| Kapitel 10 | | | B. Behandlungsvertrag
– Medizinhaftung | | |
C. Entscheidungsbeispiele
zu den Kapiteln 9 und 10 |
Die
folgenden „Fälle” zu den Kapiteln 9 und 10 dienen dazu, das Gelernte
zu vertiefen und in die Praxis der Fallbehandlung einzuführen. Das
Lesen höchstrichterlicher En schärft die eigene Argumentation und
fördert schon im Studium die Verständnis- und Kritikfähigkeit. Es
handelt sich also nicht um Prüfungsstoff, sondern um „Lektüre” für
Interessierte. Die idR gekürzt abgedruckten En sollen dazu anregen,
den Volltext dieser und anderer En nachzulesen. | |
Fälle in zeitlichem
Abstand zum vermittelten Stoff zu lesen, vermittelt zudem einen
Wiederholungseffekt. | |
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I. Eine missglückte Sterilisation | |
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Urteil des
LG Ried i.I. (1993) – gekürzt. Klägerin = Anneliese
St, Mutter eines trotz Sterilisation gezeugten Kindes. Beklagte =
Betreiberin des Krankenhauses B. Das LG Ried im Innkreis erkennt
in der Rechtssache der klagenden Partei Anneliese St gegen die beklagte
Partei [Krankenhaus B.] wegen Feststellung (Streitwert: 300.000
S) nach öffentlicher mündlicher Streitverhandlung zu Recht: (1)
Es wird der beklagten Partei gegenüber festgestellt, dass diese
der klagenden Partei für sämtliche Schäden aus der am 22.7.1989
im Krankenhaus B. durchgeführten Sterilisationsoperation haftet.
(2) Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin die Kosten dieses
Rechtsstreites in der Höhe von 64.878,80 S zu ersetzen. Aus den E-Gründen:
Die klagende Partei begründete ihr Feststellungsbegehren mit den
nachstehenden Behauptungen: Sie ... habe am 21.7.1989 ihr viertes
Kind geboren. Im Hinblick auf ihren Gesundheitszustand habe sie
sich damals auch zu einer Sterilisation entschlossen, die am 22.7.1989
... durchgeführt worden sei. Diese Sterilisation sei in Form einer
Tubenligatur durchgeführt worden .... Eine Aufklärung, welche Sterilisationsmethoden
angewendet werden können und welchen Sicherheitsgrad die jeweilige
Methode aufweise.., sei nicht erfolgt, ebenso wenig ein Hinweis,
dass ein derartiger Eingriff unmittelbar nach der Entbindung äußerst
ungelegen sei .... Abgesehen davon, habe der behandelnde Arzt den
Eingriff nicht „lege artis” vorgenommen. Dies habe letztendlich
dazu geführt, dass sie wieder schwanger geworden sei und am 13.9.1991
ihr fünftes Kind zur Welt gebracht habe .... Die beklagte Partei
hafte iSd § 1313a ABGB für den behandelnden Arzt. Aufgrund des fehlerhaften
Eingriffs sowie der mangelnden Aufklärung stünden ihr Schadenersatzforderungen
zu, und zwar in Form eines Schmerzengeldes, der Entlohnung von Betreuungspersonen
für die Kinder im Zusammenhang mit ihren gesundheitlichen Problemen
während der Schwangerschaft und in Form einer Unterhaltsleistung
der beklagten Partei für das fünfte Kind. | |
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Sterilisation: §
90 Abs 2 StGB | |
§ 90 Abs 1 StGB behandelt allgemein die „Einwilligung des
Verletzten” (volenti non fit iniuria) als Rechtfertigungsgrund,
schränkt aber insoferne ein, als die Körperverletzung oder Gefährdung
der körperlichen Sicherheit nicht gegen die guten Sitten verstoßen
darf. – Da die Erlaubtheit / Sittenwidrigkeit einer Sterilisation,
die nicht zu Heilzwecken erfolgte lange umstritten war, bestimmt nunmehr
Abs 2: | |
„Die von einem Arzt an einer Person mit
deren Einwilligung vorgenommene Sterilisation ist nicht rechtswidrig, wenn
entweder die Person bereits das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet
hat oder der Eingriff aus anderen Gründen nicht gegen die guten
Sitten verstößt.” | |
In Deutschland hat die Frage um die Begründung des Schadenersatzes
für ein ungewolltes Kind (Sterilisationsfälle; sog planwidrige Geburt)
zum Streit zweier Senate des Bundesverfassungsgerichtes geführt,
obwohl die zivilrechtliche Entschädigung des dadurch bewirkten Unterhaltsschadens
außer Streit steht. | |
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II. Aufklärung über Erfolgsaussicht bei Sterilisationen | |
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Vgl damit OGH, 26.1.1995, 6 Ob 502/95, RdM 1995, 69 (Anm
Bernat): – § 1293 ff, 1325 ABGB. Aus der Mitteilung des Arztes,
dass eine geplante Sterilisation durch operative Eileiterunterbindung„zu
den sichersten” gehöre, ist für die Patientin hinreichend erkennbar,
dass mit einem Erfolg nicht zu 100% gerechnet werden kann. Eine
derartige Erklärung stellt daher eine ausreichende Aufklärung über
die Erfolgsaussicht des Eingriffs im Hinblick auf die beabsichtigte
Verhinderung künftiger Empfängnisse dar. – Vgl dazu die Vor-E (LG
Ried i.I.): vgl E 1. | |
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III. Geburt eines behinderten Kindes als
Schaden der Eltern | |
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JBl
1999, 593: Arzthaftung – §§ 1295 ff ABGB,
§ 97 Abs 1 Z 2 StGB: Der Senat teilt die Bedenken gegen die Annahme,
die Geburt eines gesunden, jedoch unerwünschten Kindes sei ein Schaden.
– Der Fall der Geburt eines überaus schwer behinderten Kindes, der
den Eltern eine besonders schwere, ihr Leben einschneidend verändernde
Belastung aufbürdet, ist jedoch mit dem Problemkreis der bloß fehlgeschlagenen Familienplanung
nicht vergleichbar. In einem solchen Fall kann es nicht ohne weiteres
als ausgeschlossen angesehen werden, aus der unterlassenen Abtreibung
Schadenersatzansprüche abzuleiten. – Der weitaus überwiegenden Auffassung
folgend vertritt der Senat die Ansicht, dass eine von der schwangeren
gewünschte Abtreibung nicht rechtswidrig ist, wenn
die Voraussetzungen des § 97 Abs 1 Z 2 zweiter Fall StGB vorliegen.
– Der Arzt, der die mögliche Aufklärung über eine schwere Behinderung
des werdenden Kindes unterlässt, verstößt gegen seine Vertragspflicht,
die auch den Schutz der Eltern vor Vermögensnachteilen in Folge
der unerwünschten, bei ordnungsgemäßer Aufklärung unterbliebenen
Geburt eines schwerst behinderten Kindes umfasst. Ein Schadenersatzanspruch
des Kindes gegen den Arzt für die unerwünschte eigene Existenz („wrongful
life”) wird in Übereinstimmung mit dem dtBGH abgelehnt.
Für die Ersatzpflicht des verantwortlichen Arztes kann es keine
Rolle spielen, wie sich die Belastung im Einzelfall zwischen den
Eheleuten verteilt. | |
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IV. Was darf ein Arzt in Facharztausbildung? | |
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JBl
1987, 104: §§ 1295, 1299, 1298 und 1313a
ABGB; § 1a ÄrzteG: Ein in Facharztausbildung befindlicher
Arzt darf nicht selbständig ohne Anleitung und
Aufsicht eine Narkose verabreichen. Tut er das dennoch
und fügt er dabei durch Unterlassung ... dem Patienten einen Körperschaden
zu, so wird er schadenersatzpflichtig, wenn er nicht beweist, dass
auch ein erfahrener Arzt in gleicher Lage die indizierte Maßnahme
unterlassen hätte. Wäre die Maßnahme von einem Fachmann vorgenommen
worden, hat der Täter deren Unterlassung nach § 1299 ABGB zu vertreten.
... Neben dem Täter haftet nach § 1313a ABGB auch der Träger der
Krankenanstalt. | |
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 | Abbildung 10.41: Skizze zu JBl 1987, 104 |
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V. Fehlverhalten eines Spitalsarztes – Verletzung der ärztlichen
Aufklärungspflicht | |
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OGH 31.1.1995, 4 Ob 509/95, ÖJZ-LSK 1995/194:
§ 1299 ABGB(§§ 1298, 1313a ABGB): Ein dem Spitalsarzt
anzulastendes Fehlverhalten für welches der Krankenhausträger
dem Patienten als Partner des abgeschlossenen Behandlungsvertrages
zu haften hat, liegt dann vor, wenn der Arzt nicht nach Maßgabe der
ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung vorgegangen ist oder die übliche
Sorgfaltspflicht eines ordentlichen pflichtgetreuen Durchschnittsarztes
in der konkreten Situation vernachlässigt hat. Der Behandlungsvertrag
umfasst auch die Pflicht, den Patienten über Art und Schwere sowie
über die möglichen Gefahren und schädlichen Folgen der Behandlung
oder ihrer Unterlassung zu unterrichten. – Jede ärztliche Heilbehandlung,
die mit einer Verletzung der körperlichen Integrität verbunden ist,
ist also Körperverletzung und damit als Verletzung eines absolut
geschützten Rechtsgutes zu werten und somit rechtswidrig; erst die
Zustimmung des Patienten kann den rechtswidrigen Eingriff rechtfertigen.
– Auf typische Risiken einer Operation ist ganz unabhängig von der
prozentmäßigen statistischen Wahrscheinlichkeit, also auch bei einer
allfälligen Seltenheit ihres Eintrittes, hinzuweisen. Für den Fall
einer Verletzung der Aufklärungspflicht trifft
den Arzt bzw den Krankenhausträger die Beweislast dafür, dass der
Patient auch bei ausreichender Aufklärung die Zustimmung zur Operation
erteilt hätte. | |
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VI. Alternative Kausalität und Arzthaftung | |
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JBl 1996, 181: Alternative
Kausalität zwischen Behandlungsfehler und „Zufall” bei
Arzthaftung: Zum Problemkreis der alternativen Kausalität bei ärztlichen
Behandlungsfehlern, insbesondere zur Konkurrenz zwischen einem Haftungsgrund
aus einem Behandlungsfehler und einem dem Geschädigten zuzurechnenden
Zufall liegt nur eine scheinbar einheitliche Rspr des OGH vor; in
Wahrheit fehlt eine solche. – Nur eine Schadensteilung gewährleistet
in solchen Fällen eine dem Gerechtigkeitsgebot entsprechende Problemlösung.
Kläger = mit schweren Schädigungen geborenes Kind. Beklagter = Land
Tirol als Krankenhausträger. | |
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VII. Weitere E-Beispiele zum allgemeinen Schadenersatzrecht | |
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EvBl 1969/217: Anspruch
der Witwe nach § 1327 ABGB, die wegen des Todes ihres Gatten
dessen Dienstwohnung räumen muss, auf Ersatz des dadurch verursachten
Aufwandes zur Beschaffung einer neuen Wohnung. | |
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EvBl 1988/80: § 1327 ABGB: Mit
der Wiederverheiratung einer Witwe erlischt ihr
Schadenersatzanspruch gegen den Schädiger wegen entgangener Unterhaltsleistung
durch ihren verstorbenen Ehegatten. | |
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SZ 44/8 (1971): Zu § 1309 ABGB:
Die Erziehungspflicht der Eltern besteht unabhängig vom Alter der Kinder
so lange, als die Kinder einer entsprechenden Aufsicht bedürfen.
Der Besitz und die Aufbewahrung einer Pistole samt Munition in
einer Privatwohnung bedeutet an sich das Schaffen einer Gefahrenquelle,
die Vorkehrungen zur Abwehr von Schädigungen notwendig macht. Die
Art der jeweils erforderlichen Vorkehrungen wird durch den Einzelfall
bestimmt. | |
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SZ 4/91 (1922): Diebstahl
eines Gummimantels – Zur Anwendung der §§ 970 und 1323
ABGB(Naturalersatz! Beachten Sie die Zeit, aus
der die E stammt – nach dem 1. Weltkrieg) – Ersatz für ein gestohlenes Kleidungsstück
durch Übergabe eines anderen gleicher Art und gleichen Wertes. Der
Kläger, der in seinem im Gasthof des Beklagten aufgenommenen Zimmer
von einem unbekannten Täter bestohlen worden war, verlangte als
Ersatz Übergabe eines „Gummimantels der Firma P, Marke K oder eines
diesem gleichwertigen Mantels”. Der Beklagte bestritt die rechtliche
Begründung dieses Begehrens insbesondere auch deshalb, weil er schon
vergeblich versucht habe, einen entsprechenden Mantel bei jenem
Händler zu bekommen, bei dem der Kläger den seinen gekauft hatte,
weil also die begehrte Ersatzleistung nicht „tunlich” sei (§ 1323
ABGB). Das Prozessgericht erkannt iSd Klagebegehrens mit der Begründung,
es handle sich um eine vertretbare, nach der Aussage eines Zeugen
leicht beschaffbare Sache und es stehe außer Frage, dass der Kläger
berechtigt sei, zum Ersatz einen gleichwertigen Mantel zu verlangen.
Das Berufungsgericht wies die Klage ab. – Vgl auch SZ 4/95 (1922):
Diebstahl von 4000 Stück Sensen – Naturalersatz! | |
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EvBl
1976/233: § 1 AHG (§§ 1311, 1325, 1326
ABGB): Verletzung eines zu einer Waffenübung einberufenen
Soldaten beim Werfen von Handgranaten, weil sich
der Ausbildner nicht an die Ausbildungsvorschriften hält; militärische
Ausbildungsvorschrift, hier: Blg 4 zur „Allg Schießausbildung (ASA)”,
als Schutznorm für den Auszubildenden. – Schmerzengeld und Verunstaltungsentschädigung
bei gänzlicher Erblindung eines Auges. Zur Amtshaftung → KAPITEL 12: Die
Amtshaftung ¿ AHG 1948. | |
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SZ 52/136 (1979): § 1325 ABGB –
Der Schaden aus einer Körperverletzung ist auch
dann zu ersetzen, wenn ein ungeborenes Kind durch
ein schädigendes Ereignis, das nach der
Zeugung (also während der Schwangerschaft) gesetzt wird,
beeinträchtigt und dadurch mit Missbildungen etc geboren wird. Zur Begründung
eines derartigen Ersatzanspruches genügt der Nachweis der Wahrscheinlichkeit
eines Ursachenzusammenhanges; die Frage, ob ein solcher Wahrscheinlichkeitsgrad
erreicht ist, gehört dem Gebiet der Beweiswürdigung an; vgl dazu
auch → KAPITEL 11: Freie
richterliche Beweiswürdigung. | |
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EvBl 1982/43: § 1320 ABGB (§§ 1297,
1299 ABGB): § 1320 ABGB normiert eine verschuldensunabhängige [?] Haftung des
Tierhalters. Ob der Tierhalter für die „erforderliche Verwahrung
und Beaufsichtigung” des Tieres gesorgt hat, ist regelmäßig nach
der von ihm durchschnittlich aufzuwendenden Sorgfalt (§ 1297 ABGB)
zu beurteilen; erscheinen im Einzelfall besondere Sachkenntnisse
notwendig (§ 1299 ABGB), dann kann auch ein strengerer Maßstab angelegt
werden. – Das Maß der erforderlichen Aufsicht und Verwahrung ist
in elastischer, den Umständen des Einzelfalles Rechnung tragender
Weise zu bestimmen; dabei spielen vor allem die Gefährlichkeit des
Tieres – je nach dessen Art und Individualität, die Möglichkeit
einer Schädigung durch das spezifische Tierverhalten sowie eine
Abwägung der beiderseitigen Interessen eine Rolle. | |
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| Zur unrichtigen
Meinung, § 1320 ABGB statuiere eine verschuldensunabhängige Haftung → Die
Tierhalterhaftung
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EvBl 1995/57: § 1320 ABGB: Pflicht
zur Beaufsichtigung auch gutmütiger Hunde.
Die gänzlich unterlassene Verwahrung oder Beaufsichtigung eines
großen Hundes kann nicht durch dessen erwiesene Gutmütigkeit allein
gerechtfertigt werden. Der Tierhalter ist in diesem Fall nicht von
jeder Verwahrungs- und Beaufsichtigungspflicht befreit. Kläger =
bei Abwehrhandlungen zum Schutz des eigenen Hundes von Bernhardiner
gebissen. Beklagter = Halter des Bernhardiners. | |
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JBl 1983, 255: §§ 1294, 1295, 1297,
1313a, 1320, 879 und 914 ABGB – Reitunfall einer 15jährigen: Überlässt
der Tierhalter (Reitstall) das Tier einer geeigneten, zureichend
informierten und angeleiteten Person zur Verwahrung, so ist er von
der Halterhaftung frei. – Wer Reitpferde vermietet und einen Vorreiter
beistellt, bedient sich seiner als Gehilfen bei Erfüllung der vertraglichen
Schutz- und Sorgfaltspflichten (§ 1313a ABGB). – Begründet das Vorbeireiten
mit einem Hengst an Stuten in knappem Abstand, wie dem Vorreiter
bekannt ist und im Reitunterricht hervorgehoben wird, immer eine
gewisse Gefahr, so verschuldet er eine Bissverletzung der geschädigten
Reiterin (durch den Hengst), wenn er diese Gefahr durch Wenden seines
Hengstes und knappes Vorbeireiten aktualisiert. – Vertragliche Freizeichnung von
der Schadenersatzpflicht ist für den Fall leichter Fahrlässigkeit
nicht sittenwidrig, jedoch nach redlicher Verkehrsübung nur auf
Schäden zu beziehen, die voraussehbaren und kalkulierbaren Risken entsprechen.
Zur Freizeichnung → KAPITEL 9: Verschulden
(culpa). | |
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JBl
1984, 207 (= SZ 55/167) – §§ 1325 und 91
ABGB: Auch der Ehemann, der den Haushalt führt, hat einen Anspruch
auf Verdienstentgang wegen Minderung der Erwerbstätigkeit
an der Haushaltsführung, wenn er infolge Körperverletzung daran
gehindert ist. Entscheidend ist, dass der haushaltsführende Gatte (Hausmann)
seine Arbeitskraft nicht wie gewohnt als Beitrag iSd § 91 ABGB zur
Verfügung stellen kann; dass Aufwendungen für eine Ersatzkraft getätigt
wurden, ist nicht erforderlich. Kläger = „Hausmann”, Lenker eines
Mopeds Erstbeklagter = Halter des Pkw Zweitbeklagter = Lenkerin
des Pkws Drittbeklagter = Haftpflichtversicherung des Pkw. | |
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SZ 32/153 (1959): § 1313a ABGB –
Bei einem Delikt des Erfüllungsgehilfen innerhalb
des vom Geschäftsherrn vertraglich übernommenen Pflichtenkreises
haftet der Geschäftsherr nach § 1313a ABGB für den durch den Erfüllungsgehilfen
verschuldeten Schaden. – Hier hatte der Angestellte des Beklagten verschiedene
Wertgegenstände gestohlen, während diese beim Beklagten in Verwahrung
waren. | |
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JBl 1987, 524: §§ 1330 und 1315
ABGB: Wird ein entscheidungsbefugtes Gemeindeorgan von einem Journalisten
mit der Mitteilung konfrontiert, dass bei der Vergabe öffentliche
Bauaufträge durch die Gemeinde einer der Bieter von Gemeindebeamten
über die Angebote der Konkurrenzunternehmen informiert wurde und
er darüber einen Artikel veröffentlichen wolle, so ist eine in der
Folge von diesem Organ verhängte Bausperre über
das beschuldigte Unternehmen als durch das Verhalten des Journalisten
kausal und adäquat herbeigeführt zu betrachten. Behauptet jemand
vorsätzlich oder fahrlässig unrichtige Tatsachen und führt dies
zu einer Schädigung von Kredit, Erwerb oder Fortkommen eines anderen,
so handelt er auch diesem gegenüber rechtswidrig, selbst wenn der
Schaden direkt erst durch eigenen Entschluss eines Dritten bewirkt
wird. [Zur Zurechnungsfigur der Unterbrechung des Kausalzusammenhangs → KAPITEL 9: Sonderformen der Kausalität.]
– Ein Redakteur ist bei der Verfolgung einer Geschichte als Besorgungsgehilfe der
Zeitung anzusehen, auch wenn er nicht ausdrücklich damit betraut
ist. – Die Untüchtigkeit eines Redakteurs ist anzunehmen,
wenn er ohne ausreichende Recherche und unter Verwendung frei erfundener
Hinweise Berichte über Schmiergeldzahlungen verbreitet. – Während
der Bausperre durchgeführte andere Projekte sind nicht als schadensmindernde
adäquate Ersatzaufträge anzusehen, wenn die ausgefallenen Bauaufträge
der öffentlichen Hand zur selben Zeit ohne merkliche Ausweitung
der betrieblichen Leistungskapazität hätten durchgeführt werden
können. | |
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EvBl
1987/6: § 16 ABGB(§§ 879,
1295, 1330 Abs 2 ABGB) – „Lokalverbot„ eines NÖ-Multifunktionärs:
Eine diskriminierende, den Betroffenen gegenüber anderen Personen
zurücksetzende Abweisung oder Ausweisung durch den Inhaber einer
öffentlichen Gaststätte ist jedenfalls dann sittenwidrig, wenn dem
Lokalinhaber eine monopolartige Stellung zukommt und er deshalb
einem Abschlusszwang unterliegt; das fällt insbesondere solchen
Personen gegenüber ins Gewicht, die als Funktionäre oder Mitglieder bestimmter
Vereine oder Organisationen oder überhaupt aus wirtschaftlichen
Gründen auf den Zutritt zu dieser Gaststätte geradezu angewiesen
sind. – Das Lokalverbot betraf einen NÖ-Multifunktionär eines Weilers,
der auf das einzige Gasthaus angewiesen war. – Die klagsmäßig erzwungene
Aufhebung des Lokalverbots stützte sich geschickt auf mehrere Anspruchsgrundlagen
(ua § 1330 ABGB) und führte so leichter zum Erfolg. | |
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Ein Schadenersatzfall
aus der Alltagspraxis: § 1299 ABGB – Kunstfehler kostet Tierarzt rund
eine halbe Million. Zu lange mit Kaiserschnitt gewartet – Hündin
verendete: 500.000 S für tote Hündin. Vöcklabruck: Tierarzt musste
wegen Kunstfehlers vor Gericht. Aus: Oberösterreichische Nachrichten,
2.11.1991, S. 1 und 23. – Piroschka war eine Klassehündin.
Weil ein Tierarzt aus dem Bezirk Vöcklabruck so lange mit einem
Kaiserschnitt wartete, bis die trächtige deutsche Dogge nicht mehr
zu retten war, ging Piroschkas Herrl vor Gericht. Dieses bürdete
dem Tiermediziner gut 266.000,– S Schadenersatz und die Prozesskosten
auf, zusammen rund eine halbe Million. – Dass ein Tierarzt für einen
Hund so tief in die Taschen greifen muss, dürfte in Österreich einzigartig
sein. Aber Piroschka war eben etwas Besonderes. – Die Hundedame
aus dem Bezirk Vöcklabruck hatte eine einwandfreie Ahnentafel und
war im österreichischen Hundezuchtbuch eingetragen. Viele internationale
Auszeichnungen waren ihr sicher. 100.000 bis 150.000 S ist eine
solche Hündin wert, wie der Sachverständige, der Wiener Univ-Prof
Harro K, feststellte. Da der Markt wegen der geringen Lebenserwartung
der deutschen Dogge und der geringen Fruchtbarkeit sehr eingeschränkt
ist, wurde Piroschka auf stolze 200.000 S geschätzt. Die Welpen,
die sie noch hätte bekommen können, dazugerechnet und einiges andere
abgerechnet, ergaben die Summe von exakt 266.666 S, die Piroschkas
Herrl, vertreten durch den Linzer Rechtsanwalt Dr. Franz B, vom
Welser Kreisgericht zugesprochen bekam. Der Tierarzt legte gegen
das Urteil Berufung ein. Das Linzer OLG „gab dieser nicht Folge”,
wie es im Juristendeutsch so schön heißt. – Piroschka warf vor ihrem
Tod drei Welpen. Piroschkas Herrchen züchtet schon seit vielen Jahren
deutsche Doggen. Er hat schon viele Würfe miterlebt, holt aber immer
einen Tierarzt, wenn es soweit ist. Der Mediziner, den er vor den
Kadi brachte, behandelte zwar die trächtige Piroschka, verordnete
ihr Wehenmittel, auch starken Kaffee mit viel Zucker. Zwei Welpen
kamen lebend zur Welt, einer tot. Die Hündin verendete. Eines ihrer
„Kinder” überlebte. – Hätte der Tierarzt den Kaiserschnitt zeitgerecht
gemacht, hätten, so Köhler, „aller Voraussicht nach das Muttertier
und zumindest drei Welpen lebend durchgebracht werden können”. Die
verspätete Einleitung des Kaiserschnittes, obwohl die Wehenschwäche
der Hündin erkennbar war, sei eine „auffallend grobe Abweichung
von den anerkannten Regeln tierärztlicher Kunst”. – Der Tierarzt
hatte zwar die Möglichkeit eines solchen Eingriffes mehrmals erwähnt,
sich aber zu spät zur Operation entschlossen. Noch bevor der Veterinärmediziner
den Bauch der Hündin aufschneiden konnte, verendete die Hündin Piroschka
an Kreislaufversagen. – Eines ihrer beiden lebend geborenen Welpen
starb wenige Tage danach. | |
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| EvBl 1982/43:
Deutsche
Dogge verletzt Kind – Zur Tierhalterhaftung: § 1320 ABGB
(§§ 1297, 1299 ABGB) normiert (nach Meinung des OGH) eine verschuldensunabhängige
[?] Haftung des Tierhalters (OGH 20.10.1981, 5 Ob 510/81: LG Salzburg
32 R 346/80; BezG Zell am See C 698/78). Dazu ablehnend → Wer
ist Tierhalter?
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SZ
40/2 (1967): Wirklicher Schaden
oder entgangener Gewinn? – Beschädigung eines Fernmeldekabels
der Post. (Gekürzt). Kläger = Post- und Telegraphenverwaltung Beklagter
= Beschädiger eines Fernmeldekabels bei Bauarbeiten. Der Ausfall
an Gebühren, den die Post- und Telegraphenverwaltung durch die infolge
Beschädigung eines Fernmeldekabels eingetretene Unbenutzbarkeit
desselben erleidet, ist wirklicher Schaden, nicht entgangener Gewinn.
(E vom 12. Jänner 1967, 2 Ob 355/66. I. Instanz: LG Ibk; II. Instanz:
OLG Ibk). Wie unbestritten feststeht, wurde am 27. November 1964
im Zuge von Bauarbeiten, die von Arbeitern der erstbeklagten Partei
unter der Aufsicht des Zweitbeklagten auf einer Bezirksstraße durchgeführt
wurden, ein im Bereich der Baustelle verlaufendes Fernmeldekabel
der klagenden Partei beschädigt. Der Schaden wurde weder aus böser
Absicht noch aus einer auffallenden Sorglosigkeit verursacht. Die
beklagten Parteien haben die Kosten der Wiederherstellung des Kabels
ersetzt, verweigern jedoch den mit der vorliegenden Klage geltend
gemachten Ersatz des infolge Ausfalles des Kabels eingetretenen
Gebührenentgangs in der Höhe der Klagssumme mit der Begründung,
dass es sich diesfalls nicht um positiven Schaden, sondern um entgangenen
Gewinn handle. Aus den E-Gründen: Zunächst ist festzuhalten, dass
iS stRspr entgangener Verdienst grundsätzlich positiver Schaden
ist. Der Entgang einer bestimmten Gewinnmöglichkeit gilt dann nicht
als Entgang von Gewinn iSd § 1323 ABGB, wenn das Bestehen der Gewinnmöglichkeit
im Verkehr als selbständiger Vermögenswert angesehen wird; in einem solchen
Fall liegt positiver Schaden vor. Auch der Entgang eines Nutzens,
den ein Geschäftsmann aus seinem Geschäftsbetrieb zieht, ist wirklicher
Schaden. Die Post- und Telegraphenverwaltung ist in dieser Hinsicht
nicht anders zu beurteilen als ein beliebiger Unternehmer. Die Unmöglichkeit
der Verwertung des Kabels stellt für die klagende Partei einen Schaden
dar, den ihr die beklagten Parteien zu ersetzen haben. | |
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SZ 46/36 (1973 – gekürzt): Feuerwerk
als „gefährlicher Betrieb„. Zur sog Analogiepraxis des
OGH im Bereich der Gefährdungshaftung; → KAPITEL 9: Entscheidungsbeispiele
zur Analogiepraxis).
Der Inhaber eines Unternehmens, dessen Betriebsgegenstand das Abbrennen
von Feuerwerken ist, haftet für die mit diesem „gefährlichen Betrieb” notwendig
verbundene spezifische Betriebsgefahr ohne Rücksicht darauf, ob
ihm selbst oder seinen Leuten im konkreten Fall der Vorwurf schuldhaften
Handelns gemacht werden kann. Diese Haftung muss freilich dort ihre
Grenze finden, wo der Schaden auf einem Selbstverschulden des Geschädigten,
einem vom Unternehmer nicht zu vertretenden Verschulden Dritter
oder auf höherer Gewalt beruht; die Beweislast für das Vorliegen
solcher Umstände trifft den beklagten Unternehmer. Kläger = Unternehmen zur
Errichtung und Vermietung von Zelten Beklagter = Pyrotechniker-Team,
Ausrichtung von Feuerwerken. | |
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JBl
1985, 556 (gekürzt): Gefährlicher Betrieb?;
§ 7 ABGB: Ein „Sturmboot„ im Wiener Prater–
eine große, zum Vergnügen des Publikums bestimmte Schaukel – ist
kein „gefährlicher Betrieb”, für den in Analogie zu den Gefährdungshaftpflichtnormen
zu haften wäre (OGH 10.7.1984, 4 Ob 506/84). | |
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JBl 1988, 117: § 333 Abs 4 ASVG:
Der Dienstnehmer, der auf Weisung seines Dienstgebers Arbeitskollegen
mit seinem Pkw zum Arbeitsplatz befördert, ist „ Aufseher
im Betrieb” iSd § 333 Abs 4 ASVG und kommt in den Genuss
des dort normierten Haftungsprivilegs. – Zu den §§ 332 ff ASVG → KAPITEL 12: Schadenersatz
und Sozialversicherung: Der Arbeitsunfall: | |
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OGH 14. 3. 2002, 6 Ob 155/01i, EvBl 2002/145:
Ein Kleingartenbesitzer will unter einer Eisenbahnoberleitung ein
unterkellertes Gartenhaus errichten und erkundigt sich bei einem
befreundeten ÖBB-Bediensteten über etwaige Voraussetzungen. Weder
dieser noch die Baubehörde weisen ihn auf die Genehmigungspflicht
nach dem EisbG hin. Trotz mehrfacher Warnungen des Häuslbauers kommt
der Betonlieferwagen mit der 110-kV-Übertragungsleitung in Kontakt
und der Lkw-Fahrer stirbt durch den Stromschlag. Lkw-Versicherung
regressiert bei der ÖBB (nach RH[Pfl]G) und diese beim Häuslbauer.
– OGH: § 9 b RHPflG ist eine Ausgleichsvorschrift zwischen mehreren
gesamtschuldnerisch Haftenden für den Fall, dass mindestens einer
nach § 1 a RHflG haftet – es kommt dabei auf die überwiegende Verursachung
der mehreren Ersatzpflichtigen an. Im konkreten Fall führte das
weitaus überwiegende Verschulden des Lkw-Fahrers zur gänzlichen
Ablehnung des Regressanspruchs gegen den Häuslbauer (bei dem der OGH
kein oder doch nur ein zu vernachlässigendes Verschulden feststellte).
– Damit im Zusammenhang nimmt der OGH auch zur Zumutbarkeit der
Kenntnis von Rechtsnormen (§ 2 ABGB) Stellung. | |
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 | Abbildung .42: Vorlesungsfolien Medizinrecht |
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| B. Behandlungsvertrag
– Medizinhaftung | | |
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