Emuna: Die Rationalität religiöser Überzeugungen

Ein Forschungsprojekt an der Universität Innsbruck mit großzügiger Finanzierung des Fonds für Wissenschaftlichen Forschung (FWF)

Zeitdauer: 2015-2018

Projektleiterin: Katherine Dormandy, DPhil

Mitarbeiter: Marisa Gasteiger, Susannah Haas, Federica Malfatti

Sollen religiöse Überzeugungen immer rational sein? Manche Gläubige meinen, dass von religiösen Überzeugungen nicht immer epistemische Rationalität erwartet werden sollte, da der Glaube als solcher wenig damit zu tun habe. Im Forschungsprojekt „Emuna: Die Rationalität religiöser Überzeugungen“ argumentiere ich hingegen, dass der religiöse Glaube selbst – und nicht nur die Erkenntnistheorie – immer rationale religiöse Überzeugungen verlangt.

Hierzu wird das Projekt folgende zwei Fragen beantworten. Die epistemische Frage lautet: Was macht die Rationalität religiöser Überzeugungen aus? Die allgemeine Frage lautet: Sollen solche Über­zeugungen immer rational sein?

Die epistemische Frage bezieht sich auf Normen der Erkenntnisthe­orie, während die allgemeine Frage Normen des religiösen Glaubens untersucht (z. B. dass man Gott vertrauen muss). Die Diskussion dieser zwei Fragen wird feststellen, ob diese Normen inkompatibel sein können.

Die epistemische Frage wird das Projekt darin beantworten, dass es fünf bekannte Ansätze zur Rationalität religiöser Überzeu­gungen kritisch bespricht und einen eigenen vorstellt. Dieser eigene Ansatz heißt „Emuna“, weil er vom althebräischen Begriff ’emuna, der (grob übersetzt) für „Vertrauen“ [faith, fi­des] steht, inspiriert ist. Dieser Ansatz ist in die­ser religiösen Ur-Tradition verwurzelt. Der „Emuna“-Ansatz besagt, vielleicht überra­schenderweise, dass eine religiöse Überzeu­gung nur dann rational ist, wenn sie die Be­lege berücksichtigt.

Eine andere Frage ist es freilich, ob religiöse Überzeugungen die entsprechenden Ratio­nalitätsstandards immer zu berücksichtigen haben. Vielleicht geht der religiöse Glaube mit Nor­men einher, die mit epistemischen Normen inkompatibel sind. Wenn dies so ist, dann ist die Meinung nachvollziehbar, dass die Normen des Glaubens die der Er­kenntnistheorie übertrumpfen. Soll­te dies stimmen, dann wären reli­giöse Überzeugungen in solchen Situationen von der Rationalität freigestellt.

Dies ist das Thema der allgemeinen Frage. Doch das Projekt wird argumentieren, dass der religiöse Glaube in seiner besten Form mit rationalen Überzeugungen über religiöse Sachverhalte einhergeht. Das heißt nicht nur, dass die Normen des Glaubens mit denen der Erkenntnistheorie kompatibel sind. Viel­mehr heißt es, dass die epistemische Rationalität zum Ideal des religiösen Glaubens gehört: Der normativ vollkommene Glaube ist immer epistemisch rational.

Zur Verteidigung dieser Antwort zeige ich erstens auf, dass religiöser Glaube (cete­ris paribus) moralisch besser ist, wenn die damit verbundenen Überzeugungen epis­temisch rational sind, weil Liebe und Ver­trauen, zwei wesentliche Glaubenseinstel­lungen, moralisch besser sind, wenn sie auf gut begründeten Überzeugungen beruhen. Zweitens argumentiere ich, dass der Begriff ’Emuna normativ mit guten Gründen verknüpft ist: Vor biblischem Hintergrund werden Menschen regelmäßig aufgefordert, deshalb ’emuna zu haben, weil es gute episte­mische Gründe für diese Einstellung gibt.      

Meine Antworten auf die epistemische und „alles-in-Betracht“-Frage tragen zur ak­tuellen Erkenntnistheorie, Moralpsycholo­gie, Religionsphilosophie und analytischen Theologie bei. Der „Emuna“-Ansatz bietet eine einheitliche Theorie, was die Rationa­lität religiöser Überzeugungen ausmachen würde und warum solche Überzeugungen, anhand des religiösen Glaubens selbst, in diesem Sinne rational sein sollen.

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