Visionen, Risiken und Machbarkeit im Immobilienmarkt

Ein Kaufhaus ohne Kunden, ein Gewerbepark ohne Mieter und ein Vergnügungsschloss ohne Besucher. Was sind die Ursachen und Gründe dafür, dass diese Projekte scheiterten? Diese und andere Fragen beantworteten Dr. Sven Bienert und DI (FH) David Steixner im Vortrag „Risikomanagement bei Projektentwicklung“.
Dr. Sven Bienert bei seiem Vortrag
Dr. Sven Bienert bei seinem Vortrag

Der Vortrag aus der Reihe „Bauwirtschaft und Projektmanagement“ an der Fakultät für Bauingenieurwesen fand am 8. Mai statt.

 

Eine Vision für eine gut laufende Immobile, wie etwa ein Kaufhaus oder ein Gewerbepark benötigt eine systematische Projektentwicklung und ein Risikomanagement, um nicht in der Pleite zu enden. „Bei der Projektentwicklung brauchen Sie vier Dinge: einen Standort, eine Vision, das richtige Timing und natürlich Kapital“, so Sven Bienert in seinem Vortrag. Bei der Vision sei am wichtigsten, dass man ganz vorne bei Trends mit dabei ist. „Haben Sie zum Beispiel vor einigen Jahren auf das Life Sciences Thema gesetzt, war das sehr gut. Heute wären Sie damit zu spät dran. Im Moment dominieren die Mixed-Used-Konzepte“, erläuterte er die Wichtigkeit von Visionen. Bevor jedoch mit der Entwicklung und dem Bau einer Immobilie begonnen werden kann, muss in einer Machbarkeitsstudie die Rentabilität der Immobilie nachgewiesen werden. „Diese Studie besteht aus vier Komponenten“, führte Bienert aus. „Zuerst führen Sie eine Standortanalyse durch, die ein extrem wichtiger Bereich der Machbarkeitsstudie ist“, fuhr er fort. Außerdem ist eine Marktanalyse durchzuführen. In diesem Bereich ist in Österreich noch Entwicklungsarbeit zu leisten, erklärte er. „In der Konsumgüterindustrie geben sie 20 Mal soviel für die Marktanalyse aus, wie die Projektentwickler im Immobilienmarkt“, bemängelte Bienert. Die Wirtschaftlichkeitsanalyse und das Risikomanagement sind ebenfalls Bestandteil der Machbarkeitsstudie. „Doch was ist Risikomanagement“, fragte er die Zuhörer. Es sei ganz gleich, ob es um Autos, Haribo-Gummibärchen oder eben um Immobilien gehe. „Das Risikomanagement ist immer ein Konstrukt, das klären soll, wo die Risiken liegen. Anschließend bewerten Sie die Risiken und klären ab, ob Sie diese eingehen wollen oder eben nicht.“

 

Risiken systematisieren

Wie lassen sich Risiken systematisieren und damit vermeiden? Dieser Frage ging David Steixner nach. „Zuerst einmal gibt es das Preisrisiko“, so Steixner. Hierbei muss vor allem der Zyklus von Immobilien beachtet werden. „Mieten steigen und sinken“, erklärte er. „Für einen Start bei hohen Preisen brauchen Sie einen sehr langen finanziellen Atem, bis sich ihre Immobilie rentiert.“ Anzuraten sei deswegen ein Beginn in einem Zyklustief, meinte Steixner. Dann gibt es noch das Partnerrisiko. „Ein Konkurs der Baufirma hat Auswirkungen auf die Zeit, die Kosten und die Qualität“, erklärte er. Und zu guter letzt können natürlich auch Planungsfehler vorkommen. „Hier sind die klassischen Beispiele, die Luxusimmobilie ohne Aufzüge.“

 

Zum Beispiel Play Castle

Um die Wichtigkeit einer Machbarkeitsstudie zu demonstrieren, zeigte Steixner zum Abschluss seines Vortrags am Beispiel des Play Castle auf, warum das Projekt gescheitert ist. „Das Play Castle sollte das erste europäische Inotainmentcenter werden. Es wurden 220.000 Besucher pro Jahr erwartet“, erklärte er die Ausgangssituation. Damit sollte das Play Castle ein Leitprojekt für die gesamte Region werden. „Doch wie kam es wirklich“, fragte er. Tatsächlich kamen oft weniger als 100 Besucher am Tag und das Schloss ging im Oktober 2000 Pleite. „Was wurde missachtet“, fragte er weiter. Im Bereich des Preisrisikos seien die laufenden Kosten unterschätzt worden. „Doch die Wurzel der Probleme waren schlicht und ergreifend die fehlenden Besucher“, resümierte Steixner. Die Zielgruppe für das Inotainmentcenter sei einfach zu schmal gewesen. „Sie haben sich auf Familien mit Kindern bis 15 Jahren festgelegt. Das sind zu wenige“. In der Größenordnung von 220.000 Besuchern pro Jahr liege der Alpenzoo und hier geht jeder hin, vom Kindergarten bis zum Seniorenausflug.

Auch ein Luxuskaufhaus in Düsseldorf, das keine Kunden fand oder ein Gewerbepark an der deutsch-holländischen Grenze, der keine Unternehmen ansiedeln konnte, sind weitere Beispiele für eine schlechte Projektentwicklung. Dennoch, so schloss Bienert den Vortrag ab, gäbe es bereits mehr Professionalität im Markt, als vor fünf oder sechs Jahren. Das lässt auf die Zukunft hoffen.

 

Zu den Personen:

Dr. Sven Bienert verantwortet als Director bei der weltweit führenden Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG in Österreich das Geschäftsfeld Real Estate. In dieser Funktion leitet er verschiedene Teams, die ausschließlich immobilienwirtschaftliche Beratungsmandate auf Top-Management-Ebene betreuen.

 DI (FH) David Steixner ist wissenschaftlicher Mitarbeiter Immobilien-Benchmarking Institut (IBI) der FH Kuftstein.