Lange Nacht der Museen 2006 im Forschungsinstitut Brenner-Archiv - ein Rückblick

Dass sich die Veranstaltungen des Brenner-Archivs und des Literaturhauses im Rahmen der "Langen Nacht" immer mehr zu "Geheimtipps" entwickeln, wurde auch an diesem Abend klar. Und da sich Geheimtipps schnell herumsprechen, war der Andrang des Publikums zur Vorstellung des "Blauen Buches" und zur Lesung aus dem Tagebuch durch Günter Gräfenberg sehr groß.
v.l.: Silke Becker, Günter Gräfenberg und Ulrich von Bülow
v.l.: Silke Becker, Günter Gräfenberg und Ulrich von Bülow

„Der Entschluss ist gefasst. Ich werde ab heute wichtige Einzelheiten des Kriegsalltags aufzeichnen. Ich will es tun, damit ich sie nicht vergesse, und bevor sie, je nachdem wie diese Krieg ausgehen wird, mit Absicht und auch absichtslos allgemein vergessen, verändert, gedeutet oder umgedeutet sein werden.“ So beginnt Erich Kästner, der 1933 in Deutschland blieb, obwohl seine Bücher verbrannt wurden und er nicht mehr unter eigenem Namen veröffentlichen konnte, 1941 sein Kriegstagebuch, das er mit größeren Unterbrechungen bis 1945 fortführen wird. Im März 1945 nimmt er das „Blaue Buch“ mit nach Mayrhofen; er gehörte zu einer Filmgruppe der UFA, die sich unter dem Vorwand, einen Film für den Endsieg zu produzieren, ins Zillertal zurückgezogen hatte. Hier erlebte er das Ende des Krieges. Dieses „Blaue Buch“ wurde nun vom Deutschen Literaturarchiv in Marbach herausgegeben, die beiden Herausgeber, Ulrich von Bülow und Silke Becker, stellten es im Rahmen der „Langen Nacht der Museen“ im Brenner-Archiv/Literaturhaus vor.

Dass sich die Veranstaltungen des Brenner-Archivs und des Literaturhauses im Rahmen der „Langen Nacht“ immer mehr zu „Geheimtipps“ entwickeln, wurde auch an diesem Abend klar. Und da sich Geheimtipps schnell herumsprechen, war der Andrang des Publikums zur Vorstellung des „Blauen Buches“ und zur Lesung aus dem Tagebuch durch Günter Gräfenberg sehr groß.

Nach der Begrüßung durch Vizerektor Univ.-Prof. Dr. Tilmann Märk führte der Leiter des Brenner-Archivs, Univ.-Prof. Dr. Johann Holzner in den Abend ein. Archive, insbesondere Literatur-Archive sind nicht nur Aufbewahrungsorte des Wissens vergangener Zeiten, sondern vielmehr auch Speicher von Träumen, realisierten oder nicht realisierten Vorhaben einzelner Individuen. Notiz- und Tagebücher insbesondere sind Fundgruben für die nachfolgenden Generationen, enthalten sie doch Beobachtungen, Aufzeichnungen, Gedanken am Rande des Lauten und Expliziten. Das Brenner-Archiv nun verwahrt rund 170 Nachlässe,  Teilnachlässe und Sammlungen vor allem von Schriftstellerinnen und Schriftstellern, aber auch von Philosophen, Musikern und Künstlern. Diesen Bestand benutzbar zu machen, ihn zu ergänzen und zu erweitern ist eines der Grundanliegen des Archivs, darüber hinaus legt es ein besonderes Augenmerk auf die Forschung sowie darauf, auch die nicht-akademische Öffentlichkeit für literarhistorische Zusammenhänge zu interessieren. Dies geschieht vor allem im Literaturhaus am Inn, das als dritte „Säule“ des Brenner-Archivs regelmäßig Veranstaltungen anbietet, bei denen die Auseinandersetzung mit der Gegenwartsliteratur im Mittelpunkt stehen.

Dass dies durchaus gelingen kann, beweist der Erfolg bei der „Langen Nacht der Museen“. Neben der Veranstaltung konnten die Besucher in den Vitrinen interessantes Material aus den einzelnen Nachlässen betrachten, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Brenner-Archivs standen dabei für Fragen zur Verfügung, Prof. Holzner und Dr. Anton Unterkircher führten durch das Nachlass-Depot. Für die angenehme Stimmung trotz des hohen Besucherandrangs sorgte das traditionelle Herbst-Buffet.