Lange Nacht der Museen - ein Rückblick

Die Lange Nacht der Museen war auch heuer wieder Anlass für das Brenner-Archiv, mit einem hochkarätigen literarischen Programm aufzuwarten. Am vergangenen Samstag konnten sich die zahlreichen Besucher im Literaturhaus bei einer "Spätlese - Wanderung durch Orte und Zeiten" bis weit nach Mitternacht davon überzeugen, dass Literatur alles andere als "museumsreif", vielmehr höchst lebendig ist.
Lange Nacht der Museen
Lange Nacht der Museen
Lesende kennen sie, die langen Nächte mit Büchern - zur langen Nacht der Museen lud das Forschungsinstitut Brenner-Archiv Literaturfans und solche, die es noch werden wollen, auch heuer wieder ins Literaturhaus. Das facettenreiche Programm reichte bis weit nach Mitternacht und entführte die zahlreichen Gäste im Zeitalter von Disketten und Dateien in die faszinierende Welt der beschriebenen Blätter und literarischen Handschriften und bot tiefere Einblicke in die Schreibpraxis und in die Poetologien prominenter Autorinnen und Autoren. Im Rahmen des Programms wollte das Brenner-Archiv jedoch nicht nur Textausschnitte aus älteren literarischen Werken präsentieren, sondern auch auf spannende Debüts und Neuerscheinungen aufmerksam machen sowie zu Begegnungen mit den AutorInnen selbst einladen.

Den Auftakt der Veranstaltung am Samstag bestritt Eberhard Sauermann, Mitherausgeber der Innsbrucker Trakl-Ausgabe, mit einer Führung durch die Sammlungen des Archivs. Im Anschluss daran las Julia Gschnitzer Texte aus Nachlässen (aus Tagebuchblättern, aus Briefen) und Editionsprojekten (darunter Texte von Josef Leitgeb, Franz Tumler und Christoph Zanon). Die Institutsmitarbeiterinnen Barbara Hoiß und Sandra Unterweger boten eine szenische Lesung zu Max Riccabona dar, eine Lesung von Bettina Galvagni folgte. Ulrike Lang sprach über Grete Gulbransson, Ursula Schneider und Annette Steinsiek informierten das Publikum über den erst kürzlich neu ins Archiv aufgenommenen Nachlass von Rudolf Stibill, Erika Wimmer las Texte von Johannes E. Trojer. Den Abschluss des Literaturabends, der mit „Brenner-Köpfen“-Videoinstallationen von Anton Unterkircher untermalt und musikalisch von Harald Pröckl am Akkordeon begleitet wurde, bildete dann eine Mitternachtsführung mit Institutsvorstand Univ.-Prof. Dr. Johann Holzner, der, ausgehend von einer kleinen Kafka-Erzählung, zunächst erläuterte, welche Interpretationsmöglichkeiten ein einziger Blick in Handschriften oft schon zu vermitteln vermag, und daran anschließend die Sammlungen des Archivs präsentierte.

Das Brenner-Archiv verwahrt etwa 160 Nachlässe, Vorlässe, Teilnachlässe und Sammlungen vor allem von Schriftstellerinnen und Schriftstellern, aber auch von Philosophen, Musikern und Künstlern (dazu gehören mehrere Tausend Fotos, u. a. zahlreiche von Karl Kraus und Georg Trakl). Die Bibliothek umfasst etwa 30.000 Buchexemplare (ein großer Teil davon in Nachlassbibliotheken) und über 300 (historische und aktuelle) Zeitschriften (in unterschiedlicher Vollständigkeit).

Das Brenner-Archiv hat seit seinem Bestehen einen besonderen Schwerpunkt auf die Forschung gelegt. Es macht Materialien für die Forschung zugänglich, indem es Manuskripte und zuverlässige Transkriptionen zur Verfügung stellt, ein digitales Archiv ausbaut, kontinuierlich an einer Dokumentation Literatur in Tirol arbeitet, Editionen mit kulturwissenschaftlichen Kommentaren herausgibt, Forschungsprojekte durchführt, Publikationen in Buchform und in elektronischer Form erstellt, Ausstellungen präsentiert, das Jahrbuch Mitteilungen aus dem Brenner-Archiv veröffentlicht und wissenschaftliche Kontakte mit zahlreichen Institutionen im In- und Ausland pflegt.

Das Brenner-Archiv ist darüber hinaus ein Forum für Vorträge, Tagungen und andere Veranstaltungen. Seit 1997 betreibt es das Literaturhaus am Inn, das zeitgenössische Literatur aus dem gesamten deutschen Sprachraum sowie auch fremdsprachige Literatur vermittelt. (bb)