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04.11.1975, Schreiben von Senatspräsident a. D. W. Kaisen an Rolf Steininger nach Lektüre des geheimen Protokolls über die Vorkonferenz in München

04.11.1975, Schreiben von Senatspräsident a. D. W. Kaisen an Rolf Steininger nach Lektüre des geheimen Protokolls über die Vorkonferenz in München

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Was war denn damals beabsichtigt? Die Einheit und den Friedensvertrag zu fördern - selbstverständlich. Aber etwas anderes war für uns naheliegender, nämlich ein Alarmruf über die Nöte der Zeit zu sein. Wir fühlten uns damals als Überlebende, die am Sterbebett unseres Volkes standen. Aus dieser Sicht gesehen, ist diese Konferenz nicht ihrer Aufgabe gerecht geworden. Ihre Absicht und ihre Kraft verpufften schon in der Vorkonferenz, die bald erkennen ließ, wie tief uns die Niederlage getroffen hatte. Das ist auch heute noch so, wenn Deutsche unter sich darüber beraten wollen oder sollen, wie das künftige Deutschland beschaffen sein soll.

Das nach meiner Meinung Positive der Konferenz ist, daß die Siegermächte zu der Erkenntnis kamen, mit der Strafperiode allmählich Schluß zu machen und den Deutschen wieder zu einer Konstitution mit abgeschwächter Souveränität zu verhelfen. Dazu hat die Münchener Konferenz zweifellos einen Anstoß gegeben. [...]