Transitdebakel

Der Transitvertrag, mit dem die LKW-Fahrten durch Tirol geregelt wurden, läuft Ende des Jahres aus. Dann gibt es grundsätzlich freie Fahrt. Der EU-Rechtsexperte Walter Obwexer vom Institut für Völkerrecht, Europarecht und Internationale Beziehungen hält eine Klage beim EuGH in Luxemburg für durchaus aussichtsreich.
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Mit dem Beitritt Österreichs zur EU findet auch der Transitvertrag (1992) mit Änderungen als Protokoll Nr. 9 Aufnahme in den Beitrittsvertrag. Und die wesentlichen Inhalte des Transitvertrages - die Reduktion der Schadstoffe um 60 % zum unerlässlichen Schutz der Umwelt und der Gesundheit der Bevölkerung durch das Ökopunktesystem und die Beschränkung der Gesamtdurchfahrten auf 1,61 Millionen pro Jahr - bleiben erhalten. Ende 2003 verständigten sich der EU-Ministerrat und das EU-Parlament gegen die Stimme Österreichs auf eine Regelung, die das Ende der Transitbeschränkung bedeutet. Zwei Drittel der schadstoffärmeren LKWs erhalten ab ersten Jänner 2004 freie Fahrt. Nur ältere LKWs bleiben von der Ökopunktepflicht erfasst; die ganz alten LKWs werden von der Strasse "verbannt".

Walter Obwexer hält eine Klage beim EuGH (Europäischer Gerichtshof) in Luxemburg für sinnvoll und durchaus aussichtsreich. "Österreich kann nur mehr gewinnen", meint der EU-Rechtsexperte. "Durch die freie Fahrt kann das Ziel der Schadstoffreduktion um 60 % nicht mehr eingehalten werden, und es besteht Gefahr für die Umwelt und die Gesundheit der Bevölkerung. Der Transitvertrag würde seine nützliche Wirkung verlieren, wenn es 2004 keine Nachfolgeregelung geben würde, da eine umweltgerechte und dauerhafte Lösung nicht erreicht wurde." Die EU hat die 12 Jahre schlecht genützt, um die Beibehaltung der Reduktion der Schadstoffe durch Anpassung des gemeinschaftlichen Besitzstandes zu erreichen - es gibt keine neue Wege-Kosten-Richtlinie und auch die Maßnahmen, den Verkehr auf die Schiene zu bringen, greifen nicht.

Österreich sollte diese Klage einbringen, da der Schutz der Umwelt und der Gesundheit der Menschen kein Ablaufdatum hat. Daneben sollten aber auf nationaler Ebene Maßnahmen ergriffen werden. Gestützt auf das Immissionsschutzgesetz-Luft könnten Fahrverbote für stark emittierende LKWs erlassen werden; möglich wäre auch ein Nachtfahrverbot. Die Maßnahmen dürften aber nicht diskriminierend ausgestaltet sein und demnach für alle gelten.

Der zunehmende Verkehr stellt eine Gefährdung für die Umwelt und die Gesundheit der Menschen dar. Deshalb meint Obwexer, dass eine Klage vor dem EuGH durchaus Aussicht auf Erfolg haben und zusammen mit nationalen Maßnahmen helfen könnte, den Verkehr einzudämmen. (sp/cf)