Kapitel 17 | |
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B. Das
Testament: §§ 552 ff ABGB |
D. Pflichtteils-
oder Noterbrecht |
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C. Die
gesetzliche Erbfolge |
Bestimmt
der / die Verstorbene nicht letztwillig oder ist die Verfügung etwa
wegen eines Formmangels ungültig oder wirkungslos, ordnet das Gesetz
an, wer Erbe sein soll; sog gesetzliche Erbfolge: §§ 727 ff ABGB. | |
Das
Gesetz orientiert sich dabei grundsätzlich an der (typischen) Familienerbfolge;
dh die nächsten Angehörigen / Verwandten sollen erben; vgl § 730
Abs 1 ABGB: | |
„Gesetzliche Erben sind der Ehegatte und
diejenigen Personen, die mit dem Erblasser in nächster Linie verwandt sind.” | |
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Das ABGB geht bei der
Bestimmung der gesetzlichen Erbfolge nach dem Parentel- oder Liniensystem
vor. Das Parantelsystem ist griechischen Ursprungs und wurde lange
fälschlich über den Zwischenwirt, der es aus dem benachbarten oströmischen
Exarchat Ravenna übernommen hatte, den Langobarden zugewiesen. –
Die nähere Linie schliesst danach die entferntere
aus; zB schließen vorhandene Kinder, allfällige Enkel und
vorhandene Eltern, die Großeltern aus. | |
1. Die einzelnen
„Linien” | |
Die
erste Linie bilden die (ehelichen und unehelichen) Kinder des/r
Verstorbenen und deren Nachkommen; § 731 Abs 1
ABGB. | |
Stirbt ein Kind vor dem Erblasser, treten dessen Kinder
an seine Stelle; sog Repräsentation. | |
Die zweite Linie bilden die Eltern und
deren Nachkommen, das sind die Geschwister des
oder der Verstorbenen; § 731 Abs 2 ABGB. | |
Die dritte Linie stellen die Großeltern und
deren Nachkommen; § 731 Abs 3 ABGB; und | |
die vierte und letzte Linie bilden die Urgroßeltern;
§ 731 Abs 4 ABGB. | |
Innerhalb der jeweiligen Linie entscheidet wieder die Gradesnähe;
Bruder / Schwester des oder der Verstorbenen = 2. Grad etc. – Existieren
in einer Linie mehrere Kinder oder mehrere Brüder und Schwestern
– also gradgleiche Verwandte – erben sie zu gleichen Teilen; sog
Miterben. | |
| Abbildung 17.9: Erbrechtliche Parentelordnung |
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2. Erbrecht
der Vermächtnisnehmer – Kaduzität | |
Hinterlässt
der Verstorbene weder Erben, noch Nacherben oder gesetzliche Erben,
bestimmt § 726 ABGB die Vermächtnisnehmer zu verhältnismäßigen
Erben; sog außerordentliches Erbrecht der Legatare. | Außerordentliches
Erbrecht der Legatare |
Ist
auch kein gültiges Legat vorhanden, das für diese Erbfolge Voraussetzung
ist, fällt der Nachlass als erbloses Gut an den Staat; sog Heimfallsrecht oder
Kaduzität – § 760 ABGB. | Heimfallsrecht
des Staates |
Das
Heimfallsrecht des Staates wird nicht als „richtiges” Erbrecht angesehen,
vielmehr erblickt man darin ein besonderes Aneignungsrecht für einen
subjektlosen Nachlass; vgl auch § 128 AußStrG: Ediktalverfahren.
– Streitig ist, ob der Staat einen erblosen Nachlass ablehnen kann
oder nicht; SZ 59/150 (1986.). Ein solcher Nachlass ist jedenfalls zu
inventarisieren; § 92 Abs 2 Z 2 AußStrG. Der Staat (Bund) haftet
als Heimfallsberechtigter allfälligen Gläubigern aber nur bedingt. | |
Rechtsgeschichtlich
taucht das Heimfallsrecht des Staates zum ersten Mal in einer griechischen
Pergamenturkunde auf, die 1922 in Dura-Europos (einer ehemals makedonischen
Kolonie am linken Euphraturfer / Mesopotamien) gefunden wurde und
um 300 v.C. anzusetzen ist; hier: Heimfallsrecht an den Seleukidenkönig. | Dura-Europos |
Wer erhält die Erbschaft, wenn der testamentarisch eingesetzte
Erbe ausfällt? | |
•
Institutus = Testamentarisch
eingesetzter Erbe | Merksatz:
ITSAILK |
•
Transmissar = vererbungsähnliche
Übertragung der Berufung | |
•
Substitut | |
•
Akkreszenz | |
•
Intestaterben = gesetzliche
Erben | |
•
Legatare | |
•
Kaduzität = Heimfallsrecht
des Staates. | |
II. Das gesetzliche
Ehegatten-Erbrecht | |
Das
gesetzliche Erbrecht des Ehegatten (§ 757 ABGB) konkurriert mit
dem Verwandten-Erbrecht des Erblassers / der Erblasserin und existiert
in dieser Form erst seit kurzer Zeit. In der rechtlichen Entwicklung
spiegelt sich darin die Intensivierung der emotionalen Beziehungen
zwischen den Ehepartnern wider, was allenfalls eine verhältnismäßig
junge Entwicklung darstellt. – Ehegatten besaßen früher auch kein
Pflichtteilsrecht → Pflichtteils-
oder Noterbrecht In dieser Entwicklung offenbart sich auch
ein Zurückdrängen der Blutsverwandten der Erblasserin / des Erblassers
zugunsten des/r Ehegattin/en. | |
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Der/die Ehegatte/in erbt gesetzlich: | |
•
Neben Kindern des
Erblassers / der Erblasserin (und deren Nachkommen) 1/3 des
Nachlasses; | |
•
neben Eltern des Erblassers
(und deren Nachkommen) oder neben Großeltern... 2/3 des
Nachlasses; Näheres § 757 ABGB. (Das ABGB kennt noch Zwischenstufen.) | |
• Fehlen gesetzliche Erben der ersten oder zweiten
Linie und Großeltern, erhält der Ehegatte den ganzen Nachlass. | |
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Nach
§ 758 ABGB haben überlebende Ehegatten nunmehr als gesetzliches
Vorausvermächtnis – sog „ Voraus” – auch
das Recht, in der Ehewohnung weiter zu wohnen ( → Der
sog „Voraus”)
, und die zum ehelichen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen zu
benützen, soweit sie zur Fortführung entsprechend den bisherigen
Lebensverhältnissen erforderlich sind. Dem überlebenden Ehegatten werden
dadurch seine bisherigen Lebensverhältnisse – unter Einbeziehung
der Ehewohnung (samt Hausrat + sonstiger Wohnungsausstattung) –
gesichert und es wird ihm ermöglicht, seinen Lebensstil in der gewohnten
und vertrauten Umgebung beizubehalten; uzw unabhängig davon, welche
Verwandten des Erblassers noch vorhanden sind. | |
Bei Gefahr der Überschuldung muss – wie
folgende E zeigt – das Wohnrecht des gesetzlichen Voraus durch Verbücherung
rechtzeitig gegen Gläubigerzugriff gesichert werden. Vgl auch oben
schon oben → Erbeinsetzung
und Vermächtnis: Verständnis des Wohnrechts des überlebenden
Gatten als Vindikationslegat (Eccher). Dieses Verständnis verdient
gegenüber der hA den Vorzug. | |
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OGH 25. 4. 2001, 3 Ob 220/00z, EvBl 2001/172:
Ehegattin und Alleinerbin ihres verstorbenen Mannes kämpft um ihr
Recht, in der Ehewohnung bleiben zu können; § 758
ABGB. Die entsprechende Liegenschaft aus dem überschuldeten Nachlass
wird versteigert ohne dass das gesetzliche Vorausvermächtnis in
die Versteigerungsbedingungen aufgenommen wird. – OGH: Der gesetzliche
Voraus geht Erblasserschulden im Range nach. Demnach hat
der aus § 758 ABGB Berechtigte, wenn das Wohnrecht nicht dinglich
begründet wird, keinen Schutz gegenüber Gläubigern des Erben. Der
Ersteher einer Liegenschaft übernimmt mit dem Zuschlag nicht die
Verpflichtung des Nachlasses auf Gewährung des gesetzlichen Voraus
gegenüber dem überlebenden Ehegatten. (?) | |
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III. Das gesetzliche
Erbrecht unehelicher Kinder | |
Die
vollständige erbrechtliche Gleichstellung unehelicher Kinder (mit
ehelichen) erfolgte erst durch das ErbRÄG 1989, das 1991 in Kraft
getreten ist. | Erbrechtliche Gleichstellung |
Uneheliche Kinder hatten seit jeher ein gesetzliches Erbrecht
in den Nachlass der Mutter und von deren Verwandten. Seit
1991 beerben sie auch den Vater und dessen Verwandte wie eheliche Kinder.
Voraussetzung für ihr Erbrecht dem Vater gegenüber ist es aber,
dass die Vaterschaft des Erblassers feststeht. | |
Vgl dazu § 763 ABGB, wo nunmehr im Rahmen der
Benennung der Noterben festgestellt wird, daß „zwischen ehelicher
und unehelicher Geburt kein Unterschied” stattfindet. – Zur Feststellung
der Vaterschaft zu einem unehelichen Kinde vgl die §§ 163 ff ABGB.
– Zur
Pflichtteilsminderung nach § 773a ABGB → Enterbung,
Erbverzicht, Pflichtteilsminderung
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IV. Das
bäuerliche Erbrecht als Anerbenrecht | |
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Rechtsquellen:
AnerbenG 1958, TirHöfeG 1900 und Kärntner ErbhöfeG 1903. | |
des SondererbrechtsZiel des
bäuerlichen Sondererbrechts ist die Erhaltung eines leistungsfähigen
Bauernstandes und wirtschaftlicher Betriebsgrößen. Deshalb
müssen Erbteilungen vermieden werden, da andernfalls Besitzzersplitterung
unvermeidbar wäre. An die Stelle der normalen Erbfolge tritt daher
das An- (= Ein)Erbenrecht, dem schon ein altes Rechtssprichwort
Rechnung trägt: „Der Bauer hat nur ein Kind.” | Ziel |
Diese bäuerliche
Erbsitte kannten schon die alten Griechen; vgl Platon, Nomoi V 740
b. Dem bevorzugten Anerben als Übernehmer des bäuerlichen
Anwesens, stehen die weichenden Erben – zB Gatte/in
oder Geschwister – gegenüber. Sie werden abgefunden und zwar so,
dass der/die Übernehmer/in „wohl bestehen” kann, dh mit einem (wirtschaftlich)
tragbaren Wertanteil; vgl etwa EvBl 1999, 12. | Bäuerliche Erbsitte |
Das
AnerbenG 1958 gilt – mit Ausnahme von Tirol und Kärnten nunmehr
für ganz Österreich; vgl § 21 AnerbG. – Vorarlberg war lange Zeit
ein sog Realteilungsgebiet, hat aber nunmehr das Anerbenrecht übernommen. | Anwendungsbereich |
Das Gesetz gilt
nur für geschlossene Höfe, das sind landwirtschaftlich mit einem
Wohnhaus versehene Besitzungen, deren Grundbuchseinlage sich in
der Höfeabteilung des Hauptbuchs befindet → KAPITEL 2: Aufbau
des Grundbuchs.
Der Durchschnittsertrag muss zur angemessenen Erhaltung einer Familie
von mindestens fünf Köpfen ausreichen, ohne das Vierfache zu überschreiten. | TirHöfeG 1900 idgF |
| Abbildung 17.10: Bäuerliches (Sonder)ErbR (1) |
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| Abbildung 17.11: Bäuerliches (Sonder)ErbR (2) |
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| Abbildung 17.12: Bäuerliches (Sonder)ErbR (3) |
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| Abbildung 17.13: Bäuerliches (Sonder)ErbR (4) |
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OGH 28. 6. 2000, 6 Ob 144/00w, SZ 73/104 = JBl 2001, 61:
OGH bejaht Erbhofeigenschaft trotz hoher Schulden.
– Eine bestehende Schuldenlast ist bei der für die Erbhofeigenschaft
maßgeblichen Leistungsfähigkeit des Betriebes zu berücksichtigen.
Bestehen konkrete Chancen, Teile der land- oder forstwirtschaftlichen
Liegenschaften in absehbarer Zeit zu veräußern und damit die aushaftenden
Forderungen zu befriedigen, und kann der festgestellte Durchschnittsbedarf
zweier Personen aus dem verbleibenden land- und forstwirtschaftlichen
Betrieb gedeckt werden, ist die Erbhofeigenschaft ungeachtet der
vorhandenen Schulden zu bejahen. | |
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B. Das
Testament: §§ 552 ff ABGB |
D. Pflichtteils-
oder Noterbrecht |
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