Reform nur um der Reform willen?

Am kommenden Dienstag soll das neue Universitätsgesetz gegen den Widerstand der Universitäten im Ministerrat beschlossen werden. Die Regierung will die österreichischen Universitäten mit diesem Gesetz auf den "Weg zur Weltklasse" führen. Zahlen der EU-Kommission zeigen aber, dass Österreichs Forschung längst in der Weltklasse mitspielt.
Grafik Scientific American
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Wissenschaft lebt von Flexibilität und Innovation. Nur die Offenheit gegenüber aktuellen Entwicklungen sichert den Erfolg im internationalen Wettbewerb. Nach den reformreichen Jahren des letzten Jahrzehnts steht den österreichischen Universitäten nun eine neuerliche Strukturreform bevor. Ein neues Leitungsgremium, die Abschaffung der inneruniversitären Demokratie, die Abspaltung der Medizinischen Fakultäten sowie das bereits eingeführte neue Dienstrecht sind Teil jener Rahmenbedingungen, die Österreichs Universitäten auf den "Weg zur Weltklasse" führen sollen. Aktuelle Zahlen von EU-Forschungskommissar Philippe Busquin belegen aber, dass Österreichs Forschung bereits heute durchaus konkurrenzfähig ist. Die EU-Kommission hat die Zahl der wissenschaftlichen Publikationen umgerechnet auf die Zahl der Einwohner erhoben. Österreich liegt dabei mit 717 wissenschaftlichen Arbeiten pro eine Million Einwohner noch vor den USA, Deutschland, dem EU-Durchschnitt und Japan an sechster Stelle und damit im weltweiten Spitzenfeld. Ebenfalls gemessen wurde die jährliche Zuwachsrate, und hier belegt Österreich unter den Top 10 mit plus sechs Prozent den ersten Platz. So schlecht, wie die österreichischen Universitäten in letzter Zeit oft darstellt werden, können sie also nicht sein. Es fragt sich nur, warum eine Struktur, die sich im internationalen Wettbewerb offenbar gut behauptet, um jeden Preis und gegen den Willen der Betroffenen erneut völlig umgekrempelt werden muss.

Das populäre, amerikanische Wissenschaftsmagazin Scientific American berichtet in seiner April-Ausgabe über die Eckdaten der EU-Kommission und fragt besorgt, ob die USA in der Grundlagenforschung gegenüber den Europäern langsam an Boden verlieren. In der Statistik ganz vorne liegen die skandinavischen Länder, die sich durch überdurchschnittlich hohe Ausgaben für Forschung und Entwicklung auszeichnen. Österreichs F+E-Ausgaben sind im Vergleich mit 1,78 Prozent des BIP gerade einmal halb so hoch wie in Schweden oder Finnland. Der Abstand der USA gegenüber Europa hinsichtlich der Zahl der wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Zitationen vergrößert sich bereits seit 1995. Einer der möglichen Gründe könnte die verstärkte Hinwendung der amerikanischen Forscher zur angewandten Forschung sein. Denn die Zahl der jährlich angemeldeten Patente aus den USA wächst auf hohem Niveau immer noch stark an. Auch hier fragt sich, ob das immer wieder bemühte amerikanische Modell wirklich so vorbildhaft ist. Denn auch angewandte Forschung ist auf eine fundierte Grundlagenforschung angewiesen, ohne die ihr schnell die innovativen Impulse ausgehen.