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Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Podiumsdiskussion zu Open Access. (Bild: Universität Innsbruck)

Der Preis des Wissens – Quo vadis?

Der Zugang zu wissenschaftlichen Artikeln wird auch für Universitäten und Bibliotheken zunehmend teurer. Nicht zuletzt deswegen wird immer häufiger über Open Access, als den ungehinderten Zugang zu den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen diskutiert. Über die Chancen und Probleme haben Ende Januar ExpertInnen an der Uni Innsbruck diskutiert.

Das Thema Open Access wird nach wie vor hauptsächlich in der wissenschaftlichen Community diskutiert und, weil nur eine relativ kleine Gruppe von Personen direkt davon betroffen ist, von der breiten Öffentlichkeit sehr eingeschränkt wahrgenommen. Aufgrund der konstant steigenden Kosten für die Bereitstellung von Publikationen kommt es jedoch vermehrt zu einer Umwidmung von Forschungsmitteln oder einer Reduktion des Publikationsangebots. Beides hat Auswirkungen auf die Qualität der Forschung und betrifft uns somit alle.

Mit der Vorgabe, sämtliche Publikationen, die im Rahmen des Horizon-2020-Programms entstehen, Open Access zu publizieren, setzt die EU-Kommission einen wichtigen Schritt. Allerdings überlässt die Kommission die Entscheidung, ob die Herausgabe mittels Green oder Gold Open Access erfolgen soll, den ForscherInnen und damit einmal mehr den Verlagen das Spielfeld. Zwar machen die Fördermittel der EU laut Daniel Spichtinger, Policy-Officer in der Generaldirektion Forschung und Innovation, nur rund 10 % des Gesamtvolumens aus. Dennoch kann nur eine klare Richtlinie der Kommission, die von entsprechenden Maßnahmen, wie einer European Open Science Cloud begleitet wird, das Flickwerk an nationalen Regelungen nachhaltig verändern. Der Unternehmensrechtsexperte Manfred Büchele betont jedoch, dass der Bedarf nach einer solchen Regelung umso stärker wird, je mehr nationale Regelungen es gibt.

Wenige Verlage dominieren den Publikationsmarkt

Die Novelle des Urheberrechts in Österreich von 2015 ist hierfür ein gutes Beispiel: Obwohl im § 37a vor allem auf Druck der Hochschulen das Zweitverwertungsrecht wissenschaftlicher Beiträge aufgenommen wurde, hat dieses aufgrund der Sperrfrist von 12 Monaten und der Einschränkung auf ‚erscheinende‘ Periodika nahezu keine konkreten Auswirkungen. Zudem werden die Verlagsverträge, die einer Publikation in renommierten Zeitschriften zugrunde liegen, zum Großteil nicht nach österreichischem Recht geschlossen.

Über 50 % der wissenschaftlichen Artikel in den Bereichen Natural and Medical Sciences (NMS) und Social Sciences and Humanities (SSH) erscheinen heute bei einem der fünf größten Wissenschaftsverlage. Diese Verlage, darunter Häuser wie Reed-Elsevier oder Springer, sind aufgrund ihres Oligopols in der Lage, Preis und Umfang ihrer Produkte nahezu frei zu diktieren und haben Gewinnmargen, die einem PLOS One Artikel zufolge teilweise sogar über denen der 10 größten Unternehmen der Forbes-2000-Liste liegen. Scientific Publishing wird bereits 2002 in einem Analystenpapier von Morgan Stanley als der am schnellsten wachsende Medienbereich der letzten Jahre mit hervorragenden Gewinnaussichten bezeichnet.

Open Access bietet freien Zugang zum Wissen

Dabei, betont die französische Wissenschaftlerin und Open-Access-Aktivistin Marie Farge, hat sich das System der großen Wissenschaftsverlage eigentlich überholt: Die WissenschafterInnen übermitteln druckfertige Manuskripte an die Verlage; die einer Publikation zugrundeliegende Forschung sowie die Qualitätssicherung in Form von Peer Reviews wird auch von den ForscherInnern, die aus öffentlichen Geldern bezahlt werden, geleistet. Insbesondere in den technischen Disziplinen haben es die wissenschaftlichen Gesellschaften geschafft, die kommerziellen Verlage aus ihren Publikationssystemen herauszunehmen. Dies funktioniert vor allem deshalb, so Justus Piater, Informatiker an der Uni Innsbruck, weil die Qualität und der Ruf einer Publikation nicht vom Verlag, sondern von den HerausgeberInnen abhängt. Das System der Impact-Faktoren als Gradmesser des wissenschaftlichen Erfolgs und die weit verbreitete ‚Publish or Perish‘-Mentalität zementieren dabei die Machtposition der Verlage; insbesondere junge WissenschafterInnen sind gezwungen, in den Zeitschriften der großen Verlage zu publizieren um beruflich voranzukommen.

Ein langer Weg: Just do it!

Die wissenschaftliche Community hat es also selber in der Hand, ob sie sich dem Oligopol der Verlage weiter aussetzt, oder ob sie die Veröffentlichung ihrer Ergebnisse wieder selber in die Hand nimmt und neue zusätzliche Faktoren zur Bewertung der Arbeit heranzieht. Mit den Universitätsverlagen, deren Aufgabe nicht die Gewinnmaximierung, sondern vielmehr die Verteilung des erforschten Wissens an eine breite Öffentlichkeit ist, steht den Universitäten bereits heute ein wichtiges Werkzeug zur ‚Entkommerzialisierung‘ zur Verfügung.

Der Grundstein, darin waren sich alle TeilnehmerInnen der Diskussison einig, ist gelegt. Es gibt aber noch viel zu tun.

Die Podiumsdiskussion zum Nachsehen:

Direktlink auf Youtube: https://youtu.be/kbq2nGCr2jo

(red)

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