Bearbeitung: Konrad Breitsching

Pastorale und rechtliche Richtlinien für die Ausländerseelsorge in Österreich

(VOBl. d. Diözese Innsbruck, 65. Jg., 1. Februar 1990, Nr. 2, 8.)

I. Einleitung

1. Für die in Österreich lebenden Katholiken anderer Muttersprache sind in allen Diözesen missiones mit Matrikenführung und solche ohne Matrikenführung nach Notwendigkeit auch in Form einer oder mehrerer Personalpfarren oder Quasipfarren eingerichtet bzw. bei Bedarf einzurichten.

1.1 Die missio mit Matrikenführung ist hier zu verstehen als eine personal und territorial umschriebene Seelsorgseinheit‘ die katholische Gläubige einer ausländischen Nation in einem bestimmten Gebiet einer österreichischen (Erz-)Diözese umfasst, deren Leiter die pfarrlichen Vollmachten gegenüber den ausländischen Gläubigen kumulativ mit dem Pfarrer der jeweiligen österreichischen Ortspfarre Wohnsitz) dieser Gläubigen ausübt.

1.2 Die missio ohne Matrikenführung ist die gleiche Seelsorgseinheit. deren Leiter jedoch keine pfarrlichen Vollmachten gegenüber den ausländischen Gläubigen seiner Seelsorgsstelle hat.

1.3 Die Rechtsnormen für die Ausländerseelsorge in den (Erz-)Diözesen in Österreich sind:

das Motu proprio „Pastoralis Migratorum Cura“ über die Wanderseelsorge vom 15. August 1969;

die „Instruktion zur Seelsorge unter den Wandernden“ der Kongregation der Bischöfe vom 22. August 1969;

die Ausführungen der Österreichischen Bischofskonferenz anlässlich der Einführung des Motu proprio „Pastoralis Migratorum Cura“ vom 3. Juli 1967; und der CIC 1983 (insbesondere cc. 518/ 568).

Die folgenden Rahmenrichtlinien greifen wichtige dieser nach wie vor geltenden Rechtsbestimmungen auf und ergänzen sie durch pastorale Gesichtspunkte. die der Zusammenarbeit der Missionen und Ortspfarren dienen sollen.

2. Die Katholiken aller Völker und Nationen haben in jeder Teilkirche, in denen und aus denen die eine und einzige katholische Kirche besteht (Lumen gentium, Art. 23), Heimatrecht. Anrecht auf den Dienst der Verkündigung der Sakramente, der Diakonie und Anspruch auf die Solidarität; eine nationale Kirche gibt es nicht.

Grundsätzlich ist jeder Ortspfarrer für alle Katholiken seiner Pfarrgemeinde verantwortlich. Die ausländischen Missionen waren und sind notwendig, weil die „Migration“ eine „Verpflanzung“ aus einem Lebensbereich in einen anderen ist und der ausländische Katholik in einem neuen Umfeld zurechtkommen muss, auf das er oft weder psychologisch noch sozial. noch religiös vorbereitet ist.

3.1 Aufgrund der bisherigen Erfahrungen sowie der Veränderungen in unserer Gesellschaft. in der bereits die zweite und dritte Generation von Ausländern lebt, sollen diese Richtlinien insbesondere der harmonischen Zusammenarbeit der Ausländerseelsorge mit der Ortsseelsorge dienen.

3.2 Im Vollzug der kirchlichen Grundfunktionen sind Ortspfarre und Mission in fruchtbarer und bereichernder Zusammenarbeit verbunden. Dabei sind die Eigenart und Eigenständigkeit der Katholiken anderer Muttersprache zu achten und die partnerschaftliche Zusammenarbeit zu pflegen.

3.3 Unbeachtlich der Verantwortlichkeit gegenüber dem Diözesanbischof oder einem zuständigen Bischofsvikar ist die Ausländerseelsorge auf diözesaner Ebene mit dem Pastoralamt eng verbunden und koordiniert ihre Tätigkeit mit jener der diözesanen Pastoral. Ebenso soll eine enge Verbindung der Ausländerseelsorge mit der Caritas und der Katholischen Aktion bestehen.

3.4 Auf überdiözesaner Ebene sind der Promotor Episcopalis und der Nationaldirektor für die Ausländerseelsorge eng mit dem Vorsitzenden der österreichischen Pastoralämter verbunden. Die Zusammenarbeit der Ausländerseelsorge mit der Caritas und der Katholischen Aktion ist zu gewährleisten.

II. Anstellung, Versetzung und Entpflichtung der Ausländerseelsorger

4. Die Bestellung eines hauptamtlichen Ausländerseelsorgers erfolgt durch den zuständigen Diözesanbischof, 4.1 Voraussetzung für die Bestellung ist die durch die Bischofskonferenz des Heimatlandes ausgestellte und durch den Nationaldirektor für die Ausländerseelsorge vorgelegte Präsentationsurkunde, die das Einverständnis des Ordinarius proprius wie auch die Erklärung zur Eignung des Ausländerseelsorgers enthält. Bei Priestern aus Exilnationen wird das Einverständnis des bei der Päpstlichen Kommission für Migration in Rom anerkannten Beauftragten für die entsprechende Nation eingeholt.

4.2 Der zuständige Diözesanbischof verständigt den bischöflichen Promotor und den Nationaldirektor für die Ausländerseelsorge schriftlich von der erfolgten Bestellung.

4.3 Die Versetzung eines Ausländerseelsorgers innerhalb einer Diözese erfolgt durch den zuständigen Diözesanbischof, der vorher die Zustimmung des Ordinarius proprius des Ausländerseelsorgers einzuholen hat. Zweckmäßigerweise setzt sich der Diözesanbischof vorher mit dem Nationaldirektor und dem zuständigen Delegaten diesbezüglich ins Benehmen (Pastoralis Migratorum Cura V., B 49).

4.4 Die Versetzung eines Ausländerseelsorgers von einer Diözese in eine andere erfolgt im Einvernehmen zwischen dem bisherigen und dem zukünftigen Diözesanbischof unter Zustimmung des Ordinarius proprius des Ausländerseelsorgers Mit dem Nationaldirektor und dem zuständigen Delegaten setzen sich die beiden zuständigen Diözesanbischöfe zweckmäßigerweise vor der Versetzung ins Einvernehmen. Für eine geordnete Übergabe sowie die vorherige Unterrichtung der Beteiligten ist Sorge zu tragen. Die Entpflichtung eines Ausländerseelsorgers erfolgt durch den Diözesanbischof; dieser teilt die Entpflichtung dem Ordinarius proprius des Ausländerseelsorgers, dem Nationaldirektor und dem zuständigen Delegaten umgehend mit.

III. Rechtsstellung der Ausländerseelsorger

5. Die Priester und Diakone in der Seelsorge für Katholiken anderer Muttersprache bleiben in ihrer Heimatdiözese inkardiniert. Ordensgeistliche bleiben Mitglieder ihrer Ordensgemeinschaft (Pastoralis Migratorum Cura V., A 37.1).

6. Für die Zeit ihrer Tätigkeit in der Diözese sind die Ausländerseelsorger der Jurisdiktion dieses Diözesanbischofs unterstellt. Die Dienstaufsicht liegt beim Diözesanbischof.

6.1 Für die Zeit ihrer Tätigkeit in der Diözese gehören die ausländischen Priester dem Presbyterium der Diözese und des Dekanates ihres Dienstsitzes an.

6.2 Bezüglich der Besoldung. der Wohnung und ihrer Einrichtung, der Diensträume, der Autoanschaffung, der Fahrt- und Reisekostenerstattung gelten dieselben Bestimmungen für die Ausländerseelsorger wie für die Diözesanseelsorger des jeweiligen Belegenheitsbistums, (PMC 43.1.)

6.3 Der Ausländerseelsorger hat Anspruch auf Jahresurlaub wie die österreichischen Diözesanpriester; für Maßnahmen der Priesterfortbildung gilt die gleiche Regelung.

6.4 Die neu in der Ausländerseelsorge einzustellenden Weltpriester werden in die in der jeweiligen Diözese übliche Krankenversicherung miteinbezogen,

IV. Rechte und Pflichten

7. Der Leiter der missio mit Matrikenführung ist unter Berücksichtigung der gegebenen Verhältnisse dem Pfarrer gleichgestellt, Seine Zuständigkeit ist personal- und gebietsbezogen, d. h. sie bezieht sich nur auf die Angehörigen der betreffenden Nationalität bzw. Sprachgruppe innerhalb des durch die Anstellungsurkunde umschriebenen Gebietes der Mission.

7.1 Er hat Residenz-, aber keine Applikationspflicht. Es wird ihm jedoch dringend empfohlen, das heilige Messopfer immer wieder für die ihm anvertraute

Gläubigen darzubringen.

7.2 Der Leiter der missio mit Matrikenführung hat das Recht zu taufen und kann den Gläubigen seiner Nationalität bzw. seiner Muttersprache in Todesgefahr das Sakrament der Firmung spenden.

7.3 Er besitzt ordentliche Beichtjurisdiktion und hat die Vollmacht, innerhalb der Grenzen des ihm anvertrauten Gebietes unter Beachtung der sonstigen Vorschriften rechtsgültig Trauungen vorzunehmen, wenn wenigstens einer der beiden Partner bzw. bei Mischehen der katholische Partner seiner Nationalität bzw. Sprachgruppe angehört. Er ist ermächtigt, die Erlaubnis zum Abschluss einer konfessionsverschiedenen Ehe zu gewähren und Dispens von Aufgebot zu erteilen, falls die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind,

7.4 Für spanische Staatsangehörige gilt folgende Regelung: Die kirchliche Trauung spanischer Paare ohne vorherige standesamtliche Trauung. hat nur dann für den österreichischen und den spanischer Rechtsbereich Geltung. wenn sie von einem durch die spanische diplomatische Vertretung eigens ermächtigten Geistlichen vorgenommen wird.

7.5 Die Priester und Diakone in den Gemeinden, die nicht als missiones mit Matrikenführung errichtet sind, benötigen zur Taufspendung das Einverständnis und zur gültigen Eheassistenz für jede Trauung die Delegation durch den Ortspfarrer. Bezüglich der Trauungsvollmacht wird auf die Bestimmungen des CIC verwiesen.

7.6 Die verantwortlichen Seelsorger für Katholiken anderer Muttersprache sind verpflichtet, für ihre Gemeinde eine Ordnung für Gottesdienste. Katechese und Sprechzeiten aufzustellen, ihrer Gemeinde bekannt zumachen und notwendige Änderungen rechtzeitig anzukündigen. Diese Ordnung ist den zuständigen Ortspfarrern und dem Ausländerreferenten der Diözese mitzuteilen.

8. In jeder Diözese, wo mehrere Ausländerseelsorger tätig sind, soll ein Ausländerreferent ernannt werden, der die Ausländerseelsorger regelmäßig, mindestens aber zweimal jährlich zusammenruft, zwecks gemeinsamer Planung und Koordination, Die Teilnahme an der Referatskonferenz ist verpflichtend. Die Teilnahme der Ausländerseelsorger an den Dekanatskonferenzen ist empfohlen.

Jedes Jahr legt der Leiter der Mission dem Ordinariat bis zum 31. Jänner einen schriftlichen Bericht über das vergangene Jahr vor. Neben den üblichen statistischen Angaben soll der Jahresbericht über die seelsorgliche Arbeit. über die Situation der Mission sowie über die Anregungen und Wünsche des Missionars Aufschluss geben. Eine Durchschrift des Jahresberichtes ist an den Delegaten (= Oberseelsorger). an den Nationaldirektor sowie an den Dechant des Dienstsitzes zu senden. Der schriftliche Bericht entfällt, wenn indem betreffenden Jahr eine bischöfliche Visitation der Mission stattgefunden hat. Priester, die dem Leiter einer missio mit Matrikenführung als Hilfsgeistliche zugeteilt sind, haben dieselben Aufgaben und Vollmachten wie die Kooperatoren einer Ortspfarre.

11. Der Leiter einer missio mit Matrikenführung hat für eine geordnete Mitarbeit der Laien Sorge zu tragen (z.B. Pfarrgemeinderat, vgl. c. 536 CIC).

Verhältnis zwischen Ortspfarren und Ausländermission

12. Die Vollmacht des Ausländerseelsorgers der missio mit Matrikenführung besteht kumulativ mit der des Ortspfarrers; jedem Katholiken steht es frei, sich wegen des Empfangs der Sakramente entweder an den zuständigen Priester seiner Muttersprache oder an den Ortspfarrer zu wenden.

12.1 Bei der Vorbereitung auf den Empfang der Sakramente sind auch die sprachlichen, psychologischen und kulturellen Voraussetzungen zu berücksichtigen.

12.2 Soweit den Missionen keine eigenen Gottesdienst- und Versammlungsräume zur Verfügung stehen, haben diese das Recht auf Mitbenützung kirchlicher Räume. Ort und Zeit der Gottesdienste und sonstiger Veranstaltungen sind mit den Ortspfarren unter Berücksichtigung der pastoralen Erfordernisse beider Seiten zu vereinbaren. Dabei ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Ausländerseelsorger und Ortspfarrer sowie Mitgliedern der Gemeinde geboten.

12.3 Ziel ist ein weitgehendes Miteinander von Ortspfarren und den Missionen. Daher sollen gemeinsame, regelmäßige und mehrsprachige Eucharistiefeiern mit ausländischen Mitbürgern und der Ortspfarre wie auch gemeinsames Planen in der Gemeindekatechese, bei der Kinder- und Jugendarbeit, Familien- und Bildungsprogrammen sowie bei Festlichkeiten selbstverständlich sein.

12.4 Zusätzlich organisatorische Regelungen sowie finanzielle Aufwendungen der Ortspfarre sind mit der Belegenheitsdiözese zu klären. Der Ausländerreferent der Diözese ist der Ansprechpartner für die Ausländerseelsorger.

13. Das glaubwürdige Zeugnis aller Verantwortlicher und Mitarbeiter im pastoralen und sozialen Dienst erfordert die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Priester, Diakone, Ordensleute und Laien.

VI. Beurkundungen von Amtshandlungen

14. Matrikenführung der missiones mit Matrikenführung: Alle vorgenommenen Amtshandlungen (Taufen, Firmungen, Trauungen, Begräbnisse) bezüglich fremdsprachlicher Ausländer sind in den Matrikenbüchern jener Pfarre zu matrikulieren, wo die Sakramente gespendet wurden bzw. Begräbnisse stattfinden. Dieselbe Matrikulierungsregelung gilt für die österreichischen Diözesanpriester, wenn sie Taufen, Trauungen, Begräbnisse von Fremdsprachigen vornehmen. Die Führung eines Registerbuches für die einzelnen Sparten (Taufe, Trauung, Firmung, Begräbnis) ist für das Ausländerreferat bzw. die missio verpflichtend.

 

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