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Markus Ohndorf, Professor für Umweltökonomik

Vorgestellt: Ein umwelt­politischer Realist

Der Umweltökonom Markus Ohndorf befasst sich mit Instrumenten zur Umsetzung umweltpolitischer Ziele. Dabei geht es ihm nicht nur um die volkswirtschaftliche Effizienz von Maßnahmen, sondern vor allem auch um deren politische Durchsetzbarkeit. Nicht ethische Ideale, sondern realistische Empfehlungen stehen deshalb für den Volkswirt, der auch die Politik berät, im Vordergrund.

Der Ökonom Markus Ohndorf vergleicht umweltpolitische Instrumente in Bezug auf deren volkswirtschaftliche Gesamtkosten. Dabei geht es darum, die Kosten für die Gesellschaft zu minimieren. Schon in den 1930er-Jahren waren sich die Volkswirtschaftler einig, dass dies nur durch Kostenwahrheit erreicht werden kann. „Der Preis eines Gutes muss also alle Externalitäten umfassen“, sagt Markus Ohndorf. „In Bezug auf die Umwelt bedeutet dies, dass auch Umweltkosten eingepreist werden müssen. Wenn man sich aber unser Steuersystem ansieht, ist klar, dass dies heute noch nicht der Fall ist.“ Die Realität weicht also deutlich vom ökonomischen Ideal ab. Dies ist in Bezug auf die Umwelt vor allem deshalb problematisch, weil die Kosten für Schäden in vielen Fällen von den Schwächsten in unserer Gesellschaft getragen werden müssen.

Durchsetzbarkeit von Maßnahmen

Dank seiner Expertise ist Markus Ohndorf auch regelmäßig in Beratungsgremien tätig, so für die Bundesrepublik Deutschland, das Umweltprogramm der Vereinten Nationen und den Weltklimarat. Aus dieser Erfahrung weiß der Ökonom, dass das Einpreisen von Umweltkosten oft daran scheitert, dass die Einführung von Maßnahmen politische Entscheidungen erfordert und diese auf der Grundlage widersprüchlicher Interessen fallen. Bei der Wahl von umweltpolitischen Instrumenten ist für Ohndorf deshalb die Frage nach deren politischer Durchsetzbarkeit zentral. Deshalb erforscht er auch gezielt, ob und wie sich unterschiedlicher Instrumente umsetzen lassen. „Neben der Durchsetzbarkeit ist weiters entscheidend, ob beschlossene Regelungen eingehalten werden“, betont der Ökonom. „Der Dieselskandal oder der Austritt Kanadas aus dem Kyoto-Protokoll zeigen, dass sowohl Unternehmen als auch ganze Staaten immer wieder umweltpolitische Strategien untergraben. Durchsetzbarkeit und die Einhaltung von Regelungen sind meines Erachtens die Hauptprobleme der aktuellen Klimapolitik“, sagt Ohndorf. „In den Expertengremien wäre hier mehr Realitätssinn gefordert.“

Bewertbarkeit von zukünftigen Kosten

Ökonomisch ist die Klimadebatte auch insofern schwierig, als Schäden in ferner Zukunft schwierig zu bewerten sind. Ökonomen nutzen dafür in der Regel einen Diskontsatz, um deren heutigen Wert zu beziffern. Wie dieser Diskont aber einzustufen ist, wenn mehrere Generationen betroffen sind, bleibt auch unter Experten sehr umstritten. In der Realität überwiegt jedenfalls sehr kurzfristiges politisches Handeln. Angesichts dieser Schwierigkeit hat man bei der Weltklimakonferenz in Paris ganz auf den Kosten-Nutzen-Vergleich verzichtet und einen Versicherungsansatz gewählt. Ohndorf begrüßt diese Vorgangsweise, gibt aber zu bedenken, dass das 2-Grad-Ziel mit den beschlossenen Reduktionen ab 2020 wohl kaum mehr gehalten werden kann.

Rechtsökonomik und Rechtsphilosophie

Der neue Professor für Umweltökonomik beschäftigt sich auch mit der ökonomischen Betrachtung von Rechtsfragen, insbesondere dem Haftungsrecht. Gerade in den USA werden viele Umweltfragen über das Haftungsrecht reguliert. Weil aber Rechtsstreitigkeiten sehr viel Kapital vernichten können, wenn der Rahmen für rechtliche Auseinandersetzungen groß ist, glaubt Markus Ohndorf, dass Grundrechte volkswirtschaftlich durchaus effizient sein können. „Gesellschaften mit Freiheitsrechten haben einen größeren Nutzen als Gesellschaften ohne diese Rechte“, ist Ohndorf überzeugt.
Neben rechtlichen Fragen sind es mitunter auch philosophische Probleme, die Ohndorf beschäftigen. Die Frage etwa, ob in der Umweltpolitik die reine Ethik oder das Problem der Durchsetzbarkeit im Mittelpunkt stehen soll, diskutiert Ohndorf gerne mit Philosophen. Er hat hier eine klare Präferenz dafür, gangbare Wege aufzuzeigen. „Es stellt sich sogar die Frage, ob weltfremde Ansätze ethisch überhaupt vertretbar sind.“ Als Wissenschaftler versteht er seine Aufgabe jedenfalls darin, Realist zu bleiben.

Zur Person

Markus Ohndorf hat in der Schweiz studiert und an der ETH Zürich promoviert. Hier forschte er seit 2003 zunächst als Assistent und später als Oberassistent und Dozent am Lehrstuhl für Nationalökonomie des Instituts für Umweltentscheidungen. Im Juli 2016 trat er eine Professur für Umweltökonomik an der Universität Innsbruck an. In der Schweiz hatte Ohndorf den interdisziplinären Austausch schätzen gelernt. Deshalb ist Innsbruck für ihn auch der ideale Ort, um seine Forschungen weiterzuführen. „Von den Klimaforschern, über die Atmosphärenphysiker bis zu den Ingenieurwissenschaften ist hier alles vertreten“, zeigt sich Ohndorf begeistert. Im Klimawandel und den Folgen für den Tourismus sieht der Ökonom auch die größte Herausforderung für die Bergregionen. „Deshalb wollte ich schon immer gerne näher an die Berge.“ Nach kurzer Zeit hat er sich bereits gut in Innsbruck eingelebt, nur sprachlich gibt es noch Barrieren. „Manches Mal werde ich von den Einheimischen noch nicht richtig verstanden, das liegt aber wahrscheinlich an meiner Mischung aus Schweizerdeutsch und Rheinländischem. Ich jedenfalls verstehe die Tiroler schon sehr gut“, so Ohndorf schmunzelnd.

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