GASTWISSENSCHAFTLER*INNEN 

Prof. Dr. Frank KRAUSHAAR ›› Universität Trier

 Neoklassizistische Cyberlyrik im ChinaNetz 

LFUI Guest Professor Oktober 2020 bis Februar 2021

Die Gastprofessur zwischen Oktober 2020 und Februar 2021 war inhaltlich von zwei Schwerpunkten bestimmt:

  1. Erprobung von Möglichkeiten der sinologischen Lehre im interdisziplinären Bereich.
  2. Abschließende Ausarbeitung von Ergebnissen einer Forschungsarbeit zur neoklassizistischen Cyberlyrik im ChinaNetz nach Vorarbeiten der vergangenen zwei Jahre.

In zwei für Masterstudent*innen verschiedener Fachrichtungen angebotenen Lehrveranstaltungen wurden zum einen praktische und theoretische Grundkenntnisse der chinesischen Schrift und Schriftsprache in funktionalen Zusammenhängen – als Medium klassischer Poesie und im öffentlichen Raum des gegenwärtigen China – vermittelt, zum anderen „Missverständnisse“ als meist produktive, wenn auch mitunter befremdliche Katalysatoren einer Geschichte der transkulturellen „Übersetzung“ Chinas in europäisch-westliche Weltbilder der letzten 100 Jahre dargestellt und analysiert, wobei sowohl gelehrte (wissenschaftliche) als auch esoterische (spiritistische, philosophische), ästhetische und ideologische/politische Perspektiven in Betracht gezogen wurden. Beide Veranstaltungen erwiesen sich auch unter den ungewohnten Bedingungen der Online-Lehre und vor allem dank der hohen Aufmerksamkeit und der guten studentischen Mitarbeit als aufschlussreich für die weitere Ausarbeitung ähnlicher Formate, die im Zuge einer aktuellen Umgestaltung und Diversifizierung der herkömmlichen Chinastudien vom Status einer außereuropäischen Philologie in Richtung einer semiologisch begründeten Kulturwissenschaft von Interesse sind.

Im forschungsrelevanten Teil der Gastprofessur gelang es, die wesentlichen methodischen Schritte der Analyse und Beurteilung der Schreibweise des Zeng Shaoli, alias Lizilizilizi (geb. 1964), des unter chinesischen Kritikern meistbeachteten neuklassizistischen Cyberlyrikers Festlandchinas, umzusetzen und zwei Kernstücke des Essays, in dem eines der interessantesten Phänomene der vitalen chinesischen Lyrikszenen des 21. Jahrhunderts erstmals in deutscher Sprache kritisch erörtert wird, fertigzustellen, sodass eine Publikation der Arbeit noch in diesem Jahr möglich scheint. 


Assoz. -Prof. Dr. Till DEMBECK ›› Université du Luxembourg

 Literatur und Mehrsprachigkeit 

LFUI Guest Professor Mai und Juni 2019

Die Anderssprachigkeit der europäischen Romantik

Das Projekt strebt eine Revision gängiger Auffassungen europäischer Einsprachigkeit aus literaturhistorischer Perspektive an. Es untersucht die ‚anderssprachige‘ Dimension von Literatur, Philologie und Linguistik aus der Zeit der Romantik, d.h., die Art und Weise, auf die romantische Werke Strukturen anderer Sprachen entweder in sich aufnehmen oder doch zumindest auf sie verweisen – ein verbreitetes Phänomen, das allerdings bislang nicht systematisch erforscht und interpretiert wurde.

Die Romantiker gelten als ‚Erfinder‘ der modernen Einsprachigkeit. Unter der vielen Denkfiguren, die in der Forschung routinemäßig auf die Romantik zurückgeführt werden, ist die Auffassung, es läge in der Natur des Menschen, genau eine Muttersprache besitzen, die er als gemeinsames Eigentum mit einer Sprachgemeinschaft teilt, eine der wirkmächtigsten. Obwohl diese Vorstellung der Lebenserfahrung des größten Teils der Welt und unzähliger Individuen widerspricht, die über mehr als nur eine Muttersprache verfügen, hat ihre kulturpolitische Durchsetzung die Entstehung vieler Einrichtungen der modernen Gesellschaft befördert, beispielsweise die Emergenz einer Öffentlichkeit, von Demokratie und von funktionierenden öffentlichen Verwaltungen – kulminierend in der Europäischen Union, deren scheinbar mehrsprachige Gesetzgebung in Wirklichkeit nicht anderes ist als die Synthese vieler jeweils einsprachiger Rechtssysteme.

Das Projekt ist der Auffassung, dass es dennoch keinesfalls triftig ist, sich die Romantik und in der Folge große Teile der gesamten europäischen Moderne als durchgängig einsprachig vorzustellen. Es hat zum Ziel zu zeigen, dass für die Romantik auch die Auffassung prägend war, dass jede Sprache – und damit: jede Kultur – mit anderen Sprachen im Kontakt stehen und aus ihnen Anleihen machen muss, wenn sie mit der Dynamik der modernen Gesellschaft Schritt halten will. Diese kulturpolitische Vorstellung findet sich in einer Vielzahl von literarischen, philologischen und linguistischen Texten eben jener Romantiker entfaltet, die oft beschuldigt werden, einem radikal einsprachigen Nationalismus das Wort geredet zu haben. Die Untersuchung der Anderssprachigkeit der Romantik verspricht daher zu einer Neubeschreibung europäischer Identitätspolitiken beizutragen – jenseits der dichotomischen Unterscheidung von Ein- und Mehrsprachigkeit, die sowohl die wissenschaftliche als auch die politische Diskussion derzeit noch prägt.

Im Rahmen des Mehrsprachigkeitsmai wird unter anderem ein "im Gespräch mit..." Till Dembeck mit einem Abendvortrag zu diesem Projekt stattfinden.



Ali Mahmoud ABOZAID ›› Dozent an der Abteilung für Deutsche Sprache und Literatur an der Philosophischen Fakultät der Al-Menoufia Universität / Kairo

 Moderne und zeitgenössische österreichische Literatur 

Laufzeit: 1. Juli 2018 bis 28. Feber 2019 
Mittelgeber: Förderstipendium des Staates Ägypten


Prof. Dr. Young-Ae CHON ›› Seoul National University

 Grenzgänge der Übersetzung. (Und sich eröffnende Möglichkeiten, literaturwissenschaftlich. Anhand des Faust) 

LFUI Guest Professor Januar und Februar 2016

Für eine koreanische Gesamtausgabe wurde Goethes Faust vor kurzem von mir neu übersetzt. Der Plan für dieses Projekt ist über mehrere Jahrzehnte gereift, dabei liegt das Hauptgewicht auf der in den bestehenden Übersetzungen vor allem vermissten Reimsprache. In meinem Vortrag „Grenzgänge der Übersetzung“ am 28.1.2016 habe ich über die dabei auftauchenden Probleme und Möglichkeiten zu ihrer Bewältigung gesprochen.

Meine Übersetzung habe ich in Innsbruck dann zum allerletzten Mal revidiert: Ihr habe ich nicht nur die nötige Korrektur gegeben, sondern auch möglichen poetischen Glanz verleihen können. Hierbei hat Prof. Sebastian Donat, ein ausgewiesener Experte und Gastgeber, unentbehrliche Hilfe geleistet. Auch an die anderen KollegInnen habe ich mich mit vielen Fragen gewendet, die beim Übersetzen gesammelt wurden. In Bezug auf meinen künftigen Forschungsband über den West-östlichen Divan Goethes, der nun im Wallstein-Verlag im Druck ist, habe ich ebenso Hilfe und Beratungen gefunden.

Durch meinen aktuellen Gastaufenthalt wurden auch die Beziehungen zwischen der Universität Innsbruck und der Seoul National University weiter vertieft. Ein während meines Besuches unterzeichneter Partnerschaftsvertrag soll den akademischen Austausch weiter intensivieren.

Link zum Interview mit Prof. Dr. Young-Ae Chon: https://www.youtube.com/watch?v=w0awozisba8

 Grenzgänge der Sprache. Poesie in der geteilten/globalisierten Welt 

Mittelgeber: Eurasia-Pacific Uninet
Laufzeit: Dezember 2011

Die Macht der poetischen Sprache ist ein Thema, das mich seit vielen Jahren verfolgt. Ein Ergebnis erschien 2011 im Wallstein-Verlag: „So sage denn, wie sprech´ ich auch so schön?“ Zur Macht der Poesie bei Goethe. Und ein weiteres Buch ist bei Königshausen & Neumann im Druck: Lyrik in Konfrontationen. Wendezeiten. Dem dritten geplanten Buchprojekt, Grenzgänge der poetischen Sprache, das im selben Verlag erscheinen wird, fehlt noch ein Kapitel: „Stimmen von der Peripherie: Galsan Tschinag“. Es geht um den literarischen Niederschlag des Steppenlebens in deutscher Sprache. Die Perspektive des Nomadenlebens, das heutzutage häufig als Metapher für das bewegliche, unruhige Leben dient, hat für die globalisierte Welt eine besondere Relevanz.

Für dieses seltene Thema wie für die Bearbeitung des gesamten Projekts lassen sich Rat und Hilfe eben an der Universität Innsbruck: bei den open-minded Kollegen an der i.vau.el finden. Außerdem ist die Nähe des Brenner-Archivs ist für mich von großer Bedeutung.


 Novak MALEŠEVIĆ  ›› Belgrad, Serbien
  Theory of Deconstruction and Dostoevsky's novel The Possessed (PhD Thesis)

Laufzeit: 1. März bis 30. April 2016 // 1. Juni bis 31. August 2015 
MittelgeberCEEPUS scholarship // OEAD

The project aimes to integrate relations between theory, literature, and philosophy analyzing Dostoevsky’s novel The Possessed from deconstruction perspective (Jacques Derrida), more precisely from the view of phenomena of dissemination of linguistic signs and the possibilities of determination of meaning formed in a given semantic structure.


Dr. Manuela CONSONNI ›› Hebrew University
  Primo Levi: History of a Hybrid

Mittelgeber: AIANI / Universität Innbsruck
Laufzeit: Oktober 2014

As a guest scientist Dr Manuela Consonni researched the lines that define Primo Levi as witness, writer and intellectual. As part of the project, Dr Manuela Consonni taught also a seminar at the IVL on Shoah Literature: Memory, Gender, Hybridity. Moreover, Dr Consonni is organizing with Dr Federico Italiano an International Conference on Primo Levi. Tradition, Translation, Transmission to be held at the Innsbruck University, November 17-19, 2016.


Dr. Yeon Jeong GU
 Die deutsche Wiedervereinigung – gespiegelt im koreanischen Roman Egal, wer du bist und wie sehr du dich einsam fühlst (2007 Seoul, Yeon-Su Kim)

Mittelgeber: Eurasia-Pacific Uninet 
Laufzeit: Juni/Juli 2012

Dieses Projekt ist als ein Teilprojekt unter dem Dachprojekts »Wiederholte Spiegelungen – Reflektionsprozesse zwischen Texten, Medien, Sprachen, Religionen und Kulturen« (Projektleiter: Professor Dr. Sebastian Donat) mit dem Dachprojekt sowohl verbunden als auch selbstständig. Es hat zum Ziel, in der Widerspiegelung des weltgeschichtlichen Ereignisses Deutsche Wiedervereignung anhand eines koreanischen Romans die Bedeutung der deutsche Teilung und Wiedervereignung für die Koreaner darzustellen, die einmal wie Deutschland die Teilungsgeschichte gehabt und immer noch keine Vereignung erreicht haben. Der koreanische Blick auf die deutsche Wiedervereinigung wird im Vergleich mit dem eigenen Blick untersucht, der das Thema des Mauerfalls und der deuschen Wiedervereignung aufgreift, z.B. in Wenderomanen wie Stille Zeile Sechs von M. Maron (1991), Helden wie wir von T. Brussig(1995), Johannisnacht von U. Timm (1996). 


Prof. Dr. Ihmku KIM ›› Seoul National University
  West-östliches Crossover im Spirituellen

Mittelgeber:·Eurasia-Pacific·Uninet·
Laufzeit: Juni/Juli 2012

Das Phänomen der wechselseitigen Spiegelungen der Kultur ist in eminenter Weise am Crossover der westlichen und östlichen Religiosität beobachtbar und gut analysierbar. Die seit den 80er Jahren konstatierte »Wiederkehr der Religion« ist nur bedingt als eine Renaissance der institutionellen Religion zu bewerten. In Wirklichkeit spiegeln sich in einem solchen Comeback der Religion spirituelle Bedürfnisse der Menschen nach einem innerweltlich sinnerfüllten Leben wider. Denn es lässt darauf schließen, dass viele Menschen infolge der forcierten Säkularisierung zwar ein Sinnvakuum spüren, dessen Erfüllung jedoch nicht unbedingt eine Hinwendung zur Institution Kirche erforderlich macht.

Die einschlägigen Untersuchungen diagnostizieren eine mutiple religiöse Identität als Signum der Zeit, weil es im Zuge der Globalisierung häufig zur Vermischung der Spiritualitäten verschiedener Herkunft kommt. In Ostasien sind solche Phänomene seit langem nicht unüblich. Dagegen ist im Westen die hybride Religiosität relativ neu, weil hier das monotheistische Christentum mit seinem Absolutheitsanspruch die Kultur lange Zeit prägte. Nun ist es auch hier beobachtbar, dass nicht nur religiöse Eliten verschiedene Religiositäten vermischen, sondern auch Laien dem neuen Trend gegenüber durchaus aufgeschlossen sind. Deshalb spricht man zutreffend von »Patchwork-Religiosität«. Diesem Trend kann man indessen mit herkömmlichen Begriffen wie Synkretismus oder Inkulturation kaum adäquat begegnen. Die multiple Religionspraxis könnte – wohldosiert – zur spirituellen Entwicklung und Reifung führen. Aber auch die Gefahr eines unlösbaren inneren Konflikts ist unübersehbar angelegt. Bei anderen Leuten wiederum ist die multiple Religionszugehörigkeit bloß ein Zeichen von religiösem Konsumismus und spiritueller Unverbindlichkeit.

In meiner Untersuchung frage ich am Beispiel der deutschen Filmemacherin Dorris Dörrie, des japanischen Schriftstellers Endo Shusaku und schließlich der koreanischen Dichter Kim Ji-ha und Kong Ji-young danach, in welcher Weise spirituelle Traditionen von anderen Kulturkreisen übernommen und zur Sinnerzeugung und Bewältigung des eigenen Lebens bearbeitet werden können. 


Dr. Young-Jin CHOI
  Rotkäppchen in wiederholten Spiegelungen

Mittelgeber: Eurasia-Pacific Uninet 
Laufzeit: Januar/Februar 2012

Dieses Projekt ist sowohl ein Bestandteil des Dachprojekts »Wiederholte Spiegelungen – Reflektionsprozesse zwischen Texten, Medien, Sprachen, Religionen und Kulturen« (Projektleiter: Prof. Dr. Sebastian Donat) als auch ein selbständiges Projekt, das zum Ziel hat, am Beispiel des Rotkäppchen-Stoffes die widergespiegelten Realitäten in verschiedenen Versionen unter interkulturellem und intermedialem Aspekt zu untersuchen. Das Interesse der Forscherin gilt insbesondere den Frauenbildern in den verschiedenen Versionen, unter anderem in folgenden Werken: Rotkäppchen (1850) von Alexander von Ungern-Sternberg, Rotkäppchen (1923) von Joachim Ringelnatz, Clever Polly and the Stupid Wolf (1955) von Catherine Storr, Rotkäppchen (1975) von Tomi Ungerer, Rotkäppchens List (2005) von Ulrike Persch sowie in den Filmen The Company of Wolves (1984), SimsalaGrimm (1999), Hoodwinked (2005), Rotkäppchen – Wege zum Glück. Komödie aus Die ProSieben Märchenstunde (2006) und Red Riding Hood (2011). Diese Versionen werden miteinander und schließlich mit der Grimmschen Version (in Kinder- und Hausmärchen, 1812) und der französischen Vorlage Le Petit Chaperon rouge von Charles Perrault (1697; deutsche Übersetzung in Die Blaue Bibliothek aller Nationen, 1790) verglichen. Darüber hinaus werden die Widerspiegelungen in den Filmversionen und in den Buchversionen miteinander verglichen. 


Dr. Renzo CADUFF ›› Universität Zürich
  Von München bis Livorno: Bünderromanische Metrik im europäischen Kontext

Mittelgeber: Schweizerischer Nationalfonds 
Laufzeit: 2011

Dieses Projekt hat zum Ziel, die vormoderne bündnerromanische Metrik aus einer komparatistischen Perspektive zu beschreiben. Dabei sollen die konkreten Verstexte zweier repräsentativer ›traditioneller‹ bündnerromanischer Dichter mit Hilfe der deskriptiv-typologischen Matrix Donats (2010) klassifiziert und für bestimmte Versarten (Hexameter; »endecasillabo«) die Funktion rhythmischer Strukturen bestimmt werden. Während Beschreibung und Klassifikation der einzelnen Gedichte im Bereich der Deskriptiven Metrik liegen, kommt bei der Funktionsbestimmung der Versarten zudem der Bereich der Angewandten Metrik hinzu. 
Im Vordergrund des Projekts steht also die konkrete Umsetzung und Erprobung eines neuen sprachübergreifenden metrischen Ansatzes. Dieser erlaubt es, die traditionelle bündnerromanische Dichtung anhand der beiden bekanntesten Vertreter – Giacun Hasper Muoth (1844-1906) und Peider Lansel (1863-1943) – erstmals in ihren metrischen Grundzügen zu beschreiben. Am untersuchten Textkorpus soll zudem gezeigt werden, wie in einer Kleinliteratur verschiedene Metrik-Traditionen nebeneinander Bestand haben.

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