Gelbbauchunke
Bianca Zerobin setzt sich für die gefährdeten und seltenen Gelbbauchunken (Bombina variegata) ein.

Das große Quaken

In den heimischen Gewässern leben nicht nur Erdkröten, Bergmolche oder Grasfrösche. Ein Forschungsteam um Michael Traugott, Professor am Institut für Ökologie, hat in dem weltweit ersten Amphibien eDNA Citizen-Science Projekt „Der Frosch im Wassertropfen“ gemeinsam mit der Bevölkerung 100 Gewässer in Tirol untersucht.

Die Bestände von Fröschen und anderen Amphibien gehen kontinuierlich zurück, obwohl sie auch in Österreich streng geschützt sind. Naturnahe (Garten-)Teiche und sonstige Kleinstgewässer sind wichtige Rückzugsgebiete für diese gefährdete Tiergruppe und helfen, ihr Überleben zu sichern. Michael Traugott, Corinna Wallinger, Daniela Sint, Martina Nindl, Christiane Zeisler und Dominik Kirschner vom Institut für Ökologie bzw. von der Sinsoma GmbH haben das Vorkommen und die Bestände der bedrohten Tiere genauer untersucht. Dazu holten sie sich Hilfe aus der Bevölkerung, die dazu aufgerufen wurde, sich mit ihrem Teich zu bewerben. „Für die spätere Untersuchung wurden 100 Gewässer anhand ihrer Beschreibung und der Lage der Gewässer ausgewählt. Die Beteiligung war so groß, sodass wir leider wir nicht alle eingereichten Teiche analysieren konnten“, so Michael Traugott. „In 91 Prozent der Proben konnte Amphibien-DNA nachgewiesen und bestimmt werden. Zudem wurden alle Proben auf das Vorkommen des für Amphibien gefährlichen Cytridpilzes getestet“, erläutert der Wissenschaftler. Bislang war es unmöglich, all die Klein- und Kleinstgewässer in unserem Land auf das Vorkommen der 13 in Tirol heimischen Amphibienarten zu überprüfen. Das Projekt „Der Frosch im Wassertropfen: eDNA-Monitoring von Amphibien in Tirol“ machte nun genau dies möglich. In Wasserproben aus den Tiroler Kleingewässern wurden die Umwelt-DNA-Spuren der darin lebenden Tiere analysiert. Mit eigens für das Projekt konzipierten Besammlungskits konnten die Citizen Scientists aus allen Tiroler Bezirken Wasserproben aus ihren Teichen filtrieren. Der Großteil der eingereichten Proben stammt aus Privatteichen, wobei auch natürliche Gewässer wie Seen, Teiche und Naturschutzgebiete untersucht wurden.

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Familie Crepaz setzte bei der Beprobung auf Teamarbeit. (Bild: Familie Crepaz)

Gutes Zeugnis mit Handlungsauftrag

Von den 13 für Tirol nachgewiesenen in Gewässern lebende Amphibienarten konnten 9 Arten sicher nachgewiesen werden. Das waren der Feuersalamander, der Bergmolch, der Teichmolch, der Alpen-Kammmolch, die Gelbbauchunke, die Erdkröte, der Laubfrosch, der Grasfrosch und der Teichfrosch. „Zusätzlich wurden auch DNA-Spuren des italienischen Wasserfrosches gefunden. Sollte dieses Vorkommen bestätigt werden, dann ist das der erste Nachweis für Tirol“, erläutert Daniela Sint. Die in Tirol bekanntesten Amphibienarten, wie Erdkröte, Bergmolch und Grasfrosch, sind auch jene, die in den meisten Gewässern gefunden wurden. „Ehemals im Inntal häufige Arten wie der Laubfrosch, die Gelbbauchunke oder Wasserfrösche kommen bedauerlicherweise nur noch in einzelnen Gewässern vor“, so Traugott. Negativ war für die Forscherinnen und Forscher das Ergebnis, dass auch der für Amphibien gefährliche Chytridpilz in vier Gewässern gefunden wurde, welcher weltweit zu einer sehr hohen Sterberate der Tiere führt. Der Pilz befällt die Haut der Amphibien, ein wichtiges Atmungsorgan der Tiere. „Mit dem Nachweis des Pilzes in den Gewässern müssen wir auch darauf hinweisen, dass es nicht zu empfehlen ist, Amphibien, andere Lebewesen oder Wasser aus Teichen zu entnehmen und in anderen Gewässern wiedereinzusetzen. So besteht die Gefahr, den Pilz weiter zu verbreiten, abgesehen davon, dass es verboten ist beispielsweise Kaulquappen zu entnehmen“, verdeutlicht Martina Nindl, die darauf hinweist, dass der Chytridpilz leider auch in sehr artenreichen Gewässern vorkommt. „Mit dieser ersten Untersuchung in Teichen aus allen Bezirken Tirols ist es uns gelungen, einen Überblick über das Amphibienleben zu bekommen. Für den Natur- und Artenschutz ist es von Bedeutung, weitere Untersuchungen in den vom Pilz betroffenen Gebieten durchzuführen“, verdeutlicht Traugott.

DNA-Spurensuche

Aquatische Organismen geben beständig Zellen an das sie umgebende Wasser ab. Die darin enthaltene sogenannte „Umwelt-DNA“, auch „environmental DNA“ oder kurz eDNA genannt, kann isoliert und damit die im Wasser lebenden Arten eindeutig identifiziert werden. „Diesen Ansatz verfolgen wir auch mit den Analysen der Wasserproben aus den Tiroler Teichen. Durch die Untersuchung der DNA-Spuren im Wasser können wir genau ermitteln, welche Amphibien im Teich leben und bekommen so erstmals über eDNA einen Einblick in die Diversität der heimischen Gewässer“, so Traugott, der verdeutlicht, dass mit der Analyse einer einzigen Wasserprobe die im Teich lebenden Amphibien nachgewiesen werden können, ohne die Tiere selbst fangen zu müssen. Mit der Entwicklung dieser Methode zählt das Team am Institut für Ökologie zu den führenden Expertinnen und Experten im Bereich der eDNA. „Mit Hilfe der aktiven Teilnahme der Bevölkerung haben wir eine große Menge an hochqualitativen und standardisierten Daten bekommen und können uns erstmals ein detailliertes Bild über das Vorkommen der heimischen Amphibienarten und des sie bedrohenden Pilzes machen“, sagt Sint. Im Rahmen des Citizen-Science Projektes wurde die Bevölkerung in die Untersuchungen miteingebunden und es profitieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ebenso wie Naturinteressierte in Tirol von den Ergebnissen, die dazu dienen werden, weiter für den Natur- und Artenschutz zu arbeiten.

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Auch Familie Estermann aus dem Bezirk Imst beteiligte sich an der Probennahme. ( Bild: Familie Estermann)

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