Normen
Stichworte
Inhaltsverzeichnis
SCHNELL GENAU UMFASSEND
Kapitel 14
Dieses Kapitel geht einerseits auf die Übertragung von (Forderungs)Rechten und andererseits auf die Übernahme von Schuldpositionen sowie – als weitere Möglichkeit – den Wechsel der gesamten Parteistellung im Schuldverhältnis ein. Behandelt wird zunächst der Gläubigerwechsel, die Zession (A.), wobei auch auf den Sonderfall „Factoring” eingegangen wird. Daran schließt – als Konterpart – der Schuldnerwechsel in seinen verschiedenen Ausformungen (B.). – Schließlich folgt, beide Positionen in einer Synthese zusammenfassend, die Vertragsübernahme (C.). – Der neue Pkt D. behandelt die praktisch wichtigen Bankgeschäfte, die eine beeindruckende Ausformung der schuldrechtlichen Vertragsfreiheit darstellen.
Überblick
A. Zession und Factoring
Literaturquelle
I. Zession, Gläubigerwechsel, Forderungsübergang
1. Wirtschaftliche Bedeutung
Wir haben in Kapitel 8 die Rechtsobjekte oder Sachen besprochen und im Rahmen der Sacheinteilung gehört, dass Rechte, also auch Forderungen, nach dem Verständnis des ABGB unkörperliche Sachen sind; § 292 ABGB. Als Rechte beinhalten Forderungen aber oft auch einen (übertragbaren) Vermögenswert; Beispiel: Kaufpreis- oder Werklohnforderung eines Verkäufers oder Werkunternehmers gegen seine Kundschaft. Durch die Übertragbarkeit von Forderungen vom bisherigen (alten) auf einen neuen Gläubiger, wird der in der Forderung steckende Geld- und Sicherungswert in den Wirtschaftsverkehr einbezogen. Offene Forderungen / Außenstände sind für Kaufleute Kapital, das sie sowohl zur Bezahlung eigener Schulden wie zur Besicherung allfälliger von ihnen aufgenommener Kredite verwenden können. Die Zession oder Forderungsabtretung ermöglicht beides. – Die Zession ist ein wichtiges Rechtsinstitut des Wirtschaftslebens.
Wozu dienen (offene) Forderungen?
Zessionen erfolgen entgeltlich oder unentgeltlich; vgl § 1392 Satz 2 ABGB.
Entgeltliche und unentgeltliche Zessionen
Beispiel
Abgetreten werden in der Rechtspraxis aber nicht nur Forderungsrechte aus Kauf- oder Werkverträgen, sondern bspw auch Gewährleistungs- oder Schadenersatzansprüche. Mit derart abgetretenen Forderungen kann dann der neue Gläubiger (Zessionar) zB gegenüber bestimmten Personen aufrechnen oder seinerseits Schadenersatzansprüche geltend machen, wo er das sonst nicht könnte.
Welche Forderungen werden abgetreten?
Rechtssprechungsbeispiel
So etwa wenn ein Leasinggeber die ihm gegen den Lieferanten des Leasingobjekts zustehenden Gewährleistungsansprüche an den Leasingnehmer abtritt, wodurch dieser in die Lage versetzt wird, allfällig auftretende Mängel selbst geltend zu machen; zum Leasing: → KAPITEL 5: Leasing: MietSlg 31.165. (Natürlich ist dabei zu bedenken, ob eine solche Lösung für einen Leasingnehmer die beste Lösung ist. Aber es kann sinnvoll sein.)
Oder: MietSlg 29.124 (OGH 22.6.1977): Ein WE-Organisator tritt die ihm aus Architekten-, Bau- und Werkverträgen gegen Professionisten zustehenden Rechte (insbesondere Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche) an (alle oder einzelne) Wohnungseigentümer ab.
Zur Frage, welche Rechte abgetreten werden können und welche nicht → Rechtliches Grundmuster der Zession
nach oben
2. Die Lehre von Titel und Modus bei der Zession
schuldrechtliches VerfügungsgeschäftDie Zession wird als schuldrechtliches Verfügungsgeschäft betrachtet, mittels dessen obligatorische Rechte übertragen werden. – Allgemein zur Lehre von Titel und Modus → KAPITEL 2: Die Lehre von Titel und Modus.
Darin liegt ein terminologischer Gewaltakt und eine Systemwidrigkeit obendrein, denn die Lehre von Titel und Modus dient an und für sich der Übertragung / dem Erwerb dinglicher (Sachen)Rechte und nicht jener von Schuldrechten. Der Versuch einer dogmatischen Rechtfertigung liegt darin, die Zession als Verfügungsgeschäft – wenn auch nur als schuldrechtliches – zu betrachten. – Es sei aber daran erinnert, dass die Lehre von Titel und Modus von den Redaktoren des ABGB auch auf das Erbrecht angewandt wurde, freilich nur deshalb, weil diese das Erbrecht für ein dingliches Recht hielten und sie die absoluten noch nicht von den dinglichen Rechten klar trennten → KAPITEL 17: Einweisung in die Erbschaft ¿ Das Verlassenschaftsverfahren .
Wie andere dingliche Rechtsübertragungsakte verlangt auch die Zession einen gültigen Titel zwischen Zedent und Zessionar, also einen tauglichen Rechtsgrund, aus dem heraus das Forderungsrecht an den neuen Gläubiger übertragen wird. – Das ist idR ein Kauf, Tausch, Darlehen, ein Kredit, eine Schenkung, treuhändisches Übertragen des Vollrechts (→ Arten der Zession: Inkassozession) oder ein Sicherungszweck; etwa bei der Sicherungszession. Titel einer Zession kann aber auch das Gesetz (Legalzession) oder ein Richterspruch sein → Die Legalzession
Gültiger Titel
Wird eine Forderung verschenkt, kommen die für die Schenkung geltenden Regeln zur Anwendung; dh: Ohne wirkliche Übergabe (§ 943 ABGB → KAPITEL 3: ¿Wirkliche Übergabe¿ iSd ABGB und NotZwG) besteht Notariatsaktspflicht. – „Wirkliche Übergabe” wäre hier die Verständigung des Schuldners oder das Ausstellen einer eigenen Urkunde über die Zession, die den Gläubigerwechsel nach außen hin in Erscheinung treten lässt; Publizität.
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 28. 11. 2000, 1 Ob 147/00z, JBl 2001, 313: Für die wirkliche Übergabe bei einer schenkungsweisen Zession einer Forderung (hier: Rückgabeanspruch eines Treugebers gegen den Treuhänder) genügt die Verständigung des Treuhänders/Zessus durch den Treugeber/Zedenten. Damit liegt eine formgültige Übergabe durch Zeichen iSd §§ 943 iVm 427 ABGB vor; ein Notariatsakt nach § 1 Abs 1 lit d NotZwG ist nicht nötig.
Zur Verwirrung trägt bei, dass im Zessionsvertrag neben dem Titel- oder Grundgeschäft gleichzeitig ein Verfügungsgeschäft als Modus steckt. Der Zessionsvertrag enthält also zB auf der einen Seite – als Titelgeschäft – einen Forderungskauf oder eine Forderungsschenkung und auf der anderen als Modus (der Übergabe beweglicher körperlicher Sachen vergleichbar), den rechtlichen Übertragungsakt (für die Forderung) als taugliche Erwerbungsart. Da diese beiden Rechtsakte zeitlich und inhaltlich „zusammenrutschen”, werden sie oft nicht unterschieden. Das ist aber beim Hand- oder Realkauf nicht viel anders → KAPITEL 2: Hand ¿ oder Realkauf.
Verfügungsgeschäft
Eine (vorgeschriebene) Form besteht für Zessionen nicht. Das fördert natürlich die Ununterscheidbarkeit von Titel und Modus zusätzlich.
Keine Form
Zum Verständnis des Streckengeschäfts als Zession → KAPITEL 7: Das Streckengeschäft als Sonderfall des § 1423 ABGB.
Rechtssprechungsbeispiel
EvBl 1999/170: Abtretung eines GmbH-Geschäftsanteils – Folgen eines Formmangels (Notariatsakt). Der Österreichische WasserwirtschaftsfondsverkauftDarlehensforderungen (, die er zB an Städte oder Gemeinden vergeben hatte,) in der Höhe von 60 Mrd öS an Kreditinstitute; vgl: Der Standard, 5.11.1996, S. 19. Der „Kaufpreis” für die 60 Mrd beträgt aber nur zwischen 20 und 30 Mrd, die jedoch dem Verkäufer (= Republik Österreich) von den Käufern umgehend zu zahlen sind. Das stellt für beide Seiten einen Vorteil dar. Der Wasserwirtschaftsfonds erhält rasch Bargeld (statt der Rückzahlungen aus den langfristigen und niedrig verzinsten Darlehen), die Käufer erwerben Forderungen zu einem günstigen Preis; zB Abschlag von 40-50%.


Beispiel: Zession, Forderungs(ver)kauf
Abbildung 14.1:
Beispiel: Zession, Forderungs(ver)kauf
nach oben
3. Rechtliches Grundmuster der Zession
Eine Zession erfolgt nach § 1392 ABGB durch Vertrag zwischen Alt gläubiger (= Überträger / Zedent) und Neu gläubiger (= Übernehmer / Zessionar). Betroffen davon ist eine dritte Person: der (übernommene) Schuldner / Zessus.
Der Schuldner steht zunächst nur mit dem Altgläubiger in rechtlicher Beziehung und erhält nun durch die Zession anstelle des alten, einen neuen Gläubiger. – Bei der Zession kommt es zu einer Änderung der Rechtszuständigkeit in Bezug auf eine Forderung. Die Zession ist nach § 1375 ABGB eine Novation → KAPITEL 7: Novation oder Neuerungsvertrag.
Änderung der Rechtszuständigkeit
§ 1392 ABGB
Wenn eine Forderung von einer Person an die andere übertragen, und von dieser angenommen wird; so entsteht die Umänderung des Rechtes mit Hinzukunft eines neuen Gläubigers. Eine solche Handlung heißt Abtretung (Zession), und kann mit, oder ohne Entgelt geschlossen werden.
Der Zessionsvertrag wird zwischen Altgläubiger / Zedent und Neugläubiger / Zessionar geschlossen; 2-Parteienbeziehung. – Das Zessionsverhältnis bezieht darüber hinaus auch den (übernommenen) Schuldner / Zessus ein; 3-Parteienverhältnis.
Zessionsvertrag


 Zession (1)
Abbildung 14.2:
Zession (1)


 Zession (2)
Abbildung 14.3:
Zession (2)


 Zession (3)
Abbildung 14.4:
Zession (3)


 Zession (4)
Abbildung 14.5:
Zession (4)


 Zession (5)
Abbildung 14.6:
Zession (5)
Der Schuldner (des Altgläubigers) ist am Zessionsvertrag nicht beteiligt. Er muss daher der Zession auch nicht zustimmen, ja er muss nicht einmal verständigt werden, mag dies auch idR ratsam sein. – Eine Verständigung / denuntiatio des Schuldners empfiehlt sich, weil der Schuldner, „solange ihm der Übernehmer [= Neugläubiger] nicht bekannt wird”, mit schuldbefreiender Wirkung (!) an seinen bisherigen Gläubiger (= Altgläubiger / Zedent) zahlen kann; §§ 1395 Satz 2 ABGB und § 1396 ABGB.
Schuldnerverständigung?
Bei Verständigung des Schuldners wird von offener, sonst von verdeckter / stiller Zession gesprochen → Stille Abtretung
Rechtssprechungsbeispiel
EvBl 1999/30 (§§ 1395, 1396 ABGB): Folgen einer unrichtigen Abtretungsverständigung – Die Abtretungsanzeige ist Wissenserklärung → KAPITEL 5: Exkurs: Rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen . Ist sie unrichtig, aber dem Zedenten zuzurechnen, so hat die Zahlung des Schuldners an den (Schein)Zessionar schuldbefreiende Wirkung, sofern nicht ein besonderer Anlass – etwa widersprüchliche Abtretungsanzeigen oder ein schließlicher Widerspruch des Zedenten – eine (Nachforschungs)Obliegenheit begründet.
Die (übertragene) Forderung bleibt dieselbe; §§ 1394, 1395 Satz 1 ABGB. Die Zession verändert die Rechtsstellung des Schuldners nicht! (Eine Forderung kann daher nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen neuen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann; so die ausdrückliche Regelung von § 399 dtBGB.)
Forderung bleibt dieselbeWirkungen der Zession
Das heißt: Dem Schuldner stehen gegen den neuen Gläubiger alle Rechte und Einreden zu, die ihm auch gegen seinen bisherigen Gläubiger (= Altgläubiger) zustanden; zB die Einrede der (bereits erfolgten) Zahlung, einer zwischen ihm und dem Altgläubiger vereinbarten Stundung (= Zahlungsaufschub → KAPITEL 7: Fälligkeit, Mahnung, Stundung, Kreditierung), des Wuchers, Irrtums, der Verjährung oder Aufrechnung (§§ 1438 ff ABGB). – Nur deshalb ist es (noch) zu rechtfertigen und erscheint dem Schuldner zusinnbar, dass er von der Zession nicht einmal verständigt werden muss!
Allerdings: Ganz gleichgültig ist es doch nicht, wer Gläubiger ist. Denn zwischen einem Freund oder Bekannten und einer Bank besteht ein Unterschied, der sich meist erst bei „Problemen” zeigt. Die gesetzliche Regelung indiziert demnach eine Entpersönlichung der schuldrechtlichen Beziehung.
Merkregel: Durch die Abtretung verlieren gesicherte Ansprüche ihre Sicherung nicht; RdW 1987, 299 (VfGH). Die Meinungen darüber, ob Nebenrechte eo ipso, also automatisch übergehen oder ob dafür gesonderte Übertragungsakte nötig sind, sind aber nicht einheitlich.
Übergang von Neben- und Vorzugsrechten?
Zu den Wirkungen der privativen Schuldübernahme auf Nebenrechte der Forderung vgl § 1407 Abs 2 ABGB → Wirkungen der privativen Schuldübernahme
Rechtssprechungsbeispiel
Mit der Zession einer Kaufpreisforderung geht auch ein bestehender Eigentumsvorbehalt über; EvBl 1956/7.
Auch ein bestehendes gesetzliches Pfandrecht geht mit Zession der Bestandzinsforderung auf den Zessionar über; ZBl 1918/14.
Das gleiche gilt für den Fakturengerichtsstand: GlUNF 6293 (1913) oder eine Schiedsgerichtsvereinbarung; GlUNF 5796 (1912).
Auf den Zessionar gehen auch steuerliche Vorzugsrechte über; GlU 10.979 (1886).
Mit Abtretung von Bestandzinsforderungen geht auch eine vereinbarte Wertsicherung des Mietzinses über; MietSlg 40.195 (1988).
Praktisch wichtig sind auch die in § 401 dtBGB ausdrücklich geregelten Fälle: Mit der abgetretenen Forderung gehen auch Hypotheken, die für sie bestehen sowie allenfalls bestellte Bürgschaften über. Der neue Gläubiger kann auch ein mit der Forderung für den Fall der Zwangsvollstreckung oder des Konkurses verbundenes Vorzugsrecht (zB Aus- oder Absonderungsrechte) geltend machen.
Zediert werden können also auch (grund)bücherlich sichergestellte (Hypothekar) Forderungen! Nach § 53 Abs 2 GBG besteht die Möglichkeit sich bei der beabsichtigten Abtretung einer Hypothekarforderung der Rechtsfigur der Anmerkung der Rangordnung (§ 14 Abs 2 GBG) zu bedienen → KAPITEL 2: Anmerkung der Rangordnung und Rangordnungs­bescheid: §§ 53-57 GBG.
(Hypothekar) Forderungen
Bei mehrfacher Zession (ein und derselben Forderung) ist nur die erste rechtlich wirksam, von welcher der Schuldner zuerst verständigt wurde; zB SZ 54/104 (1981). – Darin liegt eine weitere Parallelität zum Sachenrecht; vgl die §§ 430 und 440 ABGB → KAPITEL 8: Der sog Doppelverkauf.
Mehrfachzessionen
Ein gutgläubiger Erwerb (durch einen Dritten) einer dem Zedenten nicht (mehr) zustehenden Forderung ist daher nicht möglich; EvBl 1982/140.
Auch daran zeigt sich, dass die Parallelität zum Sachenrecht eng begrenzt ist!
Also relative Rechte, aber auch nicht alle! – Nicht abgetreten werden können dagegen Sachenrechte, deren Übertragung eigenen Regeln folgt. Es ist für das ABGB auch abzulehnen einzelne sachenrechtliche Ansprüche – zB nach § 366 oder § 523 ABGB – für abtretbar zu halten. Sachenrechte und daraus erfließende Ansprüche haften an der Sache und können daher ohne die Sache nicht übertragen werden. Das dtBGB kennt dagegen die Abtretung des Herausgabeanspruchs einer Sache; zB § 440 (Kauf), § 870 (Besitzübertragung), § 931 dtBGB (Übergabssurrogat) → KAPITEL 2: Übergabsarten für bewegliche Sachen.
Nur Forderungsrechte sind abtretbar
Nicht abtretbar sind auch personen- oder familienrechtliche Ansprüche, da sie höchstpersönlicher Natur sind; vgl § 1393, Satz 1 ABGB.
Nicht abtretbar sind ...
Die Übertragung von Sachenrechten insbesondere des (dinglichen Vollrechts) Eigentums an körperlichen Sachenfolgt zB den §§ 426 ff ABGB (bewegliche Sachen): Eigentum wird also nicht durch Zession übertragen und erworben. – Mit Zession können auch nur (!) Rechte, also Forderungen übertragen werden, nicht dagegen Pflichten (Schulden), für deren Übertragung eigene Regeln bestehen → Der Schuldnerwechsel: Schuldnerwechsel. – Auch (ganze) Rechts- oder Schuldverhältnisse, die aus Rechten und Pflichten bestehen, können daher durch Zession nicht übertragen werden; dazu → Die Vertragsübernahme: Vertragsübernahme.
Beispiel
nach oben
4. Arten der Zession
Das Rechtsinstitut der Zession hat im Laufe seiner Anwendung, entsprechend den verschiedenen Zwecken, die mit ihm verfolgt werden, unterschiedliche „Arten” oder „Formen” der Zesseion entwickelt, auf die idF kurz eingegangen wird.
Die Inkassozession: Sie wird auch „Abtretung zur Einziehung” genannt. Dabei wird die Forderung (nur) zu dem Zweck an den Zessionar übertragen, damit dieser die Forderung für den Zedenten einzieht. Der Übernehmer / Zessionar der Forderung wird nur formell zum neuen Gläubiger; materiell ist er bloß Inkassant für Rechnung des Überträgers / Zedenten. Dies ist ein Fall der Treuhand (→ KAPITEL 15: Die Treuhand): Der nach wie vor „materiell” berechtigte Zedent, hat daher im Konkurs des Zessionars ein Aussonderungsrecht. – Auch hier liegt erneut eine Parallelität zum Sachenrecht vor!
Inkassozession
Rechtssprechungsbeispiel
EvBl 1983/26: Treuhand beim Factoring.
Um einem gewerbsmäßigen Missbrauch von Inkassozessionen durch Inkassobüros vorzubeugen, bestimmt
Inkassobüros
§ 247 GewO:
Inkassoinstitute
(1) Der Bewilligungspflicht unterliegt die Einziehung fremder Forderungen.
(2) Die Gewerbetreibenden, die zur Ausübung des Gewerbes der Inkassoinstitute berechtigt sind, sind nicht berechtigt, Forderungen gerichtlich einzutreiben oder sich Forderungen abtreten zu lassen, auch wenn die Abtretung nur zu Zwecken der Einziehung erfolgen sollte.
(3) Die Gewerbetreibenden, die zur Ausübung des Gewerbes der Inkassoinstitute berechtigt sind, sind zur Einziehung einer fremden Forderung, die dem Ersatz eines Schadens ohne Beziehung auf einen Vertrag (§ 1295 ABGB) dient, nur berechtigt, wenn diese Forderung unbestritten ist.”
Vgl auch die §§ 127 und 69 GewO
Forderungen dürfen daher von Inkassobüros zwar eingemahnt, nicht aber eingeklagt werden.
Keine Klagsbefugnis
Zu beachten ist nunmehr die im Rahmen der neuen Verzugszinsenregelung getroffene Neuformulierung des
§ 1333 Abs 3 ABGB:
„Der Gläubiger kann außer den gesetzlichen Zinsen auch den Ersatz anderer, vom Schuldner verschuldeter und ihm erwachsener Schäden geltend machen, insbesondere die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen.” (Hervorhebung von mir)
Es handelt sich danach aber um eine subjektive (also Verschulden voraussetzende) Verzugsfolge.
In Österreich werden jährlich etwa Forderungen von mehr als 630.000 Schuldnern mit einer Gesamtverbindlichkeit von mehr als 13,8 Mrd S (~ 1 Mrd ı) von Inkassobüros für Unternehmen eingetrieben! (26 Mitgliedsbetriebe sind zum Österreichischen Inkassoverband / IVÖ zusammengeschlossen. Dieser deckt über 50 % des Inkassomarkts ab.) Die Inkassobüros brachten 1997 von den ihnen übergebenen Forderungen etwa die Hälfte erfolgreich ein. Nicht eingebrachte Forderungen werden in der Folge gerichtlich eingeklagt und exequiert → KAPITEL 19: Exekutionsverfahren: Exekution. – Abgelehnt hat der EuGH (Rs C 3/95) den Versuch der Inkassobüros, neben Rechtsanwälten die Klagebefugnis zu erhalten. Die Inkassobüros hatten sich auf den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs berufen; Art 59 ff EGV. Das Argument des EuGH: Jeder Mitgliedstaat kann das Einklagen von Forderungen Fachleuten vorbehalten. – Untersagt ist den Inkassobüros auch das Factoringgeschäft → Das Factoring, das nach dem BWG den Banken überlassen ist (Bankkonzession; § 1 Z 16 BWG). – Mit der VO „Höchstsätze der Inkassoinstituten gebührenden Vergütungen” (BGBl 1996/141) wurde nunmehr auch der Verdienst dieses Gewerbesektors rechtlich geregelt. Die VO wurde auf Grund § 69 Abs 2 Z 5 GewO erlassen. Die Vergütungen sind an den Verbraucherpreisindex 1986 gekoppelt. – Seit der EO-Nov 1995 müssen sog Nebenforderungen wie Zinsen, Mahn- und Inkassokosten in der gerichtlichen Klage separat aufgeschlüsselt werden.
Praktische Bedeutung


Inkassozession
Abbildung .6:
Inkassozession
(1) Gläubiger hat Forderung gegen Schuldner, will sie aber nicht selbst einziehen (2) Zedent (Gläubiger) überträgt sie daher an Inkassobüro (Zessionar) mittels Inkasso-ZessionsV (3) Inkassobüro (Zessionar) zieht nun die ihm treuhändisch zustehende Forderung gegen den Schuldner (Zessus, debitor cessus) ein (a) – und leitet die inkassierte Forderung an den Zedenten weiter (b)
Stille Abtretung: Hier wird der Schuldner von der Abtretung nicht verständigt. Nach außen hin (Außenverhältnis, also dem Schuldner gegenüber) steht die Forderung weiterhin dem Altgläubiger / Zedenten zu, obwohl dieser die Forderung im Innenverhältnis bereits gültig an den Zessionar abgetreten hat. – Dies ist möglich, weil – wie wir gehört haben – der Schuldner von der Zession nicht verständigt werden muss → Schuldnerverständigung?
Stille Abtretung
Bei der stillen Abtretung liegt der Fall also umgekehrt zur Inkassozession; sie macht den Überträger / Zedenten zum Inkassanten (auf Rechnung) des Übernehmers / Zessionars. Materiell berechtigt ist bereits der neue Gläubiger, der daher auch die Gefahr trägt.
Der Grund für eine stille Zession kann darin liegen, dass ein Schuldner nicht erfahren soll, dass der Zedent (zB wegen Liquiditätsschwierigkeiten) seine Forderung abtreten musste. Auch ein bestehendes Abtretungsverbot kann Anlass einer (dann freilich unwirksamen) stillen Zession sein. – Die stille Zession bedarf natürlich der Vereinbarung zwischen Alt- und Neugläubiger (Zessionsvertrag).
Die Vereinbarung zwischen Zedent und Zessionar wird bei der stillen Abtretung auch als Ermächtigung gedeutet; Einziehungsermächtigung (str). Richtiger erscheint es, Auftrag anzunehmen.


 Stille Zession
Abbildung .6:
Stille Zession
(1) Zedent hat Forderung gegen Schuldner (2) Zedent überträgt diese Forderung still (= ohne Verständigung des Schuldners) an den Zessionar mittels Zessionsvertrag.
(3) Diesem steht nun die Forderung gegen den Zessus (Schuldner) zu.
(4) Kraft Vereinbarung soll jedoch weiterhin nach außen der Zedent als Gläubiger auftreten; daher: stille Zession. – Wegen fehlender Verständigung leistet der Schuldner aber weiterhin an den Zedenten schuldbefreiend. – Zedent leitet (intern) das vom Schuldner an ihn Geleistete an den Zessionar weiter.
Die Sicherungszession: Werden Forderungen nicht – wie im Normalfall – „verkauft” (also entgeltlich übertragen; vgl § 1392 Satz 2 ABGB), sondern nur sicherungsweise abgetreten, etwa deshalb, weil der Kaufmann bei einer Bank ein Darlehen aufgenommen hat und die Bank dafür Sicherheit verlangt, so erfordert dies für die Gültigkeit einer solchen Zession einen tauglichen Publizitätsakt. Dies ist grundsätzlich die Verständigung des Schuldners / denuntiatio, die hier aber Gültigkeitsvoraussetzung oder – wie das auch genannt wird – konstitutiv ist. Darin liegt ein Akt der Publizität. Die Rechtsänderung muss nach außen hin (insbesondere dem Schuldner gegenüber) erkennbar in Erscheinung treten. Damit sollen Umgehungen und Schädigungen Dritter vermieden werden; andernfalls könnten Forderungen zum Nachteil von Sicherungsgläubigern mehrfach abgetreten werden! Der Publizitätsakt kann (nach der Rspr) aber auch dadurch gesetzt werden, dass die sicherungsweise abgetretene Forderung in den Geschäftsbüchern des abtretenden Altgläubigers (sog OP-/ Offene Posten-Listen) deutlich vermerkt wird; verbriefte Forderungen sind zu übergeben.
Sicherungszession
Die Rspr hat in diese Fragen in der jüngeren Vergangenheit unnötige Unruhe und Rechtsunsicherheit hineingetragen, weil sie zum Teil sogar die Denuntiatio für unzulässig angesehen hat. Das sollte rasch durch eine einheitliche und widerspruchslose Judikatur beseitigt werden, die zudem auf Einfachheit und Klarheit zu achten hätte.
Rechtsunsicherheit
Rechtssprechungsbeispiel
SZ 70/228 (1997)Im Falle einer mittels EDV geführten Buchhaltung ( Speicherbuchhaltung) ist die notwendige Publizität der Sicherungszession nur (!) gegeben, wenn der (Buch) Vermerk nicht nur bei Kundenkonten, sondern auch in der Liste der offenen (Debitoren)Posten aufscheint.
OGH 20. 6. 2000, 3 Ob 229/99v, SZ 73/99 = EvBl 2000/215: Unternehmer zediert seiner Bank zur Sicherung eines Kredits eine Werklohnforderung; Sicherungszession. Als sich bei Fälligkeit des Werklohnes der Werkbesteller weigert zu zahlen, zediert die Bank die Forderung zum Inkasso wieder an den Unternehmer zurück; Inkassozession. Als der Unternehmer in (Zwangs)Ausgleich geht, will sich die Bank nicht mit der Ausgleichsquote zufrieden geben. – OGH: Zediert der Sicherungszessionar (hier: Bank) die Forderung nach Eintritt des Sicherungsfalls an den Sicherungszedenten (hier: Werkunternehmer) zum Inkasso zurück, so ist er als Treugeber in dessen Konkurs aussonderungsberechtigt.
Die pfandrechtlichen Publizitätsvorschriften finden hier entsprechende Anwendung, obwohl Forderungen keine körperlichen, sondern unkörperliche Sachen und zudem nur relative und keine dinglichen Rechte sind. – Die Zession ist zwar kein Rechtsinstitut des Sachenrechts, wird aber (wie wir gehört haben) als ein schuldrechtliches Verfügungsgeschäft verstanden. Neben der Lehre von Titel und Modus, die auf die Zession Anwendung findet, und dem bei der Sicherungszession erforderlichen Publizitätsakt der Schuldnerverständigung, zeigt auch die von der Rspr (zurecht) vertretene Dritt- oder absolute Wirkung des Zessionsverbots (→ Globalzession und Abtretungsverbot), dass hier sachenrechtliche Prinzipien auf schuldrechtliche Beziehungen angewandt werden. Vgl auch die Lösung bei Mehrfachzessionen → Mehrfachzessionen Darin liegt zwar – wie erwähnt – ein Systembruch, aber die Ausnahmen erscheinen vertretbar.
Unterscheide: Verpfändung einer Forderung
Zur Unterscheidung der Abtretung sicherheitshalber (wie die Sicherungszession auch genannt wird), die das Vollrecht an einer Forderung, freilich eingeschränkt durch die treuhändische Sicherungsabrede, überträgt, von der Verpfändung einer Forderung, die nur ein beschränktes Recht zu Sicherungszwecken begründet → Sicherungszession


Sicherungszession
Abbildung .6:
Sicherungszession
(1) VK nimmt zB Kredit bei einer Bank auf
(2) VK/Zedent hat Kaufpreisforderung gegen K/ Zessus
(3) Zedent/VK überträgt mit ZessionsV und Sicherungsabrede seine Forderung zur Sicherung des ihm gewährten Kredits an Bank/Zessionar
Arten der Zession – Überblick
• Offene oder verdeckte Zession
• Inkassozession
• Stille Zession
• Sicherungszession <-> Verpfändung einer Forderung
• Rechtsgeschäftliche / vertragliche <-> gesetzliche / Legalzession <-> richterliche Zession → Die Legalzession
• Globalzession → Globalzession und Abtretungsverbot
• Mehrfachzession → Mehrfachzessionen


 Pfändung einer Forderung
Abbildung .6:
Pfändung einer Forderung
(1) Gläubiger hat Forderung gegen Schuldner
(2) Schuldner hat seinerseits eine Forderung gegen Drittschuldner
(3) Pfändung dieser Forderung durch den (betreibenden) Gläubiger erfolgt durch gerichtliches Doppelverbot (§ 294 EO):
(4) Verfügungsverbot an Verpflichteten
(5) Zahlungsverbot an Drittschuldner; sog Drittverbot
nach oben
5. Globalzession und Abtretungsverbot
Nicht immer wird nur eine einzelne Forderung abgetreten. Manchmal wird auch eine Mehrheit von Forderungen oder sogar alle Forderungen eines Gläubigers gegen einen bestimmten Schuldner – und zwar bereits entstandene wie erst (künftig) entstehende – an einen neuen Gläubiger (häufig eine Bank) rechtsgeschäftlich abgetreten.
Man spricht dann von Global- oder Mantelzession.Voraussetzung ihrer Rechtswirksamkeit ist es, dass die jeweils abgetretenen oder in Zukunft (bei Entstehung neuer Forderungen) abzutretenden Forderungen inhaltlich hinreichend bestimmt sind. Man spricht hier von der nötigen Individualisierung (= Feststellbarkeit) der abgetretenen Forderungen. Sie wird bspw angenommen, wenn „alle” Forderungen gegen einen Schuldner (etwa ein bestimmtes Unternehmen) abgetreten werden.
Globalzession
Die Abtretung künftiger Forderungen ist gültig, aber durch ihre (spätere) Entstehung bedingt; SZ 51/38 (1978). – In der Praxis erfolgen Globalzessionen zugunsten von Kreditinstituten, denen gegenüber der Abtretende verpflichtet ist. Häufig liegt Überschuldung vor. Vorsicht erscheint daher geboten!
Auch im Zusammenhang mit Factoring (→ Das Factoring) spielen Globalzessionen eine praktische Rolle; vgl SZ 53/33 (1980).
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 30. 8. 2000, 6 Ob 174/00g, SZ 73/132: Eine GmbH hat Kreditschulden von nahezu 5 Mio S bei der A-Bank. Zur Besicherung wird eine Global- und Mantelzessionsvereinbarung geschlossen, die jedoch aufgrund unzureichender Kenntlichmachung in der offenen Postenliste (OP-Liste) der Kreditschuldnerin mangels Publizität nicht zu einer Abtretung der Forderungen führt. Als die GmbH bei der A-Bank keine weiteren Kredite mehr erhält, wendet sie sich an die B-Bank, der sie die bereits erfolgte Globalzession zugunsten der A-Bank mitteilen. Zur Besicherung des neuen Kredits wird auch mit der B-Bank ein Global- und Mantelzessionsvertrag geschlossen und im Laufe der Zeit werden ihr auch Forderungen im Wert von über 4 Mio S abgetreten. Nach dem Konkurs der GmbH klagt die A-Bank die B-Bank auf Zahlung dieses Betrages. – OGH: Die Globalzession künftiger Forderungen bedarf der Anbringung eines Generalvermerks in der offenen Postenliste. Dieser muss den Zessionar und das Datum des Zessionsvertrags anführen. Im konkreten Fall wurde nur der Buchstabe „Z” auf jede Seite der OP-Liste gesetzt). Wenn trotz des Fehlens eines ausreichenden Buchvermerks ein zweiter Zessionar vom Globalzessionsvertrag des ersten Kenntnis hat (hier: Information durch den Zedenten selber), wird er wegen des Eingreifens in fremde Forderungsrechte schadenersatzpflichtig. – Überlege: Kann bei Vereinbarung einer Globalzession stillschweigend ein Abtretungsverbot angenommen werden und wie könnte es begründet werden? (§ 914 ABGB iVm mit ergänzender/hypothetischer Vertragsauslegung) – Didaktisch vorbildliche Gliederung der E.
Es wurde schon ausgeführt, dass nur Forderungsrechte, also relative Rechte abgetreten werden können, nicht aber bspw Sachenrechte. – Es besteht aber nach hA und Rspr die Möglichkeit, Forderungsrechte unabtretbar zu machen. Dies geschieht durch Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger (zB eines Kauf- oder Kreditvertrags); sog Zessions- oder Abtretungsverbot / pactum de non cedendo. Dieses im ABGB gesetzlich nicht geregelte, vielmehr von der Rspr in Anlehnung an § 399 dtBGB entwickelte Zessionsverbot besitzt – was vielfach (ua von Banken) bekämpft wird – absolute Wirkung: Dh das Verbot wirkt auch gegen Dritte. Und zwar gerade auch dann, wenn der Dritte das Verbot (gutgläubig) gar nicht gekannt hat. Es gibt eben keinen gutgläubigen Erwerb von Forderungen; vgl schon → Rechtliches Grundmuster der Zession Diese absolute Wirkung des Zessionsverbots verhindert also einen gutgläubigen Forderungserwerb (vertragswidrig dennoch abgetretener Forderungen) durch Dritte; vgl Kapitel-Motto (G. Hoop). Der Schuldner muss daher auch dann nicht an einen (allfälligen) „Zessionar” zahlen, wenn sein Gläubiger (Zedent) die Vereinbarung gebrochen und die Forderung dennoch – also trotz bestehenden Abtretungsverbots – abgetreten hat.
Zessionsverbot
Rechtssprechungsbeispiel
JBl 1986, 383: Der Schuldner kann aber nachträglich der Abtretung zustimmen oder auf die im zustehende Einwendung verzichten.
SZ 57/8 (1984): verstSenat: Abtretungsverbot. Dagegen haben sich bspw: Iro, RdW 1984, 103; Wilhelm, JBl 1984, 304; Raber, JBl 1971, 441 und Koziol, JBl 1980, 113 geäußert. (Es liegt aber ein Widerspruch darin, auf der einen Seite den Schutz relativer Rechte ausdehnen zu wollen und auf der anderen Seite die absolute Wirkung von Abtretungsverboten zu bekämpfen! Diese Meinungen sind in sich nicht konsistent!) Zur Verletzung fremder Forderungsrechte → KAPITEL 11: Verletzung fremder Forderungsrechte.
OGH 26. 1. 2000, 7 Ob 304/99b, SZ 73/19 = JBl 2000, 583: Die Vinkulierung einer Lebensversicherung in Form einer bloßen Zahlungssperre wirkt nach Meinung des OGH – anders als das Abtretungsverbot – nicht absolut.


Zessionsverbot
Abbildung .6:
Zessionsverbot
(1) Beispiel: VK vereinbart mit K ein Zessionsverbot bezüglich der Kaufpreisforderung
(2) VK zediert Forderung entgegen Vereinbarung an Dritten
(3) K/Schuldner muß nicht an Dritten zahlen und Dritter kann nicht fordern: Drittwirkung des Verbots
§ 12 KSchG statuiert ein gesetzliches Abtretungsverbot für Löhne- und Gehälter seitens eines Verbrauchers an einen Unternehmer „zur Sicherung oder Befriedigung seiner noch nicht fälligenForderungen” aus einem Verbrauchergeschäft. § 12 Abs 2 KSchG sanktioniert dieses Verbot auf interessante Weise.
Verbot der Gehaltsabtretung
nach oben
6. Gewährleistung für zedierte Forderungen
Wer eine Forderung verkauft, also entgeltlich überträgt, hat nach § 1397 ABGB für allfällige Mängel derselben Gewähr zu leisten. Wie bei der entgeltlichen Veräußerung körperlicher Sachen für Sach- und Rechtsmängel einzustehen ist (§§ 922 ff ABGB), wird auch bei entgeltlicher Übertragung von Forderungen (als unkörperlichen Sachen) für deren
Richtigkeit (= Nochbestehen der Forderung, ihre Klagbarkeit, Unbedingtheit und Nichtbeeinträchtigung durch Einwendungen des Schuldners / Zessus) und
Richtigkeit
Einbringlichkeit (= Durchsetzbarkeit gegen den Zessus, allenfalls vermehrt um die Kostenhaftung des Zedenten für die Durchsetzung) gehaftet.
Einbringlichkeit
Die §§ 1397 ff ABGB enthalten Sondergewährleistungsrecht; vgl auch § 1096 ABGB (Miete). – Allgemein zur Gewährleistung → KAPITEL 7: Gewährleistung als ¿Schlecht-Erfüllung¿.
nach oben
7. Die Legalzession
Neben der rechtsgeschäftlichen Übertragung von Forderungen durch (Zessions)Vertrag gibt es auch einen Forderungsübergang unmittelbar durch Gesetz (sog Legalzession) oder durch Richterspruch.
Beispiel
Andere berühmte Legalzessionsnormen sind zB: § 332 ASVG oder § 67 VersVG.
Berühmte Beispiele
Überlege: Versuchen Sie durch Lektüre den Unterschied zwischen § 1358 ABGB (= cessio legis) und § 1422 ABGB (= notwendige Abtretung / cessio necessaria) zu ergründen → KAPITEL 15: Legalzession: § 1358 ABGB: § 1358 ABGB.
nach oben
II. Das Factoring
Literaturquelle
Immer mehr österreichische Unternehmen exportieren Waren ins nähere oder fernere Ausland. Österreichs Wirtschaft exportierte im Jahr 2001 Waren im Werte von 74,5 Mrd ı (~ 1.025 Mrd Schilling), 1997 betrug diese Zahl 715 Mrd und 1996 waren es noch 612,2 Mrd Schilling gewesen. – Export erfordert aber neben wirtschaftsfachlichem, auch rechtliches Wissen und dazu oft eine Eigenkapitalausstattung über die kleinere und mittlere Unternehmungen nicht verfügen. Unser Rechtsinstitut vermag hier Abhilfe zu schaffen. – Factoring ist heute für viele Betriebe und Branchen zu einem wichtigen Finanzierungsinstrument geworden.
Finanzierungsinstrument


Wie funktioniert Factoring?
Abbildung 14.7:
Wie funktioniert Factoring?
1. Echtes und unechtes Factoring
Das Factoring ist eine vertragliche Neuschöpfung des Wirtschaftslebens, möglich geworden durch die im Schuldrecht geltende Vertragsfreiheit, die auch Typenverschmelzungen zu einem neuen Ganzen zulässt. Typus-Elemente des Factoring sind insbesondere: Zession / Forderungs(ver)kauf + Geschäftsbesorgung / Auftrag + Kreditierung.
Allgemein zu Misch- und atypischen Verträgen → KAPITEL 5: Gemischte und atypische Verträge.
Factoring dient heute vornehmlich:
Wozu dient Factoring?
• der Refinanzierung (des Exporteurs) im Exportgeschäft;
• aber auch dem Erwerb von rechtlichem und wirtschaftlichem Know-How und
• es beinhaltet zudem gewisse Dienstleistungen durch den Factor.
Der Exporteur verkauft bspw seine Forderung aus seinem Exportgeschäft an den Factor, der die Forderung „prüft” und bei Gutbefinden kauft; echtes Factoring. Das bedeutet: Der Factor bevorschusst oder bezahlt den Forderungsbetrag (Kaufpreis) an den Exporteur (wenn auch nicht 100%) – abzüglich eines Entgelts (für eigene Mühewaltung), sodass dieser nicht solange auf sein Geld warten muss. Die Konkurrenz erzwingt nämlich im Exportgeschäft ua „attraktive” Zahlungsziele (bis zu 120 Tagen) für die Kunden (= Importeure). Das ist für exportierende Klein- oder Mittelbetriebe viel! Durch das Gewähren von Vorschüssen auf den Kaufpreis (durch den Factor) erlangt der Kunde des Factors (= Exporteur) erhöhte Liquidität. Das ist vor allem für Klein- und Mittelbetriebe wichtig, deren Eigenkapitalausstattung häufig gering ist.
Echtes FactoringArten des Factoring
Es kann aber auch sein, dass der Factor die Exportforderung nicht kauft, sondern bloß als (Inkasso)Zessionar eintreibt – unechtes Factoring – und dazu Mahnwesen und Debitorenbuchhaltung übernimmt. Factoringinstitute verfügen im Regelfall über ein entsprechendes rechtliches Know-How. In diesem Fall verbleibt das Risiko der ganzen oder teilweisen Uneinbringlichkeit der Forderung / Zahlungsunfähigkeit (Zahlungsausfallsrisiko) des Schuldners anders als beim echten Factoring beim Exporteur. Die Übernahme des Risikos der Uneinbringlichkeit von Forderungen bezeichnet man als Delkredere (funktion).
Unechtes Factoring


 Abwicklung beim Exportfactoring
Abbildung 14.7:
Abwicklung beim Exportfactoring
E(xporteur) liefert Waren an I(mporteur).
Originalrechnungen von E werden mit dem Vermerk, daß I an IF zu zahlen hat, an I gesandt.
l Rechnungskopien werden an EF, den Vertragspartner des E (Factoringvertrag) im Inland, übermittelt.
Anhand dieser angekauften Forderungen 4a kann, wenn vertraglich vereinbart, sofort eine Bevorschussung der Kaufpreiszahlung an den Exporteur in Höhe von 80-90 % des Fakturenwerts erfolgen 4b.
EF verkauft idF „seine” Forderung(en) weiter an IF. Aus diesem Vorgang resultieren wichtige Vorteile für EF: Auslandsforderungen werden zu Inlandsforderungen! Vorteile: bedeutende Probleme und Risiken wie fremde Sprache, unbekannte Gesetzgebung, ungewohnte Mahn- und Inkassopraxis sowie ungeläufige Handelsusancen werden ausgeschaltet.
IF übernimmt von EF Delcrederehaftung 6a und zahlt übernommene Forderung zu 100 Prozent an EF 6b, worauf dieser die restlichen 20 % an E zahlt 6c; idF 7 und 8: s Skizze.
Export-Factoring – Echtes und unechtes
Echtes Factoring = mit Übernahme des Delkredererisikos; auch F ohne Regress genannt. Hier trifft die F-Bank eine unbedingte Zahlungsverpflichtung, selbst wenn der Importeur nicht zahlen sollte. – Diese Form des F ist teurer, überwiegt aber in der Praxis.
Unechtes Factoring = ohne Übernahme des Delkredererisikos; auch F mit Regress genannt. – Hier hält sich F-Bank im Falle der Nichtzahlung seitens des Importeurs am Exporteur schadlos/Regress. – Diese Form des F ist billiger und es kann ein sehr hoher Anteil der angekauften Forderungen bevorschußt werden.
• Wie beim Dokumentenakkreditiv bedient sich beim EF die Inlandsbank (=EF) häufig einer ausländischen Korrespondenzbank (=IF), weil zB der österreichische EF kein ausreichendes Wissen über brasilianisches Recht und Kundenbonität besitzt. In diesem Fall wird aus einem drei, ein viergliedriges Factoring. Beteiligt sind dann:
• Exporteur + Importeur sowie
• Export-Factor (im Exportland) + Import-Factor (im Importland).
Das Export-Factoring erfüllt 3 Funktionen:
• Debitorenmanagement/Schuldenverwaltung
• Bonitätskontrolle + Delkredereübernahme
• Finanzierung/Kaufpreiszahlung.
Es erfolgt Arbeitsteilung zwischen Export- und Import-Factor: Der Export-Factor übernimmt die Finanzierung, der Import-Factor das Mahn- und Inkassowesen sowie die Risikoübernahme im Ausland.
nach oben
2. Factoring als Dauerschuldverhältnis
Zu beachten ist ferner, dass beim Factoring häufig ein länger dauerndes Schuldverhältnis zwischen Factor und dem Kunden des Factors / Exporteur entsteht (Dauerschuldverhältnis!), weil oft nicht nur eine Forderung abgetreten wird, sondern immer wieder neue oder überhaupt alle Forderungen aus einer Geschäftsbeziehung oder gar dem gesamten Geschäftsbetrieb: Globalzession → Globalzession und Abtretungsverbot
Rechtssprechungsbeispiel
SZ 53/33 (1980): Hier wurde dem Schuldner vom Factor mitgeteilt, dass auf ihn alle Forderungen aus einem Geschäftsbetrieb übertragen wurden.
nach oben
3. Das Factoring als Bankgeschäft
Das Factoringgeschäft ist Bankgeschäft. § 1 Abs 1 Z 16 BWG spricht vom „ ... Ankauf von Forderungen aus Warenlieferungen ... (Factoringgeschäft)”. – Factor-Institute kontrahieren heute regelmäßig unter Zugrundelegung von AGB; hier: AFB(Allgemeine Factoring-Bedingungen).
nach oben
4. Inlandsfactoring
Neben dem bisher stärker betonten Auslands- oder Exportfactoring gibt es auch das Inlandsfactoring, bei dem die Delkrederefunktion (des Factors) aber kaum eine Rolle spielt.
nach oben
5. Factoring als Alarmsignal
Factoring-Vereinbarungen bedeuten vornehmlich dann, wenn sie mit Globalzession einhergehen mitunter schwere Eingriffe in die wirtschaftliche Handlungsfreiheit und Geschäftsgebarung von Factorkunden. Der Kunde muss dem Factor bspw weitreichende Informationsrechte einräumen, wie:
• das Recht zur Auskunfts­einholung,
Akteneinsicht bei verschiedenen Behörden,
• jederzeitige Einsicht in die Geschäftsunterlagen sowie verschiedene Pflichten übernehmen: jährliche Bilanz-, Gewinn- und Verlustrechnung vorlegen,
Vorausfinanzpläne zu erstellen udgl.
Der Factor kann sich vom Abnehmer (= Warenkäufer) die ordnungsgemäße Lieferung und die (von ihm) erworbene Forderung bestätigen lassen. Häufig muss der Factor-Kunde / Klient, den Factor über Mängelrügen, bestehende Gegenforderungen oder sonstige Fragen der Gültigkeit des Grundgeschäfts (Liefervertrag) wie Wandlung, Rücktritt oder Anfechtungen unterrichten.
Factoring-Vereinbarungen, insbesondere solche iVm Globalzessionen, stellen daher uU auch ein wirtschaftliches Alarmsignal für Abnehmer / Käufer des Factoring-Kunden dar, das auf drohende Zahlungsunfähigkeit (Insolvenz) oder doch gefährliche Vorstufen dazu hindeuten kann.
nach oben
B. Der Schuldnerwechsel
Nicht nur der Gläubiger im Schuldverhältnis (Zession), auch der Schuldner kann ausgetauscht werden. – Allerdings folgt der Schuldnerwechsel eigenen Regeln. Aber auch der Schuldnerwechsel ist Vertrag.
Übernommen werden können grundsätzlich alle Schulden, höchstpersönliche ausgenommen. Die übernommene Schuld muss aber klar umrissen, individualisiert sein. Auch bedingte oder betagte (= befristete) Schulden können übernommen werden.
Der Schuldnerwechsel ist das Gegenstück zum Gläubigerwechsel; vgl §§ 1405 ff ABGB. In der Praxis spielt der Schuldnerwechsel ebenfalls eine wichtige Rolle.
Literaturquelle
I. Der Schuldnerwechsel
Von Schuldnerwechsel spricht man in verschiedenem Sinn:
1. Der eigentliche Schuldnerwechsel


3 Arten des Schuldnerwechsels
Abbildung 14.8:
3 Arten des Schuldnerwechsels
Den eigentlichen Schuldübernahmsvertrag schließen Alt- und Neu schuldner. Man spricht auch von befreiender oder privativer Schuldübernahme; §§ 1405, 1406 Abs 1, 1407 ABGB. – Darin wird vereinbart, dass der Neu­schuld­ner an die Stelle des Altschuldners tritt. Anders als der Gläubigerwechsel (Zession), bedarf der Schuldnerwechsel aber immer der Zustimmung des Gläubigers; vgl Gschnitzers schöne Formulierung: „ ... man kann zwar dem Schuldner einen neuen Gläubiger, nicht aber dem Gläubiger einen neuen Schuldner aufdrängen.” Die Einwilligung(serklärung) des Gläubigers ist eine einseitige rechtsgestaltende Erklärung; EvBl 1972, 88 = SZ 44/141 (1972).
Die Einwilligung des Gläubigers kann auch schon vor Schuldübernahme (JBl 1988, 720) und auch stillschweigend oder konkludent erklärt werden; SZ 44/141 (1972). An eine konkludente / schlüssige Einwilligung sind aber wegen des mit der befreienden Schuldübernahme verbundenen Rechtsverlustes gegen den Altschuldner strenge Anforderungen zu stellen; JBl 1988, 720.
§ 1405 ABGB
„Wer einem Schuldner erklärt, seine Schuld zu übernehmen (Schuldübernahme), tritt als Schuldner an dessen Stelle, wenn der Gläubiger einwilligt ....”
§ 1406 Abs 1 ABGB
(1) „Auch ohne Vereinbarung mit dem Schuldner kann ein Dritter durch Vertrag mit dem Gläubiger die Schuld übernehmen.”
§ 1407 Abs 1 ABGB
(1) „Die Verbindlichkeiten des Übernehmers sind mit den Verbindlichkeiten des bisherigen Schuldners in Rücksicht auf die übernommene Schuld ebendieselben. [Der Rechtsgrund wird durch die Schuldübernahme nicht berührt!] Der Übernehmer kann dem Gläubiger die aus dem Rechtsverhältnis zwischen diesem und dem bisherigen Schuldner entspringenden Einwendungen entgegensetzen.”
Abs 2: „Die Nebenrechte der Forderung werden durch den Schuldnerwechsel nicht berührt. Bürgen und von dritten Personen bestellte Pfänder haften jedoch nur dann fort, wenn der Bürge oder Verpfänder dem Schuldnerwechsel zugestimmt hat.” – Man beachte den Unterschied zur Zession → Rechtliches Grundmuster der Zession
Das KSchG trifft eine einschränkende Regelung für Verbrauchergeschäfte. – Eine Vertragsbestimmung, mit der sich ein Unternehmer das Recht einräumen lässt, dass er seine „Pflichten [oder den gesamten Vertrag] mit schuldbefreiender Wirkung einen Dritten” überbürden darf, „der im Vertrag nicht namentlich genannt ist”, ist nur gültig, wenn der Unternehmer beweist (!), dass diese Klausel „im einzelnen ausgehandelt worden” ist.
§ 6 Abs 2 Z 2 KSchG


 Privative Schuldübernahme
Abbildung 14.9:
Privative Schuldübernahme
Rechtssprechungsbeispiel
JBl 1988, 720: In der Bestimmung eines Bierbezugsvertrags, die den Kunden zur Überbindung des Bezugsvertrages auf einen allfälligen späteren Erwerber des Gasthauses verpflichtet, liegt auch die vorweg erteilte Zustimmung der Brauerei zur Schuld- und Vertragsübernahme durch jeden beliebigen Erwerber.
SZ 9/46 (1927): Die Annahme einer stillschweigenden Zustimmung des Gläubigers setzt aber voraus, dass er durch eine der beiden Vertragsparteien verständigt worden ist und nicht nur auf eine andere Art hievon Kenntnis erlangte.
EvBl 1955/63: Solange der Gläubiger seine Zustimmung nicht erteilt hat, können die Vertragspartner den Vertrag rückgängig machen. (§ 1405 Satz 2 ABGB ist jedoch zu beachten!)
SZ 26/80 (1953): Im Wohnungstausch (auch im Ringtausch) ist eine wechselseitige Abtretung der Rechte mit gleichzeitiger Schuldübernahme zu erblicken.
RZ 1960, 82: Der Vertrag, mit dem ein Miteigentümer dem Käufer seines Eigentumsanteils seine Verpflichtungen gegenüber den anderen Miteigentümern überbindet, ist eine Schuldübernahme, nicht ein Vertrag zugunsten Dritter.
WBl 1989, 28: Tritt eine GmbH nach ihrer Eintragung / Entstehung in ein mit der Vorgesellschaft (→ KAPITEL 6: Typische Vorvertragskonstellationen) begründetes Rechtsverhältnis ein, so kann sowohl die Schuldübernahme als auch die Verständigung des Gläubigers konkludent, selbst durch schlüssiges Stillschweigen erfolgen.
Zum Verständnis des Streckengeschäfts als Schuldübernahme → KAPITEL 7: Das Streckengeschäft als Sonderfall des § 1423 ABGB.
nach oben
2. Der Schuldbeitritt
Der Schuldbeitritt, auch kumulative Schuldübernahme genannt, wird in § 1406 Abs 2 ABGB geregelt. Er „setzt den Übernehmer nicht an die Stelle, sondern an die Seite des Altschuldners, der [dadurch] nicht befreit wird” (Gschnitzer). – Der Gläubiger gewinnt einen Schuldner dazu und erlangt dadurch erhöhte Sicherheit, weshalb er nicht zustimmen muss.
Der Schuldbeitritt ist formfrei; SZ 49/53 (1976). Auch ein Schuldbeitritt „zu Gutstehungszwecken” ist formfrei und eine Analogie zum Bürgschaftsformgebot des § 1346 Abs 2 ABGB unzulässig; ecolex 1993, 302 (zustimmend Wilhelm) = BankArch 1993, 819: kritisch P. Bydlinski.
Formfrei
Für die Qualifikation eines Vertrags als „Schuldbeitritt” oder „Schuldübernahme” ist der Gebrauch der jeweiligen Termini nicht entscheidend, vielmehr ist der Parteiwille in jedem Einzelfall zu prüfen; SZ 49/53 (1976).
Parteiwille
Zur Gültigkeit eines Schuldbeitrittsvertrags muss sein Inhalt bestimmt sein, wofür aber die Höhe der Schuld ziffernmäßig nicht feststehen muss; es genügt auch eine bestimmte sachliche Begrenzung: SZ 35/55 (1962); etwa: Lieferungen eines namentlich bezeichneten Lieferanten für ein bestimmtes Unternehmen.
Inhalt bestimmt
Der Schuldbeitritt erfolgt – wie die privative Schuldübernahme – idR durch Vertrag zwischen Alt- und (beitretendem) Neuschuldner(= Vertrag zugunsten des Gläubigers; sog Vertrag zugunsten Dritter → KAPITEL 15: Der Vertrag zugunsten Dritter: §§ 881, 882 ABGB). Aber auch ein Vertragsschluss zwischen Drittem (= Neuschuldner) und Gläubiger ist möglich; § 1406 Abs 1 ABGB.
Vertrag zwischen Alt- und Neuschuldner


Schuldbeitritt
Abbildung 14.10:
Schuldbeitritt
„Im Zweifel ist aber die dem Gläubiger erklärte [Schuld]Übernahme [eines Dritten] als Haftung neben dem bisherigen Schuldner, nicht an dessen Stelle zu verstehen”; § 1406 Abs 2 ABGB.
Auslegungsregel
Altschuldner und beitretender Neuschuldner (Dritter) haften im Zweifel solidarisch (§ 1357 ABGB) als „ungeteilte Mitschuldner”; SZ 11/196 (1929).
Wirkung
nach oben
3. Die Erfüllungs- oder Belastungsübernahme
„Wer einem Schuldner verspricht, die Leistung an dessen Gläubiger zu bewirken [EÜ], haftet dem Schuldner dafür, dass der Gläubiger ihn nicht in Anspruch nehme. Dem Gläubiger erwächst daraus unmittelbar kein Recht”; § 1404 ABGB.


Erfüllungsübernahme: § 1409 ABGB
Abbildung 14.11:
Erfüllungsübernahme: § 1409 ABGB
Auch die Erfüllungsübernahme ist Vertrag; und zwar zwischen Schuldner und Drittem, wonach sich dieser ohne Rechtswirkung für den Gläubiger dazu verpflichtet, dem Schuldner die wirtschaftliche Last abzunehmen, die die Schuld in dessen Vermögen bildet; EvBl 1973/15.
Vertrag
Rechtssprechungsbeispiel
EFSlg 66.362 (1991): Erfüllungsübernahme ist die Übernahme der Verpflichtung zur alleinigen Zurückzahlung eines von Ehegatten gemeinsam aufgenommenen Wohnraumbeschaffungsdarlehens durch einen von ihnen.
SZ 17/35 (1935): Erfüllungsübernahme ist die – noch nicht vorgeschriebene – Erwerbssteuer eines Unternehmers zu tragen; ebenso die vom Käufer oder Pächter vertraglich übernommene Verpflichtung zur Zahlung des Anwaltshonorars für die Vertragserrichtung, SZ 18/74 (1936).
SZ 13/256 (1931): Auch die von einer Person eingegangene Verpflichtung, vor Fälligkeit der Schuld dem Bürgen die Mittel zur Zahlung zur Verfügung zu stellen, ist Erfüllungsübernahme; und zwar hier nicht nur mit Befreiungs-, sondern mit Vorschusspflicht.
OGH 28. 4. 2000, 1 Ob 364/99g, EvBl 2000/210: Ehegatte verpflichtet sich zur Erfüllungsübernahme für die Errichtungskosten eines Vertrags seiner Frau. Diese zediert die Forderung aus der Erfüllungsübernahme an den vertragserrichtenden Rechtsanwalt. – OGH sieht dies als zulässig an. Da der Schuldner den Anspruch auf Zahlung gegen den Erfüllungsübernehmer mittels Klage gegen den Übernehmer auf Zahlung an den Gläubiger durchsetzen kann, wäre es ein Wertungswiderspruch, wenn er diesen Zahlungsanspruch gegen den Übernehmer nicht auch an den Gläubiger abtreten könnte.
Hinzuweisen ist auf § 1423 ABGB (→ KAPITEL 7: ¿Von wem¿ ist zu leisten? ¿ §§ 1421 ff ABGB), wonach der Gläubiger die Zahlung eines Dritten mit „Einverständnis des Schuldners” annehmen muss; ohne Einwilligung des Schuldners kann sie dem Gläubiger aber nicht „aufgedrängt” werden.
§ 1423 ABGB
nach oben
II. Die Hypothekenübernahme
Die Hypothekenübernahme des § 1408 ABGB stellt einen Sonderfall des Schuldnerwechsels dar.
Beispiel
1. Praktische Bedeutung
In der Praxis will oder kann der Erwerber (einer Liegenschaft) nicht immer den Kaufpreis bar bezahlen, weshalb ihm diese Regelung entgegenkommt. Auf der anderen Seite besitzen Hypothekargläubiger oft sogar ein Interesse am Weiterbestehen ihrer gesicherten und guten Geldanlage.
nach oben
2. Zustimmung des Gläubigers?
Warum wählt das Gesetz hier ausnahmsweise den Weg möglicher stillschweigender Zustimmung? – Die Antwort liegt in der neben dem Schuldnerwechsel weiterbestehenden Sachhaftung (Hypothek!) der Liegenschaft → KAPITEL 15: Sachhaftung. Sie steht im Vordergrund.
nach oben
3. §§ 171 Abs 2 und 223 EO
Auch die EO kennt einen Fall der Hypothekenübernahme: Hypothekargläubiger (Simultanhypotheken und bedingte Forderungen ausgenommen), welche nicht spätestens 8 Tage vor der Zwangsversteigerung einer Liegenschaft Barzahlung verlangen, gelten „mit der Übernahme der Schuld durch den Ersteher und der Entlassung seines früheren Schuldners einverstanden.”
Exekutive Ersteher einer Liegenschaft bezahlen das sog Meistbot (= Erstehungspreis für die versteigerte Liegenschaft) nicht (nur) durch Barzahlung, sondern häufig zur Gänze durch eine Schuld- oder Hypothekenübernahme.
nach oben
III. Vermögens- oder Unternehmensübernahme
Literaturquelle
1. Der Grundgedanke des § 1409 ABGB
§ 1409 ABGB geht davon aus, dass das Vermögen des Überträgers die objektive Haftungsgrundlage für Forderungen seiner Gläubiger ist und den Gläubigern durch die Übertragung des – im wesentlichen ganzen – Vermögens ihres Schuldners auf eine andere Person nicht ihre bisherige Haftungsgrundlage entzogen werden soll; SZ 52/12 (1979) oder SZ 59/163 (1986).
Das hätte – so könnte man meinen – eigentlich zur Folge, dass den Gläubigern des Überträgers nunmehr (anstelle des alten) allein der neue Eigentümer, persönlich (dh mit seinem ganzen Vermögen, also auch dem übernommenen), haftet. Das Gesetz geht allerdings nach dem Grundsatz vor: „Doppelt genäht hält besser!” – Denn den Gläubigern haften nunmehr Überträger und (!) Erwerber solidarisch; und dies sogar zeitlich noch unbegrenzt → Gesetzlicher Schuldbeitritt
„Übernimmt jemand ein Vermögen oder ein Unternehmen ...”
Tatbestand + Rechtsfolge§ 1409 Abs 1 ABGB
„ ... so ist er [unbeschadet der fortdauernden Haftung des Veräußerers] den Gläubigern aus den zum Vermögen oder Unternehmen gehörigen Schulden, die er bei Übergabe kannte oder kennen musste, unmittelbar verpflichtet.”
„Er [dh der Übernehmer] wird aber von der Haftung insoweit frei, als er an solchen Schulden schon so viel berichtigt hat, wie der Wert des übernommenen Vermögens oder Unternehmens beträgt”: System der Betragsbeschränkung oder pro viribus-Haftung. Die Haftung ist also auf die Höhe der übernommenen Aktiva beschränkt.
§ 1409 ABGB setzt eine rechtsgeschäftliche (!) Übertragung voraus; anders § 1409a ABGB.
Rechtsgeschäftliche Übertragung
Beispiel
§ 1409 Abs 2ABGB: Sonderregelung bei Übernahme durch „nahe Angehörige „; § 32 KO.
§ 1409 Abs 3ABGB stellt klar, dass § 1409 ABGB zwingendes Recht enthält.
Zwingendes Recht
Unternehmen ist eine selbständige organisierte Erwerbsgelegenheit; zB ein Gewerbe- oder landwirtschaftlicher Betrieb oder ein Sanatorium. → KAPITEL 8: Das Unternehmen .
Vermögen ist eine Gesamtsache iSd § 302 ABGB → KAPITEL 8: Gesamtsachen.
Hier entscheidet die Verkehrsauffassung. – Voraussetzung der Haftung nach § 1409 ABGB ist es, daß das Wesentliche des Vermögens oder Unternehmens – der sog Vermögens- oder Unternehmenskern – übergeht und nicht nur ein unwesentlicher Teil desselben.
Begriffserklärungen
Rechtssprechungsbeispiel
OGH 13. 9. 2001, 8 Ob 51/01k, JBl 2002, 256: Bauabwicklungs-GmbH soll Großprojekt durchführen. Architektengemeinschaft erbringt Projektierungs- und Terminplanungsleistungen, erhält aber die vereinbarte zweite (Entgelts)Rate nicht. Da die GmbH in finanzielle Schwierigkeiten gerät, wird das (Bau)Projekt in fortgeschrittenem Baustadium veräußert. – OGH bejaht Erwerberhaftung nach § 1409 ABGB, da der Erwerber vom Bauträger nicht bloß die Liegenschaft, sondern neben unfertigen Bauteilen auch ein ganzes Bündel von Berechtigungen und Verpflichtungen übernahm; Kundenstock, Know How, good will etc.
OGH 3. 4. 2001, 4 Ob 59/01g, EvBl 2001/157: Ein Diabetiker klagt das Land Tirol als Krankenhausträger auf Schadenersatz, weil eine Augenoperation nicht fachgerecht durchgeführt und die Aufklärungspflicht verletzt worden sei. Auf den Wechsel in der Trägerschaft des Krankenhauses (LKH Innsbruck TILAK) wird der Kläger nicht aufmerksam gemacht. – OGH: Klärt der Rechtsnachfolger den Vertragspartner des Vorgängers nicht über den eingetretenen Wechsel auf, sodass Ansprüche des Vertragspartners verjähren, hat er sich so behandeln zu lassen, als wäre er der für die Ansprüche zuständige Rechtsträger. Die Haftung des Übernehmers eines Unternehmens oder Vermögens für Schadenersatzforderungen wird nicht schon dadurch begründet, dass der Übernehmer nur ganz allgemein auf Grund der Lebenserfahrung damit rechnen muss, es könnten im Zeitpunkt der Übernahme Ansprüche gegen ihn bestehen; zu verlangen ist vielmehr die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis des anspruchsbegündenden Sachverhalts in seinen Grundzügen sowie der Person des Geschädigten und des Umstandes, dass diese ihr angeblich zustehende Ansprüche geltend macht. OGH lässt Rechtsnachfolger für die Versäumnisse des Vorgängers haften.
nach oben
2. § 1409a ABGB
In Geltung seit 1983. Diese Bestimmung schließt die Haftung nach § 1409 Abs 1 und Abs 2 ABGB dann aus, wenn die Übernahme durch Zwangsvollstreckung, Konkurs oder Ausgleich erfolgt. Die Haftung nach § 1409 ABGB setzt – wie erwähnt – eine rechtsgeschäftliche Übernahme voraus.
nach oben
3. Gesetzlicher Schuldbeitritt
Die Erwerberhaftung des § 1409 ABGB stellt sich als gesetzlicher Schuldbeitritt dar. Der Übernehmer haftet mit dem Veräußerer solidarisch. Der Veräußerer haftet nach bürgerlichem Recht zeitlich unbegrenzt weiter; anders das Handelsrecht (§ 26 HGB), das – realistischer – eine 5-Jahres Grenze setzt.
• Der Übergabszeitpunkt ist relevant für den Schuldenstand und die Kenntnisdavon.
• Die Beweislast für das „Kennen” oder „Kennen müssen” der Schulden liegt nach hA beim Gläubiger; anders nach § 1409 Abs 2 ABGB: Umkehr der Beweislast für nahe Angehörige.
Eine eigene Haftung des Betriebsnachfolgers für rückständige Sozialversicherungsleistungen statuiert § 67 Abs 4 ASVG: – höchstens 12 Monate zurückgerechnet; – bei Anfrage beim Versicherungsträger mit dem mitgeteilten Betrag.
nach oben
4. Das Bundesgesetz betreffend Übernahmeangebote – ÜbernahmeG 1998 (ÜbG), BGBl I 127/1998
Unabhängig von § 1409 ABGB regelt das am 1.1.1999 in Kraft getretene ÜbG die damit erstmals in Österreich geregelte Übernahme eines börsenotierten Unternehmens durch Aktienkauf auf Grund eines Paketkaufs, eines Kaufs über die Börse oder im Wege eines öffentlichen Anbots.
Literaturquelle
nach oben
5. Übernahme eines Handelsgeschäfts: §§ 25, 26 HGB
Das Gesetz trifft zur Fortführung eines unter Lebenden erworbenen Handelsgeschäfts unter der bisherigen Firma folgende Regelung:
Fortführung unter der bisherigen Firma
• Übernehmer haftet nach § 25 Abs 1 HGB für bestehende Geschäftsschulden.
• Forderungen gehen auf den Erwerber über, wenn bisheriger Inhaber in die Fortführung der Firma einwilligt;
Fortführung eines unter Lebenden erworbenen Handelsgeschäfts ohne bisherige Firma:
Fortführung ohne bisherige Firma
• Übernehmer haftet für bestehende Geschäftsschulden nur bei besonderer Verpflichtung; § 25 Abs 3 HGB.
Keine Haftung auch im Handelsrecht bei Übernahme im Konkurs und Ausgleich; § 25 Abs 4 HGB.
Konkurs und Ausgleich
Andere Vorschriften bleiben unberührt; § 25 Abs 5 HGB. – Das gilt insbesondere für § 1409 ABGB und den dort vorgesehenen gesetzlichen Schuldbeitritt des Erwerbers.
Die Veräußererhaftung verjährt nach § 26 Abs 1 HGB – anders als nach dem ABGB – in 5 Jahren.
VerjährungÜbernahme eines Handelsgeschäfts: § 26 HGB
Erben haften für Verbindlichkeiten nach § 25 HGB:
Erbenhaftung
• bei Fortführung der Firma;
• aber keine unbeschränkte Haftung, wenn der Geschäftsbetrieb innerhalb von 3 Monaten eingestellt wird.
Vergesellschaftung; § 28 HGB
• Bei Umwandlung eines Einzelhandelsunternehmens in eine OHG oder KG haftet die Gesellschaft auch ohne Firmenfortführung!
• Eine abweichende Vereinbarung (gegenüber Dritten) ist aber wirksam, wenn ihre Eintragung ins Firmenbuch erfolgt und bekanntgemacht wird; oder Mitteilung an Dritte.
nach oben
C. Die Vertragsübernahme
I. Übertragung der Gläubiger- oder Schuldnerrolle
Die Vertragsübernahme ist nicht nur eine rechtliche Kombination von Zession und Schuldübernahme! So behalf man sich aber früher! –Von Vertragsübernahme spricht man, wenn nicht nur (einzelne) Rechte oder Pflichten eines Gläubigers oder Schuldners auf eine dritte Person übertragen werden, sondern wenn die gesamte Rechtsstellung / Rolle eines Gläubigers oder Schuldners in einem Schuldverhältnis auf einen Dritten übergeht. Es geht dabei um die Übertragung aller Rechte und (!) Pflichten einer Partei im Schuldverhältnis durch einen einheitlichen Rechtsakt.
Das ABGB kennt noch keinen eigenen Rechtsgeschäftstypus der Vertragsübernahme; wohl aber gibt es mittlerweile einzelne Fälle der Vertragsübernahme kraft Gesetzes → Übertragung von Rechten und Pflichten
Die Vertragsübernahme muss grundsätzlich von allen Betroffenen vereinbart werden; nur dann wird sie als zulässig angesehen.
Zustimmung aller
Dafür bestehen mehrere Möglichkeiten:
Mehrere Möglichkeiten
• entweder dreiseitiger Vertrag oder
• durch Vertrag zwischen Ausscheidendem und Eintretendem und vorweg oder nachträglich gegebener Zustimmung des verbleibenden (bisherigen) Vertragspartners.
• Das Arbeitsrecht kennt mittlerweile in § 3 Abs 1 AVRAG eine gesetzliche Sonderregelung → Neue Betriebsübergangsregelung: AVRAG 1993
Zu Schuldvertrag und Schuldverhältnis → KAPITEL 7: Schuldvertrag und Schuldverhältnis.
1. Typische Beispiele – Anwendungsbereich
Praktisch bedeutsam ist die Vertragsübernahme für:
• die Unternehmensveräußerung; oder
• die Veräußerung eines vermieteten Hauses / Grundstücks, wobei der Erwerber als (künftiger) Vermieter zB in bestehende Mietverträge eintritt; oder
• den Wechsel einer Partei im Kreditverhältnis; sog Umschuldung.
Dazu Gschnitzer, in: Franz Gschnitzer Lesebuch 628 (1993): „Das Ergebnis, zu dem wir beim Personenwechsel im Kreditverhältnis kommen, ist daher: Im Einklang mit der generellen Zulässigkeit der zweiseitigen Vertragsübernahme ist auch im Kreditverhältnis ein Wechsel der Partei bei Fortbestand desselben Verhältnisses zulässig, und zwar ebenso auf der Seite des den Kredit zur Verfügung Stellenden wie des den Kredit Suchenden, immer aber nur mit Zustimmung des anderen Vertragsteiles.”
Rechtssprechungsbeispiel
SZ 58/7 (1985): Wohnungseigentümer sind zur Klage wegen Gewährleistung und Schadenersatz gegen Professionisten legitimiert, wenn sie mit dem WE-Organisator die Vereinbarung treffen, in die vom WE-Organisator abgeschlossenen und noch abzuschließenden Verträge, insbesondere den Architektenvertrag, Bauvertrag und sonstige Werkverträge einzutreten und die sich daraus ergebenden Verpflichtungen zu übernehmen.
JBl 1988, 720: In der Bestimmung eines Bierbezugsvertrags, die den Kunden zur Überbindung des Bezugsvertrags auf den Erwerber des Gasthauses verpflichtet, liegt auch die vorwegerteilte Zustimmung der Brauerei zur Vertragsübernahme durch jeden beliebigen Erwerber.
nach oben
2. Gschnitzers und Ehrenzweigs Meinung
Zitate von Gschnitzer und – darin eingeschlossen – Ehrenzweig sollen das Problem der Vertragsübernahme nochmals umreißen:
„Man kann nicht ... die Vertragsübernahme in Forderungsabtretung und Schuldübernahme zerlegen, da das Schuldverhältnis nicht nur aus Forderungen und Schulden besteht. Wenn eine Partei wechselt, müssen auch die Gestaltungsrechte, die ihr zustehen, übergehen, und die verbleibende Partei muss ihr zustehende Gestaltungsrechte nunmehr gegen die neue Partei geltend machen; hier werden aber weder Forderungen übertragen noch Schulden übernommen. Das hat Ehrenzweig, System, § 334, I, richtig erkannt: ‘Die Schuldübernahme durch Vertrag mit dem Schuldner (§ 1405 ABGB) ist gewöhnlich Bestandteil eines weitreichenden Geschäftes: Übernahme eines Vertrages, zB einer Miete, eines Dienstvertrages, einer Versicherung mit allen Rechten und Pflichten oder Übernahme einer belasteten Sache (§ 1408 ABGB), oder der Aktiven und Passiven eines Vermögens oder eines Geschäftes (§ 1409 ABGB). Die Vertragsübernahme besteht darin, dass eine Vertragspartei sowohl ihre Ansprüche als auch (mit Zustimmung des anderen Teils) ihre Verbindlichkeiten überträgt. Aber die Wirkung reicht weiter als die der Abtretung und der Schuldübernahme. Denn die alte Vertragspartei scheidet vollständig aus; auch Befugnisse, die für sich allein nicht übertragen werden können, wie zB das Kündigungsrecht, stehen nunmehr dem Übernehmer zu.’
Nach richtiger Auffassung bewirkt daher die Vertragsübernahme als eigenes Rechtsinstitut durch einheitlichen Akt den Parteienwechsel als solchen, wozu die Zustimmung des oder der anderen Partner grundsätzlich erforderlich ist, und worin der Übergang der Forderungen und Schulden, aber auch anderer dem Schuldverhältnis entspringender Rechte und Rechtslagen beschlossen ist”; Franz Gschnitzer Lesebuch 607 (1993).
Ein Argument für die grundsätzliche Erlaubtheit der Vertragsübernahme im österreichischen Privatrecht liefert
§ 1375 ABGB: „Es hängt von dem Willen des Gläubigers und des Schuldners ab, ihre gegenseitigen willkürlichen Rechte und Verbindlichkeiten umzuändern. Die Umänderung kann ohne oder mit Hinzukunft einer dritten Person, und zwar entweder eines neuen Gläubigers oder eines neuen Schuldners geschehen.” – Der italienische Codice Civile regelt in den Art 1406–1410 die Vertragsübernahme (cessione del contratto).
nach oben
3. Übertragung von Rechten und Pflichten
Es macht also einen Unterschied, ob nur Rechte (= Zession) oder nur Pflichten (= Schuldnerwechsel) übertragen werden oder die Rechte und (!) Pflichten – samt allfälligen Gestaltungsrechten – einer Partei im Schuldverhältnis.
Dazu kommt: Die Vertragsübernahme ist ein einheitlicher Rechtsakt; nicht nur eine Kombination aus Zession und Schuldübernahme. – Voraussetzung der gültigen Vertragsübernahme ist grundsätzlich die Zustimmung aller Beteiligten. Davon gibt es jedoch – insbesondere gesetzliche – Ausnahmen:
Einheitlicher Rechtsakt
Gesetzliche Ausnahmen vom Grundsatz der Zustimmung aller:
• § 69 VersVG: Erwerber des versicherten Gegenstandes tritt an die Stelle des Veräußerers ins Versicherungsverhältnis ein: zB KFZ-Versicherung beim Autoverkauf;
• § 12 Abs 1 MRG: Eintrittsrecht naher Angehöriger in den Mietvertrag. Das Gesetz spricht irreführend von Abtretung;
• § 12a MRG: Übergang des Mietverhältnisses bei Unternehmensveräußerung oder –verpachtung;
• § 13 MRG: Wohnungstausch (auch gegen den Willen des Vermieters; Gericht ersetzt seine Zustimmung);
• § 31c Abs 3 KSchG: Verhinderter Reisender kann seine Vertragsposition auf eine „andere Person” übertragen.
Veräußerung einer versicherten Sache
§ 69 VersVG
(1) Wird die versicherte Sache vom Versicherungsnehmer veräußert, so tritt an Stelle des Veräußerers der Erwerber in die während der Dauer seines Eigentums aus dem Versicherungsverhältnis sich ergebenden Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers ein.
(2) Für die Prämie, welche auf die zur Zeit des Eintrittes laufende Versicherungsperiode entfällt, haften der Veräußerer und der Erwerber zur ungeteilten Hand.
(3) Der Versicherer hat die Veräußerung in Ansehung der durch das Versicherungsverhältnis gegen ihn begründeten Forderungen erst dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von ihr Kenntnis erlangt; die Vorschriften der §§ 1394 bis 1396 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches sind entsprechend anzuwenden.
Auch das wesentlich jüngere dtBGB von 1900 kennt die Vertragsübernahme noch nicht. Gemeint ist damit, dass eine Partei des Schuldverhältnisses– also Gläubiger oder Schuldner – jeweils mit ihren (gesamten) Rechten und Pflichten ausscheidet und an ihre Stelle ein/e RechtsnachfolgerIn tritt. – Unklar war lange, ob dadurch das Schuldverhältnis eine Änderung erfährt oder ob es das gleiche bleibt, was zB beim Arbeitsverhältnis (bei einem Wechsel des Arbeitgebers) für die Arbeitnehmer (wegen Kündigung, Abfertigung, Entlohnung / Entgeltfortzahlung und Urlaubsansprüchen) von Bedeutung ist. Von Vertragsübernahme kann man nämlich nur dann sprechen, wenn das Schuldverhältnis trotz Parteiwechsels dasselbe bleibt. Der Wechsel einer Vertragspartei betrifft nach hA die Identität des Schuldverhältnisses nicht, was auch für allfällig bestellte Sicherheiten von Bedeutung ist, die grundsätzlich weiter haften; zB eine vom Schuldner bestellte Hypothek. Wurde die Sicherheit jedoch von einem Dritten gegeben, ist seine Zustimmung nach § 1407 Abs 2 ABGB einzuholen.
DtBGB von 1900


Unternehmens(ver)kauf – Ausnahme
Abbildung 14.12:
Unternehmens(ver)kauf – Ausnahme
nach oben
II. Neue Betriebsübergangsregelung: AVRAG 1993
Literaturquelle
1. Die EU-RL 77/187
Beispiel
Die genannte EU-RL hat die nationalen Gesetzgeber veranlasst, den Betriebsübergang unter besonderer Berücksichtigung des Arbeitnehmerschutzes zu regeln. Diese Harmonisierung erfolgte für Österreich mit dem ArbeitsvertragsrechtsanpassungsG 1993, BGBl 459, insbesondere den §§ 3 ff AVRAG.
Inhaberübergang
Angeknüpft wird im Gegensatz zu § 1409 ABGB an den Inhaberübergang. Es ist also kein Eigentümerwechsel notwendig; Pacht genügt. Gemäß § 3 Abs 1 AVRAG tritt der Erwerber beim Betriebsübergang automatisch (!) als Arbeitgeber mit allen Rechten und Pflichten in die im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverträge ein. Für noch nicht befriedigte Ansprüche oder verdiente Anwartschaften aus diesen Arbeitsverträgen haftet der Erwerber unbeschränkt. ISd § 1409 ABGB auf das Aktivvermögen beschränkt, haftet der Erwerber für offene Forderungen von bereits vor Betriebsübergang ausgeschiedenen Arbeitnehmern und für Verbindlichkeiten, die nicht am übergegangenen Betrieb(steil), sondern am Gesamtunternehmen hängen. Der Übergang der Arbeitsverhältnisse erfolgt nunmehr ex lege; § 3 Abs 1 AVRAG. Es ist also keine Zustimmung übernommener Arbeitnehmer mehr nötig. Diese haben aber ein Widerspruchsrecht, wenn der Erwerber den kollektivvertraglichen Bestandschutz oder die betriebliche Pensionszusage nicht übernimmt; § 3 Abs 4 AVRAG.
Der Erwerber darf Kündigungen nur aus organisatorischen, wirtschaftlichen, technischen Gründen etc. aussprechen. Kündigungen, für die der Betriebsübergang das ausschlaggebende Motiv ist, sind unzulässig. – Der neue Arbeitgeber hat danach im Falle des Betriebs- oder Unternehmensübergangs auch die kollektivvertraglich vereinbarten Arbeitsbedingungen (bis zu einer allfälligen Kündigung oder zum Ablauf des Kollektivvertrags → KAPITEL 11: Der Kollektivvertrag als Rechtsquelle und → KAPITEL 12: Kollektivverträge) einzuhalten. Auch Betriebsvereinbarungen gelten weiter; zB § 31 Abs 4 ArbVG. § 5 AVRAG regelt betriebliche Pensionszusagen bei Betriebsübergang.
Kündigungen
Allgemein zum Unternehmenserwerb → KAPITEL 8: Das Unternehmen .
nach oben
2. Die Betriebsvereinbarung
Da auf den Kollektivvertrag schon eingegangen wurde, soll hier noch die Betriebsvereinbarung / BV kurz behandelt werden. Das ArbVG 1974, BGBl 22 regelt die BV in den §§ 29-32. BVn sind nach § 29 ArbVG „schriftliche Vereinbarungen, die vom Betriebsinhaber einerseits und dem Betriebsrat (Betriebsausschuß, Zentralbetriebsrat, Konzernvertretung) andererseits in Angelegenheiten abgeschlossen werden, deren Regelung durch Gesetz oder Kollektivvertrag der Betriebsvereinbarung vorbehalten ist.”
BVn füllen also einen gesetzlich vorgegebenen, aber im Detail nicht ausgeführten Rahmen aus.
• § 30 ArbVG regelt den Wirksamkeitsbeginn, § 31 ArbVG die Rechtswirkungen von BVn: Sie sind „innerhalb ihres Geltungsbereichs unmittelbar rechtsverbindlich”; Abs 1. Abs 3 bestimmt, dass BVn durch „Einzelvereinbarung weder aufgehoben noch beschränkt”, vielmehr nur verbessert werden können: „Einzelvereinbarungen sind nur gültig, soweit sie für den Arbeitnehmer günstiger sind oder Angelegenheiten betreffen, die durch [BVn] nicht geregelt sind.”
• § 32 ArbVG regelt die Geltungsdauer von BVn: Sie bestimmen grundsätzlich ihre Geltungsdauer selbst und können „von jedem Vertragspartner unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum letzten eines Kalendermonats schriftlich gekündigt werden”.
• Die BV begründet ein Dauerrechtsverhältnis; allgemein zur Kündigung und den DSchVn → KAPITEL 6: Bedeutung der Unterscheidung.
nach oben
D. Bankgeschäfte
Von V. Thurnher
I. Rahmenbedingungen für Bankgeschäfte
1. Regulativer Rahmen
Banken (der Gesetzgeber bezeichnet diese im Bankwesengesetz/ BWG als Kreditinstitute) haben überragende Bedeutung für die Volkswirtschaft. Mit ihren Aufgaben im Bereich der Finanzierung von Unternehmen und von privaten Haushalten (durch Bereitstellung von Fremd- oder Eigenmitteln) bilden sie gleichsam das Rückgrat der markt-orientierten Volkswirtschaft. Die Funktionstüchtigkeit des Banksystems soll durch detaillierte Regulierung auf nationaler Ebene (BWG, FinanzmarkaufsichtsG, NationalbankG, DevisenG und zahlreiche Nebengesetze) und auf supranationaler Ebene (RL der Europäischen Union) sowie mittels einer strengen Aufsicht durch eigens geschaffene Behörden (Finanzmarktaufsicht, Zentralbanken) gesichert werden. Finanzmarktregulierung und Bankenaufsicht gehören ins öffentliche Rechts → KAPITEL 1: Zur Abgrenzung: Privatrecht ¿ öffentliches Recht.
Die Ausübung von Bankgeschäften bedarf einer besonderen Genehmigung durch die Behörde (Konzession). Die Konzession wird von der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) erteilt. Das BWG enthält detaillierte Bestimmungen, die erfüllt sein müssen, um eine Konzession zu erlagen (ua Ausstattung des Kreditinstituts mit einem Mindestkapital von 5 Mio ı, mindestens zwei – qualifizierte – Geschäftsleiter; vier-Augen-Prinzip). Eine erteilte Konzession kann von der FMA auch entzogen werden.
Konzession
Wesentliche Bestimmungen des BWG sollen die Zahlungsfähigkeit der Kreditinstitute (Solvabilität, §§ 22 ff) und die Eigenmittelausstattung der Kreditinstitute (§§ 23 ff) sicherstellen. – Diese umfassenden und detaillierten Regelungen beruhen weitgehend auf Richtlinienrecht der Europäischen Gemeinschaft. Derzeit erarbeitet der Basler Ausschuss der Zentralbanken und Bankenaufsichtsbehörden eine neue „Eigenmittelvereinbarung” ( Basel II). Ziel dieser Reformvorschläge, die in Form von Richtlinien in der Europäischen Union umgesetzt werden sollen, ist die Neufestlegung der Mindesteigenkapitalanforderungen der Kreditinstitute, wobei insbesondere die Regeln für übernommene Kreditrisiken verbessert (verschärft) werden sollen. Ferner soll das Überprüfungs- und Überwachungsverfahren der Eigenmittelunterlegung der Kreditinstitute verbessert werden. Ein dritter Abschnitt des Konsultationspapiers widmet sich erweiterten Offenlegungspflichten. Durch zusätzlich geschaffene Transparenz sollen die Kreditinstitute dem „Druck des Marktes” verstärkt ausgesetzt werden, um der „Selbstregulierung der Märkte” Vorschub zu leisten. Wird das Konsultationspapier in der derzeit diskutierten Fassung umgesetzt, sind gravierende Auswirkungen auf die Kreditvergabe durch Banken zu erwarten. Die Kreditkonditionen werden sich in Zukunft stärker daran orientieren, welches Risiko mit der Vergabe eines bestimmten Kredits verbunden ist. Bei geringer Bonität werden die Kreditnehmer zusätzliche Sicherheiten (vgl zu den klassischen Sicherheiten auch für Bankgeschäfte → KAPITEL 15: Überblick) beibringen müssen.
Zahlungsfähigkeit und Eigenmittelausstattung
Das sehr stark von US-amerikanischen Interessen geprägte Konsultationspapier wird den „Trend” zu einer verstärkten Eigenmittelfinanzierung der Unternehmen fördern und damit zusätzlicher Impuls für die Verbesserung der europäischen Kapitalmärkte und für das Private Equity-Geschäft sein → Geschäftstypen
nach oben
2. Bankgeschäfte
Das Bankwesen hat im Laufe der Jahrtausende eine Vielzahl von Vertragstypen hervorgebracht. Bankgeschäfte stehen daher sinnbildlich für das Prinzip der Vertragsfreiheit (Privatautonomie → KAPITEL 5: Vertragsfreiheit und Privatautonomie). In § 1 Abs 1 BWG sind die ausschließlich den konzessionierten Kreditinstituten vorbehaltenen Geschäfte abschließend aufgezählt.
Jedermann ist mit den Bankgeschäften des täglichen Lebens vertraut: Kontoführung, Einlagengeschäft (Sparbücher), Kreditgeschäft. Letzteres, also die Finanzierung von Privathaushalten und Unternehmen (bzw Körperschaften, Staaten) steht im Mittelpunkt der Banktätigkeit. – Wir kennen unterschiedlichste Formen der (Fremd)Finanzierung (Kreditfinanzierung, Diskontgeschäft, Leasing, Factoring). Neben der in Europa typisch fremdfinanzierten Wirtschaft zählt auch das Investmentgeschäft im weiteren Sinn, also die Finanzierung von Unternehmen mit Eigenkapital, zu den Kerngeschäftsfeldern der Banken. Die Finanzierung mit Eigenmitteln erfordert im größeren Ausmaß das Bestehen funktionierender Kapitalmärkte. Im anglo-amerikanischen Wirtschaftskreis, der über traditionell starke Kapitalmärkte verfügt, ist diese Form der Finanzierung stärker ausgeprägt. Jüngste Entwicklungen (etwa Basel II, die stärkere internationale Vernetzung der Wirtschaft, die Dominanz der USA in der Weltwirtschaft) haben auch die kontinentaleuropäischen Länder unter Druck gebracht, die Möglichkeiten der Unternehmensfinanzierung mit Eigenmitteln zu stärken. Dies erfordert erleichterten Zugang zu Kapitalmärkten und hinreichendes Interesse (privater) Kapitalgeber, ihre Mittel den Unternehmen zur Verfügung zu stellen.
Die folgende kurze Darstellung der „klassischen” Bankgeschäfte orientiert sich im Wesentlichen an der Aufzählung des § 1 Abs 1 BWG, wobei besonderes Augenmerk auf die Unterscheidung zwischen Fremdfinanzierung und Eigenfinanzierung (und die damit jeweils im Zusammenhang stehende Tätigkeit der Banken) gelegt wird.
nach oben
II. Geschäftstypen
1. Einlagengeschäft
Als Einlagengeschäft bezeichnet man die Entgegennahme fremder Gelder zur Verwaltung oder als Einlage; § 1 Abs 1 Z 1 BWG. Die „Einlage” ist ein Fachausdruck der Bankpraxis. Nur Geld (Buchgeld, fremde Währung) kann „eingelegt” werden. Unterschieden wird zwischen der Entgegennahme fremder Gelder zur Verwaltung und als Einlage.
Die Entgegennahme fremder Gelder zur Verwaltung beruht auf einem Geschäftsbesorgungsvertrag nach den Regeln der § 1002 ff ABGB → KAPITEL 12: Der Auftrag. Die Bank verwaltet das Vermögen für Rechnung ihres Kunden. Das Vermögensverwaltungsgeschäft weist daher Elemente einer Treuhand auf → KAPITEL 15: Die Treuhand. – Die Entgegennahme fremder Gelder als Einlage ist ein Darlehen bzw uneigentliche Verwahrung → KAPITEL 3: Sonderformen der Verwahrung. Die Bankkunden stellen der Bank Gelder (regelmäßig auf der Grundlage typisierter Verträge) zur Verfügung.
Von Sichteinlagen spricht man, wenn die zur Verfügung gestellten Gelder jederzeit fällig sind. Zweck einer Sichteinlage ist die Bereithaltung von Mitteln für die Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Von Termineinlagen oder Kündigungsgeldern spricht man, wenn die Gelder der Bank für eine bestimmte Zeit zur Verfügung gestellt werden. Da die Bank mit diesen Geldern „arbeiten” kann, werden bei Termineinlagen regelmäßig höhere Zinsen gewährt. In der Bankenpraxis wird dies oftmals auch als Festgeld bezeichnet. – Davon unterschieden werden Spareinlagen, die aber entweder Sichteinlage (wenn das Sparbuch jederzeit gekündigt werden kann) oder Termineinlage (wenn eine Bindungsfrist vereinbart wurde) sind. Wesensmerkmal der Spareinlagen ist jedoch, dass diese nicht dem Zahlungsverkehr, sondern der Anlage dienen und nur gegen Ausfolgung einer Urkunde (Sparbuch) entgegengenommen werden dürfen. Die Ausstellung einer Sparurkunde führt zu einer „Verbriefung der Einlage”. Sparurkunden (Sparbücher) sind Wertpapiere im weiteren Sinne. Die Bank ist nur gegen Vorlage der Urkunde zur Leistung verpflichtet; dazu auch → KAPITEL 3: Spareinlagenvertrag ¿ Sparbuch.
Sicht-, Termin- und Spareinlagen
Kein Einlagengeschäft betreibt, wer für einen anderen fremde Gelder annimmt und sie weiterleitet, etwa die Post, wenn sie Gelder für Rechnung der PSK entgegennimmt. Auch die Einlage von Geldern in eine Gesellschaft oder die Entgegennahme von Geldern im Geschäftsverkehr (Zahlungen im Rahmen von Kauf-, Dienst- oder Werkverträgen) ist kein Einlagengeschäft.
nach oben
2. Girogeschäft
Von außerordentlicher Bedeutung ist die Durchführung des bargeldlosen Zahlungs- und Einzugsverkehrs, sowie des Abrechnungsverkehrs in laufender Rechnung für andere durch die Banken (Girogeschäft). – Beispiele sind Überweisungen, Scheckinkasso Wechselinkasso, Abbuchungs- und Lastschriftenverfahren etc; § 1 Abs 1 Z 2 BWG.
Der Girovertrag ist ein Anwendungsfall der Geschäftsbesorgung. Im Unterschied zum Kontoeröffnungsvertrag (→ KAPITEL 3: Der Kredit(eröffnungs)vertrag) setzt der Girovertrag einen solchen voraus und wird regelmäßig zugleich mit diesem abgeschlossen. Das Kreditinstitut wird verpflichtet, Überweisungen an Dritte durchzuführen und Überweisungen von Dritten für den Kunden entgegenzunehmen. – Der sog Überweisungsauftrag (in Wahrheit liegt kein „Auftrag” vor) ist eine „Weisung” des Kunden im Rahmen des bestehenden Girovertrags an die Bank. Der Kunde erteilt der Bank die Anweisung, einen bestimmten Betrag dem Konto des Empfängers gutzuschreiben. Aus der Anweisung soll die Bank verpflichtet sein, dem Empfänger jedoch kein Rechtsanspruch entstehen (kein Vertrag zu Gunsten Dritter). – Vom Überweisungsauftrag wiederum ist die Lastschrift zu unterscheiden. Hier wird dem Gläubiger vom Schuldner die Befugnis eingeräumt, fällige Forderungen vom Konto des Schuldners abbuchen zu lassen. Der Gläubiger erhält die Ermächtigung (→ KAPITEL 13: Erteilung der Vollmacht), gegenüber der Bank im eigenen Namen seine Rechte auszuüben. Gleichzeitig beauftragt der Schuldner seine Bank, die vom Zahlungsempfänger ausgefertigten Lastschriften durchzuführen.
Girovertrag
Die Anwendung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs bringt den Bankkunden zahlreiche Vorteile, die in der bequemen, raschen, sicheren und billigen Durchführung von Geldzahlungen liegen. Zeitraubende Transaktionen sowie Kosten und Risiken für Bargeldzusendungen und Geldzustellungen werden so verhindert. Der Zahlungsverkehr (insbesondere das Lastschriftverfahren) birgt allerdings auch Risiken, weil rechtsmissbräuchlicher Einsatz der Ermächtigung denkbar ist. Eine sorgfältige und regelmäßige Überprüfung der Kontoführung ist daher zu empfehlen.
nach oben
3. Kreditgeschäft: § 1 Abs 1 Z 3 BWG
Das bürgerliche Recht kennt kein einheitliches Kreditgeschäft. Im ABGB sind verschiedene Formen der Kreditierung (§§ 983 ff: Darlehen → KAPITEL 3: Das Darlehen als Realvertrag: Kauf auf Borg → KAPITEL 2: Kreditkauf, aber auch die Stundung → KAPITEL 7: Fälligkeit, Mahnung, Stundung, Kreditierung) vorgesehen. – Gemeinsames Merkmal aller Kreditgeschäfte ist die Verschaffung von Kapital oder Kaufkraft.
Neben dem gesetzlich geregelten Darlehen (Realvertrag) hat insbesondere der Geldkreditvertrag Bedeutung. Der Geldkreditvertrag wird schon durch die beiderseitigen Leistungspflichten, nämlich die Auszahlung des Kreditbetrages einerseits und die Rückzahlung andererseits, perfekt. Darlehen und Geldkreditvertrag werden vom Krediteröffnungsvertrag unterschieden. Letzteres ist eine Art Optionsvertrag, der dem Kunden das Gestaltungsrecht einräumt, Kredite innerhalb eines bestimmten Rahmens abzurufen; vgl auch → KAPITEL 3: Der Kredit(eröffnungs)vertrag.
Die Kreditvergabe ist ein Massengeschäft, das zumeist in standardisierter Form abgewickelt wird. Kredite des täglichen Lebens werden darüber hinaus regelmäßig auf der Grundlage der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmen geschlossen. Diese von allen Banken verwendeten einheitlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (dazu → KAPITEL 6: Allgemeine Geschäftsbedingungen) waren und sind laufend Gegenstand rechtlicher Kontroversen, mit denen die Gerichte befasst werden.
AGB
Ein interessanter – und bislang wenig beachteter – Aspekt der einheitlichen Verwendung gleichlautender Geschäftsbedingungen durch die Banken ist deren mögliche Unvereinbarkeit mit (zwingenden) kartellrechtlichen Vorschriften; Kartellverbot (§ 18 KartG) und Art 81 EG-Vertrag.
Art 81 Abs 1 EG-Vertrag
Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder Bewirken, insbesondere a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen...
Sonderform des Geldkreditvertrags ist der Kontokorrentkredit. Die Bank räumt dem Kunden einen Rahmen (eine Kreditlinie) ein, innerhalb dessen der Kredit auch wiederholt ausgenutzt werden kann; revolvierender Kredit. Das Kreditverhältnis ist mit einer Kontokorrentabrede verbunden. Danach hat der Kreditnehmer das Recht, jederzeit Rückzahlungen vorzunehmen. Eingänge auf dem Kreditkonto werden mit dem Kredit laufend verrechnet. Der Kontokorrentkredit wird regelmäßig mit einem Girovertrag verknüpft sein. – Zum Verbraucherkredit und zum Kreditgeschäft mit Ehegatten → KAPITEL 2: Kreditgeschäfte von Ehegatten (§ 25).
Kontokorrentkredit
nach oben
4. Diskontgeschäft: § 1 Abs 1 Z 4 BWG
Beim Diskontgeschäft erwirbt die Bank Wechsel oder Schecks und zahlt an den Kunden zur Nominale oder (wie banküblich) die um den Zwischenzins (Diskont) und die Provision verminderte Scheck- oder Wechselsumme; zum Wechsel → KAPITEL 15: Der Wechsel, zum Scheck → KAPITEL 15: Der Scheck. – Diskontierung bedeutet immer, dass der „Verkäufer” der Forderung weiter für deren Erfüllung haftet; Wechselregress. Das Forfaitierungsgeschäft ist ein Sonderfall des Diskontgeschäfts bei dem das Kreditinstitut auf den Regress verzichtet.
nach oben
5. Depotgeschäft: § 1 Abs 1 Z 5 BWG
Depotgeschäft umfasst die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren für andere, nicht jedoch die Anschaffung von Wertpapieren; Effektengeschäft. Das Depotgesetz (DepG) enthält die näheren Bestimmungen zur Verwahrung von Wertpapieren. – Im Depotvertrag, der Elemente von Verwahrung und Auftrag, aber auch der Treuhand (→ KAPITEL 15: Die Treuhand) enthält und zur Gruppe der Realverträge zählt, wird grundsätzlich die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren als einheitliche Leistung der Bank vereinbart → KAPITEL 3: Sonderformen der Verwahrung. In der Praxis wird die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren mit der Verwaltung von Geldern kombiniert; sog Vermögensverwaltungsvertrag. Beim Vermögensverwaltungsvertrag stellt der Kunde der Bank einen bestimmten Geldbetrag zur Verfügung und gibt den „Rahmen” für die Art der Vermögensverwaltung vor; Veranlagung in mündelsicheren Wertpapieren, Veranlagung in Pfandbriefen oder Obligationen; Veranlagung in Aktien, Wandelschuldverschreibungen, Optionen oder anderen eher riskanten Derivaten. Dabei wird den Bedürfnissen und der „Risikofreudigkeit” des Kunden Rechnung getragen. Für die Bank selbst ist der Vermögensverwaltungsvertrag mit Risiken behaftet; dies insbesondere dann, wenn die veranlagten Gelder im Rahmen der eingegangenen Spekulationsgeschäfte zur Gänze oder teilweise verloren gehen. Der Aufklärungspflicht der Bank kommt erhebliche Bedeutung zu, um eine vertragliche oder vorvertragliche Haftung zu vermeiden. In der Praxis versuchen die Banken der Aufklärungspflicht nachzukommen, in dem sie Kunden umfangreiche Erklärungen unterfertigen lassen, deren Inhalt aber oftmals unzureichend erörtert (und verstanden) wird.
Rechtssprechungsbeispiel
9 Ob 230/02 t v 26.2.2003: Die Anleger wollten eine sichere Geldanlage für einen Betrag von insgesamt ca 30.000 ı mit fünfjähriger Bindung. Der Anlageberater der Bank empfahl einen bis zu diesem Zeitpunkt sehr erfolgreichen Fond. Es handelte sich dabei um einen Hedgefond, der als Offshore-Fond mit Sitz auf den British Virgin Islands ausschließlich in russischen Zinsinstrumenten veranlagte. Kurze Zeit nach dem Kauf durch die Anleger brach dieser Fond im Gefolge der Russlandkrise im August 1998 zusammen. Das gesamte eingesetzte Kapital war verloren. Die Bank wurde zum Schadenersatz verurteilt, der OGH ließ die ao Revision nicht zu: „Die Bank treffen bei Abschluss eines Effektengeschäfts auch ohne Bestehen eines besonderen Beratungsvertrags Aufklärungs- und Beratungspflichten. Dabei ist ein strenger Maßstab an die Sorgfalt der Bank anzulegen, darf doch der Kunde darauf vertrauen, dass sie über spezifisches Fachwissen im Wertpapierhandel verfügt, aber auch darauf, dass sie ihn bei Abschluss und Durchführung solcher Geschäfte umfassend berät. Entscheidend sind einerseits die erkennbare Unerfahrenheit und Informationsbedürftigkeit des konkreten Kunden, andererseits die Art des beabsichtigten Geschäfts bzw Wertpapiers. Als Grundsatz kann gelten: Je spekulativer die Anlage und je unerfahrener der Kunde, desto weiter reichen die Aufklärungspflichten.” – Die Haftung der Bank ergibt sich aus culpa in contrahendo, positiver Forderungsverletzung und der aus dem Beratervertrag abgeleiteten Aufklärungs- und Beratungspflicht. Darüber hinaus konkretisiert § 13 Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG) die Sorgfaltspflichten der Bank.
nach oben
6. Ausgabe und Verwaltung von Zahlungsmitteln: § 1 Ab s 1 Z 6 BWG
Zu den typischen Bankgeschäften zählen auch die Ausgabe und Verwaltung von Zahlungsmitteln wie Kreditkarten und Reiseschecks. – Bei Reiseschecks ermächtigt das Kreditinstitut den Kunden, bei Korrespondenzbanken auf Rechnung des Kreditinstituts Barbeträge gegen Übernahme des Schecks einzuheben. Es handelt sich dabei weder um eine Kreditgewährung, noch um ein Garantieversprechen, sondern um die Schaffung eines künstlichen Zahlungsmittels. Zu Reisescheck und Kreditkarte → KAPITEL 15: Die Kreditkarte.
nach oben
7. Handel auf eigene oder fremde Rechnung: § 1 Abs 1 Z 7 BWG
Banken sind ermächtigt, auf eigene oder fremde Rechnung mit Devisen und Valuten, Geldmarktinstrumenten, Wertpapieren, sowie verschiedenen „künstlichen” aus Wertpapieren, ausländischen Währungen, Devisenkontrakten oder Börsenkontrakten abgeleiteten Instrumenten (sog Derivate, Derivategeschäft) zu handeln.
Devisen und Valuten
Valuta ist ein Sammelbegriff für fremde Währungen. Diese fremden Währungen können entweder als Sorten (fremdes Bargeld) oder als Devisen (fremdes Buchgeld) gehalten werden. – Der Devisenkurs ist der Preis, den man für eine fremde Währung bezahlt oder erhält. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Devisenhandel.
Valuta
Vom Devisenhandel zu unterscheiden ist das Devisenrecht. Auf die im internationalen Warenverkehr notwendigen Zahlungsströme wurde im Rahmen der „Devisenbewirtschaftung” gezielt Einfluss genommen; Bewilligungspflicht nach DevisenG. Es handelte sich um ein Instrument der Wirtschaftslenkung, das jedoch seit dem Beitritt zur EU und zur Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) an Bedeutung verloren hat und nunmehr eine Gemeinschaftsaufgabe darstellt.
Devisenrecht
Der (international) freie Kapitalverkehr ist wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren des Welthandels und für die Entwicklung der Weltwirtschaft. Kapital ist „beweglich”. Der freie Kapitalverkehr wirkt aber auch als „Regulativ”, wenn in Staaten Misswirtschaft betrieben wird. Wird Kapital in größerem Umfang aus einer solchen Volkswirtschaft abgezogen, kann dies zu schweren wirtschaftlichen Krisen führen; vgl die derzeit herrschende Finanzkrise in Argentinien. Der freie Kapitalverkehr ist daher auch ein sehr umstrittenes „Instrument” der (internationalen) Wirtschaftspolitik.
Freier Kapitalverkehr
Finanzterminkontrakte
• Besondere Bedeutung kommt den Finanzterminkontrakten (Futures) in mehrerlei Hinsicht zu. Unterschieden werden:
Termingeschäfte (financial futures) und
Optionsgeschäfte.
• Beim Optionsgeschäft hat der Inhaber der long-Position (Käufer) lediglich das Recht, eine bestimmte Anzahl von Finanztiteln (zB Aktien) oder Waren (zB Elektrizität, Schweinebäuche) zeitlich limitiert bis zum Verfallstag zu einem bereits festgelegten Preis zu beziehen (Kaufoption = Call) oder zu veräußern (Verkaufsoption = Put). – Im Gegensatz zum Optionsgeschäft besteht beim echten Termingeschäft die Verpflichtung zum Leistungsaustausch, nicht bloß die einseitig hervorrufbare Möglichkeit.
Bei den Zinsterminkontrakten werden fix vereinbarte Zinsenzahlungen in verschiedenen Währungen gezahlt (bzw erhalten), variable Zinsenzahlungen in unterschiedlichen Währungen gezahlt (bzw erhalten) oder fixe Zinsenzahlungen in der einen Währung gegen variable Zinsenzahlungen in der anderen Währung erhalten (bzw geleistet). Ein Anwendungsfall ist das Forward Rate Agreement, dabei wird ein fixer Zinssatz für eine künftige Periode vereinbart, wobei nur die Differenz zu einem Referenzzinssatz bezahlt wird. Der eine Vertragspartner hat bei Überschreiten des Referenzzinssatzes Zahlungen zu erhalten, der andere bei Unterschreiten des Referenzzinssatzes.
Zinsterminkontrakte
Obwohl Finanz- und Zinsterminkontrakte zu den riskanten Bankgeschäften zählen, werden diese oftmals zur Risikominimierung eingesetzt. Insbesondere dienen diese Instrumente der Einschränkung von Risiken aus Währungs-, Kurs- oder Zinsschwankungen. Im Zusammenhang mit der Absicherung gegen Kursschwankungen spricht man auch von hedging. Da diese riskanten Bankgeschäfte Auswirkungen auf die Solvabilität und die Eigenmittel einer Bank haben können (→ Rahmenbedingungen für Bankgeschäfte), dürfen derartige Geschäfte umfangmäßig jeweils nur in Relation zu den im BWG aufgestellten Koeffizienten ausgeübt werden (§§ 22 ff BWG). Anlage 2 zu § 22 BWG enthält eine detaillierte Auflistung zulässiger außerbilanzmäßiger Geschäfte bzw Finanzgeschäfte.
§ 1 Abs 1 Z 7 BWG nennt noch den Handel mit Wertpapieren (Effektengeschäft), gemeint ist damit der „klassische” Wertpapierhandel. – Lit f) nennt auch den Handel mit abgeleiteten Instrumenten.
Effektengeschäft
nach oben
8. Garantiegeschäft: § 1 Abs 1 Z 8 BWG
Mit Garantiegeschäft wird dieÜbernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Haftungen für andere bezeichnet, sofern die übernommene Verpflichtung auf Geldleistungen lautet. Hierzu zählt auch das Akkreditivgeschäft. Auch das Garantiegeschäft hat im Wirtschaftsleben überragende Bedeutung. Banken gewähren für ihre Kunden Garantien und ermöglichen damit den Abschluss (großer) Geschäfte.
Voraussetzung für den Abschluss eines Unternehmenskaufvertrags ist die Beibringung einer abstrakten Bankgarantie mit einer Laufzeit von drei Jahren durch den Verkäufer des Unternehmens oder der Beteiligung, damit im Falle der Geltendmachung von Gewährleistungs- oder Schadenersatzansprüchen ein – externer, zusätzlicher – Haftungsfonds für den Käufer zur Verfügung steht; ein Anlagenerzeuger muss bei Auftragserteilung zur Lieferung einer Maschine eine „Erfüllungsgarantie” ( performance bond) einer Bank beibringen, aus der sich der Käufer befriedigen kann, wenn die Anlage nicht rechtzeitig in Betrieb genommen werden kann. Die Einzelheiten zu diesen Instituten sind an anderer Stelle behandelt: Zur Garantie → KAPITEL 15: Garantievertrag und Bankgarantie; zum Akkreditiv → KAPITEL 15: Das Dokumentenakkreditiv; zur Bürgschaft → KAPITEL 15: Die Bürgschaft: §§ 1346 ff ABGB.
nach oben
9. Emissionsgeschäft
• Die verschiedenen Typen von Emissionsgeschäften sind im BWG – etwas umständlich – untergliedert:
• Das Wertpapieremissionsgeschäft (§ 1 Abs 1 Z 9 BWG) umfasst nur die „Ausgabe von Pfandbriefen, Kommunalschuldverschreibungen und fundierten Bankschuldverschreibungen und die Veranlagung des Erlöses nach den hiefür geltenden besonderen Rechtsvorschriften” (zB nach dem HypothekenbankenG) umfasst.
• Daneben nennt Z 10 das „sonstige Wertpapieremissionsgeschäft”, mit dem wiederum nur die Ausgabe „anderer festverzinslicher Wertpapiere zur Veranlagung des Erlöses in anderen Bankgeschäften” beschrieben wird. Von grundsätzlicher Bedeutung ist das sog Loroemissionsgeschäft (Z 11). Darunter wird die Teilnahme an der Emission von Wertpapieren Dritter („Börsegang”, Begebung von Obligationen – bonds – oder Wandelschuldverschreibungen, Genusscheinen, Optionen und anderen Geldmarktinstrumenten sowie von Terminkontrakten – Futures, Swaps) verstanden.
• Eng damit im Zusammenhang stehen das Investment- und Beteiligungsfondgeschäft (Z 13 und Z 14). Das Investmentgeschäft umfasst die Verwaltung von Kapitalanlagefonds nach dem InvestmentfondsG. – Ein Kapitalanlagefonds ist nach §§ 1 und 2 InvFG ein von einer Kapitalanlagegesellschaft verwaltetes und von einer Depotbank verwahrtes, nach dem Grundsatz der Risikostreuung investiertes Sondervermögen. Dieses aus Wertpapieren bestehende Sondervermögen steht im Miteigentum der Anteilsinhaber (→ KAPITEL 8: Schlichtes oder ideelles Miteigentum) und wird von Kapitalanlagengesellschaften verwaltet. Besonderheit des Beteiligungsfondgeschäfts ist, dass Beteiligungsfonds – im Gegensatz zu Investmentfonds – nur Unternehmensbeteiligungen erwerben dürfen, die keinesfalls eine unbeschränkte Haftung oder eine Nachschusspflicht des Beteiligungsfonds beinhalten. Beteiligungsfonds werden durch die Ausgabe von Genussscheinen refinanziert. Mit dem Kapitalfinanzierungsgeschäft (Z 15) wird eine Art Finanzierungsgeschäft bezeichnet, das durch den Erwerb von Anteilsrechten und deren Weiterveräußerung entsteht. All diese Tätigkeiten lassen sich mit dem aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis bekannten Begriff des investment banking umfassend beschreiben.
Im Gegensatz zu den unter Punkt 1. bis 6. beschriebenen Bankgeschäften, bei denen die Zurverfügungstellung von Fremdkapital durch die Banken im Vordergrund steht, überwiegt bei den hier genannten Bankgeschäften die Finanzierung der Unternehmen mit Eigenmitteln. Die Banken treten hier nur ausnahmsweise selbst als Geldgeber auf (wenn sie zB selbst Beteiligungen an Unternehmen erwerben). Zumeist ist ihre Aufgabe darauf ausgerichtet, den Unternehmen Zugang zu Finanzmitteln Dritter zu verschaffen und die zuweilen hochkomplexen Transaktionen zu begleiten. Grundlage für ein erfolgreiches investment banking sind funktionierende Kapitalmärkte. Auf den Kapitalmärkten begegnen sich – vereinfacht gesprochen – Kapitalgeber (private und institutionelle Investoren, das sind Kleinanleger, Fondgesellschaften, größere Unternehmen, unter staatlicher Aufsicht stehende Pensionskassen oder Mitarbeitervorsorgekassen etc) und Unternehmen, die Kapital für die Finanzierung ihrer unternehmerischen Tätigkeit benötigen.
Investment banking
Im Gegensatz zum Fremdkapitalgeber, der einen mehr oder weniger festen Zins auf das eingesetzte Kapital und am Ende der Laufzeit das hingegebene Kapital zurück erhält, bezieht der Eigenkapitalgeber lediglich eine Dividende, die vom erzielten Gewinn des Unternehmens abhängig ist. Erwirtschaftet das Unternehmen einen Verlust, erhält der Eigenkapitalgeber nichts, er riskiert sogar den Verlust des eingesetzten Kapitals. Im Falle der Insolvenz des Unternehmens werden die Fremdkapitalgeber zunächst mit der bei der Verwertung des Vermögens des Unternehmens erzielten Quote befriedigt. Eigenkapitalgeber erhalten ihre Einlage nur zurück, wenn sämtliche Fremdkapitalgeber zur Gänze befriedigt wurden, in der Regel verlieren sie also ihr Kapital. Die Bereitstellung von Eigenkapital ist daher mit größeren Risiken verbunden. Eigenkapitalgeber erlangen aber im Gegenzug Mitspracherechte – Stimmrechte in Generalversammlungen oder Hauptversammlungen, sie können Organe (Aufsichtsräte) wählen und über ihre Vertreter in den Organen Einfluss auf die operative Führung der Geschäfte nehmen.
Von funktionierenden Kapitalmärkten spricht man, wenn die Rahmenbedingungen so attraktiv sind, dass es für potentielle Kapitalgeber interessanter ist, statt Fremdmittel Eigenmittel zur Verfügung zu stellen. Zu den Rahmenbedingungen für die Kapitalmärkte gehört einerseits die Existenz entsprechend großer Börsen, über die täglich Mindestvolumina an Transaktionen abgewickelt werden. Auf zu „engen Märkten” besteht in viel größerem Maße die Gefahr von Kursmanipulationen, die nachteilig für das Vertrauen der Anleger in die Märkte sind. Auch eine funktionierende Kapitalmarkt- oder Börsenaufsicht (diese wird in Österreich von der FMA wahrgenommen) ist unabdingbare Voraussetzung für das Vertrauen der Anleger in den funktionierenden Kapitalmarkt. Bei Regelverstößen (insbesondere beim äußerst schädlichen „Insider-Handel”) müssen Strafmaßnahmen gesetzt werden (die in Österreich bislang bekannt gewordenen Fälle vermitteln allerdings den Eindruck, dass auch bei schweren Verstößen gegen das Verbot des Insider-Handels praktisch mit keinen Konsequenzen zu rechnen ist; für die Entwicklung des österreichischem Kapitalmarkts ist diese Praxis sehr schädlich). Auch die steuerlichen Rahmenbedingungen haben gravierende Auswirkungen auf das Funktionieren eines Kapitalmarkts (Einheben von Spekulationssteuern oder die Besteuerung von Anteilsübertragungen – Kapitalverkehrssteuern) können nachteilige Auswirkungen haben.
nach oben
10. Exkurs: Ablauf eines „going public“
Der Gang an die Börse (going public) wurde in den vergangen Jahren zu einem beliebten Mittel der Kapitalbeschaffung auch für mittelständische Unternehmen. Ende der 90-er Jahre herrschte vor allem bei jungen Technologieunternehmen geradezu eine Euphorie (dot.com boom). Die zum Teil sagenhaften Gewinne, die bei Börsentransaktionen erzielt wurden, haben selbst seriöse Banken und Finanzinstitute verleitet, Unternehmen ohne Substanz an den Börsen „einzuführen”. Der Aufstieg und Fall des Neuen Marktes der Frankfurter Börse steht sinnbildlich für diese Entwicklung. Ungeachtet der Rückschläge, die Finanzierungen über die Kapitalmärkte in den vergangenen Jahren zweifelsohne erlitten haben, ist die Unternehmensfinanzierung über die Börse aber weiterhin eine äußerst attraktive Möglichkeit, die Eigenkapitalbasis des Unternehmens zu stärken. Gerade auch die anstehenden Veränderungen im Zusammenhang mit Fremdfinanzierungen (Basel II) werden verstärkt dazu führen, dass auch mittelständische Unternehmen den Weg an die Kapitalmärkte suchen. Im Folgenden soll der Ablauf eines Börsegangs grob skizziert werden.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen Börsegang sind im BörseG und im Kapitalmarktgesetz (KMG) zu finden. Der „Börsekandidat” (Emittent) muss beim Börseunternehmen (Wiener Börse) einen Zulassungsantrag stellen. Diesem ist stattzugeben, wenn die im Gesetz vorgesehenen Formalkriterien erfüllt werden; §§ 64 ff BörseG. Bemerkenswert ist, dass auch relativ kleinen Unternehmen der Zugang zur Börse offen steht. Nach § 66 Abs 1 Z 2 BörseG ist für die Zulassung zum amtlichen Handel lediglich Voraussetzung, dass zumindest Aktien im Nominale von 2,9 Mio ı zum Handel zugelassen werden. Für andere Börsesegmente (geregelter Freiverkehr, Dritter Markt) gelten weniger strenge Zulassungsvorschriften.
Voraussetzungen
Da der Verkauf von Aktien über eine Börse ein öffentliches Angebot im Sinne des § 1 Abs 1 KMG ist, sind Emitenten verpflichtet, einen Prospekt nach KMG bzw BörseG zu erstellen. Der Prospekt muss den im KMG vorgegebenen – strengen – Anforderungen gerecht werden und es den Anlegern ermöglichen, sich ein Urteil über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten und dessen Entwicklungsaussichten über die mit den Verkehrsgegenständen verbundenen Rechte zu bilden; § 74 Abs 1 BörseG. – Der Prospekt ist von einem Prospektprüfer zu prüfen. Prospektprüfer dürfen nur die in § 8 KMG vorgesehenen Einrichtungen (Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, genossenschaftliche Prüfungsverbände, Sparkassen-Prüfungsverband, Kreditinstitute mit bestimmten Eigenmitteln) sein. Zweck der strengen Vorschriften des KMG und des BörseG ist der Anlegerschutz. Anleger sollen durch die umfangreichen Verpflichtungen vor Übervorteilung geschützt werden – eine Intention des Gesetzgebers, die in vielen Fällen unerfüllt geblieben ist.
Prospekt, Prospektprüfer, Anlegerschutz
Da öffentliche Angebote in den meisten Ländern strengen regulatorischen Vorschriften unterliegen (insbesondere in den USA besteht ein äußerst komplexes Regelungssystem, dessen Verletzung drakonische Strafen zur Folge haben kann), ist bei öffentlichen Angeboten das internationale Umfeld zu beachten. Vor allem Angebote, die auch über das Internet verbreitet werden, und damit weltweit zugänglich sind, sind hier regelmäßig mit Risiken behaftet.
Ein IPO ( initial public offering – erstmalige Börseeinführung) beginnt mit der Entscheidung des Unternehmens, sich Kapital an einer Börse zu beschaffen oder mit der Entscheidung der Gesellschafter, ihre Aktien über die Börse an das Anlegerpublikum zu veräußern. In der Folge sucht das Unternehmen geeignete Berater für das Vorhaben (Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte, Marketingberater und insbesondere das oder die den Börsegang begleitende(n) Kreditinstitut(e) (Emissionshäuser)). In der Regel wird zu diesem Zweck zunächst ein sog beauty contest durchgeführt, bei dem Investmentbanken eingeladen werden, ihre Ideen für die Gestaltung des IPO zu präsentieren. Danach erfolgt die Auswahl der Investmentbank, bei größeren Transaktionen werden zumeist mehrere Banken ausgewählt, die ein Konsortium bilden.
Ablauf des IPO
Eine oder zwei Banken werden zum Konsortialführer (lead manager) bestellt. Die Auswahl der Banken richtet sich insbesondere nach deren Erfahrung und den erzielten Erfolgen bei (vergleichbaren) Börsegängen (track record) und nach deren „Platzierungskraft”. Investmentbanken verfügen über traditionell gute Beziehungen zu Großinvestoren (Investmentfonds, Pensionsfonds etc), andere Häuser sind in der Lage, größere Aktientranchen bei Kleinanlegern zu platzieren (zu denken ist etwa an das Geschäftsstellennetz der Sparkassen oder der Genossenschaftsbanken, die in den „Vertrieb” der Aktien eingebunden werden).
Nach der Entscheidung, welche Investmentbank den Börsegang begleiten wird, erfolgt die Mandatierung (Mandatsvertrag), der bereits die wesentlichen Eckpunkte der Transaktion enthält. Im Mandatsvertrag sind die wechselseitigen Rechte und Pflichten des Emittenten und der Investmentbank(en) bei der bevorstehenden Transaktion festgelegt. Insbesondere ist festgelegt, ob und inwieweit die Investmentbank eine „Platzierungsgarantie” abgibt. Garantiert die Bank die Platzierung der Aktien beim Publikum, ist sie verpflichtet, die neu emittierten bzw zum Verkauf angebotenen alten Aktien zu kaufen und – im Fall der Unverkäuflichkeit – in ihr eigenes Portefeuille zu nehmen. Platzierungsgarantien sind in der Praxis anzutreffen, wenn ein Emittent als besonders aussichtsreicher „Kandidat” gilt. Sie sind in der Regel mit höheren Provisionen für die Banken verbunden.
Mandatsvertrag
Nach Abschluss der Mandatsvereinbarung beginnt die eigentliche Vorbereitung auf den Börsegang. Der Prospekt muss gemäß den im Anhang zum KMG vorgegebenen Schema erstellt werden. Zu diesem Zweck wird der Emittent im Rahmen einer Due Diligence- Prüfung”auf Herz und Nieren” überprüft. Alle rechtlichen und steuerlichen Belange des Unternehmens, Organisationsstrukturen, Beteiligungen, Mitarbeiter, anhängige Rechtsstreitigkeiten, drohende Zivil- oder Strafverfahren werden analysiert und aufbereitet. Das regulatorische Umfeld für die spezifische Tätigkeit des Unternehmens wird dargelegt, die steuerlichen Rahmenbedingungen des Unternehmens werden erläutert. Wesentlicher Bestandteil der Prospekte sind dabei die sog Risikofaktoren. In diesen werden potentielle Anleger auf die mit einem Kauf der Aktien verbundenen Risiken hingewiesen.
Due Diligence Prüfung
Die Risikofaktoren dienen insoweit dem Schutz der Emittentin und der die Emittentin begleitenden Berater (der Investmentbank), weil Anleger eine Schädigung ihrer Interessen nicht geltend machen können, wenn ein Schaden seine Ursache in einem Umstand hat, der in den Risikofaktoren erwähnt war.
Der Börseprospekt ist von der Emittentin und dem Prospektprüfer zu unterfertigen. Mit der Unterfertigung entsteht die unter Umständen weitreichende Haftpflicht der Emittentin und des Prüfers für die Vollständigkeit und Richtigkeit des Inhalts des Prospekts. – Der Prospekt wird zusammen mit dem Zulassungsantrag beim Börseunternehmen eingereicht.
Börseprospekt
Während der Phase der Prospekterstellung beginnt das sog pre-marketing. In dieser Phase sprechen die Investmentbanken mit potentiellen Großinvestoren über deren Interesse an einem investment und loten den möglichen Preis aus. – Nach Fertigstellung des Prospekts wird ein Preisband festgelegt, innerhalb dessen die Zeichner ihre Order abgeben können. Danach beginnt das öffentliche Angebot. Während der sog Zeichnungsphase können Anleger jeder Größe über ihre Hausbanken Aktien zu dem von ihnen (innerhalb des Preisbandes) festgesetzten Preis ordern. Nach Ende der Zeichnungsfrist erfolgt die Preisfestsetzung und die Zuteilung der Aktien, die Schwierigkeiten bereiten kann, wenn ein Angebot überzeichnet ist, also die Nachfrage das Angebot übersteigt. In solchen Fällen verpflichten sich die bestehenden Gesellschafter in der Regel, einen Nachfrageüberhang durch Abgabe zusätzlicher Aktien auszugleichen (sog Greenshoe Option). Nach der Zuteilung der Aktien erfolgt die eigentliche Durchführung der Kapitalerhöhung, in der Regel indem die Investmentbank formal sämtliche neuen Aktien mit der Verpflichtung zeichnet, diese an die Zeichner der im Rahmen des öffentlichen Angebots gezeichneten Aktien weiterzugeben; § 153 Abs 6 AktG. Mit der Eintragung der Kapitalerhöhung in das Firmenbuch entstehen die neuen Aktien. Diese werden in der Regel durch eine Sammelurkunde verbrieft, die bei der Österreichischen Kontrollbank hinterlegt wird. Die Aktien werden dem Publikum in elektronischer Form zur Verfügung gestellt. Beim sog settlement werden die Aktien den – oftmals zigtausenden Zeichnern – zugeteilt und auf die Depots der neuen Aktionäre überwiesen. Wenige Tage nach der Eintragung der Kapitalerhöhung in das Firmenbuch können die neuen Aktien an der Börse gehandelt werden.
Öffentliches Angebot
nach oben
11. Sondervorschriften für börsenotierte Unternehmen
Börsenotierte Gesellschaften unterliegen den Sondervorschriften des BörseG. Insbesondere bestehen weitereichend Melde- und Veröffentlichungspflichten, etwa die Pflicht zur Veröffentlichung der Jahresabschlüsse, der Veröffentlichung von Quartalsergebnissen, der Meldung von Veränderungen im Aktionariat; insbesondere der Meldung des Kaufs und Verkaufs von Aktien durch Organe und leitende Mitarbeiter (§§ 82 ff BörseG). Die Finanzmarktaufsicht (FMA) wacht über die Einhaltung dieser Vorschriften.
Bei börsenotierten Gesellschaften besteht das Problem der Insider-Information. Der Missbrauch von Insider-Informationen, also von Informationen, die Auswirkungen auf den Kurs eines Wertpapiers haben können, ist ein gerichtlicher Straftatbestand; § 48a BörseG. Die FMA ist aufgefordert, Verstöße gegen Insider-Handel aufzuspüren und bei der Staatsanwaltschaft zur Anzeige zu bringen.
Insider-Information
Von einem secondary public offering (SPO) spricht man, wenn eine Gesellschaft, die bereits an einer Börse notiert, eine Kapitalerhöhung beschließt, die wiederum über die Börse platziert wird.
nach oben