PANEL 25
Rechtsextremismus*

Chair: Margit Reiter (Wien)

Freitag, 17. April 2020, 14:10–15:40, HS 2

Das Netzwerk der Burgbrüder. Korporationen und Klubs hinter der Deutschen Gemeinschaft (1919–1930)

Andreas Huber (Wien)

Im Juni 1919 meldete der Rechtsanwalt und Burschenschafter Herbert Dölter bei der Vereinsbehörde die Deutsche Gemeinschaft an. Tatsächlich handelte es sich dabei um die Tarnorganisation für einen Geheimbund, der sich aus deutschnationalen und christlichsozialen Eliten zusammensetzte und sich im inneren Kreis „die Burg“ nannte. In dieser organisierten sich etwa 600 Männer aus dem Großbürgertum, um einerseits die „eigenen Leute“ zu protegieren und andererseits Juden, aber auch Freimaurer, Liberale und Linke zu bekämpfen und aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens auszuschließen. Der erste Teil des Vortrags soll die Entwicklungen im deutschnationalen und katholischen Korporationswesen 1917/18 als Basis für die Gründung des Geheimbundes nachzeichnen. Im zweiten Teil steht die 39 „Brüder“ umfassende „Fachgruppe Hochschulen“ im Fokus – sowohl deren Kampagnen als auch ihre Verbindungen zu Korporationen, Klubs und anderen Vereinen.

Der NS-Soldatenring. Verschwörer und prahlerische Opportunisten

Siegfried Göllner (Wien)

Der NS-Soldatenring (NSR) war ein 1936–1938 in Österreich bestehender illegaler Verband nationalsozialistischer Soldaten, Offiziere und Exekutivbeamten. Diese Organisation, die im Sinne der nach der gescheiterten Machtübernahme von den Nationalsozialisten eingeschlagenen evolutionären Strategie verdeckt operierte, wurde bisher von der zeithistorischen Forschung kaum beachtet. Der Vortrag versucht die illegalen Propaganda- und Organisationstätigkeiten des NSR sowie die beim Anschluss opportunistisch übertriebene Selbstdarstellung ebenso zu skizzieren wie die Involvierung der Mitglieder in die „Säuberungen“ des Offizierskorps von Bundesheer und Gendarmerie und ihre koordinierte Exkulpierungsstrategie im Zuge der Entnazifizierung, die den Verband letztlich als marginale Angelegenheit einer Hand voll Personen darstellte. Dies gibt auch den Blick frei auf die begrenzte Funktionalität der bürokratischen Entnazifizierung, die im Falle der NSR-Mitglieder auch an Gesetzeslücken scheiterte.

Die „Südfront“ im Kontext: Rechtsextremismus und Neonazismus in Südtirol

Johannes Kramer (Wien)

Aufgrund ihrer geo- und ethnopolitischen Sonderstellung entwickelte sich die Region Südtirol (Autonome Provinz Südtirol/Alto-Adige) im 20. Jahrhundert zu einer der zentralsten Projektions- und Aktionsflächen der extremen Rechten im deutschsprachigen Raum. Ausgehend von den historischen Entwicklungen in und um Südtirol (Nationalitätenkonflikte in der Monarchie, WWI und Teilung Tirols, Umsiedlung und Nationalsozialismus, Terrorismus und Autonomiekonflikte) werden im Vortrag Rahmungen, Akteure und Spezifika der extremen Rechten in der Region ins Licht gerückt und analysiert. Der Schwerpunkt liegt auf Entwicklungen in der deutschen Sprachgruppe seit 1945, insbesondere seit den 1990er-Jahren. Nicht zuletzt werden dabei die Ergebnisse eines umfassenden Dokumentationsprojekts zu Neonazismus in Südtirol vorgestellt und vor dem Hintergrund präventionspädagogischer Probleme mit Blick auf Jugendliche und junge Erwachsene in der Region diskutiert.

 

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