Insiderblick auf den aktuellen Klimabericht

In der bestens gefüllten Uni-Aula sprach Klimaexperte Dr. Georg Kaser am 14. März über den 4. Zustandsbericht des Weltklimarats (IPCC). In seinem öffentlichen Vortrag erläuterte er rund 250 Besuchern die Hintergründe, die zur Kernaussage des Berichts führten, wonach der Mensch mit höchster Wahrscheinlichkeit Auslöser der globalen Erwärmung ist.
Klimakurve
Klimakurve

Die „Summary for Policymakers“ der Arbeitsgruppe für die wissenschaftlichen Aspekte des Klimasystems und des Klimawandels (Physical Science Basis) schlug im Februar wie eine Bombe ein: Der Mensch ist mit 90 % Wahrscheinlichkeit der Auslöser dafür, dass sich das Klima ändert. Wie diese Aussage zustande kam und wie verlässlich die Datenlage ist, darüber berichtete der Glaziologe Georg Kaser vom Institut für Geographie am Mittwoch Abend auf Einladung der Fakultät für Geo- und Atmosphärenwissenschaften und des Vizerektorats für Forschung. Das öffentliche Interesse, von einem Insider die wissenschaftlichen Fakten zur Lage der Erde zu hören, war sehr groß, und die Aula selten so gut besucht wie am 14. März: Immerhin war Kaser als einziger österreichischer Wissenschafter am Klimabericht des International Panel on Climate Change (IPCC) beteiligt und als Lead-Author für das Kapitel „Changes in glaciers and ice caps“ mitverantwortlich.

 

Die Erde erwärmt sich

„Die Diagnose ist klar – die Erde erwärmt sich und die Fakten dafür sind wesentlich härter als beim letzten Bericht“, so Kaser. Er zeigt Folien mit Kurven, die alle nach oben zeigen: Der Gehalt an Treibhausgasen in der Atmosphäre, die Temperaturen und die Höhe des Meeresspiegels. Im weltweiten Durchschnitt hat menschliches Handeln seit 1750 eine Erwärmung des Klimas bewirkt, vorrangig durch den fossilen Brennstoffverbrauch, die Landwirtschaft und die geänderte Landnutzung. Bohrkerne, die bis 650.000 Jahre zurückreichen, zeigen, dass das Niveau der Treibhausgase, vor allem des Kohlendioxids, nie so hoch war wie heute. Die Anstiegsrate ist zumindest in den letzten 20.000 Jahren ohne Beispiel. Eine einzige Kurve allerdings zeigt nach unten: Sie beschreibt, wie die Schnee- und Eisbedeckung auf der Nordhemisphäre abnimmt. Massiv betroffen ist die Arktis und auch das grönländische Eisschild, das bereits starke Schmelzraten zeigt. „Selbst wenn man auf die Notbremse tritt und der Ausstoß aller Emissionen sofort gestoppt werden würde, steigt die Temperatur weiter“, so das ernüchternde Resümee des Klimareports.

 

Indizienprozess

Im Vergleich zum letzten Klimabericht 2001 hat die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der Aussagen zugenommen. Denn das Prozessverständnis hat sich verbessert und auch die Menge an Messungen und Beobachtung hat sich deutlich vergrößert. Weiters sind die Computer leistungsfähiger geworden und können komplexe Simulationen rechnen. Die Modelle seien schon sehr realistisch. „Es handelt sich um einen Indizienprozess. Und die Indizien dafür, dass die anthropogen herbeigeführten Zuwächse der Treibhausgase die Ursache für die beobachtete Klimaänderung ist, sind sehr, sehr hart“, erklärt Kaser. Spannend werden noch die Berichte der Arbeitsgruppe 2 (Impacts, Vulnerability, Adapation) und 3 (Mitigation). „Wenn Regierungsvertreter für den Wortlaut dieses Zustandsberichts in Paris schon eine Woche lang verhandelt haben, dann wird der dritte Bericht über die Strategien zur Abschwächung des Klimawandels erst recht heiß umkämpft sein,“ meint Kaser. „Wenn ich jetzt studieren würde, würde ich wahrscheinlich etwas politologisch-soziologisches wählen, um durch die Klimapolitik die Zukunft der Erde mitzubestimmen!“ Die „Summaries for Policy Makers“ der nächsten beiden Teilberichte werden Anfang April und Anfang Mai veröffentlicht.

 

Georg Kaser hält in diesem Semester eine Lehrveranstaltung über den IPCC-Report für Studierende aller Fakultäten (Dienstag, 18:15 – 20:00 Uhr, Innrain 52, HS 6). Gäste sind herzlich willkommen.