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Datum:2008-05-05

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1. Kirche als universales Zeichen des Heils nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil

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Zentral für das Kirchenverständnis des Zweiten Vatikanischen Konzils ist die Bestimmung von Kirche als „in Christus gleichsam das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“ (LG[1] 1). Die Identität von Kirche wird dabei bestimmt als Sendung: vom Gott Jesu Christi her und auf die ganze Menschheit hin. In dieser Ausspannung ist Kirche allumfassendes Sakrament des Heils (LG 48), wobei dieses Heil näher bestimmt wird als „innigste Vereinigung mit Gott“ und – dadurch ermöglicht – als „Einheit der ganzen Menschheit“. Damit ist keineswegs behauptet, dass die Kirche Quelle jeder wahren Einheit wäre. Quelle ist nicht sie, sondern Jesus Christus, dessen Heil und Gnade nach der Lehre des Konzils nicht ausschließlich in die Kirche und nicht allein durch sie vermittelt in die Welt ausstrahlt. Allen Menschen ist durch den Heiligen Geist die Möglichkeit gegeben, dem „österlichen Geheimnis in einer Gott bekannten Weise verbunden zu sein“ (GS[2] 22). Demgemäß bedeutet die Sakramentalität von Kirche nicht ausschließlich Vermittlung der Gnade in die Welt, sondern auch Sichtbarmachung und verherrlichende Christuszuordnung von dem, was sie in der ganzen Welt an Gutem und Wahrem findet (LG 16) und dankbar entgegennimmt.[3] Zweifellos ist Kirche damit Zeichen, aber auf eine subtile Weise. Sie ist Zeichen als Mysterium – mit jenem frühkirchlichen Begriff für Sakrament, der als Überschrift des 1. Kapitels für die gesamte Kirchenkonstitution leitend ist –, und Mysterium besagt hier ein wirksames Zeichen, das sich Menschen nur dann voll erschließt, wenn sie sich im gelebten Glauben darauf einlassen.

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J. Ratzinger arbeitet den Mysterien- und Beziehungscharakter eines Zeichens folgendermaßen heraus: „Zeichen wird etwas dadurch, daß es über sich hinausweist; als Zeichen steht es nicht in sich selbst, sondern ist unterwegs auf ein anderes hin. Ich verstehe es demnach als Zeichen erst, wenn ich in seinen Verweisungsgehalt eintrete, wenn ich in den Weg eingehe, der es selber ist. Wenn nun ein Zeichen, eine sichtbare Wirklichkeit, ins Unsichtbare, ins Göttliche hineinverweist, dann ist zunächst ... klar, daß ich seinen Verweisungsgehalt nur entdecken kann, indem ich mich selbst mit ihm identifiziere, mich in die Relation einweisen lasse, die das Zeichen zum Zeichen macht. Oder, wie Origenes sagt: Den geistigen Sinn eines Mysteriums, eines heiligen Zeichens entdeckt man erst, wenn man das Geheimnis lebt. Das Ereignis der Einsicht, welches das Zeichen als Zeichen öffnet, fällt also mit der Bekehrung zusammen. Denn Bekehrung ist ja das Zugehen unseres sichtbaren Lebens auf die Relation zu Gott, genauer gesagt: Sie bezieht sich auf den Plan Gottes mit der Menschheit und heißt, sein Leben nach dem Plan Gottes auszurichten.“[4]

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Wie aber kann Kirche dann noch „universales Zeichen“ (LG 48) sein, das „allen und jedem das sichtbare Sakrament dieser heilbringenden Einheit“ ist (LG 9)? Wenn Kirche Sakrament der Einheit mit Gott und allen Menschen untereinander für die gesamte Menschheit und Welt – „sacramentum mundi“[5] – zu sein beansprucht, dann will sie es auch sein für Menschen, wenn und insofern sie sich nicht als Christen verstehen. Wie aber kann Kirche über Kirche hinaus Sakrament sein, wenn Kirche Zeichen als Mysterium ist, zu dessen Erfassung ein ganzmenschliches und gemeinschaftliches Sicheinlassen auf den christlichen Anspruch gehört, wie es „der Welt“[6] gerade verschlossen ist?

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Die Sakraments- und Zeichenekklesiologie des Konzils ist vom Ansatz her dogmatisch, insofern sie primär eine Vergewisserung bezüglich Wesen und Auftrag der Kirche für sich selber intendiert. Das gilt auch für die kirchliche Selbstbestimmung als Sakrament des Heils für die ganze Welt. Dieser ex–zentrischen, sendungshaften Selbstbestimmung entspricht aber eine Dialogbereitschaft der Kirche, mit der sie ihre Bedeutung für die Welt auch gegenüber der nichtchristlichen Welt erklärt und rechtfertigt. Insofern erfordert das Zeichenverständnis von Lumen Gentium wesentlich auch einen Aufweis von kirchlicher Zeichenhaftigkeit, wie er als „demonstratio catholica“ ein zentraler Inhalt katholischer Apologetik war und als solcher weit vor die katholische Sakramentsekklesiologie des 20. Jahrhunderts zurückreicht. ‚Aktenkundig‘ wurde diese Sichtweise bereits im ersten Vatikanischen Konzil. Demgemäß versteht sich die Kirche – im Gefolge von Jes 11,12 – „gleichsam als Zeichen, das aufgerichtet ist für die Völker“[7], und als solches lädt sie die Nichtglaubenden zur Konversion ein, mit der Begründung, die Kirche sei „durch sich selbst ... ein großer steter Beweggrund der Glaubwürdigkeit und ein unwiderlegliches Zeugnis ihrer göttlichen Sendung, kraft ihrer wunderbaren Fortpflanzung, ihrer hervorragenden Heiligkeit und unerschöpflichen Fruchtbarkeit in allem Guten, in ihrer katholischen Einheit und unbesiegbaren Beständigkeit“[8].

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Seither hat sich die Kirche nicht nur von dem in dieser Selbstbeschreibung mitschwingenden Triumphalismus verabschiedet. Es gab auch wesentliche Verschiebungen im ekklesialen Zeichenverständnis, die die Prägnanz des erhobenen Anspruchs einer Heilsbedeutung für die Welt schwächten. Während die Relevanz von Organisationen heute weitgehend durch markante Konturierung und Profilierung behauptet wird, schwächte die katholische Kirche beides weitgehend ab, und zwar nicht aus Bescheidenheit oder Anpassungswillen, sondern aus theologischen Gründen: Zum einen relativierte sie eine markante Profilierung von Kirche zugunsten eines differenzierten Verständnisses einer gestuften Kirchenzugehörigkeit bzw. -hinordnung verschiedener Konfessionen und Religionen.[9] Zum anderen verzichtete die katholische Kirche konsequent auf eine eindeutige Konturierung kirchlicher Identität in Abhebung von Nichtzugehörigen. Heiligkeit, Fruchtbarkeit und Einigkeit werden nicht mehr exklusiv als habituelle Bestimmungen von Kirche betrachtet, sondern als Heilsgaben Jesu Christi, die Jesus zwar seiner Kirche vermittelte (und in der fortlaufenden – v.a. eucharistischen – Christusbegegnung immer neu vermittelt), aber nicht ausschließlich der Kirche. Mit einer bislang nicht dagewesenen Konsequenz unterscheidet das Konzil die real verfasste Kirche von dem durch sie dargestellten ‚Gegenstand‘, nämlich Christus, seine Gnade, das Reich Gottes. Die schmale aber entscheidende Differenz zwischen dem Dogma „Außerhalb der Kirche kein Heil“ und der Häresie „Außerhalb der Kirche keine Gnade“[10] vermag das Zweite Vaticanum zu wahren, indem sie (1) alles Heil als durch Christus vermittelt sieht, (2) Christus als für die Welt durch die Kirche vermittelt behauptet, dies aber (3) verbunden mit dem Bekenntnis, dass die Kirche über diesen Christus und sein Heilswerk nicht vollmächtig verfügt, sondern seine Spuren überall, auf der ganzen Welt, gerade auch außerhalb der Kirche wahrzunehmen und einzusammeln hat. Deshalb darf Kirche keine exklusive Selbstprofilierung ihrer Zeichenhaftigkeit vornehmen.

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Die katholische Kirche hat also mit dem Zweiten Vaticanum auf ein scharf konturiertes Selbstverständnis als Zeichen für die Welt verzichtet und an dessen Stelle das subtile Verständnis von Kirche als Sakrament und Mysterium gesetzt. Weil Kirche damit aber immer noch beansprucht, Zeichen für die Welt – und damit auch: für die Welt erkennbar – zu sein, erhebt sich die Frage, wie ein derart als Sakrament und Mysterium verstandenes Zeichen für die Welt erkennbar sein soll.

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2. Das Problem der universalen Zeichenhaftigkeit von Kirche bei Raymund Schwager

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Das ist die Problematik, die für Raymund Schwager in seinem Aufsatz „Kirche als universales Zeichen“ bestimmend ist.[11] In konsequenter Weiterführung des programmatischen Ansatzes im Aufsatz „Dramatische Theologie als Forschungsprogramm“[12], der den christlichen Offenbarungsanspruch in den heutigen Diskurs der Wissenschaften übersetzt und dort verteidigt, fragt Schwager nach einer Zeichenhaftigkeit von Kirche, die auch nichtgläubigen Menschen zugänglich ist. Das Heil, das die Kirche bezeichnen soll, wird dabei – auch für eine nichtreligiöse Welt verständlich und hochrelevant – von Schwager als die Möglichkeit eines wahren Friedens bestimmt, der sich nicht dem einheitsstiftenden Ausschluss von anderen verdankt. Dabei kann Schwager die konziliare Bestimmung des Heils als „Einheit zwischen Gott und den Menschen und den Menschen untereinander“ (LG 1) aufgreifen und im Sinne der Kernhypothese von „Dramatische Theologie als Forschungsprogramm“ weiterführen.[13]

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In seinem Aufsatz über die Kirche als universales Zeichen führt Schwager dieses Thema allerdings nicht in der ganzen Breite durch, sondern konzentriert sich auf die programmatische Zeichenhaftigkeit des öffentlichen Wirkens von Johannes Paul II. Auch wenn das Wirken des jüngst verstorbenen Papstes eindrucksvoll und – wahrscheinlich nach dem bald zu erwartenden Urteil der Kirche heiligmäßig – war, muss allerdings aus grundsätzlichen theologischen Gründen festgehalten werden, dass eine derart konkrete Zeichenhaftigkeit immer auch ambivalent ist, und zwar nicht nur aufgrund möglicher Missverständnisse von Seiten der Welt, sondern auch von der Qualität der gesetzten Zeichen her. Auch wenn Schwager das in seinem Aufsatz nur wenig deutlich macht, weiß er darum: In seinem Vorlesungsmanuskript zur Ekklesiologie führt Schwager zur Heiligkeit der Kirche ausgehend von einer eucharistischen Ekklesiologie folgende Unterscheidung ein:

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„Diese Sicht bringt mit sich, daß im Handeln der Kirche und der Gläubigen drei Bereiche zu unterscheiden sind: (1) Das sakramentale Handeln, das im Auftrag und in voller Einheit mit Christus geschieht und das sündenfrei ist. [...] (2) Das außersakramentale, amtliche Handeln der Kirche, das im weiteren Sinn auch in der Sendung durch Christus geschieht, das aber doch nicht so mit Christus eins ist, daß die Sünde ausgeschlossen wäre. [...] (3) Das private Handeln der Gläubigen und der Amtsträger, das ganz von der Sünde geprägt sein kann. Weil dieses Handeln privat ist, läßt es sich im Fall der Sünde auch leichter von der Heiligkeit der Kirche abheben.“[14]

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Die von Schwager in seinem Aufsatz erhobene Zeichenhaftigkeit der Kirche, wie sie sich im Wirken von Johannes Paul II. manifestiert, gehört bei aller Eindrücklichkeit zur zweiten und zur dritten Kategorie. Das heißt keineswegs, dass es unbedeutend wäre. Es ist allerdings von einer Mehrdeutigkeit gezeichnet. Die durch das Handeln repräsentativer Personen erwachsende Zeichenhaftigkeit von Kirche wird klarer, wenn der Bezug zwischen allen drei Kriterien verdeutlicht wird. Solche Zusammenhänge hat Schwager in seinem Artikel auch berücksichtigt. Vor allem zeigte er, wie amtliches Lehren (2. Ebene) und öffentliches Handeln (im Übergangsbereich zwischen 2. und 3. Ebene) sich bei Johannes Paul II. zu einer überzeugenden Gesamtgestalt verbanden. Letztes Kriterium für die Authentizität von Wort und Tat in der Kirche ist allerdings ihre gemeinsame Rückbezogenheit auf ein Sein von Kirche, das in ihrem ihr selbst unverfügbaren Zentrum Jesus Christus wurzelt. Dem entspricht die von Schwager genannte erste Ebene: „das sakramentale Handeln, das im Auftrag und in voller Einheit mit Christus geschieht und das sündenfrei ist.“ Gemäß einer eucharistischen Ekklesiologie, die im Gefolge des Konzils vor allem der jetzige Papst gefördert hat, ist das eigentliche Zentrum, in dem sich die Kirche als Sakrament vollzieht, das Sakrament der Eucharistie. Alle legitime Zeichenhaftigkeit der Kirche hat in dieser Zeichenhaftigkeit Christi ihren Maßstab und ihren Ursprung. Die Rückbezogenheit des kirchlichen Handelns auf die Liturgie ist auch in Schwagers Artikel zentral:

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„Alle Zeichen des Friedens und der Einheit, die das kirchliche Amt setzt, ruhen deshalb auf den liturgischen Handlungen, und alle Zeichen, von denen weiter oben gesprochen wurde, stehen auch direkt oder indirekt im Zusammenhang mit der Liturgie. So ist bei den Reisen von Johannes Paul II. entscheidend, dass er sich klar von Politikern abhebt: ‚Er gibt keine Pressekonferenzen und erläutert seine Vorstellungen nicht in Interviews. Fast das gesamte öffentliche Auftreten ist in liturgische Vollzüge eingebettet.‘ Was auf diese Weise bei großen öffentlichen Ereignissen liturgisch gefeiert wird, wiederholt sich auch in Tausenden und Hunderttausenden von Gemeinden, die über die ganze Erde verstreut und doch so untereinander verbunden sind, dass jeder und jede sich in ihnen wiedererkennen kann. Diese Einbindung in ungezählte örtliche Gemeinden und die gleichzeitige Rückbindung an das Handeln Gottes in der Geschichte mittels der Liturgie verhindern, dass die kirchlichen Aufrufe zum Frieden und zur Einheit zu bloßen moralischen Appellen herabsinken und unwirksame Zeichen bleiben. Sie sind nicht willkürlich gesetzte Zeichen, sondern letztlich gegeben und vorgegeben, und deshalb können sie über sich hinaus auf einen Frieden und eine Einheit hinweisen, an der die Menschen zwar mitzuarbeiten haben, die ihnen aber letztlich geschenkt wird.“[15]

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Im Unterschied zu Schwagers Aufsatz, der von der Zeichenhaftigkeit im Wirken eines kirchlichen Menschen auf den eucharistischen Ursprung dieser Zeichenhaftigkeit zurückdenkt, soll im Folgenden die Frage der universalen Zeichenhaftigkeit ausgehend vom Zentrum der Vergegenwärtigung Jesu Christi angegangen werden. Beide Bewegungen können sich gegenseitig ergänzen, zumal beide der gleichen Methode einer Dramatischen Theologie folgen.

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3. Dramatische Methode

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Wie also kann Kirche „sacramentum mundi“ – wirksames Zeichen des Heils für die Welt – sein, wenn die Welt dieses Mysterium, das zuinnerst die Vergegenwärtigung Jesu Christi ist, gar nicht fassen kann? Man könnte gleichsam aus dem Handgelenk heraus antworten: Kirche ist Zeichen des Heils für die Welt nicht indem die Welt dieses Zeichen erfasst, sondern indem sie von ihm erfasst wird. Diese Antwort führt tatsächlich weiter. Um aber mehr zu sein als eine treffende Phrase, erfordert sie ein entsprechendes Zeichenverständnis. Wir werden also versuchen, ein Verständnis der Zeichenhaftigkeit von Kirche zu erschließen, von welchem her die Rede von der Welt, die durch die Zeichenhaftigkeit von Kirche erfasst und auf wahren Frieden hin verwandelt wird, sinnvoll ist.

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Der Weg dieser Entfaltung muss von der Christologie ausgehen und kann erst von da aus zur Ekklesiologie weiterführen. Wenn das, was die Kirche als Sakrament bezeichnet, das Heil in Christus ist und wir die transformative Kraft dieses Sakraments erschließen wollen, dann müssen wir uns dafür zuerst an das eigentliche Ursakrament Jesus Christus halten.

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Der Inbegriff des von Christus verheißenen und bewirkten Heils wird – nicht zuletzt im Blick auf die ekklesiologische Reflexion – in heutiger Theologie zumeist mit dem Begriff „Reich Gottes“ zusammengefasst. Damit das als Reich Gottes begriffene Heil aber nicht zur Chiffre von Erfüllungssehnsüchten epochaler Bedürfnislagen depraviert, muss diese Vorstellung im Zusammenhang von Jesu gesamtem Wirken und Geschick verdeutlicht werden.[16] Dafür ist Jesu vollmächtige Verkündigung des Gottesreichs gewiss zentral, aber es sind auch die dadurch ausgelösten Missverständnisse und Konflikte einzubeziehen, die Jesus in äußerste Konfrontation mit den Menschen brachten, bis die durch ihn freigelegten Aggressionspotentiale wie eine gewaltige Welle am Kreuz über ihn zusammenschlugen. Weiters ist das überraschende Wiederaufleben der durch die Kreuzeskatastrophe niedergeschmetterten Jesusbewegung – und mit ihr der Gottesreichbotschaft – zu berücksichtigen, mit dem Umstand, dass diese nicht anders erklärt werden kann, als durch Rückführung auf ein historischer Forschung nicht direkt zugängliches Auslöse-Ereignis und die Deutung, die die Evangelien diesem geben: dass der gekreuzigte Jesus am dritten Tag von Gott auferweckt wurde. Dass in der Folge die Gottesreichbotschaft sich erstmals auf breiter sozialer Basis durchsetzen konnte, lässt sich nochmals nur mit jenen Deutungen erhellen, die die Evangelien und die Apostelgeschichte diesem Faktum geben: dass am Anfang der Kirche – als nachösterlichem Keim des anbrechenden Gottesreichs – die Sendung des Heiligen Geistes steht, als des Vermittlers einer Christusförmigkeit, welche die Lebensgesetze des Gottesreichs im Herzen der Menschen und ihrer Gemeinschaft bewahrt und so der Pervertierung durch den tötenden Buchstaben (vgl. 2 Kor 3,6) entzieht.

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All diese Elemente der Heilsvermittlung durch Jesus Christus sind nicht nur isoliert aufzuführen, sondern in eine Beziehung zu bringen, deren Wahrheitskriterium die Vereinbarkeit scheinbar unverträglicher Aussagen aus verschiedenen Aussagenzusammenhängen der Evangelien ist.[17] Entscheidend ist dabei die Vorannahme, dass die verschiedenen Linien christologischer Heilsvorstellungen – Jesu Proklamation des Gottesreichs, Gerichtsdrohung, Kreuz, Auferstehung und Geistsendung – tatsächlich konvergieren können, und zwar vermutlich auf eine Mitte hin, die unserer Reflexion nicht von vornherein zugänglich ist, und die unabhängig von einer ständigen Bedachtnahme auf die konkreten heilsgeschichtlichen Ereignisse in ihren unterschiedlichen Aussagenlinien auch nicht gehalten werden kann. Diese Vorannahme ist nicht zwingend, sondern Ausdruck des Glaubens, der für die Theologie leitend ist und sie dadurch von Religionswissenschaft unterscheidet.

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Der skizzierte biblisch-christologische Ansatz wurde von Raymund Schwager umfänglich durchgeführt.[18] Er kann dem Typus einer Dramatischen Theologie zugeordnet werden.[19] Im Folgenden soll diese biblisch-dramatische Christologie – entsprechend unserem ekklesiologischen Interesse – auf die gemeinschaftsbildende und -kritische Dimension von Jesu Wirken hin akzentuiert werden (4. Kapitel). Auf dieser Grundlage kann ein dramatisches Verständnis der Zeichenhaftigkeit Jesu Christi (5. Kapitel) und von daher der Kirche (6. und 7. Kapitel) erschlossen werden, um von daher schließlich auch eine Antwort auf die gestellte Frage nach einer wirksamen universalen Zeichenhaftigkeit von Kirche für die Welt zu finden (8. Kapitel).

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4. Dramatische Christologie in ekklesiologischer Perspektive

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4.1 Jesu Gottesreichbotschaft und die Ambivalenz gemeinschaftlicher Identität

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Jesu Wirken – im Allgemeinen und insbesondere im Hinblick auf die Entstehung von Kirche – findet seine Mitte in der Proklamation des Gottesreichs.[20] Lumen Gentium 5 stellt ganz in diesem Sinn fest: „Denn der Herr Jesus machte den Anfang seiner Kirche, indem er [die] frohe Botschaft verkündigte, die Ankunft nämlich des Reiches Gottes.“ – Der Begriff Gottesreich steht dabei für eine ganz in göttlicher Initiative gründende neue Qualität der Gottesbeziehung, die zugleich eine gemeinschaftliche Identität mit neuer Qualität schafft, während umgekehrt die Weiterführung von falschen Formen der Vergemeinschaftung (im Folgenden noch zu beschreiben als gemeinschaftliche Identitätssicherung durch Ausschluss anderer) diese neue Gottesbeziehung im Keim ersticken würde. In diesem Sinn fordert Jesus im Zuge seiner Gottesreichverkündigung zu einer Umkehr auf, die nicht nur individuellen, sondern gemeinschaftlichen Charakter trägt.

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Verkündigung des Gottesreichs und Sammlung des Gottesvolks sind für Jesus untrennbar. Beides ereignet sich nicht nur durch lehrende und weisende Worte, auch nicht nur durch machtvolle Taten, sondern durch eine Präsenz Jesu, in der seine Worte und Taten derart als ursprünglicher Ausdruck seiner Personalität erscheinen, dass man sagen kann: Jesus hat nicht nur in Worten und Taten, sondern schlechthin durch sein Sein die neue Qualität der Gottes- und Gemeinschaftsbeziehung vermittelt. Wieder mit Lumen Gentium 5: „Dieses Reich aber leuchtet im Wort, im Werk und in der Gegenwart Christi den Menschen auf.“

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Das Spezifikum des anbrechenden Gottesreichs und der dafür charakteristischen Gemeinschaftsbeziehung besteht in der Begründung individueller und gemeinschaftlicher Identität ganz in einer dankbaren Neuausgerichtetheit von Gott her[21]. Das war zwar gemäß alttestamentlicher Erwählungstheologie schon für Israel programmatisch, glitt aber immer wieder in defiziente Formen eines elitären und exklusiven Selbstverständnisses ab. Das Neue von Jesu Gottesreichbewegung kann weniger in der Programmatik festgemacht werden als in der Erfahrung Jesu und der ihm Nachfolgenden, dass das längst Geforderte und verzweifelt Angezielte nun auf einmal lebbar wird – in ungewohnter Radikalität (vgl. Bergpredigt) und zugleich in ungewohnter Leichtigkeit (vgl. Mt 10,30). Diese Erfahrung gründet in einem neuen Handeln Gottes, das den Menschen in Wort, Tat und Sein Jesu Christi befreiend aufleuchtet.

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Entsprechend der von Grund auf gemeinschaftlichen Dimension von Jesu Gottesreichbotschaft handelt es sich bei den genannten Ereignissen – Gottesreichbotschaft, Gnadenerfahrung, Umkehr – um nicht nur individuelle Phänomene. Heillosigkeit in ihren Äußerungen von Hochmut und/oder Angst ebenso wie die ermöglichte und in Konsequenz ihrer Ermöglichung geforderte Umkehr sind unter Berücksichtigung sozialer Dimensionen und der entsprechenden Verschärfungen zu erschließen. Wir können das am Schlüsselphänomen der Identität verdeutlichen, die im Erlösungs- und Befreiungsgeschehen des mit Jesus anbrechenden Gottesreichs nicht nur als individuelle, sondern auch als soziale Identität reflektiert werden muss.

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Idealtypisch lässt sich von einer negativen Identität, die durch Ab- und Ausgrenzung gegenüber anderen gesichert wird, eine positive Identität unterscheiden, die durch gemeinsame und einigende Ausgerichtetheit von einem die Gemeinschaft transzendierenden Ziel her und auf ein entsprechendes gemeinsames Ziel hin bestimmt wird.

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Als negative Identität bezeichne ich eine Bestimmung und Absicherung des individuellen und gemeinschaftlichen Selbstverständnisses durch Abgrenzung von anderen, gemäß dem Motto: „Wir wissen, wer wir sind, wenn wir wissen, wer wir nicht sind und gegen wen wir sind.“[22] Die alle Gesellschaften und Kulturen prägende Bedeutung solcher Identitätsbestimmungen wurde von René Girard (v.a. mit seiner Theorie vom Sündenbockmechanismus) herausgearbeitet und wird in Innsbruck weiterentwickelt.[23] – Negative Identität wird nicht nur durch Abgrenzung nach außen gesichert, sondern auch durch Grenzungen innerhalb des Sozialkörpers – in einem strikten Achten auf Rangordnungen – stabilisiert. Taxieren und Vergleichen – nach innen und nach außen – sind die charakteristischen Haltungen der Glieder einer durch negative Identität geprägten Gemeinschaft.       Positive Identität kann theologisch qualifiziert werden als eine durch Sendung grundgelegte Identität, und zwar in Anlehnung an Hans Urs von Balthasar[24] und in Kontinuität mit der Dramatischen Christologie von Raymund Schwager[25]: Balthasar entwickelt den für ihn zentralen Begriff der Sendung christologisch: Jesu gesamtes Wirken, beginnend von seiner Gottesreichbotschaft bis zu Kreuz, Auferstehung und Geistsendung, kann als Sendung – vom Vater und zu den Menschen – begriffen werden. Die heute verbreitete solidarisch-soteriologische Bestimmung von Jesu Wirken als Proexistenz – „Sein-für“ – wird damit theozentrisch und letztlich trinitarisch grundgelegt in einem „Sein-von“. Jesu Wirken in Worten und Taten sowie sein ganzes Sein sind ganz von seiner Sendung her zu begreifen. In diesem Sinn spricht Balthasar in Bezug auf Jesus Christus von einer Identität zwischen Sendung und Person. Und von daher entwickelt er einen theologisch-anthropologischen Begriff von Person, der in der Sendung vom trinitarischen Gott her grundgelegt ist: Die unverwechselbare Eigenart des Einzelmenschen, die mit dem Begriff der Person angezielt wird, kann, wie Balthasar betont, außertheologisch nicht eingeholt werden, und zwar weder durch eine Eingrenzung von Unterscheidungsmerkmalen noch durch dialogische Verankerung. Erst die Berufung von Gott her, in der der Menschen „vom schlechthin einmaligen Gott [seinen] ebenso schlechthin einmaligen (weil von Gott gewählten) Namen zugesprochen erhält“[26], erschließt die Einmaligkeit jedes Einzelmenschen als Person. Da Berufung immer auch Enteignung des Menschen für andere bedeutet, begründet Balthasars Personbegriff sowohl individuelle als auch gemeinschaftliche Identität.[27] Durch die Wahrnehmung ihrer Sendung werden Menschen aufeinander hin orientiert und zu Gemeinschaften geformt.[28] Hier trifft sich Balthasars Sendungstheologie mit der Kernhypothese der Innsbrucker Dramatischen Theologie, wonach wahrer Friede nur durch Gottes Wirken ermöglicht wird.[29]

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Viele Aspekte von Jesu Wirken werden – je für sich und in ihrem Zusammenhang – im Blick auf die Unterscheidung zwischen positiver und negativer Identität plausibel. Jesu Einsatz für positive Identität spiegelt sich in der Theozentrik seiner Gottesreichbotschaft, in der geradezu programmatischen Hereinnahme von Außenseitern, sowie in der personalisierenden Berufung und Aussendung von Jüngern. Jesu Kritik an negativer Identität zeigt sich wiederum an der Hereinnahme von Außenseitern, verbunden mit der aufdeckenden Wirkung für subtil grenzende Gemeinschaftsverständnisse, weiters in seinen Gerichtsworten und insbesondere in seiner harten Kritik an einem taxierend-vergleichenden Gerechtigkeitsverständnis.[30]

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Zwei Präzisierungen müssen angebracht werden, damit die Unterscheidung zwischen positiver und negativer Identität theologisch sinnvoll verwendbar ist:

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1. Nicht jedes Vorkommen von äußeren Grenzen (Abgrenzung nach außen) oder inneren Grenzen (Rangordnungen, Hierarchisierungen) ist schon als negative Identität und damit als auf positive Identität hin aufzuheben zu verstehen. Damit würde einem Romantizismus der Grenzenlosigkeit das Wort geredet, der weder der Eigenart menschlicher Gemeinschaft (die auf Grenzen und Differenzierungen niemals verzichten kann) noch dem Beispiel Jesu gerecht würde. Jesus zog durchaus Grenzen nach außen, indem er sich nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt wusste (Mt 15,24, vgl. Mt 10,5f); und er machte Unterschiede zwischen Nichtjüngern, Jüngern, Aposteln sowie auch innerhalb des Apostelkreises. Nicht das Bestehen von – äußeren und inneren – Grenzen als solches ist negativ, sondern deren Funktion zur Bestimmung von eigener und gemeinschaftlicher Identität.[31] Ein Unterscheidungskriterium: Grenzungen, die nicht einer Identitätssicherung im Sinne negativer Identität dienen, sind bei Bedarf überschreitbar.[32]

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2. Die Unterscheidung zwischen positiver und negativer gemeinschaftlicher Identität ist idealtypisch. Sie ist nicht geeignet als eindeutiges Zuordnungsschema für konkrete geschichtlich-gemeinschaftliche Phänomene, sondern als theologisch-hermeneutisches Raster für deren differenzierte Qualifizierung, – und zwar durchaus im Sinn einer „Unterscheidung der Geister“. Im Hinblick auf positive und negative Identität ist für konkrete Gemeinschaften immer mit Mischphänomenen zu rechnen.

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Die Instabilität und Ambivalenz gemeinschaftlichen Identitätsbewusstseins lässt sich an der Erneuerungsbewegung der Pharisäer verdeutlichen.[33] Vom Ansatz her waren sie ganz von dem Anliegen getragen, durch eine reine Ausrichtung auf den wahren Gott die Gemeinschaft Israels zu reformieren und das Gottesreich heraufzuführen. Eine radikale Theozentrik sollte lebbar werden durch die Befolgung des Gottesgesetzes in allen Lebenssituationen. Dazu musste dieses Gesetz durch detaillierte Ausführungsbestimmungen – „Zaun um die Tora“ – erst universal anwendbar gemacht werden. Damit wurden aber zugleich auf verführerische Weise Unterscheidungskriterien greifbar, anhand derer man scharfe Grenzen zwischen Gesetzestreuen und Gesetzesbrechern – und dementsprechend von Zugehörigen und Nichtzugehörigen zum wahren Gottesvolk – ziehen konnte. Der „Zaun um die Tora“ im Sinne eines Schutzes der Tora (als Gewährleistung reiner Gottesausrichtung) drohte so zu einem Zaun zu pervertieren, der die Nichtgesetzestreuen als Gott- und Heillose ausgrenzt. Die der Person-als-Sendung (mit ihrer Doppelung: „gesandt-von“ – „gesandt-zu“) entsprechende theozentrische Blickbewegung von nach-oben (in Lobpreis, Dank, Bitte und gehorsamer Bereitschaft zum Empfang der Weisungen Gottes)[34] zum Nach-links/rechts (in Weitergabe des Segens und dankbar sich weiterverströmender Güte an die Nächsten) drohte zu pervertierten zum prüfenden Seitenblick mit der taxierenden Frage: ‚Wer entspricht den Zugehörigkeitskriterien zum wahren Gottesvolk und wer nicht?‘ – Der theozentrische Blick auf Gott hin wird dabei ersetzt durch das aus der Taxierung anderer erschlossene (Schein-)Wissen darum, auf welcher Seite Gott steht und auf welcher nicht. Statt dass der Mensch bzw. die menschliche Gemeinschaft sich als Ebenbild Gottes von Gott her versteht, meint der Mensch bzw. die menschliche Gemeinschaft, Gott erschließen und fassbar machen zu können als Ebenbild der grenzenden Gemeinschaft. So entsprechen sich

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· im Hinblick auf die Gottesbeziehung: Pervertierung von Gottesdienst zu Götzendienst;

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· in Bezug auf Welt und Mitmenschen: Depravierung von positiver Sendungsidentität zu negativer Ausgrenzungsidentität;

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· im Hinblick auf das subjektive Selbstverständnis: Pervertierung von gnadenhaft empfangend-verwirklichter Gottebenbildlichkeit zum selbstherrlichen Wie-Gott-sein-Wollen.[35]

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Diese umfassende, Gott-, Welt-, und Selbstbezug erfassende Pervertierung kann sich unterschwellig und unbemerkt, unter Beibehaltung des Anscheins frommer Identitätsbestimmung abspielen. Solche Pervertierung eines Gottesgehorsams, der sich in wahrer Gesetzesfrömmigkeit äußert, – und nicht die Gesetzesfrömmigkeit oder die Bewegung der Pharisäer insgesamt – wurde von Jesus massiv kritisiert.[36] In diesem Sinn ist Jesu – und später Pauli – Gesetzeskritik zu verstehen, die demgemäß den Sinn des Gesetzes nicht aufheben, sondern erfüllen will (vgl. Mt 5,17).

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Die zentrale Bedeutung der gemeinschaftlichen Dimension in der Gottesreichbotschaft schließt eine nicht delegierbare Verantwortung der Einzelperson in keiner Weise aus. Positive Identität verwirklicht sich in – oft einsamer – Übernahme von Verantwortung des Einzelnen für andere und ist damit individuell-personalisierend und gemeinschaftsbildend zugleich, – im Gegensatz zum Typus einer Gemeinschaftsform negativer Identität, die kollektivierend ist und die Verantwortung des Einzelnen suspendiert. Für diesen Zusammenhang ist das Zusammentreffen Jesu mit Menschenmengen aufschlussreich. Jesu Wirken in Heilung und Nachfolgeruf wird von den Evangelisten immer wieder so beschrieben, dass Jesus Menschen aus der Menge herausrief.[37] Sein Ruf ergeht an den Einzelnen in der Menge, in seiner Verflochtenheit innerhalb der Menge, und ruft ihn oder sie aus der Menge heraus. Die Fähigkeit und Bereitschaft der Herausgerufenen, sich aus der Menge zu lösen und in je für sich übernommener Verantwortungsbereitschaft von Person zu Person Jesus und darin Gott gegenüberzutreten, ist bereits befreiend, personalisierend und bildet den Anfang der von Jesus ermöglichten und geforderten Umkehr. So zielt Jesu gelebte Gottesreichbotschaft nicht nur auf die Einzelnen in ihrer Nachfolgebereitschaft, sondern zugleich auf die sie bindenden Strukturen. Nur wenn man diese strukturkritische Dimension von Jesu Handeln berücksichtigt, kann man auch das Aggressionspotential ermessen, das Jesus durch seine doch so positive Botschaft immer wieder freigesetzt hat:

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4.2 Ablehnung der Gottesreichbotschaft als kollektives Phänomen

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Menschen, die den gesellschaftsdefinierenden Rand der Gesellschaft markieren, sind zwar bis in ihr innerstes Selbstverständnis von den degradierenden Definitionen durch die Gesellschaft gezeichnet, – die Evangelien erzählen von ihnen als von Dämonen Besessenen.[38] Aber Jesu personalisierender Zuspruch eines barmherzigen Gottes vermag sie von diesen Dämonen zu befreien. Das Gottesreich steht diesen Armen offen. Im Unterschied zu ihnen haben jene, die von den grenzenden gesellschaftlichen Identitätsbildungsmechanismen nach oben gespült wurden, viel zu verlieren. Jesus bedauert sie als die Reichen, die nur schwer in das Himmelreich kommen können.

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Die primär von den Bevorzugten grenzender Gesellschaftskonstellationen erfahrene Bedrohung durch Jesu Gottesreichbotschaft kann angemessen unter dem Stichwort einer Identitätskrise reflektiert werden, und auch diese Identitätskrise ist keine bloß individuelle: Aus den eben skizzierten Gründen erreicht Jesu Gottesreichbotschaft eher Menschen, die an den unteren und äußeren Rändern der Gesellschaft stehen. Die auf diese Weise forcierte Einbeziehung von Außenseitern und Sündenböcken macht Jesu Sammlungstätigkeit zugleich zum Instrument der Aufdeckung und des Gerichts. Sie deckt auf radikale Weise auf, welchen Geistes der Zusammenhalt einer Gemeinschaft ist und funktioniert solcherart geradezu als „Community-Test“:[39] Wenn und im Maße als eine Gemeinschaft theozentrisch durch positive Identität bestimmt ist, können sich ihre Mitglieder über den Zuwachs durch Einbeziehung bisher Nichtzugehöriger nur von ganzem Herzen freuen. Wenn und insofern aber eine Gemeinschaft in ausgrenzender Weise durch negative Identität bestimmt ist, bedeutet die Hereinnahme von Außenstehenden eine Verwischung der identitätssichernden Gemeinschaftsgrenzen und treibt die Gemeinschaft so in eine veritable Identitätskrise. Nur von daher wird der oft maßlose Hass verständlich, den Jesu doch so menschenfreundliches Wirken immer wieder hervorgerufen hat.

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Die Erzählung von Jesu „Antrittspredigt“ in Nazaret (Lk 4,16–30) bietet uns eine beeindruckende Studie dieser Mechanismen. Die anfängliche Ergriffenheit der Gemeinde Nazarets von Jesu Botschaft schlägt rapide um in einen ungebremsten Hass, der die Menge in einen kollektiven Lynchversuch an Jesus treibt. Dieser radikale und unvermutete Umschlag wird plausibel mit der Hypothese einer taxierend-vergleichenden Grundeinstellung der Synagogengemeinschaft. Diese wirkt sich zunächst in einer Lähmung der Gemeinde aus, die die anfängliche Ergriffenheit (Lk 4,22a: „Seine Rede fand bei allen Beifall“) auf das Niveau einer ambivalenten Fasziniertheit (Lk 4,22b: sie staunten – etháumazon) hinabzieht und alsbald in eine taxierende Abwertung Jesu und seines Anspruchs mündet (Lk 4,22c: „Ist das nicht der Sohn Josefs?“). Jesus erkennt die treibenden Kräfte, die den Kairós für das anbrechende Gottesreich im Ansatz ersticken und deckt sie schonungslos auf. Nur so ist die verblüffend scharfe Reaktion Jesu zu begreifen (vgl. Lk 4,23). Jesus konfrontiert die Menge mit der bevorzugten Erwählung von Nichtjuden, wie sie in prophetischen Texten dargelegt ist, und stellt damit – provozierender als es der Täufer tat (vgl. Mt 3,9) – ein abgrenzendes, negatives Identitätsverständnis der Menge bloß. So löst er das Gefühl einer äußersten Bedrohung der „heiligsten“, scheinbar inemit Gott und untereinander verbindenden Werte dieser Gemeinschaft aus[40] – ein Bedrohtheitsgefühl, das zu maßloser Wut und zum kollektiven Lynchversuch an Jesus führt – und deckt damit zugleich auf, welcher Geist diese Menge zusammenhält. Im Sinne seiner Gottesreichbotschaft muss Jesus diese bestimmenden Kräfte bloßlegen, denn sie sind es, die die Ausrichtung auf den wahren Gott blockieren und somit den Menschen den Zugang zum Gottesreich verstellen.

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Lk 4,16–30 nimmt im Lukasevangelium die Schlüsselstelle einer summarisch-programmatischen Anfangserzählung von Jesu Wirken ein. In frappierender Dichte bündelt dieser Text Gottesreichbotschaft, Gericht und Kreuz – die ersten drei Akte in Schwagers Dramatischer Christologie – und macht sie in ihrer beinahe zwangsläufigen Folgerichtigkeit verständlich.

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4.3 Sendung als schwieriger Mittelweg zwischen den Abgründen der Sendungsverfehlung

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Eine Zurückweisung von Jesu Gottesreichbotschaft auch nur durch Teile des von Jesus angesprochenen Israel musste deren Realisierung insgesamt gefährden. Die von Jesus gesammelte Gemeinde, die für ganz Israel offen sein sollte, drohte so zu einer weiteren Sekte zu werden, – nur mit dem umgekehrten Vorzeichen, dass nun nicht mehr die notorischen Gesetzesbrecher identitätssichernd die Außengrenze der Glaubensgemeinschaft markieren, sondern dass nunmehr die etablierten Gesetzestreuen als Heuchler entlarvt werden und als derart Ausgegrenzte die Identität der jesuanischen Gemeinde stabilisieren.

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Das war ein Abgrund, dem sich die spätere Kirche im christlichen Antijudaismus, angesichts weiterer Abspaltungen in kontroverstheologisch übersteigerter Selbstabgrenzung, sowie im betont negativen Weltbezug eines Integralismus immer wieder gefährlich näherte. Weltfeindlicher Integralismus und vordergründig weltgleichgültiger Esoterismus[41] sind nur zwei unterschiedliche Ausformungen der ab- und ausgrenzenden Selbstdefinition einer Zerrform von Kirche, die bei allem vorgeblichem missionarischem Anspruch die anderen der Welt niemals wird integrieren können, weil sie das letztlich nicht will: Eine als gottlos abqualifizierte Welt ist als Negativfolie für ihre Selbstbestimmung unverzichtbar. Anderseits: Wo Kirche diesem Abgrund durch betonte Weltoffenheit zu entkommen trachtet, droht alsbald der entgegengesetzte Abgrund eines Verrats am apostolischen Auftrag durch eine unterschiedslose „Angleichung an die Welt“.

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Den schwierigen Mittelweg zwischen den Straßengräben einer weltfeindlichen Gottverbundenheit und einer gottlosen Weltverbundenheit ist Jesus für die Kirche paradigmatisch vorausgegangen. Das Erfordernis eines solchen Mittelwegs erhellt der für die personale Identität von Christus sowie für die Identität von Kirche jeweils leitende Doppelbegriff der Sendung: als Sendung vom göttlichen Vater und als Sendung zu den erlösungsbedürftigen Menschen bedeutet Sendung Mittlerschaft zwischen Gott und den Menschen und erfordert als solche zugleich eine radikale Treue zum wahren Gott (in „Wahrheit“ / „Gerechtigkeit“) und eine kompromisslose Solidarität mit den Menschen (in „Liebe“ / „Barmherzigkeit“). Wo die von der Sendung adressierten Menschen sich im Widerstand gegen Gott verhärten, wird Sendung bzw. Mittlerschaft zur Zerreißprobe. Die von der Sendung gemeinte Synthese von Wahrheit und Liebe[42] bzw. von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit[43] kann naturgemäß in zwei Richtungen verfehlt werden:

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Erstens in einer vermeintlichen Treue zur Wahrheit und Gerechtigkeit Gottes mit der Konsequenz einer Entsolidarisierung gegenüber den diese Wahrheit zurückweisenden Menschen: Der Gesendete meint, an der Herkunft der Sendung festhalten zu können auf Kosten ihres Zieles. Im Hinblick auf die Gemeinschaftsdimension der Gottesreichverkündigung lässt sich das berechtigte und gebotene In-der-Wahrheit-bleiben-Wollen konkretisieren als eine kompromisslose Zurückweisung eines depravierten Friedens im Sinne einer Gemeinschaftsbildung auf Kosten von ausgegrenzten anderen. In diesem Sinn hat Jesus die Erwartungen der etablierten Juden auf eine Tolerierung der für sie leitenden Ausgrenzungen und Rangordnungen zurückgewiesen.[44] – Jesus würde seiner Sendung aber dann untreu, wenn diese notwendige Treue zum Anspruch Gottes (auf Gemeinschaftsbildung durch reine und ausschließliche Ausrichtung auf Ihn selbst) zu einer Aburteilung oder gleichgültigen Sich-selbst-Überlassung der solcherart Zurückgewiesenen führte. Der Gesandte würde dann durch eine einseitige Überbetonung der „Sendung-von“ den anderen Aspekt der „Sendung-zu“ verraten und damit die Sendung als ganze verfehlen: Die besondere Tragik solcher Einseitigkeit, die eine der ständig präsenten Grundgefahren für Kirche in der Nachfolge Christi darstellt, liegt darin, dass durch solche einseitige Überbetonung alles verloren wird, – nicht nur die im Sinne der „Sendung-von“ gebotene Solidarität, sondern in Konsequenz auch die im Sinne der „Sendung-von“ angezielte Treue zu Gottes Wahrheit: Wer Gottes Wahrheit auf Kosten der Liebe und wer Gottes Gerechtigkeit auf Kosten der Barmherzigkeit zu realisieren versucht, fällt selber aus der Wahrheit und Gerechtigkeit heraus. Der sich von den Unwahren und Ungerechten Distanzierende rutscht selber auf das bei ihnen diagnostizierte Niveau von Unwahrheit und Ungerechtigkeit ab. Dieser Zusammenhang wird im Hinblick auf die Gemeinschaftsdimension der Wahrheit Gottes evident: Wer die Ausgrenzenden ausgrenzt, kopiert derart selber diese Ausgrenzenden. – Durch sein Ausgrenzen verfällt er genau der bei ihnen diagnostizierten Unwahrheit. Unter der Hand pervertiert sich auch für den so aus seiner Sendung Herausfallenden die ursprüngliche Theozentrik zu einer projektiven Gottesdefinition, die Gott als Pendant zur Gemeinschaft der wahren Gerechten festlegt und so verfehlt. In dieser ersten Form der Sendungsverfehlung, die Gott auf Kosten der Menschen, Wahrheit auf Kosten von Liebe, Gerechtigkeit auf Kosten von Barmherzigkeit verwirklichen will, begeht der Gesandte also nicht nur Verrat an Menschen, Liebe und Barmherzigkeit, sondern schlittert unvermeidlich auch in den Verlust von Gott, Wahrheit und Gerechtigkeit.

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Zweitens kann die Sendung verfehlt werden durch eine einseitige Überbetonung der Solidarität mit den Sündern, insofern durch mangelnden Widerstand gegen ihre Sünde die Treue zum göttlichen Vater verraten wird. Der Gesandte will an der „Sendung-zu“ auf Kosten der „Sendung-von“ festhalten. Im Hinblick auf die Gemeinschaftsdimension der Gottesreichverkündigung lässt sich diese Form der Sendungsverfehlung konkretisieren als mangelnder Widerstand gegen taxativ-grenzende und solcherart Gott–lose Identitätssicherungen der Adressaten der Sendung. – Die Versuchungsgeschichten beschreiben paradigmatisch die Konfrontation Jesu mit dieser Form der Sendungsverfehlung. Sie thematisieren die Versuchung, mit der Gottesreichbotschaft bei den Menschen durch Erfüllung ihrer ungeläuterten Erwartungen – „Brot und Spiele“ in den ersten beiden Versuchungen (vgl. Mt 4,3.5) – zu reüssieren. Dieser Form der Sendungsverfehlung begegnet Jesus konsequent mit einer radikalen Theozentrik (Mt 4,4.7), wodurch dann auch der verborgene Kern der Versuchungen sichtbar wird: Wer in einem zu weiten Sicheinlassen auf die Adressaten der Sendung Ursprung und Inhalt der Sendung verliert, der beginnt selber die Stelle Gottes einzunehmen; seine Bemühungen laufen auf eine Selbstverherrlichung hinaus (in den Versuchungserzählungen: Jesus als Wundertäter), die paradoxerweise nur durch eine Selbstunterwerfung unter die Begehrensdynamiken der Adressaten aufrecht erhalten werden kann: „Wieder nahm ihn der Teufel mit sich und führte ihn auf einen sehr hohen Berg; er zeigte ihm alle Reiche der Welt mit ihrer Pracht und sagte zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest“ (Mt 4,8f). Solche Perversion der Sendung von einer Gottesverherrlichung zu einer diabolischen Selbstverherrlichung kann bereits im Ansatz nur vermieden werden durch eine unablässige und kompromisslose Ausrichtung auf Gottes Willen. Genau in diesem Sinn erfolgt Jesu Zurückweisung dieser Versuchung: „Weg mit dir, Satan! Denn in der Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen“ (Mt 4,10). Nur durch solche radikale Theozentrik gesichert kann Jesus sich auf den schwierigen Weg seiner Gottesreichsendung begeben. Die paradigmatisch am Anfang zurückgewiesenen Versuchungen werden Jesus auf diesem Weg immer wieder begegnen: im Wunsch der Menschen, ihn zum König zu machen oder – subtiler und gefährlicher noch – im Versuch des Petrus, ihn im Sinne einer Weiterführung der eben erst aufstrahlenden Herrlichkeit Jesu von den entehrenden Konsequenzen seiner Sendung fernzuhalten (vgl. Mt 16,22). „Da nahm ihn Petrus beiseite und machte ihm Vorwürfe; er sagte: Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit dir geschehen! Jesus aber wandte sich um und sagte zu Petrus: Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Du willst mich zu Fall bringen; denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen“ (Mt 16,23), – eine Situation, die ganz der dritten Versuchung und ihrer Abweisung durch Jesus entspricht.

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Würde Jesus sich auf die Erwartungen der Sendungsadressaten („Sendung-zu“) so weit einlassen, dass damit die Wahrheit Gottes als des Ursprungs der Sendung („Sendung-von“) getrübt wird, so würden damit nicht nur Gott auf Kosten der Menschen, Wahrheit auf Kosten von Liebe, Gerechtigkeit auf Kosten von Barmherzigkeit verspielt, sondern in tragischer Konsequenz auch die solcherart einseitig favorisierten Werte Mensch, Liebe und Barmherzigkeit.[45] Jesus würde eine Gemeinschaftsform unterstützen, in der der faszinierte Blick auf ihn – und dementsprechend der taxierende Seitenblick aufeinander – den Blick „nach oben“ auf den wahren Gott verstellt.

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4.4 Kreuz-Weg

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Wo Menschen und Gemeinschaften in Sünde verstrickt sind, wird Jesu Sendung – mit ihrer Doppelgestalt von „Sendung-von“ in Treue zu Gott und „Sendung-zu“ in Solidarität zu den Menschen – zur Zerreißprobe. Abgewandtheit von Gott bedeutet ja nicht nur Schwächung des Willens zum Guten, sondern auch eine Verfangenheit des Erkenntnisvermögens in Täuschung. Im dramatischen Ringen Jesu mit den schuldverstrickten Menschen und Gemeinschaften um einen neuen Zugang zum wahren Gott wird Jesus permanent missverstanden. Das betrifft nicht nur seine Worte – im Nichtverstehen der Gleichnisse – sondern auch seine Taten – z.B. im Wunder der Brotvermehrung – und letztlich die Einschätzung dessen, was Jesus ist: Derjenige, der doch reiner Verweis auf den göttlichen Vater ist, wird im äußersten Gegensatz dazu missverstanden als einer, der „sich selbst zu Gott machen“ will (vgl. Joh 10,33). Unter den Bedingungen solchen Missverstehens kann Jesus keine Zeichen mehr wirken (vgl. Mk 6,5). Zumindest werden jene Zeichen unmöglich (weil zwangsläufig missverstanden), die die Herrlichkeit Gottes direkt abbilden, d.h. jenes Lehren und Tun Jesu, das gemäß der Dramatischen Christologie Schwagers dem ersten Akt zugeordnet wird. Ebenso wie Jesu positive Solidarisierung mit den Menschen als Verrat an der Wahrheit Gottes („Sendung-von“) missverstanden wird, so wird auch Jesu Kritik an den sündigen Menschen als deren vollständige Abqualifizierung und damit als Verrat an der Solidarität mit den Menschen („Sendung-zu“) fehlinterpretiert; – im Rahmen der Dramatischen Christologie ist das als Missverständnis des zweiten Aktes zuordenbar. Jesu Sendung führt ihn so auf einen Weg, in dem ihm sukzessive alle Möglichkeiten zur vollmächtigen Ansage des Gottesreichs aus der Hand geschlagen werden. Jesu Sendungsweg zwischen den beiden beschriebenen Abgründen der Sendungsverfehlung wird beinah ungangbar schmal. Nur indem er sich beständig von Gottes Wort leiten lässt,[46] vermag er den Mittelweg zu halten und seiner Sendung treu zu bleiben. Es ist ein Weg von sich zuspitzendem Missverstehen und eskalierenden Konflikten: Formal kann der Mittelweg von Jesu Sendung als ein Weg kritischer Solidarität mit den in Sünde Verstrickten beschrieben werden: „Solidarität“ im Sinne der „Sendung-zu“ und „kritisch“ im Sinne der Treue zur „Sendung-von“. Das heißt, dass Jesus den sündig Verstockten weder nachgeben noch sie sich selber überlassen darf. Damit provoziert er sie aber in höchstmöglichem Maße. In der Konfrontation mit verstockten Sündern legt sich Jesu Sendung dramatisch-geschichtlich als Weg der maximalen Konfrontation aus. Es ist ein Weg, der – angesichts des „Gewichts der Sünde“ (vgl. Anselm von Canterbury, Cur Deus homo I,21) beinah zwangsläufig – zum Kreuz-Weg wird. Die Kreuzigung Jesu als sichtbarer Ausdruck der versuchten Austreibung Gottes ist die einzige Alternative zur Umkehr für in Sünde verstrickte Menschen und Gemeinschaften. Denn für eine in Sünde verstrickte (individuelle wie gemeinschaftliche) Identität ist jede Begegnung mit Gottes Wahrheit zersetzend.

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So ist Jesu Kreuzestod zwar vordergründig Tat der Sünder, aber tiefer betrachtet die Konsequenz von Jesu ultimativer Treue zu seiner Sendung und als solches Tat Jesu Christi in einem völligen Raumgeben für das durch den Heiligen Geist (als leitendes Prinzip seiner Sendung) vermittelte Wirken Gottes. Damit Jesu Sendung nicht in den Abgründen der Entsolidarisierung oder des Gottesverrats zerschellt, kann sie angesichts der verstockten Sünde der Adressaten keine andere Form annehmen als jene des Kreuzes. So wird das Kreuz zum stärksten Zeichen für Gottes unbedingten Heilswillen. Im äußersten Gegensatz dazu erscheint das Kreuz aus der Perspektive der Sünder als endgültiger Beweis der Gottverlassenheit und Gottlosigkeit Jesu. Diese radikale Doppeldeutigkeit wird von der Auferstehung her überwunden, – einem Ereignis, das uns nicht direkt, sondern durch seine Wirkung zugänglich ist: dadurch, dass die Wahrheit des Zeugnisses Jesu – in seinem ganzen Leben bis ans Kreuz – in der Wirklichkeit bezeugt wird. Zu dieser bezeugenden Wirklichkeit gehören die unerwartete Neubelebung der Jesusbewegung sowie die Übernahme von Jesu Sendung durch Christen und christliche Gemeinschaften der Kirche – im Lebens- und Todeszeugnis bis in die heutige Zeit.

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[1] Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche „Lumen Gentium“, im Folgenden kurz: LG.

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[2] Zweites Vatikanisches Konzil, Pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von heute „Gaudium et Spes“, im Folgenden kurz: GS.

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[3] In diesem Sinn ist es Teil der Zeichenhaftigkeit von Kirche, dass sie Zeichen der Zeit (vgl. GS 4) – mit der Signatur der Gnade Jesu Christi – in der ganzen Welt findet und aufzeigt. An diesem Punkt gibt es eine tiefe Entsprechung zwischen Pastoralkonstitution und Dogmatischer Konstitution über die Kirche.

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[4] J. Ratzinger, Die Kirche als Heilssakrament, in: Ders., Theologische Prinzipienlehre. Bausteine zur Fundamentaltheologie, München 1982, 45–56, 49.

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[5] Der Begriff kommt explizit in den Texten des 2. Vaticanum nicht vor, aber er fasst treffend sein zentrales Anliegen zusammen. Vgl. neben LG1 v.a. LG 9.

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[6] Der Weltbegriff ist im II. Vaticanum mehrdeutig, aber durchwegs positiv gebraucht. Eine Gegenüberstellung von Kirche und Welt ist infolge der gestuften Kirchenzugehörigkeit, wie sie das Vaticanum II lehrt, nicht mehr trennscharf möglich.

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[7] „Veluti signum levatum in nationes“ DH 3013.

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[8] DH 3013f.

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[9] Das bedeutet allerdings nicht Konturlosigkeit. Eine volle Kirchenzugehörigkeit wird in Kontinuität mit der Tradition (z.B. Mystici Corporis) an die drei Bänder des Glaubensbekenntnisses, der Sakramente und der kirchlichen Gemeinschaft gebunden (vgl. LG 14), wobei diesen Kriterien allerdings das ‚Gnadenkriterium‘„im Besitz des Geistes Christi“ vorangestellt wird und anschließend auch für die vollzugehörigen Katholiken die Möglichkeit des Heilsverlustes ausgesagt wird: „Nicht gerettet wird aber, wer, obwohl der Kirche eingegliedert, in der Liebe nicht verharrt und im Schoße der Kirche zwar „dem Leibe“, aber nicht „dem Herzen“ nach verbleibt“ (ebd.; parallel zum vorausgehenden: „Darum könnten jene Menschen nicht gerettet werden, die um die katholische Kirche und ihre von Gott durch Christus gestiftete Heilsnotwendigkeit wissen, in sie aber nicht eintreten oder in ihr nicht ausharren wollten.“)

[Und dieser Absatz steht, damit es in Fußnoten auch mehrere Absätze gibt.]

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[10] Vgl DH 2429, sowie W. Kern, Außerhalb der Kirche kein Heil? Freiburg i.Br.–Basel–Wien: Herder 1979, 48f.

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[11] Vgl. Schwager, in diesem Band S. 17.

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[12] R. Schwager, J. Niewiadomski u.a., Dramatische Theologie als Forschungsprogramm, in: Religion erzeugt Gewalt – Einspruch! Hg. R. Schwager, J. Niewiadomski, Münster–Hamburg–London 2003, 40–77, im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/9.html.

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[13] „Ein tiefer, echter und dauerhafter Friede zwischen Menschen, der nicht auf Opferung Dritter aufgebaut ist und ohne Polarisierung auf Feinde auskommt, ist sehr schwer erreichbar, ja übersteigt menschliche Kräfte. Wenn er dennoch Wirklichkeit wird, ist dies ein klares Zeichen, daß Gott selber (der Hl. Geist) in den Menschen am Wirken ist. Diese inkarnatorische Logik ist sowohl an der biblischen Botschaft als auch an den zahlreichen ekklesialen ‚Zeichen der Zeit‘ in der menschlichen Geschichte ablesbar.“ Schwager / Niewiadomski (s. Anm. 12) 334.

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[14] Im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/231-4.html#h89. Vgl. L. Bouyer, Die Kirche. Band II: Theologie der Kirche. Einsiedeln 1977, 358f.

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[15] Schwager, Kirche als universales Zeichen, in diesem Band S. 49f.

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[16] Zum Folgenden vgl. R. Schwager, Jesus im Heilsdrama. Entwurf einer biblischen Erlösungslehre (ITS 29). Innsbruck–Wien 1990, im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/212.html.

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[17] Vgl. R. Schwager, Jesus im Heilsdrama (s. Anm. 16) 23–30.

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[18] Vgl. Schwager, Jesus im Heilsdrama (s. Anm. 16).

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[19] Dafür ist vor allem bedeutend H. U. von Balthasar, Theodramatik, Bände I, II,1; II,2; III, IV. Einsiedeln 1973–1983. Für einen Überblick zu verschiedenen Ansätzen Dramatischer Theologie vgl. W. Sandler, Was ist dramatische Theologie? In: Religion – Literatur – Künste. Aspekte eines Vergleichs. Hg. P. Tschuggnall, Anif/Salzburg 1998, 41–57, im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/156.html

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[20] Vgl. H. J. Pottmeyer, Die Frage nach der wahren Kirche, in: Handbuch der Fundamentaltheologie. Band 3: Traktat Kirche. Hg. W. Kern – H. J. Pottmeyer – M. Seckler, Freiburg i. Br.–Basel–Wien 1986, 212-241.

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[21] Wegen der Priorität göttlichen Handelns ist es angemessener, nicht von einer Begründung gemeinschaftlicher Identität in einer neuen Ausrichtung auf Gott zu sprechen, sondern von einer dankbaren Neuausgerichtetheit von Gott her.

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[22] S. P. Huntington, Der Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert. München 1996, 21.

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[23] Vgl. W. Palaver, Vom Nutzen und Schaden der Feindschaft: Die mythischen Quellen des Politischen, in: Feindschaft. Hg. M. Brehl – K. Platt. München 2003, 71–92.

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[24] Zum Folgenden vgl. Balthasar, Theodramatik II/2 (s. Anm. 19) 136–238.

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[25] Vgl. Schwager, Jesus im Heilsdrama (s. Anm. 16), v.a. 149[Anm. 150].266.274.276, wobei Schwager – für die Christologie vollständig, für die Anthropologie mit einer kritischen Reserve – Balthasars Konzept von Person als Sendung aufgreift. Vgl. ebd. 275f.

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[26] H. U. v. Balthasar, Theodramatik II/1 (s. Anm. 19) 368.

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[27] „Für alle ... wird das ‚Spielen‘ im Spiel-Raum Christi darin bestehen, die angestammte Nichtidentität – als ‚Nachfolge Christi‘ (in dem Identität herrscht) – in eine immer vollkommener angenäherte Identität überzuführen, also das eigene Ich immer restloser mit der gottgeschenkten Sendung zur Deckung zu bringen und in dieser Sendung die eigene, sowohl personale wie soziale Identität zu finden.“ Balthasar, Theodramatik II/2 (s. Anm. 19) 248, Hervorh. von mir. Vgl. auch Balthasar zur Gemeinschaft der Heiligen: Theodramatik II/2 (ebd.) 321f , sowie H. U. von Balthasar, Gemeinschaft der Heiligen, in: ders., Klarstellungen. Zur Prüfung der Geister (Kriterien 45), Einsiedeln 1978, 59–64.

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[28] Für Balthasar ist dies der – pneumatologisch begründete – Wurzelpunkt für Kirche. Der Begriff der Sendung verbindet in Balthasars Theologie ursprünglich Christologie, Anthropologie und Ekklesiologie.

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[29] Vgl. Anm. 13. Es ergibt sich hier die Möglichkeit eines fruchtbaren theologischen Austausches zwischen der Dramatischen Theologie Hans Urs von Balthasars, in dessen Mitte die Theologie der Sendung steht, und der Innsbrucker Dramatischen Theologie. Letztere kann in diesen Austausch eine umfassende Theorie des Scheiterns menschlicher Vergemeinschaftung und Vergesellschaftung – im Sinne negativer Identität, insbesondere des Sündenbockmechanimus – einbringen (s. Anm. 23). Sie arbeitet damit in aller Schärfe und in verschiedensten Kontexten eine Frage aus, die unsere Welt zutiefst bewegt: die Frage nach der Möglichkeit von wahrem Frieden und echter Versöhnung. Hans Urs von Balthasar gibt mit seiner Theologie der Sendung einen Ansatz für einen Begriff positiver Identität sowohl auf individuell-personalisierender Ebene als auch im Hinblick auf soziale Identität. Dieser Ansatz ist bei ihm christologisch, pneumatologisch, trinitarisch und insgesamt theozentrisch grundgelegt und entkommt von daher den Gefahren einer soziologischen oder anthropologischen Funktionalisierung von Theologie. Raymund Schwagers Dramatische Theologie nimmt Balthasars Sendungschristologie auf und vermag sie mit ihrer erweiterten Perspektive von fünf dramatischen Akten vor einer drohenden staurologischen Verengung zu bewahren (vgl. Schwager, Jesus im Heilsdrama [s. Anm. 16] 276 Anm. 57).

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[30] Vgl. das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20,2–16), weiters Lk 15,25–32, Mk 10,31.

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[31] Die Kritik negativer Identität führt so nicht zu einer pauschalisierten Ablehnung von Hierarchie in der Kirche, wohl aber zu einer kritischen Hinterfragung der Funktion, die solche Hierarchisierung für die Identität von Kirche hat. Vgl. in diesem Band: W. Palaver, Hierarchie ist nicht gleich Hierarchie.

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[32] Vgl. Jesu Verhalten: Obwohl er der bittenden Syrophönizierin zuerst erklärt, dass er nur zu den Kindern Israels gesandt ist, heilt er deren Tochter.

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[33] Vgl. zum Folgenden: J. Roloff, Die Kirche im Neuen Testament (NTD Ergänzungsreihe 10). Göttingen 1993, 21–23.

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[34] Diese theologisch-phänomenologische Skizze authentischer Gottesbeziehung als Sendungsexistenz müsste verfeinert werden durch die Präzisierung, dass dieser theozentrische Blick-nach-oben nicht an den Menschen und Dingen vorbei (in platonischer Direktschau der Idee des Guten) erfolgt, sondern dass Gott sich in den Menschen und Dingen erschließt. Demgemäß ist zu unterscheiden zwischen zweierlei Blick auf die Menschen und Dinge: einerseits dem Blick auf jenes Zentrum ihres Seins, in dem „Gott ihnen innerlicher ist als sie sich selber sind“ (Augustinus), – einem Blick, der die Mitmenschen damit in ihrer unverrechenbaren und unersetzlichen Personalität und Würde erreicht; anderseits droht dieser transparente, durchdringende Tiefenblick, der die Menschen und Dinge in ihrer Transparenz auf das göttliche Geheimnis gleichsam in einer zusätzlichen Dimension „plastisch“ wahrzunehmen vermag, immer wieder „hängen zu bleiben“ an dem Faszinosum der Erscheinung (des „Scheins“ der Erscheinung), die damit – mit Jean-Luc Marion zu sprechen – vom Bild zum Idol gerinnt. Vgl. ders., Idol und Bild, in: Phänomenologie des Idols. Hg. B. Casper, Freiburg i. Brsg. 1981, 107–132.

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[35] Vgl. dazu W. Sandler, Wie kommt das Böse in die Welt? Zur Logik der Sündenfallerzählung, in: Dramatische Theologie im Gespräch. Symposion/Gastmahl zum 65. Geburtstag von Raimund Schwager (BMT 14). Hg. J. Niewiadomski – N. Wandinger, Thaur–Münster 2001, 127–153, im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/105.html, sowie ders., To be like God: quintessence of sin or promise for salvation? Mimetic reflections on the Fall of Man, 2005, im Internet: http://theol.uibk.ac.at/itl/593.html.

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[36] Im Hinblick auf das ursprüngliche Anliegen einer radikalen Erneuerung der Gottesbeziehung ist die Gruppe der Pharisäer jene mit der engsten Verwandtschaft zur Jesusbewegung.

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[37] Vgl. z.B. für das Markusevangelium: Mk 3,3 (par: Lk 6,8); Mk 5,31–34; Mk 7,33; Mk 8,23; Mk 9,17. Vgl. R. Hamerton-Kelly, Die „Menschenmenge“ und die Poetik des Sündenbocks im Markusevangelium, in: Dramatische Erlösungslehre. Ein Symposion (ITS 38). Hg. J. Niewiadomski – W. Palaver. Innsbruck 1992, 49–70. – Der Wortbedeutung von Kirche als Ekklesia–Qahal (= Herausrufen; vgl. Bouyer [s. Anm. 14] 32) wird so entsprochen durch das kirchenbildende Kernphänomen eines personalisierenden Herausgerufenwerden aus einer undifferenzierten Menge mit einer gemeinschaftsbildenden Beauftragung für die Menge: Berufung der Kirche durch Berufung in der Kirche.

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[38] Vgl dazu R. Girards Interpretation der biblischen Erzählung vom Besessenen von Gerasa, in: ders., Der Sündenbock. Einsiedeln–Zürich–Köln ²1998, bes. 243f. Hilfreich für eine vertiefte Reflexion: C. Strecker, Jesus und die Besessenen – Zum Umgang mit Alterität im Neuen Testament am Beispiel der Exorzismen Jesu, in: Jesus in neuen Kontexten. Hg. W. Stegemann – B.J. Malina – G. Theißen, Stuttgart 2002, 53-63.

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[39] Man kann hier von einem „Community-Test“ sprechen, wenn man dabei jede überheblich-taxierende Konnotation ausschließt: Dieser „Test“ wurde von Jesus nicht mutwillig an seinen Zeitgenossen durchgeführt, sondern er ergab sich von selbst aus der Konsequenz der barmherzigen Einbeziehung der Ärmsten und Letzten.

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[40] So wird die unmittelbar darauf folgende maßlose Aggressivität der Menge begreiflich.

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[41] Zu den Straßengräben von Esoterismus und Integralismus im Weltverhältnis der Kirche vgl. K. Rahner, Kirche und Welt, in: HThTL 4, 216–233, hier: 221–224; dazu: J. Meyer zu Schlochtern, Sakrament Kirche. Wirken Gottes im Handeln der Menschen. Freiburg i.Br.–Basel–Wien 1992, 69–72. In die gleiche Richtung zielt St.  Huber – P. Steinmayr-Pösel, Vom Kirchentraum zum Kirchlichen Gnadenraum (in diesem Band), mit der Unterscheidung zwischen Machbarkeitswahn und Resignation (in diesem Band ???HT11).

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[43] Vgl. Anselm von Canterbury, dazu: Schwager, Jesus im Heilsdrama (s. Anm. 16) 17.

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[44] Die Versuchungsgeschichten Jesu können in diesem Sinn verstanden werden als paradigmatische Zurückweisungen der Versuchung, das Gottesreich durch faule Kompromisse gegenüber den mit Gottes Wahrheit nicht verträglichen Ansprüchen ihrer Adressaten zu verwirklichen.

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[45] Am Beispiel der eben behandelten Konfrontation Jesu mit Petrus, vgl. R. Girard, Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen Blitz. Eine kritische Apologie des Christentums. München–Wien 2002, 51: „Über die in seinen Augen übertriebene Resignation Jesu enttäuscht, sucht er [Petrus] ihm das eigene Begehren, den eigenen weltlichen Ehrgeiz einzuflößen. Kurz, Petrus fordert Jesus auf, ihn zum Modell seines Begehrens zu nehmen. Würde Jesus sich von seinem Vater abwenden, um Petrus nachzufolgen, gerieten Petrus und Jesus rasch in mimetische Rivalität, und das Abenteuer des Reichs Gottes bräche unter läppischen Streitigkeiten in sich zusammen.“

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[46] Vgl. dazu und zum Folgenden: Jes 50,4–7. „Gott, der Herr, gab mir die Zunge eines Jüngers, damit ich verstehe, die Müden zu stärken durch ein aufmunterndes Wort. Jeden Morgen weckt er mein Ohr, damit ich auf ihn höre wie ein Jünger. Gott, der Herr, hat mir das Ohr geöffnet. Ich aber wehrte mich nicht und wich nicht zurück. Ich hielt meinen Rücken denen hin, die mich schlugen, und denen, die mir den Bart ausrissen, meine Wangen. Mein Gesicht verbarg ich nicht vor Schmähungen und Speichel. Doch Gott, der Herr, wird mir helfen; darum werde ich nicht in Schande enden. Deshalb mache ich mein Gesicht hart wie einen Kiesel; ich weiß, daß ich nicht in Schande gerate.“

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