Rücktritt vom Versuch: §§
15, 16 StGB – Einheit der Rechtsordnung! | |
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5. Erbeinsetzung
und Vermächtnis | |
Erbe oder Erbin ist jene
Person, die in die vermögenswerten, vererblichen Rechte und Pflichten des/r
ErblassersIn – aus welchem Berufungsgrund auch immer – nachfolgt;
sog Gesamtrechtsnachfolge oder Universalsukzession.
Das bedeutet Rechtserwerb am gesamten Nachlass oder doch an einer
Quote desselben durch einen einzigen Rechtsakt (uno actu). Dieser
Rechtsakt ist auch heute noch die Einantwortung, als gerichtliche
(staatliche!) Einweisung in die Erbschaft im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens → Einweisung
in die Erbschaft – Das Verlassenschaftsverfahren Erbe
oder Erbin erlangen dadurch unmittelbar „Eigentum” (iSv ausschließlicher
Rechtszuständigkeit) am Nachlass; dh, (alle) beweglichen Sachen
werden dadurch für übergeben gehalten und an Liegenschaften wird
– ausnahmsweise – ohne Verbücherung (!) Eigentum erworben; Durchbrechung
des Eintragungsgrundsatzes! Vgl auch → KAPITEL 2: Die Grundbuchsprinzipien:
Grundbuchsprinzipien – Eintragungsgrundsatz. | |
Den wichtigen Gedanken einer erbrechtlichen
Universalsukzession kannten aber wohl schon die Griechen, auf jeden Fall
die Römer. | |
Von der Erbeinsetzung und der
damit vermittelten Erbenstellung strikt zu unterscheiden ist das Vermächtnis /
Legat. Das Gesetz selbst unterscheidet in § 535 ABGB: | Erbeinsetzung
versus Vermächtnis |
„Unterschied zwischen Erbschaft und Vermächtnis.
– Wird jemandem kein solcher Erbteil, der sich auf den ganzen Nachlass
bezieht; sondern nur eine einzelne Sache, eine oder mehrere Sachen
von gewisser Gattung; eine Summe; oder ein Recht zugedacht; so heißt
das Zugedachte, obschon dessen Wert den größten Teil der Verlassenschaft ausmacht,
ein Vermächtnis (Legat), und derjenige, dem es hinterlassen worden,
ist nicht als ein Erbe, sondern nur als ein Vermächtnisnehmer (Legatar)
zu betrachten.” | |
Unter Vermächtnis wird aber nicht nur ein
bestimmter Rechtserwerb von Todes wegen verstanden, sondern auch
das, was dadurch erlangt wird, also der Gegenstand / Inhalt des
Vermächtnisses; vgl die Diktion des § 535 ABGB: „… nur eine einzelne
Sache, [etc] … „ | |
Das
Vermächtnis ist eine letztwillige Verfügung, welche nicht im Hinterlassen
eines Erbteils besteht; oder: Vermächtnis ist eine Zuwendung von
Todes wegen, die nicht Erbeinsetzung ist. § 535 ABGB hat vom römischen
Recht die scharfe Trennung in: | Vermächtnis als letztwillige Verfügung |
•
Erbeinsetzung iSv Universalsukzession oder
Gesamtrechtsnachfolge und | |
•
Vermächtnis iSv Singularsukzession oder
Einzelrechtsnachfolge übernommen. | |
Es kommt dabei (für diese Unterscheidung) darauf an, ob
der Erblasser dem Eingesetzten eine unmittelbare Verfügung über
den ganzen Nachlass oder doch einen Bruchteil desselben verschaffen
und ihm auch allfällige Schulden auflasten will (Erbeinsetzung)
oder ob er ihm nur einen obligatorischen Anspruch auf einzelne Nachlassstücke
oder einen Geldbetrag vermachen will; Vermächtnis. – Die §§ 647–694
ABGB handeln „Von Vermächtnissen”. Sie spielen in der Erbrechtspraxis
eine beachtliche Rolle. | |
| |
| Abbildung 17.2: Erbrecht: Berufungsgründe |
|
Vermächtnisanordnungen
werden in Erbverträgen, eigenen Vermächtnisverträgen ( → Vermächtnisverträge),
Testamenten oder sog Kodizillen ( → Kodizill),
getroffen. Ein auf gesetzlicher Anordnung beruhendes Vermächtnis
ist der sog Voraus (des überlebenden Ehegatten) → Der
sog „Voraus” –
Vermächtnistitel kann demnach ein Vertrag, ein Testament oder das
Gesetz sein. | Vermächtnisanordnungen |
Wie der Erbe
muss auch ein Legatar den Vermächtnis-Anfall erleben
und zu diesem Zeitpunkt erbfähig, also geschäftsfähig sein. | Vermächtnis-Anfall |
Anfallstag von
Vermächtnissen ist der Todestag des Erblassers (§ 684 ABGB), Zahlungstag (=Fälligkeit)
nach § 685 ABGB zB für Geld 1 Jahr danach. „Kleine Belohnungen des
Dienstgesindes, und fromme Vermächtnisse” können aber „sogleich”
gefordert werden. | |
|
Einen Sonderfall stellt das Sublegat dar,
bei dem der Erblasser dem Legatar eine Verpflichtung auferlegt; vgl OGH 25. 11. 1999, 6 Ob 244/99x, SZ 72/197 = EvBl 2000/84 (§§
649, 662, 709 f ABGB). – Die Tochter begeht Selbstmord.
Im eigenhändigen Testament vermacht sie einem Verein
ein Grundstück mit der Auflage, ihrer Mutter in einem darauf zu
errichtenden Haus ein Wohnrecht einzuräumen. Das Ansuchen des Vereins
auf Umwidmung des Grundstückes in Bauland wird abgelehnt; daraufhin
klagt die Mutter auf Herausgabe der Liegenschaft. – OGH: Der Legatar
kann auch mit einem Sublegat beschwert werden, das in der Einräumung
eines Wohnungsrechts besteht. Der Erblasser kann auch bestimmen,
dass der Legatar die vermachte Sache erst verschaffen muss; selbst
wenn dafür die Hilfe eines Dritten (hier: Gemeinde) notwendig ist.
Ist die Erfüllung der Auflage unmöglich (hier: Bau des Hauses, wegen
Nichtbewilligung der Umwidmung), ist der Beschwerte (hier: Verein)
verpflichtet, dem Auftrag möglichst nachzukommen oder dem (Sub)Legatar
den Schätzwert zu entrichten. Ist auch eine Surrogaterfüllung nicht
möglich, erhält der Belastete den Nachlass ohne Belastung, es sei
denn, er hätte die Erfüllung unredlich vereitelt. Die Klage der
Mutter auf Herausgabe der Liegenschaft bleibt also erfolglos. | |
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Die Unterscheidung zwischen Erbeinsetzung und Vermächtnis ist
Laien fremd. Der allgemeine Sprachgebrauch unterscheidet nicht zwischen vererben und vermachen.
Daher sagt der Gebrauch der Worte „vermachen” oder „Vermächtnis”
nicht immer aus, dass wirklich (nur) an ein Vermächtnis gedacht
ist. – Die Auslegung hat zu klären, was gemeint ist; vgl das Verständnis
des § 655 ABGB als allgemeine Auslegungsregel für
Vermächtnisse. | Laien
unterscheiden nicht |
Die Unterscheidung zwischen Erbe/in und
Vermächtnisnehmer/in ist aber praktisch sehr wichtig, weil die Rechtsstellung
eine ganz verschiedene ist. | |
Ein
Vermächtnis gewährt Bedachten – wie erwähnt – grundsätzlich nur
einen schuldrechtlichen Anspruch; zunächst gegen den Nachlass, nach
Einantwortung gegen den oder die Erben: sog Damnationslegat.
Anders als ein Erbe erlangt ein Legatar daher nicht (auch nicht
durch Einantwortung!) Eigentum am vermachten Gegenstand. Er ist
nur Nachlassgläubiger des Erben. Er haftet auch nicht wie Erben
für Erbschaftsschulden. – Diese ganz andere Rechtsstellung von Vermächtnisnehmern/Legataren
lässt verstehen, warum zwischen Testament und Legat streng unterschieden werden
muss. | Damnationslegat |
ABGB und dtBGB kennen
nur das Damnationslegat: „Durch das Vermächtnis wird für den Bedachten
das Recht begründet, von den Beschwerten die Leistung des vermachten
Gegenstandes zu fordern.” (§ 2174 dtBGB) – Anders der frCC,
der dem Vindikationslegat folgt; Art 1014 § 1. | |
Vom
Damnations- ist das Vindikationslegat zu unterscheiden,
bei dem Vermächtnisnehmer mit Vermächtnisanfall nicht nur einen
obligatorischen Anspruch erwerben, sondern ausnahmsweise schon Eigentum.
Einziger Fall im österreichischen Privatrecht war bisher § 10 WEG
1975 (Ehegatten-WE), der ins WEG 2002 übernommen wurde; vgl dessen
§ 14 Abs 1 Z 1. | Vindikationslegat |
Eccher, Erbrecht 103 (2002 2),
versteht das Wohnrecht des überlebenden Gatten nach § 758 ABGB –
anders als die hA – als Vindikationslegat. Das verleiht stärkeren
Schutz, etwa gegenüber Gläubigern. – Zum gesetzlichen „Voraus” des
überlebenden Gatten → Der
sog „Voraus”
| |
6. Erleben
des Erbanfalls – Transmission | |
Das Erbrecht wirkt
erst mit dem Tod des/r Erblassers/in. Erbe/in wird jemand also nur
dann, wenn er den Erblasser überlebt. Stirbt ein potentieller Erbe vor dem/r
Erblasser/in, kann er das (noch nicht erlangte) Erbrecht auch nicht
auf seine Erben übertragen; § 536 ABGB. – Hat der Erbe den Erblasser
aber überlebt, hat er damit das Erbrecht bereits erworben und kann
es „wie andere frei vererbliche Rechte, auf seine Erben” übertragen;
und zwar auch dann, wenn er vor gerichtlicher Einantwortung sterben
sollte; § 537 ABGB: sog Transmission. | |
als
Vererbung des ErbrechtsDiese Vererbung des Erbrechts (nach Erbanfall)
wird Transmission genannt. Nach dem Tod des Erblassers kann ein
Erbe sein Erbrecht aber nicht nur (weiter)vererben, sondern auch
(weiter)veräußern; § 1278 ABGB: Erbschaftskauf → Der
Erbschaftskauf §
1278 Abs 1 ABGB spricht von einer „vom Verkäufer angetretenen oder
ihm wenigstens angefallenen Erbschaft”. – Das gesetzliche Verbot
des
§ 879 Abs 2 Z 3 ABGB betrifft nur die Veräußerung einer Erbschaft
oder eines Vermächtnisses, „die man von einer dritten Person [=
dem Erblasser] erhofft”, also „noch bei Lebzeiten” des Erblassers. | Transmission |
Vererbt wird das jeweilige Recht als Erbe/in, es mag auf
Erbvertrag, Testament oder Gesetz beruhen. – Auch die Rechtsstellung
als Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigter / Noterbe ( → Pflichtteils-
oder Noterbrecht )
geht auf solche Weise über. | |
Während Ersatz- und Nacherbe ( → Substitution:
Ersatz- und Nacherbschaft)
Erben des Erblassers sind, ist der Transmissar Erbeserbe,
also Erbe des Transmittenten. – Auch für die Beurteilung
der Erbunwürdigkeit und der Erbunfähigkeit ist
darauf zu achten, wer wessen Erbe ist: Ersatz- und Nacherbe müssen
zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers diesem gegenüber erbfähig
und erbwürdig sein, der Transmissar dagegen muss nur dem Transmittenten
gegenüber erbfähig und erbwürdig sein. | Transmissar
als Erbeserbe |
Unterschieden wird zwischen Transmission
ieS (= Vererbung des Erbrechts vor Abgabe der Erbserklärung
durch den Transmittenten) und Transmission iwS (=
Vererbung nach Abgabe einer positiven Erbserklärung durch den Transmittenten). | Transmission
ieS und iwS |
Zur Transmission kann es ausschließlich zwischen
Erbanfall und Einantwortung kommen; denn vor dem Tod des
Erblassers besteht noch kein Erbrecht und nach Einantwortung ist
der Nachlass des (ursprünglichen) Erblassers bereits Teil des Transmittentenvermögens. | Zeitraum
für
Transmissionen |
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Die vermögenswerten vererblichen
Rechte und Pflichten, die Verstorbene hinterlassen, bilden den Nachlass,
die Verlassenschaft; § 531 ABGB. Diese Rechte und Pflichten erwerben
Erbe oder Erbin aber wie schon erwähnt nicht automatisch mit dem
Tod des Erblassers (= Erbfall), sondern es bedarf dazu grundsätzlich
eines gerichtlichen Verfahrens; sog Verlassenschaftsverfahren (=
richterlich-staatliche Einweisung ins Erbe) → Einweisung
in die Erbschaft – Das Verlassenschaftsverfahren
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Der
Nachlass wird – zwischen dem Tod des Erblassers (Erbfall) und der
Einantwortung an den/die Erben – wie eine juristische Person behandelt
(vgl § 67 Abs 1 KO → Nachlass
als jurP:
§ 74 AußStrG); ruhender Nachlass / hereditas iacens:
römisches Recht. Damit setzt der Nachlass als neue und eigene –
wenngleich transitorische – Rechtsperson den Erblasser rechtlich
fort, ohne mit ihm identisch zu sein. Das Nachlassvermögen wird
durch diese juristische Hilfskonstruktion nicht herrenlos. | |
Da manches Verlassenschaftsverfahren länger dauert, ist
dieser rechtliche Übergangsstatus des Nachlasses von praktischer
Bedeutung; wichtig ist das etwa, wenn Gesellschaften oder Unternehmen
zur Verlassenschaft zählen. In diesem Fall ist der Nachlass bspw
Arbeitgeber sowie Gläubiger und Schuldner usw. | |
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Mitunter ist streitig,
was in den Nachlass gehört; vgl JBl 2000, 31: Ausscheiden
einer Eigentumswohnung aus dem Nachlass durch einen verbücherungsfähigen
Schenkungsvertrag und die tatsächliche/körperliche außerbücherliche
Übergabe der Wohnung. In diesem Fall gehört das WE-Objekt auch vor Verbücherung
des Erwerbers nicht zum Nachlass. | |
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Ein
solches Verständnis des ruhenden Nachlasses ist also nötig, weil
Erbfall (Tod des Erblassers) und (gerichtliche) Einantwortung uU
zeitlich weit auseinanderliegen. § 547 Satz 3 ABGB greift dafür
zu einer Besitz-Fiktion: | Besitz-Fiktion |
„Vor der Annahme des Erben wird die Verlassenschaft
so betrachtet, als wenn sie noch von dem Verstorbenen besessen würde.” | |
Für
den Nachlass handelt in dieser Zeit entweder ein gerichtlich bestellter Nachlasskurator oder der Erbe,
wenn das Gericht ihre Erbserklärung angenommen und ihnen (bis zur
Einantwortung) die Verwaltung des Nachlasses überlassen
hat. – Der ruhende Nachlass kann klagen und beklagt werden;
er besitzt als transitorische Rechtsperson / Parteifähigkeit. | Wer handelt für den Nachlass? |
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8. Erbserklärung
und Ausschlagung des Erbrechts | |
Will
ein Erbe die Erbschaft annehmen – was er nicht
muss (es besteht auch die Möglichkeit der Ausschlagung des
Erbrechts), gibt er im Verlassenschaftsverfahren eine Erbserklärung (§§
115 ff AußStrG) ab und das Gericht überträgt (nach rechtlicher Prüfung
derselben) in der Folge den Nachlass; sog Einantwortung. | |
9. Annahme
der Erbschaft oder (Erb)Verzicht | |
Hat ein Erbe
die Erbschaft auf diese Weise angenommen, stellt er „in Rücksicht
auf dieselbe den Erblasser vor. Beide werden in Beziehung auf einen
Dritten für eine Person gehalten”; § 547 Satz 1 ABGB. Vor Annahme
der Erbschaft / Verlassenschaft durch den Erben gilt diese – wie
erwähnt – als noch vom „Verstorbenen besessen”; § 547 Satz 2 ABGB.
Nach Annahme der Erbschaft und Einantwortung ist das anders: „Verbindlichkeiten,
die der Erblasser aus seinem Vermögen zu leisten gehabt hätte, übernimmt
[nun] sein Erbe”; § 548 Satz 1 ABGB. Nach § 549 ABGB gehören zu
den auf einer Erbschaft haftenden Lasten auch die Kosten für ein
angemessenes Begräbnis. Dazu später mehr. | |
Die Annahme
einer Erbschaft – durch Erbserklärung – kann auf verschiedene
Weise erfolgen, nämlich: | |
•
bedingt oder | |
•
unbedingt, | |
je nachdem, ob für Schulden unbegrenzt oder nur bis zur
Höhe der übernommenen Aktiva gehaftet werden soll. Mehr zur Erbenhaftung → Die
Erbenhaftung
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Faustregel: Bei Zweifeln, ob Schulden vorhanden
sind, nur bedingt annehmen! | |
Erbanwärter müssen
– wie wir gehört haben – die Erbschaft nicht annehmen. Sie können
auch darauf verzichten. Man spricht auch von Erbaus- oder
Erbsentschlagung; zB dann, wenn der Nachlass überschuldet
ist. | Erbaus- oder
Erbsentschlagung |
Auch ein Vorausverzicht (auf
das Erbe, die Erbschaft) durch Vertrag mit dem Erblasser ist möglich;
§ 551 ABGB. Ein Erbverzicht noch zu Lebzeiten
des Erblassers ist aber nur in Form eines Notariatsakts
oder mittels Beurkundung durch gerichtliches Protokoll möglich. | Vorausverzicht |
Die Erbsentschlagungserklärung nach dem
Tode des Erblassers erfolgt gegenüber dem Nachlassgericht ohne Förmlichkeiten,
also mündlich oder schriftlich. | |
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Inhaltsverzeichnis |
B. Das
Testament: §§ 552 ff ABGB |
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