PANEL 14
Demokratie, Diktatur – Innsbruck und Tirol in den Jahren nach den Umbrüchen 1918 und 1938*

Chair: Lukas Morscher (Innsbruck)

Donnerstag, 16. April 2020, 16:00–17:30, HS 3

Von der Monarchie zur Republik – Umbrüche und Kontinuitäten im Innsbrucker Alltag 1918/19

Matthias Egger (Innsbruck)

Das Ende des Ersten Weltkrieges und der Zerfall der Habsburgermonarchie markieren zweifellos eine markante Zäsur in der österreichischen Geschichte: Von der europäischen Großmacht verwandelte sich Österreich zum Kleinstaat, an die Stelle der konstitutionellen Monarchie trat die Republik, die politische und soziale Vormachtstellung des Adels wurde endgültig gebrochen und das allgemeine und gleiche Wahlrecht eingeführt, um hier nur einige, besonders hervorstechende Facetten dieses Umbruchs zu nennen.

Während diese Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf der staatlichen Ebene gut erforscht sind, gilt dies für Innsbruck nur ansatzweise, zumal wenn es um die Alltagsgeschichte geht. Daher setzt sich der Vortrag zum Ziel, das tägliche Leben der Innsbruckerinnen und Innsbrucker im letzten Kriegsjahr bzw. in der unmittelbaren Nachkriegszeit zu beleuchten. Wie manifestierte sich der politische Umbruch der Jahre 1918/19 im städtischen Alltag? Welche Kontinuitäten und Brüche lassen sich hier feststellen? Wer sind die Träger des Wandels innerhalb der Stadt und wer die Gegner?

1918: Ende und Neuanfang oder Übergang? Imperiale Kontinuitäten nach dem Zusammenbruch der Habsburgermonarchie in Nordtirol

Christopher Wendt (Florenz)

Ein Großteil des jüngsten Gedenkens an 1918 hat das Jahr als umfassende Zäsur dargestellt: Das Ende des Weltkrieges brachte den Umsturz der großen Imperien und die Gründung mehrerer (teils) demokratischer Staaten mit sich. Eine Vielzahl neuerer Studien weisen jedoch auch auf den Fortbestand von Aspekten der imperialen Ordnung hin, die die Nachfolgerstaaten geprägt haben sollen. Um diese Kontinuitäten besser erfassen zu können, ist es nützlich, die Schlüsseljahre 1918/19 weniger als Zäsur und eher als Übergangsprozess zu verstehen. Diese Präsentation veranschaulicht solch ein Verständnis am Beispiel Nordtirols, um zu analysieren, inwieweit sich Staat und Gesellschaft in einem lokalen Kontext verwandelt haben. Wie wurde nach der Einbeziehung in (Deutsch)Österreich die Bürokratie umgestaltet? Welche Auswirkungen hatte „Demokratisierung“ für die Politik im Dorf? Wie verhalten sich die Entwicklungen in Nordtirol zu jenen in den anderen Regionen von „Altösterreich“ insgesamt?

Von der Euphorie zur Ernüchterung im Tausendjährigen Reich – Umbrüche und Kontinuitäten im Innsbrucker Alltag 1938/39

Niko Hofinger (Innsbruck)

Noch 40 Jahre nach dem 12. März 1938 konnte man von ausgesuchten Innsbrucker Journalisten hören, welche Euphorie sich an diesem Tag in der Stadt breitgemacht hatte. Gegner des Nationalsozialismus wundern sich oft noch heute, wie schnell die Stadt mit Hakenkreuzen beflaggt war und woher die vielen Wimpel kamen, die umgehend aus fast allen Fenstern der Stadt hingen.

Der Kater nach den langen Feierlichkeiten ließ nicht lange auf sich warten. Das Leben der arbeitenden Bevölkerung blieb in den meisten Fällen ähnlich wie vor dem Anschluss an das Deutsche Reich. Die Konsumartikel in den schnell „arisierten“ jüdischen Geschäften waren für die Mehrzahl der EinwohnerInnen weiterhin unerschwinglich, die Folgen der politischen Säuberungen und Revancheaktionen der nationalsozialistischen Machthaber zogen sich rasch durch viele Familien.

Der Sohn des Innsbrucker Bürgermeisters Egon Denz glaubte noch 1988, dass sein Vater kein prominenter Täter dieser Zeit gewesen sei, sondern nur Vertreter der legalen Administration einer Kleinstadt in der Provinz. In diesem Vortrag soll versucht werden, die eigenständigen Innsbrucker Projekte und Probleme der ersten beiden Jahre der NS-Diktatur auf die Spur zu kommen. Wie groß war der Handlungsspielraum der Akteure? Was war hier einzigartig?

 

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