Die Geschichte der Innsbrucker Universitäts-Seelsorge

Seit den ersten Universitätsgründungen im Mittelalter gibt es überall in Europa auch eine eigene „Universitätsseelsorge“. Sie geht in besonderer Weise auf die Spezialsituation von Lehrenden und Studierenden ein. Eine besondere Rolle spielten dabei die als Professoren lehrenden Priester. Diese „Prokanzler“ nahmen die Rechte des Bischofs und der Kirche innerhalb der Universität wahr und galten als Vorläufer der heutigen institutionalisierten „Hochschulseelsorge“.
Sigmund Epp
Sigmund Epp
Nach der Gründung der Innsbrucker Universität im Jahre 1669 ernannte der zuständige Bischof von Brixen schon am 18. November 1680 einen ersten ständigen Vertreter für die Hochschule. Dieser so genannte „Prokanzler“ sollte die Rechte des Bischofs und der Kirche innerhalb der Universität wahrnehmen und die Gottesdienste der Universität organisieren. Daher gilt der 18. November 1680 als Stiftungstag und als Beginn einer eigentlichen und institutionalisierten „Hochschulseelsorge“ und das Amt des Prokanzlers als Vorläufer der heutigen Universitätsseelsorge.

Erster Prokanzler: Dr. Sigismund Epp
Der erste Prokanzler war der Theologieprofessor Dr. Sigismund Epp. Fast 25 Jahre lang übte Epp dieses Amt aus. Da Epp zugleich Seelsorger an der Mariahilfkirche war, wurde diese Kirche die erste „Universitätskirche“. Von daher stammt auch die Bezeichnung „Alte Universitätskirche Mariahilf“. Epp war überdies dreimal Rektor der Universität und 12 Mal Dekan der Theologischen Fakultät. An ihn erinnert heute noch der an der Mariahilfkirche vorbeiführende „Dr. Sigismund-Epp-Weg“. Mit Beginn des Jahres 1721 - nach Epp`s Tod - wurden die Gottesdienste der Universität schließlich in die Dreifaltigkeitskirche der Jesuiten verlegt. Nach der Aufhebung des Jesuitenordens im Jahre 1773 wurde die Hochschulseelsorge an der Dreifaltigkeitskirche durch Priester anderer Ordensgemeinschaften wie die Serviten, Prämonstratenser, Benediktiner, Augustiner, Franziskaner und Theologieprofessoren aus dem Weltklerus durchgeführt.

Erste Idee einer eigenen “Universitäts-Pfarre“
1780 entstand in Innsbruck auch die erste Idee einer eigenen “Universitäts-Pfarre“. Der Innsbrucker Theologe Dr. Carl Schwarzl kritisierte schon 1780 in seinem Manuskript „Vom Christentum der studierenden Jugend“ [sic!] die seiner Meinung nach einseitige, bloß auf die Vermittlung von Wissen reduzierte Universitätsausbildung: „.wenn der Student nur das Collegium nicht auslässt und seinen Kostherren richtig zahlt, dann ist alles gut; ob er Messe und Wort Gottes hört, ob er die Sakramente empfängt, mit einem Wort, ob er ein Christ ist, fragt ihn kein Mensch“. Um diesem Missstand abzuhelfen, sei es nötig, „….dass jede Universität ihre eigene Pfarre und jede Universitätskirche ihren ordentlichen Pfarrer habe.“ Die Überlegungen von Prof. Schwarzl blieben zu seiner Zeit jedoch nur Theorie.

Nach Rückkehr des reaktivierten Jesuitenordens an die Innsbrucker Universität in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren es vor allem die Priester und Professoren der Gesellschaft Jesu, welche die Aufgaben der Hochschulseelsorge wahrgenommen haben. Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs errichteten dann die Österreichischen Bischöfe 1945 in den Universitätsstädten Wien, Graz und Innsbruck die „Katholischen Hochschulgemeinden“ als Zentren der Seelsorge für Studenten und Universitätsangehörige. Die Katholische Hochschulgemeinde in Innsbruck wurde damals von Bischof DDr. Paulus Rusch eingerichtet. Hochschulseelsorger waren Kapuziner, Franziskaner, Jesuiten und Weltpriester.

Selbständige „Universitätspfarre St. Clemens“ eingerichtet
Nach der Aufbruchstimmung der Nachkriegszeit kam es Ende der 60-er Jahre in Innsbruck zu schweren Auseinandersetzungen innerhalb der Hochschulgemeinde einerseits und zwischen Studenten und Bischof Rusch andererseits. Die Innsbrucker Diözesansynode 1971/72 versuchte in diesem Konflikt zu vermitteln, unter anderem mit dem Vorschlag, die Hochschulgemeinde in eine „Personalpfarre“ umzuwandeln und den Studenten in Form eines neu einzurichtenden „Gemeinderates“ größere Mitsprachemöglichkeiten zu geben, aber das Projekt scheiterte. Die Differenzen endeten nach einem mehrmaligen Wechsel der Hochschulseelsorger mit der Auflösung der Innsbrucker Hochschulgemeinde durch die Österreichische Bischofskonferenz im Mai 1973. Das Gemeindezentrum in der Josef-Hirn-Straße wurde geschlossen und die Räumlichkeiten an die Universität vermietet. Die Hochschulseelsorge war dadurch auf Jahre hinaus aller Möglichkeiten beraubt, bis Bischof Rusch im Jahre 1980 anstelle der früheren, 1973 aufgelösten Hochschulgemeinde eine selbständige „Universitätspfarre St. Clemens“ einrichtete. Sie ist eine der wenigen europäischen und die einzige österreichische Personalpfarre an einer Universität.

Die „Neue Universitätskirche“ St. Johannes am Innrain
1993 erhielt die Universitätspfarre, die mit ihren Gottesdiensten bis zu diesem Zeitpunkt Gast in der „Alten Universitätskirche Mariahilf“ war, auch eine eigene Pfarrkirche, die „Neue Universitätskirche“ St. Johannes am Innrain. Das Gemeindezentrum dieser für alle Studenten und Universitätsangehörigen der zwei Innsbrucker Universitäten zuständigen Pfarre befindet sich seit 1980 wieder in der Josef-Hirn-Strasse. (bb)