Internationaler Tag gegen den Lärm

Der täglich auf uns einströmende Lärm, seine destruktive Wirkung auf Gesundheit, Wohlbefinden und Lebensqualität und die Notwendigkeit von Lärmvermeidung wird am heutigen Tag weltweit zum Thema gemacht: die "American League for the Hard of Hearing" hat den 30. April zum internationalen Tag gegen den Lärm erklärt.
Logo zum Tag des Lärms
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Schon bei einem Lärmpegel, den wir in der Regel gar nicht als Lärm empfinden, kommt es zu empfindlichen Veränderungen in unserem Körper, wie einschlägige Studien beweisen: die Folgen sind eine nächtliche Ausschüttung des Stresshormons Cortisol, tagsüber signifikant höhere Pulsanstiege bei Stresstests, erhöhter Blutdruck und erhebliche Leistungsdefizite. Um auf die beträchtlichen Auswirkungen des Lärms hinzuweisen, machen heute Mediziner weltweit auf die destruktiven Wirkungen aufmerksam und geben wichtige Tipps im Umgang mit Lärm. Zusammen mit der HNO-Universitätsklinik, dem Institut für Hygiene und Sozialmedizin sowie Ärzten der AUVA Unfall- und Berufskrankheitenprävention informiert die Klinische Abteilung für Hör-, Stimm- und Sprachstörungen (HSS) auch in Tirol über den Lärm und seine Folgen.

Prävention entscheidender Faktor

Vierzig Prozent der österreichischen Bevölkerung fühlt sich durch Lärm, davon etwa zwei Drittel von Verkehrslärm, belästigt. Eine halbe Million Österreicher/innen arbeitet an einem sogenannten "Lärmarbeitsplatz", und Lärmschwerhörigkeit ist eine der häufigsten Berufskrankheiten. Mehrere großangelegte Studien belegen, dass Dauerlärm zu enormen gesundheitlichen Schäden wie Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall führt.
"Schon bei 'leisem' Dauerlärm ab 55 Dezibel kommt es zu enormen gesundheitlichen Schäden, und Symptome wie Gereiztheit, vermehrte Aggressivität und Depressionen, die bis zum Selbstmord führen, sind die Folge," so Prof. Patrick Zorowka, Leiter der Klinischen Abteilung für Hör-, Stimm- und Sprachstörungen bei einer Pressekonferenz am Dienstag, die anlässlich des internationalen Tages gegen den Lärm an der Innsbrucker Klinik stattfand. Zur Erklärung: 40 Dezibel entspricht etwa Blätterrauschen, bei 70 Dezibel liegt der Lärmpegel des normalen Sprechens.
"Der wichtigste und entscheidende Faktor in der Lärmbekämpfung liegt vor allem in der Prävention, besonders im beruflichen Feld, zumal die technischen Mittel in der Lärmbekämpfung in den letzten Jahren erheblich verbessert worden sind," so die Meinung der Mediziner, die auf große Defizite in vielen Tiroler Betrieben hinweisen. "Solche Mängel sind oft schon mit einigen einfachen baulichen Maßnahmen zu beheben und die Arbeitsqualität, die Produktivität und die Leistungsfähigkeit der einzelnen Mitarbeiter könnte so enorm verbessert werden."
Der volkswirtschaftliche Schaden durch den Lärm und seine Folgen wird von der EU-Kommission auf 0,2 bis 2% des BIP geschätzt. Zu bedenken sind dabei Faktoren wie Heilungskosten für lärmbedingte Gesundheitsschädigung, Produktionsausfälle infolge lärmbedingter Leistungs- und Qualifikationsminderung von Arbeitern, die Kosten für Schallschutzmaßnahmen, die Wertminderung von Immobilien sowie die Nutzeinbußen.

Lärmbewusstsein stärken

Nicht nur der Lärmpegel im Beruf belastet auf Dauer unsere Gesundheit, eine wesentliche Rolle spielt hier auch die alltägliche Lärmbelastung in unserer Umwelt, der wir auch in unserer Freizeit mehr oder weniger freiwillig ausgesetzt sind. Vor allem im Transitland Tirol nimmt beispielsweise der Verkehrslärm vor allem entlang von Autobahnen und Eisenbahnstrecken ständig zu. Obwohl die Betroffenen in vielen Fällen oft nur eine geringe Lärmbelästigung empfinden, ist bei Untersuchungen erhöhter Blutdruck, Konzentrationsstörungen sowie eine vermehrte Ausschüttung von Stresshormonen nachweisbar.
"Leider ist das Lärmbewusstsein noch schlecht ausgeprägt, kaum ein Mensch und kaum ein Arzt würde einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall oder gar Selbstmord direkt auf chronische Lärmbelästigung zurückführen," so Prof. Zorowka im Gespräch. Auch die Maßnahmen, die bisher zur Prävention diverser Lärmverursacher gesetzt werden, bezeichnen die Fachleute als ungenügend.

Sinneszellen wachsen nicht nach

Dr. Maximilian Ledochowski, Facharzt für Innere Medizin und für psychosoziale Medizin: "Es muss uns bewusst werden, das Lärm erhebliche Folgen auf die Gesundheit der gesamten Bevölkerung hat, er kann sogar ganze soziale Strukturen zerstören." Er fordert deshalb die Erstellung eines Lärmbekämpfungsplanes: "Lärmkataster sollen feststellen, in welchen Gebieten die Belastung besonders hoch ist, weiters muss eine gesetzliche Regelung die derzeit sehr komplexe rechtliche Situation vereinfachen, um so die einzelnen Zuständigkeiten der Behörden abzuklären." Seine Aufgabe sieht Ledochowski in der Sensibilisierung der Bevölkerung für das Problem Lärm. Vor allem die Jugend, die sich in ihrer Freizeit häufig exzessiven Schallquellen wie Walkman, Discomusik oder Konzerten aussetzt, sei besonders gefährdet. Die irreversiblen Schäden, die dann in den meisten Fällen zurückbleiben, sind nur mehr durch technische Hilfsmittel, wie etwa einem Hörgerät "zu beheben", denn: "Sinneszellen können nicht regenerieren und sie wachsen auch nicht nach," so Ledochowski (bb/cf)