Normen
Stichworte
Inhaltsverzeichnis
SCHNELL GENAU UMFASSEND
Vorbemerkungen zum Studium
zurück G. Recht und Moral
vor I. Grundausbildung und Spezialisierung
nach oben
H. Sozialer Wandel als Wertewandel
Die Rechtswissenschaft hat sich auch mit den grundlegenden Werten und dem akzelerierten Wertewandelin unseren Gesellschaften auseinanderzusetzen. Dabei kommt ihr zugute, dass sie sich als Disziplin historisch früh und immer wieder gegen andere Wertsysteme – insbesondere Religion, Politik und Wirtschaft – zur Wehr setzen musste, um ihre Autonomie zu erkämpfen oder zu bewahren, was aber Voraussetzung dafür ist, dass sie ihrer gesellschaftlichen Aufgabe gerecht werden kann.
Rechtswissenschaft als Sozialwissenschaft
Das ist heute aktueller denn je, zumal sehr akut die Gefahr besteht, dass sich die Rechtswissenschaft vollständig der Ökonomie unterwirft und viele diesen disziplinär bedrohlichen Prozess aus Opportunismus oder Uneinsichtigkeit sogar noch fördern. – Das Innsbrucker Wirtschaftsrechtsstudium, von dem sich voraussichtlich viele blenden lassen werden, geht hier mit schlechtem Beispiel voran und verzichtet auf alles, was irgendwie mit rechtlicher Bildung zu tun hat.
Vgl dazu auch das für diese Auflage neu konzipierte Kapitel 18, das von „Recht und Gerechtigkeit”, der „Rechtswissenschaft als Sozialwissenschaft” und die für eine als Sozialtechnologie – im besten Sinne des Wortes – verstandene Rechtswissenschaft lebensnotwendige „Rechtstatsachenforschung” handelt.
S. Freud, Massenpsychologie und Ich-Analyse / Die Zukunft einer Illusion (Fischer TB); O. Höffe, Lexikon der Ethik (1997); – M. Walzer, Sphären der Gerechtigkeit. Ein Plädoyer für Pluralität und Gleichheit (1992); – Susanne Lichtmanegger, Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Innsbruck 1945-1955 (1999).
Nicht zu vergessen ist – bei aller Bedeutung von Politik, Wirtschaft und Recht, dass alle diese Gesellschaftsbereiche dem Menschen und seinem Wohlergehen zu dienen bestimmt sind. Gesellschaftliche, technische, ökonomische oder politische Sachzwänge werden aber immer wieder vorgeschoben, um zentrale menschliche Werte, die (bis zu einem gewissen Grad) jede/r Einzelne für sich selbst zu bestimmen und zu verwirklichen hat, beiseite zu schieben. – Wir alle tragen aber unsere gesellschaftliche Verantwortung und sollten dabei auf die Warnungen weiser Männer – wie George Steiner – hören, der sagte:
Dienende Aufgabe der Wissenchaft
„Das zwanzigste Jahrhundert hat in einem wissenschaftlich nicht erfassbaren Maße die Schwelle dessen herabgesetzt, was in der Menschheit menschlich ist.” – Und weiter: „Nie war der üble Geruch des Geldes, sein hochmütiger Gestank, stärker.” (Die Zeit Nr. 32, 3. August 2000, S. 35)
Wahrscheinlich war aber der Mensch immer so, wie er jetzt ist. Der Unterschied, den wir heute wahrnehmen, kommt wohl nur daher, dass die vielfältigen gesellschaftlichen Schranken und Grenzen, die der Mensch früher zu respektieren hatte, weggefallen sind oder doch deutlich verringert wurden und wir daher den Menschen nunmehr immer mehr so sehen, wie er (wirklich) ist. Das gilt auch für die Politik wie sie uns gegenwärtig in Österreich vorgegaukelt wird. – Allein die Geschichte hat auf der anderen Seite immer wieder auch Korrumpiertheit, Feigheit, Opportunismus, Dummheit und Mittelmaß verkraftet. Fördern sollten wir das alles aber nicht. Auch das ist unsere Verantwortung als Jurist/in.
 
Engagiert Euch daher über die Karriere hinaus auch gesellschaftlich und wartet nicht darauf, dass andere das tun. Ihr beeinflusst durch Eure persönliche Entwicklung die Gesamtheit, genauso wie diese auf Euch einwirkt. „Politisch” meint nichts anderes, als an der Gesellschaft – Platons „Politeia” und die „Politik” des Aristoteles zu lesen lohnt immer noch – und ihren Fragen teilzunehmen und sich nicht selbstverliebt zurückzulehnen in eine fragwürdige und satte Privatheit. Wir brauchen gerade jetzt in Österreich und Europa denkende und mutige Bürgerinnen und Bürger, Diskutanten/innen und Ideenlieferanten/innen, die nicht nur an ihren eigenen (politischen) Vorteil und ihre Bequemlichkeit denken, sondern das Ganze der Gesellschaft oder doch wichtige Teilbereiche im Auge haben und bereit sind, dafür auch etwas zu tun. Unser künftiges Gemeinwesen wird so gut und lebenswert sein, wie das unser aller Einsatz und Interesse zulässt. – Zu all dem soll und kann eine fachliche Aus-Bildung und „Erziehung zur Realität „ (S. Freud) beitragen, was nicht heißt, Vorgegebenes und Bestehendes kritiklos hinzunehmen oder zu verdammen. Nützt daher Eure Zeit – oder wie die Römer zu sagen pflegten: Carpe diem.
Erziehung zur Realität


Disziplinen der Rechtswissenschaft
Abbildung 0.4:
Disziplinen der Rechtswissenschaft


Das Privatrecht: intradisziplinäre Bezüge
Abbildung 0.5:
Das Privatrecht: intradisziplinäre Bezüge
zurück G. Recht und Moral
vor I. Grundausbildung und Spezialisierung