Panel 21: Podiumsdiskussion „Hitler ausstellen?“

Katharina Batlogg, Heinrich Conrater, Markus Huber, Veronika Peterlin, Ania Viero
Panel 21

Panel 21: Podiumsdiskussion „Hitler ausstellen?“

Samstag, 18. April 2020, 09.00 bis 10.30 Uhr, Virtueller Konferenzraum 1
Chair: Marcus Gräser (Linz)

Andrea Brait (Innsbruck), Andrea Thuile (St. Pölten), Christian Rapp (St. Pölten), Benedikt Vogl (St. Pölten), Hans-Ulrich Thamer (Münster)

Abstract


Kommentare

Hitler ausstellen? Eine kritische Auseinandersetzung mit der Zurschaustellung des NS-Diktators

Angeregt durch die Sonderausstellung „Der junge Hitler – prägende Jahre eines Diktators 1889 – 1914“ im Haus der Geschichte des Museum Niederösterreich fand im Rahmen des 13. Österreichischen Zeitgeschichtetages, der erstmals virtuell stattfand, die Podiumsdiskussion „Hitler ausstellen?“ statt. Unter dem Vorsitz von Chair Markus Gräser (Linz) diskutierten Andrea Brait (Innsbruck), Andrea Thuile, Christian Rapp, Benedikt Vogl (alle St. Pölten) und Hans-Ulrich Thamer (Münster) über die Darstellung Adolf Hitlers in Museen.

Die Zeit des Nationalsozialismus – ohne Zweifel Teil der Vergangenheit jeder Österreicherin und jedes Österreichers. Ein Kapitel der Geschichte, das niemals in Vergessenheit geraten darf – darüber sind sich alle Historikerinnen und Historiker einig. Ein Thema also, dessen Darstellung Platz in den historischen Museen finden muss. Adolf Hitler, der Diktator, spielt dabei eine tragende Rolle, wird untrennbar mit „seinem“ Nazi-Regime in Verbindung gebracht. Es stellt sich also nicht mehr die Frage, ob man Hitler ausstellt, sondern viel mehr, wie man ihn ausstellt. Doch wie gestaltet man eine Ausstellung mit einer solch sensiblen Thematik?

Die Sonderausstellung „Der junge Hitler – prägende Jahre eines Diktators 1889 – 1914“ im Haus der Geschichte des Museum Niederösterreich macht es vor. In der Ausstellung sind zwei Erzählstränge parallel angelegt: Der erste Erzählstrang beleuchtet die Biographie Hitlers, der zweite die großen gesellschaftlichen Diskurse der damaligen Zeit. Hitler selbst kommt in diesen Kontextthemen allerdings nie zur Sprache – denn: Nichts davon muss Hitler beeinflusst haben, aber alles könnte ihn beeinflusst haben. Der Einstieg in die Kontextthemen stellt das Jahr 1889 als „Wendejahr“ dar – der Machtwechsel in Deutschland, der Rücktritt Bismarcks, die Weltausstellung mit dem Eiffelturm in Paris. Zudem nahm das letzte Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts in Sachen Technologie und Wirtschaft Fahrt auf, was große soziale Veränderungen mit sich brachte. Hitlers Biographie betreffend wird sein Jugendfreund August Kubizek zum wichtigen Zeugen der Jahre 1905 bis 1908. Die Beiträge und Originale, welche in der Sonderausstellung Platz finden, wurden zuvor eingehend auf ihre Richtigkeit hin kontrolliert und werden in ihrer Darstellung jeweils kontextualisiert.

Der letzte Raum der Ausstellung versucht, auf die bis heute währende, dauerhafte Präsenz Adolf Hitlers (in den Medien) mithilfe von Covern der Zeitschrift „DER SPIEGEL“ aufmerksam zu machen. Dieser Teil scheint besonders im Hinblick auf mein Lehramtsstudium im Unterrichtsfach Geschichte interessant zu sein. Die Sonderausstellung zeigt, dass das Thema – obgleich es schon eine Zeit lang zurück liegt – bis heute von großer gesellschaftlicher Relevanz ist. Es stellt sich also die Frage: Wie schaffen wir (zukünftigen) Lehrerinnen und Lehrer es, unsere Schülerinnen und Schüler für das Thema des Nationalsozialismus und die Biographie Adolf Hitlers zu sensibilisieren? Eine Frage, bei deren Beantwortung uns Ausstellungen wie diese sicher von Nutzen sein werden.

(Katharina Batlogg)

 

Anlässlich des 13. Österreichischen Zeitgeschichtetags 2020 fand eine hochkarätige Podiumsdiskussion zum Thema „Hitler ausstellen?“ in virtueller Form statt. An der Diskussion nahmen zahlreiche Experten und Expertinnen der Zeitgeschichte teil: Andrea Brait (Innsbruck), Hans-Ulrich Thamer (Münster), Christian Rapp (St. Pölten), Benedikt Vogl (St. Pölten) und Andrea Thuile (St. Pölten); moderiert wurde die Diskussion vom Historiker Marcus Gräser (Linz).

Den Auftakt der Diskussion machte das Dreigespann Christian Rapp, Benedikt Vogl und Andrea Thuile, die den Zuschauern die Ausstellung „Der junge Hitler. Prägende Jahre eines Diktators 1889-1914“ im Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich erläuterten, an der sie maßgeblich beteiligt waren. Dabei erklärten sie den Zuschauern und Zuschauerinnen nicht nur die historische Bedeutung einzelner Ausstellungsstücke, sondern sie zeigten auch die Biographie Hitlers vor dem Ersten Weltkrieg auf und was für persönliche Idealvorstellungen er schon während dieser Zeit besaß. Anschließend stellte Hans-Ulrich Thamer dem Publikum die Ausstellung „Hitler und die Deutschen“ vor, die vor zehn Jahren, trotz politischer Ängste zu dieser Zeit, im Historischen Museum in Berlin ausgestellt wurde. Folglich gab Andrea Brait einen Überblick über zahlreiche Ausstellungen und gewährte dabei dem Zuschauer und der Zuschauerin einen geschichtsdidaktischen Einblick in die Thematik; zudem beschäftigte sich Brait mit der Frage der Personalisierung angesichts „der Geschichte der großen weißen Männer“, wie sie beschrieb. Ein großes Anliegen von Brait bei diesen Ausstellungen liegt vor allem darin, dass die Multiperspektivität gewährleistet werden muss. 

In der anschließenden Diskussion waren sich die Experten und Expertinnen in einem Punkt einig, dass man solche historischen Quellen unbedingt ausstellen sollte; aber man sollte nicht nur die Biographie Hitlers ausstellen, und man müsse stark darauf achten, dass der Personenkult nicht befriedigt werde. Zudem spielten in der Diskussion die pädagogischen Funktionen solcher Ausstellungen eine zentrale Rolle. Vor allem für angehende Lehrer und Lehrerinnen war dieser Aspekt zur Förderung der historischen Kompetenzen sehr aufschlussreich. Zudem konnte man auch einen Einblick bekommen, wie man als zukünftige Lehrperson den Schülern und Schülerinnen diesen speziellen historischen Kontext auf eine ethisch sensible Weise beibringen kann.

Es kann abschließend gesagt werden, dass museale Institutionen solche historischen Quellen ausstellen sollten; diese müssen jedoch stark darauf achten, WIE man sie ausstellt.

(Heinrich Conrater)

 

In Panel 21, der Podiumsdiskussion „Hitler ausstellen?“, wurde beim 1. Virtuellen Österreichischen Zeitgeschichtetag über die Frage nach einer musealen Rezeption Adolf Hitlers diskutiert. Moderiert wurde das Panel von Marcus Gräser von der Universität Linz. Andrea Brait aus Innsbruck, Hans-Ulrich Thamer aus Münster sowie Andrea Thuile, Christian Rapp und Benedikt Vogl aus St. Pölten präsentierten jeweils ihre Zugänge.

Das ForscherInnenteam aus St. Pölten berichtete über die Ausstellung „Der junge Hitler“ im Haus der Geschichte Niederösterreich. Dabei führten sie auf virtuelle Art durch die Ausstellung und verwiesen auf wichtige Etappen in Hitlers Jugend. Unter anderem wurde der Stellenwert August Kubizeks, der als Jugendfreund Hitlers gilt, diskutiert. Andrea Thuile beleuchtete in diesem Zusammenhang auch die Problematik der Objektauswahl für die Ausstellung, was Christian Rapp weiter ausführte, indem er darauf hinwies, die Ausstellung verfolge das Ziel zu erzählen und bewerte nicht, was Hitler beeinflusst haben könnte.

Dabei muss hervorgehoben werden, dass die Vortragenden sehr bemüht waren, auch den pädagogischen Wert der Ausstellung transparent zu machen. Rapp betonte etwa, dass Schulklassen in der Ausstellung nicht nur neue Einblicke in Hitlers Jugendjahre erhielten, sondern auch mit der Problematik der Auswahl in der Geschichtsforschung in Kontakt kämen. Für das Lehramtsstudium und die spätere Berufspraxis interessante Aspekte zeigte auch Andrea Thuile auf, indem sie auf zusätzliches pädagogisches Vermittlungsmaterial zu den Anfängen des Rassenwahns und Hitlers Bezügen dazu verwies. Benedikt Vogl thematisierte im weiteren Verlauf den hohen Wert von Originalobjekten bei historischen Ausstellungen am Beispiel einer Villenskizze, was wiederum für den Schulunterricht bedeutsam sein könnte, um den Lernenden die Greifbarkeit von Vergangenem aufzuzeigen. Von ganz besonderem Interesse war auch der Aspekt, dass Hitlers Aufstieg zum Diktator den Abschluss der Ausstellung darstellt. Dies rechtfertigte das Team damit, dass es seine Intention wäre, Schulklassen wie auch einer interessierten Öffentlichkeit das Leben des jungen Hitlers zu präsentieren und vorrangig auf die Entwicklungen vor dessen Diktatur einzugehen. Dies fand beim virtuellen Publikum durchaus Zuspruch, wie die anknüpfenden Fragen und Wortmeldungen zeigten. Alle Vortragenden kamen zu einem einheitlichen Schlussplädoyer: Hitler unbedingt ausstellen, die Frage ist nur, wie dies geschehen kann.

(Markus Huber)

 

In Panel 21 wurde das Thema „Hitler ausstellen?“ in Form einer Podiumsdiskussion von dem Chair Marcus Gräser und den Vortragenden Andrea Brait, Christian Rapp, Hans-Ulrich Thamer sowie Andrea Thuile und Benedikt Vogl behandelt und diskutiert.

Dieses Panel fühlte sich für mich wie eine kleine virtuelle Führung durch Ausstellungen an. Der Rundgang begann mit den Erläuterungen von Christian Rapp, Andrea Thuile und Benedikt Vogl zur Ausstellung in St. Pölten zum Thema „Der junge Hitler. Prägende Jahre eines Diktators 1889-1914“. In dieser virtuellen Besichtigung wurde erklärt, dass es in dieser nicht nur um Hitlers Biographie gehe, sondern auch um Nationalismus und kulturelle Herausforderungen. Eine große Breite an Themen liegt dieser Ausstellung zugrunde: von der Figur Bismarcks bis zu Filmausschnitten von Zeitzeugen Hitlers sowie das Thema Eugenik. Die Ausstellung besteht hiernach aus thematisch heterogenem Material.

Den nächsten virtuellen Rundgang bekamen die Besucher des Panels von Hans-Ulrich Thamer mit seiner Präsentation zu „Hitler und die Deutschen. Volksgemeinschaft und Verbrechen“. Der Aspekt der unterschiedlichen historischen Perspektiven, der durch die besondere Ausstellungsarchitektur dargestellt wird, wurde hierbei thematisiert. Es gehe in dieser Ausstellung auch um die Macht der Bilder, die indes versucht, mit Gegenbildern zu brechen.

Andrea Brait gab Einblicke, inwiefern das Panelthema „Hitler ausstellen“ in Dauerausstellungen gelingen kann. Wichtig bei solchen Ausstellungen sei die Multiperspektivität und nicht nur die Darstellung des „großen weißen Mannes“. Die Aufgabe hiernach sei es, Objekte und ihre ursprüngliche Wirkkraft zur Geltung zu bringen. Die Kontextualisierung ist demnach nicht nur eine zentrale Angelegenheit der Aussteller, sondern auch eine Herausforderung.

Dieses Panel konnte mich aus dem Alltag zu Hause in beeindruckende virtuelle Museumsrundgänge zu einem historischen wie aktuellen Thema versetzen – eine willkommene Abwechslung zu den derzeit entfallenen Präsenzveranstaltungen. Besonders die Diskussionen am Ende fand ich sehr aufschlussreich und interessant. Neben der zentralen Fragestellung, wie und ob man Hitler ausstellen könne, wurde auch das Thema Schule miteinbezogen: Unterricht und Ausstellungen über Hitler – ein interessantes Thema für mich als Lehramtsstudentin. Besonders die Meinung von Andrea Brait hat mich zum Nachdenken angeregt, Ausstellungen kritisch zu betrachten. Es soll nicht um Aktionismus gehen, indem ein politisches Interesse für das Thema auf Kosten der wissenschaftlichen Perspektive geweckt wird. Ich finde, dass es als zukünftige Lehrperson wichtig ist, die Qualität einer Ausstellung differenzieren zu können. In der Diskussion wurde deutlich, dass das Interesse von Schulen auch an solchen Ausstellungen sehr groß ist. Sie haben ein eigenes Vermittlungsprogramm und ein eigenes Forum für die Vermittlungszwecke, das speziell für Kinder und Jugendliche ausgerichtet ist. Ich betrachte dies als eine gute Möglichkeit, Kindern und Jugendlichen außerhalb des Schulgebäudes dieses „empfindliche“ Thema nahezubringen.

(Veronika Peterlin)

 

Am 18. April fand im Rahmen des 13. bzw. 1. Virtuellen Österreichischen Zeitgeschichtetags 2020 in Panel 21 eine Diskussionsrunde mit dem Titel „Hitler ausstellen?“ statt. Sie beschäftigte sich mit temporären und nicht temporären musealen Ausstellungen. Die Beteiligten waren Andrea Brait von der Universität Innsbruck, Andrea Thuile, Christian Rapp und Benedikt Vogl als drei Vertreter des Hauses der Geschichte im Museum Niederösterreich sowie Hans-Ulrich Thamer von der Universität Münster.

In der von Marcus Gräser moderierten Podiumsdiskussion wurden unterschiedliche museale Ausstellungen vorgestellt, die sich mit der Figur Adolf Hitlers auseinandersetzen. Der methodische Umgang hinsichtlich der Wahl der unterschiedlichen Quellen und Darstellungen und die Entscheidung der Art ihrer Visualisierung wurden dabei thematisiert.

Es wurde die Tatsache verdeutlicht, dass verschiedene Museen einen eigenen spezifischen Umgang mit historischen Gegenständen haben und ihre Ausstellungswahl nicht nur mit den Inhalten, sondern auch mit ihren verfügbaren Räumlichkeiten und der beabsichtigten Wirkung zusammenhängt.

Andrea Thuile, Christian Rapp und Benedikt Vogl, die Kuratoren des Projektes „Der junge Hitler“ in St. Pölten, beschrieben sehr unterschiedliche, einzigartige Quellen durch sehr interessante Ergänzungen, darunter Hitlers Zeichnungen oder seine ersten musikalischen Kompositionen. Dabei handelt es sich um sehr persönliche Quellen, die einen anderen, menschlicheren Bezug zu einer solch historischen Persönlichkeit wie jene Hitlers schaffen.

Die beschriebenen mannigfachen Aspekte und Vorgehensweisen der Beteiligten zu ein und demselben Projekt haben einen Einblick in unterschiedliche Perspektiven ermöglicht.

Die Podiumsdiskussion hat eine sehr offene, ehrliche Art der Darstellung hinsichtlich der Vorgehensweise musealer Ausstellungen, aber auch ihrer auftretenden Fragestellungen und Zweifel geschaffen, zum Beispiel hinsichtlich der Relevanz der ausgestellten Inhalte und bezüglich des Umgangs mit ihnen.

Dieses Panel gab den Studierenden nicht nur die Möglichkeit, sich mit der Darstellung der Historie in einer inhaltlichen Art und Weise auseinanderzusetzen, sondern eröffnete ihnen auch einen Einblick in den für sie durchaus möglichen Arbeitsbereich von historischen Museen. Gleichzeitig zeigte er, wie Kuratoren in verschiedenen Projekten mit ihren Überlegungen arbeiten und welche Schritte sie in ihrer Entscheidungsfindung hinsichtlich der Darstellung historischer Sachverhalte berücksichtigen sollten, damit die Ausstellungen auch für das Publikum attraktiv werden.

(Ania Viero)

 

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