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BRITE-Constellation: Innsbrucker Beitrag zu österreichischer Satellitenmission

Im Februar 2013 starteten erstmals zwei österreichische Satelliten von Indien aus ihre Mission ins All. Ein internationales Team von österreichischen, kanadischen und polnischen ForscherInnen arbeitet gemeinsam in diesem Satellitenprojekt, in Österreich ist die Kooperation zwischen den Universitäten Wien und Innsbruck sowie der TU Graz beispielhaft: Dr. Konstanze Zwintz vom Institut für Astro- und Teilchenphysik der Uni Innsbruck widmet sich mit ihrem Team der astrophysikalischen Auswertung des Datenmaterials. In der Fachzeitschrift „Astronomy & Astrophysics“ erscheinen heute drei Publikationen mit Forschungsergebnissen aus „BRITE-Constellation“.


Mit einer Kantenlänge von 20 Zentimetern und einem Gewicht von etwa 8 Kilogramm sind die kleinen würfelförmigen Satelliten der Mission „BRITE („BRight Target Explorer“)-Constellation“ nicht gerade groß, liefern aber dennoch bisher einzigartiges Datenmaterial: Ausgestattet mit kleinen Weltraumteleskopen umkreisen sie die Erde seit mehr als drei Jahren gemeinsam mit drei „Kollegen“, zwei polnischen und einem kanadischen Satellit, in einer Höhe von etwa 100 Kilometern und mit einer Geschwindigkeit von 27.000 Kilometern pro Stunde. Die Aufgabe auf ihrer Reise durch den Orbit ist das Beobachten der hellsten Sterne am Himmel. „Die Satelliten haben zum Ziel, die Helligkeitsschwankungen von bestimmten Sternen so präzise wie möglich zu messen und über einen langen Zeitraum hinweg zu dokumentieren“, erklärt Dr. Konstanze Zwintz. Die Astronomin zählt zu den weltweit führenden Expertinnen auf dem Gebiet der Lehre von pulsierenden Sternen, der Asteroseismologie, und ist seit März 2015 als FWF Elise Richter Stelleninhaberin am Institut für Astro- und Teilchenphysik der Uni Innsbruck tätig.

Asteroseismologie

Die wissenschaftliche Untersuchung von Sternen ist mit großen Herausforderungen verbunden: Sie sind nicht nur viele Lichtjahre entfernt, sondern entwickeln sich auch nur sehr langsam. Eine der wenigen Möglichkeiten, um mehr über die Entstehung, die Struktur oder das Alter von Sternen zu erfahren, ist das Beobachten ihrer Schwingungen. „Vergleichbar mit Beben auf unserer Erde können wir auch so genannte Sternbeben beobachten. Dieses unterschiedlich stark ausgeprägte Schwingen der Sterne erlaubt uns Rückschlüsse auf deren Innenleben – wie etwa bei einem Röntgenbild“, sagt Konstanze Zwintz. Da es sich bei den Schwingungen der Sterne um nur minimale Veränderungen handelt, die sich in Schwankungen der Helligkeit manifestieren, ist eine Beobachtung direkt aus dem All von großem Vorteil. Diese Schwankungen in der Helligkeit der Sterne bewegen sich in der Größenordnung von einem Millionstel der Gesamthelligkeit der Sterne – oder weniger. Zielgebiete der ersten Messungen von BRITE-Constellation waren u.a. die Circinus- und die Centaurus-Konstellation am südlichen Sternenhimmel. Diese Himmelsgegend ist für AstronomInnen in Sachen Sternentstehung und -entwicklung besonders interessant, weil sie viele massereiche Sterne beherbergt. Solche Sterne sind wiederum mitverantwortlich für die Produktion jener chemischen Elemente, die auch für unser Leben erforderlich sind.

Forschungsarbeit in Innsbruck

In Innsbruck widmet sich Konstanze Zwintz mit ihrem Team der Untersuchung des Datenmaterials der Satelliten zu verschiedenen pulsierenden Sternen. „Neben der Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Top-ForscherInnen auf dem Gebiet massereicher Sterne, Variabilität von Sternen, Magnetismus in Sternen und Asteroseismologie ist mir auch die Einbindung des wissenschaftlichen Nachwuchses hier in Innsbruck ein großes Anliegen“, erzählt die Astronomin. Im Rahmen der Forschungsförderungsmittel aus der Nachwuchsförderung der Universität Innsbruck erhalten momentan 3 Studierende die Möglichkeit an diesem internationalen Sattelitenprojekt mitzuarbeiten: Die Studentin Phadtaya Poemnamthip und die Studenten Stefan Gössl und Matthias Kondrak sind in die Auswertung und Interpretation von BRITE-Constellation Daten aktiv eingebunden. Das Innsbrucker Team untersucht pulsierende Sterne vom Typ „delta Scuti“ und „gamma Doradus“, die von BRITE-Constellation aufgenommen wurden. „Sterne vom Typ ‚delta Scuti‘ schwingen mit Perioden zwischen in etwa 20 Minuten und 6 Stunden und haben Massen zwischen 1,5 und 4 Sonnenmassen. Auf ihren Oberflächen sind sie zwischen circa 6500 und 9000 Grad Kelvin heiß. ‚Gamma Doradus‘-Sterne zeigen Oszillationsperioden von circa 8 Stunden bis 3 Tagen, haben Massen zwischen einer und 1,5 Sonnenmassen und ihre Oberflächentemperaturen liegen zwischen 6000 und 7000 Grad Kelvin“, verdeutlicht Zwintz. BRITE-Constellation hat bis jetzt Daten von sechs derartigen Sternen aufgenommen, die zur Zeit am Institut für Astro- und Teilchenphysik der Universität Innsbruck analysiert werden: 44 Tauri (Konstellation Stier), 29 Cygni und 43 Cygni (Sternbild Schwan), 16 Persei (Sternbild Perseus), epsilon Cephei (Sternbild Kepheus) und beta Cassiopeiae (Sternbild Kassiopeia). Darüber hinaus entwickelt das Team von Dr. Konstanze Zwintz auch eine spezielle Software zur Reduktion von BRITE-Constellation Daten unter Verwendung von mehreren hundert BRITE-Constellation Datensätzen.

Publikationen

Das umfassende Datenmaterial der Satelliten fließt in vielfältige Forschungsfragestellungen ein, wie ein Blick auf die aktuellen Publikationen in „Astronomy & Astrophysics“ deutlich macht. An zwei dieser Arbeiten war auch Dr. Konstanze Zwintz beteiligt:

Ein Forschungsobjekt des Nanosatelliten war α Circini: Er ist ein so genannter „chemisch pekuliarer magnetischer Stern“, bei dem die Magnetfeldstärke, die bei allen Sternen vorhanden ist, ausreichend groß für eine detaillierte spektroskopische, interferometrische und polarimetrische Untersuchung ist. Darüber hinaus pulsiert α Circini, deshalb lässt sich auch das Innere dieses Sterns untersuchen. BRITE-Constellation konnte erstmals den Lichtwechsel durch Rotation in zwei Farben beobachten, und auch die Frage nach einer in der Vergangenheit unbeobachteten Pulsationsperiode klären.

Zur Publikation: www.aanda.org/10.1051/0004-6361/201526997

 

Ein anderer Stern ist β Centauri: Er ist eigentlich ein komplexes Gebilde von einem massereichen Doppelstern, der von einem dritten, etwas weiter entfernten Stern, umkreist wird. Die Bedeutung eines Doppelsterns liegt für AstronomInnen in der Möglichkeit, die Sternmassen durch die Gesetze der klassischen Mechanik sehr gut abschätzen zu können. Der innere Aufbau dieser Objekte kann über deren Pulsationseigenschaften bestimmt und mit großer Genauigkeit geprüft werden. AstronomInnen der BRITE-Constellation haben β Centauri über 146 Tage mit BRITE-Constellation beobachtet. Die Herausforderung dabei war, die aufgezeichneten 17  Pulsationsfrequenzen jeweils einer der beiden Doppelsternkomponenten zuzuordnen und individuell deren Schwingungsmuster zu bestimmen. Letzteres wurde noch dadurch erschwert, dass beide Sterne in nur wenigen Tagen um ihre Achse rotieren, was die Pulsationseigenschaften beeinflusst.

Zur Publikation: www.aanda.org/10.1051/0004-6361/201527872