Grenzverwischungen

Letztes Wochenende fand die internationale Tagung "Grenzverwischungen" statt, die sich mit Fragen zur Gestaltung geschlechtlicher und sexueller Existenz- und Lebensweisen in unterschiedlichen Altersstufen beschäftigte. Sie wurde vom Institut für Erziehungswissenschaften in Kooperation mit dem Geschäftsbereich Gender Studies organisiert.
Gender Studies
Gender Studies
Über 200 Teilnehmende setzten sich mit dem aktuellen Thema auf den Ebenen von Theorie, Empirie und Praxis auseinander, das gegenwärtig viele Menschen bewegt: die zunehmende Vervielfältigung und Vieldeutigkeiten von Lebensweisen.

Vielfalt der Lebensentwürfe
Ausgangspunkt der Großveranstaltung war die Erkenntnis, dass sich Lebensweisen heute zunehmend in einem Spannungsfeld aus Pluralisierung und Normierung bewegen; dies gilt sowohl hinsichtlich der Geschlechterrollen, als auch hinsichtlich der sexuellen Orientierung und der spezifischen Situation der Lebensaltersgruppen. Durch diese Vervielfältigung der Möglichkeiten eröffnen sich den Menschen zum einen mehr Freiheiten, führt aber auch zu starken Verunsicherungen. Erziehungs- und Sozialwissenschaften stellen sich daher der Aufgabe, die Veränderungen für die Konstitutionsprozesse der Individuen zu erforschen und daraus Schlüsse für eine weitere Professionalisierung der pädagogischen und psychosozialen Arbeit zu ziehen.

Kritische Sozial- und Geschlechterforschung
Die wissenschaftliche Konzeption lag bei der Gastprofessorin Jutta Hartmann vom Institut für Erziehungswissenschaften (Studienzweig Kritische Sozial- und Geschlechterforschung), die die Veranstaltung zusammen mit Elisabeth Grabner-Niel (Geschäftsbereich Gender Studies) durchführte. Auf der Tagung wurden erziehungswissenschaftliche Fragestellungen bearbeitet. Theoriegeleitete Vorträge von Jutta Hartmann oder Susanne Luhmann (Laurentian University Ontario Kanada) gaben einen einführenden Einblick in den aktuellen Stand der internationalen Wissenschaftsdebatte zu Subjekttheorien unter poststrukturalistischer Perspektive. Empirische Untersuchungen über Jugendliche, beispielsweise ihre kreative Auseinandersetzung mit geschlechtlichen Identitätszumutungen in der Pop-Fan-Kultur von Bettina Fritzsche (Freie Universität Berlin), oder über die Lebensentwürfe junger Frauen und ihrer Partner (Bettina Keddi Deutsches Jugendinstitut) regten zu intensiven und spannenden Debatten an.

Praxisbezug
Darüber hinaus wurde bei dieser Tagung auch ein klarer Bezug zu verschiedenen Praxisfeldern hergestellt. In sechs parallelen Workshops konnten die Teilnehmenden am Freitag Nachmittag, angeleitet von einschlägig arbeitenden Fachleuten, intensive Erfahrungen sammeln. Diversity-Arbeit mit Kindern im Grundschul- und Mittelstufenalter mit Schwerpunkt auf sexuelle Vielfalt oder Gender-Grenzverwischungen in der außerschulischen Jugendarbeit waren einige der angebotenen Themenbereiche.

Die Vorträge und angeregten Diskussionen während der Tagung machten deutlich, dass die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesen aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen erst am Anfang steht, viele Fragen noch weiterer vertiefender Erörterung bedürfen, so dass auch mehrfach das Interesse an einer Folgeveranstaltung geäußert wurde. (sp)