Das Theater auf dem Spiel?

Was ist Theater? Welche Funktion hat ein Schauspieler? Was genau bedeutet Emotion? – „Le théâtre en questions“ lautete das Thema des Diskussionsabends und dreitägigen Workshops mit dem französischen Theaterschreiber, Regisseur und Bühnenschauspieler Frédéric Aspisi.
Frédéric Aspisi: Regisseur, Schauspieler, Schriftsteller
Frédéric Aspisi: Regisseur, Schauspieler, Schriftsteller

Der am Pariser „Cours Florent“ ausgebildete Künstler war kürzlich Gast des Romanistikinstituts und referierte und diskutierte im Rahmen des Projektseminars „Double en jeu“ unter der Leitung von Marianne Toesca über Funktion, Geschichte und Zukunft des Theaters. „L’art dramatique“, also die „Kunst des Schauspiels“, stand vier Tage lang im Mittelpunkt und konnte von den begeisterten Studenten im dreitägigen Workshop selbst erprobt werden.

 

Zu Beginn des öffentlichen Diskussionsabends erläuterte F. Aspisi auf lebhafte Weise einige Grundbegriffe rund ums Theater: Tragödie, Komödie, die Bezeichnung „Theater“ selbst, die lediglich die Schaustätte meint. Um das Theater, oder vielmehr die Schauspielkunst zu verstehen, muss man weit in der Geschichte zurückgehen. Für die Griechen hatte das Theater nicht nur religiösen sondern auch therapeutischen Charakter, die Funktion der Katharsis. Der Schauspieler, der über sich selbst hinaus geht, sich selbst vergisst, ermöglicht die seelische Reinigung nicht nur für sich sondern ebenso für die Zuschauer. Emotion aus dem Lateinischen übersetzt heißt ex „heraus“ und motio „Bewegung, Erregung“. Die Kunst des Schauspiels liegt darin, die Menschen zu „bewegen“, zu berühren. Eine Funktion, die heute seltener im Mittelpunkt steht, ungern lässt man sich innerlich zu sehr aufwühlen, von einem Stück wirklich berühren. Das Theater wird immer mehr zur Schaustätte, nicht für die Akteure, sondern für die Zuschauer, im Sinne von „sehen und gesehen werden“.

 

Die Studenten und Mitglieder der französischen Theatergruppe „Le Guêpier“ in Bewegung zu versetzen ist F. Aspisi aber auf jeden Fall gelungen. Drei Tage lang wurden die theoretischen Kenntnisse praktisch umgesetzt, Stücke eingehend studiert und verschieden dramaturgische Methoden ausprobiert. Mit viel Witz und Übermut arbeitete der Künstler mit den Studenten des Projektseminars an Texten von Novarina, Jean-Michel Ribes und Pierre-Yves Millot. Die entsprechenden Stücke werden im Frühjahr im Kulturgasthaus „Bierstindl“, im Landestheater sowie auf einem Theaterfestival in Toulouse aufgeführt. Bis dahin ist es jedoch noch ein gutes Stück Weg, denn was die angehenden Akteure vor allem gelernt haben ist, dass die Schauspielkunst viel Geduld, Konzentration und Arbeit fordert bevor man sich auf der Bühne selbst vergessen kann.

 

Die Veranstaltung wurde unterstützt vom Frankreich-Schwerpunkt der Universität Innsbruck.

Text: Marianne Toesca/bearbeitet von Susanne Röck