Kapitel 17 | |
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Das Erbrecht für das Studium
fasslich, dh nicht in allen Details, aber doch vertretbar unvollständig zusammenzufassen,
ist Ziel dieses Kapitels. Dabei auch die Rechtsgeschichte und die
Rechtstatsachen zu berücksichtigen erschien mir wichtig. – Pkt A.
geht auf allgemeine Fragen des Erbrechts und seiner Entwicklung
ein; zB Erbrecht und Gesellschaft oder Funktionsverlust des Erbrechts.
Die folgenden Punkte B.–H. behandeln die zentralen erbrechtlichen
Fragen, nämlich: Testament, gesetzliche Erbfolge, Pflichtteilsrecht,
Erbvertrag, Erbenhaftung und das Verlassenschaftsverfahren. – Pkt
I. schließlich skizziert wegen seiner Bedeutung für das Privatrecht
das gerne übersehene Personenstandsrecht, mag dieses auch dem öffentlichen
Recht angehören. | Überblick |
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Das menschliche
Leben ist endlich. Wir alle sind mit dem Tode konfrontiert: Media in vita mortus sumus.
– Die menschliche Fortpflanzung ermöglicht es jedoch, durch das
Erzeugen von Nachkommenschaft dem Tode in gewisser Weise zu trotzen
und wenigstens an einer generativen Unsterblichkeit teilzuhaben.
Wir geben dabei, wie Platon
es so schön ausgedrückt hat, „wie eine Fackel das Leben vom einen
zum andern weiter”; Nomoi 776 b. – Das Erbrecht geht von dieser
unleugbaren Lebenstatsache aus und leistet einen Beitrag zur Todesbewältigung
für den Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft. – Dies festzuhalten
erscheint nicht überflüssig, zumal das Zivilrecht Gefahr läuft,
ob seiner vielen Details, das Grundsätzliche aus dem Blick zu verlieren,
gleichsam den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen. | Platons Vergleich |
Laut
Statistik sterben jährlich immer weniger Menschen. Trotz wachsender
Bevölkerungszahlen nimmt die Sterblichkeit in Österreich stark ab.
1996 starben in Österreich 80.790 Personen, das sind um 0,5 Prozent
weniger als 1995 und um 7,2 Prozent weniger als vor 10 Jahren. –
Im Gegensatz dazu stieg die Bevölkerungszahl von 1986 bis 1996 um
6,2 Prozent von 7,59 Millionen auf 8,06 Millionen Einwohner. Die
Menschen in Österreich werden älter: 1986 lag die Lebenserwartung
der Frauen bei 77,7, die der Männer bei 70,9 Jahren; 1996 waren
es 80,2 und 73,7 Jahre. Heute liegt die Lebenserwartung bei 82 (Frauen)
und etwa 77 Jahren für Männer mit weiterhin steigender Tendenz. –
Einen Beitrag zu dieser Entwicklung liefern auch die Zahlen zur
Unfallstatistik, die in den letzten 10 Jahren um 34 Prozent abnahmen;
die Mortalität nach Verkehrsunfällen ging um 37, die nach sonstigen
Unfällen um 32 Prozent zurück. | Statistik |
„Lag das durchschnittliche Sterbealter vor drei oder vier
Jahrhunderten rein rechnerisch bei etwa 25, 30 Jahren, so liegt
es heute bei rund 75. Umgangssprachlich wird dies meist so ausgedrückt,
dass sich unsere Lebenserwartung in diesem Zeitraum verdreifacht
habe. Oder anders, augenöffnender ausgedrückt: Jeder von uns hat
im Vergleich zu unseren Vorfahren drei Leben zu leben.” – Arthur
E. Imhof, „Sis Humilis!” – Die Kunst des Lebens als Grundlage für
ein besseres Sterben (1992). | |
1.
Erbrecht
und Gesellschaft | |
Das Erbrecht der §§ 531 ff ABGB dient
vornehmlich dem Vermögensübergang von Verstorbenen auf
ihre Rechtsnachfolger; üblicherweise von den Eltern auf ihre Kinder,
allenfalls Kindeskinder und – immer mehr – die Ehegatten und andere
nahestehende Personen. | Aufgabe
des Erbrechts |
Das
Erbrecht ist eingebettet in das – auch rechtliche – Spannungsverhältnis
des Generationenwechsels,
wobei Klan- und Familieneigentum ursprünglich nicht dem Erbgang
unterlagen, da diese Gruppen „unsterblich” waren. Im Laufe der Jahrtausende
ist aber das, was vererbt werden kann, immer „mehr” geworden. –
Bei Naturvölkern steht zunächst nur die Vererbung von Fahrnis im
Vordergrund, Liegenschaften spielen keine Rolle, sie stehen im Familien-,
Clan- oder Volkseigentum; zB dem griechischen Oikos oder der römischen familia. Aber sehr lange teilte auch der Großteil beweglicher
Güter das Schicksal des/r Verstorbenen und wurde mit ihm/r begraben,
verbrannt oder ins Wasser versenkt. Was dem/r Toten nicht mitgegeben
wird, gelangt aber allmählich nach gewisser Zeit zur Verteilung
an die Familienmitglieder, worin die Keimzelle des späteren Erbrechts
erblickt werden kann. – Ein altes Rechtssprichwort veranschaulicht
das: Das Gut rinnt wie das Blut. | Generationenwechsel |
Dazu und zu weiteren Entwicklungen: Thurnwald, Die menschliche
Gesellschaft, Bd V (1934). – Manches von dem, was erbrechtlich weitergereicht
wird, gehört weder in die Kategorie der entgeltlichen, noch in die
der unentgeltlichen Geschäfte, sondern in die von Gschnitzer „entdeckte”
dritte Kategorie der
entgeltfremden Leistungen;
dazu → KAPITEL 5: Einteilung
nach der Wirkung des Rechtsgeschäfts. | |
Voraussetzung der Entwicklung
des Erbrechts war es ferner, dass sich der/die Einzelne, das Individuum (eine Übersetzung
des griechischen átomos) aus seinen vielfältigen familiär-gentilizischen Verstrickungen
lösen musste, um überhaupt zum Träger subjektiver (Erb)Rechte werden
zu können. | Individuum |
Das
Erbrecht setzt zudem (Individual)Eigentum, also Privateigentum voraus.
– Wo kein Eigentum, da kein Erbrecht! Es gibt dann eben nichts zu
vererben. Zu den historischen Entwicklungsstufen des Eigentums,
dessen Entwicklung vom Erbrecht vorausgesetzt wird → KAPITEL 8: Vom
Gemeinschafts- zum Individualeigentum. | (Individual)Eigentum |
Das Erbrecht kommt
aber auch – freilich in eingeschränkter Weise – dem Wunsch der Menschen nach
Unsterblichkeit oder doch einem gewissen Überschreiten der
Grenze des Todes entgegen. – Während der Volksmund sprichwörtlich
anschaulich formuliert: „Das letzte Hemd hat keine Taschen” und damit
meint, dass man – auch wenn man noch so reich gewesen sein sollte
– in den Tod nichts mitnehmen kann, schlägt das Erbrecht dieser
Einsicht wenigstens insofern ein Schnippchen, als es zumindest ermöglicht,
das eigene Vermögen an zurückbleibende, noch lebende Personen weiterzureichen
und auf diese Weise faktisch und gedanklich in Erinnerung zu bleiben, also
weiter zu leben. Vgl dazu das diesem Kapitel vorangestellte Motto
von Egon Weiss. | Unsterblichkeit |
2. „Das Erbrecht
in weltgeschichtlicher Entwicklung” | |
Schon Eduard Gans, der tapfere Antipode Savignys, stellte in seinem
gleichnamigen Werk (I S. XXXIII von 1824) fest: | Eduard Gans |
„Das Erbrecht eines Volkes kann daher nur
begriffen werden im Zusammenhang mit dem gesamten Familienrecht.” | |
Gans geht daher idF darauf ein,
„wie sich die verschiedenen Momente des Familienverhältnisses bei
jedem Volke zum Erbrecht verhalten, als auch wie sich die Forderung
der individuellen Willkür zu dieser Berechtigung stellt.” – Das
Erbrecht deutet aber auch auf die Richtigkeit jener von anderen
Disziplinen – etwa der Soziologie oder der Alten Geschichte – vertretenen
Auffassung vom Tod als „Kultur-Generator” hin; J. Assmann, Der Tod als Thema
der Kulturtheorie
(es 2157, 2000): | Tod
als „Kultur-Generator“ |
„Der Tod oder, besser, das Wissen um unsere
Sterblichkeit ist ein Kultur-Generator ersten Ranges. Ein wichtiger
Teil unseres Handelns, und gerade der kulturell relevante teil,
Kunst, Wissenschaft, Philosophie, Wohltätigkeit, [Recht!] entspringt
[auch?] dem Unsterblichkeitstrieb,
dem Trieb, die Grenzen des Ich und der Lebenszeit zu transzendieren.” | |
Vgl auch Z. Baumann, Tod, Unsterblichkeit und andere Lebensstrategien
(Frankfurt / Main, 1994). | |
Das Erbrecht
dient also seit alters her – was nicht vergessen werden darf, auch
der Fortsetzung/dem Weiterleben der Person des/r Erblassers/in durch
Erhaltung der Familie, des Namens, des guten Rufes, der bona fama
defuncti → KAPITEL 4: Sog
postmortale Persönlichkeitsrechte. Und – was früher noch wichtiger war als
heute – dem religiösen Ahnenkult. Auch das unterstreicht die Richtigkeit
von Gschnitzers Annahme der Existenz einer eigenen Kategorie entgeltfremder
Geschäfte, neben den entgeltlichen und unentgeltlichen; dazu → KAPITEL 5: Einteilung
nach der Wirkung des Rechtsgeschäfts. | Weiterleben des Erblassers |
Das
Erbrecht betont zudem die Kontinuität dessen, was vom Erblasser
auf die Erben übertragen werden kann. Das betrifft vornehmlich private
Vermögenswerte, aber auch das (mittelalterliche) Staatsrecht bediente
sich dieses Gedankens; vgl das französische Rechtssprichwort: Le roi est mort, vive le roi! Dadurch sollte
die Kontinuität der Herrschaft und die Nachfolge in die Königswürde
– vergleichbar dem Erbgang – betont werden. Das Sprichwort wurde
von einem Herold ausgerufen, der den Tod des alten und die Thronfolge
des neuen Königs verkündete. – Das Erbrecht dient somit auch der
gesellschaftlich-rechtlichen Kontinuität. – Übrigens: Dem Wunsch
nach Unsterblichkeit und Überwindung des Todes dienen auch noch
andere Rechtseinrichtungen; man denke nur an die juristische Person
( → KAPITEL 4: Die
juristische Person ) oder den postmortalen Persönlichkeitsschutz. | Erbrecht dient auch gesellschaftlich-rechtlicher Kontinuität |
Dennoch: Die
Tatsache des Todes wird gerne geleugnet oder verdrängt. Und doch
entgeht ihm niemand. Sophokles lässt in „Elektra” die Chorführerin
sagen (Verse 1171-1174): | |
„Von einem Sterblichen stammst du, Elektra!
Bedenke es! Und sterblich war Orest! Drum klage nicht zu sehr! Uns allen
wird abgefordert, daß wir dies erleiden.” | |
Dass (bisher) nur in einem Viertel aller
Erbfälle ein Testament vorliegt, gehört wohl auch hierher; dazu gleich:
„
Rechtstatsächliches zum Erbrecht”.
– Im Gegensatz zur gesetzlichen Erbfolge setzt nämlich das Testament
eine bewusste(re) Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod voraus.
– Ob das auch heute noch gilt, wissen wir nicht. Eine Wiederholung
der Untersuchung von J. Fedynskyj wäre interessant und wichtig und
ist eigentlich überfällig. Es könnte nämlich sein, dass der Umstand,
dass es wesentlich mehr als früher zu vererben gibt, dazu geführt
hat/führt, häufiger zu testieren. | Rechtstatsächliches
zum Erbrecht |
In aller Kürze: „Rechtstatsächliches zum Erbrecht”
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Nach Jurij Fedynskyj |
• Nur ein Viertel aller
Erblasser testiert
| | •
Drei Viertel aller Erbfälle
folgen der gesetzlichen Erbfolge
| | •
70 % aller Testamente sind eigenhändige
Testamente; § 578 ABGB | | •
10 % aller Testamente sind ungültig,
darunter fast alle in Krankenanstalten etc errichteten | | • Der Großteil der Testamente sind
sog Verteilungstestamente
| | •
Drei Viertel aller Erbfälle
werden armutshalber abgetan. | |
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 | Abbildung .1: Mehr zu den Rechtstatsachen
des Erbrechts – Folien von F.J. Giesinger |
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Die konkrete Ausgestaltung
des Erbrechts in einer Rechtsordnung gewährt demnach Einblicke nicht
nur in das Rechtssystem, sondern auch die Gesellschaftsordnung eines
Gemeinwesens, den Charakter eines Volkes. Die Pole erbrechtlicher
Positionen liegen dabei zwischen weitgehender Freiheit – repräsentiert
durch die Testierfreiheit – und starker Bindung / Einschränkung
der Verfügungen von Todes wegen; repräsentiert durch das gesetzliche
Erbrecht und insbesondere das Pflichtteilsrecht. – In der Rechtsgeschichte
sind Gesetzgeber mit diesen erbrechtlichen Steuerungsmitteln sehr
unterschiedlich umgegangen und das Erbrecht war immer wieder auch
Schauplatz ideologischer Auseinandersetzung. | Erbrecht,
Rechtssystem, GesellschaftsO |
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3. Zum Funktionsverlust
des Erbrechts | |
Zum Funktionsverlust des Erbrechts als Institution
und der Tendenz zu lebzeitig vorweggenommener Erbfolge: Eccher (1980).
– Bedeutung besaß und besitzt immer noch die sog
vorweggenommene
Erbfolge / successio antecipata für den bäuerlich-landwirtschaftlichen,
aber auch den gewerblich-industriellen Sektor, überhaupt den unternehmerischen
Bereich. Diese „Bereiche” wollen oder müssen die anstehenden Fragen
der Vermögens- und Unternehmensweitergabe schon zu Lebzeiten geregelt
wissen und können sie nicht erst der Zeit nach dem Tode überlassen.
Unternehmensführung braucht Kontinuität. Die Abgabe von (Entscheidungs)Macht
fällt aber vielen schwer und so wird der richtige Zeitpunkt immer
wieder versäumt. – Zu dieser Entwicklung trägt wohl auch die weiterhin
zunehmende Lebenserwartung der Menschen bei. Das rechtliche Instrument
für sinnvolle und zeitgerechte Nachfolgeregelungen ist der
Übergabsvertrag. | Successio
antecipata |
Bis zum Jahr 2010
werden in Österreich um die 50.000 Unternehmer ihre Firma an Nachfolger
übergeben; etwa der Hälfte davon fehlt ein Nachfolger aus der eigenen
Familie. Zahlreiche Unternehmen gehen jedes Jahr nur deshalb „unter”,
weil eine rechtzeitige Betriebsübergabe verabsäumt
wird. Dadurch gehen jährlich auch tausende Arbeitsplätze verloren.
– Wichtig erscheint dabei immer wieder auch die Suche nach der richtigen Rechtsform der
(rechtsgeschäftlichen) Übernahme und daneben des fortzuführenden
Unternehmens: Einerseits zB Kauf, Leibrentenvertrag, Pacht, Franchisevertrag,
Schenkung oder Erbgang; andrerseits: bspw Einzelunternehmen, GesbR,
Personengesellschaft (OHG, KG, OEG, KEG oder GmbH & Co KG) oder
GmbH. Bei der Wahl dieser Rechtsform ist zu beachten, dass für sie
eine Fixkörperschaftssteuer von 34 Prozent besteht, was bei niedrigen Gewinnen
ein Nachteil, bei hohen von Vorteil ist. Zudem hat jede GmbH jährlich
eine Mindestkörperschaftssteuer zu bezahlen; auch bei Verlusten.
Zur Bedeutung von Steuern, Abgaben und Gebühren für das Vertragsrecht → KAPITEL 5: Steuern.
– Zur
Unternehmensübernahme (§
1409 ABGB) → KAPITEL 14: Vermögens-
oder Unternehmensübernahme. |
Betriebsübergabe |
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Der
folgende kurze Einstieg ins Erbrecht will eine erste Bekanntschaft
mit dieser Materie vermitteln. – Die Ausgestaltung des österreichischen
Erbrechts weist aber, verglichen mit einigen unserer Nachbarstaaten,
Besonderheiten auf. Zu nennen ist hier vor allem das „Austriacum”
der gerichtlichen Einweisung ins Erbe, das sog Verlassenschaftsverfahren,
das sich von der schweizerischen oder deutschen Regelung grundlegend
unterscheidet; dazu → Einweisung
in die Erbschaft – Das Verlassenschaftsverfahren Es stammt
aus dem antiken Griechenland. | Kurzer Einstieg ins Erbrecht |
II. Definitionen
– Unterscheidungen | |
1. Erbrecht
im objektiven und im subjektiven Sinn | |
Das Erbrecht
im objektiven Sinn regelt die Nachfolge in die
privaten Rechte und Pflichten eines Verstorbenen
= ErblasserIn. Davon ist der subjektive Rechtsanspruch erbrechtlich
Berechtigter zu unterscheiden; Erbrecht im subjektiven Sinn. | |
Das hinterlassene
Vermögen eines/r Verstorbenen heißt Nachlass oder Verlassenschaft,
es wird aber auch von Erbschaft gesprochen → Der
Nachlass –
Hier werden also mehrere Begriffe synonym verwendet. | Nachlass |
Das Erbrecht zählt zum Privatrecht.
Es regelt grundsätzlich nicht das Schicksal allfälliger öffentlichrechtlicher Berechtigungen
oder Verpflichtungen nach dem Tod einer Person. Dafür ist das öffentliche
Recht zuständig; zB das Gewerberecht, das ASVG für die Hinterbliebenenrente
oder das Steuerrecht. Auch nach öffentlichem Recht sind jedoch einzelne
Rechtspositionen vererbbar. | Erbrecht und
öffentliches Recht |
Franz Gschnitzer Lesebuch 339, 439, 679 (!): Inwieweit
empfiehlt sich eine Reform des bäuerlichen Erbrechtes? – Und: Mein
letzter Wille – Entwicklung der Testamentsform: Inaugurationsrede
1946 – sowie: Formloser letzter Wille? (1969) | |
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Vor allem private
Rechte und (!) Pflichten: | Beispiele |
•
ZB Rechte
und Pflichten aus Kaufverträgen gehen ebenso auf Erben über wie
Schadenersatzansprüche (aktiv und passiv; § 1337 ABGB), Gesellschaftsanteile
an einer GmbH (§ 76 GmbHG) oder – nach § 537 ABGB – das Erbrecht
selbst (Transmission) → Erleben
des Erbanfalls – Transmission
| |
• Aber auch einzelne öffentliche Rechte und Pflichten sind
vererbbar. So sind Steuerschulden Nachlassverbindlichkeiten, wenn
sie bereits entstanden sind; andere öffentlichrechtliche Ansprüche
gehen mit dem Eigentum über; zB eine Baugenehmigung. | |
Nicht
vererblich, weil höchstpersönliche Rechte beinhaltend,
sind bspw: | Was kann nicht vererbt werden? |
• (Aktive) Unterhaltsansprüche
und das | |
• Vorkaufsrecht (§ 1074 ABGB); | |
• Belastungs- oder Veräußerungsverbote (§ 364
c ABGB); | |
• der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers; | |
• die Rechtsstellung eines OHG-Gesellschafters
(OHG wird durch Tod aufgelöst), außer der Gesellschaftsvertrag bestimmt
anderes. | |
3. Testamentarische
und gesetzliche Erbfolge | |
Grundsätzlich kann jede Person – innerhalb
gewisser Schranken. – selbst entscheiden, wer sie beerben soll.
– Die Erbfähigkeit von Personen bestimmt aber abstrakt,
wer gesetzlich oder testamentarisch erben kann. Die konkrete privatautonome
Bestimmung dessen, wer erben soll, erfolgt entweder durch den Abschluss
eines Erbvertrags (selten) oder durch die Errichtung
eines Testaments
→ Das
Testament: §§ 552 ff ABGB –
Hat der / die Verstorbene aber zB auch nicht testamentarisch verfügt
oder ist die Verfügung ungültig, greift die gesetzliche
Erbfolge der §§ 727 ff ABGB → Die
gesetzliche Erbfolge Das
Gesetz orientiert sich dabei (vorsorglich) an der Familienerbfolge
– wie es das ebenfalls aus dem alten griechischen Rechtsdenken stammende Parentelsystem vorgeformt
hat – und sieht zudem vor, dass die nächsten Angehörigen bedacht
werden müssen; sog Pflichtteilsrecht
→ Pflichtteils-
oder Noterbrecht Das
verfolgte seit altersher weniger den Zweck eines gerechten Ausgleichs,
als den, das Familieneigentum (den griechischen Oikos, die römische
familia) zu schützen und zusammenzuhalten. | Privatautonomie
und
ihre Grenzen |
Privatautonomie (dazu grundsätzlich → KAPITEL 5: Vertragsfreiheit
und Privatautonomie)
gilt demnach auch im Erbrecht und nicht nur bei Vermögensverfügungen
zu Lebzeiten. Letztwillig kann privatautonom durch Testament (=
einseitige letztwillige Verfügung) oder Erbvertrag verfügt
werden. Man spricht in diesen Fällen auch von gewillkürter ( im
Gegensatz zu gesetzlicher) Erbfolge. Begrenzt wird erbrechtliche
Privatautonomie durch das Pflichtteilsrecht. | |
4. Bestimmung des/der
Erben – Erbfähigkeit | |
Der/die Verstorbene
(Erblasser/in) selbst oder das Gesetz bestimmen demnach die Personen
/ den Personenkreis, die/der in die Rechtsstellung Verstorbener
insbesondere ihre vermögenswerten Rechte und Pflichten nachfolgen
soll/en. | |
Dazu
erklärt § 538 ABGB, dass alle, die ein Vermögen zu erwerben berechtigt
sind, idR auch erben können; es sei denn, jemand hätte „dem Rechte
etwas zu erwerben überhaupt entsagt, oder auf eine bestimmte Erbschaft
gültig Verzicht getan”. – Die Erbfähigkeit ist demnach eine Ausformung
der allgemeinen Geschäftsfähigkeit
→ KAPITEL 4: Allgemeines
zur Geschäftsfähigkeit ¿ Altersstufen. | |
Die §§ 540 ff ABGB handeln von den „Ursachen
der [Erb]Unfähigkeit” und nennen beispielsweise: | |
•
§ 540 ABGB:
Begehung einer (schweren) strafbaren Handlung gegen
den Erblasser; | |
• die Verletzung von Eltern-
oder Kindespflichten; | |
•
§ 542 ABGB: die Ausübung von Zwang zur
Erklärung des letzten Willens, betrügerische Verleitung, Hinderung an
der Erklärung oder Abänderung des letzten Willens sowie Unterdrückung
eines bereits errichteten letzten Willens. | |
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OGH 5. 8. 1999, 1 Ob 175/99p, EvBl 2000/12:
Neffen der Erblasserin unterdrücken eines von mehreren Testamenten,
in der Hoffnung, ein älteres, für sie günstigeres Testament werde
aufgefunden. Erst als dies nicht der Fall ist, legen sie das unterdrückte
Testament vor, um ihres Erbrechts nicht völlig verlustig zu gehen.
– OGH: Nach § 542 ABGB führt jede Handlung oder Unterlassung zur Erbunwürdigkeit,
die in der Absicht geschieht, den Willen des Erblassers zu vereiteln.
Ob das Verhalten der Person, die eine letztwillige Verfügung unterdrückt,
zu dem von ihr gewünschten Erfolg geführt hat, ist unerheblich.
Am Tatbestand der Unterdrückung kann die später doch erfolgte Vorlage
der letztwilligen Verfügung jedenfalls dann nichts ändern, wenn
die Vorlage nur aus eigennützigen Motiven und nicht in innerer Umkehr
erfolgte. OGH argumentiert zur Unterstützung dieser Argumentation
mit der strafrechtlichen Regelung zum Rücktritt vom Versuch: §§
15, 16 StGB – Einheit der Rechtsordnung! | |
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5. Erbeinsetzung
und Vermächtnis | |
Erbe oder Erbin ist jene
Person, die in die vermögenswerten, vererblichen Rechte und Pflichten des/r
ErblassersIn – aus welchem Berufungsgrund auch immer – nachfolgt;
sog Gesamtrechtsnachfolge oder Universalsukzession.
Das bedeutet Rechtserwerb am gesamten Nachlass oder doch an einer
Quote desselben durch einen einzigen Rechtsakt (uno actu). Dieser
Rechtsakt ist auch heute noch die Einantwortung, als gerichtliche
(staatliche!) Einweisung in die Erbschaft im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens → Einweisung
in die Erbschaft – Das Verlassenschaftsverfahren Erbe
oder Erbin erlangen dadurch unmittelbar „Eigentum” (iSv ausschließlicher
Rechtszuständigkeit) am Nachlass; dh, (alle) beweglichen Sachen
werden dadurch für übergeben gehalten und an Liegenschaften wird
– ausnahmsweise – ohne Verbücherung (!) Eigentum erworben; Durchbrechung
des Eintragungsgrundsatzes! Vgl auch → KAPITEL 2: Die Grundbuchsprinzipien:
Grundbuchsprinzipien – Eintragungsgrundsatz. | |
Den wichtigen Gedanken einer erbrechtlichen
Universalsukzession kannten aber wohl schon die Griechen, auf jeden Fall
die Römer. | |
Von der Erbeinsetzung und der
damit vermittelten Erbenstellung strikt zu unterscheiden ist das Vermächtnis /
Legat. Das Gesetz selbst unterscheidet in § 535 ABGB: | Erbeinsetzung
versus Vermächtnis |
„Unterschied zwischen Erbschaft und Vermächtnis.
– Wird jemandem kein solcher Erbteil, der sich auf den ganzen Nachlass
bezieht; sondern nur eine einzelne Sache, eine oder mehrere Sachen
von gewisser Gattung; eine Summe; oder ein Recht zugedacht; so heißt
das Zugedachte, obschon dessen Wert den größten Teil der Verlassenschaft ausmacht,
ein Vermächtnis (Legat), und derjenige, dem es hinterlassen worden,
ist nicht als ein Erbe, sondern nur als ein Vermächtnisnehmer (Legatar)
zu betrachten.” | |
Unter Vermächtnis wird aber nicht nur ein
bestimmter Rechtserwerb von Todes wegen verstanden, sondern auch
das, was dadurch erlangt wird, also der Gegenstand / Inhalt des
Vermächtnisses; vgl die Diktion des § 535 ABGB: „… nur eine einzelne
Sache, [etc] … „ | |
Das
Vermächtnis ist eine letztwillige Verfügung, welche nicht im Hinterlassen
eines Erbteils besteht; oder: Vermächtnis ist eine Zuwendung von
Todes wegen, die nicht Erbeinsetzung ist. § 535 ABGB hat vom römischen
Recht die scharfe Trennung in: | Vermächtnis als letztwillige Verfügung |
•
Erbeinsetzung iSv Universalsukzession oder
Gesamtrechtsnachfolge und | |
•
Vermächtnis iSv Singularsukzession oder
Einzelrechtsnachfolge übernommen. | |
Es kommt dabei (für diese Unterscheidung) darauf an, ob
der Erblasser dem Eingesetzten eine unmittelbare Verfügung über
den ganzen Nachlass oder doch einen Bruchteil desselben verschaffen
und ihm auch allfällige Schulden auflasten will (Erbeinsetzung)
oder ob er ihm nur einen obligatorischen Anspruch auf einzelne Nachlassstücke
oder einen Geldbetrag vermachen will; Vermächtnis. – Die §§ 647–694
ABGB handeln „Von Vermächtnissen”. Sie spielen in der Erbrechtspraxis
eine beachtliche Rolle. | |
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 | Abbildung 17.2: Erbrecht: Berufungsgründe |
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Vermächtnisanordnungen
werden in Erbverträgen, eigenen Vermächtnisverträgen ( → Vermächtnisverträge),
Testamenten oder sog Kodizillen ( → Kodizill),
getroffen. Ein auf gesetzlicher Anordnung beruhendes Vermächtnis
ist der sog Voraus (des überlebenden Ehegatten) → Der
sog „Voraus” –
Vermächtnistitel kann demnach ein Vertrag, ein Testament oder das
Gesetz sein. | Vermächtnisanordnungen |
Wie der Erbe
muss auch ein Legatar den Vermächtnis-Anfall erleben
und zu diesem Zeitpunkt erbfähig, also geschäftsfähig sein. | Vermächtnis-Anfall |
Anfallstag von
Vermächtnissen ist der Todestag des Erblassers (§ 684 ABGB), Zahlungstag (=Fälligkeit)
nach § 685 ABGB zB für Geld 1 Jahr danach. „Kleine Belohnungen des
Dienstgesindes, und fromme Vermächtnisse” können aber „sogleich”
gefordert werden. | |
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Einen Sonderfall stellt das Sublegat dar,
bei dem der Erblasser dem Legatar eine Verpflichtung auferlegt; vgl OGH 25. 11. 1999, 6 Ob 244/99x, SZ 72/197 = EvBl 2000/84 (§§
649, 662, 709 f ABGB). – Die Tochter begeht Selbstmord.
Im eigenhändigen Testament vermacht sie einem Verein
ein Grundstück mit der Auflage, ihrer Mutter in einem darauf zu
errichtenden Haus ein Wohnrecht einzuräumen. Das Ansuchen des Vereins
auf Umwidmung des Grundstückes in Bauland wird abgelehnt; daraufhin
klagt die Mutter auf Herausgabe der Liegenschaft. – OGH: Der Legatar
kann auch mit einem Sublegat beschwert werden, das in der Einräumung
eines Wohnungsrechts besteht. Der Erblasser kann auch bestimmen,
dass der Legatar die vermachte Sache erst verschaffen muss; selbst
wenn dafür die Hilfe eines Dritten (hier: Gemeinde) notwendig ist.
Ist die Erfüllung der Auflage unmöglich (hier: Bau des Hauses, wegen
Nichtbewilligung der Umwidmung), ist der Beschwerte (hier: Verein)
verpflichtet, dem Auftrag möglichst nachzukommen oder dem (Sub)Legatar
den Schätzwert zu entrichten. Ist auch eine Surrogaterfüllung nicht
möglich, erhält der Belastete den Nachlass ohne Belastung, es sei
denn, er hätte die Erfüllung unredlich vereitelt. Die Klage der
Mutter auf Herausgabe der Liegenschaft bleibt also erfolglos. | |
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Die Unterscheidung zwischen Erbeinsetzung und Vermächtnis ist
Laien fremd. Der allgemeine Sprachgebrauch unterscheidet nicht zwischen vererben und vermachen.
Daher sagt der Gebrauch der Worte „vermachen” oder „Vermächtnis”
nicht immer aus, dass wirklich (nur) an ein Vermächtnis gedacht
ist. – Die Auslegung hat zu klären, was gemeint ist; vgl das Verständnis
des § 655 ABGB als allgemeine Auslegungsregel für
Vermächtnisse. | Laien
unterscheiden nicht |
Die Unterscheidung zwischen Erbe/in und
Vermächtnisnehmer/in ist aber praktisch sehr wichtig, weil die Rechtsstellung
eine ganz verschiedene ist. | |
Ein
Vermächtnis gewährt Bedachten – wie erwähnt – grundsätzlich nur
einen schuldrechtlichen Anspruch; zunächst gegen den Nachlass, nach
Einantwortung gegen den oder die Erben: sog Damnationslegat.
Anders als ein Erbe erlangt ein Legatar daher nicht (auch nicht
durch Einantwortung!) Eigentum am vermachten Gegenstand. Er ist
nur Nachlassgläubiger des Erben. Er haftet auch nicht wie Erben
für Erbschaftsschulden. – Diese ganz andere Rechtsstellung von Vermächtnisnehmern/Legataren
lässt verstehen, warum zwischen Testament und Legat streng unterschieden werden
muss. | Damnationslegat |
ABGB und dtBGB kennen
nur das Damnationslegat: „Durch das Vermächtnis wird für den Bedachten
das Recht begründet, von den Beschwerten die Leistung des vermachten
Gegenstandes zu fordern.” (§ 2174 dtBGB) – Anders der frCC,
der dem Vindikationslegat folgt; Art 1014 § 1. | |
Vom
Damnations- ist das Vindikationslegat zu unterscheiden,
bei dem Vermächtnisnehmer mit Vermächtnisanfall nicht nur einen
obligatorischen Anspruch erwerben, sondern ausnahmsweise schon Eigentum.
Einziger Fall im österreichischen Privatrecht war bisher § 10 WEG
1975 (Ehegatten-WE), der ins WEG 2002 übernommen wurde; vgl dessen
§ 14 Abs 1 Z 1. | Vindikationslegat |
Eccher, Erbrecht 103 (2002 2),
versteht das Wohnrecht des überlebenden Gatten nach § 758 ABGB –
anders als die hA – als Vindikationslegat. Das verleiht stärkeren
Schutz, etwa gegenüber Gläubigern. – Zum gesetzlichen „Voraus” des
überlebenden Gatten → Der
sog „Voraus”
| |
6. Erleben
des Erbanfalls – Transmission | |
Das Erbrecht wirkt
erst mit dem Tod des/r Erblassers/in. Erbe/in wird jemand also nur
dann, wenn er den Erblasser überlebt. Stirbt ein potentieller Erbe vor dem/r
Erblasser/in, kann er das (noch nicht erlangte) Erbrecht auch nicht
auf seine Erben übertragen; § 536 ABGB. – Hat der Erbe den Erblasser
aber überlebt, hat er damit das Erbrecht bereits erworben und kann
es „wie andere frei vererbliche Rechte, auf seine Erben” übertragen;
und zwar auch dann, wenn er vor gerichtlicher Einantwortung sterben
sollte; § 537 ABGB: sog Transmission. | |
als
Vererbung des ErbrechtsDiese Vererbung des Erbrechts (nach Erbanfall)
wird Transmission genannt. Nach dem Tod des Erblassers kann ein
Erbe sein Erbrecht aber nicht nur (weiter)vererben, sondern auch
(weiter)veräußern; § 1278 ABGB: Erbschaftskauf → Der
Erbschaftskauf §
1278 Abs 1 ABGB spricht von einer „vom Verkäufer angetretenen oder
ihm wenigstens angefallenen Erbschaft”. – Das gesetzliche Verbot
des
§ 879 Abs 2 Z 3 ABGB betrifft nur die Veräußerung einer Erbschaft
oder eines Vermächtnisses, „die man von einer dritten Person [=
dem Erblasser] erhofft”, also „noch bei Lebzeiten” des Erblassers. | Transmission |
Vererbt wird das jeweilige Recht als Erbe/in, es mag auf
Erbvertrag, Testament oder Gesetz beruhen. – Auch die Rechtsstellung
als Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigter / Noterbe ( → Pflichtteils-
oder Noterbrecht )
geht auf solche Weise über. | |
Während Ersatz- und Nacherbe ( → Substitution:
Ersatz- und Nacherbschaft)
Erben des Erblassers sind, ist der Transmissar Erbeserbe,
also Erbe des Transmittenten. – Auch für die Beurteilung
der Erbunwürdigkeit und der Erbunfähigkeit ist
darauf zu achten, wer wessen Erbe ist: Ersatz- und Nacherbe müssen
zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers diesem gegenüber erbfähig
und erbwürdig sein, der Transmissar dagegen muss nur dem Transmittenten
gegenüber erbfähig und erbwürdig sein. | Transmissar
als Erbeserbe |
Unterschieden wird zwischen Transmission
ieS (= Vererbung des Erbrechts vor Abgabe der Erbserklärung
durch den Transmittenten) und Transmission iwS (=
Vererbung nach Abgabe einer positiven Erbserklärung durch den Transmittenten). | Transmission
ieS und iwS |
Zur Transmission kann es ausschließlich zwischen
Erbanfall und Einantwortung kommen; denn vor dem Tod des
Erblassers besteht noch kein Erbrecht und nach Einantwortung ist
der Nachlass des (ursprünglichen) Erblassers bereits Teil des Transmittentenvermögens. | Zeitraum
für
Transmissionen |
| |
Die vermögenswerten vererblichen
Rechte und Pflichten, die Verstorbene hinterlassen, bilden den Nachlass,
die Verlassenschaft; § 531 ABGB. Diese Rechte und Pflichten erwerben
Erbe oder Erbin aber wie schon erwähnt nicht automatisch mit dem
Tod des Erblassers (= Erbfall), sondern es bedarf dazu grundsätzlich
eines gerichtlichen Verfahrens; sog Verlassenschaftsverfahren (=
richterlich-staatliche Einweisung ins Erbe) → Einweisung
in die Erbschaft – Das Verlassenschaftsverfahren
| |
Der
Nachlass wird – zwischen dem Tod des Erblassers (Erbfall) und der
Einantwortung an den/die Erben – wie eine juristische Person behandelt
(vgl § 67 Abs 1 KO → Nachlass
als jurP:
§ 74 AußStrG); ruhender Nachlass / hereditas iacens:
römisches Recht. Damit setzt der Nachlass als neue und eigene –
wenngleich transitorische – Rechtsperson den Erblasser rechtlich
fort, ohne mit ihm identisch zu sein. Das Nachlassvermögen wird
durch diese juristische Hilfskonstruktion nicht herrenlos. | |
Da manches Verlassenschaftsverfahren länger dauert, ist
dieser rechtliche Übergangsstatus des Nachlasses von praktischer
Bedeutung; wichtig ist das etwa, wenn Gesellschaften oder Unternehmen
zur Verlassenschaft zählen. In diesem Fall ist der Nachlass bspw
Arbeitgeber sowie Gläubiger und Schuldner usw. | |
|
Mitunter ist streitig,
was in den Nachlass gehört; vgl JBl 2000, 31: Ausscheiden
einer Eigentumswohnung aus dem Nachlass durch einen verbücherungsfähigen
Schenkungsvertrag und die tatsächliche/körperliche außerbücherliche
Übergabe der Wohnung. In diesem Fall gehört das WE-Objekt auch vor Verbücherung
des Erwerbers nicht zum Nachlass. | |
|
Ein
solches Verständnis des ruhenden Nachlasses ist also nötig, weil
Erbfall (Tod des Erblassers) und (gerichtliche) Einantwortung uU
zeitlich weit auseinanderliegen. § 547 Satz 3 ABGB greift dafür
zu einer Besitz-Fiktion: | Besitz-Fiktion |
„Vor der Annahme des Erben wird die Verlassenschaft
so betrachtet, als wenn sie noch von dem Verstorbenen besessen würde.” | |
Für
den Nachlass handelt in dieser Zeit entweder ein gerichtlich bestellter Nachlasskurator oder der Erbe,
wenn das Gericht ihre Erbserklärung angenommen und ihnen (bis zur
Einantwortung) die Verwaltung des Nachlasses überlassen
hat. – Der ruhende Nachlass kann klagen und beklagt werden;
er besitzt als transitorische Rechtsperson / Parteifähigkeit. | Wer handelt für den Nachlass? |
| |
8. Erbserklärung
und Ausschlagung des Erbrechts | |
Will
ein Erbe die Erbschaft annehmen – was er nicht
muss (es besteht auch die Möglichkeit der Ausschlagung des
Erbrechts), gibt er im Verlassenschaftsverfahren eine Erbserklärung (§§
115 ff AußStrG) ab und das Gericht überträgt (nach rechtlicher Prüfung
derselben) in der Folge den Nachlass; sog Einantwortung. | |
9. Annahme
der Erbschaft oder (Erb)Verzicht | |
Hat ein Erbe
die Erbschaft auf diese Weise angenommen, stellt er „in Rücksicht
auf dieselbe den Erblasser vor. Beide werden in Beziehung auf einen
Dritten für eine Person gehalten”; § 547 Satz 1 ABGB. Vor Annahme
der Erbschaft / Verlassenschaft durch den Erben gilt diese – wie
erwähnt – als noch vom „Verstorbenen besessen”; § 547 Satz 2 ABGB.
Nach Annahme der Erbschaft und Einantwortung ist das anders: „Verbindlichkeiten,
die der Erblasser aus seinem Vermögen zu leisten gehabt hätte, übernimmt
[nun] sein Erbe”; § 548 Satz 1 ABGB. Nach § 549 ABGB gehören zu
den auf einer Erbschaft haftenden Lasten auch die Kosten für ein
angemessenes Begräbnis. Dazu später mehr. | |
Die Annahme
einer Erbschaft – durch Erbserklärung – kann auf verschiedene
Weise erfolgen, nämlich: | |
•
bedingt oder | |
•
unbedingt, | |
je nachdem, ob für Schulden unbegrenzt oder nur bis zur
Höhe der übernommenen Aktiva gehaftet werden soll. Mehr zur Erbenhaftung → Die
Erbenhaftung
| |
Faustregel: Bei Zweifeln, ob Schulden vorhanden
sind, nur bedingt annehmen! | |
Erbanwärter müssen
– wie wir gehört haben – die Erbschaft nicht annehmen. Sie können
auch darauf verzichten. Man spricht auch von Erbaus- oder
Erbsentschlagung; zB dann, wenn der Nachlass überschuldet
ist. | Erbaus- oder
Erbsentschlagung |
Auch ein Vorausverzicht (auf
das Erbe, die Erbschaft) durch Vertrag mit dem Erblasser ist möglich;
§ 551 ABGB. Ein Erbverzicht noch zu Lebzeiten
des Erblassers ist aber nur in Form eines Notariatsakts
oder mittels Beurkundung durch gerichtliches Protokoll möglich. | Vorausverzicht |
Die Erbsentschlagungserklärung nach dem
Tode des Erblassers erfolgt gegenüber dem Nachlassgericht ohne Förmlichkeiten,
also mündlich oder schriftlich. | |
B. Das
Testament: §§ 552 ff ABGB |
 | |
Eingangs
wurde auf den historischen Entstehungszusammenhang von Familienrecht
und Erbrecht (E. Gans) hingewiesen. Beide Rechtsgebiete weisen insbesondere
in der Frühzeit (auch) Verbindungen mit dem Totenkult auf.
In diesem Konnex liegt auch eine Wurzel für die Entstehung des Testaments
und die Testierfreiheit des kinderlosen Erblassers, worüber uns
das griechische und idF auch das römische Recht Aufschlüsse liefern:
Hinterließ in Athen oder Rom ein Erblasser weder eine (Manus)Ehefrau,
noch eigene Nachkommen, brauchte er jemand anderen, um den Totenkult
besorgen zu lassen. Das führte einerseits zur Entwicklung der Adoption und
andrerseits allmählich zur Anerkennung von Testamenten,
also letztwilligen Verfügungen über den Kreis von Familie und Verwandtschaft hinaus;
vgl für Rom etwa Manthe, Geschichte des römischen Rechts 32 ff (2000).
– Der erste Schritt zu dieser bedeutenden rechtshistorischen Entwicklung
war aber ein griechischer, der Zusammenhänge mit dem Totenkult längst hinter
sich gelassen hatte. Solon hatte im Rahmen seiner
berühmten Gesetzgebung (594/3 v. C.) dem kinderlosen Erblasser Testierfreiheit
gewährt und dadurch einen wichtigen profanen Entwicklungsschritt
in Richtung des „modernen” Testamentsrechts, aber auch des Rechtssubjekts
und der Rechts- und Geschäftsfähigkeit gesetzt. Das antike griechische
Rechtsdenken wies in diesem Zusammenhang auch weitere interessante
Besonderheiten auf; insbesondere achtete es sehr darauf, daß das
Familienvermögen – der Oikos – möglichst erhalten blieb. Das führte zu
interessanten Regelungen im Familienrecht (etwa Epikleros / Erbtochterrecht)
und wie erwähnt im Erbrecht und vor allem auch dem Sachenrecht,
Erhalt von Grund und Boden der Bürger: sog gebundenes Bodenrecht (E.
Schönbauer, 1952). | rechtsgeschichtlicher Entstehungszusammenhang |
 | |
I. Testament und
Kodizill | |
Will ein/e Erblasser/in selber
(!) entscheiden, wer, was erben soll, müssen sie testieren; testamentarische
im Gegensatz zur gesetzlichen Erbfolge. – Letztwillige Verfügungen
sollten sorgfältig und mit Bedacht auf ihre Wirkungen erstellt werden.
Ist doch ihre Korrektur oft nicht mehr möglich. Ältere Testamente
sollten nach einigen Jahren allenfalls revidiert werden. – Dazu
rät schon Cicero in den „Tusculanae disputationes” / Gespräche in
Tusculum (Reclam UB 5028). | |
| |
„Die Anordnung, wodurch ein Erblasser sein Vermögen,
oder einen Teil desselben einer oder mehreren Personen widerruflich
[!] auf den Todesfall [!] überlässt, heißt eine Erklärung
des letzten Willens.” | |
Damit
wird klargestellt, dass Testamente bis zum Tod des/r Eblassers/in frei –
dh ohne Rücksichtnahme auf etwa eingesetzte Personen – widerrufen werden
können → Widerrufbarkeit
von Testamenten
| Widerruflichkeit von Testamenten |
| |
§ 553 ABGB grenzt – wie das römische Recht –
das Testament vom Kodizill ab: Das ist letzter Wille mit anderen
Verfügungen und ohne Erbeinsetzung. Kodizille enthalten zB die letztwillige Bestellung
eines Vormunds oder das Aussetzen eines Vermächtnisses. – Gschnitzer
(Erbrecht) meint in Bezug auf diese Unterscheidung: | |
„Im Sprachgebrauch heisst aber letzter Wille
Testament, und für das Kodizill gelten dieselben Bestimmungen, ausgenommen
die Auslegungsregeln zweifelhaften Wertes der §§ 713, 714 [ABGB].” | |
Das ABGB erwähnt das Kodizill auch noch an anderen Stellen:
§§ 578, 695, 714-716, 721. | |
|
SZ 22/210 (1949): Der Gültigkeit
eines mündlichen Kodizills steht nicht entgegen
(gemeint ist wohl eine Konversion; vgl Binder, Konversion 144 → KAPITEL 15: Die
Umdeutung oder Konversion),
dass der Erblasser ein schriftliches Kodizill beabsichtigt hat.
Ein in schriftlicher Form als Kodizill nicht gültiges, aber sofort
bei Errichtung des letzten Willens niedergeschriebenes und von drei
Zeugen unterschriebenes Schriftstück steht einer schriftlichen Aufzeichnung
iSd §585 ABGB gleich. | |
|
|
SZ 62/131 (1989): Ist nur die Erbeinsetzung
der Ehegattin, nicht aber die Beschränkung der Kinder auf den Pflichtteil
formungültig, so ist im Erbrechtsprozess die Absicht des Erblassers
festzustellen, ob auch in diesem das negative Testament Bestand
haben sollte. (Ein negatives Testament enthält
keine positive Erbeinsetzung und wird daher iSd § 553 ABGB als Kodizill
verstanden.) | |
|
3. Gültigkeitsvoraussetzungen
– Testierfähigkeit | |
Beurteilungszeitpunkt für die Gültigkeit
einer letztwilligen Verfügung ist der Zeitpunkt ihrer Errichtung;
§§ 575, 576 ABGB. Der/die ErblasserIn muss testierfähig sein.
Diese Fähigkeit tritt vollständig mit Vollendung des 18. Lebensjahres
ein. – Unmündige können nach § 569 ABGB überhaupt
nicht testieren, mündige Minderjährige aber bereits
mündlich vor Gericht oder einem Notar; sog öffentliches Testament. | Zeitpunkt
der Errichtung |
Wird eine letztwillige Verfügung
unter Zwang oder Anwendung von List errichtet,
ist sie anfechtbar. – Zum wesentlichen Irrtum des
Erblassers: § 570 ABGB. § 571 ABGB folgt der Maxime: falsa demonstratio
non nocet. | |
| |
| |
§
577 ABGB zählt die Testamentsformen auf: | |
„Man kann außergerichtlich oder gerichtlich,
schriftlich oder mündlich; schriftlich aber mit, oder ohne Zeugen testieren.” | |
Ein Erblasser kann – will er außergerichtlich und schriftlich
testieren – entweder: | Außergerichtlich
und schriftlich |
•
den gesamten
Text eigenhändig schreiben und unterschreiben: sog eigenhändiges oder holographes
Testament (§ 578 ABGB; vgl das Beispiel → Testamentsbeispiele); | |
Ein (wenn auch selbst) maschinengeschriebener
oder „gemailter” Text reicht für ein eigenhändiges Testament daher nicht
aus, wohl aber ein stenographisch verfasster. | |
•
oder ihn von
einer anderen Person schreiben lassen und eigenhändig unterfertigen:
sog fremdhändiges oder allographes Testament;
§§ 579–581 ABGB (vgl das Beispiel → Testamentsbeispiele).
Bei dieser Testamentsform genügt aber die bloße Unterschrift des/r
Testierenden nicht. Es braucht auch die Unterschrift von drei Zeugen. | |
|
OGH 16. 5. 2001, 6 Ob 66/01a, JBl 2002, 242:
Erblasser hinterlässt formungültiges Testament (Erben unterschrieben
als Zeugen eines fremdhändigen Testaments). Nur zwei der drei gesetzlichen
Erben anerkennen das Testament. – OGH lehnt eine Sanierung ab, weil
dafür alle in Betracht kommenden gesetzlichen Erben das formungültige
Testament vor Entscheidung des Abhandlungsgerichtes vorbehaltlos anerkennen
müssen. | |
|
Ein gültiges Testament kann auch mündlich vor 3
Zeugen errichtet werden; §§ 584-586 ABGB: Mündliches Zeugentestament.
– Die Testamentspraxis zeigt, dass dabei immer wieder Fälschungsgefahr
besteht. Auf der anderen Seite gilt es die Vielfalt privatautonomer
Erklärung zu erhalten, denn auch die Sorge beruflicher Interessenvertretungen
trägt nicht nur selbstlose Züge. | Mündliches
Zeugentestament |
Vgl etwa die folgende Zeitungsmeldung: „Testament
nicht mehr mündlich. – Die Abschaffung der mündlichen Testamente
verlangt die Notariatskammer als Konsequenz aus dem Fall
Blauensteiner. Die mutmaßliche Mörderin soll versucht haben,
einen Detektiv gegen Zahlung von 300.000 S zur Bestätigung eines
mündlichen Testaments zu überreden. Für ein mündliches Testament
genügt es, dass der letzte Wille vor 3 Zeugen geäußert wird – mit
dem Problem, dass die Aussagen nach Jahren nicht mehr übereinstimmen
....” (Aus: Der Standard, 1.2.1996, S. 4) | |
Die §§
585, 586 ABGB regeln also das außergerichtliche mündliche (Zeugen)Testament
und verlangen dafür, „drei fähige Zeugen, welche zugleich gegenwärtig,
und zu bestätigen fähig sind, dass in der Person des Erblassers
kein Betrug oder Irrtum unterlaufen sei” und dieser vor ihnen ernstlich seinen
letzten Willen erklärt habe. – Erinnerungslücken der Zeugen befürchtend,
ordnet § 585 Satz 2 ABGB an: | |
„Es ist zwar nicht notwendig, aber vorsichtig,
daß die Zeugen entweder alle gemeinschaftlich, oder ein jeder für
sich zur Erleichterung des Gedächtnisses, die Erklärung des Erblassers
entweder selbst aufzeichnen, oder, so bald als möglich, aufzeichnen
lassen.” | |
|
SZ 69/161 (1996) mwH: Stimmen die
Aussagen der eidlich vernommenen Zeugen eines mündlichen Testaments in
den für die Erbeinsetzung wesentlichen Fragen nicht überein, liegt
ein Mangel der äußeren Form des Testaments vor (vgl die Marginalrubrik
vor § 577 ABGB), der zur Zurückweisung der auf eine solche Anordnung
gestützten Erklärung nach § 122 AußStrG führt. | |
|
|
SZ 71/7 (1998): Formungültiges
gerichtliches Testament
→ KAPITEL 12: Rspr-Beispiele. | |
|
|
OGH 27. 2. 2002, 3 Ob 30/02m, JBl 2002, 518:
Eine Woche vor seinem Tod erklärt der Erblasser im Beisein von vier
Freunden: „Männer, ich sage euch jetzt etwas! Wenn mit mir etwas
passiert, bekommt alles die Christina” [seine Lebensgefährtin].
Die Schwester des Erblassers begehrt die Feststellung, dass keine formgültige
letztwillige Verfügung vorliegt. – OGH: Zu den Gültigkeitserfordernissen
bei der privaten mündlichen letztwilligen Verfügungen gehört auch
das Bewusstsein der Zeugen, als Zeugen einer solchen Verfügung fungiert
zu haben, was hier angenommen wird. (Dem erbrechtlichen Willensprinzip wird
vorbildlich Rechnung getragen.) | |
|
 | Abbildung 17.3: Private Testamentsformen |
|
 | Abbildung 17.4: Öffentliche und Nottestamente |
|
Hält
ein/e Erblasser/in im Rahmen des Testierakts die gesetzlichen Formvorschriften
nicht ein, „so ist die letzte Willenserklärung ungültig”; § 601
ABGB. – Die Formstrenge des Erbrechts hat ihren
Grund darin, dass die Echtheit letztwilliger Verfügungen sichergestellt
und Fälschungen möglichst verhindert werden sollen. | Rechtsfolgen eines Formmangels |
| |
5. Testamentarische
Erbrechts- oder Vermächtnisanordnung | |
Der
Erblasser kann im Testament über den gesamten Nachlass verfügen
oder bloß über einen bestimmten Teil /Quote; vgl
§ 532 Satz 1 ABGB : | |
„Das ausschließende Recht, die ganze Verlassenschaft,
oder einen in Beziehung auf das Ganze bestimmten Teil derselben
(zB die Hälfte, ein Drittel) in Besitz zu nehmen, heißt Erbrecht.” | |
Eine diesbezügliche
testamentarische Anordnung ist Erbeinsetzung. | Erbeinsetzung |
tWill
der Erblasser aber nur über bestimmte (Einzel)Stücke verfügen, nennt
man dies – wie wir schon wissen – Vermächtnis/Legat → Erbeinsetzung
und Vermächtnis;
zB ein Schmuckstück, Auto oder die Bücher / Bibliothek, aber auch
eine Liegenschaft. – Wichtig ist, dass der Legatar / Vermächtnisnehmer
nicht die Stellung eines Erben hat. Gegenstände eines Vermächtnisses
sind nach § 653 ABGB: | Vermächtnis/Lega |
„Alles was im gemeinen Verkehre steht: Sachen,
Rechte, Arbeiten und andere Handlungen, die einen Wert haben, können
vermacht werden.” | |
Vermächtnis kommt von ver-machen, womit
Laien – wie erwähnt – oft auch ver-erben iSv Erbeinsetzung
meinen. | |
|
SZ 27/ 215 (1954): Verpflichtung
des Erben zur Sicherstellung eines vermachten (Liegenschafts)Anwartschafts-
oder Aufgriffsrechts. | |
|
Der Eigentumserwerb am einzelnen Vermächtnisgegenstand
erfolgt – je nach Sachbeschaffenheit – durch dessen Übergabe oder
Verbücherung (Modus), der Erbe dagegen erwirbt durch gerichtlichen
Einweisungsakt pauschal (Universalsukzession); Einantwortung. | |
| |
| |
Das Testament muss einen oder mehrere
Erben benennen; Erbseinsetzung: § 553 ABGB. – Erbe/in ist
jene Person, die in die vermögenswerten, vererblichen Rechte und
Pflichten des/r ErblassersIn nachfolgt; Universalsukzession /
Gesamtrechtsnachfolge. | |
Erben
können – also passiv erbfähig sind – grundsätzlich
alle natürlichen und juristischen Personen;
also auch Stiftungen und Vereine etc. – Aktiv vererben
können dagegen nur natürliche Personen, denn juristische Personen
kennen eigene Regeln wie ihr Vermögen im Falle ihres Endes („Todes”)
aufzuteilen ist. Man spricht bei juristischen Personen von Liquidation /
Abwicklung → KAPITEL 4: Fusion
/ Verschmelzung und Spaltung. | Wer kann erben und ver-erben? |
Wurde
vom Erblasser nur ein einziger Erbe ohne Beschränkung auf einen
Teil der Verlassenschaft eingesetzt, erbt dieser das Ganze; er ist Allein-
oder Universalerbe. Wurde der Erbteil des Erben dagegen
bemessen – zB mit 1/3, „so fallen die übrigen Teile den gesetzlichen
Erben zu”; § 554 ABGB: – Testamentarische und gesetzliche
Erbfolge können danach also nebeneinander zur Anwendung
gelangen! Vgl auch § 534 ABGB. – Wurden mehrere Erben ohne
Teilungsvorschrift eingesetzt, „teilen sie zu gleichen Teilen”;
§ 555 ABGB. | Testamentarische
und gesetzliche Erbfolge können nebeneinander zur Anwendung gelangen |
|
SZ 27/142 (1954): Im Zweifel, ob
mehrere in einem Testament angeführte Personen zusammen Erben sein sollen,
ist dem Erbserklärten, der das ausschließliche Erbrecht in Anspruch
nimmt, gegenüber den anderen, die gemäß § 555 ABGB mit ihm zu gleichen
Teilen teilen wollen, die Klägerrolle zuzuteilen → Widersprechende
Erbserklärungen – Erbrechtsklage
| |
|
7. Widerrufbarkeit
von Testamenten | |
Testamente können – als einseitige (aber
nicht empfangsbedürftige!) Rechtsgeschäfte/Willenserklärungen ( → KAPITEL 5: Ein-,
zwei- und mehrseitige Willenserklärungen)
– bis zum Tod des Erblassers / Testators von diesem frei, dh jederzeit
widerrufen werden; §§ 717 ff ABGB. Vgl auch den Wortlaut des § 552
ABGB: „widerruflich auf den Todesfall”. – Der Widerruf kann ausdrücklich (§§
719 ff ABGB), schlüssig oder stillschweigend (§§
721 ff ABGB) – zB Durchstreichen des Textes oder der Unterschrift
– geschehen. | Formen
des Widerrufs |
|
EvBl 1999/195 – Schlüssiger Widerruf
eines Testaments. | |
|
Ein
in einer letztwilligen Verfügung erklärter Widerrufsverzicht –
sog derogatorische Klausel – gilt nach § 716 ABGB
als nicht beigesetzt. | Widerrufsverzicht |
In der Praxis erfolgt der Widerruf oft
dadurch, dass ein neues Testament errichtet wird.
Dadurch wird das ältere Testament vollständig aufgehoben, „dafern
der Erblasser in dem letzteren nicht deutlich zu erkennen gibt,
dass das frühere ganz oder zum Teil bestehen solle”; § 713 ABGB.
– Davon abweichend ordnet § 714 ABGB für Kodizille an,
dass ein später errichtetes Kodizill frühere Vermächtnisse und Kodizille
nur dann aufhebt, wenn es mit früher errichteten in Widerspruch
steht; ansonsten bleiben die mehreren Anordnungen „nebeneinander
bestehen”. – Dies wird sinnvoller Weise analog auf Testamente angewandt. | Errichtung
eines
neuen Testamentes |
§
715 ABGB regelt den Fall, dass „man nicht entscheiden [kann], welches
Testament oder Kodizill das spätere sei”. – Es gelten dann,
„insofern sie nebeneinander bestehen können, beide, und es kommen
die im Hauptstücke von der Gemeinschaft des Eigentums aufgestellten
Vorschriften [§§ 825 ff ABGB] zur Anwendung”. | |
Trotz dieser gesetzlichen Anordnungen treten
in der Praxis immer wieder Fragen bezüglich der Konkurrenz letztwilliger
Verfügungen auf. | |
 | |
8. Auflagen, Bedingungen,
Befristungen | |
Die Erbeinsetzung
kann – was in der Praxis oft vorkommt – mit Belastungen /
Auflagen (§§ 709 ff ABGB) verbunden sein. | |
 | |
Auch Bedingungen (§§ 696 ff ABGB) oder Befristungen (§§
704 ff ABGB) in Testamenten sind möglich: | |
 | |
Die Überschrift vor § 709 ABGB lautet: „Auftrag”.
Das ABGB meint aber „Auflage”. Dazu → KAPITEL 13: Die
Auflage.
§ 709 ABGB ordnet an, dass eine „Nichterfüllung des Auftrages” als
„auflösende Bedingung anzusehen” sei. Der Nachlass wird dadurch
„verwirkt”. – Zur Bedingung → KAPITEL 13: Die
Bedingung. | |
9. Schranken der
Testierfreiheit | |
| |
| |
| Eigenhändiges
schriftliches Testament |
 | Abbildung 17.5: Eigenhändiges schriftliches Testament |
|
Das ABGB verlangt – wie wir
gehört haben – für die Gültigkeit eines eigenhändigen Testaments nur,
dass es eigenhändig geschrieben und (!) unterschrieben wird. Die Beisetzung
des Datums (Tag, Monat, Jahr, Ort) ist „nicht notwendig,
aber zur Vermeidung der Streitigkeiten rätlich”.
– Zur rechtsgeschichtlichen Entwicklung Gschnitzer, in: Franz Gschnitzer
Lesebuch 444 (1993). | Datum |
Im Gegensatz zum frCC verzichtete
das ABGB auf das Datum als Gültigkeitsvoraussetzung,
was sinnvoll ist, weil dadurch die Zahl ungültiger Testamente gesenkt
werden kann. Auch der itCC (Art 602) verlangt noch
heute das Datum als Gültigkeitsvoraussetzung („datiert und unterschrieben”), lockert
dieses Kriterium aber bereits auf; vgl dessen Art 606. | FrCC und itCC |
| |
 | Abbildung 17.6: Fremdhändiges Testament |
|
Hier
schreibt nicht der Erblasser selbst, sondern eine andere Person
den Text des Testaments. Dazu kommt die eigenhändige Unterschrift des
Erblassers und die Unterschrift von 3 Zeugen, die
auf der Testamentsurkunde selbst (!) – „entweder inwendig oder von
außen” – unterschreiben müssen. Sie müssen das 18. Lebensjahr vollendet
haben und dürfen in dem von ihnen „bezeugten” Testament nicht bedacht
werden; § 579 ABGB. | Testamentszeugen |
Die §§ 591 ff ABGB handeln von „unfähigen” iSv befangenen
Zeugen; vgl etwa § 591 ABGB: „Personen unter achtzehn Jahren,
Sinnlose, Blinde, Taube oder Stumme, dann diejenigen, welche die
Sprache des Erblassers nicht verstehen, können bei letzten Anordnungen
nicht Zeugen sein.” | |
Nach
§ 579 ABGB, letzter Satz müssen die Testamentszeugen den Inhalt
des Testaments nicht kennen; daher die im Gesetz vorgesehene
Möglichkeit, auf der Testamentsurkunde auch „außen” (aber nicht
etwa auf dem Umschlag!) zu unterschreiben. – Der Erblasser muss
aber vor drei fähigen Zeugen, von denen wenigstens zwei zugleich
anwesend sein müssen, „ausdrücklich erklären, dass der Aufsatz seinen
letzten Willen enthalte”. | |
|
EvBl 1999/123: §§ 579, 569, 577,
588 ABGB – Einheit des Testierakts bei einem fremdhändigen Testament.
Hier kann eine Zeugenunterschrift in gewissen zeitlichen Grenzen
nachgeholt werden. Eine erst Monate nach dem Tod des Erblassers
nachgeholte Zeugenunterschrift ist aber verspätet. – Der dritte Testamentszeuge
darf nach § 579 ABGB nachträglich beigezogen werden. Das gilt aber
nur für den Fall, dass die Einheit des Testierakts erhalten bleibt,
was voraussetzt, dass das Testament in der Zwischenzeit nicht verändert
worden ist. | |
|
| |
Besonderheiten
gelten für Personen mit körperlichen oder geistigen
Gebrechen, wie Blinde oder unter Sachwalterschaft stehende
Personen oder für Ausnahmesituationen, wie Katastrophen, Krieg
etc; vgl §§ 597 ff ABGB. | |
§ 597 ABGB erklärt auch „Personen, die das vierzehnte
Jahr zurückgelegt haben, [zu] gültige[n] Zeugen”; § 598 ABGB lässt
bspw „zwei Zeugen” genügen und § 599 ABGB bestimmt, dass Schifffahrts-
und Seuchentestamente „sechs Monate nach geendigter Schifffahrt
oder Seuche” ihre „Kraft” verlieren. | |
Erweiterte testamentarische Möglichkeiten bestehen auch
für Ehegatten und Brautleute,
die Testamente auch gemeinsam errichten können.
Die Praxis hat hier aber noch nicht zufriedenstellende Lösungen
gefunden. – Zu unterscheiden sind dabei das: | |
•
wechselseitige oder gemeinschaftliche
Testament und das | |
•
wechselbezügliche Testament. | |
Vgl § 583 iVm § 1248
ABGB. Die Gatten können sich dabei sowohl gegenseitig als
auch (gemeinsam) andere Personen zu Erben einsetzen.
– Die Judikatur verlangt aber – anders als der Gesetzeswortlaut
des § 583 und noch klarer § 1248 ABGB! – von jedem Ehegatten eine
eigenhändig geschriebene und (!) unterschriebene Erklärung. Berechtigte
Kritik daran schon von Gschnitzer! – Es erscheint nötig hier umzudenken
und – wenn auch spät – dieser interpretatio contra legem ein Ende
zu bereiten. | Wechselseitiges
oder gemeinschaftliches Testament |
Auch gemeinsam
errichtete Testamente können aber einseitig (!) widerrufen werden
(§ 1248 Satz 2 ABGB), was einen wichtigen Unterschied zum Erbvertrag
darstellt ( → Erbvertrag
– Vermächtnisverträge), der als Vertrag eben nicht mehr (einseitig)
widerrufbar ist. – Beim wechselseitigen Testament kann aber nach
§ 1248 Satz 2, 2. HalbS ABGB „aus der Widerrufung des einen Teiles
auf die Widerrufung des andern Teiles nicht geschlossen werden (§
583).” – Darin liegt der Unterschied zum wechselbezüglichen Testament. | |
Ehegatten oder Verlobte können ein gemeinschaftliches
Testament aber nicht nur – wie im folgenden Beispiel – in einer gemeinsamen
Urkunde errichten. Die Urkunden können auch
getrennt errichtet werden und auch ein fremdhändiges Zeugentestament
kann als gemeinschaftliches durch Ehegatten errichtet werden. | |
|
Nicht- Ehegatten können
derartige Testamente nicht errichten; SZ
55/143 (1982): Ein gemeinschaftliches Testament
von Nichtehegatten (zB Lebensgefährten!) wird auch von dem Erblasser
ungültig errichtet, der selbst das außergerichtliche schriftliche
Testament eigenhändig schrieb und unterschrieb. (?) – Auch hier täte
ein Umdenken not; § 7 ABGB böte die Möglichkeit, für die nötige
Korrektur durch Annahme einer unechten oder Wertungslücke ( → KAPITEL 11: Echte
und unechte Lücken)
zu sorgen. | |
|
Ein von Brautleuten errichtetes
gemeinsames Testament steht unter der Bedingung der späteren Eheschließung,
sonst ist es ebenfalls ungültig. | |
Beim wechselbezüglichen
Testament wird – nach hA und Rspr – mit dem Widerruf des
einen Teils auch die letztwillige Verfügung des andern Teils hinfällig.
Es steht unter der auflösenden Bedingung des gegenseitigen Bedachtwerdens.
– Das zum wechselseitigen Testament Gesagte, gilt auch hier. | Wechselbezügliches Testament |
 | Abbildung 17.7: Wechselbezügliches Testament (1) |
|
 | Abbildung 17.8: Wechselbezügliches Testament (2) |
|
II. Exkurs:
Die Patientenverfügung | |
 | |
Die Patientenverfügung
in Europa | |
1. „Patientenverfügung”,
sog „Patiententestament”, „Psychiatrisches Testament” | |
Darunter wird eine
(schriftliche) Willenserklärung verstanden, in der eine Person bestimmt,
was im Falle einer künftigen schweren oder zum Tode führenden Erkrankung
oder bei Bewusstlosigkeit und Dauerschädigung des Gehirns samt Ausfall
lebenswichtiger Körperfunktionen (medizinisch) geschehen soll. | |
Angeordnet
wird typischerweise: | Was wird angeordnet? |
• Dass auf künstliche,
lebensverlängernde medizinische Maßnahmen verzichtet werden soll;
oder | |
•
dass bestimmte psychiatrische
Behandlungsmethoden wie Elektroschock, Insulinschock oder das Verabreichen von
Neuroleptika abgelehnt werden; vgl EvBl 1999/21: Psychiatrisches
Testament. Diese E setzt sich vor allem mit der Bindungswirkung
der Patientenverfügung auseinander. Im Zeitpunkt der Errichtung
einer Patientenverfügung muss der Erklärende handlungsfähig sein. | |
• dass alle Möglichkeiten der Schmerzlinderung,
ungeachtet allfälliger lebensverkürzender Nebenwirkungen angewandt
werden sollen. | |
2. Patientenverfügungen
sind keine Testamente iSd Erbrechts | |
Und
sie sind auch keine Rechtsgeschäfte. Sie dienen
vielmehr ausschließlich einer wirksamen Ausübung des Selbstbestimmungsrechts
in einer oder für eine schwierige/n gesundheitlich-medizinischen
Situation. In solchen Anordnungen werden grundsätzlich keine Verfügungen
für die Zeit nach dem Tod getroffen. | Kein
Rechtsgeschäft – Ausübung des Selbstbestimmungsrechts |
| |
Solche
Erklärungen ergänzen uU den Behandlungsvertrag, ähnlich (!) dem
Weisungsrecht des Werkbestellers. Der Vertragspartner, der Arzt
oder eine Krankenanstalt, ist hier auf Beratung beschränkt. – Patienten/innen
wollen dafür vorsorgen, dass, falls sie später ihre Entscheidungsfähigkeit
verlieren, gegen Fremdbestimmung geschützt sind. – Solche Anordnungen
können aber nur innerhalb des von der Rechtsordnung akzeptierten
Entscheidungs- und Selbstbestimmungsrahmens getroffen werden. Eine
Anordnung, auch für den Fall einer Querschnittlähmung alle Behandlungsmaßnahmen
auszusetzten wäre daher ungültig und nicht zu befolgen. – Zu beachten ist
jedoch, dass ein solches Selbstbestimmungsrecht ein absolutes Persönlichkeitsrecht
darstellt, mit dem nicht leichtfertig umgegangen werden darf. | |
Es existiert bislang keine inhaltlich
determinierende gesetzliche Regelung und auch keinerlei Formpflicht;
also weder Schriftform noch etwa Notariatsaktspflicht. Vgl aber
immerhin die Erwähnung in § 10 Abs 1 Z 7 KAKuG iVm § 21 ABGB und
§ 2 UbG. – Eine gesetzliche Regelung erschiene im Interesse der
Rechtssicherheit aller Beteiligten aber sinnvoll. | Keine
gesetzliche Regelung |
Patientenverfügungen
können derzeit jederzeit und auf jede Weise widerrufen werden.
– Sinnvoll erschiene es im Falle einer gesetzlichen Regelung, eine
derartige Anordnung nach dem Vorbild des § 599 ABGB ebenfalls 6
Monate nach Beendigung der Ausnahmesituation außer Kraft treten
zu lassen. Ohne Zusammenhang mit einer Ausnahmesituation errichtete
Patientenverfügungen sollten aber grundsätzlich unbegrenzt gelten;
eine Verlängerungserklärung nach dem Ablauf von bspw 5 oder 7 Jahren
erschiene aber in Bezug auf die anzustrebende Rechtssicherheit diskussionswürdig. | Widerruf |
Häufig werden Vertrauenspersonen bestimmt
und mit (Voraus)Vollmacht ausgestattet. Sie sollen bei Handlungsunfähigkeit
für die betreffende Person handeln; dh die erwünschten Maßnahmen bewirken. | Vertrauensperson |
III. Substitution:
Ersatz- und Nacherbschaft | |
Das ABGB
behandelt in den §§ 604 ff unter dem Begriff der
Substitution oder Nacherbschaft iwS: | |
•
einerseits die Ersatzerbschaft (auch
gemeine oder Vulgarsubstitution genannt: §§ 604 ff ABGB und | |
•
andrerseits
die Nacherbschaft ieS (auch fideikommissarische
Substitution: §§ 608 ff ABGB. | |
Der Sinn von Ersatz- und Nacherbschaft ist darin zu erblicken,
dass diese Anordnungen des Erblassers einerseits die sonst mögliche | |
•
Anwachsung /
Akkreszenz (auch Zuwachs genannt) der Erbschaft (→ Anwachsung,
Akkreszenz, Zuwachs)
verhindern und andrerseits den | |
• Eintritt der gesetzlichen Erbfolge (→ Die
gesetzliche Erbfolge)
ebenso ausschließen, wie das außerordentliche Erbrecht der
Legatare und das Heimfallsrecht des Staates
(Kaduzität) → Erbrecht
der Vermächtnisnehmer – Kaduzität
| |
§ 652 ABGB ordnet an, dass die Substitutionsregeln
auch für Vermächtnisse gelten. | |
 | |
§
614 ABGB enthält eine Auslegungsregel für Substitutionen.
Sie folgt dem Grundgedanken der Unklarheitenregel des § 915, Fall
1 ABGB, wonach im Zweifel die geringere Last – hier zB nur eine
gemeine Substitution – anzunehmen ist. | Auslegungsregel |
1. Die Ersatzerbschaft
oder gemeine Substitution | |
 | |
Ein
„Erblasser kann für den Fall, dass der eingesetzte Erbe [Institut/us]
die Erbschaft nicht erlangt, einen; und wenn auch dieser sie nicht
erlangt, einen zweiten, und im gleichen Falle einen Dritten, oder
auch noch mehrere Nacherben [Substituten] berufen”; § 604 Satz 1
ABGB. Eine solche Anordnung heißt eine gemeine Substitution und
wird auch Vulgarsubstitution oder Ersatzerbschaft genannt. | |
Wir kennen den Begriff der Substitution (substituieren)
aus der Alltagssprache und haben ihn auch beim Auftrag ( → KAPITEL 12: Der
Auftrag)
kennen gelernt. Substitut ist eine Ersatzperson, eine Art Stellvertreter.
Substitution meint Ersatz, substituieren, etwas ersetzen. Erbrechtlich
bedeutet der Begriff – wie erwähnt – entweder Ersatz- oder Nacherbschaft. | |
Der Ersatzerbe (Substitut)
ersetzt den zunächst eingesetzten Erben (Institut/us); § 604 ABGB.
–
§ 605 ABGB nennt Gründe für eine Ersatzerbschaft: Der ernannte Erbe
kann zB nicht Erbe sein – erweist sich vielleicht als erbunwürdig
– oder will es nicht sein; schlägt bspw die Erbschaft aus. | Ersatzerbe |
Die Stellung
des Substituten entspricht (ganz) der des eingesetzten Erben; das
bedeutet bspw, dass auch dem/r Substituten/in die Erbschaft mit
dem Tod des Erblassers anfällt und dass, wie § 606 ABGB anordnet,
die „den Erben aufgelegten Lasten [zB ein Vermächtnis oder eine
Auflage]” grundsätzlich auch für den Nacherben gelten. Das gilt
aber nicht für Bedingungen; das schließt ausdrücklich § 702 ABGB
aus. | |
§
607 ABGB regelt den Sonderfall einer Ersatzerbschaft unter Miterben;
zB wechselseitige Ersatzerbschaft eingesetzter Miterben. | Miterben |
2. Die
Nacherbschaft oder fideikommissarische Substitution | |
 | |
Zum
Unterschied zur Ersatzerbschaft, bei der der zunächst eingesetzte
Erbe (Vorerbe, Institut/us) die Erbschaft gar nicht erlangt, verpflichtet
der Erblasser bei der Nacherbschaft ieS seine/n Erben (Institut/us)
dazu, „dass er die [bereits] angetretene Erbschaft [entweder] nach
seinem Tode oder in andern bestimmten Fällen [zB ab dem 50. Geburtstag]
einem zweiten ernannten Erben [Substitut] überlasse”; § 608 Satz
1 ABGB. | |
Die
§§ 611, 612 ABGB schränken die Nacherbschaft ein, weil eine zeitlich
zu lange Bindung(smöglichkeit) von Vermögenswerten durch den Erblasser
rechtlich unerwünscht ist. – Das Gesetz bestimmt, dass der Erblasser
zwar beliebig viele „Zeitgenossen” als Nacherben
ieS einsetzen kann. Zeitgenossen meint: Geboren oder doch schon
gezeugt. Für Nicht-Zeitgenossen verlangt § 612
ABGB: bei „Geldsummen, und anderen beweglichen Sachen” ist die Zahl
der Nacherben auf zwei, bei unbeweglichen Gütern sogar auf eine
Person – das Gesetz spricht von Graden – eingeschränkt. | Einschränkung
der
Nacherbschaft |
Streitig ist, ob bestehende juristische
Personen als Zeitgenossen anzusehen sind; contra: Koziol/Welser
II12 420 – pro: Eccher in Schwimann1 §§
611 f ABGB Rz 1. Gesetzestext und ratio legis legen eher eine teleologische Reduktion
dieser Bestimmungen und des § 26 ABGB nahe. | |
Die
Einsetzung eines Nacherben muss „ bestimmt” erfolgen;
und zwar muss sie vom Erblasser (selbst) vorgenommen werden, nicht
etwa vom Vorerben: vgl § 564 ABGB. Bestimmt muss vor allem auch
der Nacherbfall festgelegt werden. – Die Nacherbschaftsanordnung
des Erblassers betrifft nur das von ihm hinterlassene Vermögen (§
609 ABGB), nicht auch das Vermögen des (erbenden) Vorerben. § 609
ABGB stellt dies für die sog Pupillarsubstitution klar;
Größenschluss: arg a maiori ad minus → KAPITEL 11: Die
Größenschlüsse. | |
Nach § 609 ABGB „können auch die Eltern
ihren Kindern, selbst in dem Falle, dass diese zu testieren unfähig
sind, nur in Rücksicht des Vermögens, das sie ihnen hinterlassen,
einen Erben oder Nacherben ernennen”. | |
Von stillschweigender
Nacherbschaft wird gesprochen, wenn ein Erblasser dem Erben
verbietet, „über den [erlangten] Nachlass zu testieren”. Das Gesetz
ordnet in diesem Fall an, dass der Erbe den Nachlass „für seine
gesetzlichen Erben aufbewahren” muss; § 610 ABGB. Ein auferlegtes
Veräußerungsverbot schließt nämlich das Recht, über diese Sache
zu testieren, nicht aus; § 610 Satz 2 ABGB. | Stillschweigende
Nacherbschaft |
Für bedingte oder befristete Erbeinsetzungen ordnen
die §§ 707, 708 ABGB an, dass auf sie die Bestimmungen über die
Nacherbschaft anzuwenden sind. | |
§
613 ABGB bestimmt die Rechtsstellung des Vorerben als „eingeschränkte[s]
Eigentumsrecht, mit den Rechten und Verbindlichkeiten eines Fruchtnießers”;
Rspr und Schrifttum billigen ihm zum Teil „mehr als Fruchtgenuss”
zu, nämlich Eigentum, wenngleich auflösend bedingt oder befristet. | Rechtsstellung
bei der Nacherbschaft |
|
EFSlg 54.127: Zwischen Einantwortung
und Eintritt des Nacherbfalls gebühren dem Vorerben die
Nutzungen und Früchte uneingeschränkt; | |
|
|
Daher ist der Vorerbe
selbst gegen den Willen des Nacherben zum Abschluss langfristiger
Mietverträge berechtigt; NZ 1930, 142. | |
|
|
SZ 61/9 (1988): Dem Vorerben
eines Waldgrundstücks steht das forstmäßig geschlagene
Holz, nicht aber die Rodung des Grundstücks zur Schottergewinnung
zu. | |
|
|
Der Vorerbe darf
nämlich die Bewirtschaftungsart nicht ändern; ebendort = EFSlg 63.037. | |
|
|
SZ 21/22 (1947) oder SZ 41/151 (1968): Dingliche
Verfügungen des Vorerben über das Substitutionsgut (zB
die Eigentumsübertragung mittels eines Kaufvertrags) sind nicht
nur den Nacherben gegenüber (also relativ), sondern auch gegenüber
Dritten – also absolut – unwirksam, insoweit sie die Rechte eines
Fruchtnießers übersteigen und jene des Nacherben tangieren. | |
|
|
OGH 18. 10. 2001, 2 Ob 252/01z, EvBl 2002/67:
Vater stirbt, seine Gattin ist im Testament als Alleinerbin eingesetzt.
Dieses enthält auch folgende Anordnung: „Nach dem Tode des Überlebenden
soll dessen Nachlass unseren Kindern Mario und Manuela zukommen.”
– Der Sohn beantragt idF, seiner Mutter die Hinterlegung der Gelder
und Wertpapiere bei einer Bank zur Sicherstellung aufzutragen. –
OGH: Die Art der Sicherung von Nacherben ist in
§ 158 Abs 2 AußStrG geregelt; die §§ 1373 f ABGB (Art der Sicherstellung)
gelten, anders als bei Vermächtnissen, dafür nicht. § 158 Abs 2
AußStrG sei auch ungenau und missverständlich formuliert; er verlangt
nämlich nicht, die zu einer Erbschaft gehörenden Gelder, Wertpapiere
und Einlagebücher auf Verlangen eines Noterben bei einem Kreditinstitut
zu hinterlegen. Der Vorerbe kann vielmehr nach den §§ 613 und 510
ABGB (Rechtsstellung eines Fruchtnießers) über Geld nach Belieben
verfügen und schuldet dem Nachlass nur den Wert. | |
|
Nur Vor-
und Nacherbe gemeinsam besitzen zusammen die Rechtsstellung
eines Vollerben und (damit) eines Volleigentümers;
SZ 63/209 (1990). Sie können daher gemeinsam die Substitutionsbindung
aufheben, einschränken oder auf eine andere
Sache übertragen; ebendort. Daraus folgt auch,
dass eine Exekution in die Substanz durch Gläubiger des Vorerben
unzulässig ist; GlU 9457 (1883). Die Früchte der Vorerbschaft können
aber verpfändet werden; GlU 6743 (1875). | Substitutionsbindung |
Nach
§ 615 ABGB erlischt eine angeordnete Ersatzerbschaft,
„sobald der eingesetzte Erbe die Erbschaft angetreten hat; die [Nacherbschaft],
wenn keiner von den berufenen Nacherben mehr übrig ist; oder wenn
der Fall, für den sie errichtet worden, aufhört”. – Nach § 615 Abs
2 ABGB geht im Zweifel das Recht der Nacherbschaft ieS auch dann
auf dessen Erben über (§ 537 ABGB), wenn er den Eintritt des Substitutionsfalls
nicht erlebt. | Erlöschen |
Rspr und Schrifttum gestatten auch die
sog befreite Vorerbschaft oder fideikommissarische
Substitution auf den Überrest. Hier kann der Vorerbe über
das Substitutionsgut frei verfügen und der Nacherbe erhält nur das,
was übrig bleibt. | Befreite
Vorerbschaft |
Dafür
ist beim Tod des Erblassers von Amts wegen ein Inventar zu
errichten. Man weiß dann, woraus die (Vor)Erbschaft besteht. Das
reduziert oder verhindert späteren Streit. – Bei Liegenschaften ist
das Substitutionsband im Grundbuch (B-Blatt! → KAPITEL 2: Aufbau
des Grundbuchs)
anzumerken; JB 214 (1915). | Sicherung der Interessen des Nacherben |
Vgl
auch § 158 Abs 1 AußStrG: Amtswegige Sicherung von beweglichem Vermögen
Minderjähriger oder begünstigter Personen. Nach § 77 Z 3 AußStrG
vertritt die Interessen noch nicht geborener Nacherben ein Substitutions- oder Posteritätskurator. | |
IV. Anwachsung,
Akkreszenz, Zuwachs | |
 | |
„Mein letzter Wille! | |
Nach meinem Tod sollen meine Wohnungsnachbarin Frau Sabine
M. und meine Freunde Georg L. und Hans H. [zu gleichen Teilen] meine
Erben sein und alles erhalten, was ich besitze. – Frau Grete Müller,
die bei mir immer sehr ordentlich aufgeräumt hat, setze ich ein
Vermächtnis von 2.000 ı aus. Sie kann sich auch 15 Bücher nach eigener Wahl
aus meiner Bibliothek aussuchen.” | |
Eigenhändige Unterschrift von Hubert H., mit Datum und Ortsangabe. | |
1. Was bedeutet
ein solches Testament erbrechtlich? | |
Die Wohnungsnachbarin und die beiden Freunde werden je zu
einem Drittel als Testamentserben eingesetzt, Frau
Müller erhält Vermächtnisse / Legate: nämlich 2.000
ı und 15 Bücher. | |
Was
ist aber, wenn bspw wenige Tage nach dem Tod von Hubert H. einer
seiner erbrechtlich bedachten Freunde bei einem Autounfall ums Leben
kommt oder seine Nachbarin, um nicht ins Gerede zu kommen, die Erbschaft
ausschlägt? Was bedeutet das erbrechtlich insbesondere für den freiwerdenden
Anteil von Frau Sabine M.? – Die Lösung bringt § 560 ABGB, der die
Überschrift trägt: „Recht des Zuwachses”: | |
„Wenn alle Erben ohne Bestimmung der Teile,
oder in dem allgemeinen Ausdrucke einer gleichen Teilung zur Erbschaft
berufen werden, und es kann, oder will einer der Erben von seinem
Erbrechte keinen Gebrauch machen; so wächst der erledigte Teil den
übrigen eingesetzten Erben zu.” | |
Wir haben es mit sog Anwachsung / Akkreszenz zu tun. Georg
L. und Hans H. erhalten demnach nicht nur – wie ursprünglich vorgesehen
– je ein Drittel, sondern je die Hälfte aus der Erbschaft des Hubert
H. – Zur Anwachsung kommt es, wenn alle Erben unbestimmt
eingesetzt sind. Für unbestimmt eingesetzt gelten Erben
aber auch dann, wenn der Erblasser sagt, dass sie alle gleich oder zu
gleichen Teilen erben sollen. Hier gebührt allen Erben ein gleiches
Zuwachsrecht. Also etwa dann: | Alle Erben unbestimmt eingesetzt |
 | |
Sind dagegen alle
zu bestimmten Teilen eingesetzt, oder einige Erben
unbestimmt, andere dagegen bestimmt, enthalten
die §§ 561 und 562 ABGB die Lösung: | |
§ 561: „Sind ein oder mehrere Erben mit,
ein anderer oder mehrere ohne Bestimmung des Erbteiles eingesetzt;
so wächst der erledigte Teil nur dem einzelnen, oder den mehrern
noch übrigen, unbestimmt eingesetzten Erben zu.” | |
 | |
§ 562 ABGB enthält die Regel, dass bestimmt eingesetzten
Erben ”in keinem Falle das Zuwachsrecht”
gebührt. Daher fällt, wenn kein unbestimmt eingesetzter Erbe übrig
ist, ein erledigter Erbteil den gesetzlichen Erben zu und nicht
etwa „einem noch übrigen, für einen bestimmten Teil eingesetzten”. | |
 | |
Zur Anwachsung nach den §§ 560 ff ABGB kommt es dann, wenn
der Erblasser für den Fall des Ausfalls eines andern Erben nichts
anderes verfügt hat; also zB nicht durch Ersatz- oder Nacherbschaft
vorgesorgt hat. Aber nur bei der testamentarischen, nicht bei der
gesetzlichen Erbfolge spielt das eine Rolle. Den verbleibenden eingesetzten
Erben wächst der Anteil des „ausfallenden” Erben zu, ihr Anteil
erhöht sich also. | |
| |
Das lässt sich wie folgt zusammenfassen: | |
„Das Zuwachsrecht ist
das Recht der eingesetzten Erben, (nebst ihrem eigenen Antheile)
denjenigen Erbteil zu erhalten, welchen ein Miterbe (oder mehrere)
nicht annehmen kann (§§ 538-546), oder nicht annehmen will (§ 805); vorausgesetzt,
dass der Erblasser nicht schon eine ausdrückliche Vorsehung durch
Ernennung eines Nacherben
(§ 604) getroffen hat.” (Zeiller, Commentar § 560 ABGB Anm 1) | Zuwachsrecht |
Nach
§ 689 ABGB gelten die Anwachsungsregeln auch für Vermächtnisse. | Vermächtnisse |
Die Gründe, warum ein eingesetzter
Erbe nicht zur Erbschaft gelangt, können vielfältig sein; etwa früherer
Tod, Erbsentschlagung oder eingetretene Erbunwürdigkeit. – Der
eingesetzte Erbe kann zB vor oder nach dem Erblasser verstorben
/ weggefallen sein. | Gründe |
Gelangen die Anwachsungs-, Zuwachs- oder Akkreszentregeln
zur Anwendung, wird dadurch der Eintritt der gesetzlichen
Erbfolge ausgeschlossen. | |
C. Die
gesetzliche Erbfolge |
Bestimmt
der / die Verstorbene nicht letztwillig oder ist die Verfügung etwa
wegen eines Formmangels ungültig oder wirkungslos, ordnet das Gesetz
an, wer Erbe sein soll; sog gesetzliche Erbfolge: §§ 727 ff ABGB. | |
Das
Gesetz orientiert sich dabei grundsätzlich an der (typischen) Familienerbfolge;
dh die nächsten Angehörigen / Verwandten sollen erben; vgl § 730
Abs 1 ABGB: | |
„Gesetzliche Erben sind der Ehegatte und
diejenigen Personen, die mit dem Erblasser in nächster Linie verwandt sind.” | |
| |
Das ABGB geht bei der
Bestimmung der gesetzlichen Erbfolge nach dem Parentel- oder Liniensystem
vor. Das Parantelsystem ist griechischen Ursprungs und wurde lange
fälschlich über den Zwischenwirt, der es aus dem benachbarten oströmischen
Exarchat Ravenna übernommen hatte, den Langobarden zugewiesen. –
Die nähere Linie schliesst danach die entferntere
aus; zB schließen vorhandene Kinder, allfällige Enkel und
vorhandene Eltern, die Großeltern aus. | |
1. Die einzelnen
„Linien” | |
Die
erste Linie bilden die (ehelichen und unehelichen) Kinder des/r
Verstorbenen und deren Nachkommen; § 731 Abs 1
ABGB. | |
Stirbt ein Kind vor dem Erblasser, treten dessen Kinder
an seine Stelle; sog Repräsentation. | |
Die zweite Linie bilden die Eltern und
deren Nachkommen, das sind die Geschwister des
oder der Verstorbenen; § 731 Abs 2 ABGB. | |
Die dritte Linie stellen die Großeltern und
deren Nachkommen; § 731 Abs 3 ABGB; und | |
die vierte und letzte Linie bilden die Urgroßeltern;
§ 731 Abs 4 ABGB. | |
Innerhalb der jeweiligen Linie entscheidet wieder die Gradesnähe;
Bruder / Schwester des oder der Verstorbenen = 2. Grad etc. – Existieren
in einer Linie mehrere Kinder oder mehrere Brüder und Schwestern
– also gradgleiche Verwandte – erben sie zu gleichen Teilen; sog
Miterben. | |
 | Abbildung 17.9: Erbrechtliche Parentelordnung |
|
2. Erbrecht
der Vermächtnisnehmer – Kaduzität | |
Hinterlässt
der Verstorbene weder Erben, noch Nacherben oder gesetzliche Erben,
bestimmt § 726 ABGB die Vermächtnisnehmer zu verhältnismäßigen
Erben; sog außerordentliches Erbrecht der Legatare. | Außerordentliches
Erbrecht der Legatare |
Ist
auch kein gültiges Legat vorhanden, das für diese Erbfolge Voraussetzung
ist, fällt der Nachlass als erbloses Gut an den Staat; sog Heimfallsrecht oder
Kaduzität – § 760 ABGB. | Heimfallsrecht
des Staates |
Das
Heimfallsrecht des Staates wird nicht als „richtiges” Erbrecht angesehen,
vielmehr erblickt man darin ein besonderes Aneignungsrecht für einen
subjektlosen Nachlass; vgl auch § 128 AußStrG: Ediktalverfahren.
– Streitig ist, ob der Staat einen erblosen Nachlass ablehnen kann
oder nicht; SZ 59/150 (1986.). Ein solcher Nachlass ist jedenfalls zu
inventarisieren; § 92 Abs 2 Z 2 AußStrG. Der Staat (Bund) haftet
als Heimfallsberechtigter allfälligen Gläubigern aber nur bedingt. | |
Rechtsgeschichtlich
taucht das Heimfallsrecht des Staates zum ersten Mal in einer griechischen
Pergamenturkunde auf, die 1922 in Dura-Europos (einer ehemals makedonischen
Kolonie am linken Euphraturfer / Mesopotamien) gefunden wurde und
um 300 v.C. anzusetzen ist; hier: Heimfallsrecht an den Seleukidenkönig. | Dura-Europos |
Wer erhält die Erbschaft, wenn der testamentarisch eingesetzte
Erbe ausfällt? | |
•
Institutus = Testamentarisch
eingesetzter Erbe | Merksatz:
ITSAILK |
•
Transmissar = vererbungsähnliche
Übertragung der Berufung | |
•
Substitut | |
•
Akkreszenz | |
•
Intestaterben = gesetzliche
Erben | |
•
Legatare | |
•
Kaduzität = Heimfallsrecht
des Staates. | |
II. Das gesetzliche
Ehegatten-Erbrecht | |
Das
gesetzliche Erbrecht des Ehegatten (§ 757 ABGB) konkurriert mit
dem Verwandten-Erbrecht des Erblassers / der Erblasserin und existiert
in dieser Form erst seit kurzer Zeit. In der rechtlichen Entwicklung
spiegelt sich darin die Intensivierung der emotionalen Beziehungen
zwischen den Ehepartnern wider, was allenfalls eine verhältnismäßig
junge Entwicklung darstellt. – Ehegatten besaßen früher auch kein
Pflichtteilsrecht → Pflichtteils-
oder Noterbrecht In dieser Entwicklung offenbart sich auch
ein Zurückdrängen der Blutsverwandten der Erblasserin / des Erblassers
zugunsten des/r Ehegattin/en. | |
| |
| |
Der/die Ehegatte/in erbt gesetzlich: | |
•
Neben Kindern des
Erblassers / der Erblasserin (und deren Nachkommen) 1/3 des
Nachlasses; | |
•
neben Eltern des Erblassers
(und deren Nachkommen) oder neben Großeltern... 2/3 des
Nachlasses; Näheres § 757 ABGB. (Das ABGB kennt noch Zwischenstufen.) | |
• Fehlen gesetzliche Erben der ersten oder zweiten
Linie und Großeltern, erhält der Ehegatte den ganzen Nachlass. | |
| |
 | |
Nach
§ 758 ABGB haben überlebende Ehegatten nunmehr als gesetzliches
Vorausvermächtnis – sog „ Voraus” – auch
das Recht, in der Ehewohnung weiter zu wohnen ( → Der
sog „Voraus”)
, und die zum ehelichen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen zu
benützen, soweit sie zur Fortführung entsprechend den bisherigen
Lebensverhältnissen erforderlich sind. Dem überlebenden Ehegatten werden
dadurch seine bisherigen Lebensverhältnisse – unter Einbeziehung
der Ehewohnung (samt Hausrat + sonstiger Wohnungsausstattung) –
gesichert und es wird ihm ermöglicht, seinen Lebensstil in der gewohnten
und vertrauten Umgebung beizubehalten; uzw unabhängig davon, welche
Verwandten des Erblassers noch vorhanden sind. | |
Bei Gefahr der Überschuldung muss – wie
folgende E zeigt – das Wohnrecht des gesetzlichen Voraus durch Verbücherung
rechtzeitig gegen Gläubigerzugriff gesichert werden. Vgl auch oben
schon oben → Erbeinsetzung
und Vermächtnis: Verständnis des Wohnrechts des überlebenden
Gatten als Vindikationslegat (Eccher). Dieses Verständnis verdient
gegenüber der hA den Vorzug. | |
|
OGH 25. 4. 2001, 3 Ob 220/00z, EvBl 2001/172:
Ehegattin und Alleinerbin ihres verstorbenen Mannes kämpft um ihr
Recht, in der Ehewohnung bleiben zu können; § 758
ABGB. Die entsprechende Liegenschaft aus dem überschuldeten Nachlass
wird versteigert ohne dass das gesetzliche Vorausvermächtnis in
die Versteigerungsbedingungen aufgenommen wird. – OGH: Der gesetzliche
Voraus geht Erblasserschulden im Range nach. Demnach hat
der aus § 758 ABGB Berechtigte, wenn das Wohnrecht nicht dinglich
begründet wird, keinen Schutz gegenüber Gläubigern des Erben. Der
Ersteher einer Liegenschaft übernimmt mit dem Zuschlag nicht die
Verpflichtung des Nachlasses auf Gewährung des gesetzlichen Voraus
gegenüber dem überlebenden Ehegatten. (?) | |
|
III. Das gesetzliche
Erbrecht unehelicher Kinder | |
Die
vollständige erbrechtliche Gleichstellung unehelicher Kinder (mit
ehelichen) erfolgte erst durch das ErbRÄG 1989, das 1991 in Kraft
getreten ist. | Erbrechtliche Gleichstellung |
Uneheliche Kinder hatten seit jeher ein gesetzliches Erbrecht
in den Nachlass der Mutter und von deren Verwandten. Seit
1991 beerben sie auch den Vater und dessen Verwandte wie eheliche Kinder.
Voraussetzung für ihr Erbrecht dem Vater gegenüber ist es aber,
dass die Vaterschaft des Erblassers feststeht. | |
Vgl dazu § 763 ABGB, wo nunmehr im Rahmen der
Benennung der Noterben festgestellt wird, daß „zwischen ehelicher
und unehelicher Geburt kein Unterschied” stattfindet. – Zur Feststellung
der Vaterschaft zu einem unehelichen Kinde vgl die §§ 163 ff ABGB.
– Zur
Pflichtteilsminderung nach § 773a ABGB → Enterbung,
Erbverzicht, Pflichtteilsminderung
| |
IV. Das
bäuerliche Erbrecht als Anerbenrecht | |
 | |
Rechtsquellen:
AnerbenG 1958, TirHöfeG 1900 und Kärntner ErbhöfeG 1903. | |
des SondererbrechtsZiel des
bäuerlichen Sondererbrechts ist die Erhaltung eines leistungsfähigen
Bauernstandes und wirtschaftlicher Betriebsgrößen. Deshalb
müssen Erbteilungen vermieden werden, da andernfalls Besitzzersplitterung
unvermeidbar wäre. An die Stelle der normalen Erbfolge tritt daher
das An- (= Ein)Erbenrecht, dem schon ein altes Rechtssprichwort
Rechnung trägt: „Der Bauer hat nur ein Kind.” | Ziel |
Diese bäuerliche
Erbsitte kannten schon die alten Griechen; vgl Platon, Nomoi V 740
b. Dem bevorzugten Anerben als Übernehmer des bäuerlichen
Anwesens, stehen die weichenden Erben – zB Gatte/in
oder Geschwister – gegenüber. Sie werden abgefunden und zwar so,
dass der/die Übernehmer/in „wohl bestehen” kann, dh mit einem (wirtschaftlich)
tragbaren Wertanteil; vgl etwa EvBl 1999, 12. | Bäuerliche Erbsitte |
Das
AnerbenG 1958 gilt – mit Ausnahme von Tirol und Kärnten nunmehr
für ganz Österreich; vgl § 21 AnerbG. – Vorarlberg war lange Zeit
ein sog Realteilungsgebiet, hat aber nunmehr das Anerbenrecht übernommen. | Anwendungsbereich |
Das Gesetz gilt
nur für geschlossene Höfe, das sind landwirtschaftlich mit einem
Wohnhaus versehene Besitzungen, deren Grundbuchseinlage sich in
der Höfeabteilung des Hauptbuchs befindet → KAPITEL 2: Aufbau
des Grundbuchs.
Der Durchschnittsertrag muss zur angemessenen Erhaltung einer Familie
von mindestens fünf Köpfen ausreichen, ohne das Vierfache zu überschreiten. | TirHöfeG 1900 idgF |
 | Abbildung 17.10: Bäuerliches (Sonder)ErbR (1) |
|
 | Abbildung 17.11: Bäuerliches (Sonder)ErbR (2) |
|
 | Abbildung 17.12: Bäuerliches (Sonder)ErbR (3) |
|
 | Abbildung 17.13: Bäuerliches (Sonder)ErbR (4) |
|
|
OGH 28. 6. 2000, 6 Ob 144/00w, SZ 73/104 = JBl 2001, 61:
OGH bejaht Erbhofeigenschaft trotz hoher Schulden.
– Eine bestehende Schuldenlast ist bei der für die Erbhofeigenschaft
maßgeblichen Leistungsfähigkeit des Betriebes zu berücksichtigen.
Bestehen konkrete Chancen, Teile der land- oder forstwirtschaftlichen
Liegenschaften in absehbarer Zeit zu veräußern und damit die aushaftenden
Forderungen zu befriedigen, und kann der festgestellte Durchschnittsbedarf
zweier Personen aus dem verbleibenden land- und forstwirtschaftlichen
Betrieb gedeckt werden, ist die Erbhofeigenschaft ungeachtet der
vorhandenen Schulden zu bejahen. | |
|
D. Pflichtteils-
oder Noterbrecht |
I. Einschränkung
der Testierfähigkeit | |
Die Testierfreiheit
– als wichtige Erscheinungsform der Privatautonomie und Ausformung
der Geschäftsfähigkeit – wird durch das Pflichtteilsrecht insoweit
eingeschränkt, als bestimmte Personen vom Erblasser nicht übergangen
werden dürfen, vielmehr bedacht werden müssen; §§ 762 ff ABGB. Das
Gesetz nennt den „Erbteil, welchen diese Personen
zu fordern berechtigt sind … Pflichtteil” und die
Forderungsberechtigten „Noterben”; § 764 ABGB.
– Das Pflichtteilrecht unterlag historischen Schwankungen. Am jüngsten
ist das Pflichtteilsrecht der Ehegatten, woran sich die starke gesellschaftliche
Aufwertung gefühlsmäßiger Nahbeziehungen ausserhalb von Verwandtschaft
zeigt. | |
1. Wer ist pflichtteilsberechtigt? | |
Die Personen, die der Erblasser „in der letzten Anordnung
bedenken muss, sind ...”: | |
• „seine Kinder [=
Nachkommen / Deszendenten], [und] in Ermangelung solcher | |
• seine Eltern, | |
• und der [überlebende] Ehegatte.” | |
§ 763 ABGB bringt die berühmte gesetzliche Festlegung
der Begriffe „Kinder” und „Eltern”
verbunden mit dem Hinweis, dass „hier zwischen dem männlichen und
weiblichen Geschlechte; zwischen ehelicher und unehelicher Geburt
kein Unterschied statt” findet. | |
| |
Als Pflichtteil
gebührt: | Wer erhält wieviel? |
•
jedem Kind (=
Nachkommen) und dem Ehegatten die Hälfte dessen,
was ihm nach der gesetzlichen Erfolge zugefallen wäre; § 765 ABGB | |
•
Vorfahren (nur Eltern) ein
Drittel; § 766 ABGB. | |
Daher
die Merkregel: Um den konkreten Pflichtteil bestimmen zu können,
muss immer zuerst der gesetzliche Erbteil errechnet
werden. | Merkregel |
Die §§ 784-786 bestimmen die „Art der Ausmessung
und Berechnung des Pflichtteiles” näher. | |
3. Zum Pflichtteilsanspruch | |
Der
Pflichtteilsanspruch ist eine Forderung auf einen verhältnismäßigen
Teil des Nachlasswertes in Geld und kein Anspruch auf einen
aliquoten Teil des Nachlasses; SZ 45/36 (1972) oder EFSlg 20.127.
– Der Pflichtteilsanspruch entsteht bereits mit dem Tod des Erblassers
und nicht erst mit seiner Geltendmachung; SZ 57/11 (1984). Er ist
eine Nachlassschuld, und daher nur gegen die Erben,
nicht gegen Legatare geltend zu machen; zB SZ 11/71 (1929). Pflichtteilsansprüche
können nur im Prozess geltend gemacht werden; SZ
54/122 (1981) ua. – Adoptivkinder sind pflichtteilsberechtigt,
auch wenn die Adoption erst nach Testamentserrichtung erfolgte;
RZ 1955, 146. – Nach dem Tod von Sohn oder Tochter des Erblassers
sind nach § 779 Abs 1 ABGB deren Kinder (= Enkel des Erblassers)
pflichtteilsberechtigt; EvBl 1987/48. | |
4. Enterbung,
Erbverzicht, Pflichtteilsminderung | |
Aus schwerwiegenden, im Gesetz genannten
Gründen – §§ 767 ff ABGB: zB schwere Straftaten oder ein unsittlicher
Lebenswandel – kann ein/e ErblasserIn einer pflichtteilsberechtigten
Person auch den Pflichtteil entziehen; Enterbung. – Keinen Pflichtteilsanspruch
hat ferner, wer auf seinen Pflichtteil verzichtet hat; § 767 ABGB. | Enterbung
als
Pflichtteilsentzug |
Zu einer Pflichtteilsentziehung kann es nach
§ 782 ABGB auch dann kommen, wenn „der Erbe beweisen kann, dass ein
mit Stillschweigen übergangener Noterbe sich einer der in den §§
768-770 angeführten Enterbungsursache schuldig gemacht hat”. – Die
Übergehung gilt dann als „stillschweigende rechtliche Enterbung”. | |
§
773a ABGB (in Kraft seit 1991) kennt die Möglichkeit der Pflichtteilsminderung,
wenn das an und für sich pflichtteilsberechtigte Kind und der vererbende
Elternteil „zu keiner Zeit in einem Naheverhältnis [standen], wie
es in der Familie zwischen Eltern und Kindern gewöhnlich besteht”; Reduktionsmöglichkeit
auf die Hälfte des Pflichtteils. – Das trifft häufig nichteheliche
Kinder. | Pflichtteilsminderung |
5. Wie ist der
Pflichtteil zu hinterlassen? | |
§ 774 ABGB bestimmt, wie
der Pflichtteil zu hinterlassen ist; zB als Erbteil oder als Vermächtnis. –
Der Pflichtteil muss zwar nicht als solcher bezeichnet werden, aber
er „muss … dem Noterben ganz frei bleiben. Jede
denselben einschränkende Bedingung oder Belastung ist ungültig.” | |
Von praktischer Bedeutung bei
der Pflichtteilsberechnung ist immer wieder die Frage der Anrechnung
von Vor( aus) empfängen,
insbesondere von Schenkungen; dazu → Anrechnung
auf den Pflichtteil: §§ 787 ff ABGB Vgl
den Grundsatz des § 787 Abs 1 ABGB: | Anrechnung
von Vor(aus)empfängen |
„Alles, was die Noterben durch Legate oder
andere Verfügungen des Erblassers wirklich aus der Verlassenschaft erhalten,
wird bei Bestimmung ihres Pflichtteiles in Rechnung gebracht.” | |
II. Rechtsmittel
des Noterben | |
Bei widerrechtlicher
Enterbung oder einer Verkürzung des Pflichtteils kann
ein Noterbe „den ihm gebührenden vollen Pflichtteil oder eine Ergänzung
desselben verlangen; § 775 ABGB. – Das gilt nach § 776 ABGB bei
„einer gänzlichen [stillschweigenden] Übergehung”
eines dem Erblasser bekannten Kindes. War dem Erblasser „das Dasein”
des Kindes dagegen unbekannt, kann der/die Übergangene einen Erbteil
verlangen; näheres § 777 ABGB. – Stirbt ein Kind vor dem Erblasser
und hinterlässt Nachkommen, so „treten diese mit Stillschweigen
übergangenen Abstämmlinge in Ansehung des Erbrechts an die Stelle
des Kindes”; § 779 Abs 1 ABGB. § 779 Abs 2 ABGB erstreckt die Regel
der Pflichtteilsminderung des § 773a ABGB auf die „Nachkommen eines
vorverstorbenen Noterben”. Nach § 780 ABGB sind auch die „Abstämmlinge
eines enterbten Kindes … bloß befugt, den Pflichtteil zu
verlangen”, und dies auch, „wenn der Enterbte den Erblasser überlebt
hat”. – Auch der Ehegatte oder die Eltern können,
wenn sie „mit Stillschweigen übergangen” wurden, „nur den Pflichtteil
fordern”. | |
1. Wer muss zur
Entrichtung des Erb- oder Pflichtteils beitragen? | |
Nach
§ 783 ABGB müssen immer dann, „wenn einem Noterben der gebührende
Erb- oder Pflichtteil gar nicht oder nicht vollständig ausgemessen
worden ist, … sowohl die eingesetzten Erben als
auch die Legatare, nicht jedoch der Ehegatte mit
dem gesetzlichen Vorausvermächtnis, verhältnismäßig zur vollständigen
Entrichtung beitragen”. | |
2. Anrechnung
auf den Pflichtteil: §§ 787 ff ABGB | |
 | |
§ 787 Abs 1 ABGB stellt grundsätzlich fest, dass alles,
„was die Noterben durch Legate oder andere Verfügungen des Erblassers
wirklich aus der Verlassenschaft erhalten, … bei Bestimmung ihres Pflichtteiles
in Rechnung gebracht” wird. | |
§
788 ABGB erstreckt das auf das Heiratsgut der Tochter
oder Enkelin und die Ausstattung von Söhnen oder
Enkeln. Auch das, was der/die Erblasser/in „zur Bezahlung
der Schulden eines volljährigen Kindes verwendet hat, wird
in den Pflichtteil eingerechnet”. – Nach § 789 ABGB sind auch Vorschüsse und
das gesetzliche Vorausvermächtnis in den Pflichtteil
einzurechnen. | Heiratsgut |
| |
3. Unterhalt des
Noterben | |
§
795 ABGB statuiert schließlich, dass auch einem Noterben, „der von
seinem Pflichtteil … gesetzmäßig ausgeschlossen” wurde, „doch immer
der notwendige Unterhalt ausgemessen werden” muss. | |
E. Erbvertrag
– Vermächtnisverträge |
| |
1. Abschlussvoraussetzungen | |
Das ABGB regelt mit dem Erbvertrag ein
altes Rechtsinstitut, das historisch vielfach dynastischen Zwecken
gedient hat, heute aber kaum noch vorkommt. | |
Die
§§ 1249–1254 ABGB regeln, als Teil des 28. HptSt „Von den Ehepakten”,
den Erbvertrag. § 1249 ABGB bestimmt, dass Erbverträge nur
zwischen Ehegatten abgeschlossen werden können, wobei eine
doppelte Formvorschrift zu beachten ist: | |
•
Einerseits
wurde das schlichte Schriftformerfordernis des
ABGB vom NotZwG (§ 1 lit a) zum Notariatsakt gesteigert;
vgl auch die Entwicklung bei der Schenkung → KAPITEL 3: Form
der Schenkung?. | |
• Darüber hinaus bestimmt § 1249 Satz 2 ABGB,
dass zur „Gültigkeit eines solchen Vertrages ... notwendig [ist], dass
er ... [auch] mit allen Erfordernissen eines schriftlichen Testaments
errichtet wird”. | |
Das bedeutet, dass
nicht einmal die Form des Notariatsakts genügt, sondern entweder
ein zweiter Notar oder zwei weitere Zeugen beigezogen werden müssen;
§§ 56, 67 NO. | |
| |
2. Abschlussmöglichkeit
für Brautpersonen | |
Ein HfD von 1817 (JGS 1340/1817) gestattet es auch „Brautpersonen „,
Erbverträge zu schließen, sofern „die Abschließung der Ehe zwischen
ihnen erfolgt”. – Auf Grund dessen lässt man in Analogie zum HfDK
auch gemeinschaftliche Testamente zwischen Verlobten zu;
Kralik, Erbrecht 141 (1993). | |
3. Wirkungen des
Erbvertrags | |
Mittels Erbvertrag kann man – wie durch Testament – letztwillig
über sein Vermögen verfügen. Der Erbvertrag schafft den stärksten
Erbrechtstitel / Berufungsgrund. | |
Wie andere Verträge, können auch Erbverträge nicht
einseitig widerrufen werden; pacta sunt servanda: § 1254
ABGB. – Darin liegt der Unterschied zum Testament! | Kein
Widerruf |
§ 1253 ABGB bestimmt, dass mittels Erbvertrags
nur über 3/4 des Nachlasses verfügt werden darf; ein
„reines” Viertel (= keine wie
immer gearteten Belastungen, sei es durch Pflichtteil oder sonstige
Schulden; die Handhabung ist umstritten) muss für Testamente oder
die gesetzliche Erbfolge vorbehalten bleiben. | „Reines”
Viertel |
Das gilt nach § 1253 ABGB auch dann, wenn
der Erblasser über dieses Viertel nicht verfügt hat oder dem Vertragserben
die ganze Verlassenschaft versprochen wurde. | |
Mittels
Erbvertrag können sich nach hM und Rspr nur die Vertragspartner–
also Ehe- oder Brautleute – gegenseitig zu Erben einsetzen; nicht
dagegen Dritte. – Es gibt demnach keinen Erbvertrag zugunsten
Dritter. | Keine Einsetzung „Dritter” |
Das Recht aus
dem Erbvertrag ist zweifach bedingt: | Recht: Zweifach bedingt |
• einerseits durch
den Tod des Versprechenden und | |
• andrerseits durch das Überleben des
anderen Vertragsteils. | |
§ 1252 Satz 1 ABGB stellt klar,
dass ein abgeschlossener Erbvertrag die Vertragspartner nicht daran
hindert, mit dem eigenen Vermögen zu Lebzeiten „nach
Belieben zu schalten”; Parallele zum Testament. – Das freie
Verfügungsrecht des Erblassers zu seinen Lebzeiten wird
demnach durch den Erbvertrag nicht eingeschränkt. Nach § 1252 ABGB
richtet sich der Anspruch des Vertragserben ausschließlich auf den
Nachlass. | Freie
Verfügung zu Lebzeiten |
| |
Erbverträge
können nicht nur – vgl schon das zur Erbeinsetzung Gesagte – über
einzelne Nachlassgegenstände geschlossen werden. Die hM bejaht auch
in Analogie zum Erbvertrag zwischen Ehegatten und Brautleuten die
Zulässigkeit von Vermächtnisverträgen, wodurch dem überlebenden Ehegatten
die Stellung eines Vermächtnisnehmers eingeräumt wird. Diese Stellung
kann einseitig – also nur einem Gatten – oder gegenseitig eingeräumt
werden. | |
|
Das Erben hat nicht nur „angenehme” Seiten, es birgt auch
Gefahren: Erben haften nämlich auch für Schulden; und zwar: | |
•
für solche des Erblassers
(Erblasserschulden) und | |
•
solche,
die erst mit dem Erbgang entstehen; Erbgangs- oder Erbfallsschulden. | |
Beide zusammen machen die Nachlassverbindlichkeiten aus. | |
| |
Nach § 548 ABGB übernimmt
„Verbindlichkeiten, die der Erblasser aus seinem Vermögen
zu leisten gehabt hätte, ... sein Erbe.” | |
|
SZ 49/136 (1976): Hat der Erblasser
ein Auto gekauft, aber noch nicht geliefert bekommen
und daher auch nocht nicht bezahlt, geht diese offene Kaufpreisschuld auf
den/die Erben über. – OGH: Es reicht hin, wenn eine Schuld auch
nur dem Rechtsgrund nach zu Lebzeiten des Erblassers entstanden
ist, der Modus zum Zeitpunkt des Erbfalls also noch fehlt. | |
|
|
OGH 25. 4. 2001, 3 Ob 220/00z, EvBl 2001/172:
Ehegattin und Alleinerbin ihres verstorbenen Mannes kämpft um ihr
Recht, in der Ehewohnung bleiben zu können (§ 758
ABGB). Die entsprechende Liegenschaft aus dem überschuldeten Nachlass
wird versteigert ohne dass das gesetzliche Vorausvermächtnis in
die Versteigerungsbedingungen aufgenommen wird. – OGH: Der
gesetzliche Voraus geht Erblasserschulden im Range nach.
Demnach hat der aus § 758 ABGB Berechtigte, wenn das Wohnrecht nicht dinglich
begründet wird, keinen Schutz gegenüber Gläubigern des Erben. Der
Ersteher einer Liegenschaft übernimmt mit dem Zuschlag nicht die
Verpflichtung des Nachlasses auf Gewährung des gesetzlichen Voraus
gegenüber dem überlebenden Ehegatten. (?) | |
|
Vgl auch § 1337 ABGB, wonach entstandene Schadenersatzverbindlichkeiten des
Erblassers auf die Erben übergehen. Heute gilt das auch für Schmerzengeld → KAPITEL 9: Schmerzen(s)geld. | §
1337 ABGB |
Erblasserschulden treffen
zunächst den Nachlass und nach Einantwortung der
Erbschaft (Erbserklärung) den/die Erben; § 547
ABGB. – Das gilt auch für die Erbschaftssteuer, die nach § 12 Abs 1
Erbschafts- und SchenkungssteuerG grundsätzlich mit dem Tode des
Erblassers entsteht; es bestehen aber zahlreiche Ausnahmen. – Keine
Erblasserschulden sind höchstpersönliche Schulden des
Erblassers; sie erlöschen mit seinem Tod. So etwa ein Veräußerungs-
und Belastungsverbot (§ 364c Satz 1 ABGB) oder eine persönliche
Leibrentenverpflichtung des Erblassers. Auch das Vorkaufsrecht ( → KAPITEL 2: Das Vorkaufsrecht)
ist nach § 1073 iVm § 1074 ABGB ein „persönliches Recht”. | Erblasserschulden
treffen zunächst den Nachlass |
II. Erbgangs- oder
Erbfallsschulden | |
Sie entstehen erst mit dem Erbgang
und treffen bis zur Einantwortung den Nachlass, dann wiederum den/die
Erben. – § 549 ABGB nennt die Kosten für ein „angemessenes Begräbnis”
des Verstorbenen und dazu werden im Zusammenhang damit noch weitere
Todfallskosten gezählt: etwa Grabkosten, Todesanzeigen etc. – Praktisch
wichtig sind auch die Pflichtteils- und Unterhaltsschulden, Vermächtnisse
und Abhandlungskosten. | Entstehen
erst mit dem Erbgang |
|
GH 13. 9. 1999, 4 Ob 204/99s, EvBl 2000/40:
Nach dem Tod ihres Kindes streiten sich die Eltern darüber, wer
die Begräbniskosten zu tragen hat. Zu Lebzeiten
des Kindes erbrachte der Vater den Unterhalt (§ 140 ABGB) in Form
von Geld, die Mutter durch Betreuungsleistungen. – OGH: Begräbniskosten
sind nicht Unterhalt iSd § 140 ABGB; gem § 549 ABGB sind die Kosten
primär Nachlassverbindlichkeiten. – Reicht der
Nachlass nicht aus, ergibt sich die Pflicht der ehemals Unterhaltspflichtigen
zur anteiligen Zahlung aus dem nahen Verwandtschaftsverhältnis.
Die Begräbniskosten ihres Kindes haben grundsätzlich beide Eltern
je zur Hälfte zu zahlen. | |
|
III. Wer haftet vor,
wer nach der Einantwortung? | |
Vor Einantwortung haftet (bloß) der Nachlass
→ Erbrecht
im objektiven und im subjektiven Sinn Nachlass
und Erbenvermögen sind bis zur Einantwortung rechtlich getrennt.
– Mit Einantwortung wird der Erbe aber Universalsukzessor (Gesamtrechtsnachfolger)
des Erblassers und übernimmt damit (neben Rechten) auch dessen Schulden.
– Die beiden getrennten Vermögensmassen verschmelzen nunmehr zu
einer. | |
Wie kann sich
ein Erbe gegen finanzielle Nachteile schützen, die dadurch entstehen
können, dass der Nachlass überschuldet ist? Vgl
auch → Erbserklärungen – Die bedingte und unbedingte Erbserklärung gelten
als reine Verfahrenserklärungen, auf die nicht die Regeln der §§
869 ff ABGB Anwendung finden. Sie könne daher grundsätzlich (nachträglich)
nicht widerrufen oder angefochten werden. | Nachlass überschuldet |
1. Bedingte Erbserklärung | |
Das Gesetz gewährt für solche Fälle die
bedingte Erbserklärung: Das ist Erbschaftsantritt mit der Rechtswohltat
des Inventars, also cum beneficio inventarii. Sie bewirkt eine Haftungsbeschränkung des
Erben auf das übernommene Nachlassvermögen, das zu seiner Feststellung
inventarisiert wird; sog pro viribus hereditatis-Haftung (= Betragsbeschränkung). | Rechtswohltat
des Inventars |
Die Inventarerrichtung kann
mit einer sog Gläubigerkonvokation / Gläubigereinberufung
einhergehen (§§ 813 ff ABGB und §§ 133 ff AußStrG), die unbedingt
zu empfehlen ist, da Erben ohne erfolgte Konvokation nach § 815
ABGB, sonst gegenüber sich allenfalls erst später meldenden Gläubigern
haften. | Gläubigerkonvokation |
2. Die
unbedingte Erbserklärung | |
Sie
bedeutet unbeschränkte Erbenhaftung und sollte
nur abgegeben werden, wenn feststeht, dass der Nachlass
nicht überschuldet ist. – Im Familienkreis weiß man das
meist, sonst ist jedoch Vorsicht geboten. | Unbeschränkte Erbenhaftung |
Mit Einantwortung findet (auch hier) die Trennung zwischen
dem Nachlass- und dem Erbenvermögen ein Ende. Gläubiger des Erben
können nunmehr auf das Gesamtvermögen des Erben greifen, zu dem
nun auch die Erbschaft gehört. | |
Ist
der Erbe überschuldet, können die Nachlassgläubiger
aber die Absonderung der Verlassenschaft / Nachlassseparation /
separatio bonorum verlangen; § 812 ABGB. – Denn die Rechte der Nachlassgläubiger
könnten durch die Vermögensvereinigung von Nachlass und Erbenvermögen beeinträchtigt
werden. Verlangt wird dafür eine Gefahrbescheinigung. | Nachlassseparation |
Nur die Nachlassgläubiger verfügen
über ein eigenes Schutzmittel, nicht die Erbengläubiger,
die sich nicht dagegen wehren können, dass ein Erbe bspw einen überschuldeten
Nachlass unbedingt antritt. – Grenzen gegen ein solches Vorgehen
bieten allenfalls Rechtsmissbrauch und Schikane: §§ 1295, 1305 ABGB → KAPITEL 11: Rechtsmissbrauch
und Schikane. | |
|
OGH 12. 4. 2000, 4 Ob 80/00v, SZ 73/69 = EvBl 2000/175:
Erblasser hinterlässt 2 Söhne; der Nachlass ist überschuldet.
Im Verlassenschaftsverfahren gibt ein Bruder im eigenen Namen und
als Bevollmächtigter des andern Bruders eine unbedingte
Erbserklärung ab. Der vertretene Bruder will die Erbserklärung
idF wegen Irrtums anfechten, da der Gerichtskommissär
über die Folgen der unbedingten Erbserklärung nicht aufgeklärt habe.
– OGH vertritt weiterhin die Meinung, dass auf die Erbserklärung, als
Verfahrenserklärung, die für den rechtsgeschäftlichen Verkehr bestimmten
Vorschriften der §§ 869 ff ABGB nicht anzuwenden sind. Erbserklärungen
können daher auch nicht wegen Irrtums angefochten werden. – OGH
betrachtet die Erklärung als reine Prozesshandlung und nicht etwa
als quaestio mixta. | |
|
IV. Miterben – Miteigentumsgemeinschaft | |
Erben
mehrere Personen – kraft Gesetzes oder Erblasserwillens – entsteht
mit Einantwortung eine Miteigentumsgemeinschaft. Die Miterbengemeinschaft
ist Bruchteilsgemeinschaft; zum schlichten Mit-
oder Bruchteilseigentum → KAPITEL 8: Schlichtes
oder ideelles Miteigentum.
– Wie beim schlichten Miteigentum kann auch jeder Miterbe über seinen ideellen
Anteil frei verfügen, nicht aber über das Ganze oder reale
Teile. Auch hier ist nicht die Sache, sondern nur das Recht geteilt. | Bruchteilsgemeinschaft |
| |
Wie beim schlichten Miteigentum
entscheidet die Anteilsmehrheit über Fragen der
ordentlichen Verwaltung. – Die Rechtsgemeinschaft beginnt mit der
Einantwortung. Die Miterben werden schlichte Miteigentümer der körperlichen
(beweglichen und unbeweglichen) Sachen und Mitgläubiger allfälliger
Nachlassforderungen; §§ 889, 890 ABGB. | Rechtsgemeinschaft beginnt
mit der Einantwortung |
Zu erinnern ist daran, dass der Erbgang
der häufigste Fall der Entstehung von schlichtem Miteigentum ist. | |
2. Haftung für
Nachlassschulden | |
Für Nachlassschulden gilt für Miterben folgendes: | |
•
Bei unbedingter
Erbserklärung haften Miterben im Außenverhältnis unbeschränkt
und solidarisch; § 820 Satz 1 ABGB. Im Innenverhältnis dagegen „nach
Verhältnis ihrer Erbteile”; § 820 Satz 2 ABGB. | |
•
Bei bedingter Erbserklärung (samt
Rechtswohltat des Inventariums) haften Miterben – wenn die Schuld
teilbar ist – beschränkt (pro viribus hereditatis) und anteilig;
§ 821 Satz 2 ABGB. Bei Unteilbarkeit der Schuld haften Miterben
zwar betragsbeschränkt bis zur Höhe des Nachlasswertes, aber solidarisch. | |
•
Kombination beider Möglichkeiten:
Haben einzelne Miterben eine unbedingte, andere eine bedingte Erbserklärung
abgegeben, kommt allen Miterben die Rechtswohltat
des Inventars, also eine beschränkte und anteilige Haftung zugute;
§ 807 Satz 1 ABGB. | |
3. Aufhebung der
Erbengemeinschaft | |
Die Erbengemeinschaft
kann durch Erbteilung aufgehoben werden. Dies geschieht
durch ein gerichtliches oder außergerichtliches Erbteilungsübereinkommen,
das Einstimmigkeit braucht. – Bei Nichteinigung ist mittels Erbteilungsklage vorzugehen;
§ 170 AußStrG. | Erbteilung |
|
 | |
I. Erbschaftskauf
als Glücksvertrag | |
Das
ABGB regelt den Erbschaftskauf, das ist der Kauf einer (vom
Verkäufer bereits angetretenen, oder ihm wenigstens angefallenen)
Erbschaft, im 29. Hauptstück: „Von den Glücksverträgen”;
§§ 1278-1283 ABGB → KAPITEL 12: Glücksverträge ¿ Gewagte Geschäfte.
Dies deshalb, weil der Käufer einer Erbschaft „nicht allein in die
Rechte [des Verkäufers = Erben eintritt]; sondern auch in die Verbindlichkeiten
des Verkäufers als Erbe, insoweit diese nicht bloß persönlich sind.
Wenn also bei dem Kaufe kein Inventarium zugrunde gelegt wird, ist
auch der Erbschaftskauf ein gewagtes Geschäft”; § 1278 ABGB. – Es
empfiehlt sich daher stets ein Inventarium zu errichten. | |
| |
Die III. TN statuierte eine – ursprünglich
im ABGB nicht bestehende – Formpflicht: Notariatsakt oder Beurkundung
durch gerichtliches Protokol l; § 1278 Abs 2 ABGB. – Formbedürftig
ist nach hA aber nicht nur der Erbschaftskauf, sondern auch die
Erbschaftsschenkung; NZ 1999, 124 (126). | |
2. Haftung für
Erbschaftsschulden | |
Erbschaftsgläubiger und Vermächtnisnehmer können
sich nach § 1282 ABGB wegen „ihrer Befriedigung ... sowohl an den Käufer der
Erbschaft, als an den Erben selbst halten. Ihre
Rechte, sowie jene der Erbschaftsschuldner werden durch den Verkauf
der Erbschaft nicht geändert ...” | |
3. Haftung des
Verkäufers gegenüber dem Käufer | |
Wurde dem Verkauf ein Inventar zugrunde
gelegt, haftet der Verkäufer danach; wurde der Kauf ohne ein solches geschlossen,
haftet der Verkäufer dem Käufer für die „Richtigkeit seines Erbrechtes”
und „für allen dem Käufer durch sein Verschulden zugefügten Schaden”;
§ 1283 ABGB. | |
| |
Interessante Nachlässe finden
immer wieder ihre Käufer. Diese hoffen auf für sie wertvolle Bestandteile
der Erbschaft, seien es Möbel, Bücher, alte Urkunden, Korrespondenzen,
Bilder oder sonstige Wertgegenstände. – Als Sonderfall des
Kaufs in Pausch und Bogen (§§ 930, 1049, 1276 ABGB) wird
die Gesamtsache Erbschaft so gekauft „wie sie [steht]
und [liegt], ohne Zahl, Maß und Gewicht”; § 930 ABGB. Es handelt
sich um einen Hoffnungskauf
→ KAPITEL 2: Hoffnungskauf; vgl
die Marginalrubrik vor § 1275 ABGB. – Zu achten ist bei solchen
Käufen auf die grundsätzlich bestehende Haftung gegenüber Erbschaftsgläubigern → Der
Erbschaftskauf. | Sonderfall
des Kaufs in Pausch und Bogen |
 | |
H. Einweisung
in die Erbschaft – Das Verlassenschaftsverfahren |
Anders
als etwa nach schweizerischem (Art 560 ZGB) oder deutschem
Recht (§ 1922 BGB) erlangt ein Erbe nach ABGB den
Nachlass nicht automatisch mit dem Tod des Erblassers, sondern erst
durch richterliche Einweisung (Einantwortung) im Rahmen eines ausgeformten
Verlassenschaftsverfahrens. – Darauf wird in der Folge überblicksmäßig
eingegangen. | |
Rechtshistorisch sei angemerkt, dass die österreichische
Lösung dem antiken griechischen Recht entspricht,
die deutsche und schweizerische dagegen eher dem römischen. | |
 | Abbildung 17.14: Erbrecht folgt Lehre von Titel und Modus |
|
I. Ziele des Verlassenschaftsverfahrens | |
Wir haben gehört, dass das ABGB das Erbrecht
– unzutreffenderweise – noch zu den dinglichen Rechten zählt; §
308 ABGB. Deshalb wendet es auf das Erbrecht auch die für den Erwerb
dinglicher Rechte charakteristische Lehre von Titel und Modus an:
§§ 380, 425 ABGB → KAPITEL 2: Die
Lehre von Titel und Modus. Der jeweilige erbrechtliche Berufungsgrund
(Gesetz, Testament oder Erbvertrag) ist danach der Titel (§
799 ABGB); als Modus fungiert die gerichtliche
Einantwortung, womit die Übergabe in den rechtlichen Besitz erfolgt
(§ 797 ABGB). | Titel
und Modus |
Als Ziel des Verlassenschaftsverfahrens sind zu nennen: | |
• Das
Verhindern
von Streit und verbotener Eigenmacht;
vgl die Ziele des Besitzschutzes! | |
• Das Gericht sorgt auch für die nötige Richtigstellung
des Grundbuchs und den Schutz Pflegebefohlener; | |
• schließlich soll dadurch auch sichergestellt
werden, dass die anfallenden Gebühren, Abgaben und Steuern entrichtet
werden. | |
1. Verlassenschaftsverfahren
– Zeitlicher Ablauf | |
| Todfallsanzeige
und Todfallsaufnahme |
2. Gliederung des
Verlassenschaftsverfahrens | |
Das Verlassenschafts-, Nachlass- oder Abhandlungsverfahren
wird in ein: | |
•
Vorverfahren,
in dessen Mittelpunkt die sog Todfallsaufnahme steht, und | |
•
die Verlassenschaftsabhandlung,
als Hauptverfahren unterteilt. | |
Ziel des
Vorverfahrens ist es, jene Fälle zu bestimmen, bei denen es zu einer
Verlassenschaftsabhandlung kommen soll, und alle anderen auszusondern;
insbesondere: | Ziel des Vorverfahrens |
•
die sog Abtuung
armutshalber
→ Von
der Todfallsaufnahme (§§ 34–60 AußStrG) und weiteren Regelungen
des Verlassenschaftsverfahrens:
§ 72 AußStrG. | |
•
Einen unbedeutenden
und zugleich überschuldeten Nachlass kann das Gericht, wenn keine
unbedingte Erbserklärung abgegeben wurde, den Nachlassgläubigern
an Zahlungsstatt überlassen; sog iure crediti-Einantwortung
→ Von
der Todfallsaufnahme (§§ 34–60 AußStrG) und weiteren Regelungen
des Verlassenschaftsverfahrens:
§ 73 AußStrG. | |
| |
Mit der vom Gericht zu veranlassenden Todfallsaufnahme (dazu
gleich unten), wird regelmäßig ein Notar beauftragt,
der als Gerichtskommissär tätig wird. | Notar als
Gerichtskommissär |
| |
§ 797 ABGB steht
unter der Überschrift: „Von der Besitznehmung der Erbschaft”. Das
Gesetz ordnet an: | |
„Niemand darf eine Erbschaft eigenmächtig in
Besitz nehmen. Das Erbrecht muss vor Gericht verhandelt und von demselben
die Einantwortung des Nachlasses, das ist, die Übergabe in den rechtlichen
Besitz, bewirkt werden.” | |
§ 798 ABGB verweist
materiell in Bezug auf die weitere Vorgangsweise auf das Abhandlungs- oder Verlassenschaftspatent
= AußStrG (§§ 20–180), RGBl 1854/208. – Die Durchführung des Verfahrens
wird – wie erwähnt – in den meisten Fällen von Notaren vorgenommen.
Die von ihnen vorzunehmenden Amtshandlungen sind in § 1 Abs 1 GerichtskommissärG
(GKG), BGBl 343/1970 festgelegt. Davon ausgenommen und den Gerichten
vorbehalten sind die richterlichen Entscheidungen: zB Einantwortung,
förmliche Vernehmung und Ansuchen um Gewährung von Rechtshilfe außerhalb
des österreichischen Bundesgebiets; § 1 Abs 2 GKG. | AußStrG: §§ 20–180 |
Das
AußStrG wird deshalb mit den Synonyma Abhandlungs-
oder Verlassenschaftspatent bezeichnet, weil der Grossteil
seiner Regelung diesen Bereich betrifft. – Zu den wichtigsten Änderungen
des AußStrG → KAPITEL 19: Das außerstreitige
Verfahren. | Reform des AußStrG |
| |
Aufgrund der Todfallanzeige ist
von Amts wegen die Todfallsaufnahme anzuordnen; → Verlassenschaftsverfahren
– Zeitlicher Ablauf Damit
beginnt das Vorverfahren: Darin sind alle Umstände, die für die
Verlassenschaftsabhandlung oder für pflegschaftsbehördliche Maßnahmen
von Bedeutung sind, umgehend zu erheben (§§ 38 ff AußStrG), und
zwar auch dann, wenn der Verstorbene mittellos war; § 51 Abs 1 AußStrG.
– Alle schriftlichen Testamente und Kodizille müssen kundgemacht
werden, ob sie aufgehoben worden oder ungültig sind, ist unbeachtlich;
§ 61 Abs 1 AußStrG. Die Kundmachung erfolgt in Anwesenheit zweier
Zeugen und wird in einem Formblatt protokolliert. | |
| |
Das Gericht oder der Gerichtskommissär
hat die (voraussichtlichen) Erben vom Erbanfall zu verständigen
und sie aufzufordern, die Erbserklärung abzugeben;
§ 75 AußStrG. | |
In
den von § 77 AußStrG bestimmten Fällen ist von Amts wegen ein Erbenkurator zu
bestimmen: zB für Erben, deren Aufenthaltsort unbekannt ist, oder
wenn die eigenen Interessen des gesetzlichen Vertreters von minderjährigen oder
pflegebefohlenen Erben im Widerspruch mit denen der Vertreter stehen. | Erbenkurator |
Der Erbe, der die Erbschaft in Besitz nehmen
will, muss seinen Erbrechtstitel ausweisen und
ausdrücklich erklären, dass dies unbedingt, oder bedingt mit
Vorbehalt der Rechtswohltat des Inventars geschehen soll; §§ 799
f ABGB. | Erbrechtstitel
ausweisen |
Zur
Erbserklärung rechnet man nicht nur die Annahmeerklärung – positive
Erbserklärung, sondern auch die Erbsentschlagung – negative
Erbserklärung, Erbsausschlagung, Erbverzicht. | Erbserklärung |
Unter Ausschlagung wird
die gegenüber dem Abhandlungsgericht abgegebene Erklärung verstanden,
eine Erbschaft nicht anzunehmen. Sie bewirkt, dass die Erbschaft
dem Ausschlagenden als nicht angefallen gilt, sodass anzunehmen
ist, das Recht sei schon mit dem Tod des Erblassers dem Nachberufenen
angefallen; SZ 67/115 (1994) und NZ 1999, 124 (126). | Ausschlagung |
Nach
hA ist eine Erbsentschlagung ab Kenntnisnahme des Gerichts
unwiderruflich, einseitig also nicht mehr zurücknehmbar;
SZ 54/98 (1981) oder SZ 67/12 (1994). Eine negative Erbserklärung
kann jedoch im Rechtsweg etwa wegen Willensmängeln oder fehlender
Geschäftsfähigkeit angefochten werden; SZ 44/72 (1971). – Wegen
der konstitutiven Wirkungen von Prozesserklärungen sind auch Erbserklärungen
generell bedingungsfeindlich
→ KAPITEL 13: Bedingungs-
und befristungsfeindliche Rechtsgeschäfte.
Eine allfällige Abgabe unter einer Bedingung kann daher im Rechtsweg
überprüft werden; NZ 1999, 124 (126). | |
Im Falle der unbedingten Erbserklärung haftet
der Erbe persönlich mit seinem ganzen Vermögen allen Gläubigern
des Nachlasses für ihre Forderungen und allen Legataren für ihre
Vermächtnisse, auch wenn der Nachlass überschuldet ist; § 801 ABGB → Die
Erbenhaftung
| Unbedingten
Erbserklärung |
Will der Erbe die Erbschaft mit dem Vorbehalt
der Rechtswohltat des Inventars antreten – sog bedingte Erbserklärung,
ist vom Gericht ein Inventar aufzunehmen. | Bedingte
Erbserklärung |
Damit haftet er den Gläubigern und Legataren
lediglich in der Höhe der Nachlassaktiven; § 802 ABGB. Der Vorbehaltserbe
kann seine bedingte Erbserklärung mit einem Antrag auf Einberufung
der Gläubiger verbinden; Gläubigerruf, Gläubigerkonvokation (§
813 ABGB). Das Gericht fordert daraufhin die Gläubiger auf, ihre
Ansprüche binnen angemessener Frist anzumelden. Wird ein solcher
Antrag nicht gestellt, haftet der Erbe unbekannten Gläubigern auch
im nachhinein, wie wenn sie ihm von Anfang an bekannt gewesen wären;
§ 815 ABGB → Die
Erbenhaftung
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RdW 1985, 244: Amtshaftung bei
Nichtaufklärung über zu erwartende Steuerschulden der Verlassenschaft
durch den Gerichtskommissär; OGH 14.11.1984, 1 Ob 33/84. | |
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Hat
das Gericht die rechtmäßigen Erben festgestellt,
und haben diese die erforderlichen Erfüllungsnachweise erbracht,
wird ihnen die Erbschaft eingeantwortet und die Abhandlung für beendet
erklärt; §§ 819 Satz 1 ABGB und 174 AußStrG. | |
Zu
den Erfüllungsnachweisen gehören der Testamentserfüllungsausweis
(zB Nachweis der Eintragung einer Nacherbschaft im Grundbuch, Erfüllung
von Vermächtnisforderungen, Erfüllung von Testamentsauflagen), der Pflichtteilsausweis,
und der Endausweis, wenn der Erblasser nur einen einzigen Erben
hinterlassen hat. | Erfüllungsnachweise |
Dieser
bewirkt, dass der Nachlass in den rechtlichen Besitz des
Erben übergeht. – Das Vermögen des Erblassers verschmilzt
mit dem des Erben zu einer Einheit; Gesamtrechtsnachfolge /
Universalsukzession. | Einantwortung durch Gerichtsbeschluss |
Die Übergabe (§ 427 ABGB) erfolgt mit Zustellung
der Einantwortungsurkunde. – Mit dem Beschluss über die Einantwortung
ergeht ein Endbeschluss, mit dem über alle noch nicht erledigten
Verfahrenspunkte abgesprochen wird. | |
4. Widersprechende
Erbserklärungen – Erbrechtsklage | |
| Allfälliges
Zwischenverfahren |
Dieser
Erbansprecher oder Prätendent hat die Möglichkeit, im streitigen
Verfahren mit der Erbrechtsklage (§§ 125 ff AußStrG),
einer negativen Feststellungsklage ( → KAPITEL 19: Das
Verfahren erster Instanz), gegen
die anderen vorzugehen. – Die Erbrechtsklage kann nur bis zum Schluss
des Verlassenschaftsverfahrens erhoben werden und klärt die Rechtslage
bei widersprechenden Erbserklärungen noch vor Einantwortung. | Erbrechtsklage |
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EvBl 1999/195: Schwächerer
Erbrechtstitel (§ 126 AußStrG) – Auf den Rechtsweg ist
jener Prätendent zu verweisen, der den schwächeren Titel hat. Das
ist idR der gesetzliche Erbe gegenüber dem Testamentserben. Wer
sich aber auf ein in Verlust geratenes Testament stützt, ist gegenüber
dem gesetzlichen Erben schwächer tituliert. | |
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SZ 27/132 (1954): Annahme der Erbserklärung
ist keine Voraussetzung der Zulässigkeit der Erbrechtsklage.
Ein erbserklärter Erbe kann bei widersprechenden Erbserklärungen
vor Erlassung der Einantwortungsurkunde weder namens der Verlassenschaft
noch im eigenen Namen für den Erblasser Prozess führen. | |
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Ist
ein Einantwortungsbeschluss aber schon ergangen, kommt nur mehr
die Erbschaftsklage
(§ 823 ABGB) in Betracht. – Sie ist eine Leistungsklage ( → KAPITEL 19: Das
Verfahren erster Instanz),
mit der unter Behauptung eines besseren oder doch gleichen (Erb)Rechts
vom eingeantworteten Erben die Herausgabe der ganzen Erbschaft oder
des der Berechtigung entsprechenden Teiles begehrt wird. | Klagebegehren |
Obsiegt
der Kläger, erlangt er mit Rechtskraft des stattgebenden
Urteils rückwirkend (auf den Zeitpunkt des Erbschaftserwerbs durch
den Erbschaftsbesitzer) die Stellung eines Gesamtrechtsnachfolgers des
Erblassers. – Auf allfällige Rückstellungsansprüche sind nach §
824 ABGB die Regeln über den redlichen und unredlichen Besitz anzuwenden → KAPITEL 3: Redlicher
Besitz. | |
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III. Von
der Todfallsaufnahme (§§ 34–60 AußStrG) und weiteren Regelungen
des Verlassenschaftsverfahrens | |
•
§
36 AußStrG: Sobald das Bezirksgericht von einem Todesfall Nachricht
erhält, hat es die Todfallsaufnahme zu veranlassen. | |
•
§
38 AußStrG: Der Gerichtsabgeordnete, dem die Todfallsaufnahme übertragen
ist, hat die Umstände, die für die Verlassenschaftsabhandlung oder
für pflegschaftsbehördliche Maßnahmen von Bedeutung
sind, ehestens und, wenn Gefahr im Verzug ist, insbesondere wenn
sich niemand des Nachlasses annimmt oder eine Verschleppung des
Nachlasses zu besorgen ist, sofort zu erheben.
Er hat zu diesem Zwecke bei den Angehörigen oder den Hausgenossen
des Verstorbenen oder sonst bei Personen, die seine Verhältnisse
kennen, erforderlichenfalls in der Wohnung oder im Geschäftslokal
des Verstorbenen, die notwendigen Erkundigungen einzuziehen und
nötigenfalls die Versiegelung des Nachlasses vorzunehmen. | |
• §§ 61-70 AußStrG: Von der Kundmachung
des letzten Willens
| |
• §§ 71-91 AußStrG: Von den Verfügungen
des Gerichtes über die Todfallsaufnahme und die letzte
Willenserklärung. | |
•
§§
72 Abs 1 AußStrG: Sog Abtuung armutshalber: Ergibt
sich aus der Todfallsaufnahme, dass der Verstorbene kein nennenswertes
Vermögen hinterlassen hat (= brutto, also ohne Abzug der Schulden,
nicht mehr als 30.000 ı + keine Liegenschaft + auf einen pflegebefohlenen
oder pflichtteilsberechtigten Erben entfallen nicht mehr als 5.000
ı an Bargeld, Wertpapieren und Einlagebüchern, oder die Erben beantragen
keine Abhandlung), so unterbleibt eine Verlassenschaftsabhandlung;
sog Abtuung armutshalber. | |
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§ 73 Abs 1 AußStrG: Sog iure-crediti-Einantwortung | |
(1)
Ist der Nachlass unbedeutend und nach den Umständen zu vermuten,
dass nur die dringendsten Verlassenschaftsschulden berichtigt werden
können [dh „bei überwiegendem Schuldenstande”], so hat das Gericht
... das dadurch erschöpfte Vermögen den Gläubigern an Zahlungs Statt
zu überlassen ....” Solange das Vermögen nicht verteilt ist, besteht
die Rechtspersönlichkeit (des Nachlassvermögens) fort; vgl § 68 KO. | |
|
•
§
74 AußStrG: Verlassenschafts- oder Nachlasskonkurs oder
Ausgleich: Vgl dazu die §§ 66 ff, insbesondere § 67 KO sowie § 73
AO. – § 67 KO: „Eröffnung des Konkurses … über das Vermögen juristischer
Personen und über Verlassenschaften … „. – Zur Rechtsstellung des
Nachlasses auch → Der
Nachlass
| |
•
§ 75 Abs 1 AußStrG: Verständigung
der Erben –Das Gericht hat ferner die vermutlichen Erben vom Erbanfall
mit der Aufforderung zu verständigen, die Erbserklärung beizubringen;
§ 75 Abs 1 AußStrG uH auf §§ 116 ff: Von der Erbserklärung. | |
•
§§ 92–114 AußStrG Von dem
Inventar und dem eidesstattigen Vermögensbekenntnisse. | |
|
§ 97 Abs 1 AußStrG | |
(1)
Das Inventar muss ein genaues und vollständiges Verzeichnis alles
beweglichen und unbeweglichen Vermögens, in dessen Besitze sich
der Erblasser zur Zeit seines Todes befunden hat, enthalten und
den damaligen Wert und Betrag desselben klar anzeigen.” | |
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§ 92 AußStrG | |
(1) Ein Inventar
des Nachlasses ist zu errichten, wenn eine bedingte Erbserklärung
überreicht, von einer zufolge des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches
berechtigten Person um dessen Errichtung angesucht oder auf Absonderung
der Verlassenschaft von dem Vermögen des Erben gedrungen wird (§§
802, 804, 812 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).” | |
(2) Von Amtswegen hat der Richter ein Inventar
aufzunehmen, wenn | |
1. der Erbe oder dessen Aufenthaltsort unbekannt
ist, wenn er unter Vormundschaft oder Kuratel steht, oder für ihn
zum Behufe der Verlassenschaftsabhandlung ein Kurator bestellt wird,
oder wenn auch nur bei einem von mehreren Miterben Verhältnisse
dieser Art eintreten; | |
2.
wenn die Erbschaft oder ein Erbteil den Armen, einer Stiftung, Gemeinde,
Kirche, öffentlicher Anstalt oder dem Staate zufällt; | |
3.
wenn der Erblasser dem Erben die Verbindlichkeit auferlegt hat,
die Erbschaft oder einen verhältnismäßigen Teil derselben dritten
Person zu hinterlassen. (Substitution) | |
4. Gegenstandslos” | |
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§ 114 Abs 1 AußStrG: Eidesstattiges Vermögensbekenntnis
– | |
(1) Im Falle
einer unbedingten Erbserklärung hat der Erbe das Verlassenschaftsvermögen
nach allen seinen Bestandteilen, ebenso wie in einem Inventar, zu
beschreiben und die Richtigkeit der Angaben entweder selbst, oder
durch einen hiezu mit besonderer Vollmacht versehenen Bevollmächtigten
mit eigenhändiger Unterschrift Eides Statt zu bekräftigen. | |
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•
§§ 115–132 AußStrG:
Von der Erbserklärung
| |
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§ 116 Abs 1 AußStrG | |
(1) Die Bezirksgerichte
haben die Erben oder deren Vertreter zur Abgabe der Erbserklärung
idR zu einer Tagsatzung vorzuladen und ihnen in der Vorladung aufzutragen,
die zur Nachweisung ihres Erbrechts etwa erforderlichen Behelfe
mitzubringen. Bei der Tagsatzung ist von jedem derselben die Erklärung
abzufordern, ob und auf welche Weise er die Erbschaft antreten,
oder ob er dieselbe ausschlagen wolle. Das Gericht hat diejenigen
unter ihnen, welche nicht mit einem rechtskundigen Sachwalter versehen
sind, über die gesetzlichen Folgen der bedingten und unbedingten
Erbserklärung undder Einberufung
der Verlassenschaftsgläubiger zu belehren, und hienach
ihre Äußerungen oder Erbserklärungen zu Protokoll zu nehmen.” | |
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§ 121 Abs 1 AußStrG | |
(1) Jeder Erbe hat zur Antretung
der Erbschaft eine mit den Erfordernissen der §§ 799 und 800 des
allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches versehene Erbserklärung beizubringen. | |
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§ 123 Abs 1 AußStrG | |
(1) Wer nach den bei der Todfallsaufnahme oder
deren Ergänzung gemachten unverdächtigen Angaben der Angehörigen,
der Hausgenossen oder anderer glaubwürdiger Zeugen als der nächste
zur gesetzlichen Erbfolge berufene Verwandte erscheint, oder in
einem dem Inhalte und der äußeren Form nach vorschriftsmäßig eingerichteten
letzten Willen zum Erben eingesetzt ist, wird solange für den rechtmäßigen
Erben gehalten, als dagegen von anderen oder näheren Verwandten
kein Widerspruch erhoben oder die Rechtsgültigkeit des Testamentes
nicht bestritten wird.” | |
|
•
§ 799 ABGB: „Wer eine Erbschaft
in Besitz nehmen will, muss den Rechtstitel, ob sie ihm aus einer
letzten Anordnung; aus einem gültigen Erbvertrag; oder aus dem Gesetze
zufalle, dem Gericht ausweisen, und sich ausdrücklich erklären,
dass er die Erbschaft annehme.” [Erfordernis der Antretung] | |
•
§
800 ABGB: Die Antretung der Erbschaft oder die Erbserklärung muss
zugleich enthalten, ob sie unbedingt, oder mit Vorbehalt der Rechtswohltat
des Inventariums geschehe. [Inhalt der Antretung] | |
•
§
125 AußStrG: Verfahren bei vorkommenden widersprechenden Erbserklärungen
– Richter verteilt Klagsrollen(!) | widersprechende Erbserklärungen |
|
§ 126 AußStrG | |
(1)
Gegen den Vertragserben, welcher einen mit den erforderlichen Förmlichkeiten
versehenen Vertrag für sich hat, dessen Echtheit nicht widersprochen
wird, muss zur Bestreitung des Erbrechts jedermann, dessen Anspruch
sich nur auf eine letzte Willenserklärung oder auf die gesetzliche
Erbfolge stützt, gegen den Erben aus einer in der gehörigen Form
errichteten und hinsichtlich ihrer Echtheit unbestrittenen letzten Willenserklärung
jedermann, dessen Ansprüche nur auf der gesetzlichen Erbfolge beruhen,
als Kläger auftreten. | |
(2)
Sind aber die Erbserklärungen testamentarischer oder gesetzlicher
Erben untereinander im Widerspruche, so hat das Gericht nach Vernehmung
beider Teile denjenigen der streitenden Erben zur Überreichung der
Klage anzuweisen, welcher um sein Erbrecht geltend machen zu können,
den stärkeren Erbrechtstitel seines Gegners vorerst entkräften müsste. | |
|
|
§ 127 AußStrG | |
(1)
Wird die Klage von dem auf den Rechtsweg verwiesenen Teile in der
festgesetzten Frist überreicht, so ist mit der Verlassenschaftsabhandlung
bis zur Entscheidung des Rechtsstreites innezuhalten. Doch steht jedem
Teile frei, einstweilen die gerichtliche Sequestration des Nachlasses
anzusuchen.” | |
|
• §§ 133-136 AußStrG:
Von der Einberufung der Verlassenschaftsgläubiger | |
• §§ 137–144 AußStrG: Von den besonderen Vorkehrungen
in Rücksicht der Verlassenschaften der Ausländer | |
• §§ 149–180 AußStrG: Von der Einantwortung der
Verlassenschaft. Die §§ 810 ff ABGB sind zu beachten! | |
|
§ 149 Abs 1 AußStrG | |
„Um
die Einantwortung des Nachlasses zu erwirken, muss der Erbe nicht
nur sein Erbrecht gehörig dargetan haben, sondern auch ausweisen,
dass er alle übrigen von dem Gesetz oder dem Erblasser ihm auferlegten
Verbindlichkeiten soweit erfüllt habe, als in den §§ 157 bis 162
gefordert wird.” | |
|
|
§ 174 AußStrG | |
(1)
Sobald der Erbe sein Erbrecht gehörig ausgewiesen, und alle ihm
obliegenden Verbindlichkeiten erfüllt hat, ist ihm die Verlassenschaft
einzuantworten, die allenfalls erfolgte Versiegelung der Masse aufzuheben und
die Verlassenschaftsabhandlung für beendet zu erklären. | |
(2) In der Einantwortungsverordnung muss insbesondere: | |
1. der Name und Vorname des Erblassers und der
Tag des Todes, | |
2.
der Name und Vorname des Erben, der Rechtstitel zur Erbschaft, die
Art der Erbserklärung, und wenn mehrere Erben eintreten, das Verhältnis,
nach welchem sie an der Erbschaft teilnehmen, mit Berufung auf die
vor der Einantwortung etwa bereits vorgenommene Erbteilung ausgedrückt
sein. Es muss | |
3. daraus ersichtlich sein, ob die Verlassenschaft
dem Erben als freies Eigentum zugefallen, oder inwiefern er in Rücksicht
des Fruchtgenusses oder der Verfügung über die Substanz durch ein
bestehendes Substitutionsband beschränkt sei. Bei Substitutionen
und den denselben gleichgestellten Anordnungen (§ 158) ist insbesondere
der Substitut, welchem das Vermögen bei dem Eintritte des Substitutionsfalles übergeben
werden soll, soweit er bereits bekannt ist, mit Bestimmtheit zu
bezeichnen. | |
4. Ist der Erbe minderjährig oder pflegebefohlen,
so muss dieses ausdrücklich bemerkt werden. | |
|
|
§ 177 AußStrG | |
Die
Eintragung der Einantwortungsverordnung in die öffentlichen Bücher
zur Übertragung des Eigentums der in denselben vorkommenden zur
Verlassenschaft gehörigen unbeweglichen Güter, oder auf unbeweglichen
Gütern haftenden Forderungen kann von dem Erben nur bei der Abhandlungsbehörde
angesucht werden, welche dieselbe, wenn die Einantwortung rechtskräftig
ist, zu bewilligen, und sofern das unbewegliche Gut einer anderen
Gerichtsbehörde untersteht, dasselbe um den Vollzug zu ersuchen
hat. | |
|
|
§ 179 Abs 1 AußStrG | |
Nachträgliche Auffindung
von Vermögen – „Wird nach erfolgter Einantwortung ein vorher nicht bekanntes
Verlassenschaftsvermögen aufgefunden, so sind nachträglich die erforderlichen
Amtshandlungen darüber vorzunehmen. Eine neuerliche Erbserklärung
und Einantwortung ist hiebei nicht erforderlich.” | |
|
|
OGH 29. 11. 2000, 3 Ob 96/00i; SZ 73/189:
Nach rechtskräftiger Einantwortung stellt ein „Ziehsohn”
des Erblassers einen Antrag auf Feststellung, ob noch weiteres
Nachlassvermögen vorhanden sei; in concreto: Einlagen bei
einer Schweizer Bank. – OGH verneint die Möglichkeit eines solchen
Antrags, da ein „Ziehsohn” kein Noterbe gemäß § 762 ABGB ist. Er
fällt nämlich auch nicht unter den Begriff „Kinder”. | |
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I. Das
Personenstandsrecht |
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Rechtsquellen: – PersonenstandsG (PStG),
BGBl 1983/60 und PStVO, BGBl 1983/629 idgF. | |
Der
Staat sucht seit Jahrtausenden Informationen über seine Bürger zu
erlangen; vgl nur das Lukasevangelium II 3: | Zielsetzungen |
„Alle gingen hin, sich aufschreiben zu lassen
....” | |
Die Grundlagen des Dokumentations-, Register-, Urkunden-
und Archivwesens in der Antike sind griechischen Ursprungs. | |
Heute werden Bürger nicht nur gezählt, auch ihr Personenstand wird
festgehalten; dh: Daten über Geburt, Name, Geschlecht, Eltern, Heirat,
Kinder, Tod uam werden staatlich registriert. – Der moderne Staat
benötigt diese Daten für vielfältige Zwecke: Schulen, Wohnbau, Sozialleistungen, Kindergärten,
Universitäten, Förderungen verschiedenster Art etc. Das geschieht
durch Volkszählung, Mikrozensus / ÖSTAT. | |
Das
heute geltende Personenstandrecht, insbesondere die Personenstandsbücher
bauen auf dem kirchlichen Matrikelwesen auf, das seit dem Mittelalter
wichtige Lebensdaten ihrer Gläubigen festhält (seit Joseph II zum
Teil im Auftrag des Staates): Geburt, Eltern, Taufe, Heirat und
Tod. | Personenstandsbücher |
| Josephinisches Gesetzbuch |
„Jeder Pfarrer, Pastor oder Rabiner ist schuldig, alle in
seiner Pfarre geschlossenen Ehen mit deutlicher Benennung der Eheleute,
wie auch der dabei gegenwärtigen Zeugen, dann mit Benennung des
Orts, wo die Ehe geschlossen worden, und ob selbe vor ihm selbst,
oder vor einem andern in seinem Namen, und vor wem sie geschlossen
worden, in die zu diesem Ende bestimmten Trauungsbücher eigenhändig
einzutragen, damit jeder über die Ehe, und Zeit, wann sie geschlossen
worden, entstehende Zweifel daraus vollständig gehoben werden könne.” | |
Ein eigenes staatliches Personenstandsrecht in
Österreich gibt es erst seit 1938; Einführung des deutschen Personenstandsrechts:
dtPStG 1937. | Seit
1938 |
Heute ist
für Personenstandsangelegenheiten das Standesamt oder
– in kleineren Gemeinden – der/die Standesbeamte/in zuständig;
§ 59 PStG. | |
 | Abbildung 17.15: Personenstandsrecht (1) |
|
 | Abbildung 17.16: Personenstandsrecht (2) |
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 | Abbildung 17.17: Geburten und Todesfälle seit 1970 |
|
 | Abbildung 17.18: Entwicklung der Geburtenzahlen |
|
 | Abbildung 17.19: Geburtenraten in Europa |
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