Resolution der Geisteswissenschaftlichen Fakultät

Das Fakultätskollegium der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck hat in seiner Sitzung am 19. Januar 2001 im Zusammenhang mit den Bestrebungen des Wissenschaftsministerium, das Dienstrecht der Hochschullehrer zu verändern und die Universitäten auszugliedern, folgende Resolution verabschiedet:


Resolution der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck zum "1. Zwischenbericht für ein neues Dienstrecht für Universitätslehrerinnen und Universitätslehrer" des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur

... ist die Fakultät bestrebt, Mitarbeiter/inne/n, welche die an sie gestellten Anforderungen erfüllen, ein sicheres Arbeitsverhältnis zu bieten. (aus dem Leitbild der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck).

Die Debatte über den 1. Zwischenbericht für ein neues Dienstrecht für Universitätslehrerinnen und Universitätslehrer hat von drei Grundannahmen auszugehen:

1.Bevor ein neues Dienstrecht in Kraft tritt, muss der Grund dafür (Ausgliederung der Universitäten aus der Bundeshoheit) außer Streit stehen. Bis dahin besteht kein Anlass, ein neues Dienstrecht quasi als vorgezogene Maßnahme ("auf dem Weg zur vollen Rechtsfähigkeit der Universitäten") übereilt einzuführen.

2.Ein neues Dienstrecht muss allen Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern die Möglichkeit zu Leistung, Engagement und Identifikation mit der Universität geben. Dazu ist eine nachhaltige Personalentwicklung erforderlich und nicht die im Zwischenbericht angestrebte Hire-and-fire-Politik.

3.Die derzeitigen und künftigen Dienstnehmer der Universitäten, egal ob beamtet oder auf Vertragsbasis, verstehen sich als engagierte und leistungsorientierte Menschen und nicht als abzustrafende Minderleister. Deshalb wird der Erfolg eines neuen Dienstrechtes auch nur im Konsens mit den Betroffenen zu erreichen sein.

Zum 1. Zwischenbericht:

Die wesentlichsten Punkte des 1. Zwischenberichtes zum geplanten neuen Dienstrecht werden von der Geisteswissenschaftlichen Fakultät mit Nachdruck aus folgenden Gründen abgelehnt:

1.Der skizzenhafte Zwischenbericht ist äußerst unausgegoren. Die vorgesehenen vier Stufen von Angestelltenverhältnissen sehen in drei Fällen nur absolute Befristungen ohne Verlängerungs- oder Übernahmemöglichkeiten vor. Zudem sind die ersten drei Stufen leistungshemmend, da sie keine Rücksicht auf das persönliche Engagement der Stelleninhaber nehmen. Entscheidende Parameter wie das quantitative Verhältnis von befristeten zu unbefristeten Stellen (im Zwischenbericht ausschließlich in Form einer Tenure-Professur gedacht) fehlen, ebenso wie detaillierte Stellenprofile der vier Säulen. Das im Zwischenbericht ausgesprochene Ziel der Erreichung "neuer Karrieren" kann dadurch nicht erreicht werden, bestenfalls eine höhere Fluktuation unter Inkaufnahme eines unkontrollierbaren Abganges von Erfahrung und Kompetenz.

2.Absolute Befristungen bedeuten nicht nur eine fahrlässige existentielle Gefährdung für die davon betroffenen Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer, sondern auch eine Infragestellung der Institution Universität als solche. Universitäten leben von einem effizienten und kalkulierbaren Forschungs- und Studienbetrieb. Dieser kann nur mit klaren Karriereperspektiven erreicht und aufrechterhalten werden. Der geplante willkürliche vierjährige Wechsel eines Großteils des Personal ist solchen Zielen nicht dienlich.

3.Das vorgeschlagene Modell bietet den Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern hingegen keine Berufsperspektiven und ist vielmehr demotivierend und leistungsfeindlich. Der Typus des "Wegwerfassistenten" kann nicht Ziel einer solchen Reform sein. Dieser kann kein eigenes wissenschaftliches Profil entwickeln, da es ihm unmöglich ist, mittel- und langfristige Forschungsprojekte zu betreiben. Wissenschaftliches Fastfood darf aber nicht Ziel einer Reform sein.

4.Die im Zwischenbericht intendierte Verschleuderung von "Humankapital" folgt keiner ökonomischen Ratio. Kein vernünftig handelnder Wirtschaftsbetrieb wird gerade diejenigen Mitarbeiter pauschal entlassen, die er zuvor im Sinne seiner Anforderungen aufgebaut hat und die höchst qualifizierte Leistungen erbringen.

5.Der im Zwischenbericht vorgeschlagene Modus eines Übergangsdienstrechtes bedeutet einen Eingriff in rund 5.500 in ganz Österreich derzeit bestehende Verträge (zeitlich befristetes sowie provisorisches Dienstverhältnis) und ist daher höchst bedenklich. Zudem fehlen jegliche Angaben zu Übertrittsmöglichkeiten vom "alten" ins neugeplante Dienstrecht.


Parameter für ein neues Dienstrecht

Aus der Sicht der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck sollte ein neues modernes Dienstrecht, das auch seinen Namen verdient, folgende Parameter umfassen:

1.Kontinuierliche Karrieren müssen an den Universitäten auch weiterhin möglich sein. Sie sind genauso Voraussetzung für einen funktionierenden Dienstbetrieb wie die im Zwischenbericht angestrebte Mobilität und Einstiegschancen für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

2.Ein neues Dienstrecht sollte Leistungsanreize statt gefährlicher Drohungen bieten. Zentraler Kern eines solchen Anreizes mit entsprechenden Konsequenzen könnte die kontinuierliche Leistungsüberprüfung aller Dienstnehmer an den Universitäten sein. Im übrigen ist die Definitivstellung derzeit bereits an eine dreifache Leistungsüberprüfung (Bewerbung, Überleitung, Definitivstellung) gekoppelt.

3.Ein neues Dienstrecht, das explizit die Förderung des sogenannten wissenschaftlichen Nachwuchses zum Ziel hat, darf nicht hauptsächlich diejenigen treffen, die heute diesen wissenschaftlichen Nachwuchs darstellen.

4.Bestellungsverfahren müssen klar definiert sein und haben transparent nach dem Prinzip kollegialer Entscheidungsfindungen zu erfolgen (was heißt "auf Vorschlag"?). Eine Rückkehr in autokratische, "freihändige" Besetzungen ist abzulehnen.

5.Die für die Umsetzung eines neuen Dienstrechtes nötigen finanziellen Mittel ("Ausweitung der Professorenstellen") müssen schlüssig veranschlagt und sichergestellt sein.

Forderungen für das weitere Vorgehen

1.Die Diskussion über ein neues Dienstrecht muss dorthin zurückkehren, wo sie hingehört: an die Universitäten, unter Einbeziehung der dafür vorgesehenen Gremien und Interessensvertretungen (BUKO, PROKO, Gewerkschaft, Universitätslehrerverbände).

2.Als Diskussionsgrundlage sind elaborierte Modelle zu verwenden, wie sie von diesen Interessensvertretungen bereits vor Jahren ausgearbeitet worden sind.

3.Den unterschiedlichen Gegebenheiten der österreichischen Universitäten und Fakultäten ist durch ein entsprechend schlankes und flexibles Rechtsmodell Rechnung zu tragen. Dies ist im bisherigen Dienstrecht eher der Fall, nicht aber im Zwischenbericht.

4.Grundsätzlich hat ein neues Dienstrecht nur für Neueintretende zu gelten. Ein simples Auslaufen zeitlich befristeter und provisorischer Dienstverhältnisse wird abgelehnt, bedeutet es doch die "Freisetzung" Tausender Kolleginnen und Kollegen, die ihre Berufs- und Lebensplanung auf die Karriereschritte des geltenden Dienstrechtes abgestimmt haben.

5.Vielmehr sind Anreize zum Übertritt in ein neues Dienstrecht zu schaffen.

6.Schlussendlich ist der Diskussion und Ausarbeitung eines entsprechenden Gesetzesvorschlages für ein neues Dienstrecht ein vernünftiger Zeithorizont einzuräumen.

Innsbruck, 19. Januar 2001