portraittheater 2019
v.l.: Die Leiterin des Büros für Gleichstellung und Gender Studies Sabine Engel, die beiden Schauspielerinnen Brigitta Waschnig und Anita Zieher mit Vizerektor Wolfgang Meixner bei der Aufführung von Arbeit, lebensnah - Käthe Leichtner und Marie Jahoda" in der Aula der Universität.

portrait­theater zu Gast an der Uni Inns­bruck

Im Rahmen des Uni-Jubiläums war das portraittheater am 14. März mit dem Stück „Arbeit, lebensnah – Käthe Leichter und Marie Jahoda“ in der Aula der Universität Innsbruck zu sehen.

Die Vorstellungen des portraittheaters an der Universität Innsbruck haben eine gewisse Tradition: Bereits zum vierten Mal gastierte die Kompanie, die in ihren Stücken herausragende Frauen portraitiert, in Innsbruck. Nach Marie Curie, Lise Meitner und Hedy Lamarr (2015), Rosa Luxemburg (2017) und Berta von Suttner (2018) wurden in diesem Jahr die Biographien von Käthe Leichter und Marie Jahoda für das Publikum in der Aula der Universität in Szene gesetzt. Zahlreiche Theaterinteressierte folgten der Einladung des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen und des Büros für Gleichstellung für Gender Studies.

Käthe Leichter und Marie Jahoda gehören zu jenen Frauen, deren wissenschaftliche Leistungen erst spät in der Öffentlichkeit Anerkennung fanden. Beide gelten heute als Pionierinnen der sozialwissenschaftlichen Forschung in Österreich.

Käthe Leichter

Käthe Leichter (1895–1942) wird in eine bürgerliche jüdische Familie in Wien geboren. Das präferierte Jus-Studium bleibt ihr als Frau verwehrt, daher studiert sie Staatswissenschaften in Wien und Heidelberg. Sie engagiert sich schon früh politisch in der Wiener Jugendbewegung, in der sozialdemokratischen Studierendenorganisation und später in verschiedenen Funktionen in der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Bekanntheit erlangt sie als Leiterin des 1925 von der Arbeiterkammer Wien eingerichteten Frauenreferats und durch ihre richtungsweisenden Studien -  wie z.B. „So leben wir … 1.320 Industriearbeiterinnen berichten über ihr Leben“ (1932). Nach den Februarkämpfen 1934 taucht Käthe Leichter mit ihrer Familie unter und schließt sich der illegalen Organisation der Revolutionären Sozialisten an. 1938 gelingt ihrem Mann Otto Leichter und den Söhnen die Flucht ins Ausland. Käthe Leichter wird denunziert, von der Gestapo festgenommen und 1940 – trotz zahlreicher Interventionsversuche – in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück deportiert. 1942 wird Käthe Leichter – gemeinsam mit 1.500 Jüdinnen – in der Psychiatrischen Versuchsanstalt Bernburg ermordet.

Marie Jahoda 

Auch Marie Jahoda (1907–2001) entstammt einer bürgerlichen jüdischen Familie aus Wien. Ab 1926 studiert sie Psychologie an der Universität Wien und schließt ihr Studium 1932 mit der von Charlotte Bühler betreuten Dissertation „Anamnesen im Versorgungshaus (Ein Beitrag zur Lebenspsychologie)“ ab. Sie ist führendes Mitglied im Forschungsteam und Autorin der Studie „Die Arbeitslosen von Marienthal“, die heute zu den Klassikern der empirischen Soziologie zählt und den Grundstein für eine lebensnahe Sozialforschung legt. Auch Marie Jahoda engagiert sich schon früh politisch: in Ihrer Schulzeit bei der Vereinigung Sozialistischer Mittelschüler, 1926 tritt sie der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschösterreichs bei. 1936 wird sie wegen illegaler Tätigkeit verhaftet. Nach internationalen Protesten wird sie freigelassen, muss Österreich jedoch unverzüglich verlassen. Ab 1937 lebt Marie Jahoda im Exil in Großbritannien und es gelingt ihr, an verschieden Forschungsprojekten mitzuarbeiten. 1945 reist sie in die USA, arbeitet am Bureau of Applied Social Research der Columbia University in New York und erhält später eine Professur für Psychologie an der New York University. 1958 kehrt sie nach Großbritannien zurück und wird als Professorin für Psychologie an verschiedene Universitäten – u.a. University of Sussex – berufen. Marie Jahoda stirbt 2001.  

Arbeit, lebensnah

Im Stück „Arbeit, lebensnah – Käthe Leichter und Marie Jahoda“ schlüpfen Anita Zieher und Brigitte Waschnig in die Rollen von Käthe Leichter und Marie Jahoda und erschaffen entlang der Biografien der Sozialwissenschafterinnen ein lebendiges Bild der Personen und darüber hinaus der gesellschaftlichen Verhältnisse, in die sie hineingeboren wurden. Im  Zusammenspiel von Anita Zieher und Brigitte Waschnig zeigt sich das Gemeinsame und das Trennende der beiden Frauenbiographien sehr eindrücklich. Parallelen finden sich in der bürgerlichen jüdischen Herkunft und der damit verbundenen Sozialisation, im politischen Engagement, in den ähnlichen Bildungswegen und der Berufswahl sowie ihrer Widerständigkeit und ihrem Gestaltungswillen. Der großen Bruch in den Lebensläufen erfolgt in der Zeit des Faschismus: Während Käthe Leichter in ein KZ deportiert und ermordet wird, kann Marie Jahoda Österreich verlassen und wird zu einer international anerkannten Wissenschafterin.

Das Hauptaugenmerk in dem unter der Regie von Sandra Schüddekopf entwickelten Stück liegt auf dem professionell wissenschaftlichen und politischen Wirken der beiden Frauen. Auf Basis historischer Selbstzeugnisse und dokumentierter Erinnerungen von MitstreiterInnen wird ohne Pathos auch Persönliches und Privates thematisiert. Insgesamt entsteht ein beeindruckendes und zugleich berührendes Bild der beiden Frauen.

VR Wolfgang Meixner und Dr. Sabine Engel sprachen die einleitenden Worte und begrüßten das Publikum. Im Anschluss an die Veranstaltung lud der Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen zu einem Umtrunk ein.

(Maria Furtner)

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